Zum Inhalt der Seite

Das Blut an meinem Schwert

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ebenfall in der Provinz Kaga. Ein kleines Dorf in den Bergen im Nord-Osten.

Eine Woche zuvor.
 

Yoshimaru verbeugte sich vor seinem Lehrer, Akio-Sensei, der ihn seit seinem Kindesalter die Kampfkunst lehrte.

Yoshimarus Familie war an einem Fieber gestorben als er ein kleiner Junge war. Er war der einzige aus seinem Dorf, der diese Epidemie überlebt hatte. Allein war er Tage lang durch die Wälder der Umgebung geirrt und schließlich vor Hunger und Erschöpfung zusammengebrochen. Akio-Sensei hatte ihn beim Kräuter sammeln gefunden und mit ihn dieses abgelegene Dorf genommen. An seinen richtigen Namen konnte er sich nicht erinnern, deshalb hatte Akio ihn Yoshimaru genannt und um seinen Lebenswillen zu nähren, lehrte er ihn Onijutsu, eine von ihm selbst kreierte Kampfkunst für den Umgang mit Waffen aller Art: Katana, Wakizashi, Tanto, Bo, Naginata und den unbewaffneten Kampf.

Yoshimaru hatte sich schnell als begabter und eifriger Schüler erwiesen. Bereits in jungen Jahren war er seinem Meister ebenbürtig und besiegte diesen im Zweikampf. Von diesem Zeitpunkt an, erweiterte Yoshimaru diese Kampfkunst und personalisierte sie mit seinem ganz eigenen Kampfstil.

Yoshimaru war etwa zwanzig Jahre alt, genau wusste das niemand, denn als man ihn fand, konnte er sich nicht an sein genaues Alter erinnern. Doch dies war nun schon fünfzehn Jahre her und der untergewichtige Junge wurde zu einem durchtrainierten Mann mit makellosen Manieren und von schönem Äußeren. Akio-Sensei war bereits sechzig Jahre alt und hatte kaum noch Haare auf dem Kopf. Doch seine straffen, gutmütigen Gesichtszüge ließen ihn jünger erscheinen.

„Domo Arigato – Danke für das Training, Akio-Sensei.“, sagte Yoshimaru. Er war kaum außer Atem, doch der alte Mann war nicht mehr so fit wie früher und Yoshimaru wusste, wann er einen Kampf beenden musste, um seinen Meister zu schonen.

Akio-Sensei verbeugte sich vor ihm, bedankte sich ebenfalls und ging dann in das kleine Bauernhaus, das die beiden bewohnten. Yoshimaru machte sich auf den Weg zu den Reisfeldern. Dort half er oft den Frauen bei ihrer Arbeit, was ihn in diesem Dorf von etwa einhundert Seelen sehr beliebt gemacht hatte.

Doch am liebsten half er Yuuka bei ihrer Arbeit auf den Feldern. Die beiden kannten sich schon seit ihrer frühen Kindheit und es war ein offenes Geheimnis, dass sie sich sehr gern hatten.

Er eilte an einigen Feldern vorüber, während Frauen von ihrer Arbeit aufblickten und ihn grüßten. Doch er hatte nur Yuuka im Kopf. Als er sie erblickte hob sie ihr hübsches Gesicht und lächelt ihm entgegen. Ihr wunderschönes Gesicht strahlte unter dem breiten Strohhut. Yoshimaru umarmte sie kurz, dann beugte er sich hinunter um ihr bei der Arbeit zu helfen.

„Wann wirst du dich endlich trauen, Yoshi-san?“, fragte Yuuka mit einem Unterton in ihrer Stimme, der Yoshimaru verriet, dass sie ihn ärgern wollte.

„Was soll ich mich denn trauen?“, entgegnete er belustigt.

„Natürlich meine Eltern zu fragen, ob du mich zu deiner Frau nehmen darfst.“, sagte sie nun etwas ernster, „Du weißt, sie würden ‚ja’ sagen.“

„Ich werde es bald tun, Yuuka-Chan.“, antwortete Yoshimaru nervös. Er hatte sie wirklich gern, er liebte sie, doch hatte er es nie fertig gebracht, sie zu heiraten. Aus irgendeinem Grund, traute er sich nicht, obwohl er sich sicher war, dass ihm die Heirat gestattet würde.

„Das sagst du jedes Mal.“, sagte Yuuka mürrisch und schaute Yoshimaru mit einem Schmollmund an, den er so süß fand, dass er sich ein flüchtiges Lächeln nicht verkneifen konnte.

„Und du nimmst mich nicht ernst!“, beschwerte sich Yuuka.

Gerade als Yoshimaru seine Reaktion bereute und spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht schoss, find Yuuka an zu lachen. Sie beugte sich in das Knöcheltiefe Wasser des Feldes und bespritzte Yoshimaru mit dem kühlen Nass.

Dieser tat es ihr sofort nach und die beiden lachten so laut, dass sich alle anderen Leute, die auf dem Feld arbeiteten, nach ihnen umsahen.

„Möglicher Weise sollten wir lieber weiterarbeiten.“, gackerte Yuuka.

Yoshimaru nickte ihr lächelnd zu und machte sich wieder an die Arbeit.
 

Als die Sonne unterging machten sich die Frauen mit ihren Körben voll Reispflanzen auf den Weg ins Dorf. Auch Yuuka war bereit zu gehen, doch Yoshimarus Korb war noch längst nicht voll, da er ja viel später angefangen hatte, zu pflücken.

„Geh schon mal vor, Yuuka-Chan.“, sagte er erschöpft, „Ich komme gleich nach.“

„In Ordnung, bis gleich Yoshi-San. Komm mich noch besuchen, ja?“, antwortete sie. Die beiden trafen sich oft am Abend und aßen und tranken zusammen oder gingen im Mondschein spazieren.

„Natürlich, Liebste.“, entgegnete Yoshimaru und sah Yuuka noch hinterher, bis ihre Silhouette in der ausziehenden Dunkelheit verschwand. Eilig las er noch weitere Pflanzen auf. Es dauerte noch eine ganze Weile, bis sein Korb voll sein wollte, als er sich aufrichtete und streckte. Diese Arbeit war ganz schön anstrengend für den Rücken.

Plötzlich stieg ihn ein seltsamer Geruch in die Nase. Rauch!

Er schaute in Richtung des Dorfes und sah einen orangenen Punkt in der Ferne. Ohne weiter nachzudenken eilte er los. Er rannte über den Weg, der zwischen den Feldern herführte, über eine kleine Brücke, die über einen Bach verlief. Umso näher er dem Dorf kam, desto stärker wurde der Gestank. Schweiß brach ihm aus als er an Yuuka dachte. Hoffentlich war ihr nichts passiert.

Er durchquerte noch ein kleines Waldstück und dann erreichte er das Dorf. Doch der Anblick ließ ihn versteinern. Alle Häuser standen in Flammen, auf den Wegen lagen Leichen von Männern, Frauen und Kindern. Yoshimaru hetzte zu Akio-Senseis Haus. Auch dieses Gebäude brannte lichterloh. Nichtsdestotrotz trat er die Tür ein und stürmte ins Innere. Sofort erblickte er seinen Meister, der reglos am Boden lag. Yoshimaru hievte ihn auf seine Schulter und trug ihn ins Freie. Er legte den alten Mann auf den Boden und sah in sein Gesicht. Langsam öffnete Akio seine Augen, doch sie blickten in eine unwirkliche Ferne.

„Yoshi…maru…“, keuchte er, seine Stimme verstarb zu einem gequälten Flüstern.

„Sensei, ich bin hier. Ihr seid in Sicherheit.“, entgegnete Yoshimaru schnell.

Akios ernste Gesichtszüge formten ein freudiges Lächeln.

„Alles wird wieder gut, Meister! Haltet durch!“, flehte Yoshimaru, doch seine Bitte wurde nicht erhört. Akio-Sensei hustete trocken, und hörte dann auf zu atmen.

Tränen rannen über Yoshimarus Gesicht, als er die Augen seines Meisters für immer schloss. Doch sofort galt sein Gedanke Yuuka. Er legte Akios Leichnam an den Wegesrand und eilte zu dem Haus, in dem Yuuka mit ihren Eltern wohnte.

Doch so weit musste er gar nicht gehen. Auf halbem Weg entdeckte er einige Leichen, die geflochtene Weidenkörbe auf dem Rücken trugen.

Er musste nur einmal seinen Blick über die Körper schweifen lassen, da entdeckte er schon Yuuka. Geschwind sprang er zu ihr hinüber und fiel neben ihr auf die Knie. Er drehte sie um, so dass er ihr Gesicht sehen konnte. Sie war genau so hübsch, wie zuvor. Doch Blut rann aus ihrem Mundwinkel. Yoshimaru konnte sich nicht länger bändigen und ließ seiner Trauer freien Lauf. Tränen liefen über seine Wangen und fiel auf Yuuka herab. Sein Herz fühlte sich an, als würde es zerspringen, als er über ihre sanfte Wange strich.

Doch plötzlich hörte er ein Geräusch hinter sich.

„Da ist noch einer. Tötet ihn und kommt dann nach.“, sagte eine Stimme in herrischem Tonfall. Dieser Mann musste ihr Anführer sein. Er musste für all das hier verantwortlich sein. Doch als sich Yoshimaru aufrichtete und umdrehte, ritt der Mann bereits auf einem großen schwarzen Pferd davon. Zwei Männer standen ihm gegenüber. Samurai in voller Rüstung, die auf ihren Wappenröcken eine goldene Libelle trugen. Das Zeichen des Fürsten Niu, der über diese Provinz herrschte.

Die beiden zogen ihre Schwerter und liefen auf Yoshimaru zu. Doch dieser stand nur regungslos da. Als der eine Krieger ausholte um ihr zu enthaupten, duckte sich Yoshimaru knapp unter der Klinge hindurch und rammte dem Mann eine kleine Sichel in den Hals, die er aufgehoben hatte, bevor er sich erhoben hatte.

Noch während der Samurai gluckernd zu Boden fiel, ergriff Yoshimaru das Katana des Mannes, entwand es seinem Griff, und ging auf den zweiten Angreifer los. Er täuschte einen Hieb von rechts an, den der Samurai abblocken wollte. Doch in letztem Moment zog Yoshimaru sein Schwert zurück, vollführte eine tollkühne Drehung und stand somit hinter seinem Gegner. Das Schwert hatte er bei der Drehung rotieren lassen, und hielt es nun mit der Klinge nach unten. Er hob seine Arme und stieß mit dem Schwert zu. Die Klinge ging knapp an seiner Taille vorbei und durchbohrte den Rücken seines Gegners, der daraufhin leblos zu Boden ging.

Yoshimaru ließ das Katana fallen und regte sich nicht.
 

Am nächsten Morgen ging eine blutrote Sonne am Horizont auf. Yoshimaru hatte die Leichen der Leute aus dem Dorf beerdigt und ihnen eine kurze Andacht gehalten. Die Körper der beiden Samurai hatte er verbrannt. Nur ein Stück eines Wappenrocks, die goldene Libelle, hatte er aufgehoben und in seinen Kimono gesteckt.

Er stand vor Yuukas Grab und hielt eine blühende Blume in der Hand.

„Ich werde deinen Tod rächen, Yuuka-Chan. Das schwöre ich bei meinem Leben.“, er lies die Blume auf das Grab fallen, „Und dann werde ich wiederkommen, und dir ins Jenseits folgen.“

Eine letzte Träne rann über seine Wange als er sich umdrehte und Yuukas breiten Strohhut aufsetzte. Er trug die Schwerter seines Meisters, da er nie selbst welche besessen hatte.

Dann machte er sich auf den Weg, die Mörder seines Senseis und seiner Geliebten zu finden. Und dank dem Stück Stoff, was er den Angreifern abgenommen hatte, wusste er auch genau, wo er anfangen musste, zu suchen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück