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BRÜCKE - Beziehungen

Der gerade aufgegangene Mond hing hell und groß am Himmel. Er war schon zu dreiviertel gefüllt und leuchtete über eine sanfte Winterlandschaft. Mit weichen Schritten, die durch den Schnee zusätzlich gedämpft wurden, lief ich durch die angehende Nacht. Ich nahm den Geruch der Bäume um mich herum war und horchte auf das Nachtlied des Waldes. In der Nähe erklang der Schrei eines Kauzes, weiter weg bellte ein Fuchs. Ich ignorirte sie und lief zügig weiter. Mein Ziel war ein alter Baum, der für Außenstehende wohl wenig interessant gewirkt hätte. Schon von Weitem schallte das Stimmengewirr zu mir herüber. Beim Näherkommen erblickte ich die vielne Gestalten, manchmal nur schemenhaft, da das Mondlicht unter dem Bätterdach nur noch schwach zu Boden fiel. Ich sollte sie wohl „Gefährten“ oder besser "Brüder" nennen, doch meine Beziehung zu ihnen konnte man eher als gemischt bezeichnen. Einige der Mitglieder mochte ich mehr, andere weniger, manche gar nicht. Zu meinen Freunden zählte ich dort niemanden.

Nun ging ich angespannt an den Gestalten vorbei und versuchte einen Platz möglichst weit weg von den Gruppen zu finden, die sich bei dem Baum gebildet hatten. Unser Sprecher hatte schon begonnen zu sprechen und seinen Stimme erhob sich über die anderen.

"Zu welchen Ergebnisen seid ihr im letzten Jahr gekommen?"

Eine piepsige Stimme meldete sich zu Wort: "Sir, ich habe mit der Familie, die Laborratten züchtet und verkauft, Kontakt aufgenommen, doch blieben alle Versuche, sie davon abzubringen erfolglos."

"Tierversuche sind abscheulich! Warum testen diese Leute das Zeug nicht an sich selbst?", antwortete ein anderer im missbilligenden Ton.

Mehrere wütende Stimmen erhoben sich.

"RUHE!", donnerte der Sprecher, "Wir müssen das Problem anders angehen. Rasin, nehme dir Felia und gehe noch einmal auf diese Menschen zu. Felia kann dabei im Geheimen agieren und dir helfen, die zu verteidigen."

Als mein Name erklang, wollte ich am liebsten unsichtbar werden. Ich sollte mit Rasin zusammenarbeiten! Sein ständiges Rumgewusel ging mir auf den Geist und überhaupt... warum ich?
 

Die Versammlung endete spät in der Nacht und ich versuchte, mich davonzustehlen, bevor es jemand bemerkte. Noch ehe ich den Wald verlassen hatte, hörte ich ihn hinter mir rufen und blieb resigniert stehen.

"Felia! Warte kurz!" Er kam neben mich. "Schön, dass wir zusammenarbeiten. Ich habe schon einen Plan. Wenn ich dort bin und es schaffe..."

Er redete, ohne mich auch einmal zu Wort kommen zu lassen. Am liebsten würde ich ihn erwürgen und dann zu meinem warmen Bett laufen.

"...jedenfalls würde ich sagen, wir treffen uns in zwei Nächten wieder und besprechen Weiteres."

Ich knurrte nur als Antwort, zu müde um etwas anderes darauf zu erwidern.

Fröhlich und voller Elan sprang er davon. Welcher Teufel ritt den nur immer?
 

Wir setzten die Aktion drei Tage nach unserem Treffen an. Das Haus der Familie war groß und sah teuer aus. Wahrscheinlich verdienten sie gut mit ihrem Handel.

Ich klingelte an der doppelten Eichentür und wartete. Mir wurde von einer hageren Frau geöffnet, die aussah als hätte sie in eine Zitrone gebissen.

"Was wollen Sie?" Ihre Stimme klang nicht anders als sie aussah. Ihr Blick fiel mit unverborgenem Abscheu auf die Ratte auf meiner Schulter.

"Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie mit Laborratten handeln."

"Was geht Sie das an? Ich kann Ihnen versichern, dass die Zucht absolut legal ist. Ich habe die entsprechenden Bescheinigungen bei mir."

"Wir aber sagen, dass es Ihnen nicht gestattet sei, diese sogenannte 'Arbeit' fortzusetzen. Zeigen Sie mir die benannten Papiere."

Sie sah mich unfreundlich an, sagte allerdings aus Protest: "Natürlich. Warten Sie einen Moment."

Als sie mir die Papiere gab, sah ich sie scheinbar beschäftigt durch. Anschließend gab ich sie der Ratte, wer sollte es anderes sein als Rasin, der sie sogleich verspeiste. War ich froh, dass die Rollen nicht anders verteilt waren.

Die Frau sprang sogleich auf Rasin zu, doch ich krümmte mich zusammen, wobei Rasin auf den Boden sprang und mit den restlichen Papieren zwichen den Zähnen außer Reichweite lief. Ich spürte, wie meine Kleider zu warmem Fell wurden und sich mein Körper geschmeidig bog. Aus meiner Kehle kam ein Fauchen und ich schlug meine Krallen in die Hand der Frau.

"Wer oder WAS sind Sie?" Panisch wich sie zurück.

Schweren Herzens wurde ich wieder ein Mensch und sah, dass auch Rasin wieder größer wurde.

"Wir sind die Brückentiere, dazu verdammt, halb Mensch, halb Tier zu sein und auf beiden Seiten zu leben. Wir stellen die Verbindung beider her, damit es möglich ist, allen Lebewesen einen Platz auf dieser Welt zu geben."

Während Rasin sprach, hörte ich die Polizei vorfahren, die wir im Vorhinein gerufen hatten.

Als diese das Haus stürmte, waren wir schon lange fort. Rasin wuselte wieder neben mir her.

"Danke Felia, du hast deine Rolle sehr gut gespielt."

"Ich beneide dich nicht um deine."

Rasin hatte nach der Aktion erst mal massig Schnee verdrückt.

"Ohne die Papiere konnte die Zucht nicht mehr als legal gelten. Es wird dort keine neuen Ratten geben."

Ich stimmte ihm brummend zu. Vielleicht war der Kerl doch nicht so schlecht wie zuvor angenommen.



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