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Das Blut an meinem Schwert

von

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Yoshimaru und Bakemono folgten dem Aufmarsch von Soldaten und Dienern in einigem Abstand. Zum einen wollte Yoshimaru einen Blick auf das Gefolge des Fürsten werfen, um möglicherweise einen der Räuber wiederzuerkennen ohne ihnen zu nahe zu kommen. Zum anderen war Bakemono mit seinen Verletzungen immer noch langsamer zu Fuß als die meisten anderen Leute.

Sie erreichten Kanazawa am Nachmittag. Als sie so über die breite Hauptstraße schlenderten, die direkt zum Anwesen des Fürsten Nyu führte, das wie eine Festung im Kern der Stadt lag und durch die massive Größe und Pracht weit über der Stadt aufragte, bemerkte Yoshimaru plötzlich den Geruch von Blut in der Luft. Sofort spitzten sich seine Sinne. Aufmerksam sah er sich um.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte Bakemono, der anscheinend die Spannung in Yoshimarus Gesicht ablesen konnte.

„Ich rieche Blut.“, antwortete Yoshimaru knapp. Vorsichtig sah er sich weiter um, als Bakemono plötzlich trocken lachte.

„Was ist?“, fragte Yoshimaru scharf, immer auf einen Angriff befasst. Dies war immerhin die Stadt, in der die Männer mit dem Libellenwappen lebten. Er misstraute jedem, den er auf der Straße sah, jedem, den er irgendwie mit dem Fürstenhaus in Verbindung brachte.

„Dort vorne war eine Blutlache im Sand.“, erklärte Bakemono beiläufig, „Ich habe sie zufällig gesehen, als wir daran vorbeigingen. Es muss wohl eine blutige Rangelei gewesen sein. Mehr nicht.“

Yoshimarus Muskeln entspannten sich, sein Blick wurde lockerer.

„Du hast Recht.“, gab er zu und schob sich den Strohhut aus dem Gesicht, „Ich sollte aufhören hinter jeder Ecke einen Hinterhalt zu vermuten.“

Wieder lachte Bakemono heiser, was jedoch zu einem gequälten Husten wurde.

„Wir sollten uns eine Bleibe für die Nacht suchen.“, entschied Yoshimaru, „Morgen können wir dann nach der Frau suchen, die diese Kette bekommen sollte. Und vielleicht treffen wir auch Hideto und Hotaru wieder.“

„Ja gut.“, antwortete Bakemono. Bei dem Namen Hidetos schien er immer Gedanken zu versinken.
 

Die Stunde der Ratte war bereits angebrochen. Fahl schien das Licht des Mondes auf die leeren Straßen Kanazawas. Kein Mensch war mehr unterwegs, nur hier und da streunte ein Hund durch die engen Gassen der Gebäude und suchte nach Essen. In einigen Tagen würde Vollmond sein. Die Frist wurde langsam knapp. Doch Goh machte sich keine Sorgen. Bis jetzt hatte er noch jeden Auftrag zur vollen Zufriedenheit seines Herrn ausgeführt.

Wie ein Geist bewegte er sich lautlos durch das arme Wohnviertel bis zu dem Haus in dem sie waren. Den Tag über hatte er Nachforschungen angestellt über sie. Wo sie wohnten, wann sie sich trafen, wer alles dazugehörte. Letzteres war ihm besonders wichtig, da er ungern Unschuldige tötete. Doch sollte ihm jemand in den Weg kommen, würde er nicht zögern, alles zu tun, um seinen Auftrag auszuführen.

Goh erreichte das alte Holzgebäude und hockte sich unter ein mit Papier bespanntes Fester. Das Haus war alt und heruntergekommen. Das Strohdach lichtete sich an einigen Stellen, hier und da find das Holz der Wände an zu schimmeln, die Papierbespannungen der Fenster waren schmutzig und übersäht mit Falten, Rissen und Löchern, was es für ihn noch leichter machte, die Leute im Innern zu belauschen.

„Das sieht echt übel aus, Mann.“, sagte eine dunkle Stimme betroffen.

„Halts Maul!“, rief eine garstige Stimme, „Ich weiß wie das aussieht! Sieh lieber zu, dass du es vernünftig verbindest, anstatt mir Sachen zu erzählen, die ich schon weiß!“

Eine hellere Stimme fing leise an zu lachen, bevor sie das Wort ergriff: „Und du sagst, ein Junge habe das getan?“, er brach in Gelächter aus.

„Sei ruhig!“, keifte der zornige zurück, „Wir sollten leise sein. Und ja, es war ein Junge. Er hat sich ein Kurzschwert von einem dahergelaufenen Samurai geklaut.“

„Und dieser Bastard von einem Samurai hat dann Hisuke getötet?“, fragte die tiefe Stimme.

„So ist es…“, antwortete der Garstige, „Das wird er mir noch büßen! Diesem Bengel und dem Samurai werden wir die Hände und Füße einzeln abschlagen.“

„Das ist keine gute Idee.“, meldete sich eine ruhige Stimme zu Wort, die bisher nichts gesagt hatte, „Wir stehen zwar unter dem Schutz der Nyu-Soldaten, aber so ein Blutbad an einem Samurai sollten wir vermeiden. Die wenigen Soldaten, die er mit unserem Schutz befohlen hat, können uns nicht offen gegen diesen Samurai oder eventuelle Freunde von ihm verteidigen. Offiziell gibt es uns nicht.“

„Ja ich weiß…“, brummte die zornige Stimme, „Aber den Jungen werde ich massakrieren! Einen Straßenbengel wird keiner vermissen.“

„Tu was du nicht lassen kannst.“, antwortete die ruhige Stimme gereizt, „Aber pass auf, dass du dich nicht zu weit über die Brüstung lehnst. Wenn du fällst, fällst du allein.“

Goh hörte eine Tür die aufgeschoben wurde und sich gleich darauf wieder schloss. Nun hatte er keine Zweifel mehr. In diesem Haus befanden sich die Leute, die er brauchte. Geschwind erhob er sich und schwang sich um die Hausecke, um den Mann aufzuhalten, der das Gebäude verlassen hatte. Bereit sein Schwert zu ziehen wirbelte Goh herum – doch es war niemand da. Das war nicht möglich. Niemand schaffte es, ihm zu entkommen. Hier musste etwas faul sein. Oder war dieser Mann ein Ninja? Doch Goh hatte keine Zeit, sich mit dem Geflohenen zu beschäftigen. Vorsichtig betastete er die Wand unter dem Fenster, unter dem er gehockt hatte. Sie war vollkommen durchgefault. Perfekt.

Leise wie ein Schatten erhob er sich, ging zu dem Haus gegenüber und nahm sich eines der Holzbretter, die neben der Tür an die Wand gelehnt standen und lief dann zu der Tür des Gebäudes in dem die Männer waren. Nachdem er das Brett so hingestellt hatte, dass die Tür von innen nicht mehr zu öffnen war, kam er zurück zu dem Fenster.

„Gleich Morgen durchstreifen wir die Stadt und suchen den Jungen.“, befahl der Mann mit der grimmigen Stimme. Zustimmendes Gemurmel war zu hören.

Gohs Muskeln spannten sich. Nach dem, was er gehört hatte, befanden sich der Zornige und der mit der tiefen Stimme im linken teil der Hütte, während der Mann mit der helleren Stimme rechts in Richtung Tür stand oder saß.

„Wenn ich diesen Bengel in die Finger kriege werde ich…“

In diesem Moment holte Goh aus und trat mit voller Wucht gegen die morsche Wand, die mit einem matschigen Geräusch nachgab und hinterließ ein Loch direkt unter dem Fenster. Goh zog mit der Schnelligkeit eines Wiesels sein Wakizashi und zerschnitt das Papier und den dünnen Holzrahmen mit einem gezielten Streich.

„Was zur…?“, rief der zornige Mann.

Goh machte einen Schritt in das Haus und sah sich geschwind um. Der Zornige saß hinten links, seine Hand war verbunden. Der mit der tiefen Stimme war dick und stand neben ihm, Verbandszeug in den Händen. Der mit der hellen Stimme lehnte neben der Tür an der Wand – genau wie Goh vermutet hatte.

„Wer bist du? Was willst du hier?“, fauchte der Grimmige.

„Mein Name wird euch im Tod nicht mehr viel nützen.“, entgegnete Goh knapp, seine rechte Hand hielt sein Wakizashi fest in der Hand, die Linke verbarg sich unter seinem weiten Umhang.

„Das werden wir ja sehen!“, rief der Dicke und erhob sich. Das Verbandszeug fiel zu Boden als er nach dem Schwert an seiner Hüfte griff. Doch Goh war schneller. Seine linke Hand schoss unter dem Mantel hervor und schleuderte einen Kunaii – einen Wurfdolch. Dieser traf den Stämmigen in der Brust, der gleich darauf keuchend zu Boden ging.

Der Dünne mit der hellen Stimme zog ein Schwert und stürmte von rechts auf Goh zu. Schnell hob er sein Wakizashi zur Parade und fing so das Schwert des Mannes in der Luft ab. Ein Schlag in den Bauch mit der linken Hand Gohs, an der sich sein Katar befand – die Handklaue mit scharfen Stahlklingen, die sich nun in den Mann bohrten – schickte auch diesen leblos zu Boden.

Goh drehte sich langsam zu dem letzten im Bunde um. Der Mann, dessen rechte Hand anscheinend fehlte, sah Goh mit weit aufgerissenen Augen an.

„Du… du… du…“, stammelte er verängstigt.

„Ich bin dein Henker.“, flüsterte Goh bedrohlich, „Ich verspreche, ich werde es kurz und schmerzlos machen, wenn du mir ein paar Fragen beantwortest.“

Die Miene des Mannes blickte ihn fragend an, offenbar war er verwirrt.

„Wer schützt euch?“, fragte Goh leise aber klar, „Wer deckt eure schmutzigen Geschäfte?“

„Ich… äh… wir… ich meine…“

„Rede!“, zischte Goh bedrohlich, „Oder du wirst mehr Leid erfahren als du dir in deinen schlimmsten Albträumen vorstellen kannst.“, bedrohlich ließ er das Wakizashi in seiner Hand hin und her schwingen.

„Er… er…er war vorhin hier. Seinen Namen kenne ich nicht! Ehrenwort! Er arbeitet für den Fürsten Nyu. Also nicht direkt. Aber er gehört zu seinen Leuten! Ich schwöre es!“, flehte der Mann und hielt sich dabei ängstlich die heile Hand und den verbundenen Stumpf schützend vors Gesicht.

Langsam senkte Goh das Schwert und streckte dem Mann seinen Kopf entgegen.

„Wie heißt er? Wie nennt ihr ihn und wie kontaktiert ihr ihn?“

„Ich weiß es nicht, Herr! Er kommt immer zu uns! Ich schwöre, ich habe keine Ahnung!“

Goh richtete sich auf und steckte das Wakizashi zurück in die Scheide. Er würde diesem Mann einfach das Genick brechen. Das war schnell und unblutig. Bedrohlich machte er einen Schritt auf den Mann zu, der immer noch auf seinem Stuhl saß.

Panisch schaute sich dieser nach einem Fluchtweg um. Goh streckte seine Hände nach ihm aus, als der Mann plötzlich die Kerze vom Tisch in Gohs Richtung schlug. Problemlos wehrte dieser die Kerze mit einem schnellen Schlag ab. Der verängstigte Mann jedoch nutzte diese Gelegenheit. Er sprang auf, rutschte über den Tisch und sprintete zur Tür.

„Du wirst mich niemals kriegen!“, rief er über seine Schulter.

Goh sah ihm ruhig nach, während er eine kleine Flamme an seinem Ärmel ausschlug, die die Kerze dort hinterlassen hatte. Der Mann erreichte breit grinsend die Tür, griff nach dem Ramen und versuchte sie ruckartig aufzuschieben – doch nichts passierte. Entgeistert drehte er sich wieder um und sah Goh mit weit aufgerissenen Augen an.

„Das war ein Fehler…“, flüsterte Goh.

„Nein! Nein Herr! Bitte nicht!“, flehte der Mann und ging dabei auf die Knie. Goh machte einen Schritt auf ihn zu, während seine rechte Hand unter seinem Umhang verschwand.

„Nein!!!“, wimmerte der Mann, drehte sich wieder um und rüttelte vergebens an der Tür.

Gohs Hand schoss wieder hervor. Eine Kette mit einem kleinen Gewicht daran flog durchs Zimmer und schloss sich um den Hals des Mannes. Würgend und keuchend umfasste er den kalten Stahl und versuchte, ihn von seiner Kehle zu entfernen. Ihm blieb die Luft weg, er gurgelte und wand sich. Langsam verschwamm der Raum um ihn herum. Sein eigener rasselnder Atem hörte sich an, als käme er aus weiter Ferne. Dann wurde es dunkel.

Nachdem der Mann aufgehört hatte sich zu bewegen, zog Goh die Kette mit einer eleganten Bewegung wieder zurück. Die Kerze lag auf dem Boden. Nicht mehr lange, und der Boden würde Feuer fangen und Gohs Spuren verwischen. Zufrieden mit seinen neuen Informationen machte sich Goh wieder auf in die laue Nacht.
 

„So gut habe ich schon lange nicht mehr geschlafen!“, Hideto erhob sich erholt und streckte sich. Zufrieden sah er sich in dem großen Raum um. Er war sehr komfortabel eingerichtet. Sein Futon war aus feinen Stoffen, der Tatamiboden war neu und trug keine Spuren von Abnutzung. Die Wände waren geziert von wunderschönen Gemälden die weite Landschaften darstellten, durch die sich Flüsse schlängelten oder über die Vögel hinweg flogen. Am anderen Ende des Zimmers lag Hotaru auf einem Futon, der mit rosanen Kirschblüten bestickt war. Als Hideto zu ihr hinüber sah, richtete sie sich auf und streckte sich ausgedehnt während sie herzzerreißend gähnte.

„Guten Morgen Hotaru-Chan!“, rief er zu ihr hinüber.

Offenbar hatte sich, der gute Schlaf positiv auf Hidetos Laune ausgewirkt, dachte Hotaru freudig als sie zurückrief: „Guten Morgen Hideto-Kun!“

Die Tür wurde aufgeschoben und Soji streckte vorsichtig seinen Kopf durch den Spalt.

„Komm ruhig rein, Soji-Chan! Wir sind wach.“, quietschte Hotaru vergnügt, „Du bist ja wirklich immer für eine Überraschung gut!“

Erst jetzt fiel ihr auf, dass der Junge mit gesenktem Kopf dastand und sein Gesicht rot leuchtete. Verwundert fragte sich Hotaru, was los war. In ihrer Ratlosigkeit sah sie hinüber zu Hideto.

Dieser konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, „Soji?“, rief er, der Junge sah ihn aus dem Augenwinkel an, „Schämst du dich, weil du glaubst, dass du Hotaru-Chan und mich bei irgendwas gestört hast?“

Hotaru stutzte, und dann begriff sie was Hideto meinte. Soji musste sie beide für ein Paar halten!

„Soji! Nein, keine Sorge! Hideto und ich sind nicht… du weißt schon!“, versuchte sie eilig zu erklären, „Wir reisen nur zusammen! Wir haben nicht …“

Gegenüber fiel Hideto fast vor lachen von der Liege, „Soji?“, brachte er halb erstickt hervor, „Denkst du wirklich ich würde mit so einer…?“, dann fing er wieder zu lachen an.

Als Hotaru diese Worte hörte, wurde sie sauer, obwohl sie selbst nicht sagen konnte, warum. Sie wollte doch genauso wenig mit Hideto zusammen sein wie er mit ihr. Doch trotzdem schmerzte es sie, diese Worte von ihm zu hören. In ihrer Wut sah sie sich um und erblickte einen Kaligraphiekasten auf einem Hocker neben ihrem Futon.

Hideto hing kopfüber von der Liege und war immer noch am Lachen, als er plötzlich einen Pinsel gegen die Stirn bekam. Verdutzt setzte er sich auf und sah Hotaru mürrisch an.

„Musste das sein?“, fragte er leise, doch da flog schon der Tintenstein knapp an seinem Kopf vorbei, „Jetzt ist aber gut.“, er schloss die Augen und merkte, wie er einen weiten Pinsel gegen die Schulter bekam.

„JETZT REICHTS!“, rief er und riss die Augen auf – gerade noch rechtzeitig um zu sehen, wie der Hocker auf ihn zugeflogen kam, ihn mitten im Gesicht traf und ihn wieder in die Horizontale schleuderte.

„Du kleine…“, Hideto erhob sich fluchend, doch plötzlich hielt ihn etwas auf. Soji stand mitten im Zimmer und lachte.

„Ähm… Soji?“, fragte Hotaru vorsichtig, „Ist alles okay?“

„Ihr seid wirklich witzig!“, entgegnete der Kleine, „Wie ein schlechtes Kabuki-Stück!“



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