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Nowhere to hide ~ Nowhere to live

Edward und Bella treffen sich durch Zufall und sind sofort voneinander fasziniert. Ein unerwartetes Ereignis lässt sie sich wieder treffen, doch anders als erwartet. Ihre beiden Elternteile wollen heiraten...
von

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discovering a new world is like opening Pandora's box

Montage waren die unfreundlichsten Tage in der Woche.

Montage waren die Tage, die am weitesten entfernt von erholsamen Samstagen lagen.

An Montagen passierte immer das schlimmste.

An diesem Montag hatte ich bereits schlechte Laune, seit ich nach dem dröhnenden Klingeln des Weckers meine Augen genervt geöffnet hatte.

Und jetzt saß ich auf dem Beifahrersitz eines pechschwarzen Volvos und ‘genoss’ das beklemmende Schweigen, dass sich seit der Abfahrt von meiner Wohnung eingestellt hatte. Das einzige, dass ich bisher zu hören bekommen hatte, war ein knappes “Hallo” meines zukünftigen Stiefbruders an meiner Eingangstür und die gutgelaunte Stimme des Moderators im Autoradio. Diesem hätte ich momentan am liebsten eins reingewürgt.
 

Nicht nur Edwards resolute Stille machte mir heute zu schaffen, sondern die Tatsache, dass heute mein erster Tag in der Privatschule war. Allein der Gedanke, die einzige Neue dort zu sein, war schrecklich. Ich hasste es, im Mittelpunkt zu stehen und das Gestarre der anderen würde alles nur noch verschlimmern. Wer mochte es schon, wie ein Löwe im Zirkus zur Schau gestellt zu werden? Niemand. Am allerwenigsten ich. Doch die Verpflichtungen, die man in seinem Leben hatte, konnte man nicht einfach so umgehen.

Meine Unterlippe würde bald leiden, wenn ich weiterhin so sehr darauf herumkaute, und meinen Händen erging es auch nicht besser. Sie lagen in meinem Schoss und meine Finger verkneteten sich unruhig. Wenn ich Glück hatte, würde ich sie mir bei dem Gezappel brechen und müsste heute nichts mehr schreiben. Oder besser noch, ich müsste nicht mehr zur Schule. Das waren doch Aussichten. Dann bräuchte ich mir auch nicht Edwards kühle Distanz antun.
 

“Hör auf damit!”

Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich plötzlich zu ihm. Seine Stimme klang fordernd, ein bisschen ärgerlich, aber dennoch beherrscht. Viel ungewöhnlicher aber war, dass er eine Hand vom Lenkrad gelöst hatte, um damit meine Finger still zu halten.

Er blickte stur nach vorne auf die Fahrbahn und die klitzekleine Regung in seinen Zügen entging mir fast. Offenbar war ihm seine eigene, vorschnelle Reaktion selbst unangenehm.

Während meine Hand sich gerade an das Prickeln unterhalb meiner Haut gewöhnte, seit sie berührt wurde, zog Edward seine langsam wieder zurück. In einem kurzen Blinzeln erhaschte ich einen kleinen Blick auf sie. Die Knöchel waren mit länglichen Schürfwunden noch deutlich gekennzeichnet und mittlerweile zu einer dünnen Schicht Schorf getrocknet. Würde nicht diese unsichtbare Mauer zwischen uns existieren, hätte ich seine Hand unter Umständen in meine genommen und vorsichtig über die Verletzung gestrichen.

Bei seinem nächsten Satz musste ich mich anstrengen, auch wirklich alles zu hören.

“Das… macht mich nervös.”

Er klang nicht annähernd so feindlich, wie in den letzten Tagen, auch wenn er sich immer noch abweisend verhielt. Auf einer versucht höflichen Ebene, wohlgemerkt.

Ich war etwas erstaunt, dachte ich doch, dass ich für die nächsten Monate - wenn nicht noch länger - seinen Zorn und seine eiskalte Schulter ertragen müsste.

Hatte er sich etwa schon mit der Situation arrangiert?

Mir war aufgefallen, dass er ruhiger wirkte - als hätte er sich mit seiner Wut oder Frustration, was auch immer - zurückgenommen. Das war mir nur recht, auch wenn ich mir wünschte, wenigstens ein bisschen Smalltalk mit ihm zu halten. Aber was verlangte ich überhaupt? Mich ab jetzt immer mit zur Schule nehmen zu müssen, verdankte er einzig und allein seinem Vater. Ich konnte froh sein, dass er überhaupt etwas aufgetaut war.

Seufzend drehte ich meinen Kopf wieder nach vorne und nuschelte ein gepresstes “Tut mir leid.”

Den Rest der Fahrt bis zur Schule tauschten wir kein einziges Wort mehr miteinander.
 

Als Edward dann endlich auf den Parkplatz fuhr, wurde ich von meiner Aufregung wieder völlig beherrscht. Eine Sache hatte vielleicht auch damit zutun, dass die Autos, die bereits hier standen, ausschließlich von Markenanbietern stammten. Mercedes, BMW, Lexus, Porsche, Jaguar - das waren einige der Modelle, die ich noch geradeso erkannte. Man könnte glatt meinen, dass Edwards Volvo eher unscheinbar zwischen all den anderen wirkte, obwohl die anderen ebenfalls unauffällige Farben trugen. Ein Wagen stach allerdings heraus: ein knallroter BMW Cabriolet. Der glänzende Lack zog sämtliche Blicke auf sich - würde er an einer normalen Schule auftauchen. Hier hingegen schenkte man ihm kaum Beachtung. Die Schüler liefen an ihm vorbei, als würde dort ein alter Chevrolet stehen. Andererseits würde dieser hier mit Sicherheit auffallen.

Vor einem Jahr hatte ich selbst noch einen Truck dieser Marke aus den Fünfzigern gefahren. Leider hatte der Motor ziemlich schnell den Geist aufgegeben, und so laut wie er war, wäre ich die Attraktion schlechthin gewesen. Man konnte es also durchaus als Glück bezeichnen, von Edward mitgenommen zu werden.
 

Es tummelten sich nur wenige Schüler auf dem Platz, wobei viele von ihnen ihre Köpfe in unsere Richtung gedreht hatten, als Edwards Auto in ihr Blickfeld geriet. Mit Unbehagen stieg ich aus, als er den Motor abgestellt hatte. Ich wusste nicht, ob ihm jeden Tag soviel Aufmerksamkeit geschenkt wurde, doch wenn dem so war, dann hatte sie sich heute verdoppelt. Ob es daran lag, dass er möglicherweise dieses Mal einen Fahrgast hatte, oder speziell an meiner Person, konnte ich nicht sagen. Trotzdem versuchte ich die neugierigen Augenpaare, so gut es ging, zu ignorieren. Edward würdigte ihnen ebenso wenig Beachtung.

Stillschweigend liefen wir nebeneinander her, jedoch war ich einen Schritt hinter ihm, weil ich mich hier nicht auskannte.
 

Im Überblick betrachtet war die Gegend am äußeren Rand der Stadt lokalisiert, in der die Straßen von vielen Bäumen gesäumt wurden. Auch hier gab es jede Menge Grün - was mir normalerweise nicht sonderlich gefiel. Der Haupteingang befand sich in der Mitte auf der Südseite des riesigen, quaderförmigen Schulgebäudes, dessen Wände aus rotem Backstein bestanden und vor dem sich ein breiter Rasen erstreckte, ehe man auf die Straße gelangte.

Der Parkplatz lag an der westlichen, schmalen Seite des Hauses und von ihm ausgesehen gelangte man auf einen Pflasterweg, der sich parallel zu der länglichen Vorderseite seinen Weg bahnte. Ebendiesem folgten wir nun, bis wir letztendlich vor der großen Doppeltür standen. Eine fünfstufige Treppe führte hinauf.

Je dichter wir kamen, desto beklemmender wurde das Gefühl, das mich schon den ganzen Morgen erfasst hatte, und jetzt, wo wir in der geräumigen Eingangshalle standen, überschlug es sich fast. Es war einfach alles so anders als in meiner alten High School. Zum Beispiel gab es hier einen Empfangstresen, der Boden bestand aus schwarzen und weißen Fliesen und die Wände wurden alle in einem dunklen, rotbraunen Holzmuster gehalten. Es erinnerte mich schwach an einen britischen Stil.
 

Anders hätte ich mir eine Eliteschule nicht vorgestellt…
 

Im Foyer waren, wie nicht anders zu erwarten, jede Menge Schüler unterwegs. Einige hatten sich zu kleinen Grüppchen in einer Sitzecke versammelt, andere standen bei der Dame am Tresen.

Während sich zu beiden Seiten Korridore mit hohen Decken erstreckten, führte auf der rechten Seite hinter dem Empfang eine breite Treppe in die oberen Stockwerke.

Neben diversen meterhohen Zimmerpflanzen entdeckte ich auch eine gigantische Vitrine mit Auszeichnungen jeder Art. Pokale, Teller, Medaillen, Kronen, Figuren. Eine Ansammlung aus Gold, Silber und Bronze.
 

Wie gesagt. Elite…
 

Weitere Personen, Lehrer und Schüler, huschten von einem Ort zum anderen, und die, die sich uns am nächsten befanden, linsten hin und wieder mit gerunzelter Stirn in unsere Richtung.

Innerlich seufzte ich. Wenn dieser Tag doch bloß schon vorüber wäre. Dann könnte ich mich zuhause entspannen und meinen Kopf in meine geliebten Bücher stecken, in Geschichten versinken, in der die Liebe der Hauptperson mit offenen Armen empfangen wurde.
 

“Da vorne kannst du dich anmelden und alles Weitere holen”, hörte ich plötzlich Edwards Stimme meine Geistesabwesenheit unterbrechen. Leicht verwirrt drehte ich mich zu ihm und im selben Moment, wie er meinen fragenden Gesichtsausdruck mit einem Nicken Richtung Tresen beantwortete, konnte ich mich auch wieder an seine Worte erinnern.

Ich nickte nur und murmelte ein “Hm”, als ich meinen Blick wieder von ihm abwandte. Ich fragte mich, wie lange diese unbehagliche Stimmung zwischen uns wohl noch anhalten würde. Um dem zu entgehen, sollte ich am besten Abstand halten - soweit, wie es möglich war.
 

“Edward!”

Leider erkannte ich nicht, wem diese melodische, klare Stimme gehörte, sondern nur einen Nebel aus langen, blonden Haaren, der in einem Schwung an mir vorbeizog. Erst beim zweiten Betrachten, realisierte ich, dass es sich um ein Mädchen handelte, und wenn man genauer hinsah, bemerkte man auch, dass die Farbe ihrer Haare nicht einfach nur blond war, sondern einen ungewöhnlichen, rötlichen Schimmer aufwies.

Sie hatte ihre dünnen Arme um Edwards Nacken geschlungen und ihm schien die stürmische Begrüßung zu gefallen. Ich konnte sein leises, klangvolles Lachen hören und die Erwiderung der Umarmung erkennen.

“Hallo, Tanya.”

Augenblicklich schnappte ich nach Luft. Hatte er nicht gesagt, er sei nicht gebunden? Er wäre solo?

Vielleicht drehte meine Fantasie auch mit mir durch, aber bei dieser Szene konnte ich momentan nichts anderes denken. Das schlimme war, dass es in meiner Brust leicht schmerzte, als ich spürte, wie sich meine Herzmuskeln zusammenzogen.

Ich biss mir auf die Lippen, als könnte das meine Konzentration auf das schneidende Gefühl lenken, das meine Zähne auf dem zarten Fleisch verursachten.

Meine Beine setzten sich in Bewegung, ohne dass ich ihnen einen direkten Befehl gegeben hatte.

Ob Edward überhaupt bemerkte, dass ich mich entfernte, wusste ich nicht. Immerhin rief er mir nicht nach. Doch dann erkundigte sich die Fremde nach mir und als Antwort bekam sie nur ein genuscheltes Bella von ihm zu hören.

Gegen meinen Willen drehte ich mich zu ihnen um, doch da stand niemand mehr. Als ich etwas irritiert durch die Halle schaute, erhaschte ich noch geradeso, wie sie in der Masse in einem der Gänge verschwanden.

Ich atmete tief ein. Dass er mich ignorierte, war eine Sache. Ihn jetzt mit einer anderen zu sehen, eine völlig andere. Die Frage war bloß, was schlimmer war. Beides tat weh und nur die Zeit würde zeigen, ob es besser oder schlechter werden würde.

Letztendlich musste ich mich aber sowieso damit abfinden, dass nichts aus meinen Wünschen werden konnte und dass ich mich, ebenso wie er, auf die Situation einstellen musste.
 

Endlich beim Empfang angekommen, lächelte ich der Dame dahinter trübe entgegen. Sie war höchstens Ende zwanzig, sehr elegant in einen marineblauen Anzug gekleidet und um ihren Hals legte sich der offene, makellos gebügelte, weiße Kragen wie zwei Flügel. Die dunkeln, mit blonden Strähnen versetzten Haare waren zu einem strengen Dutt zusammengefasst. Ihre Haltung wirkte reserviert, als sie von ihren Notizen aufsah und mich von Kopf bis Fuß musterte.

“Ja, bitte?” Ihre Stimme war kühl.

“Hallo. Mein Name ist Isabella Evenson. Ich bin neu hier an der Schule”, sagte ich kleinlaut.

Sie schob ein paar Zettel beiseite, schaute auf eine Liste und hakte dann etwas ab. Anschließend beugte sie sich zur Seite und holte etwas aus einem Ablagefach heraus. Unterlagen, die sie mir entgegenhielt.

“Das ist ein Plan des Geländes. Es wäre vorteilhaft, wenn Sie ihn sich schnellstmöglich einprägen, da die Pausen zwischen den einzelnen Stunden nicht sehr lang sind, die Wege aber relativ weit. Dann ist da noch Ihr Stundenplan und ein Formular, das Sie bitte von jedem Professor unterschreiben lassen und mir am Ende des Tages zurückbringen. Und das hier…” Jetzt hielt sie einen kleinen Zettel in der Hand. “…ist der Code für Ihr Spindschloss. Diese befinden sich in der ersten Etage.”

Ich nahm ihr alles ab und nickte wortlos, während ich bereits dabei war, mir den Gebäudeplan zu merken. Allerdings war das Grundstück so groß, dass ich wahrscheinlich eine Ewigkeit brauchen würde, um alles in meinem Kopf abzuspeichern. Das Haupthaus war im Osten und Norden zum Beispiel mit ein paar Nebenhäusern verbunden, und weiter höher im Norden erstreckte sich ein riesiges Sportfeld, das auf der linken Seite drei und auf der rechten einen Tennisplatz aufwies.

“Wenn Sie noch weitere Fragen haben, können Sie entweder einen der Lehrer fragen, oder hierher kommen. In dem Sinne: Willkommen an der Trinity School.”

Ich sah von dem Plan auf und lächelte kaum merklich. “Danke.”
 

Glücklicherweise war das Innere der Schule übersichtlicher als erwartet. So fand ich ziemlich schnell den Gang mit den Spinds, meiner war sogar relativ weit vorne. Auch mit dem Code hatte ich kein Pech. Ich konnte ihn mir leicht merken: 3103. Ich musste nur immer an den letzten Tag des dritten Monats im Jahr denken.

Schnell verstaute ich meine überflüssigen Bücher - die mir Mom Gott sei Dank schon letzte Woche beschafft hatte, sodass ich mich nicht mehr selbst darum kümmern musste - und machte mich auf den Weg zu meiner ersten Stunde: Mathe.

Gleich am ersten Tag mit so einem Fach anzufangen, müsste strafrechtlich geahndet werden.

Obwohl ich nicht mehr viel Zeit hatte, schaffte ich es dennoch rechtzeitig, meinen Klassenraum zu erreichen. Auf dem Weg dorthin fielen mir wieder diese merkwürdigen Blicke auf. Natürlich nicht von allen, aber dennoch von einigen. Ich konnte mir einfach nicht erklären, woran es lag. Gut, ein bisschen unwohl fühlte ich mich schon. Jeder, der mir begegnete, war auf eine gewisse Weise stilvoll gekleidet. Soweit ich informiert wurde, herrschte hier keine Uniformpflicht, trotzdem hatten sich die Schüler herausgeputzt, als müssten sie zu einer Veranstaltung. Viele Outfits ähnelten sich. Blusen, Hemden, Blazer, Jacketts, Röcke, Stoffhosen, Strickpullover… Alles in den verschiedensten Variationen und Kombinationen. Bei den einen saß es etwas lockerer, bei den anderen etwas strenger. Man sah ihnen an, dass sie nicht zur gewöhnlichen Mittelklasse der Bevölkerungsschicht gehörten.

Mit meiner Jeans und meinem schlichten, langärmligen Oberteil fiel ich wirklich etwas heraus. Doch deswegen gleich so schief angeschaut zu werden, war doch absurd. Wenn ich richtig darüber nachdachte, müsste Edward dann ebenfalls auffallen. Er trug eine dunkle Jeans und ein helles Hemd, das er, im Gegensatz zu vielen anderen, nicht in die Hose steckte. Andererseits hatte er einen Schlips, der am Hals aber so sehr geweitet war, dass die oberen beiden Knöpfe seines Kragens offen bleiben konnten und den Fleck Haut preisgaben, an dem beide Seiten des Schlüsselbeins zusammenliefen.

Verdammt! Wieso führten meine Gedanken wieder zu ihm? Ich sollte keinen einzigen mehr an ihn verschwenden. Es brachte eh nichts, also wozu sich unnötig den Kopf über ihn zerbrechen, geschweige denn mir auszumalen, was er trug… Bis eben war mir noch nicht einmal bewusst gewesen, dass ich ihn so genau betrachtet hatte.
 

Ich legte beide Hände an meine Schläfen, schloss meine Augen und schüttelte meinen Kopf, in der Hoffnung, das Bild wieder loszuwerden, das sich gerade in den Vordergrund meines Gedächtnisses gedrängt hatte.

Wie so oft, hätte ich allerdings darauf achten sollen, wo ich hinlief.

Als ich meine Augen wieder öffnete, erschreckte ich mich dermaßen, dass ich regelrecht zusammenzuckte. Nur ein paar Millimeter und ich wäre in ein Mädchen geprallt. Sie war fast einen Kopf größer als ich, hatte glatte, blonde Haare, glänzend blaue Augen - die mich im übrigen gerade böse anfunkelten - und eine schlanke Figur, an die sich Blazer und Rock nahtlos schmiegten.

“Entschuldigung”, murmelte ich höflichkeitshalber.

Während sich ihre Stirn im Schneckentempo in Falten legte, hörte ich ein kleines, verachtendes Schnauben. Normalerweise ließ ich mich nicht einschüchtern, aber die Tatsache, dass ich heute meinen ersten Schultag hier hatte und dass dieses Mädel mir ohne Umstände auf den Kopf spucken konnte, trugen eher zum Gegenteil bei.

Mit einer gewissen Eleganz - die sie womöglich stundenlang vor dem Spiegel geübt hatte - warf sie ihr Haar über ihre Schulter nach hinten, bevor sie erhobenen Hauptes an mir vorbei schritt.

Nur langsam nahm ich meinen Weg wieder auf, und wiederholte in meinem Kopf immer wieder die gerade erlebte Situation. Ein aberwitziges Grinsen stahl sich allmählich auf mein Gesicht.

Das war doch alles einfach nur ein Witz… In was für eine Welt war ich bloß geraten?
 

Trotz dieses kleinen Zwischenfalls gelangte ich noch rechtzeitig zum Unterrichtsraum. Die meisten - oder wahrscheinlich bereits alle anderen - saßen auf ihren Plätzen. Der Professor, Mr. Lancaster, war ebenfalls schon da und stand hinter seinem Schreibtisch, den Blick auf seine Unterlagen in der Hand gerichtet.

So unauffällig wie möglich schritt ich auf ihn zu. Mir entging nicht, dass ich abermals neugierig gemustert wurde.

Als ich endlich vorne angekommen war, musste ich mich räuspern, damit mich der Lehrer auch bemerkte. Überrascht sah er auf. Ich gab ihm meinen Zettel zum Unterschreiben und da schien ihm wohl plötzlich einzufallen, wer ich war, denn ein breites Lächeln entstand in seinem Gesicht.

“Ah, Miss Cullen.”

“Evenson”, korrigierte ich ihn. “Noch heiße ich Evenson.”

Natürlich wusste die Lehrerschaft schon über mich Bescheid.

Er schmunzelte. “Wie dem auch sei. Ich freue mich, Sie hier begrüßen zu dürfen. Ich bin sicher, dass Sie den Unterricht genauso gut meistern werden, wie Ihr Bruder. So was liegt ja bekanntlich im Blut.”

Irritiert hoben sich meine Augenbrauen. “Ähm, wir sind nicht miteinander verwandt.”

Ich musste ihn mit meiner Aussage verwirrt haben. So sah jedenfalls seine Miene aus und als er dann leise und tief lachte, war ich mir nicht sicher, ob er es glaubte, oder aber als Scherz abtat.

“Na ja, der gute Senator wird sich schon die richtigen Pferde in den Stall holen”, bemerkte er, als er sich einen Stift nahm und seine Unterschrift auf das Stück Papier setzte, um es mir anschließend wiederzugeben.

Schleimer… war das erste Wort, das mir bei seinem Kommentar in den Sinn kam und ich verkniff mir jeden meinerseits.

Stillschweigend nahm ich ihm den Zettel ab, den er mir entgegenhielt und ging auf den Platz zu, der mir zugewiesen wurde. Ein kleiner Tisch ganz am Ende. Gott sei Dank musste ich mich keiner offenen Vorstellungsprozedur stellen. Doch womöglich hatte sich das eh erledigt. Zwar hatten wir eben nicht allzu laut gesprochen gehabt, doch ich hatte aus den Augenwinkeln bemerkt, wie die, die sich in unmittelbarer Nähe des Lehrertisches befanden, neugierig ihre Köpfe zu uns gewandt hatten. Das Getuschel war jedenfalls vorprogrammiert, nur wurde ich erfreulicherweise nicht noch darauf angesprochen.
 

Kurz darauf klingelte es zum Stundenbeginn. Leise packte ich meine Bücher und mein Schreibzeug aus. Noch während ich dabei war, fiel mir eins ganz deutlich auf.

Ich war die Einzige mit einem Block und einem Stift in der Hand.

Und genau jetzt bekam ich Panik.

Um mich herum besaß jeder der Anwesenden einen Laptop, den er vor sich aufgestellt und eingeschalten hatte, bereit, in das Wordprogramm zu schreiben.

In diesem Moment wusste ich auch, warum Esme mir einen tragbaren Computer gekauft hatte, obwohl doch schon ein kompletter PC im Appartement stand.

Ich schluckte und hoffte innerlich, dass es niemandem auffallen würde. Doch da hatte ich mich geirrt. Verstohlene Blicke wanderten immer wieder zu mir herüber, wenn ich mir Notizen auf meine ’normalen’ Schulutensilien machte.

Das schlimme daran war eigentlich, dass, obwohl ich mir immer wieder einredete, es würde mich nicht kümmern, meine Wangen doch genau das Gegenteil bewiesen. Zu allem Überfluss bemerkte Mr. Lancaster es irgendwann während des Unterrichts ebenso und als wolle er auch noch den letzten in diesem Raum darauf aufmerksam machen, sprach er mich deswegen an.

Ich erzählte ihm, ich hätte mein Notebook leider zuhause vergessen, würde aber morgen mit Sicherheit daran denken. Er nahm mir die Lüge ab und wirklich böse wirkte er auch nicht. Eher als würde es ihn amüsieren.

Na toll.
 

Den Rest des Vormittags verbrachte ich größtenteils in ähnlichen Situationen, sobald es darum ging, etwas aufzuschreiben. Schiefe Blicke, Getuschel… Was konnte man sich mehr wünschen?

Wider Erwarten lernte ich sogar ein paar nette Leute kennen. Eric Yorkie, ein Strebertyp durch und durch, aber ganz nett - vielleicht ein bisschen hyperaktiv -, Jessica Stanley, eine regelrechte Labertasche und das Infozentrum der gesamten Schule - dennoch kam sie mir vor, als würde ihr Herz am rechten Fleck sitzen (was natürlich nicht hieß, dass ich ihr alles von mir erzählte) - und Angela Weber, die bisher wahrscheinlich sympathischste Person, der ich begegnet war.

Alles in allem bildeten die drei das Team der Schülerzeitung, was soviel hieß, wie doppelt so sehr aufzupassen, was man in ihrer Gegenwart sagte - vor allem bei Jessica. Diese war die Chefredakteurin, Eric Kolumnist und Angela die Fotografin.

Ich hatte ein paar Kurse mit ihnen zusammen, unter anderem Spanisch. Mir entging nicht, dass bis jetzt in keinem meiner Unterrichtsstunden Edward aufgetaucht war. Man konnte es als Glück bezeichnen, oder aber auch nicht. Im Grunde wusste ich nicht so recht, was ich wollte. Einerseits musste ich ihm aus dem Weg gehen, andererseits hatte ich das Bedürfnis, ihn zu sehen. Einfach sein Gesicht betrachten, mehr wollte ich gar nicht. Dieses schiefe Lächeln, das er aufsetzte, als ich ihm im Fahrstuhl das Sushi angeboten hatte…

Stopp!

Das sollte ich nicht. Das war absurd und einfach nicht verantwortungsvoll.

Er würde bald mein Bruder sein. Mehr… Gefühle als die zwischen Geschwistern sollte es da nicht geben. Dass ich überhaupt auf dieses Wort kam. Als gäbe es bereits gewisse Empfindungen. Lächerlich. Nichts mehr als eine kleine Schwärmerei nach dem ersten Treffen. Schließlich war er nicht gerade hässlich. Gewisse… Vorzüge wies er durchaus auf und sein Verhalten - wenn es denn nicht gerade von Wut beherrscht wurde - war wirklich…
 

Bruder Bruder Bruder Bruder Bruder Bruder Bruder…
 

Urgh, das Wort lag genauso schwer auf meiner Zunge, wie das Sandwich, das ich mir gerade reinquälte.

Ich saß mit Eric, Jessica und Angela zur Mittagspause in der Cafeteria. Dank Jess brauchten wir für den Rest der Pause nach keinem neuen Gesprächsthema suchen. Sie war die Alleinunterhalterin schlechthin. Eric nahm ihr jedes Wort ohne Murren ab. Einzig Ang schenkte mir ihre volle Aufmerksamkeit.

Sie erklärte mir einige Dinge. Zum Beispiel, dass sich viele von einer Limousine hierher fahren ließen. Angeblich weil es ihren Eltern sicherer war. Ich persönlich nannte es Faulheit. Angela sah es scheinbar genauso.

Auch erzählte sie mir, dass die meisten Eltern der Leute hier ein Vermögen besaßen, ihnen große Firmen gehörten, oder sie einfach nur einen sehr lukrativen Beruf ausübten. Natürlich gab es auch die, deren Väter und Mütter sich geradeso die Gebühren leisten konnten, aber unbedingt wollten, dass ihr Kind diese Schule besuchte.
 

“Oh bitte, Jess. Sag mir, dass das nicht wahr ist.”

Mein Kopf schnellte in die Höhe und traf ein kristallblaues Augenpaar, das mir nur allzu bekannt vorkam. Vor unserem Tisch stand ebendieses Mädchen, in das ich heute morgen beinahe hineingelaufen wäre. Und als hätte sie ihre herablassende Miene den ganzen Vormittag über beibehalten, bedeutete sie mit einem Blick zu mir dem blonden Mädchen vor sich, was genau sie meinte.

“Lauren…!” stellte Jessica aufgeschreckt fest. “…Das ist Bella. Sie ist neu hier. Wir haben ihr nur ein bisschen geholfen mit allem.”

Die Angesprochene war es offenbar egal, was man ihr erzählte. Sie verdrehte nur ihre Augen und schritt dann an uns vorbei auf einen anderen Tisch zu. Jessica schien hin und her gerissen zu sein zwischen der Entscheidung, ihr zu folgen, oder hier zu bleiben. Letztendlich wandte sie sich mit einem entschuldigenden Blick zu uns.

“Tut mir leid.”

“Wann hörst du endlich auf, dich von ihr so manipulieren zu lassen?” entgegnete Angela schroff.

Jess schüttelte nur den Kopf. “Es geht nicht anders. Entschuldigt mich bitte.”

Damit stand sie auf und folgte Lauren. Eric tat es ihr - wie ein treuer Hund - gleich.

“Ich frage mich wirklich, warum sie ihr nicht einfach die kalte Schulter zeigt? Man kann doch schon von weitem sehen, dass man der nicht trauen kann”, seufzte Angela laut auf.

Ich versuchte, sie etwas aufzumuntern. “Manche Leute lernen es erst, wenn etwas passiert, und andere lernen es nie. Hoffen wir, dass sie eine dritte Möglichkeit findet.” Ich lächelte vorsichtig und zu meiner Erleichterung erwiderte sie es.

Mitten im Gehen hielt Jess plötzlich inne und drehte sich noch einmal zu uns. „Ach, hast du eigentlich schon mit dieser Sache angefangen?“ rief sie etwas lauter. Angela verdrehte nur die Augen. „Noch nicht. Du weißt doch, dass ich noch mit Tylers Unfall zutun habe.“

Leicht vorwurfsvoll antwortete Jessica. „Beeil dich bitte damit.“ Dann verschwand sie endgültig.

Meine Neugier war geweckt, ich traute mich aber nicht, nachzufragen.
 

Gerade als ich ein neues Thema anfangen wollte, entdeckte ich hinter Angs Kopf etwas, das meine volle Aufmerksamkeit auf sich zog.

Edward.

Nur war er nicht allein. Zusammen mit fünf anderen Leuten betrat er die Cafeteria. Eine von ihnen kannte ich bereits. Die mit den rotblonden Haaren. Tanya.

Schnell senkte ich meinen Blick wieder, doch Angela hatte mein Gestarre schon bemerkt und drehte sich jetzt ebenfalls in die Richtung.

Mit einem wissenden Lächeln, das mich doch misstrauisch machte, sah sie mich an. “Ah, wie ich sehe, haben deine Augen auch endlich den momentan berühmtesten Jungen unserer Schule entdeckt.”

Eine meiner Brauen schnellte in die Höhe. “Momentan berühmt?”

Sie nickte. “Sein Vater ist der bekannte Senator Carlisle Cullen. Bisher zuständig für das Gesundheitswesen, kandidiert er jetzt für das Präsidentenamt. Die Vorwahlen haben zwar erst angefangen, aber seine bisherigen Auftritte haben schon etwas Eindruck bei vielen hier gemacht. Und sein Sohn Edward ist da an dieser Schule natürlich die nächst beste Quelle für Leute, die nach Ruhm gaffen.” Sie machte eine kleine Pause, bevor sie weiter sprach. “Soweit bekannt ist, heiratet sein Vater wieder… Schon merkwürdig.”

Den letzten Satz murmelte sie so leise, dass ich es schwer hatte, überhaupt etwas zu verstehen. Und auch wenn ich das Thema eigentlich nicht vertiefen wollte, machte mich dieser mysteriöse Unterton in ihrer Stimme stutzig.

“Was meinst du?”

Sie überlegte, ehe sie mir antwortete. “Na ja, diese Heirat ist etwas plötzlich. Gerade er sollte in seiner Position aufpassen, wem er vertraut.”

Ich wollte bereits entgegen reden und ihr klar machen, dass man meiner Mom mit Sicherheit trauen konnte, doch ich beherrschte mich noch rechtzeitig. Sollte ja nicht jeder gleich wissen, dass ich die Tochter dieser ominösen neuen Frau des Mr. Cullen war.

“Es geht das Gerücht um, dass es sich bei dieser Dame womöglich um seine verschwundene Exfrau handelt”, fuhr sie im Flüsterton weiter, als würden wir gerade streng geheime Daten austauschen. Sie hatte sich sogar extra dichter zu mir herüber gelehnt.

“…Edwards leibliche Mutter?” Meine Neugierde war jetzt vollends geweckt und ich verkniff mir jeden weiteren, störenden Kommentar.

Sie nickte. “Als er gerade mal ein paar Monate alt war, ist sie spurlos verschwunden und bis heute weiß niemand, was aus ihr geworden ist. Und da unser Senator fast schon etwas überstürzt den Bund des Lebens eingeht, ist die naheliegendste Vermutung natürlich, dass sie Edwards richtige Mom ist.”

“Woher weißt du soviel?” Ich bezweifelte, dass jeder in dieser Schule diese Informationen hatte und Edward selbst würde sie auch nicht jedem preisgeben. Mal davon abgesehen, dass diese Theorie eh unmöglich war. Ich war im selben Alter wie Edward. Esme konnte überhaupt nicht seine Mutter sein. Schließlich war sie zu dem Zeitpunkt mit mir schwanger gewesen.

“Jess hatte mich mal darum gebeten, Informationen über ihn zu beschaffen”, seufzte sie trübe. Es war ihr unangenehm, das zuzugeben.

“Ich versteh nicht ganz. Warum wollte sie das alles wissen?”

Angela zuckte mit den Schultern. “Ich bin mir nicht sicher. Soweit ich weiß, wollte sie mal was von ihm, ist aber abgeblitzt. Vielleicht hatte sie gehofft, ihm mithilfe der Schülerzeitung eins auszuwischen - wozu es aber nie kam.”

Das Bild, das ich von Jessica hatte, sollte ich vielleicht gleich noch mal überdenken. Möglicherweise war sie doch nicht so, wie ich es vermutet hatte.
 

„Bis jetzt“, fügte sie mit einem Seufzen hinzu.

Meine Augenbrauen schmälerten sich und sie verstand sofort, dass sie mir das jetzt näher erklären musste.

Sie nahm einen tiefen Atemzug, ehe sie erzählte. „Diese Sache, an die sie mich vorhin erinnert hat… Edwards zukünftige Stiefmutter hat eine Tochter im selben Alter. Leider steht in der Presse bisher noch nicht sonderlich viel darüber, da diese im Moment mit den etwas bekannteren Kandidaten beschäftigt ist. Jess will jetzt natürlich die Erste sein, die über diese neue Schwester schreibt. Sie hat mich beauftragt, so viele Infos wie möglich zusammenzutragen.“

Schlagartig breitete sich Unbehagen in mir aus. Ich wollte kein weiteres Wort mehr darüber hören, geschweige denn, eine Titelseite füllen. Nur wie konnte ich das Angela klar machen, ohne mich zu verraten? Nicht, dass es sowieso irgendwann rauskommen würde, aber ein paar weitere Tage Anonymität wären nicht schlecht gewesen.

Also redete sie weiter, ohne dass ich auch nur ein einziges Geräusch von mir gegeben hatte.

„Wie gesagt, ich hab noch nicht angefangen. Davon mal abgesehen, wird sich das eh bald erledigt haben. Eins ist nämlich schon bekannt, und zwar, dass sie ab heute unsere Schule besucht. Leider hab ich weder Namen, noch Foto von ihr und eigentlich dachte ich, dass sie mit Edward zusammen unterwegs ist, aber danach sieht es nicht aus. Also wird das Suchen schwierig. Immerhin haben wir heute noch zwei weitere Neuzugänge, von denen eine Person ebenfalls weiblich ist.“

Plötzlich grinste sie mich verschlagen an. „Du bist nicht zufällig seine neue Schwester, oder?“

Meine Augen weiteten sich, was sie zum Lachen brachte. „Nur ein Witz. Wenn dem so wäre, würdet ihr jetzt wohl kaum meilenweit entfernt voneinander sitzen…“

Klein, kleiner, konnte man nicht auf Befehl auf Miniaturgröße schrumpfen?

Zu gerne würde ich mich jetzt verstecken, weil ich Angst hatte, sie könne anhand meines Gesichts erkennen, dass sie recht hatte. Doch leider funktionierte das nicht. Das einzige, was ich machen konnte, war, mit ihr mitzulachen - wenngleich in meinem Fall eher schwächlich -, ihren Blick zu meiden und so zu tun, als würde mich das alles nicht im geringsten interessieren.

Als wenn sie dadurch das Thema fallen lassen würde…
 

Mein Blick wanderte durch den großen Essensraum und blieb bei Jess hängen, die jetzt zusammen mit dem blonden Eisblock an einem Tisch saß und sich unterhielt. Während ich sie betrachtete, huschten meine Augen wie von selbst zu einer Ansammlung von Leuten, die sich noch weiter weg befanden.

Edward und seine Freunde. Ihr Gesprächsthema schien alle gleichermaßen zu erheitern, doch obwohl auch mein zukünftiger Bruder ab und zu grinste oder kicherte, wirkte es doch aufgesetzt. Als könnte er sich nicht wirklich freuen. Die kupferblonde Schönheit saß neben ihm und neckte ihn ständig. Eher widerwillig ließ er die kleinen Sticheleien über sich ergehen.

Und dann wandte er seinen Kopf zufällig in meine Richtung. Meine Wangen fingen Feuer, als seine Augen meine fixierten. Ein undefinierbarer Ausdruck lag auf seinem Gesicht. Nach und nach folgten die anderen um ihn herum seinem Blick und bald lagen sechs Augenpaare auf mir. Edward allein hätte ich standgehalten, zumal er mich auf diese Weise wenigstens ein bisschen beachtete, doch jetzt diese Menge zu ertragen, war zuviel.

Hastig drehte ich mich wieder zurück und starrte gedankenverloren auf das Fünf-Sterne-Essen vor mir - natürlich bot man Schülern dieser Schule nicht irgendeinen Kantinenfraß an -, wobei ich lustlos die Gabel in meinen Fingern drehte und die verschiedenen Spiegelungen im Metall betrachtete.

“Mich wundert nicht, dass jemand wie Jessica von ihm eine Absage bekommen hat, wenn neben ihm jemand wie diese Tanya sitzt”, nuschelte ich und versuchte so, das Thema wenigstens halbwegs in eine andere Bahn zu lenken.

“Höre ich da etwa Eifersucht?” grinste Ang verschlagen.

Ich schaute sie mit großen Augen an, dann schnaubte ich leise. “So ein Blödsinn.”

Sie war derweil wieder ernst geworden. “Also offiziell gesehen sind die beiden nur sehr gute Freunde, aber man munkelt, dass sie insgeheim doch eine Beziehung haben. Manchmal gehen sie so innig miteinander um, dass es schwer ist, an eine normale Freundschaft zu denken.”

Wieder dieser Stich in meiner Brust.

Natürlich war an Gerüchten nicht immer was dran und die Leute interpretierten das Verhalten von anderen Personen manchmal falsch, doch es kam auch vor, dass ein bisschen Wahrheit mit drinsteckte. Und wenn dem wirklich so war - selbst wenn es mich nicht zu interessieren hatte, mit wem er zusammen war -, hatte er mich doch angelogen, damals im Fahrstuhl.

Im Grunde musste mir aber selbst das egal sein. Sollte er doch so viele Freundinnen haben, wie er wollte.
 

“Wer sind die anderen?” erkundigte ich mich, um wenigstens halbwegs vom Thema ‘Edward’ wegzukommen.

“Also… das blonde Mädchen, heißt Rosalie Hale und der große, blonde Junge ist ihr Zwillingsbruder Jasper. Ihren Eltern gehört eine der erfolgreichsten Autohausketten von BMW…”

Unauffällig drehte ich meinen Kopf zu den beiden. In der Tat wiesen sie annähernd die gleichen Gesichtszüge auf. Sie waren definitiv miteinander verwandt. Doch nicht nur das fiel auf. Sie waren auch unglaublich hübsch. Nur selten hatte ich es erlebt, dass jemand solche natürliche Schönheit ausstrahlte. Selbst diese Lauren konnte da nicht mithalten.

“…Der Hüne mit den braunen Locken ist Emmett McCarty und der Freund von Rosalie. Sein Vater leitet eines der bekanntesten Wettbüros von Amerika. Vielleicht hast du schon davon gehört: McCarty Bet - Get Rich Or Get Wet…”

Ich nickte. Der Slogan war auf allen möglichen Werbeträgern zu lesen. Es gab kaum jemanden, der nicht schon mal davon gehört hatte. Ich bezweifelte auch, dass jemand in Anwesenheit dieses Grizzly zugeben würde, seine Schulden nicht begleichen zu können. Die Einschüchterungstaktik musste hier besonders viel Effekt haben.

“…Und last but not least die kleine Schwarzhaarige, die im übrigen mit Jasper zusammen ist. Ihr Name lautet Alice Brandon und sie wohnt bei ihrem… Onkel. Ihre Eltern sind schon vor Jahren gestorben und haben ihr ein immenses Vermögen hinterlassen.”

Ich horchte auf. Mir war der seltsame Ton nicht entgangen, den Angela bei der Erwähnung des Erziehungsberechtigten angeschlagen hatte. “Was ist mit ihrem Onkel?” hakte ich nach und blickte zu dem Mädchen hinüber, dessen kinnlange Haare so vom Kopf abstanden, dass man meinen könnte, sie hätte in eine Steckdose gefasst.
 

“Na ja”, flüsterte sie wieder geheimnisvoll. “Alice hat einen etwas… eigenen Touch. Ihre quirlige Art kommt nicht bei allen so gut an und manche meinen, sie hätte bereits einen Knacks weg. Da sie aber zu Edward Cullens engerem Freundeskreis gehört, spricht das natürlich niemand laut aus.”

“Mir ist die Verbindung zu ihrem Onkel leider trotzdem noch nicht aufgefallen”, murrte ich schon fast, immer noch auf… Shorty starrend.

“Ehm… er leitet eine ziemlich große Psychiatrie…”

Ich wollte mich gerade wieder zu Ang drehen, als das fremde Mädchen überrascht zu mir herübersah und… lächelte. Freundlich und liebevoll, und da wusste ich plötzlich, dass sie, egal was jemand über sie sagte, eine gute Seele besaß.

Edward sprach sie an, weshalb sie verwundert zu ihm schaute. Noch einmal warf sie einen Blick auf mich und wandte sich dann gänzlich ab.

In diesem Moment klingelte die Schulglocke zum Pausenende und riss mich aus meiner Trance.
 

Meine nächste und letzte Stunde war Biologie.

Angela führte mich noch netterweise zum Klassenzimmer. Auf dem Weg dorthin erzählte sie mir, dass in einem der Nebenhäuser im Osten diejenigen wohnten, die von weiter weg kamen und nicht jeden Tag etliche Stunden bis zur Schule fahren wollten. Sie selbst besaß dort ein Zimmer und ich versprach ihr, mich dort mal blicken zu lassen.

Als wir endlich angekommen waren, verabschiedete sie sich von mir und ich bedankte mich noch einmal für ihre Hilfe, ehe ich den Raum betrat - die meisten waren bereits anwesend. Jessica und Eric waren uns mit einigem Abstand gefolgt, da die beiden in demselben Kurs waren, und setzten sich jetzt auf ihre Plätze.

Erst durch das Klingeln wurde mir klar, dass wir auf dem Weg hierher doch etwas getrödelt haben mussten. Während ich nach vorne ging, fiel mir auf, dass der Lehrer, Mr. Banner, noch nicht da war. Doch dann spürte ich zwei große Hände auf meinen Schultern und hörte ein “Entschuldigung, darf ich bitte durch?” hinter mir.

Es war der Professor, der sich jetzt an mir vorbeidrängte und auf seinen Platz zuging. Ich folgte ihm geräuschlos. Als ich bei ihm angelangt war, gab ich ihm meinen Zettel, den er eingehend studierte. Ein breites Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht und er sah auf.

“Miss Evenson! Ich freue mich, Sie in meinem Kurs begrüßen zu dürfen…”

Er unterzeichnete das Stück Papier und warf ein Blick durch die Reihen der Schüler, bevor er bei Edward, der ganz hinten saß, hängen blieb. Mir sackte das Herz in die Hose, als mir bewusst wurde, dass wir zusammen Unterricht haben würden.

“Mr. Cullen!” rief er freudig durch die Klasse.

Letzterer sah fragend auf und für eine Millisekunde huschten seine Augen zu mir. “Es tut mir leid, dass ich Ihrem Wunsch, alleine zu sitzen, nicht mehr nachkommen kann, aber für Ihre Schwester haben Sie sicher gerne einen Platz frei, nicht wahr?”

Jesus!

Natürlich wusste ich, dass das Geheimnis unserer familiären Verbindung nicht lange währen würde, aber musste dieser Typ das gleich dermaßen offiziell preisgeben?
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
 

souu~...endlich ein neues chapter. hoffe, es hat gefallen...(?)...o.o...



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Kommentare zu diesem Kapitel (29)
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Von: abgemeldet
2010-02-09T14:41:48+00:00 09.02.2010 15:41
Wieder ein supi tolles Kapi! Irgendwie hat diese Spannung zwischen Edward und Bella etwas reizvolles... kann mir nicht erklären warum...o_O
Als 'Neue' angestarrt zu werden, ist echt ein doofes Gefühl, ich kenn das! Aber Bella packt das schon...
Was da für Gerüchte umhergehen ist echt der Wahnsinn... *kopfschüttel*
Bin soooo gespannt wie's weiter geht! Das werd ich ja gleich erfahren! ^^ *freu*
Lg, Twilightmausi
Von:  absouuru
2009-05-20T09:57:13+00:00 20.05.2009 11:57

das is mir ja peinlich..ich hatte das 4. Kapitel gar nicht kommentiert....auweia -_- muss ich dann mal gleich ändern, damit ich dann das 5. lesen darf^^
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diese beklemmende bedrückung zwischen den beiden geht mir auch langsam auf den keks...wenn edward doch nur wüsste, was er mit seinem benehmen anrichtet! so ein blödi! *hmpf*
und dann kommt da auch noch diese blöde tanya an...wird ja alles noch besser!! *grummel*

der erste tag an einer neuen schule ist immer etwas anders und bella hat es gleich e´geschfft, sich sowohl ein paar freunde als auch ne feindin auszusuchen...aber imerhin scheint ja angela ganz nett zu sein. Nur was wird sie wohl sagen, wenn sie erfährt, dass bella die schwester ist??
aber dass gerade in der letzten stunde dieser blöde prof.banner laut herausposaunen muss, dass bella die besagte schwester ist!!! Man! schlimmer gehts wohl nich....ds nächste kapitel wird vohl noch schlimmer...von der gefühlslage meine ich...das, was du so schön beschreiben kannst^^
tja, dann bin ich mal gespannt :)
lg
Von: abgemeldet
2009-05-08T17:24:51+00:00 08.05.2009 19:24
Oh, ein riesiges WOW von mir! Deine Story ist einfach der hammer!! Ich frag mich ja, wie es möglich ist, dass jemand solche Ideen hat, wie du! Ich bin total begeistert!!! *deinneuerfanbin*^^
Das ist so gemein, wie kann Edward nur so gemein zu Bella sein und sie so behandeln..ja gut er denkt, sie wären nur hinter dem Geld seines Vaters her, aber mittlerweile muss er doch geblickt haben, dass dies absolut nicht der Fall ist...zumindest was Bella betrifft! Aber *thihi* ich finde es klasse, dass er manchmal doch "schwach" wird und von seiner harten, kühlen Fassade andriftet. :) Da merkt man wenigstens,dass er doch einiges für Bella übrig hat!
Oh nein, Tanya?? Buhuuuu, das war wirklich mieees. :( Am liebsten hätt ich sie an ihren Haaren gepackt und gegen die nächste Wand geschleudert!*muhahahaa*
Oh jeee, und was Lauren für eine ist! XD Wie peinlich XD Ich hatte wirklich den Drang eine Flasche Wasser zu nehmen und es über sie drüberzuschütten :B
Oh Gott,wie die Gerüchteküche schon kocht, einfach unmöglich..und dann findet sich Bella in so einer Situation wieder...mitten unter den Mitgliedern der Schülerzeitung... wenigstens konnte sie sich zusammenreißen, um nichts unüberlegtes über ihre Lippen zu bringen. Oh toll, der Blick von Edward...ich fass das jetzt einfach mal als weiteres positives Zeichen, das da er doch noch was für Bella übrig hat auf!^^ *thihi* Wenn er doch nicht so stur wäre! *sigh*
Hihihi, und Alice!!<3 Iwie mag ich sie XD Dass sie Bella angelächelt hat, fand ich total süüüß! Viell macht sie ja noch weitere Schritte auf Bella zu!^^
Oh neee, Mr.Banner ist ja total diskret!!!*augenverdreh* Wieso hat er das denn nicht gleich auf ein weißes Banner mit roter Farbe geschriebn. Ohjeee >.<

Deine FF ist einfach spitze, ich liebe deinen Schreibstil, ließt sich voll flüssig, gefällt mir total! :) Man kann sich auch alles total gut vorstellen und es fällt mir persönlich ziemmlich leicht sich in die Person (in diesem Fall Bella) reinzuversetzen! Ich kann es kaum erwarten die Fortsetzung zu lesen, scheint ziemlich interessant zu werden! 8) Einfach aller erste Sahne und der totale Wahnsinn!!! Bin total hin und weg!^^
Ganz liebe Grüße!!!=)
Von:  Twilight-Nicki
2009-05-06T19:00:35+00:00 06.05.2009 21:00
Oh wow! Ich find die Story bis jetzt echt toll! Bin durch Zufall auf sie gestossen! Ist echt mal was anders! Echt genial! Find du kannst toll schrieben! ICh freu mich schon wenns weiter geht!
Liebe Grüsse, Nicki
Von:  Renesmee-Bella
2009-04-23T10:58:05+00:00 23.04.2009 12:58
Wow, ich bin schon auf die Gerüchte gespannt, da es Mr. Banner jetzt ja laut gesagt hat. Und ich hoffe trotzdem das die beiden noch eine Beziehung ein gehen.
Schreibe schnell weiter.

cu SSJBra
Von: abgemeldet
2009-04-06T13:10:14+00:00 06.04.2009 15:10
traurig und dennoch spannend und witzig...
sehr gut geschrieben! Würdest du mir eine ENS schicken, damit ich NICHTS von dieser faszinierenden Geschichte verpasse? o.o
danke im vorraus, liebe grüße
bella :D
Von: abgemeldet
2009-03-29T16:12:41+00:00 29.03.2009 18:12
wow!!
die geschichte ist gut macht spaß zu lesen
bin ja schon so gespannt wie es weiter geht^^
Von: abgemeldet
2009-03-11T11:17:18+00:00 11.03.2009 12:17
aaaww super kapii...
weiter so..=)
ich liebe deine story <33
hau in die tasten ;-)
Von:  kleinYugi5000
2009-03-07T17:57:18+00:00 07.03.2009 18:57
auch mal wieder ne super story
sag mir beschei wenn es weida geht
Jeus

deine Soph-chan
Von:  KarenChan
2009-03-07T13:31:09+00:00 07.03.2009 14:31
der bio lehrer ist echt doof... oder wie edward mal denkt: "ein mann höchstens mittlerer intelligenz" ^^ die FF ist toll, warte schon sehnsüchtig auf ein neues kap <3


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