Eine kleine Wette bringt hohe Gewinne
Einen Fehler mach ich gern,
bringt er mich zu dir,
vielleicht erscheint dann ein Stern,
bringt er dich zu mir...
Ruffy saß mit baumelnden Beinen in der Tür des Krähennests der Sunny und starrte zu den wenigen Sternen empor, die es durch die dichte Wolkendecke geschafft hatten. Wie wäre es wenn man da oben wäre? Jede Nacht stellte er sich die gleiche Frage, aber sie blieb unbeantwortet. Ein Seufzer entfloh seiner Kehle und er zog seinen Strohhut tiefer ins Gesicht. Wen würde er alles treffen? Würde er dann all die Leute sehen, die durch ihn gestorben waren? Bei diesem Gedanken erschauderte er, obwohl er sich im Grunde nicht sicher war, ob durch seine Hände einige Menschen nicht eher ins Krankenhaus als aufs Totenbett geschickt worden waren. Würde er da oben auch besondere Menschen wiedersehen? Menschen, die ihm die Welt bedeutet hatten? Sabo, Ace und sogar Whitebeard? Ein dicker Kloß formte sich in seinem Hals und er versuchte ihn runterzuschlucken. Seinen Kopf über seine negativen Gedanken schüttelnd lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Wie wäre es da oben?
Könnte ich einen Wunsch äußern?
Könnte ich endlich darüber reden?
Dürfte ich dir diese Worte flüstern?
Die mich täglich durch die Welt bewegen?
Seine Gedankengänge wurden unterbrochen als er jemanden die Leiter hochklettern hörte. Davon abgesehen, dass er sie mit seinem Haki schon sehr früh bemerkt hatte. Es dauerte nicht lange und ein oranger Haarschopf lugte über die Kante. Eine grummelnde Nami kam mit einem Korb unterm Arm zu ihm hochgeklettert.
„Musstest du dir gerade so ein schwer erreichbares Plätzchen aussuchen?“, murrte sie, woraufhin Ruffy nur breit grinste und mit ihr ins gemütliche Krähennest ging, die Tür hinter sich zuziehend.
Trotz der im Tag hohen Temperatur wurde es in der Nacht schnell recht kühl weswegen sie auch an eine Decke gedacht hatte. Die Neue Welt war nun mal kein Kindergeburtstag und man musste wirklich auf alles vorbereitet sein.
Ohne ein Wort wickelte sie die Decke um seine Schultern, darauf bedacht sein immer noch breites Grinsen weitgehend zu ignorieren.
„Es wird heute Abend Schnee geben wenn ich richtig liege. Bleib also lieber in der Decke. Nachher haben wir sonst noch einen hyperaktiven Käpt’n an Bord der über Schnupfen klagt.“
Ruffy lachte nur.
„Obwohl du ja bis jetzt die Einzige warst, die es schwer erwischt hatte.“
Nami hätte gerne gekontert aber der leichte Rotschimmer auf ihren Wangen ließ sie ihren Kopf wegdrehen. Der Trottel wusste aber auch immer was er nicht sagen sollte. Alleine bei dem Wort ‚erwischt‘ lief ihr Gesicht rot an. Gut, es könnte auch sein, dass es im Grunde allein ihr Problem war…. Was dachte sie da, natürlich war es nur ihr Problem! Immer noch…
„Ja erwischt...“, murmelte sie nachdenklich, während sie sich in die Sofakissen kuschelte. Der Rotschimmer war immer noch präsent und obwohl sie hoffte, ihr Kapitän wäre so unaufmerksam wie immer, hatte das Schicksal wohl anderes für sie geplant. Ruffy sah sie besorgt an und legte ihr eine Hand auf die Stirn.
„Bist du jetzt etwa schon wieder krank? Fühlst du dich wohl oder sollen wir zu Chopper? Dein Gesicht hat auf einmal weitaus mehr Farbe bekommen.“
Nami lachte. Obwohl seine Worte so besorgt klangen und es sie im Grunde rührte, änderte es nichts daran, dass sie ein wenig betrübt durch seine Aussage war. Er war einfach ein Kindskopf.
Meinst du wir könnten da hoch fliegen?
Wären wir da allein?
Könnten wir dann endlich über diese ständige Einsamkeit siegen?
Oder muss die wirklich sein?
Ruffy beugte sich zu ihr.
„Ist wirklich alles in Ordnung?“
Sie schätze seine Besorgnis sehr, aber musste er ihr so nahe kommen? Das machte es nun auch nicht besser. Nein eher im Gegenteil, denn sie wurde durch seine Nähe noch röter im Gesicht. Verstand er denn nicht was er in ihr auslöste? Sie wollte ihn gerade zusammenschnauzen um noch einen Rest Würde bewahren zu können, als sie ihm die wirklich besorgten Augen schaute.
Weshalb war sie nochmal auf die Schnappsidee ihm Gesellschaft zu leisten gekommen? Ach ja, Robin hatte sie überredet und das nur mit einem einfachen Satz.
„Wenn du gehst und es eine Stunde da aushältst kriegst du 150 Berry.“ Sofort hatte sie ihre Sachen gepackt und war rausgestürmt. Zurück ließ sie eine grinsende Robin, die sich in aller Ruhe wieder ihrem Buch zuwenden konnte. Jetzt saß sie hier in dieser, sagen wir mal unangenehmen, Lage und der einzige Gedanke, der sie nach wie vor beschäftigte war die Angst sich vor ihm zu verplappern. Denn seien wir ehrlich, ihr rutschten im Affekt immer mal die schlimmsten Aussagen aus. Was wenn sie ihm in ihrer Angst noch ein Geständnis an den Kopf werfen würde? Das wäre der Horror! Innerlich heulte Nami los, das war doch wirklich eine bescheuerte Lage. Robin würde das Ganze hier bitter bereuen!
Glaubst du ich halte es hier bei dir aus?
Nur wenige Minuten?
Lasse bald meine ganzen Tränen raus,
große salzige Tränenfluten...
Ruffy war nun nicht mehr nur besorgt sondern auch verwirrt. Was hatte sie denn? Wieso sah sie plötzlich so wütend aus? Hatte er etwas falsch gemacht? Der wusste was dieses Gesicht meistens bedeutete und sein Kopf schmerzte bereits nur beim Gedanken an eine Kopfnuss. Etwas eingeschüchtert, wich er zurück, was Nami aus ihrer Gedankenwelt riss.
„Hm?“
Ruffy hatte die Hände schützend über seinen Kopf sowie seinen Strohhut gelegt, während er sie nun misstrauisch beäugte. Was war denn nun, fragten sich nun beide.
„Was ist denn los Ruffy?“
„Du hast gerade richtig wütend ausgesehen. Hab ich was falsch gemacht?“, fragte er kleinlaut und duckte sich schon Mal. Trotz dieser 2 Jahre, in denen sie sich beide nicht gesehen hatten, war er immer noch derselbe. Damals war er oft der Grund für ihre Wut gewesen und er bereitete sich auf alles vor, naja auf fast alles, denn was dann geschah, hatte er wirklich nicht erwartet. Nami lachte und wuschelte ihm einmal durch die kurzen schwarzen Haare.
„Idiot.“
Ruffy verstand die Welt nicht mehr. Was war denn nun in sie gefahren?
Liege in deinen Armen,
höre deinen Herzschlag,
hab doch Erbarmen,
sich umarmen an so einem Tag...
Plötzlich erhaschte sie eine Bewegung aus dem Augenwinkel. Sich umdrehend, stahl sich ein Lächeln über ihre Lippen. Sie hatte wieder Recht behalten. Ruffy folgte ihrem Blick und grinste breit. Wenn der Schnee liegen bleiben würde, würde er am nächsten Morgen ein weiteres Mal gegen Lysopp in einem Wettbewerb, der schönsten Schneefigur, antreten.
„Schön nicht? Meinen Berechnungen zufolge wird es morgen auch noch schneien. Hätte ich jetzt mein Messgerät dabei, könnte ich dir sogar genau sagen wann es aufhören wird.“
Ruffys Blick haftete vorerst an ihr, bevor er sich wieder den fallenden Eiskristallen zuwandte. Er wusste, dass sie auf einer Wetterinsel trainiert hatte und noch eine weitaus bessere Navigatorin war als vorher. Mit ihr würden sie auf jeden Fall gut und sicher durch die verschiedenen Wetter und Stürme der neuen Welt segeln. Ein Funken Stolz bildete sich in seiner Brust. Er hatte ein wahnsinniges Glück sie an seiner Seite zu haben.
„Du hast dich in den 2 Jahren verändert.“
Nami wendete sich ihm mit Verwirrung in den Augen wieder zu. An sich herunterschauend, konnte sie darauf schließen, dass er ihr Aussehen meinte. Nun gut, ihre Figur war von der dicken Jacke, Hose und Stiefel verdeckt aber die langen orangen Haare lugten trotzdem unter ihrer roten Mütze hervor.
„Ich wollte meine Haare wieder wachsen las…“
„Ich meinte nicht deine Haare.“
Nami spürte wie sie wieder rot wurde. Genervt, mehr über sich selbst als über ihn, drehte sie sich weg und verschränkte die Arme vor der Brust. Ein klares Zeichen, dass sie verärgert war. Doch bevor sie weiter schmollen konnte, spürte sie plötzlich einen Arm um ihre Schulter. Verwirrt sah sie in Ruffy Gesicht. Sein typisches Grinsen strahlte ihr entgegen.
„Was...?“
Ihre Stimme war nur ein Flüstern. Ruffy lehnte sich zurück und blickte zu den gegenüberliegenden Fenstern des Krähennests.
„Ein weiteres Mal eine kranke Navigatorin? Ich wärme dich, damit du nicht mehr krank wirst.“
„D-danke..“, flüsterte sie leise. Sie hatte eigentlich nicht vorgehabt klein bei zu geben aber wann würde sie eine solche Chance wohl wieder bekommen? Sich an ihn lehnend schaute sie aus dem Augenwinkel zu ihm hoch. An was dachte er wohl gerade?
Momente zogen an ihr vorbei. Arlongs Park, die Insel Drum, Skypia, Enies Lobby, Thriller Bark, das Archipel, der Krieg, Ace Tod, die langen 2 Jahre... Bevor ihm klar war was er sagte, hatten die Worte seine Lippen bereits verlassen.
„Ich lasse dich nicht mehr los.“
Ganz von allein kamen die Worte. Nami schwieg. Die Überraschung deutlich in ihr Gesicht geschrieben.
Ich lehne gerne an deiner Brust,
Schnee fällt auf uns nieder,
in mir staut sich der ganze Frust,
Schock über dein Handeln fährt in meine Glieder...
„Ich nehm dich beim Wort Herr Kapitän.“
Ruffy lächelte nur. Keine weiteren Worte waren mehr nötig. Obwohl Nami wusste, dass ihr Gesicht mittlerweile eine ziemlich ungesunde Farbe haben musste, so verdrängte sie den Gedanken einfach und schenkte ihm eins ihrer typischen Lächeln.
Weißt du wie schön deine Augen strahlen?
Weißt du wie gut du riechst?
Weißt du ich würde dir gerne durch die Haare fahren,
bis ein Kuss den Bann hier bricht...
Sie hätte ihn gerne geküsst. Jede Faser ihres Körpers drängte sie endlich diesen Wunsch zu erfüllen, aber ein Blick in sein grinsendes Gesicht zeigte ihr, dass es dafür noch zu früh war. Sie schloss ihre Augen und atmete seinen Geruch ein. Er roch nicht nach Orangen, dem Duft ihrer Heimat, und doch verband sie das Wörtchen Zuhause mit ihm. Sein Arm zog sie näher an sich und während er die Decke langsam über beide legte und wieder zu den wenigen Sternen empor sah, wusste er, dass er seine Brüder irgendwann wiedersehen würde. Aber es würde warten müssen, denn hier wurde er gebraucht.
Als Diebin hätt ich ihn dir gerne gestohlen,
diesen einen Kuss,
aber das werden wir nachholen,
da ich es dir irgendwann sagen muss.
