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J-Myst

Die verbrannten Blüten
von

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Das Grauen von Hida

Das Grauen von Hida
 

Leichter und warmer Wind fuhr durch das hohe Gras und über die Hügel der nahen Siedlung Hida. Wie befreite Geister tanzte er auf dem Rasenmeer, in dem man sich verlieren konnte. Gerade war der frische morgen Tau geboren und die Sonne ging auf wie ein lang erwartetes Erwachen. Geräusche von Menschen erklangen in der Leere des frühen Morgens, die nur einige Singvögel unterbrachen. Frühling herrschte und die Häuser wurden mit frischer blauer Farbe gestrichen. Es roch auf dem Markt nach Tee, Gewürzen, guten Speisen und weit ertönte das Geschrei der Händler, die ihre Waren im Licht der aufgehenden Sonne anpriesen. Auf den saftig grünen Wiesen weideten die Kühe und auf den Reisfeldern spiegelte sich in den langen Kanälen das Gelb der feurigen Sonne, die nun schon fast ganz hoch am Himmel stand. Es sah aus als würden sich Spiegel aus Gold in der Ebene erstrecken, wenn man von den nahen Bergen heruntersah. Es herrschte das gewohnte ruhige Leben in der kleinen Provinzstadt und spielende Kinder lachten und neckten die Alten oder halfen mit auf den Feldern. Die Ernte in diesem Jahr war besonders gut ausgefallen, weswegen viele Familien ihre Überschüsse verkaufen konnten.

Doch das war nicht immer so. In schlechten Jahren mussten sich die Bauern oftmals vom bräunlichen und angefaulten Reis des Vorjahres und von Seetang vom Markt ernähren, der sehr billig zu bekommen war. Die kleine Stadt besaß auch schöne Gärten von denen einige schon mehr als Hundert Jahre alt waren. Von hier aus war der Fluss aus den Bergen, der sich in den Höhen als rauschender Wasserfall ergoss, nicht weit. Die glänzenden Perlen des Wassers vielen in die Tiefe und dort sammelten sie sich in einem kleinen Becken und schließlich in der silbernen Schlange dem Fluss. Weit spannten die Kraniche ihre Flügel und flogen von ihren Nestern, die auf den Fichten nah dem Ufer lagen, über das Wasser und spähten hinab. In der Ferne hinter dem fallenden Wasser des Flusses zeichneten sich dunkelgrau die Silhouetten ferner Berge ab.

Nicht weit von diesem hörte man zwei Kinder Stimmen laut lachend am Fluss. Sie durchbrachen die Stille und Einsamkeit, man hörte krachendes Geäst aus den Wäldern, viele Vögel schreckten auf und flogen kreischend auseinander. Es waren Tetzu und Kashi, zwei Jungen, die sich erst seit dem letzten Kirschblütenfest in Hida kannten. Kashi jagte wie wild einem Schwein hinterher, das laut quiekend vor ihm flüchtete und im Zickzack durch den nahen Wald rannte. Und Tetzu rannte natürlich Kashi hinterher und rief immer:„ Nicht so schnell, nicht so schnell, Kashi.“ Kashi konnte aber bald nicht mehr und blieb erschöpft, hechelnd und nach Luft ringend stehen und das Schwein rannte tiefer in den Wald hinein.„ Dämliches Vieh, hätte dich fast gehabt.“, rief Kashi dem Schwein noch hinterher und brach gleich danach unter einer Fischte zusammen, die gekrümmt über einen Stein gewachsen war und wie eine schützende Hand über den Jungen schwebte.

„Puh, das war eine echte Hetzjagd mit dir Kashi. Das nächste Mal nehmen wir etwas Langsameres zum Jagen.“, sagte Tetzu zu seinem Freund, der sich gerade wieder aufzurichten versuchte. „Oh sie da, ein Falke. Wer als erster im Tal ist!“, und Tetzu rannte los. Obwohl Kashi kaum noch Kraft hatte, stolperte er seinem Freund den Abhang hinunter hinterher. „Halt Tetzu, ich wollte meiner Mutter noch ein Geschenk mitbringen.“ „ Aber, aber Kashi wir wollten doch noch Frösche fangen gehen an unserem Teich.“, seufzte Tetzu Kashi hinterher.„ Machen wir morgen, Tetzu, ich muss noch auf den Feldern mithelfen.“

Endlich war er in Hida angekommen und der Hof seiner Familie stand vor ihm. Er war zu spät und das hieß, dass sein Vater ihn wieder schlagen würde, weil er Unpünktlichkeit hasste. Kashi machte seiner Familie nicht gerade sehr viel Ehre und trieb immer Unsinniges mit Tetzu. Den ganzen Weg über die schmutzigen Straßen Hida´s, die mit großen Platten und Backsteinen ausgelegt waren, schaute Kashi glücklich auf die Blumen für seine Mutter, weil er dieses Mal sein Versprechen halten konnte. Es war ihm nämlich tot peinlich ein Versprechen nicht halten zu können. Da war aber noch sein Vater, der hart auf den Feldern arbeiten musste um die Familie zu ernähren und der oft betrunken vom vielen Reiswein, seine Mutter schlug, die nie etwas für seinen Ärger konnte. Trotzdem ließ sich seine Mutter nie von Traurigkeit oder Wehmut hinreißen und verrichtete stets ihre vielen Arbeiten auf dem Hof. Deshalb liebte und bewunderte er seine Mutter und behielt genug Achtung für seinen Vater. Doch eigentlich fand er es furchtbar, was er seiner Mutter antat, Tag für Tag. Gerade als er die Tür zur Seite schob, sah er rot fließend, Blut auf dem Boden. Er sah nun den Raum in dem Seine Familie immer Ass und sich nach der Arbeit traf, um über alles am Tag Passierte zu sprechen. Alles war voll und verschmiert mit Blut, der kleine Tisch umgestoßen und dahinter waren zwei Füße zu sehen. „ Nein, oh nein, das kann nicht war sein, Mama.“ Kashi´s Augen weiteten sich und plötzlich war ihm klar, dass sie tot war. „Oh bitte, bitte wach auf Mama, bitte wach auf.“ Kashi weinte und umarmte seine Mutter, die leblos, kalt und blutverschmiert am Boden lag. Ihr Kimono war ganz zerrissen und er erkannte, dass man ihr ein Messer in den Bauch gestoßen hatte. Ihr Gesicht war zur Seite gedreht und er sah es nicht ganz. Langsam drehte er es um, schreckte zurück und es lief ihm eiskalt den Rücken hinunter, was er da sah. Das Gesicht seiner Mutter war zerschnitten und tiefe Furchen waren blutig über ihre Wangen und Lippen gezogen. Der Anblick war so Grauen erregend und furchtbar, dass er aus dem Zimmer hinaus auf den Hof lief. Er erbrach sich und wusch seine Hände vom Blut in einem der Wassereimer neben dem Brunnen, der genau in der Mitte des Hofs stand. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und seine Hände zitterten wie verrückt. Als er sein Gesicht wusch um den Geruch des Erbrochenen wegzuwaschen und danach aufsah, herüber zum Schuppen, sah er sich einer Gestalt entgegen. Sein Atmen blieb für Augenblicke stehen und er konnte sich vor Angst nicht mehr bewegen. Aus dem Dunkel des Schuppens trat ein, ganz in schwarz gekleideten Krieger hervor der eine Erschreckende schwarze Maske trug. In der Maske waren zwei dunkle Löcher, die rot umrahmt waren, durch den ihn zwei dunkel braune Augen scharf anblickten. Kashi wollte irgendetwas sagen, aber er brachte nur ein keuchendes leises „Wer seid ihr?“ heraus. „Lauf so schnell du kannst, sonst schlitz ich dich auf und zieh dir deine Haut ab, du dummer kleiner Junge.“, sagte eine ruhige und bösartige Stimme. Langsam ging der schwarz ummantelte Kämpfer auf ihn zu und zog ein langes Schwert, ein Kendo, hervor und hielt es bedrohlich mit beiden Händen über sich. Tetzu lief den langen Trampelpfad an Kashi´s Haus vorbei und war ein wenig verärgert, das sein Freund sein Versprechen nicht gehalten hatte. Da hört Tetzu laute, durch dringliche Schrei aus dem Haus seiner Eltern, das ganz in der Nähe lag. Sein Vater handelte mit Stoffen und seine Mutter verkaufte sie und machte Kleider daraus. Heute war der Wagen jedoch leer und zu Tetzu´s Erschrecken begann es im Haus zu brennen. Rauchschwaden stiegen zum Himmel und immer wieder hallten grausame Schmerzensschreie aus dem Haus. Ihm wurde schlagartig bewusst, dass seine Eltern brannten und er ihnen nicht helfen konnte. Aber trotzdem rannte er zum Haus und versuchte hoffnungslos mit einem Eimer Wasser aus dem nahen Teich zu helfen. Plötzlich schreckten die Enten vom Teich auf und flatterten umher. Erschrocken drehte sich Tetzu um und ganz ruhig mit harten Schritt lief ein schwarz ummantelter Kämpfer mir einer bösartigen Maske an ihm vorbei, der nun seinen Mantel zurechtrückte und ein langes Kendo in seine Scheide zurück steckte. Dann rannte dieser Kerl einfach aus der kleinen Stadt über die Reisfelder hinaus in die dunklen Wälder. Noch bis in die Nacht versuchte Tetzu das Haus zu löschen bis es anfing zu gewittern und es regnete. Weinend fand er sich auf einem Baumstumpf neben dem Teich und dem Rest seines Heimes wieder.„ Was war mit Kashi geschehen? War er tot?“ Wie betäubt und geistesabwesend lief Tetzu nun durch die Straßen von Hida. Alle, alle waren sie tot. Überall roch es nach Leichen und Verwesung und der Regen spülte das Blut von den leblosen kalten Körpern. Selbst vor den Kindern haben sie kein Halt gemacht. Mit herausgerissenen Eingeweiden lag ein kleines Mädchen auf einem Tisch in einem aufgebrochenen Wohnhaus. Es war kaum zu begreifen, was hier geschehen war und mitten zwischen den zerstörten Häusern und den Leichen an denen schon die Hunde knapperen, schrie Tetzu so laut er konnte seinen Schmerz in die Nacht hinein. Von der anderen Seite der Straße kam ihn frierend und durchnässt Kashi entgegen der laut Tetzu rief und auf ihn zuraunte, ihn umarmte und so froh wie Tetzu war, dass noch jemand außer ihm lebte. So standen sie da und weinten beide über das entsetzliche, was hier geschehen war. Langsam liefen sie beide durch die Straßen und suchten nun etwas zu Essen, den sie mussten irgendwie überleben und weg von diesem Ort. Weg von der Erinnerung an all das hier. Weg vom Blut und dem Leichengeruch, der wie ein Toten Tuch über der Stadt hing und alles vergiftete. Es schien alles so unwirklich und doch war es wahr. Beide blieben sie noch eine Weile und übernachteten drei Tage in den Überresten eines Wohnhauses, das nur noch ein halbes Dach hatte und sonst zerfallen war. Aber wenigstens lagen dort keine Leichen und es stank nicht so entsetzlich nach Verwesung. Tagsüber verbrachten die Zwei in den nahen Hügeln oder an ihren alten Lieblingsplätzen am Wasserfall. Das alles ging ihnen immer wieder durch den Kopf und Kashi. Er vermisste seine Mutter, die er über alles geliebt hatte. Sogar seinen Vater vermisste er, dessen Leiche, vergraben unter Schutt fand als er nach essbarem suchte. Jede Nacht weinte Kashi heimlich, so das Tetzu nichts davon merkte.



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