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All you need is love

All you get is trouble (ZoTa) *Kapitel 20*
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Es wird mal wieder Zeit. Schon lange, ich weiß.

Was bisher geschah:
Ruffy & die Crew haben es geschafft, Ace aus seiner Gefangenschaft zu befreien. Aber irgendwie haben sie dabei aus Versehen Tashigi entführt... Komplett anzeigen

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Kill your butterflies

Kapitel 16: Kill your butterflies
 

Als Zorro aufwachte, war die Kajüte leer. Es hatte vielleicht eine Weile gedauert, bis er endlich eingeschlafen war, aber dafür hatte er so tief geschlafen wie schon lange nicht mehr. So tief, dass er sich schon weitaus kräftiger fühlte als am Vortag. Er setzte sich auf und streckte prüfend die Finger seiner geschienten Hand. Das klappte schon mal ganz gut. Auch seine Schulter konnte er einwandfrei bewegen, auch wenn es noch höllisch weh tat. Dann kamen seine Gedanken bei Tashigi an und er ließ sich ratlos nach hinten in die Polsterung der Couch fallen. Scheiße. Was sollten sie bloß mit ihr anstellen? Sie würde ihm das nie verzeihen.
 

Ihm fiel ihr Schwert ein, dass immer noch mit den seinen an seinem Gürtel befestigt war. Zorro löste es davon ab und betrachtete das gut gepflegte Katana, dass dem Lieutnant so viel bedeutete. Und dass sie ihm trotzdem überlassen hatte, wenn auch wahrscheinlich deshalb, weil ihr keine richtigen Alternativen zur Verfügung gestanden hatten. Kurz sah er sich im kreativen Chaos der Kajüte um, auf der Suche nach einem geeigneten Versteck. Da er befürchtete, das Schwert niemals wieder zu finden, wenn er es einfach unter einem der acht schiefen Kleiderhaufen auf dem Boden versteckte, stemmte sich in die Höhe und steuerte seinen eigenen Kleiderschrank an. Auch darin türmten sich die Kleidungstücke, ungefaltet und ungeordnet, aber hier konnte es zumindest nicht verloren gehen. An Bord herrschte die unausgesprochene, aber eisern befolgte Regel, dass niemand etwas am Kleiderschrank des anderen zu suchen hatte. So viel Privatsphäre musste auch sein, sonst hätten sie sich schon längst die Schädel eingeschlagen.
 

Nach kurzer Überlegung stellte er seine Schwerter gleich daneben und schloss energisch die Tür. Das vertraute Gewicht an seiner Hüfte fehlte ihm wie ein Körperteil, was Tashigi gegenüber wohl nur fair war. Und sicherer für alle Beteiligten, denn so konnte sie ihn auch nicht überrumpeln und entwaffnen, wenn er mal eine Sekunde vergaß, dass sie eigentlich natürliche Feinde waren. Damit durchquerte er die Kajüte und trat in den Flur. Kurz hielt er inne und lauschte; von oben hörte er klapperndes Geschirr und Gerede. Wahrscheinlich waren die anderen schon beim Frühstück. Als er an der Krankenstation vorbeikam, warf er einen Blick hinein. Tashigi saß auf der Liege, die Beine an den Körper gezogen, die Arme darum verschränkt.
 

Guten Morgen zu sagen schien ihm keine gute Idee zu sein, aber er konnte auch nicht einfach an ihr vorbeigehen und sie ignorieren. "Willst du nicht mit hoch?"

Tashigi starrte stur weiter an die Wand, als wäre er unsichtbar. "Nein."
 

Na immerhin. Sie blendete ihn nicht komplett aus. "Das Frühstück ist bestimmt fertig", versuchte er es erneut. Ihr Blick zuckte wütend zu ihm herüber. Noch nicht ganz so wütend wie am Abend zuvor, aber nah dran. "Willst du mir jetzt vorschreiben, was ich zu tun habe, oder was?!", fuhr sie schnippisch auf und Zorro sparte sich die Frage, ob sie gut geschlafen hatte. Stattdessen hob er beschwichtigend die Arme vor die Brust. Er war noch nicht wach genug, um sich mit ihr zu streiten. "Schon gut, schon gut. Mach, was du willst", entgegnete er und hoffte, die Situation so zu entschärfen. Sie ging zumindest nicht an die Decke, aber sie wandte den Blick wieder von ihm ab, schob störrisch das Kinn vor und ignorierte ihn wieder. Mit einem lautlosen Seufzer wandte Zorro sich ab, vergrub die unverletzte Hand in der Hosentasche und musste sich zwingen, seine Schritte auf dem Weg nach oben nicht zu beschleunigen.
 

Tashigi hielt sich solange gleichgültig, bis Lorenors Schritte nicht mehr zu hören waren, dann ließ sie ihre Stirn auf die Knie sinken und stöhnte frustriert. Nichts war gut, und sie würde ja gern machen, was sie wollte, aber sie war auf einem gottverdammten Piratenschiff gefangen, dieser Witzbold. Und unbewaffnet obendrein. Die halbe Nacht hatte sie wachgelegen, sich hin- und hergerollt und darüber nachgegrübelt, wie es jetzt weitergehen sollte. Wie sie das Smoker erklären sollte. Hatte sich dafür in den Arsch getreten, überhaupt auf die hirnverbrannte Schnapsidee gekommen zu sein, den Strohhüten zu helfen. So blöd gewesen zu sein, Ace zu befreien. So bescheuert, dass sie Lorenor vertraut hatte, was sie letztlich erst in diese Situation gebracht hatte. Und ihr war der Gedanke gekommen, dass sie eigentlich ganz froh sein konnte, denn alles, was sie jetzt noch für Lorenor empfand, war eine teuflische Wut. Keine blöden Schmetterlinge mehr, keine Kopfverdreherei. Wo auch immer das hergekommen war, es schien endgültig vorbei zu sein. Sie war sich noch nicht sicher, ob es befreiend war oder sie traurig stimmte. Das Gefühl an sich war schön gewesen, obwohl es so falsch war.
 

Sie schaffte es, sich soweit zu beruhigen, dass sie außer ihren Gedanken noch etwas anderes wahrnahm. Und ihr fiel auf, dass sie zum ersten Mal, seitdem sie hier an Bord erwacht war, unbeaufsichtigt war. Von oben drang das Klappern von Geschirr herunter. Vermutlich lag dort die Kombüse. Tashigi schob die Decke bei Seite und rutschte von der Liege herunter. Zögernd steckte sie den Kopf durch das Loch in der Tür und blickte links und rechts den Flur hinunter, um sicher zu gehen, dass niemand in der Nähe war. Die Treppe schräg rechts ignorierte sie, ein Deck höher stiegen die Chancen, auf einen der Piraten zu stoßen. Also wandte sie sich nach links.
 

Tashigi suchte nichts Bestimmtes, nicht einmal eine Waffe. Was hätte es ihr schon gebracht? Selbst wenn sie es schaffte, eines der Crewmitglieder zu überwältigen, es würde sie nicht sonderlich weit bringen. Mindestens zwei von ihnen hatten Teufelskräfte, mit dem kleinen Elch schon drei. Der Versuch war von vornerein zum Scheitern verurteilt und sie hatte keinerlei Interesse daran, ihre Situation zu verschlechtern. Außerdem würde sie es alleine sowieso nicht schaffen, das Schiff zu steuern und von Navigation hatte sie auch keine Ahnung. Ihr blieb gar keine andere Wahl, als darauf zu bauen, dass die Mannschaft ihr nichts tun und sie bei der nächsten Gelegenheit wieder frei lassen würde. Eine bittere Pille für sie als Marinelieutnant.
 

Sie fand einen kleinen Lagerraum mit allerlei Werkzeug, einigen Kisten mit Nägeln und Dübeln und ein Paar Seile und Bretter, in einem Wandregal reihten sich Putzmittel aneinander. Tashigi schob die Tür wieder zu. Vor allem, weil ihr wieder einfiel, wie sie auf Shadow Eleven in einem ähnlichen Raum mit Lorenor gestanden und mit ihm diskutiert hatte. Wie er sie angesehen hatte. Aber sie war fertig damit, erinnerte sie sich und wandte sich der nächsten Tür zu.
 

Dort stieß sie auf ein Zimmer voller Hängematten, allem Anschein nach einer der Kajüten. Der Geruch war unverkennbar männlich, Tashigi kannte ihn von den Gemeinschaftsschlafzimmern der Marinebasis in Logue Town und den Jungenkajüten des Schiffes, auf dem sie mit Smoker arbeitete. Sie blickte auf den Boden und war nicht überrascht, überall dreckige Kleidungsstücke rumliegen zu sehen. Beinahe musste sie schmunzeln. Irritierend, wie normal alles wirkte. Tashigi wusste auch nicht, was genau sie erwartet hatte, aber ein paar Schrumpfköpfe und eingelegte Körperteile hätten es weitaus einfacher gemacht, in gut und böse zu unterscheiden. Sie vergewisserte sich, dass immer noch niemand im Flur stand und trat behutsam ein.
 

Darauf achtend, dass sie nichts kaputttrat, bahnte sie sich einen Weg durch den Raum. An einer Wand entlang standen nebeneinander fünf Kleiderschränke. An zwei von ihnen waren Steckbriefe gepinnt, der von Monkey D. Ruffy, der strahlend breit in die Kamera grinste. Und zwei Schränke weiter das von Lorenor, auf das jemand einen Schnurrbart gekritzelt hatte. Diesmal konnte sie das Lächeln nicht unterdrücken. Neugierig trat sie auf den Schrank zu, zögerte jedoch, ihn zu öffnen. Sie wollte nicht schnüffeln, sie war hier immerhin die Gute, konnte sich allerdings nicht daran hindern. Tashigi schärfte sich selbst ein, dass sie nur mal kurz hineinspinxen würde, und zog die Tür auf.
 

Wieder war sie überrascht. Im größten Fach stapelten sich unachtsam hineingeworfene Hosen, Shirts und Pullover. Tashigi griff automatisch nach Shigule, als sie es entdeckte, und zog es heraus. Erst dann fielen ihr Lorenors Schwerter auf, drei wunderschöne Stücke, die sie schon mehrmals bewundert hatte. Sie hatte ihn noch nie unbewaffnet herumlaufen sehen. Selbst gestern, als er im ihrem Lager eingeschlafen war, waren sie in Reichweite gewesen. Tashigi begriff nicht, warum er sie abgelegt und in seinem Schrank verstaut hatte. Mit einem leisen Seufzen legte sie Shigule zurück. Wieder einmal eine Sache, bei der sie einem Piraten vertrauen sollte. Wenn es nicht so verdammt traurig wäre, hätte man darüber lachen können.
 

Sie wollte die Schranktür gerade zuschieben, als ihr Blick auf eine Kiste auf dem obersten Regalboden fiel. Jemand, vermutlich Lorenor, hatte sie weit nach hinten geschoben und ein paar Flaschen mit Schwertpolitur davor gestellt, deshalb hätte Tashigi sie beinahe übersehen. Wieder blickte sie sich um und ihr Herz schlug schneller. Es ging sie nichts an, was in dieser Kiste war. Wenn sie diese Holzschachtel öffnete, hatte sie die Grenze zum Schnüffeln definitiv überschritten. Und sie wusste, wären die Rollen vertauscht, sie würde Lorenor dafür umbringen, dass er ihre persönlichen Sachen durchstöberte. Aber sie konnte nicht anders, obwohl ihr das schlechte Gewissen jetzt schon ins Gesicht gemeißelt war.
 

Hastig schob sie die Politurlösungen bei Seite, stellte sich auf die Zehenspitzen und streckte sich soweit hinauf, dass sie an die Kiste herankam. Vorsichtig hob sie sie herunter und betrachtete sie. Die Kiste war nicht sonderlich groß, vielleicht 20 mal 30 Zentimeter groß und zehn Zentimeter hoch. Vielleicht Platz für ein paar Fotos oder andere Erinnerungsstücke. Es war wirklich nicht okay, was sie hier tat. Nervös pustete sie den Staub von der Schachtel und verfluchte sich dafür, weil sie sich damit praktisch verriet. Zu spät.
 

Mit klopfendem Herzen und feuchten Fingerspitzen hob sie den Deckel an. Es waren tatsächlich ein paar Fotos drin und sie blätterte sie hastig durch. Ein Bild von ihm und seinem Captain, eines davon, wie er mit dem Rentier schlafend an der Reling des Schiffes lehnte. Sie lächelte. Das nächste ließ ihren hektischen Herzschlag stoppen. Es war, als sähe sie sich selbst als Kind. Aber neben dem Mädchen, dass ihr so ähnlich war, war Lorenor abgebildet, ebenfalls viel jünger. Beide grinsten ausgelaugt, aber zufrieden in die Kamera. Tashigi wusste, dass nicht sie auf dem Bild war. Sie hatte Lorenors "Meine-tote-Freundin-sieht-dir-ähnlich"-Geschwafel immer als dumme Ausrede abgetan. Jetzt wurde ihr plötzlich klar, wie falsch sie damit gelegen hatte. Wenn es selbst sie verstörte, wie ähnlich sie dem Mädchen auf dem Bild sah, konnte sie verstehen, warum er sich bei ihrer ersten Begegnung so merkwürdig aufgeführt hatte. Sie hatte sich in ihm getäuscht, mal wieder.
 

Mit hochroten Wangen blätterte sie weiter durch die letzten Fotos. Keine Familienbilder, nur ein paar weitere Schnappschüsse mit seiner Crew. Auf dem Boden der Kiste lagen ein paar Münzen verstreut, nebst einem Dolch mit einem eingeritzten Z und einer kaputten Brille. Tashigi stutzte. Fassungslos starrte sie auf das Brillengestell, das Lorenor ihr damals in Logue Town ungeschickt zertrümmert hatte. Sie war immer davon ausgegangen, dass er sie einfach auf der Straße liegen gelassen oder weggeworfen hatte, aber wie es aussah, hatte er sie aufbewahrt.
 

Bevor ihr klar wurde, was sie davon halten sollte, hörte sie Schritte auf dem Flur. Beinahe hätte sie die Kiste panisch fallen gelassen. Ihr blieb keine Zeit, den Inhalt wieder richtig zu ordnen. Mit zitternden Fingern presste sie den Deckel drauf und schob sie in den Schrank zurück. Tashigi schaffte es nicht mehr, alle Schwertpoliur-Flaschen aufzureihen und eine fiel hinunter auf den Kleidungsstapel. Innerlich fluchend schob sie hastig die Tür zu und hatte sich gerade fünf Meter entfernt, als die Tür zur Jungenkajüte aufgeschoben wurde. Tashigi stand exponiert mitten im Zimmer, hatte keine Zeit mehr sich zu verstecken. Und sie war sich ziemlich sicher, dass man ihr das schlechte Gewissen aus zehn Metern Entfernung ansah.
 

"Was machst du denn hier?", fragte Nami schnippisch und verschränkte die Arme vor der Brust. Eigentlich hatte sie den Marinelieutnant zum Essen hochholen wollen. Es war irgendwie unheimlich zu wissen, dass jemand, der sie und ihre Freunde zu gerne auf dem Schaffott sehen wollte, unbeobachtet ein Deck unter ihnen saß, während sie unbekümmert Speck und Eier in sich hineinschaufelten. Nun ja, was hieß unbekümmert? Ace und Ruffy amüsierten sich blendend und tauschten zwischen zwei Bissen eifrig Neuigkeiten aus. Robin hatte sich bei ihrem Kaffee verstörenderweise in ein Buch mit dem Titel Die 100 größten Geiselnahmen in der Geschichte und was man aus ihnen lernen kann vertieft. Chopper nuckelte an seinem Kakao und Lysop überlegte schon die ganze Zeit, welche der Reparaturen im Unterdeck er zuerst in Angriff nehmen sollte. Er hatte gesehen, was Zorro und dieser Marinelieutnant gestern dort unten angestellt hatten und war froh, nicht zwischen die Fronten geraten zu sein.
 

Dann war Zorro hereingestiefelt, hatte etwas gebrummt, dass man mit viel Zugeständnis als 'Guten Morgen' werten konnte und sich einen Kaffee eingeschenkt. Sein Blick war erst finster an Robin hängen geblieben, dann an ihrem Buchtitel. Er sagte zwar keinen Ton, aber statt sich an seinen Stammplatz schräg neben der Archäologin zu setzen, schob er seinen Stuhl an den Platz am Tisch, der am weitesten von ihr entfernt war. Niemand sprach es an. Und auch der Fakt, dass sie eine Geisel an Bord hatten (und zwar nicht nur irgendeine Geisel, sondern einen Marinelieutnant; und nicht mal irgendeinen Marinelieutnant, sondern Smokers rechte Hand) wurde mit keiner Silbe erwähnt. Bei allem Verständnis für das Bedürfnis ihrer Crew, die Befreiung von Ace zu feiern, sie mussten sich dem unerwähnten Problem stellen.
 

Deshalb hatte Nami verkündet, dass sie Tashigi nun hochholen würde. Zorro hatte leise und ohne jemanden anzusehen eingeworfen, dass sie nicht wollte. Nami war das scheißegal – sie mussten darüber sprechen, erst recht mit ihr, denn sie hatte keine Lust, sich zu Hause an Bord bei jedem Schritt umsehen zu müssen. Eine Lösung musste her und das ging nur dann, wenn Tashigi mitarbeitete. Und deswegen würde sie hochkommen müssen.
 

Und jetzt erwischte sie den Marinelieutnant beim Herumschnüffeln. Nicht gerade die beste Verhandlungsbasis. "Hm?!"
 

Tashigi verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich habe das Badezimmer gesucht", improvisierte sie hastig und es war nicht einmal gelogen. Sie musste wirklich mal auf die Toilette. Die Orangehaarige sah sie misstrauisch an, dann deutete sie auf eine Tür am anderen Ende des Raums. "Da drüben. Man kommt sowohl von der Frauen- als auch der Männerkajüte rein", erklärte Nami und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Das Badezimmer, natürlich. Das hätte sie sich denken können. Die arme Frau musste bestimmt schon länger mal ins Bad und hatte sich nicht getraut zu fragen. Namis harte Schale bröckelte. Diese Frau hatte Angst vor ihnen, das war verständlich. Trotzdem war es Nami unangenehm. "Kommst du...also, komm danach zum Essen hoch."
 

Der Marinelieutnant sah sie verwundert an. "Ich habe keinen Hunger", gab sie knapp zurück.

"Die Treppe hoch, erste Tür links", entgegnete Nami unbeirrt. Beide Frauen sahen sich unnachgiebig in die Augen, dann drehte Tashigi sich herum und ging ins Bad.
 

= = =
 

"Wie geht es dem Marine-Hasen?", fragte Sanji an Chopper gewandt, ließ sich mit der Kaffeetasse in der Hand elegant auf dem Stuhl neben Zorro sinken und paffte versonnen Herzchenwolken mit dem Qualm seiner Zigarette. Zorro blieb der Bissen von seinem Brot im Hals stecken. Marine-Hase. Er hustete und Sanji schob ihm, ohne hinzusehen, ein Glas Orangensaft zum Nachspülen zu.
 

"Ihr fehlt soweit nichts", versicherte Chopper dem Koch und leckte die Sahne von seinem Löffel. "Aber ich glaube, ihr gefällt es bei uns nicht."
 

Das war noch stark untertrieben, dachte Zorro und spülte das Glas Saft in einem Zug runter. Robin tippte ihm auf die Schulter, indem sie eine Hand aus seinem Rücken sprießen ließ. "Lass das", sagte Zorro finster, ohne zu ihr herüberzusehen. Was Ruffy dazu veranlasste, das Gespräch mit seinem Bruder für eine Sekunde zu vergessen. "Was ist los?", fragte Ruffy erstaunt. "Bist du böse auf Robin?"
 

Zorro starrte seinen Captain zwei Sekunden sprachlos an. Natürlich war er wütend auf Robin, und das gleich aus mehreren Gründen. Sie hatte Tashigi ohne Absprache mit den anderen einfach außer Gefecht gesetzt und mitgeschleppt. Das war der offensichtliche Grund, aus dem auch die anderen sauer auf sie sein sollten, denn es war noch nicht abzusehen, wie die Geiselnahme ausgehen würde. Dazu kamen noch eine Reihe von persönlichen Gründen. Robin hatte das fragile Vertrauen zwischen Tashigi und ihm zerstört. Sie hatte dafür gesorgt, dass aus dieser wie auch immer gearteten Beziehung niemals etwas werden konnte. Sie zwang Tashigi dazu, an einem Ort zu sein, wo sie nicht hingehörte. Und sie tat das alles mit diesem nervigen Lächeln, als hätte sie das alles schon längst durchdacht und voll im Griff.
 

Ruffy verstand die Antwort, obwohl Zorro keinen Ton sagte. "Ach, komm schon", lachte der Strohhutträger. "So schlimm ist es doch nicht. Sie wird sich schon an uns gewöhnen. Und wir lassen sie doch bald wieder frei", sagte Ruffy und warf Robin einen fragenden Blick zu. "Oder?"

"Natürlich, Captain", stimmte Robin zu und Zorro konnte nicht fassen, dass die Sache damit anscheinend gegessen sein sollte. Aber Ruffy hatte schon immer einen unerschütterlichen Glauben daran gehabt, das alles gut werden würde.
 

Robin lächelte ihm zu. Aus der Tischplatte vor seiner Nase wuchs eine Hand und streckte sich ihm hin, bereit zum Händeschütteln. Ruffy grinste. "Los, vertragt euch. Das ist ein Befehl."

Zorro sah beide düster an, schob seinen halbleeren Teller von sich weg, ignorierte die ihm dargebotene Hand und stand auf. An der Tür kam ihm Nami entgegen und wedelte mit der Hand. "Nichts da, zurück an den Tisch. Wir klären das jetzt."
 

Einen Moment war Zorro irritiert. Wollte Nami sich jetzt auch noch in den Streit zwischen ihm und Robin einmischen? Erst dann entdeckte er Tashigi, die missmutig und mit abwehrend vor der Brust verschränkten Armen hinter der Navigatorin stand. Er trat einen Schritt zurück, damit die beiden Frauen eintreten konnten. Die Gespräche am Tisch verstummten und Sanji sprang so eifrig von seinem Stuhl auf, als hätte man ihn mit einem glühenden Eisen gepiekst. "Guten Morgen, meine Hübsche!", flötete der Smutje und tänzelte förmlich zum Herd zurück. "Was darf ich dir servieren? Crêpes? French Toast? Arme Ritter? Oder doch lieber etwas ganz anderes?", fragte er beflissen und drehte sich zu Tashigi herum, die von Nami gegen ihren Willen an den Schulterblättern hineingeschoben wurde.
 

"Eh...nichts", antwortete Tashigi nur halb so entschlossen, wie sie es vorgehabt hatte. Es roch köstlich und von dem Essen gestern hatte sie nicht viel herunterbekommen. Ihr Magen knurrte nachdrücklich, aber der Teufel würde sie reiten, noch einmal etwas von Piraten anzunehmen.
 

"Kommt gar nicht in Frage!", entschied Sanji. "Ich stelle dir eine Auswahl zusammen, du musst bei Kräften bleiben."

"In dem Buch steht, man sollte Gefangene nicht bei Kräften halten. Das minimiert die Fluchtgefahrt", warf Robin trocken ein, ohne von ihrer Lektüre aufzusehen. Ausnahmslos alle starrten sie entgeistert an. Sie schien die Blicke zu spüren, blickte auf und lächelte in die Runde. "Das war ein Scherz. Also wirklich."
 

Das konnte man bei Robin manchmal nicht so genau sagen. Tashigi fand es jedenfalls gar nicht komisch und auch Zorros Miene wurde höchstens noch finsterer, aber Ruffy, Ace und Lysop rangen sich einen Lacher ab. Tashigi zuckte überrascht zusammen, als der blonde Kerl ihr ohne Vorwarnung ein Glas Orangensaft in die Hand drückte. "Ich...ich will wirklich nicht", beteuerte sie gestresst.
 

"Keine Widerrede. Nahrungsaufnahme ist hier an Bord nicht verhandelbar, mein Engel", bestimmte Sanji mit Nachdruck, dann lächelte er entwaffnend. "Ich hab es nicht vergiftet, glaub mir."
 

Seufzend zuckte Tashigi mit den Schultern, und weil er sie immer noch anstarrte, nahm sie einen Schluck. Er schmeckte fantastisch, aber das würde sie für sich behalten. Der Smutje schien jedenfalls zufrieden, denn er wandte sich wieder den Herdplatten zu.
 

"Wo wir schon beim Thema Verhandlungen sind", fiel Nami ein und sie drückte Tashigi auf einen freien Stuhl und bedeutete Zorro, seinen faulen Hintern endlich auf dem anderen zu parken. Missmutig ließ sich der Schwertkämpfer darauf fallen und trank noch einen Schluck von seinem mittlerweile stark abgekühlten Kaffee. Sanji schenkte ihm wortlos nach, als er Tashigi einen Teller mit einer Frühstücksauswahl brachte.
 

"Zunächst mal: Das ist für uns alle eine ungewohnte Situation. Wir hatten noch nie eine Geisel an Bord", stellte Nami fest und warf Tashigi, die sich an ihrem zweiten Schluck Orangensaft verschluckte, einen entschuldigenden Blick zu. "Das klingt hart, aber ein besseres Wort fällt mir einfach nicht ein."

"Wie wär's mit Gast?", schlug Ruffy vor und schlug die Faust in die geöffnete Hand.

"Ich bin aber nicht freiwillig hier", warf Tashigi finster ein.

"Oh, stimmt. Das ist natürlich blöd", stimmte Ruffy zu. Tashigi runzelte die Stirn. Das hatte der Captain der Strohhutbande aber schnell herausgefunden.
 

Nami gab sich Mühe, das Gespräch wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. "Wie auch immer wir es nennen wollen-"

"Geisel trifft es ganz gut", warf Tashigi gereizt ein.

"Na dann, von mir aus! Geisel!", schnappte Nami, genervt davon, ständig unterbrochen zu werden. "Sind wir uns denn soweit alle einig damit, dass das nicht geplant war, wir sie bei der nächsten Gelegenheit wieder freilassen und ihr solange kein Haar krümmen werden, solange sie uns auch keins krümmt?"
 

Zustimmendes Gemurmel machte die Runde. Selbst Robin nickte, nur Tashigi saß mit versteinerter Miene da und ließ ihr Essen unberührt stehen. Hier wurde über ihre Gefangennahme geredet, als wäre das nichts weiter als ein blödes Missgeschick. War denn keinem hier klar, dass es sie in ernsthafte Schwierigkeiten brachte? Dass sie das irgendwie ihrem Boss erklären müsste? Dass das eine Katastrophe für ihre Karriere war?
 

"Moment mal – ich soll jetzt mit euch wochenlang über die Grand Line schippern und so tun, als ob alles in bester Ordnung wäre?!", fragte sie entgeistert.
 

"Darf ich auch mal was dazu sagen?", schaltete Ace sich ein, wartete keine Antwort ab, sondern wandte sich direkt an Tashigi selbst. "Tashigi, du hast das Herz am rechten Fleck, das weiß ich. Mein Bruder und seine Freunde sind nicht so, wie alle denken. Sie halten ihre Versprechen. Es ist blöd, dass du dazwischen geraten bist, aber es hätte dich weit schlimmer treffen können. Bei der nächsten Gelegenheit lassen sie dich gehen. Bis dahin müssen wir uns halt irgendwie arrangieren, und-"
 

"DAZWISCHEN GERATEN?!", explodierte Tashigi und starrte Ace entgeistert an. Sie deutete energisch auf Nico Robin. "DIE DA HAT MICH SKRUPELLOS AUSGESCHALTET!"
 

Robin wurde nicht einmal rot. "Es war unsere einzige Chance, unbeschadet zu entwischen", verteidigte sie ihr Vorgehen vehement. Wenn sie die Wahl hatte zwischen dem Leben ihrer Freunde oder dem Komfort eines einzelnen Marinelieutnants, sie würde sich immer für das Wohlergehen ihrer Freunde entscheiden. "Ich habe das nachgeprüft."
 

"Es ist, wie es ist", grätschte Nami dazwischen, bevor der Streit eskalieren konnte. "Jetzt können wir auch nichts daran ändern. Oder willst du über Bord springen?", fragte die Navigatorin an Tashigi gewandt. Tashigi schwieg finster. Ihre Gedanken zählten anscheinend nicht. Gerne hätte sie in Lorenors Richtung geblickt, um herauszufinden, was er von der ganzen Sache hielt, hatte aber Angst, dass er sie sofort durchschauen würde. Dass er sofort wissen würde, dass sie in seine Privatsphäre eingedrungen war. Also mied sie seinen Blick und starrte auf das Essen vor sich, ohne es wirklich zu sehen. Der Appetit war ihr vergangen. Sie konnte nicht einmal das Glas Orangensaft austrinken.
 

Es wurde still am Tisch. Jeder von ihnen grübelte darüber nach, was als nächstes zu Tun wäre.
 

"Was ist eigentlich mit deinem Schwert? Ich habe keine Lust, dass du anfängst, Amok zu laufen", sprach Nami Tashigi direkt an. Tashigi blickte nun doch finster zu Lorenor, der zumindest den Anstand hatte, sich unangenehm berührt über den Nacken zu fahren. "Hab ich", warf er ein, ohne näher darauf einzugehen.

Nami hob erstaunt eine Augenbraue. Sie wusste, dass Zorro eine Schwäche für die Frau hatte und sie hatte nicht damit gerechnet, dass er sie entwaffnen würde. "Schön. Wirst du in dieser Hinsicht irgendwelche Probleme machen?", hakte sie weiter nach.
 

"Kommt drauf an", entgegnete Tashigi ehrlich. Sie konnte für nichts garantieren. Wenn ihr einer blöd kam, würde sie auch austeilen. Sie würde sich hier nichts gefallen lassen müssen.

Nami zögerte. "Ich betrachte das als ein 'Wie du mir, so ich dir'...", murmelte sie und überlegte weiter. "Du kannst bei Robin und mir schlafen-"
 

"Kommt nicht in Frage", entfuhr es Tashigi wie aus der Pistole geschossen. Unter gar keinen Umständen würde sie mit Nico Robin in einem Zimmer schlafen. Sie hatte den Vorfall in Alabsta nicht vergessen und erst gestern hatte sie sie überwältigt. Mit dieser Frau im Zimmer würde sie kein Auge zu tun.
 

Eine Weile wurde es still. Nami war deutlich anzusehen, dass ihr die Vorstellung, Tashigi unbeaufsichtigt zu lassen, nicht behagte.
 

"Das Krankenzimmer", sagte Zorro in die Stille. Es war die einfachste Lösung und das Mindeste, was sie Tashigi Jenkins schuldeten. Und er brachte es auch eher wie eine Entscheidung hervor als einen Vorschlag.
 

"Na schön. Lysop, du reparierst heute die Tür?"

"Wird erledigt", bestätigte Lysop und tippte auf seine Baupläne. Nami nickte zufrieden. "Gut, da wir das geklärt hätten-"
 

"Moment", stieß Tashigi irritiert aus. "Das war's? Damit ist das Thema vom Haken?!"

Sie konnte es nicht fassen. Die Strohhüte warfen ihr Leben über den Haufen und redeten ganze fünf Minuten darüber, dann war das Thema gegessen?!
 

"Was sollen wir denn sonst tun?", stellte Nami die Gegenfrage und sah sie mit schiefgelegtem Kopf an. "Hast du igendwelche Vorschläge?"
 

Tashigi setzte zu einer beherzten Antwort an, aber ihr fiel nichts ein. Es gab schlicht und ergreifend keine Möglichkeit, schneller von Bord zu kommen. Außer, sie stürzte sich über die Reling, und das würde keinem von ihnen weiterhelfen. Es gab kein Schlupfloch, sie saß hier fest. Und der Vorschlag der Strohhüte, sich das Leben in dieser Zeit gegenseitig so leicht wie möglich zu machen, war nur sinnvoll und vernünftig. Sie bekam immerhin ihr eigenes Zimmer, konnte sich ungehindert bewegen und bekam regelmäßige Mahlzeiten. Ace hatte recht gehabt, es hätte sie sehr viel schlechter treffen können. Aber das bedeutete nicht, dass sie sich so schnell damit arrangieren konnte. "Ich weiß nicht", sagte sie schließlich verwirrt.
 

"Falls ja, kannst du sie uns ja mitteilen", schloss Nami die Diskussion und als Lysop aus der Küche ging, um die Reparaturen in Angriff zu nehmen, ließ sie sich auf den freien Platz neben Ruffy fallen. "Sanji, machst du mir noch einen Cappocchino?"

"Selbstverständlich, mein Augenstern!", flirtete der Koch prompt zurück und drehte am Herd eine Pirouette.
 

Tashigi blinzelte fassungslos, als alle Anwesenden ihre Gespräche wieder aufnahmen. Ace schob sich einen zusammengerollten Pfannkuchen in den Mund, während er seinem kleinen Bruder davon erzählte, wie es zu seiner Gefangennahme gekommen war. Der kleine Elch trank den letzten Schluck Kakao aus, dann eilte er Lysop nach, um ihm zu helfen. Nico Robin konzentrierte sich wieder auf dieses geschmacklose Buch. Zuletzt sah Tashigi widerwillig zu Lorenor herüber. Er sah sofort bei Seite, als würde sie so nicht merken, dass er sie beobachtet hatte.
 

Sie wollte irgendetwas fragen, aber sie wusste nicht was. Eigentlich wollte sie aufstehen und zurück ins Krankenzimmer gehen, das vorübergehend ihr Reich zu sein schien. Aber wenn sie es richtig verstanden hatte, war die Langnase – Lysop? - gerade mit den Reparaturen beschäftigt. Dort würde sie wohl kaum ungestört sein. Lautlos seufzend griff sie nach ihrem Orangensaft. Kaum zu fassen, dass sie gerade mit den Strohhutpiraten und Whitebeards Vizen an einem Tisch saß und frühstückte. Und das schlimmste daran war – sie waren ganz normal. Nicht so, wie es in der Marinebasis ablief, eher...wie eine Familie. Dieser Gedanke traf sie unvorbereitet.
 

Tashigi hatte schon viele Piraten kennengelernt, aber die meisten hatten sich nicht gerade durch Nächstenliebe ausgezeichnet. Sie hatte erlebt, wie langjährige Crewmitglieder sich bei der geringsten Aussicht auf Belohnung gegenseitig verpfiffen, sie hatte Geschichten von Meuterei und Meuchelei gehört. Es erschien ihr vollkommen abwegig, dass sich so etwas auch bei den Strohhüten abspielte. Die Art und Weise, wie sie miteinander umgingen, das war weit mehr als Kameradschaft.

Sie musste daran zurückdenken, wie entschlossen die Crew Shadow Eleven gestürmt hatte, um Ace zu retten. Wenn sie jetzt dabei zusah, wie Ace Ruffy die Haare durcheinander wuschelte und sich mit ihm um das letzte Brötchen kloppte, beschlich sie das Gefühl, dass es sich gelohnt hatte.
 

Der Smutje schob sich galant an ihr vorbei und drapierte einen sorgsam hergerichteten Teller vor der Navigatorin. "Hier, Liebste."

"Danke, Sanji." Er paffte Rauchschwaden in Form von Herzen in die Höhe.
 

Tashigi wurde es ein wenig zu viel. Sie schob den Stuhl entschlossen zurück und durchquerte die Küche, ohne noch einmal jemanden anzusehen. Sie spürte die Blicke der Crew in ihrem Rücken und war froh, als sie die Tür hinter sich zugeschlagen hatte und auf dem Deck stand. Hastig lief sie die Treppenstufen hinunter und überquerte das Deck. An der Reling blieb sie stehen und sah über die ruhigen Wassermassen hinweg zum Horizont. Ein Marineschiff konnte sie nirgendwo entdecken. Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper.
 

= = =

Es wurde ruhig in der Kombüse, nachdem Tashigi so abrupt gegangen war. Nami seufzte unangenehm berührt und sah zu Zorro herüber. Der tat so, als hätte er den Abgang des Marinelieutnants gar nicht bemerkt, und nippte an seinem Kaffee. Spinner. "Zorro, du übernimmst die erste Wache für heute", bestimmte sie. Und als er sie verblüfft ansah, nickte sie überdeutlich zu der Tür, durch die Tashigi Jenkins gerade verschwunden war.
 

Zorro vergaß sogar seine Kaffeetasse, so eilig hatte er es, aus der Kombüse zu kommen. Robin hob ihr Buch ein wenig höher, um ihr Lächeln zu verbergen.
 

= = =
 

Draußen angekommen glitt Zorros Blick zunächst prüfend über das Meer um sie herum, ohne etwas Verdächtiges zu entdecken. Keine Marine weit und breit, abgesehen von dem Marinelieutnant in der weißen Lederjacke, die an der Reling stand. Sie wirkte verloren und er hatte keine Ahnung, was er dagegen tun sollte. Und ob er überhaupt etwas tun konnte.

Automatisch tastete er nach den Schwertern an seiner Hüfte und griff ins Leere. Natürlich. Tashigi drehte sich nicht zu ihm herum, aber es war durchaus möglich, dass sie ihn noch gar nicht bemerkt hatte. Noch während er mit dem Gedanken spielte, sie anzusprechen oder lieber in Ruhe zu lassen, trottete er die Stufen zum Deck hinunter. Und bevor er sich entschieden hatte, stand er bereits in angemessenem Abstand neben ihr. Er stützte sich mit den Unterarmen auf die Reling und folgte Tashigis Blick ins Nichts.
 

"Was willst du denn jetzt?", seufzte Tashigi schließlich, ohne ihn anzusehen. Sie klang genervt und traurig zugleich.
 

Zorro zuckte mit den Schultern. Das wusste er selbst nicht so genau. Er hatte ja nicht einmal die bewusste Entscheidung getroffen, mit ihr zu sprechen. "Tut mir Leid", sagte er schließlich. Das hatte er schon die ganze Zeit sagen wollen. Niemals hatte er sie in diese Lage bringen wollen. Und keinem seiner Crewmitglieder war es bisher eingefallen, sich für ihr Verhalten zu entschuldigen.

Tashigi linste aus schmalen Augen zu ihm herüber, wie um zu prüfen, ob er es ernst meinte. Dann seufzte sie inbrünstig, drehte sich, sodass sie mit der Hüfte an der Reling lehnte und nahm die Brille ab, um sie mit dem Saum des T-Shirts zu putzen. "Das hilft mir jetzt auch nicht weiter", gab sie bissig zurück.
 

Da konnte Zorro nicht widersprechen. Tashigi putzte ihre Brille so energisch, dass Zorro befürchtete, sie würde das Gestell vollkommen verbiegen. Er drehte sich ein wenig, sodass er sie besser im Blick hatte. "Und danke", fügte er hinzu. Auch etwas, das dringend gesagt werden sollte.
 

Entgeistert starrte Tashigi zu ihm herüber. "Willst du mich verarschen?!", fuhr sie auf.
 

"Hättest du uns verpfiffen, hätten wir Ace nicht befreien können. Und das hätte uns alle das Leben gekostet", fuhr Zorro fort, ohne auf ihren schnippischen Einwand einzugehen. "Also danke."
 

"Ihr habt eine komische Art, eure Dankbarkeit zu zeigen", fauchte Tashigi, setzte sich ruckartig die Brille wieder auf und zog sich die Ärmel ihrer Marinejacke bis über die Handgelenke, als wolle sie sich verkriechen. Zorro musste schmunzeln. "Ja. Das hören wir öfter."
 

Es schien, als würde die Wut wie Luft aus Tashigis Körper weichen. Sie verschränkte wieder die Arme vor der Brust, wirkte aber nicht mehr ganz so auf Krawall gebürstet wie noch vor wenigen Sekunden. "Was soll ich denn jetzt machen?", fragte sie leise, ohne ihn anzusehen.

Unmerklich rückte Zorro wenige Zentimeter näher zu ihr heran. Er unterdrückte den Impuls, ihr den Arm um die Schulter zu legen. Dieses Recht hatte Robin für ihn verzockt. War es wirklich nur einen Tag her, dass sie Händchenhaltend durch die Marinebasis spaziert waren?
 

Aus den Augenwinkeln sah Tashigi zu Zorro herüber. Sie fragte sich, was er wohl gerade dachte. Eine Antwort gab er ihr nicht. Wahrscheinlich wusste er selbst keine. Ihr wurde bewusst, dass die Ereignisse auch ihn überrollt haben. Und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, dann war sie auch gar nicht mehr wütend, zumindest nicht auf den Schwertkämpfer. Er hatte die ganze Rettungsaktion aufs Spiel gesetzt, um ihr den Hals zu retten. Und trotzdem besaß er den Schneid, sich bei ihr zu entschuldigen und zu bedanken. Sie schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter.
 

"Wie bist du hier gelandet? Als Pirat, meine ich?", fragte sie leise. Sie wusste, dass er als Kopfgeldjäger gearbeitet hatte, bevor er sich dem Strohhut anschloss. Sie war schon die ganze Zeit neugierig, was ihn dazu getrieben hatte, die Seiten zu wechseln. Und sie hatte keine Lust, weiter über ihre aussichtslose Lage nachzugrübeln.
 

Zorro schien über ihre Frage nachzudenken. Er schmunzelte. Damit hatte Tashigi nicht gerechnet.

"Ich war Gefangener einer Marinestation-", setzte er schließlich an. Tashigi unterbrach ihn stirnrunzelnd. "Du warst doch Kopfgeldjäger? Wieso hat man dich festgenommen?"

Nachdenklich sah Zorro zu ihr herüber. "Das ist eine noch längere Geschichte."
 

Tashigi fragte nicht noch einmal nach, obwohl sie sich fragte, was wohl der Grund gewesen sein mochte. Obwohl es sie nicht überraschen sollte, dass er schon damals wenig Wert auf das Gesetz legte. Sie schüttelte diese Gedanken ab, als er fortfuhr.
 

"Ruffy hat Wind davon bekommen und war fest entschlossen, mich anzuwerben. Ist in die Marinebasis eingedrungen, hat sich vor mir aufgeplustert und verkündet, er würde Piratenkönig werden und ich solle mitmachen." Er grinste breiter bei der Erinnerung.
 

"Was hast du gesagt?", hakte Tashigi nach. Seine Augen funkelten so amüsiert, dass ihr kurz die Luft wegblieb.
 

"Dass ich eher sterben würde", sagte er geradeheraus und verschwieg, dass er kurz davor gewesen war, genau das zu tun. "Das konnte Ruffy nicht auf sich sitzen lassen. Er hat meine Schwerter geklaut, mir das Leben gerettet und den Kapitän verdroschen", führte Zorro aus und hielt dann kurz inne. "Das hat mir imponiert. Ruffy ist ein prima Kerl."
 

Die Ansicht konnte Tashigi nicht teilen. "Er ist ein Pirat", sagte sie abwertend.

Zorro zuckte mit den Schultern. "Na und?"

Fassungslos sah Tashigi zu ihm herüber. Bitte?! Ach, mit wem redete sie eigentlich, er war ja selbst Pirat und schien damit trotzdem komplett mit sich im Reinen zu sein.
 

"Piraten sind das Letzte. Ihr bereichert euch auf Kosten anderer. Ihr zerstört Leben. Ihr stehlt und betrügt. Ihr legt ganze Städte in Schutt und Asche, erpresst, verletzt und mordet", machte sie ihrem Ärger Luft. Es verstörte sie, als Zorro daraufhin begann, zu lachen.
 

Entgeistert starrte sie ihn an, wie vor den Kopf geschlagen. Ging's noch?! Was gab es denn da so herzhaft zu lachen?

Als er ihren geschockten Blick auf sich spürte, musste Zorro nur noch heftiger lachen. Trotzdem versuchte er, es hinunterzuschlucken. Es klappte nicht besonders gut und mit jedem Auflachen schien sie wütender auf ihn zu werden. Er wischte sich mit der linken Hand durch das Gesicht und beruhigte sich soweit, dass er ihr eine Antwort geben konnte. "Wenn das deine Definition von Piraten ist, dann sind wir die schlechtesten Piraten der Welt", stellte er fest, immer noch grinsend.
 

Tashigi schien das Komische daran jedoch nicht erkennen zu können. "Und trotzdem bin ich hier", stellte sie zornig fest und deutete an sich herunter. Als Bordgeisel fiel es ihr schwer, seine Einstellung zu teilen. Und tatsächlich, Zorro blieb das Lachen im Halse stecken.
 

"Gib ihm eine Chance", sagte Zorro schießlich und nickte in Richtung der Kombüse, aus der gerade Ruffys schallendes Lachen herausdrang. "Das hab ich auch getan."

"Und es nie bereut?"

"Keine Sekunde."
 

Sie sah zu Zorro herüber. Er wirkte aufrichtig und sie fragte sich sofort, was Monkey D. Ruffy wohl so an sich hatte, dass ein Mann wie Lorenor Zorro so fasziniert von ihm war, dass er sein Leben über den Haufen warf und ihm bis ans Ende der Welt folgte. Zorro sah sie an. "Du wirst es schon noch herausfinden", versprach er ihr, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Dann stieß er sich von der Reling ab und berührte ihre Seite wie zufällig mit seiner Hand. Ein Schauer durchfuhr sie. Und während sie noch darüber nachgrübelte, ob die Berührung Zufall oder Absicht war, begann der Grünhaarige damit, zum Krähennest hochzuklettern. Tashigi konnte ihm unmöglich das letzte Wort überlassen. Aus Prinzip. "Das werde ich nicht!", rief sie ihm nach. Er sollte bloß nicht auf den Gedanken kommen, dass sie sich mit irgendjemandem hier anfreunden würde, nur weil er das gerne hätte.
 

Zorro musste wieder lachen, verkniff sich aber eine Antwort. Sie würde schon noch selbst merken, dass man Ruffy nicht so einfach aus dem Weg gehen konnte.
 

............TBC.............



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Von:  einfach_Antonia
2015-03-18T12:10:12+00:00 18.03.2015 13:10
Ah... wie konnte ich nur verpassen, dass es ein neues Kapitel gibt? Und das obwohl ich Urlaub hatte ? @.@
Asche auf mein Haupt.

Ich kann Tashigis Einstellung sehr gut nachvollziehen und auch ich zolle Zorro Respekt für die Entschuldigung & das Bedanken. Da Tashigi ja nun noch "ein paar Tage" mit der Crew zusammen hängen wird, bin ich mir sicher, dass sie noch recht oft sehen wird, dass Ruffy & Co. ganz anders sind als die anderen Piraten und das ihre Entführung wirklich nur ein versehen war. Ich hoffe nur, dass sie sich nicht allzu lange auf stur stellt, sondern es dann auch wirklich akzeptiert.

Ach... ich liebe diese kleine Berührung am Ende *-* Da hat es sogar mich geschauert o.o

Viele liebe Grüße + bis zum nächsten Mal
Moni
Von:  Caefire
2015-03-17T23:28:56+00:00 18.03.2015 00:28
Ich muss eigentlich lernen, aber die ZoTa-Sucht war stärker. :D

Wie immer, super Kapitel. Ich lächle immer noch vor mich hin.
Ich hoffe, du bleibst im Zeitplan und das nächste Kapitel kommt bald.
Ich freu mich schon. ^_^

Antwort von:  blumenpups
18.03.2015 12:28
=D

Dann klemm dich wieder hinter die Unterlagen! Das nächste Kapitel ist schon fast fertig, ich sag dir dann Bescheid, wenn die nächste Lernpause ansteht ;) <3
Von:  pbxa_539
2015-03-16T20:09:14+00:00 16.03.2015 21:09
irgendwie haben sie aus Versehen Tashigi entführt - ich lach mich kringelig. Soviel "aus Versehen" kann es doch gar nicht geben.

Ist ja nett, dass Zoro bei ihr vorbeischaut, aber ihre Reaktion ist auch verständlich.

warum stellt sie ihr Schwert wieder zurück?
Und sie ist viel zu neugierig *tztz
Aber wenigstens hat sie nun geschnallt, warum Zoro reagiert, wie er reagiert, wenn er sie sieht.
Wenigstens war es nur Nami, die sie mehr oder weniger erwischt hat. Wobei ich denke, Zoro wird das schon merken, dass jemand an seinen Sachen war. Und auch, wer dafür in Frage kommen kann.
Es stimmt schon. Tashigi hätte es weitaus schlimmer treffen können.
Aber logisch, dass sie sich mit der Situation nicht zufrieden gibt und geben kann.
Wer weiß schon, wie tief das Kind wirklich in den Brunnen gefallen ist.
Und wie lange Tashigi tatsächlich bei den Strohhüten bleibt.
Lassen wir uns überraschen - wie so oft.
Antwort von:  Caefire
18.03.2015 00:20
Ich denke, ihr ist klar, dass sie keine andere Wahl hat.
Sie muss das Schwert zurück lassen. Ansonsten muss sie zugeben, dass sie an Zorros Schrank war.
Und ihr ist klar, dass sie alleine gegen die gesamte Crew sowieso keine Chance hat... also bleibt ihr wohl nichts anderes übrig.
Er wird es zwar früher oder später eh erfahren, aber immerhin könnten es so noch theoretisch jemand anderes gewesen sein. Wenn Shigule weg ist, ist die Sache zielich eindeutig. ^^
Antwort von:  blumenpups
18.03.2015 12:29
Perfekte Textanalyse! 1+, mit Sternchen. Setzen! ;)
Von:  Monny
2015-03-12T06:43:08+00:00 12.03.2015 07:43
Hey. Klasse Kapitel. Ich Liebe die Geschichte. Ich bin zwar nicht mehr so oft auf dieser Seite aber nur wegen dieser Geschichte und ein paar anderen. Schau ich ab und zu mal nach ob was neuen on gestellt wurde.

gez.Monny

PS: Schreib bitte schnell weiter^^.
Von:  fahnm
2015-03-12T01:09:44+00:00 12.03.2015 02:09
Spitzen Kapitel
Von:  fahnm
2015-03-11T22:34:10+00:00 11.03.2015 23:34
Spitzen Kapitel
Von:  YamiPanther
2015-03-11T22:27:33+00:00 11.03.2015 23:27
aw die beiden süßen X3 und sofort ist man wieder drin in der story, lol... egal wie lange man auf n kapitel wartet :D
Von: abgemeldet
2015-03-11T14:21:35+00:00 11.03.2015 15:21
Malwieder typisch Ruffy^^
Auch die Tashigis Einstellung gegnüber Robin ist verständlich. Wann Zorro wohl merkt das sie an seinem Schrank war?
Tut mir leid das es immer nur so kurze Kommis sind.
Lg, SternchenWolf


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