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Daemonicum Noctis

von

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Die Fahrt

Es war ein trüber September Morgen an dem man hin und wieder ein paar Vogelschwärme gen Süden ziehen sehen konnte. Der Boden war nass vom Frühmorgendlichen Regen und an den Straßen hatten sich allerlei Pfützen gebildet.

In eine dieser Pfützen trat Joachim der gerade mehr darauf achtete eine Packung Kaugummi zu öffnen und seinem Freund Uli folgte, der sich daraufhin gleich zu ihm umdrehte und ihn schadenfroh anlächelte.

„Verdammter Mist!“ entfuhr es Joachim und Uli wurde erst im nächsten Moment klar, wie eng der Ärger über den nassen Schuh auch mit ihm verknüpft war und so schimpfte er gleich hinterher.

„Damit machst Du mir wieder das ganze Auto dreckig, Jo!“

Doch Jo murmelte nur etwas zurück, dass Uli nicht verstand und schnickte sein Bein etwas, um sich wenigstens ein paar Wassertropfen zu entledigen.

Uli stieg kopfschütteln auf den Fahrersitz des dunkelgrünen Geländewagens an Zapfsäule 4 und reichte ein paar Sachen zu den jungen Männern auf der Rückbank.

„Was bekommst Du dafür?“ fragte der kleine dickliche Mann mit Schnurrbart in der Mitte, der kurz davor war seine Kola-Dose zu öffnen und eine Chipstüte für alle Fälle zwischen den Beinen bereithielt.

„...Einen geblasen.“ Antwortete Uli schnippisch und bekam sogleich eine Revanche.

„Für eine Kola und ne’ Chipstüte lutsch ich doch nicht dein Ding, ich bin doch nicht deine Schwester.“ Gab der südländisch aussehende Mario zurück.

„Pass auf, was Du sagst, Spagettifresser!“ entfuhr es Uli zusammen mit ein wenig Speichel. Gleichzeitig hob er drohend den Zeigefinger und seine Gesichtszüge entglitten ihm ein wenig.

„Geht’s noch?!“ Rief Joachim, der gerade auf den Beifahrersitz zugestiegen war in die Runde „Es ist grade mal Freitag, 10 Uhr und Ihr hab Euch schon wieder in den Haaren! Es wäre ganz nett, wenn ich bis Sonntag Abend noch etwas ruhe hätte!“

Der menschliche Inhalt des Autos verstummte, Uli startete den Wagen und Mario öffnete seine Getränkedose um daran zu nippen.

Die fünf jungen Männer fuhren auf einer wenig befahrenen Landstraße die scheinbar endlos bergauf führte und nahtlos von Wald umgeben war, seit sie die Tankstelle verlassen hatten.

Joachim, den seine Freunde meistens nur „Jo“ nannten, drehte sich nach links hinten um, wo ein großer dürrer Kerl mit blonden Haaren und Vollbart saß und Gedankenverloren aus dem Fenster blickte.

„Alles okay, Thomas?“ erkundigte sich Joachim leicht besorgt.

Wie aus einer fremden Welt gerissen, schreckte Thomas auf und gab mit einem „Hm?“ zu verstehen, dass er nicht zugehört hatte.

„Du bist schon die ganze Fahrt so still, ist alles in Ordnung mit dir?“ wiederholte Jo.

„Ich hab’ nur seit etwa einer Stunde Kopfschmerzen, liegt sicher an dieser ungewohnten Bergluft.“ Erklärte Tom. „Vorhin, bei der Tankstelle, hab’ ich eine Tablette genommen, ich hoffe sie wirkt bald.“

„Mein Onkel Antonio hatte das auch immer, wenn er in die Berge fuhr.“ Mischte sich Mario ein, den man fast schon als vorzeige Italiener bezeichnen konnte. Er hatte kurze pechschwarze haare, einen obligatorischen Schnurrbart, war streng katholisch erzogen worden und arbeitete in der Pizzeria seines Vaters. Nur einen Akzent hatte er keinen, was er scheinbar jedem zu zeigen bereit war, indem er ihn totquatschte, aber irgendwie machte ihn das auch sympathisch.

„Trotzdem hatte es den alten Mann, Gott hab’ ihn selig, Zeit seines Lebens nicht davon abgehalten, jedes Jahr am Matterhorn Urlaub zu machen.“ Fügte Mario noch hinzu, als er bemerkte, dass sich so schnell keiner dazu äußern wollte.

Rechts, hinter Jo, ertönte jetzt eine weitere Stimme, die man die Fahrt über auch kaum hörte, von der man es aber gewohnt war. Es war der Riese Ralf, der sich nach der Zeit bis zur Ankunft erkundigte. Ralf war ein eher Körperbetonter Mensch, was wohl der Grund dafür war, warum er nie viel redete, aber immerhin hatte er genug Grips, nicht den Mund zu öffnen, wenn er keine Ahnung hatte. Ralf war seit seinem Grundwehrdienst bei der Bundeswehr tätig, er wusste zwar, er würde wegen seiner schlechten Bildung nie General oder ähnliches werden, solange kein Krieg ausbricht, aber er hatte im Wehrdienst einen Beruf gefunden, in dem er einen Sinn sah und sich keine weiteren Gedanken machen brauchte, wie er Geld nachhause bringen müsste, wenn er denn endlich eine Frau finden würde.

Uli, der eigentlich Ulrich hieß, diesen Namen aber verachtete, weil sein saufender Vater den selben Namen hatte, flüchtete sich auf Ralfs Frage hin in Ausreden und wachsweiche Aussagen. Er war es zwar, der das Camping Wochenende vorgeschlagen hatte, aber an dem ausgewählten See war er das letzte Mal mit 13 und damals war sein Vater gefahren.

Joachim machte sich unterdessen über seinen besten Freund Thomas Gedanken, er hoffte, dass seine Kopfschmerzen bald verfliegen würden und sie das ganze Wochenende mit Bier und Männerhumor verbringen konnten, ohne dass Frauen und Kinder stören konnten.

„Endlich mal ein paar Tage ohne die Weiber!“ hatte Jo es beschrieben, der manchmal das Gefühl hatte, zu früh geheiratet zu haben. Er hatte seine Carin etwa zum selben Zeitpunkt kennen gelernt, wie Thomas seine Ute und so war es immer ganz angenehm, dass sie auch mal was zu viert unternehmen konnten. Aber seit Joachim seine Freundin vor knapp 2 Jahren geschwängert hatte und er in Folge dessen von seinen und ihren Eltern genötigt wurde sie zu heiraten war es nicht mehr das selbe. Er liebte seine Carin und die kleine Yvonne – Klar! – aber er war auch grade mal 24 Jahre jung und hatte das Gefühl noch so viel verpassen zu können, da tat so eine kleine Pause von der Familie ganz gut.
 

Uli drehte das Radio leiser, vielleicht mochte er ABBA nicht, viel eher verspürte er aber wohl den Drang sich zu unterhalten, weil er zeitgleich in die Runde warf:

„Was macht Ihr eigentlich Silvester?“

Als nur fragende Blicke durch die Fahrerkabine gingen, dachte Uli, er sollte den ersten Schritt tun. Das tat er zwar meistens, er war eben ein Anführer-Typ. Er gab eine Richtung vor und die Anderen mussten dann einfach nur noch folgen.

„Also mein Cousin - der mit dem Gasthof - hat gemeint er wollte da dieses Jahr was größeres machen und wenn ich Lust hätte, könnte ich ein paar Leute mitbringen.“

„Wie spießig is’ das denn? – Seine Silvesterparty schon Ende September zu planen?“ fragte Mario, der von dem Streit, von vor ein paar Minuten scheinbar noch nicht genug hatte.

Uli hingegen war nicht mehr nach streiten und antwortete eher besänftigend:

„Hey, ich sehe nichts Falsches darin zu planen, immerhin feiern wir in die 80er hinein! – Das muss groß gefeiert und geplant werden.“

„Sag mal, kommt dein Kind nicht zu Silvester auf die Welt?“ wollte Thomas wissen, der oft ein nahezu weibliches Gedächtnis aufwies, soweit es Geburtstage und andere Termine anging, was wirklich praktisch war, wenn man selbst zu faul war, sich solche Daten zu notieren.

Ulrich überlegte einen Schock-Moment, dann fiel es ihm wieder ein.

„Nein, nein! Der kleine Kommt am 2. Januar, hat der Arzt gesagt.“

„Aber dir ist klar, dass sich Kinder nicht auf den Tag genau an Termine halten.“ Warf Joachim kritisch ein.

„Und wenn bei Heike pünktlich am 01.01. in der Früh die Wehen einsetzen und Du noch betrunken in irgendeiner Ecke liegst wirst du bis 1990 an keiner Silvesterfeier mehr teilnehmen dürfen.“ trat Mario glucksend nach.

Die weitere Diskussion verlief im Sand, da zwar alle einsahen, dass gefeiert werden musste und es keine richtige Party wäre, wenn Uli nicht irgendwann besoffen über der Toilettenschüssel hing, auf der anderen Seite waren die fünf so vernünftig, dass man es nicht für Gut heißen konnte, seine hochschwangere Frau im angetrunkenen bis betrunkenen Zustand ins Krankenhaus fahren könnte.

Nach einer anschließenden Auseinandersetzung über „Der Pate“ entschloss sich Uli das Radio wieder aufzudrehen, zehn Minuten später fand er den Pfad, an dem er schon zwei Mal vorbeigefahren war. Eigentlich war das Zelten in dieser Gegend nicht erlaubt, aber die Freude auf ein Männer-Wochenende mit jeder Menge Alkohol übertönte die Angst vielleicht doch von ein paar Parkwächtern erwischt zu werden.

Ein paar holprige Minuten fahrt durch den Wald gefolgt vom Schleppen des Gepäcks bis zum See und dem Aufbau der Zelte verbrauchten den Rest des Morgens und man konnte sich daran machen ein paar Bohnen zu kochen.

Feuerholz fand man in der näheren Umgebung genug und so köchelte schon bald das Essen, die Getränke kühlten im Wasser des Sees, der Himmel klarte langsam auf und in ein paar Kilometern Umkreis war nicht eine weitere menschliche Seele. Es schien so als würden es die letzten schönen Tage dieses Jahres werden und unter dem Quintett war das erste Mal seit Fahrtbeginn richtig gute Stimmung. Sogar Ralf, der gewohnheitsmäßig immer ein Pokerface aufsetzte grinste – Wahrscheinlich dachte er daran, wie er ein sich aus dem was die Natur im bot Fallen baute um damit ein paar Feinde zur Strecke zu bringen. Tom war oberflächlich zwar auch guter Laune, aber Jo sah ihm an, dass er noch immer mit den Kopfschmerzen zu kämpfen hatte. Nach dem Essen, als Thomas und Joachim kurz alleine waren erkundigte sich Jo:

„Was macht dein Kopf?“

„Ich hab’ grade noch mal zwei Tabletten geschluckt. Wird schon.“ Beruhigte ihn Tom.

„Ich habe das Gefühl, Du hattest nicht wirklich Lust auf unseren Ausflug.“

Jetzt wollte Jo die ganze Wahrheit hören, er hatte so ein Bauchgefühl, dass da noch mehr sein musste, er und Thomas kannten sich von allen am längsten. Zwar war es eher so, dass Tom, Joachims Stimmung erspürte, als umgekehrt, aber in Extremfällen konnte Jo auch sehr empathisch sein. Tom seufzte.

„Ute und ich...“ er seufzte erneut. „Naja, ich wollte euch die Stimmung nicht verderben und...“

Thomas mied Joachims Blick, aber der wusste jetzt was los war und beendete Toms Satz.

„Sie hat mit Dir Schluss gemacht.“

„Ja.“ Bestätigte der blonde Tom kurz und knapp und Jo strich sich durch den Schnurrbart und kommentiere es mit einem „Scheiße, Mann!“

Dann schnappte er sich zwei Bier, öffnete sie mit einem Feuerzeug und reichte eins seinem Kumpel.

„Ich kann jetzt nicht, hab’ doch grade die Tabletten...“ wollte Thomas sich rausreden.

„Hey, weißt Du eigentlich warum Männer so gern Bier trinken? – Es hilft gegen jeden Schmerz. Egal ob Kopf, Herz oder sonst wo.“

Thomas grinste ihn an und nahm ihm die Bierflasche aus der Hand.

„Unter einer Bedingung...“

Joachim warf ihm einen verwunderten Blick zu. Tom sah auf das kühle Bier in seiner Hand.

„Du wirst nie Philosoph!“

Jo grinste leicht verlegen und bekam ein Lächeln zurück, dann stießen die Beiden miteinander an.



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