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Rainy Eyes

Kyû no Ai
von

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Ein ganz normaler Tag

Kalt glitten die Hände über sein Antlitz. Er starrte sein blasses Gesicht in dem verzierten Spiegel an und versuchte aus seinen leeren Augen etwas herauszulesen. War das wirklich er? Die langen Fingernägel strichen über seine fahle, eingefallene Wange. Wie lange stand er schon hier, in diesem kalten, dunklen Raum? Es war bedeutungslos, denn er war hier und konnte nichts an seiner Situation ändern. Er wollte es ja so.
 

Hinter ihm ertönte ein Räuspern und die Bettpfosten quietschten, als sich ein Gewicht darauf bewegte. Seine Brust schnürte es zu und er versteifte sich, in der Erwartung, die Person würde nun aufwachen, doch nichts dergleichen geschah. Stille ertönte wieder durch das große Zimmer. Er ließ seine Hand sinken und drehte sich um, betrachtete den Mann auf dem Bett und schlich dann lautlos zur Tür, schloss sie leise hinter sich und atmete einmal tief aus, bevor er Richtung Badezimmer ging.
 

Als er sich unter das heiße Wasser stellte, brannten die frischen Wunden auf seinem Körper und er musste die Zähne zusammenbeißen um dem Drang, heraus zuspringen zu widerstehen. Nur langsam gewöhnte er sich daran und er konnte anfangen sich zu waschen. Seine Hände griffen zittrig nach dem Duschgel und er verschüttete einen Großteil der Utensilien auf dem Boden, bevor er das fand was er suchte. Gedankenlos fing er an zu schrubben und bemerkte dabei gar nicht, wie er den älteren Schorf auf kratzte, so dass Blut in den Abfluss ran. In seinen Augen stiegen Tränen auf und er neigte den Kopf an die kalten Fließen vor sich, ließ das Wasser über sich prasseln und kniff gequält die Augen zu. Nein~ er durfte jetzt nicht weinen. Doch alles in ihm brannte und er spürte seinen Körper erzittern. Um sich ein Schluchzen zu unterdrücken, biss er sich auf die Unterlippe, bis die Haut fast aufplatzte und versuchte seinen schnellen Atem zu beruhigen. Warum tat er sich das immer wieder an? Warum gab er sich ihm hin, wohl wissend, dass es nichts brachte und alles danach so war wie früher? Er hielt die Luft an und lauschte dem Rauschen seines Pulses. Allmählich beruhigte er sich und er atmete tief ein, hob seinen Kopf von den Fließen und starrte mit zusammengezogenen Augenbrauen darauf.
 

Ich habe mich im Griff
 

Er durfte seine Gedanken nicht wieder wandern lassen und so wusch er sich weiter. Kurz bevor er fertig war, hörte er die Tür aufgehen und ein verschlafenes Gähnen ertönte. “Morgen Brüderchen~”, wurde er begrüßt und das Wasser im Waschbecken fing an zu laufen. “Morgen Onii-chan”, entgegnete er seinem großen Bruder und kam aus der Duschkabine, schlang sich ein Handtuch um die Hüften und schnappte sich eins für seine Haare. “Machschu Fuschtuck?”, nuschelte er mit der Zahnbürste zwischen den Zähnen und sah ihn fragend durch den Spiegel an. Nickend verließ er das Badezimmer und ging, sich die Haare rubbelnd, in die große Küche. Er kannte sich hier bereits aus und griff zielsicher nach den erforderlichen Küchengeräten, machte Kaffee und briet Eier auf Toast. Seine Hände waren schwach und er konnte alles nur sehr langsam machen, weshalb sein Bruder bereits fertig geduscht und angezogen zurück kam, als er gerade erst alles auf den Tisch stellte.
 

Genüsslich murrend griff dieser nach dem Essen und füllte seinen Teller. “Fährst du morgen wieder?”, fragte er Kaffeeschlürfend und biss von seinem Toast ab. “Habe ich vor. Der Zug kommt dreimal am Tag, der letzte um 22:10 Uhr”, sagte er und schob sich einen Stuhl heran um ebenfalls, leicht gequälten Gesichtsausdruckes, Platz zu nehmen. “Nimm den letzten”, grinste sein Gegenüber ihn an, “dann können wir noch zusammen spielen”, zwinkerte er und kaute knuspernd weiter. “Uhm~”, entgegnete er mit geneigtem Kopf und geröteten Wangen. Spielen, so nannte sein Bruder immer die nächtlichen Quälereien die er an ihm und seinem Körper vollbrachte.
 

Im Hintergrund ertönte ein Wecker, der kurz darauf wieder verstummte, als er gegen eine Tür geworfen wurde. Grinsend sahen sich die Brüder an. Das war einer von Tatsuros Mitbewohnern, der fast jeden Morgen so reagierte. Er pustete seinen heißen Kaffee, den er wärmend zwischen beiden Handflächen hielt und sah zur Tür, als sich diese öffnete und Seji mit verstrubbelten Haaren und gähnend herauskam. “Warst du wieder Feiern?”, grinste sein Bruder und lehnte sich mit einem Arm über der Stuhllehne zurück, um ihn ansehen zu können. Dieser grummelte nur missgelaunt und verzog sich Richtung Badezimmer, wo kurz darauf bereits das Prasseln des Wassers ertönte. Schulterzuckend wendete sich Tatsuro wieder seinem Toast zu und plauderte weiter.
 

“Wir müssen nachher noch zum Studio”, meinte er, “die Aufnahmen gestern gefallen mir nicht, da muss noch etwas mehr ‘Pepp’ rein”. “Nimmst du mich nachher mit? Ich müsste nämlich noch in die Stadt, da könnte ich auch vom Studio aus loslaufen”, sah er auf.

“Sicher.”
 

Im Hintergrund ertönten zwei weitere Wecker, die kurz darauf, jedoch ohne große Geräuschkulisse, ausgestellt wurden und drei weitere Mitbewohner sich blicken ließen. Midori und Ayane, die zusammen raus kamen, begrüßten sie kurz und verzogen sich dann in Richtung Badezimmer um Seji herauszuklopfen. Nur Yasuo kam direkt zu ihnen an den Tisch und schnappte nach der Kaffeekanne darauf. “Ohayou~”, nuschelte er und ließ dann nichts mehr von sich hören. Er war ein ziemlicher Morgenmuffel, das wusste Soushi, weshalb man ihn am besten in Ruhe ließ. Er erhob sich und ging erneut zum Herd, um den anderen ebenfalls Frühstück zu machen.
 

“Weiber~”, ertönte hinter seinem Rücken die murrende Stimme Sejis, der von den beiden Mädchen aus dem Bad geschmissen wurde. Ein Stuhl quietschte und Kaffee wurde eingegossen. “Langsam müsstest du dich daran gewöhnt haben”, entgegnete Tatsuro gelassen. “Daran gewöhnen? Ich kann mich nicht daran gewöhnen, genauso wenig wie an das nächtliche Gestöhne, dass immer aus deinem Zimmer ertönt, Sukebe!”, keifte Seji zurück, woraufhin nur ein amüsiertes Lachen seitens Tatsuro erklang. Errötend briet er weiter und versuchte dem Gespräch so wenig wie möglich zu folgen. Warum immer schon so früh am Morgen? Er zog die Augenbrauen zusammen und beobachtete das Brutzeln in der Pfanne. “Usse! Wegen dir kann ich schon seit zwei Nächten nicht mehr durchschlafen!”, schimpfte er weiter und stellte seine Tasse geräuschvoll ab.”Leg ihm das nächste mal wenigstens einen Knebel um!”. “Morgen fährt Brüderchen und dann widme ich mich wieder ganz dir~”, raunte Tatsuro hinter ihm und Stille füllte für einen Moment den Raum. Oh nein~ warum immer er? Peinlich berührt schwieg er und versuchte seinen Puls zu beruhigen.
 

Mit vollen Tellern drehte er sich dann wieder zum Tisch, als die beiden sich gerade wieder von einander lösten und stellte alles ab. Seji schien beruhigt und fing an in den Magazinen, die seitlich auf dem Tisch lagen zu blättern. Yasuo schien das alles nicht zu stören, denn er döste weiter vor sich hin und ließ seinen Kaffee kalt werden. Leicht mitleidig sah er seinen Bruder an und hielt sich mit den Händen an der Kante fest. Er war es gewohnt verschmäht zu werden, das war ihm nichts neues, doch gerade von seinem Bruder, bei dem er Liebe und Bestätigung suchte, konnte er derartiges nur schwer wegstecken.
 

“Habt ihr Kou und Tamaki schon Bescheid gesagt wegen der Probe?”, erkundigte er sich, um das Gespräch wieder aufzunehmen. Die beiden waren ebenfalls in der Band, wohnten aber zusammen. Ihrer Meinung nach waren sie einfach nur gute Freunde, die sich eben schon seit der Schule kannten und nun zusammen lebten, aber alle wussten um ihre heimliche Beziehung. “Was für eine Probe?”, mischte sich nun Seji ins Gespräch. “Du willst doch nicht wieder alles umändern, oder?!”, nörgelte er weiter und sah Tatsuro skeptisch an. “Wenn ihr euch alle mehr anstrengen würdet, dann müssten wir nicht alles immer wieder umspielen.”, bekam er nur kalt zurück. “Du bist doch nie zufrieden~”, murrte dieser einfach nur weiter und ließ seine schlechte Stimmung an diesem Morgen verlauten.
 

Tatsuro war der Bassist der Band, Seji der Drummer, Yasuo und Tamaki die beiden Gitarristen und Kou der Sänger. Die Rollen waren klar verteilt, jedoch hielt sein großer Bruder die Zügel in der Hand, egal um was es ging. Soushi drehte sich um und fing an alles zu säubern, um sich ein wenig nützlich zu machen, wenn er schon sowieso nichts zu tun hatte. Er würde gerne an der Probe teilnehmen, jedoch wollte er nicht womöglich die schlechte Stimmung seines Bruders, falls es erneut nicht nach seinen Wünschen ablief, abbekommen. Dazu war er heute Nacht schon genug geschändet worden, fand er. Nein, er würde ein wenig in der Stadt rumlaufen und vielleicht etwas Geld ausgeben.
 

“Welche Songs willst du denn überarbeiten?”, meldete sich nun auch der bisher stille Yasuo zu Wort. “Auf jeden Fall ‘Kuzu’, ‘Dattara ikiteiru kara’ und ‘Kyû no Ai’. Den Rest besprechen wir dann zusammen”. “Oke~ ich rufe sie jetzt mal an”, entgegnete er und erhob sich um zum Telefon zu gehen, mit dem er sich auf dem Sofa gemütlich machte. Soushi nahm auch Yasuos Tasse um sie zu säubern, als die beiden Mädchen kichernd und jede in einen flauschigen rosa Bademantel geschlungen, nun auch endlich aus der Dusche kamen. “Ohayou!” ertönte es von beiden und sie nahmen Platz. “Ohayou”, lächelte Soushi und nickte auch Ayane zu. “Lange nicht mehr gesehen. Wie geht es dir?”. “Wunderbar! Bist du schon lange hier?”, fragte sie ihn fröhlich und griff nach dem Toast. Ayane wohnte nicht hier, sondern kam nur ab und zu vorbei. Heute anscheinend erst Nachts mit Midori zusammen, die ausgegangen war. “Vorgestern. Aber ich fahre morgen Abend wieder”. “Schade, aber du kommst ja bald wieder, denke ich”, gab sie von sich und biss in ihren warmen Toast, woraufhin Soushi nur lächelnd nickte.
 

“Hey Tatsuro!”, rief Yasuo vom Sofa aus und dieser erhob sich um zu ihm zu gehen. Sie besprachen die Zeit und er verzog sich dann auf sein Zimmer um sich fertig zu machen, während der Gitarrist ins Badezimmer ging, das nun endlich auch frei war. Auch Seji erhob sich und Soushi entschied, dass es nun ebenfalls an der Zeit war, die Küche zu verlassen. Gerade als er herausgehen wollte, unterbrach Midori ihr Gespräch mit Ayane, dass sich um ihre nächtliche Party handelte und schnappte Soushi am Ärmel. “Wenn du etwas nicht willst, dann sag es ihm~”, lächelte sie mütterlich, woraufhin er nur noch mehr errötete und sich sanft losriss. Schwer schluckend sah er die beiden Mädchen an, die ihm anscheinend wirklich nur helfen wollten und ging dann einfach raus. Mussten sie sich denn immer einmischen? Es ging sie doch nichts an, was Tatsuro mit ihm machte. Wieso konnten sie nicht einfach so tun, als ob sie nichts davon wussten? Am liebsten würde er seinen Bruder erwürgen.
 

Ein kurzer Blick auf die Uhr, sagte ihm, dass es bald leer werden würde in der WG, da Tatsuro zu seinem Modeljob und Yasuo und Seji in die Akademie aufbrechen mussten. Was Midori trieb, wusste er nicht, denn sie hatte fast jedes mal, wenn er zu Besuch kam einen anderen Job. Er ging in Tatsuros Zimmer, um seine Klamotten aus der Tasche zu holen, denn er quartierte sich immer bei ihm ein wenn er kam. Dieser stand gerade, von einer Wolke aus Haarspray umgeben und einen Mundschutz um, vor dem Spiegel. Soushi versuchte das nächtliche Getümmel, dass immer noch auf dem Bett zu sehen war zu ignorieren, schnappte sich seine Sachen und wollte gerade ins Bad gehen, als ihm einfiel dass Yasuo noch drin war. Doch vor seinem Bruder wollte er das Handtuch nicht fallen lassen, deshalb ging er einfach nur aus dem Zimmer und stellte sich, an die Wand gelehnt, vor die Badezimmertür. Dieser brauchte auch nicht allzu lange und so konnte er schon nach kurzer Wartezeit hineingehen und sich ebenfalls fertig machen.
 

Als er wieder herauskam hörte er gerade die Tür zugehen, da sich Tatsuro auf den Weg zur Arbeit machte und auch die beiden anderen Männer folgten ihm einen Augenblick später. Als er an der Küche vorbei ins Wohnzimmer ging, war alles aufgeräumt und er bemerkte die Musik, die aus Midoris Zimmer drang. Nun war er alleine. Sollte er zu den Mädchen gehen? Nein, sie würden ihn nur wieder wegen seinem Bruder ansprechen und darauf hatte er momentan keine Lust, also schnappte er sich seinen MP3-Player und ließ sich auf das breite Sofa nieder. Die Musik ertönte lautstark aus seinen Kopfhörern und Soushi schloss die Augen um sich davon treiben zu lassen. Er mochte die Musik seines Bruders, weswegen er sie auch privat gerne anhörte. Das Tatsuro der Leader wurde war schon von vorne herein klar, als er in die Band kam. Durch ihn wurde die Band überhaupt populär und sie arbeiten gerade an der Aufnahme in ein Indie-Label. Doch allzu lange würde es nicht mehr dauern, das wusste Soushi bereits. Sobald sie einige weitere Songs aufgenommen hatten, würde das klappen. Er war stolz auf seinen Bruder, der nicht nur in seiner Band, “Platinum liquid”, sondern auch in seiner Modelagentur, “L´acelier d´homme” und eigenhändig als Partyplaner tätig war. Er hatte außerdem einen erstklassigen Collegeabschluss und war auch sonst überall beliebt und erfolgreich. Soushi beneidete und verehrte ihn. Er war bereits zweimal sitzen geblieben und versuchte gerade seinen High School Abschluss mit Biegen und Brechen zu bestehen. Einen richtigen Job hatte er auch nicht. Er arbeitete nur ab und an zu einem Hungerlohn bei seinem Onkel auf dem Bau, schleppte für ihn Steine und erledigte Einkäufe.
 

Seufzend dachte er an den morgigen Tag seiner Abreise. Er wollte nicht wieder zurück. Zurück zu seinen Eltern, die ihn tyrannisierten und ihn wie ein Stück Dreck behandelten. Sie verglichen ihn zwar nur selten mit Tatsuro, aber kritisierten ihn einfach durchgehend. Egal was er tat, er war immer das schwarze Schaf in der Familie und würde es wahrscheinlich auch immer bleiben. War etwas kaputt oder hatte etwas nicht so geklappt wie es sollte, wurde sogleich er gerufen, auch wenn er nichts oder nur teilweise mit der Sache zu tun hatte. Früher versuchte er noch sich zu verteidigen, doch da das immer nur alles schlimmer an der Situation machte, entschloss er sich zu schweigen. Nur noch selten brauste sein Temperament auf und er würde sich am liebten innerlich zerreißen.
 

Warum klappte nur alles nicht? Warum musste alles was er anfasste, zu trockenem, toten Staub zerfallen? Sein Kopf schmerzte und in seinem Magen wütete das vertraute Gefühl der Schuld und des Selbsthasses. Er wollte doch alles besser machen. Er wollte, dass jemand stolz auf ihn war. Vor allem seine Eltern. Er bezweifelte nicht, dass sie ihn liebten, zumindest auf eine gewisse Art und Weise, jedoch schien davon nur selten und dann auch nur sparsam etwas ans Licht zu kommen. Schmerzlich dachte er an seine Rückreise, die er fürchtete, denn er war ohne Erlaubnis zu Tatsuro gekommen. Nach einem erneuten Streit, packte er seine Sachen und ließ einen Zettel für seine Eltern, die gerade auf der Arbeit waren, liegen auf dem stand wo er das Wochenende über verbrachte. Am Dienstag, wenn er dann wieder in die Schule gehen würde, würde es auch da Ärger geben, da er den ersten Tag fehlte und das würde sich selbstverständlich erneut auf sein Familienleben ausweiten. Er wollte das alles nicht. Deshalb flüchtete er zu seinem Bruder, der natürlich nichts davon wusste, da er ihn sonst mit Schlägen wieder nach Hause geschickt hätte. Seine Eltern anzulügen war eine Sache, aber seinen Bruder zu täuschen, den er liebte und der der einzige war der ihm so etwas wie Geborgenheit und Verständnis entgegengebrachte, bereitete ihm Magenschmerzen. Sein Bruder hatte verdient die Wahrheit zu wissen, doch er würde ihm nichts erzählen. Er wollte nicht, dass der einzige Mensch in seinem Leben, der ihm wichtig war, ihn womöglich auch noch fallen ließ.
 

Lange lag er da, seinen Gedanken nachschweifend und nach und nach döste er schließlich ein, denn er hatte heute Nacht, im Gegensatz zu seinem großen Bruder, kein Auge zugetan. Midori und Ayane, die einige Zeit später gestylt ins Wohnzimmer kamen, sahen das und nahmen ihn sanft den lautstarken MP3-Player ab, deckten ihn zu und schoben ihm ein Kissen unter den Kopf, bevor sie sich auf den Weg machten, Midori zu ihrer neuen Arbeitsstelle und Ayane ebenfalls in die Akademie.
 

Ein Schmerz durchzuckte seine Stirn, als er unsanft vom Sofa geschubst wurde und mit dem Kopf auf den Boden knallte. “Itai~”, murmelte er, sich die Stirn reibend und sah auf, um den Übeltäter dieser unsanften Weckmethode auszumachen. Vor ihm stand Tatsuro und sah auf ihn herab. “Ausgeschlafen?”, fragte dieser ihn tonlos. “Komm jetzt~ wir müssen los.” Murrend wand Soushi sich aus der Decke und rappelte sich auf. “Bist du bescheuert? Das hätte auch sanfter gehen können!”, schimpfte er und ging seinem Bruder hinterher, der bereits auf dem Weg Richtung Haustüre war. “Oh~ du willst es sanfter?”, entgegnete dieser und drehte sich zu ihm um. “So etwa?”, raunte er und zog ihn an seinen warmen Körper, nahm ihn in den Arm und strich mit warmen Händen unter seinen weißen Pulli um ihn zu streicheln. Soushis Körper versteifte sich augenblicklich und er musste schlucken, als eine feuchte Zunge seinen Hals entlangstrich. “Iie~”, murmelte er nicht sehr überzeugend und versuchte sich aus seinen Armen zu winden, die ihn jedoch starken Griffes zurückhielten. “Onii-chan, bitte...”, hauchte er und drehte den Kopf weg. Kurz darauf, war Tatsuros Körper verschwunden und er sah ihn, wie als wäre nichts passiert zur Türe gehen.
 

Sich räuspernd, um das trockene Gefühl in seinem Hals zu vertreiben, ging er ins Zimmer, holte seine schwarze Schultertasche und schnappte sich seine Musik, die auf der kleinen Kommode im Flur lag, bevor er zu ihm in den Aufzug stieg, der bereits wartete. “Hast du dein Handy dabei? Damit ich dich erreichen kann, wenn wir wieder zurückfahren”. “Hab ich”, entgegnete Soushi etwas kleinlaut und starrte die Spiegelwand vor sich an. Er wirkte mickrig neben seinem Bruder. Obwohl dieser größer war, bemerkte man doch die Ausstrahlung, die eine komplett andere war. Tatsuro war groß und schlank. Seine braunen Haare glänzten im Licht und seine Gesichtszüge waren zwar feminin, aber dennoch männlich ausdrucksstark. Er stand lässig da, kaute einen Kaugummi und musterte Soushi mit seinen leicht kajalumrandeten, blauen Augen. Leicht schluckend wendete er den Blick nun auf sich. Er war deutlich kleiner, hatte schwarzes, mattes Haar und ein rundliches Gesicht. Er war bei weitem nicht so gut gebaut wie sein Bruder, der einer der begehrtesten Models in der Agentur war. Kränklich blass und sich merklich unwohl in seiner Haut fühlend, stand er versteift da und erwartete, mit gesenktem Blick, dass sich die Aufzugtür öffnete.
 

Schnellen Schrittes ging Tatsuro in Richtung Garage. Er schien es wirklich eilig zu haben und ein Blick auf seine Armbanduhr bestätige seine Vermutung. Es war bereits früher Nachmittag. Soushi schien anscheinend einige Stunden geschlafen zu haben. Er stieg ein und schloss die Autotür sanft hinter sich, da er wusste, dass sein Bruder es über alles hasste, wenn jemand sein Auto respektlos behandelte. Es war sein Baby, dass er behandelte als wäre es aus Zuckerguss.
 

Soushi schnallte sich an und sie fuhren mit lautem Aufheulen des Motors aus der Einfahrt. Der Bassist liebte es anzugeben und zu imponieren. Das konnte er sich aber immerhin erlauben, im Gegensatz zu Soushi, der dann nur ausgelacht werden würde. Tatsuro schien nicht erpicht auf ein Gespräch, denn er drehte die Anlage voll auf, sodass einem der Bass den Rücken massierte und ließ somit keine Möglichkeit zu reden zu. Doch ihm kam das gerade recht, denn er war noch zu Müde um irgendetwas zu diskutieren.
 

Als sie beim Studio ankamen, warteten bereits die anderen Bandmitglieder rauchend auf Tatsuro, der immer den Schlüssel hatte, weil er die Miete regelte. “Oi Leader-sama”, wurde er von Tamaki begrüßt. Er holte seinen Gitarrenkoffer von der Rückbank, schloss sein Auto mit einem leisen Piep und trat zu seinen Freunden, wobei Soushi ihm folgte. Er hatte die anderen lange nicht gesehen, aber Kou schien immer noch nicht gewachsen zu sein, denn er war gerade einmal einige Zentimeter kleiner als er selbst, bemerkte er. Doch das heißblütige Temperament des launischen Sängers erlaubte es nur wenigen, sich darüber lustig zu machen, denn er hatte sehr wohl eine sadistische Ader in sich, die so einige fürchteten. Freundlich begrüßte er alle und half dann Seji mit seinen Drumkoffer, da dieser ja am meisten zu schleppen hatte.
 

“Bleibst du heute zur Aufnahme?”, fragte Kou mit einem Seitenhieb seines Mikrofons und sah leicht zu Soushi auf. “Nein, ich wollte in die Stadt gehen, aber vielleicht komme ich etwas früher zurück”, entgegnete er und rieb sich die schmerzende Stelle. Der Sänger nickte und fing an sein Mikro zu testen, während die Anderen ihre Geräte aufbauten. Kurz betrachtete er das organisierte Durcheinander und ging dann aus dem kleinen Studio um sich auf den Weg zu machen.
 

Er ging in die U-Bahn und nahm sich dort ein Ticket nach Harajuku. Er liebte es einfach diese, manchmal seltsamen, Gestalten zu sehen die sich dort rumtrieben. Vor allem die Gothic Lolitas hatten es ihm angetan, obwohl er einmal eine unangenehme Begegnung mit einer hatte. Warum mussten auch manche Jungs wie Mädchen aussehen? Sich daran zurück erinnernd und wieder mit Musik vollgedröhnt, blickte er sich um und stieg dann in die Bahn, die zwar wieder ziemlich voll, aber noch leer genug zum freien Atmen war. Er liebte Tokyo. Er kam gern hier her, denn es gab immer so viel zu entdecken, im Gegensatz zu der Kleinstadt in der er am Rande von Tokyo lebte. Er wusste schon warum sich Tatsuro gerade für diese Metropole entschlossen hatte. Hier gab es so viele Möglichkeiten und so viel zu entdecken. Selbst er als Japaner hatte Tokyo noch nicht aus all seinen Winkeln betrachten können.
 

Rauchend und durch die Stadt schlendernd sah er sich die Leute in seiner Umgebung an. Er traf auf einige Lolitas, mehrere Visuals, ein paar Gals und auch eine kleine Gruppe Cosplayer. Ja, er liebte es. Diese farbenfrohe, ungezwungene Welt faszinierte ihn und erhoffte, das auch irgendwann einmal ausleben zu können. Bisher zog er sich weitesgehend “normal” an, nur ab und zu zu Konzerten, stylte er sich auffälliger. Dann meistens im Visual Kei.

Nachdem er ein paar Läden durchforstet hatte und mit mickriger Ausbeute wieder herauskam, ging er wieder Richtung Bahnhof. Mittlerweile müssten die größten Aufnahmen fertig sein, sodass Tatsuro nicht allzu missgelaunt sein durfte. Er war jedoch zu früh und so durfte noch eine ganze Weile warten, bis seine Bahn kam.
 

Vor ihm stand ein groß gebauter junger Mann, der ihn durchgehend musterte. Soushi fühlte sich unwohl in seiner Haut, ignorierte es aber vorläufig. Doch als dieser sich von seinem Kumpel löste und auf ihn zukam, blickte er doch auf. Skeptisch sah er ihn an und versuchte aus seinem Gesicht zu lesen, was dieser wollte. “Ganz alleine hier?”, grinste sein Gegenüber und stützte sich mit dem Ellbogen über Soushis Kopf an der Wand ab, an der dieser lehnte. Finsteren Blickes sah er zu ihm hoch. “Doke!”, entgegnete er nur, denn er hatte nicht vor sich unterkriegen zu lassen. Was wollte der Kerl? “Ach, so unfreundlich, Chibi?”, grinste der Große mit den wasserstoffblonden Haaren, “Ich möchte mich ja nur mit dir unterhalten. Du gefällst mir”. “Wie kommst du darauf, dass ich schwul wäre?!”, entgegnete er, nun mit Zornesröte im Gesicht. “Ach, das sieht man doch, so breitbeinig wie du rumläufst”, meinte sein Gegenüber und legte ihm Daumen und Zeigefinger unter das Kinn um seinen Blick einzufangen. “Wie wäre es denn mit uns beiden?”. “Doke, kono yarou!”, zischte Soushi genervt und riss sein Kinn los, bevor er den Blonden weg schubste und weiter das Gleis entlang ging.
 

Was fiel ihm ein? Er sah doch wirklich nicht wie ein Schwuler aus, oder? Schmollend und mit vor der Brust verschränkten Armen lehnte er sich erneut an eine Stützwand, diesmal jedoch auf der hintersten Stelle des Gleises. Er stand doch nicht auf Männer, wie kamen sie bloß immer alle darauf? Nein, er war ein normaler Junge, wäre ja noch schöner, wenn seine Eltern ihn auch noch deswegen verachten würden. Vor allem sein Vater hätte ihn dann schon längst raus geschmissen. Aber was ist mit Tatsuro? Sein Magen zog sich zusammen. Das ist etwas anderes~, er ist mein Bruder und er kümmert sich halt besonders um mich, versuchte er sich einzureden, doch sein Bauch protestierte nur mit einem heftigen Ziehen. Augenblicklich fühlte er sich erneut schuldig und mies.
 

Was dachten eigentlich die anderen darüber? Jeder wusste, was Tatsuro mit seinem kleinen Bruder anstellte. Soushi wollte es eigentlich verheimlichen, aber durch die dauernden Bemerkungen und das ohnehin ertönende Stöhnen in der Nacht, war es bereits nach kurzer Zeit rausgekommen. Zog er damit nicht Tatsuros Ehre hinunter? Immerhin war es verboten was sie taten. Wie konnten die anderen eigentlich nichts dagegen haben? Soushi wusste schon wie. Sie respektierten ihn viel zu sehr, außerdem war Tatsuro eine Schlampe, der es mit alles und jedem trieb, der in seiner Nähe war. Durch seine enorme Ausstrahlung, konnte er sich jede Nacht jemand neues holen und das tat er auch. So ein Leben hätte er auch gerne, aber da er es nicht bekommen konnte, begnügte er sich mit dieser Welt, wenn er bei seinem großen Bruder war.
 

Als er das Studio betrat, sah er Seji und Tatsuro heftig streiten, wobei es anscheinend um Sejis Fähigkeiten als Drummer ging. Die anderen hatten sich in den Nebenraum verzogen und saßen rauchend an dem kleinen runden Tisch, alle sichtlich angenervt. “Oi minna”, begrüßte er sie und zog sich einen Stuhl heran “Was ist denn mit Onii-san?”. “Der ist schon den ganzen Tag so drauf, seitdem er mit dir ankam”, sagte Kou missgelaunt und stupste seine Asche in dem überquellenden Aschenbecher ab. “Habt ihr die Aufnahmen wenigstens fertig?”, fragte er weiter zögerlich in die Runde, worauf er ein nicht allzu begeistertes Nicken bekam. Sie hatten zwar das erreicht, was sie geplant hatten, aber das war anscheinend kein Zuckerschlecken gewesen. Stumm saßen alle da und starrten in die Leere, dem Streit im Studio lauschend.
 

Einige Wortgefechte später riss Tatsuro, mit zornesrotem Gesicht, die Türe auf und befahl alle zu der geplanten Probe dazu zu kommen. Keiner schien mehr wirklich Lust darauf zu haben, aber Seji saß bereits mit finsterem Blick an seinen Drums und klopfte die Stöcke ungeduldig gegeneinander. Soushi folgte den anderen und setzte sich auf das kleine Sofa, das ebenfalls im Raum stand, um die anderen zu beobachten. Wie es schien, war es Seji gerade wichtig, sich durch das Spielen abzureagieren und er wollte dem Leader beweisen, dass er sehr wohl gut genug spielen konnte. Ohne zu zögern, griff sein Bruder, der eine gefährliche “Komm mir nicht zu nahe!”-Aura ausstrahlte, nach seinem Bass, verkündete, dass “Tenkan” folgte und zählte bis 2. Der Metal bombardierte augenblicklich seine Ohren und Soushi kniff überrascht ein Auge zu. Die Musik drang in seine Brust und vibrierte dort im schnellen Rhythmus, das den Song ausmachte. Kou schrie aus Leibeskräften und auch Tamaki und Tatsuro stimmten mit ein. Danach kam eine sanfte Melodie, in der Kou die hohen Töne seines Gesangstalentes preisgab, um kurz darauf in einem noch schnelleren und härteren Rhythmus unter zu gehen.
 

Nach einigen Minuten verstummte der Song augenblicklich und Kou richtete sich nach seinem letzten, langezogenen Schrei, schwer atmend wieder auf, räusperte sich und sah zu Tatsuro. Dieser schien zufrieden und halbwegs wieder abreagiert zu sein. “Sei jedes mal so gut”, lobte er Seji nickend und fing dann an seinen Bass neu zu stimmen. Seji konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und tippte erwartungsvoll mit dem Fuß auf die Trommel. Kou dagegen schien fertig, denn er räusperte sich durchgehend und trank immer wieder aus seiner Flasche um seine Stimme wieder zu bekommen. “Das war echt cool~”, strahlte Soushi die Band begeistert an. “Von wem stammt der Song?”, erkundigte er sich weiter. “Danke. Von mir”, lächelte ihn Yasuo an und stimmte ebenfalls seine Gitarre. Soushi war etwas überrascht, so etwas von ihm zu hören, denn Yasuo war sonst immer sehr ruhig und zurückhaltend, wogegen alles in dem Song sprach.
 

“Könntet ihr mir einen Gefallen tun?”, sagte er etwas schüchtern und vergrub sich tiefer in dem weichen Polster des Sofas. Tatsuro und Kou sahen ihn fragend an, der Rest schien es nicht wirklich gehört zu haben, denn von deren Seite kam keine Reaktion. “Würdet ihr für mich ‘Kyû no Ai’ spielen? Ich mag den Song sehr”, lächelte er nun unschuldig. “Gern, wenn du es nötig hast”, grinste Kou daraufhin und schwang sein Mikrofon. “Uh~”, gab Soushi nur unhörbar von sich und senkte den Blick auf seine Schnürsenkel. Eigentlich dachte er, würden die Sticheleien für heute beendet sein, aber man soll den Tag ja bekanntermaßen nicht vor dem Abend loben.
 

Kou zog die Aufmerksamkeit auf sich, indem er den Song einfach ins Mikrofon sagte und die anderen aufblickten. “Der Kleine wünscht es sich”, nickte er grinsend in Soushis Richtung, der inzwischen dachte, dass das keine so gute Idee war diese Bitte zu unterbreiten. “Klar, haben wir heute ja auch bloß geschätztermaßen 20 mal gespielt...”, grummelte Tamaki. “Also mir macht es nichts aus!”, trällerte Seji fröhlich hinter den Drums hervor, sichtlich berauscht von dem seltenen Lob, dass er von Tatsuro bekommen hatte. “Außerdem habt ihr den Song doch überarbeitet”, versuchte er sich nun doch irgendwie herauszureden, “und ich würde gerne hören, wie der Sound nun klingt”. “Meinetwegen, also ‘Kyû no Ai’“, beschloss sein Bruder endgültig, bevor eine Diskussion entstehen konnte und zählte an.
 

Die sanften Melodien ertönten durch den Raum und ließen eine bedrückende Atmosphäre entstehen. Überraschenderweise hatte Seji eine Triangel in der Hand, was bei den ersten Aufnahmen nicht der Fall war. So klang der Song aber noch melancholischer, fand Soushi und hörte weiter aufmerksam zu, ließ sich von dem Song einnehmen, der nach dem harten Metal, ungewohnt ruhig und gedankenvoll war. Der Text brannte sich wieder in sein Herz und er musste kurz ein paar heraufkommende Tränen weg blinzeln. Es berührte ihn zutiefst und spiegelte genau das wieder, was er tief im Inneren fühlte.
 

Die letzten Gitarrenklänge verstummten und der Song war zu Ende. Soushi schluckte und nickte ihnen zu “Arigatou gozaimasu~”, nuschelte er und erhob sich, um raus in die kühle Abendluft zu gehen. Tief einatmend blinzelte er die letzten Tränen weg und betrachtete die untergehende Sonne. Dringende Liebe, ja die brauchte er und der Song ging genau darum. Immerhin hatte er ihn damals mit Kou gemeinsam geschrieben. Einige Momente später kam auch Tamaki raus, legte ihm einen schweren Arm um die Schultern und beugte sich zu ihm herab. “Wir haben keine Lust mehr auf Proben, willst du mitkommen zum trinken?”, fragte er grinsend. “Nein, ich denke nicht...”. “Komm schon, wir haben was zu feiern! Tatsuro ist endlich einmal zufrieden mit uns”, überredete er ihn weiter. “Hmm~”, kam von dem Kleineren als einzige Antwort. “Na gut. Was ist, wenn ich sage, dass das die Idee deines Bruders war?”, versuchte er ihn weiter zu locken aber Soushi wehrte nur seinen Arm ab und sah ihn stur an. “Was hat das denn damit zu tun? Denkst du ich würde mitkommen, nur weil er die Idee dazu hatte?”, schmollte er gereizt. “Er hat mir nichts zu befehlen!”
 

“Das klang heute Nacht aber noch ganz anders, Brüderchen”, ertönte die vertraute, hochmütige Stimme Tatsuros im Türrahmen. Sich eine Zigarette anzündend trat er an Tamakis Seite, der überlegen grinste und zog tief den Rauch in seine Lungen. Soushi lief rot an und drehte sich beschämt und bockig um. “Du kommst mit.” ertönte es endgültig hinter ihm. Er wollte nicht. Gerade jetzt, wenn er so dermaßen bloßgestellt wurde, wollte er nicht. Er war doch kein Sklave den man herumkommandieren konnte! Doch da die anderen wahrscheinlich alle mitgehen würden, denn gegen eine Trinktour hatte niemand etwas, und Tatsuro ihn nicht alleine in der Wohnung lassen würde, wusste Soushi bereits, dass es nichts brachte, sich hier aufzulehnen. “Oke, ich komme mit”, murmelte er schwer seufzend und höre wie ein Lachen seitens Tamaki ertönte, der seinem Bruder lobend auf die Schulter klopfte. “Hast ihn gut abgerichtet”, zwinkerte dieser und ging wieder in das Gebäude, woraufhin ihm Tatsuro grinsend folgte. Schon wieder. Da war wieder dieses bleischwere Gefühl in seiner Brust, das ihm zusetzte. Aber er war es gewohnt. Es war ja doch immer das selbe, egal wo er war.
 

Soushi setzte sich auf die Bordsteinkante und wartete auf die anderen, während er den Sonnenuntergang betrachtete. Er konnte sich noch gut an die letzte Sauforgie erinnern, als er zu Besuch war. Tatsuro und Kou meinten unbedingt den Fanservice planen zu müssen und darauf stiegen Seji und Tamaki schnell mit ein. Auch Midori stimmte als Groupie mit ein und so gab es ein heikles Durcheinander. Das Ergebnis des Abends war, nicht nur dass sie aus dem Lokal geworfen wurden und alle lebenslang Hausverbot bekamen, sondern auch ein halb zu Schrott gefahrenes Auto, da Seji Yasuo unbedingt einen “freundschaftlichen Gefallen” tun musste, als sie gerade mitten auf der Autobahn waren und der Gitarrist sich natürlich gewehrt hatte.

Das konnte also nur “Spaß” machen. Soushi ließ den Kopf hängen und verfluchte sich, dass er überhaupt hergekommen war. Aber vielleicht würde der Übermaß an Alkohol ihn ja davon ablenken. Er würde sich einfach in die Bewusstlosigkeit trinken, beschloss er. Aber war das wirklich eine gute Idee? Nachher würde er noch als Versuchskaninchen für die perversen Spielchen der Band missbraucht und darauf war er ganz und gar nicht erpicht.

Doch insgeheim liebte er diese Abende mit den Freunden seines Bruders. Dort ging alles sehr locker und vertraut zu und alle gingen, auf ihre Art und Weise, freundlich miteinander um. Solche Freunde hätte er auch gerne. Nicht diese konservativen Spießer, mit denen er sonst zu tun hatte. Obwohl er diese Männer weniger gut kannte, fühlte er sich bei ihnen wohler als in seinem eigenen kleinen Freundeskreis. Konnte so etwas möglich sein? Ja, denn hier konnte er sich geben wie er wollte, jeder akzeptierte ihn, so wie er war, mit seinen Fehlern und Schwächen.
 

Gerade lächelte Soushi in die Dunkelheit, die sich langsam um ihn gelegt hatte, als ihm von hinten zwei starke Arme sanft umschlossen. “Du musst doch frieren Brüderchen”, erklang die Stimme von Tatsuro neben seinem Ohr, “Ich will nicht, dass du krank wirst. Sonst mache ich mir noch Sorgen.” Soushi spürte die Wärme, die von seiner Haut ausstrahlte und bemerkte, wie frisch es eigentlich geworden war. “Ja, gomen Onii-san”, nickte er und errötete leicht. Einerseits fühlte er sich unbehaglich, aber andererseits gefiel ihm diese sanfte Berührung, die er so selten zu spüren bekam. “Wir wollen dann aufbrechen”, meinte er weiterhin gelassen und erhob sich vom Boden, stemmte die Daumen lässig in seine Hosentaschen und sah über die Schulter zu den anderen, die gerade herauskamen. Auch Soushi erhob sich und klopfte sich den Hintern etwas ab. Gerade hatte er sich richtig aufgerichtet, da bekam er auch schon einen schweren Drumkoffer entgegen gedrückt. “Hier, pack mal mit an”, meinte Kou im vorbeigehen und ging vollbeladen zu Yasuos Van, in dem er alles verstaute. Soushi diskutierte nicht mit Kou, denn von ihm war er solche rauen Gesten bereits gewohnt und außerdem hätte er sowieso geholfen.
 

Kurze Zeit später saßen bereits alle in den Autos und fuhren in das erste Lokal dieses Abends. Meist hielt es nicht lange, da sie aus diesem raus geschmissen wurden oder freiwillig flüchteten um nicht abermals Hausverbot zu bekommen. Mittlerweile müsste “Platinum Liquid” im halben Bezirk nicht mehr willkommen sein, dachte sich Soushi und sah im Rückspiegel zu Tamaki und Kou, die knutschend auf der hinteren Bank saßen. Yasuo und Seji fuhren gemeinsam in einem Wagen, da die gesamten Instrumente den hinteren Platz des Vans benötigten. “Wir holen noch Midori und Ayane ab. Sie müssten wieder zu Hause sein”, meinte sein Bruder und bog scharf in eine Kurve. “Uhm~, aber wir passen doch dann niemals in einen Wagen rein, Tatsuro”, erwiderte Soushi und sah ihn fragend von der Seite an. Innerlich hoffend, dass er nun doch nicht musste, erwartete er eine -für ihn günstige- Antwort von seinem Bruder, doch da dieser nur schmunzelte, wusste er bereits, dass es nichts brachte, sich herauszureden. “Wir laden die Sachen bei uns ab und fahren mit Yasuos Van weiter. Du wirst nicht entkommen können, Kleiner.” Soushi seufzte nur, stützte sein Kinn auf einer Handfläche und sah aus dem Fenster, von dem die bunten Lichter, der Großstadt Tokyo reflektiert wurden.
 

“Habt ihr zwei euch da hinten eigentlich schon aufgegessen, oder warum hört man nichts mehr?”, grinste Soushi nach kurzem Schweigen dann doch und lehnte sich nach hinten, um besser zu den beiden sehen zu können. Tamaki löste den Kuss und sah ebenfalls breit grinsend zu Soushi, “Was denn? Eifersüchtig?”, lachte er. “Willst du mitmachen? Dann komm nach hinten!”, lockte nun auch Kou und rieb seinem Freund provozierend über den Schritt. “Uh? Nein danke, ich möchte doch nicht in euer Paarungsritual eindringen”, neckte Soushi zurück und zog eine Augenbraue hoch. “Wer weiß, vielleicht schafft ihr es diesmal sogar ein Kind zu zeugen!”, lachte er dann noch und lehnte sich dann schnell nach vorne, da Kou nach seinem Hals griff. “Kleiner Giftzwerg! Dich werde ich heute noch dran kriegen, glaub mir!”, fauchte Kou bestialisch grinsend, doch Soushi, behütet durch die Distanz die er zwischen sich geschafft hatte, lachte nur amüsiert. ”Na~ das will ich sehen, wenn du sabbernd unter dem Tisch liegen wirst, weil ich dich nieder getrunken habe”, konterte er zurück, zog ein Auge lang und zeigte dem kleinen Screamer die Zunge. Kou konnte Soushi locker im Trinken schlagen, immerhin befand er sich viel öfter in dieser Gesellschaft und war schon im gewissen Sinne abgehärtet, doch Soushi machte es einfach Spaß ihn herauszufordern, da es einfach mega süß aussah, wenn Kou sich so furchtbar aufregte, fand er. “Oh Baby, du weißt gar nicht, was dich noch erwartet~”, raunte Kou und leckte sich über die blanken Zähne, bevor er sich wieder Tamaki zuwendete und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Der Gitarrist grinste von Sekunde zu Sekunde breiter und starrte Soushi dabei hinterhältig an. Soushi schluckte und setzte sich wieder gerade in den Sitz. Vielleicht hatte er ja ein wenig übertrieben, da alle heute eh schon so schlecht gelaunt waren, dass ihnen alles mögliche zuzutrauen war. Er linste in Tatsuros Gesicht und seufzte langgezogen. “Hast du dir selbst zuzuschreiben, Brüderchen”, lachte dieser nur und zwinkerte seinem Beifahrer zu. “Da wäre ich mir nicht so sicher~”, murmelte Soushi schmollend vor sich hin und verschränkte die Arme vor der Brust. Das nächste mal würde er einfach die Klappe halten, beschloss er.
 

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Das wars mit dem ersten Kapitel ^^
 

Ich würde mich über Kritik sehr freuen x3
 


 

hier noch die begriffe: ^^
 

Unterhaltung:

onii: Bruder

chan: verniedlichungsform

san: höflichkeitsform

ohayou: Morgen

minna: Leute

gomen: Sorry

chibi: Kleiner
 

Schimpfwörter:

doke: Hau ab

usse: Halt die Fresse

kono yarou: Du Mistkerl

sukebe: Lustmolch
 

Songs:

kyû no ai: dringende Liebe

tenkan: Epilepsie

kuzu: Abschaum

dattara ikiteiru kara: deswegen lebe ich



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  YourCosplayWaifu
2009-06-27T15:15:52+00:00 27.06.2009 17:15
tzzzzzzzzzzzzz~
so erstes kapitel endlich geschafft - was für n roman xD
und merkwürdig, dass soviele charaktere auftauchen in denen ich zu gewissen Personen so leichte Verbindungen sehe xD ich sag nur Jan, Finn *hust*
xD
ja egal.. xD
Gacktina xD
*lach*
na ja aber ansonsten is es schon schön geschrieben und ziemlich gut beschrieben auch wenn es manchmal verwirrend war, weil du anfangs oft nicht der hauptpersons namen genannt hast... na ja.. aber es geht schon.. außer dass du mir ständig von hinten reingebrüllt hast "iiih n türke mit türkenbart, der türkisch singt und in ner Dönerbude steht" *drop* XD
^_^
so und jetzt mach ich erst mal lesepause x.x immer diese Romane xD

Neko
Von:  FunGhoul
2009-05-13T17:38:09+00:00 13.05.2009 19:38
Am Anfang mal eine Frage:
WARUM im Namen der Hölle, des Feuers und des Blutes, musste ich DAUERND an Kenji denken, als dieses Kapitel gelesen habe?! xD
*lach*
Also ich fands echt genial bis hier und ich habe entdenkt, dass mein Faible für "Bruderliebe" immer größer wird xDD
*wegschmeiß*

Totchi~
Von:  -Sayori-
2008-09-13T22:11:12+00:00 14.09.2008 00:11
Das ist echt geil...
>>Vor allem die Gothic Lolitas hatten es ihm angetan, obwohl er einmal eine unangenehme Begegnung mit einer hatte. Warum mussten auch manche Jungs wie Mädchen aussehen?<<
wie viado schon sagte, das ist geil xDD

weiter sooo^__^
Von: abgemeldet
2008-09-13T09:36:32+00:00 13.09.2008 11:36
>>Vor allem die Gothic Lolitas hatten es ihm angetan, obwohl er einmal eine unangenehme Begegnung mit einer hatte. Warum mussten auch manche Jungs wie Mädchen aussehen?<<

nur zu geil "totlach"

__

ein kind zeugen, zwei männer, alles klar "kaputtlach"


nicht schlecht die ff

also im großen und ganzen echt gut gemacht hat sowol mitleid als auch komödie, weiter so *daumenhoch*

LG Viktor
Von:  -Neko_Cherry
2008-09-12T22:43:25+00:00 13.09.2008 00:43
Also!
1.Dein schreibstil gefällt mir11
aber das wusstest du schon vorher glaub ich
2.Die Story *__* ist der hammer XD
Und das nciht nur weil sie mich an einen guten Freund erinnert
3.Ich hoffe du bist so schnell beim schreiben das ich vor meiner Abreise noch das Adult kapittel lesen kann *___*

also alles in einem
*daumenhochhalt*
Lg Cherry


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