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La Tua Cantante

Alice schickt Edward ohne Grund nach Volterra. Dort trifft er Bella, die Teil von Heidis (ein Vampir aus Aros Garde) Reisegruppe ist. Plötzlich muss er eine Entschidung treffen, die sein ganzes Leben verändern kann... EPOV
von

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Philosophie der Wenigen

Gary Barlow - Forever Love

http://de.youtube.com/watch?v=2faugTmImQI
 

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Ich hatte keine Ahnung, wie lange wir so verharrten. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich jegliche Relation zur Zeit verloren. Nicht dass es mir etwas ausmachte. Ganz im Gegenteil.

Mit Bella bei mir kam mir die Unendlichkeit fast wie ein Geschenk vor und nicht wie ein Fluch.

Und sie schien genauso zu fühlen wie ich.

“Wie?” wollte ich wissen, noch völlig außer Atem. Dabei war es doch eigentlich gar nicht nötig, zu atmen. Und dennoch war es die alte Angewohnheit, die von unserem Leben als Mensch übrig gewesen war. “Wie hast du das geschafft? Wie konntest du dich auf einmal selbst so beruhigen?”

“Ich weiß nicht”, hauchte sie, meinem Gesicht immer noch so nah, sodass ich jede Facette ihrer makellosen, reinen Haut erkennen konnte. Ihre karmesinroten Augen, die jeden Millimeter meines Gesichts erkundeten, ihre kleine Nase, die meine wie einen Lufthauch streifte, ihre vollen, geschwungenen Lippen, die sich zu einem atemberaubend schönen Lächeln verzogen und deren Rot so magisch leuchtete, dass ich mich allein darin hätte verlieren können.

Meine Hände waren eng um sie geschlungen, kein einziger Muskel dachte daran, sich zu lockern und sie je wieder preiszugeben. Genauso hatte sie mich in ihrer Gewalt. Ihre Finger bewegten sich kaum merklich zwischen meinen Haaren und dennoch verriet mir ihr Druck, dass sie nicht loslassen würde.

“Du hast mich verwandelt, nicht wahr?” meinte sie. “Vielleicht ist dadurch so etwas wie eine Verbindung entstanden. Und als ich dich dann gesehen habe… Auch wenn es mir schwer fällt, mich an etwas zu erinnern. Dein Gesicht ist so klar wie ein Kristall… Nur dass mir die Emotionen tausendmal stärker vorkommen, die ich damit verbinde…”

Mein Mundwinkel zuckte ungewöhnlich weit nach oben bei ihren Worten. Innerlich warfen sie mich völlig aus der Bahn. Sie bestätigten das, was ich gehofft hatte. Das, was mich davon überzeugen würde, eventuell doch eine Seele zu besitzen - oder jedenfalls meine nicht vorhandene mit Bella zu ersetzen - und sie als eine Art Geschenk zu betrachten. Ein Geschenk, ohne das ich nicht leben könnte. Mit dem ich die Unendlichkeit verbringen würde.

Wie aus heiterem Himmel verkrampfte sie sich plötzlich und umklammerte meinen Nacken mit all ihrer neugeborenen Kraft, die mich beinahe dazu verleitete, vor Schmerz aufzustöhnen.

“Halt mich auf”, flüsterte sie mit flehender, verzweifelter Stimme in mein Ohr.

Schon in der nächsten Sekunde wusste ich, worauf sie anspielte und wütend grollte es in meiner Brust, als ich meine Umarmung so stark wie möglich festigte.

“Carlisle, hilf mir”, sagte ich leise, wohl wissend, er würde es hören.

Aro und die anderen hatten sich über die Kinder hergemacht. Bella konnte das Blut, dass nicht mehr nur in Venen floss riechen, genauso wie ich. Jetzt, da es sich offen in einem Raum befand und der Geruch sich noch stärker verbreitete, konnten wir ihn auch intensiver wahrnehmen. Vor allem Bella.

Ich spürte ihren inneren Kampf, sich nicht von mir zu reißen und der Spur zu folgen. Ein kleines Knurren war bereits zu hören und ihr Kopf drehte sich gequält an meiner Schulter.

“Kämpf dagegen an”, flüsterte ich ihr zu, in der Hoffnung, sie würde meine Stimme noch erkennen. Zu meinem Glück war mein Vater jetzt bereits da und sah mich erst fragend an, ehe er von ganz allein darauf kam, was er zutun hatte. Er kniete sich hinter Bella und legte seine Arme um uns, so fest er konnte.

Was ist los?

“Aro”, erklärte ich, mich ständig darauf konzentrierend, nicht die Kontrolle zu verlieren, während Bella bereits gegen uns ankämpfte. “Er will sie zu sich locken. Er weiß ganz genau, wie Neugeborene auf offene Wunden reagieren, deshalb hat er die Kinder einfach blutend liegen gelassen.”

Carlisle starrte mich fassungslos an. Die paar Millisekunden waren jedoch zu lange und Bella nutzte die kurze Unterbrechung unseres Widerstands aus. Ich schrie kurz auf, als sie mir in die Schulter biss und sich dann aus Carlisles Griff befreite, um aus dem Zimmer zu hetzen.

“Verdammt!” fluchte ich und war ihr bereits auf den Fersen, gefolgt von meinem Vater.

Wir passierten den Flur, die kleine, dunkle Kammer vor dem Turmzimmer und letztendlich den Raum dahinter selbst. Aro saß in einem der hohen Stühle, neben ihm Jane, Demetri und Felix. Alle drei betrachteten die Kinder, die sich in der Mitte vor Schmerzen wanden, und hätten sich am liebsten selbst auf sie gestürzt - Aro kümmerte es wenig.

Das Gift musste bereits in ihren Blutbahnen sein und ihre Schreie erfüllten jede Ecke. Obwohl meine Kehle sich unangenehm zusammenzog und anfing leicht zu kratzen, als ich selbst das Blut roch, setzte ich meine Prioritäten so, dass das Aufhalten von Bella an vorderster Stelle stand.

Glücklicherweise war ich immer noch der schnellste unter uns und so konnte ich mich auf sie werfen, ehe sie diese mitleidigen, schwachen Kreaturen erreichte.

In letzter Sekunde erkannte sie die Gefahr, die von mir ausging und drehte sich zu mir, um mich abzuwehren, doch vergebens. Ich hatte bereits ihre Gelenke gefasst und sie zu Boden gedrückt, wobei sie immer wieder nach mir schnappte und zornig knurrte.

Ein unangenehmes Ziehen entstand in meiner Brust, als ich sie so unter mir sah, wie sie gegen mich ankämpfte, während ich mich ihr mit aller Gewalt in den Weg stellte. Sie war die Letzte, der ich so etwas antun wollte. Und wenn ich ihr schon das Schicksal eines Vampires aufbürden musste, so würde ich doch nicht zulassen, dass sie etwas tat, das sie hinterher bereute.

Ich konnte ihr ansehen, dass sie selbst litt, weil sie ihrem Instinkt folgen musste. Er war einfach noch zu stark, als dass sie so einfach die Oberhand über ihn erlangen könnte.

“Bella, versuch es zu kontrollieren”, flehte ich, obwohl ich selbst wusste, dass das unmöglich war. Das erste Jahr eines Neugeborenen war schwierig und selbst danach hatte man es noch schwer, unter Menschen zu wandeln, ohne eine Gefahr darzustellen. Wie konnte ich da von ihr verlangen, sich bereits nach ein paar Stunden zu beherrschen?

Carlisle war jetzt ebenfalls da und half mir, sie festzuhalten, während er sein Gesicht zu Aro gedreht hatte, der über die Situation belustigt schmunzelte. Wäre ich nicht mit Bella beschäftigt gewesen, wäre ich ihm ins Gesicht gesprungen.

“Aro, was soll das?” hörte ich meinen Vater aufgebracht. Normalerweise war er die Ruhe selbst und nur selten ließ er sich von seinen Gefühlen leiten.

“Carlisle. Mein alter Freund. Warum tut ihr dem armen Mädchen so etwas an? Blut zu trinken gehört zu unserer Natur und wenn sie sich so sehr danach sehnt, dann gewährt ihr doch diesen Wunsch. Einen Neugeborenen so leiden zu lassen, ist wirklich grausam, findest du nicht?”

Ich knurrte warnend auf. Am liebsten hätte ich ihn in der Luft zerrissen, als ich seine zuckersüß gesäuselten Worte hörte. Wir würden Bella leiden lassen? Gerade das versuchten wir doch zu verhindern. Sie würde sich so viel mehr Vorwürfe machen, wenn sie die Kinder anfiel.

“Verdammt, schaff sie hier weg, Aro. Bereite diesen armen Geschöpfen ein schnelles Ende, aber lass sie ihre letzten Stunden nicht so ängstlich und gequält verbringen”, sagte Carlisle eindringlich und so leise, dass nur Vampire es hören konnten. Ich sah ihm an, wie sehr es ihn schmerzte, sowohl diese Menschen als auch Bella so leiden zu sehen. Wie gern er ihnen geholfen hätte und doch musste er sich entscheiden. Entweder die Kinder oder… meine Gefährtin.

“Aber, aber. Das ist mein Geschenk an unsere liebe Bella. Für ihre Neugeburt. Willst du es etwa ablehnen? Ich glaube nicht, dass sie das genauso sieht”, sagte Aro ruhig und freundlich, und mit einem Lächeln, das wenn es denn möglich wäre, mir eine Gänsehaut verpassen würde. “Warum lässt du die Empfängerin nicht selbst entscheiden?”

Eine minimale Fingerbewegung und die beiden Wachen neben ihm kamen auf uns zu, um uns von Bella wegzureißen, die immer wieder knurrte und sich unter mir wand.

Felix lächelte und Demetri grinste hinterhältig. Allein die Vorstellung, er würde Bella berühren, vielleicht auch nur minimal streifen, brachte mich fast zum Rasen. Wenn ich denn nicht damit beschäftigt gewesen wäre, sie festzuhalten. Für einen winzigen Augenblick jedoch genoss ich die Vorstellung, sie würde sich auf ihn stürzen und ihn überwältigen. Doch bereits in der nächsten Sekunde verblasste dieser Gedanke. Demetri hatte einfach zuviel Erfahrung mit Neugeborenen, als dass sie ihm hätte überlegen sein können. Wenn ich sie schon festhalten konnte - mit Carlisles Hilfe -, dann würde er erstrecht eine Chance haben.

Und in genau diesem Moment wusste ich, dass es doch noch einen Ausweg gab. Denn wenngleich ich mich fragte, wie sie so waghalsig sein konnten und hierher kamen, hatte ich das Gefühl, dass Alice und Emmett uns helfen würden. Auch wenn ich Alice’ genaue Gedanken nicht hören konnte, weil sie diese mal wieder vor mir geheim hielt.

Sogar Rosalie war in Volterra, wenn auch nicht in diesem Gebäude.

Beide standen gerade vor dem Empfangstresen. Jeder zwei große, schwarze Koffer in der Hand. Sie mussten eine spezielle Beschichtung haben, denn obwohl Vampire die verschiedensten Materialien anhand des Geruchs erkennen konnten, so war mir das in diesem Fall nicht möglich. Der Inhalt blieb mir verborgen.

Ich hoffte, das Alice’ Plan - ich musste einfach davon ausgehen, dass es einen gab - aufgehen würde.

Keine Angst, Edward. Wir werden Bella mitnehmen. Bis jetzt hat deine Schwester schließlich alles geschafft, was sie sich in den Kopf gesetzt hat, oder? Selbst in ihrem Kopf konnte ich ihr breites, überzeugtes Lächeln sehen, das mich sogar irgendwie beruhigte.

Im nächsten Moment hielten Demetri und Felix inne, kurz bevor sie uns erreicht hatten. Aro wandte seinen Blick von uns ab und richtete ihn auf den Eingang. Er wusste bereits, wer zu Besuch kam und freute sich darauf. Auch ohne dass er die beiden je zuvor gesehen hatte, wusste er doch anhand meiner Gedanken, wie sie rochen.

“Ah, sie sind da”, bemerkte er freudig und stützte seine Wange auf seine Faust. “Ich bin wirklich gespannt, warum sie hier sind. Lasst sie hinein.” Ein junger Vampir, der sich im Zwischenraum befand, ging zurück zum Tresen, um meine Geschwister zu uns zu bringen.

Bellas Kopf regte sich ebenfalls in Richtung Eingang, doch wieso war ihr das überhaupt möglich? Sie war mitten im Blutrausch und konnte dennoch Veränderungen in ihrer Umgebung wahrnehmen?

Allerdings hatten wir jetzt noch mehr zutun, als vorher. Sie wehrte sich energischer und heftiger, schlug wilder um sich und schnappte immer wieder nach Carlisles und meinen Händen, oder unseren Gesichtern.

Was ist mit ihr los? Meinem Vater schien die Veränderung ebenfalls aufgefallen zu sein. Ich schüttelte nur meinen Kopf, während ich damit zutun hatte, nicht mein Gleichgewicht zu verlieren, als sie ihren Körper immer wieder in die Höhe bäumte.

Ich kämpfte schon mit aller Kraft gegen ihre Attacken an, doch ich wollte nicht versuchen, noch mehr zu mobilisieren. Ich konnte das einfach nicht.

Edward…

Auch ohne dass ich mich umdrehen musste, wusste ich, dass die beiden nun ebenfalls im Turmzimmer waren, ihre Körperhaltung ein wenig angespannt bei dem Geruch des Menschenblutes.

Sie lächelten, wobei Emmett etwas unschlüssig wirkte.

Ich weiß zwar nicht, warum gerade ich mitkommen sollte, aber wenn ich dir bei dem, was du da machst, helfen kann, dann hab ich nichts dagegen. Ein bisschen Action ist immer gut…

Er dachte daran, mit Bella zu kämpfen. Ich musste den Drang, ihn anzuknurren, unterdrücken. Meine Schwester hatte niemandem etwas genaues gesagt - und ich dankte ihr innerlich, dass sie vorher ausgiebig jagen waren -, wie konnte er da wissen, wen wir versuchten aufzuhalten? Wer da unter mir lag?

Warum sind die beiden hier? wollte Carlisle wissen und betrachtete mich mit gerunzelter Stirn.

“Keine Ahnung”, flüsterte ich ihm so leise zu, dass nur er es verstehen konnte. Auch wenn ich vermutete, dass sich mehr hinter ihrem Besuch verbarg, als es den Anschein hatte. Doch ein weiteres Wort konnte ich nicht wagen, ohne eventuelle ungewollte Mithörer zu haben.

“Alice, Emmett”, begrüßte Aro sie freundschaftlich und breitete seine Arme aus, als träfe er zwei alte Bekannte. “Ich habe schon soviel von euch gehört. Es freut mich, euch einmal persönlich treffen zu können. Doch was genau führt euch hierher? Wollt ihr ebenfalls Bellas Weihe beiwohnen? Leider sträubt sich euer Bruder dagegen, ihr Verlangen zu stillen.”

Sie erwiderten nichts, sondern bedachten ihn nur mit einem misstrauischen Blick.

Ich kenne diesen Typen zwar nicht, aber er geht mir jetzt schon gewaltig auf die Nerven.

Einmal mehr dankte ich Emmett dafür, dass wir in dieser Hinsicht gleich dachten. Genau wie er würde ich meinen Groll in diesem Augenblick gerne an Aro auslassen.

“Oh, wir sind gekommen, um es Bella etwas leichter zu machen”, meinte Alice fröhlich, vielleicht sogar ein klein wenig arrogant. Und natürlich kannte sie ihren Namen schon.

Aro schob die Augenbrauen skeptisch zusammen, ehe sich seine Miene wieder entspannte. “Und wie genau stellt ihr euch das vor?”

Jetzt kam Alice einen Schritt dichter, Koffer in beiden Händen - und Bella wurde noch unruhiger. “Wenn ich darf, würde ich Euch das gerne demonstrieren.”

Aro war etwas unschlüssig, doch dann nickte er. “Nun gut.”

Alice’ Grinsen wurde noch breiter und sie tänzelte leichtfüßig zur Seite des Raumes, um die Koffer vor sich auf den Boden zu legen.

Meine Ungeduld und Frustration wuchsen von Sekunde zu Sekunde, in der ich versuchte, ihre Gedanken zu hören, doch noch immer blockierte sie mich. Als sie jedoch die Koffer öffnete, wusste ich plötzlich, was sie vorhatte. Ich konnte es riechen. Im gleichen Moment, in dem ich mich über die Idee freute, kam sie mir doch absolut sinnlos vor. Wenn ein Vampir die Wahl zwischen Menschen- und Tierblut hatte, würde er sich definitiv für das Erste entscheiden. Wie kam sie bloß darauf, ein Dutzend Blutkonserven mit warmem Tierblut mitzubringen?

“Alice, was-” fing unser Vater an, doch sie unterbrach an.

“Das werdet ihr gleich sehen”, lachte sie leise.

Aro schien bereits misstrauisch, seine Wachen genauso. Abgesehen davon gefiel ihm nicht, dass sich unreines Blut in seinen Gemäuern befand.

Doch meine Schwester ließ sich davon nicht ablenken. Sie packte eine Konserve nach der anderen aus und legte sie akkurat nebeneinander. Als sie dann alle auf dem kalten Steinboden verteilt hatte - es waren an die vierzig Stück, also insgesamt vierzig Liter -, kratzte sie mit ihrem Fingernagel einen so winzigen Riss in jede Packung, dass ein Mensch es sehr schwer hatte zu sehen, wie hauchdünne Rinnsäle an Blut hinaus quollen. Doch für uns war es deutlich genug und der Geruch war genauso intensiv wie der, der schreienden Kinder.

Es war eindeutig Hirsch.

Und Bella wurde langsam eine echte Herausforderung, so sehr wehrte sie sich gegen unsere Griffe. Ihr Knurren übertönte schon fast die Schreie. Wenn nötig musste ich noch Emmett um Hilfe bitten.

“Alice, deinen Enthusiasmus in allem Ehren, aber was erhoffst du dir davon?” fragte Aro gelangweilt. “Sie hat ihre Beute genau vor sich. Du hättest dieses widerliche Zeug nicht mitbringen brauchen.”

“Ich bin überzeugt, dass Ihr das genauso interessant finden werdet, wie ich”, grinste sie ihn an, ehe sie sich erhob und langsam auf uns zukam. “Du kannst sie loslassen, Edward.”

Hatte ich mich gerade verhört? Ich sollte Bella…? In diesem Zustand? Wenn Alice mich kannte und wenn sie in ihren Visionen bereits das gesehen hatte, von dem ich fast überzeugt war, dann konnte sie unmöglich von mir verlangen, Bella so etwas anzutun. Ohne Umwege würde sie die fünf vom Gift gelähmten Personen attackieren und ihr Blut trinken.

“Hör mit den Witzen auf”, zischte ich leise.

Vertrau mir.

Erst konnte ich ihre Überzeugung nicht nachvollziehen, doch dann ließ sie mich endlich in ihre Gedanken sehen, in ihre Visionen, die mir die Zukunft zeigten. Und da wusste ich, dass sie Recht hatte. Ich konnte Bella loslassen, ohne etwas befürchten zu müssen. Auch wenn ich mich immer wieder fragte, wie das möglich war.

“Wir können auf Alice hören”, meinte ich zu meinem Vater und ließ meinen Widerstand bereits sinken. Er gab mir noch einen irritierten Blick, ehe Bella sich von uns losriss.

Carlisle wollte sie noch aufhalten, doch ich hielt ihn am Arm fest. “Warte ab und sieh zu.”

Noch ein fragender Blick seinerseits, dann sah er das, was ich bereits in Alice’ Kopf betrachten konnte. Und es erstaunte mich immer wieder. Sie sprang nicht auf die Kinder, sondern auf die Konserven zu, schlug ihre scharfen Zähne in das Hartgummi, das für menschliche Verhältnisse sehr widerstandfähig war und trank in großen Zügen das Tierblut.

Aro, Felix, Demetri und Jane sahen nicht minder überrascht aus wie wir. Ein Vampir - ein Neugeborener -, der sich für animalisches Blut statt für menschliches entschied, obwohl sich Letzteres genau neben ihm befand. Das hatte es, soweit ich wusste, noch nie gegeben.

“Wie?” fragte ich Alice leise, doch sie schüttelte nur den Kopf, während sie sich neben mich stellte.

“Keine Ahnung. Ich habe nur gesehen, dass sie es bevorzugt. Ich glaube, sie mag das menschliche nicht sonderlich.”

Ich ließ mir ihre Worte durch den Kopf gehen, während ich stillschweigend dabei zusah, wie Bella eine Packung nach der anderen leerte. Vierzig Liter waren eine Menge und ich ging davon aus, dass Emmett die gleiche Anzahl bei sich trug. Womöglich für den Fall, es würde nicht reichen.

“Wer ist das?” fragte Letzterwähnter mit gerunzelter Stirn, das Geschehen nicht ganz glaubend.

Noch ehe ich antworten konnte, hatte Alice sich dazwischen geschalten.

“Das ist Bella. Edwards Freundin”, meinte sie fröhlich.

Ich wollte ihr etwas entgegnen, um ihr die Überzeugung, die in ihrer Stimme lag, zu nehmen, doch in Anwesenheit von Aro wollte ich keine Zweifel streuen, was Bellas Zukunft anging. Wenn es nach mir ginge, würde ich sie sofort mit nach Hause nehmen, doch da ich keine Ahnung hatte, was sie wollte, konnte ich darüber nicht bestimmen.

Emmett kicherte bei ihrer Antwort. Hast du es endlich geschafft, ja? Wurde auch Zeit. Ich dachte schon, ich müsste mir für den Rest meines ewigen Lebens deinen gelangweilten Gesichtsausdruck ansehen.

Ich gab ihm einen finsteren Blick, obwohl ich wusste, wie glücklich alle über so eine Wendung sein würden, sollte Bella bei uns bleiben.

Carlisles alter Freund erhob sich jetzt und kam auf uns zu - seine Gedanken kreisten um Bella und ihre ungewöhnliche… Vorliebe, die er einfach nicht nachvollziehen konnte -, während er ganz nebenbei den Befehl gab, die Kinder wegzuschaffen, was bedeutete, dass sich die anderen über sie hermachen und dann die leblosen Körper beseitigen würden.

Schweigend beobachteten wir, wie Felix und Demetri sich um die fünf schwachen Wesen kümmerten und sie aus dem Turmzimmer schafften, jedoch nicht ohne vorher noch einmal misstrauisch zu uns zu schauen, nicht sicher, ob sie Aro und Jane mit uns allein lassen konnten.

Als würden wir in der Festung der Volturi einen aussichtlosen Kampf beginnen.

“Du hättest sie nicht retten können”, redete ich leise auf meinen Vater ein, als ich seinen Gram hören und spüren konnte.

Ich weiß…

Bella trank mittlerweile etwas langsamer. Womöglich hatte sie bald genug.

“Wie kann das sein?” fragte Aro ungläubig, als er nur ein paar Schritte vor Bella stand - meine Muskeln hatten sich schon für einen Sprung bereit gemacht, sollte er ihr zu nahe kommen - und sie völlig irritiert anstarrte. “Wie kann es sein, dass jemand instinktiv dieses… dreckige Blut bevorzugt?”

“Vielleicht ist es ihre Fähigkeit”, mutmaßte Carlisle und grübelte unentwegt darüber nach.

“So etwas soll eine Fähigkeit sein? Dabei hatte ich gedacht, ihre Widerstandskraft würde sich verstärken.” Aro schüttelte den Kopf vor Verblüffung. Eigentlich hatte er gehofft, ihr Selbstschutz würde sich nach der Verwandlung erweitern.

Schon im nächsten Moment lächelte er uns freundlich an.

“Hast du das gewusst, kleine Alice? Dass ihr hier jemanden findet, der perfekt in eure ungewöhnliche Philosophie passt?”

“Na ja, so etwas in der Art könnte man sagen”, entgegnete sie leicht grinsend, während ihre schmalen Augen ihn wachsam musterten.

Wir sollten uns langsam Gedanken darüber machen, wie es weitergeht. Vor allem mit Bella.

Ich sah kurz zu meinem Vater, der die ganze Zeit wie gebannt auf unseren neugeborenen Vampir gestarrt hatte und immer wieder neue Theorien entwickelte, um sich ihr Verhalten zu erklären.

Mittlerweile hatte sie die letzte Blutkonserve leer getrunken und saß nun an die Wand gelehnt auf dem Boden.

“Wenn der Anführer der Volturi nichts dagegen hat, würde ich sie gerne mit in die Staaten nehmen”, sagte ich ruhig, während ich ganz vorsichtig auf Bella zuging, um sie nicht zu erschrecken. Sie sollte sich bei meiner plötzlichen Nähe nicht bedrängt fühlen.

Aro sah mich überrascht an, dann setzte er wieder sein gespieltes Lächeln auf.

“Ehrlich gesagt würde ich sie gerne noch ein bisschen hier behalten. Ich bin wirklich zu neugierig, wie sich diese ungewöhnliche Angewohnheit noch auf unsere Bella auswirkt.”

“Ich denke, dass es ihre Fähigkeit ist”, erwiderte mein Vater und lenkte Aros Aufmerksamkeit auf sich. Nur ich wusste, dass er gelogen hatte. Er glaubte seine eigenen Worte keine einzige Sekunde. Für ihn war es wirklich nichts weiter als eine Angewohnheit, und keine richtige Gabe. Dennoch hatte er endlich eine mögliche Erklärung für ihr Verhalten.

“Als sie ein Mensch war, hat sie uns erzählt, dass sie Blut riechen kann und ihr deshalb übel wird”, fuhr er fort. “Es kann durchaus sein, dass sich diese Abneigung jetzt, da sie ein Vampir ist, verstärkt hat. Tierisches Blut hat eine andere Zusammensetzung als menschliches und riecht auch dementsprechend anders. Wenn sie jetzt also immer noch diese Abneigung hat, und sei es auch nicht mehr ganz so extrem wie als Mensch, so würde es ihre Reaktion auf die Konserven erklären.”

Ich stand jetzt bereits genau vor Bella und betrachtete jede ihrer Bewegungen, für den Fall eines Angriffs ihrerseits. Doch sie schien so etwas nicht in Betracht zu ziehen. Ihre Augen wanderten über die leeren Packungen, die Koffer daneben, bis sie letztendlich an mir haften blieben und mich eindringlich ansahen.

Und wieder frustrierte mich die Tatsache, ihre Gedanken nicht hören zu können.

Selbst für einen Menschen kniete ich mich ungewöhnlich langsam vor sie, ohne auch nur einmal meinen Blick abzuwenden. Sie folgte jeder meiner Bewegungen.

Wie in Zeitlupe hob ich meine Hand und berührte ganz sanft ihre Mundwinkel und ihr Kinn, um das Blut, das daneben gelaufen war, wegzuwischen. Es zierte nicht nur ihre Haut, ein paar Spritzer waren auch auf ihrem Oberteil. Eigentlich mein Oberteil, mein Hemd.

Mein Ring- und mein Mittelfinger fuhren mit leichtem Druck über ihre Wangen, ihren Kiefer und oberhalb ihres Mundes, um die roten Flecken zu entfernen, während mein Zeigefinger fast wie von selbst die blutverschmierten Konturen ihrer Lippen nachzeichnete. Sie hatte sie leicht geöffnet und ich konnte fühlen, wie ihr Atem meine Finger streifte.

Jetzt hob auch sie vorsichtig ihre Hand und legte sie sachte auf meine Wange. Ich roch das Blut daran und in dem Moment, wo ihre Finger mein Gesicht berührten, wusste ich, dass das Blut jetzt ebenfalls an mir haftete und längliche Spuren hinterlassen würde.

Und dann lächelte sie. Ihre schneeweißen, perfekten Zähne kamen zum Vorschein und ihre Augen, deren rötliche Farbe kaum abgeschwächt war, strahlten mich an.

In meiner Brust machte sich ein warmes Gefühl breit, als würde mein totes Herz wieder anfangen zu schlagen und mit Lebenssaft durchströmt werden, während ich ihr Lächeln erwiderte.

“Ich denke, wir sollten Bella entscheiden lassen, was sie möchte”, flüsterte ich, ohne meine Augen von ihr abzuwenden. Plötzlich war ich mir sicher, was sie wollte und es hatte sehr viel Ähnlichkeit mit meinem Wunsch. “Schließlich kann sie für sich selbst bestimmen.”

“Das ist richtig, doch ich heiße es nicht gut, dass ein Neugeborener durch unsere Stadt wandelt. Das stellt ein viel zu großes Risiko dar. Ihre Vorliebe für dieses schmutzige Blut hin oder her”, konterte Aro gelassen.

“Oh, ich denke, wenn wir die unterirdischen Geheimgänge benutzen, wird das kein Problem darstellen”, mischte sich Carlisle nun ein. Natürlich kannte er dieses Gebäude noch von damals, als er eine Zeit lang bei den Volturi gelebt hatte.

“Und für die weitere Fahrt haben wir extra einen Privatjet gemietet. Ein öffentliches Flugzeug ist schließlich viel zu gefährlich”, ergänzte Alice freudig, woraufhin Emmett kurz mit seiner Bärenstimme lachte und die Resonanz seine Brust vibrieren ließ.

Ein Privatjet. Deshalb wartete Rosalie draußen. Sie war der Pilot und am besten dafür geeignet. Alice musste das alles von vornherein geplant haben, weshalb sie auch so ruhig blieb.

Aro sah die drei etwas missbilligend an. Er wusste, dass ihre Argumente schwer zu schlagen waren und jetzt setzte er auf Bellas Entscheidung.

“Meine Liebe”, sprach er sie süffisant an. Beim Klang seiner Stimme huschten ihre Augen in seine Richtung. Sofort spannte sich ihr Körper an, als würde sie eine feindliche Aktion seinerseits erwarten.

“Ich gehe doch recht in der Annahme, dass du genauso denkst wie ich, nicht wahr? Du weißt ebenfalls, dass es besser ist, noch eine Weile in diesen Gemäuern zu verweilen und dich nicht unnötig der Gefahr auszusetzen, eventuell Menschen anzufallen.”

Für einen winzigen Augenblick flackerte Unsicherheit in ihren Augen, als sie seine Worte hörte und fragend sah sie zu mir.

“Ich verspreche dir, dass wir so etwas nicht zulassen werden, Bella”, redete ich leise aber bestimmt auf sie ein und sah ihr tief in die Augen.

“Ich…” setzte sie etwas unsicher an, ehe sie wieder zu Aro blickte. “Ich… möchte da sein, wo Edward ist… Wenn er nichts dagegen hat…”

Einen kurzen Moment überraschten mich ihre Worte, da ich nicht damit gerechnet hatte, dass Bella so etwas in Frage stellen würde. Vielleicht war sie auch einfach nur verunsichert, so sah es jetzt jedenfalls aus, als sie mich zögerlich anschaute.

“Ich habe ganz bestimmt nichts dagegen”, antwortete ich ihr lächelnd und strich vorsichtig über ihre Wange.

“Nun gut. Er kann natürlich auch hier bleiben. Ich habe überhaupt nichts dagegen. Ich begrüße seine Anwesenheit sogar. Seine Familie darf ebenfalls eine Weile bei uns sein.”

Natürlich durften wir das. Und ganz nebenbei würde er versuchen, uns auf seine Seite zu locken. Doch bei diesem Spiel würden wir nicht mitmachen.

Ich wollte bereits etwas sagen, doch Bella kam mir zuvor.

“Es tut mir leid, aber… ich fühle mich hier nicht sonderlich wohl, um ehrlich zu sein. Außerdem vertraue ich Edward… Wenn er sagt, sie verhindern jede Gefahr, die von mir ausgehen könnte, dann glaube ich ihm… Außerdem wäre es für mich wirklich besser, bei jemandem zu leben, der das gleiche Blut bevorzugt wie ich, nicht wahr?”

Aro sagte nichts. Gegen ihre eigene Entscheidung konnte er nichts machen und das wusste er. Würde er sie zwingen, würde das den Ruf der Volturi schädigen. Und beseitigen würde er uns auch nicht. Dafür hatte er noch viel zu viel Hoffnung, uns doch irgendwann in seinen Kreis zu ziehen. Und er mochte so ungern begabte Vampire auslöschen.

Er überlegte hin und her, was die beste Lösung war. Letztendlich hatte er sich dann entschieden.

“Na schön. Weil ich dich gern habe, gewähre ich dir deinen Wunsch unter einer Bedingung. Ich möchte dich bald wieder sehen. Wenn du dich besser unter Kontrolle hast und ungehindert durch Menschenmassen laufen kannst, komm uns hier in Volterra wieder besuchen. Ich möchte sehen, was aus dir geworden ist.”

Das war eine kleine Bedingung, der wir nur zu gerne zustimmten, um endlich hier wegzukommen.

“Okay. Versprochen.” Bella nickte kurz, dann erhob sie sich zusammen mit mir.

“Natürlich brauche ich auch eine kleine Versicherung, dass ihr es ehrlich meint.” Zeitgleich mit seinen Worten hob Aro die Hand und ich wusste, dass er unsere Gedanken lesen wollte. Besonders die eines bestimmten Vampires.

“Alice, meine Liebe. Wärst du so gütig und gewährst mir einen Einblick in die Zukunft?”

Etwas ratlos sah sie zu mir, doch ich nickte nur. Er würde nichts entdecken, das ich nicht schon kannte. Es diente nur der Festigung unserer Abmachung.

Ich nickte ihr zu und im nächsten Augenblick stand der dreitausend Jahre alte Vampir mit den langen, schwarzen Haaren vor ihr, ein freundliches Lächeln auf den Lippen.

Alice legte zögerlich, und dennoch belustigt ihre Hand auf seine. In der nächsten Sekunde sah ich uns abermals in diesem Raum stehen. Bella an meiner Seite, genauso wie meinen Vater. Keine Gefahr ging von dieser Szene aus. Es würde alles gut gehen. Diese Tatsache beruhigte mich ungemein. Dennoch hatte Aro keine Ahnung, wie ungewiss diese Visionen waren und wie schnell sie sich ändern konnten.

Als er sich wieder entfernte, seufzte er zufrieden.

“Na schön. Ich freue mich schon auf unser baldiges Wiedersehen. Ein paar Wachen werden euch noch begleiten, bis ihr außerhalb der Stadt seid, nur um ganz sicher zu gehen, falls etwas unvorhersehbares passieren sollte…” Es war offensichtlich, dass er damit auf Bella ansprach. “Carlisle, du kennst den Weg durch die Katakomben?”

Mein Vater nickte, ehe wir uns in Richtung Ausgang machten. Ich hatte einen Arm um Bellas Schultern gelegt, während sie ihre fest um meinen Torso gewickelt hatte, ihr Kopf an meiner Schulter.

“Bis bald”, verabschiedete Carlisle sich noch von seinem alten Freund, dann standen wir bereits in dem dunklen Zwischenraum.

Hier gab es eine weitere Tür, hinter der eine lange, steinerne Treppe in die unterirdischen Gänge führte.

Ich hörte, wie Aro ein paar Wachen einen Befehl zurief und gleich darauf erschienen drei Volturi in grauen Mänteln hinter uns.

Schweigend folgten wir meinem Vater tiefer unter die Erde. Der modrige, feuchte Geruch der alten Steinwände stach in der Nase; das leise Kratzen der kleinen Insekten in den Ritzen drang an unsere Ohren und unsere fast lautlosen Schritte hallten in der schmalen Form des Ganges wider.

Für einen Menschen musste dieser Weg eine halbe Ewigkeit dauern, doch als Vampir überwanden wir die Strecke, die einige Meilen lang war, in nur ein paar Sekunden.

Ehe wir uns versahen, standen wir bereits in einer Art Kellergewölbe, deren einzige Lichtquelle ein Loch sehr weit oben in der Decke war. Draußen war es immer noch Nacht. Wir konnten die Sterne am Himmel sehen.

“Wir sind jetzt außerhalb von Volterra. Die Stadtmauern befinden sich in einiger Entfernung von diesem Eingang”, meinte einer der Wachen und deutete nach oben.

Schweigend stellten wir uns unter die Öffnung, während die Volturi uns dabei beobachteten. Sie würden erst gehen, wenn wir draußen waren.

Zu meiner Verblüffung konnte ich plötzlich Rosalies Gedanken hören. Sie stand nicht weit entfernt von diesem Ausgang und war etwas angespannt. Emmett war nicht bei ihr und sie machte sich Sorgen, weil sie immer noch davon ausging, dass wir uns in Volterra befanden. Wenn sie Alice nicht versprochen hätte, an Ort und Stelle zu bleiben, wäre sie schon längst hinterher gelaufen, um uns zu suchen. Doch jetzt musste sie ihr einfach vertrauen. Auch wenn es ihr schwer fiel.

Bella schaute etwas unsicher hinauf.

“Das ist ganz einfach, glaub mir. Du musst nur springen”, flüsterte ich ihr zu. “Und schon bist du oben. Carlisle macht es vor.”

Dieser sah kurz zu uns und lächelte Bella beruhigend an, dann beugte er seine Knie kaum sichtbar ein und in der nächsten Sekunde stand er bereits oberhalb am Rand des Loches. Rosalie hatte ihn bemerkt und kam erleichtert auf ihn zu. Gleich darauf konnte ich ihr Gesicht in der Öffnung sehen, als sie auf uns hinabblickte.

“Siehst du?” meinte ich zu Bella, bevor ich mich aus unserer Umarmung löste. “Ich werde als nächstes gehen, dann kommst du, einverstanden? Danach Alice und dann Emmett.”

Sie nickte etwas nervös, wobei ihre Augen immer wieder die Höhe abzuschätzen schienen.

Ich tat es meinem Vater gleich und kurz darauf stand ich neben ihm.

“Edward, Gott sei Dank. Ich hab mir schon Sorgen gemacht”, begrüßte Rosalie mich vorwurfsvoll.

“Ich weiß”, meinte ich, dann sah ich hinab in die Katakomben.

“Bist du bereit?” fragte ich nach. Bella stand jetzt genau unter dem Loch und sah in die Höhe.

“Das ist ganz einfach. Du brauchst wirklich keine Angst haben”, ermunterte Emmett sie grinsend und schlug ihr sachte auf die Schulter. “Das wird dir hinterher sogar Spaß machen.”

“Okay.“ Sie sah ihn kurz zögerlich an, ehe sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Sprung lenkte. Und dann schoss sie bereits in die Höhe. Sie hatte sich etwas zu stark abgestoßen, denn sie flog ein wenig zu hoch. Als sie sich wieder dem Boden näherte, kam sie direkt auf mich zu. Ich wollte sie noch auffangen, doch irgendwie fielen wir doch auf den feuchten Boden. Sie über mir.

“Entschuldigung”, murmelte sie verlegen, als sie ihren Kopf leicht hob und mich entschuldigend ansah.

Ich konnte nicht anders, als zu kichern, während Emmett richtig anfing, loszulachen. Bella drehte sich verwirrt zu der Öffnung.

“Das ist nur Emmett. Es gibt fast nichts, das seine Laune verderben könnte. Es sei denn, du schlägst ihn bei einer Wette,” erklärte ich ihr.

Als sie sich wieder mir zuwandte, sah sie schon etwas erleichterter aus als zuvor. So langsam wich ihre Unsicherheit.

Ganz vorsichtig nahm ich ihr Gesicht in meine Hände und betrachtete jeden Winkel ihrer wunderschönen Erscheinung. Zaghaft strich ich mit meinen Fingern über ihre reine Haut, ihre Augenlider, ihre gerade Nase, ihre Schläfen, wobei ich ihr ein paar Strähnen zur Seite schob. Sie schien sich bei meiner Berührung wohl zu fühlen, als sie ihre Augen schloss und leise seufzte. Meine Mundwinkel schoben sich nach oben bei diesem Anblick.

“Ist das dieser Gast, von dem du geredet hast, Alice?” fragte Rose sie leise und sah misstrauisch zu uns hinüber, nachdem sie Emmett erleichtert und ausgiebig begrüßt hatte und sich jetzt wieder aus ihrer engen Umarmung löste.

Die anderen beiden waren mittlerweile auch an der Oberfläche und ich konnte hören, wie die Wachen sich jetzt entfernten.

“Ja…” antwortete sie ihr fast schon feierlich und mit einem breiten Grinsen. “Das ist Bella. Sie ist Edwards zukünftige Gefährtin.”

Als würden wir sie nicht hören können. Einerseits hätte ich ihr gerne etwas an den Kopf geworfen - auch wenn sie das wahrscheinlich vorher schon wissen würde -, andererseits fühlten sich ihre Worte auch ungemein gut an.

“Du weißt, dass ich Recht habe, Edward.”

Ich seufzte resigniert auf und Alice kicherte triumphierend.

Rose wirkte überrascht.

“Sie ist ein Neugeborener”, stellte sie fest und augenblicklich schmälerten sich ihre Augen.

“Oh, hatte ich vergessen zu erwähnen, dass wir eine Zeit lang in Denali wohnen werden?” erwiderte Alice schmunzelnd. Sie hatte so einiges vergessen zu erwähnen.

Ich stand auf und zog Bella mit mir auf die Füße.

“Wir sollten uns erst einmal beeilen, hier wegzukommen bevor wir uns weiter unterhalten.”

“Er hat recht”, pflichtete Carlisle mir bei und gemeinsam machten wir uns auf den Weg Richtung Jet, wobei ich Bella in eine feste Umarmung zog. Dankend erwiderte sie meine Geste. Ihre Anspannung ließ allmählich nach.

Das kleine, weiße Flugzeug stand mitten auf einer riesigen Wiese und ich fragte mich kurz, wie sie es schaffen wollten, in die Luft zu steigen, ohne die Bäume des angrenzenden Waldes mitzureißen. Allerdings hatte ich vergessen, dass Rose der Pilot war. Sie würde es sogar schaffen, einen Jumbojet hier herauszufliegen.

Das Flugzeug war von innen größer, als das Gehäuse von außen vermutete. Es gab vier Sitzecken - jeweils zwei an einer Seite -, die alle einen kleinen Seitentisch aufwiesen und in einem hellen Beige gehalten wurden. Die Kabine des Cockpits war nur zur Hälfte von zwei dünnen Wänden vom Passagierbereich getrennt.

Rose setzte sich ans Steuer, die anderen drei nahmen in einer der vorderen Sitzgelegenheiten Platz, während ich mich mit Bella in die hintere, schräg gegenüberliegende niederließ.

Sie wollten uns keinerlei Beachtung schenken und doch konnte ich Alice’ Schmunzeln, Emmetts tiefes Kichern und Carlisles resigniertes Seufzen - das definitiv den beiden ihm Gegenübersitzenden galt - hören.

Mir war das jetzt relativ gleichgültig. Mehr als zufrieden schloss ich Bella in meine Arme und drückte sie fest an mich, während sie ihren Kopf an meine Schulter bettete und ich eine meiner Hände auf ihre Wange legte, immer wieder über ihre zarte Haut streichend.

Ich gab ihr einen Kuss auf die Haare, schloss meine Augen, genauso wie sie und sog für einen unglaublich langen Moment ihren Duft ein, der sich in meinen Gedanken in tausend verschiedene Facetten spaltete und sich dann wieder zu dieser einmaligen Note zusammensetzte. Eine Note, dich ich niemals mehr vergessen würde. Nicht dass Vampire überhaupt etwas vergessen konnten. Doch jedes noch so kleine Detail von Bella würde sich in meinen Kopf einbrennen und mich für den Rest meiner Ewigkeit in ihren Bann ziehen.

Ihr Geruch, ihre Stimme, ihre Bewegungen, ihr Anblick.

Die Maschine startete und setzte sich langsam in Bewegung. Nicht mehr lange und wir würden wieder Zuhause sein. Bei den anderen. Wir wären dann wieder komplett. Nur dass das Wort dieses Mal eine andere Bedeutung haben würde. Denn auch ich war jetzt vollkommen. Ich hatte meine andere Hälfte gefunden, hielt sie im Arm und würde sie nicht mehr loslassen.

Nie wieder.
 

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Kommentare zu diesem Kapitel (19)
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Von:  jennalynn
2011-07-12T08:29:27+00:00 12.07.2011 10:29
Wow das Kapitel ist wirklich super gelungen. Das mit dem Tierblut, super Idee. Und Emmett ist mal wieder fantastisch, ich find ihn einfach klasse.
Von:  KarenChan
2009-03-05T10:36:49+00:00 05.03.2009 11:36
geniales kap ^^ ein wunder dass die zwei noch nich übereinander hergefallen sind, aber so ist besser <3 wirkt irgendwie reifer ^^
Von: abgemeldet
2008-10-13T16:03:48+00:00 13.10.2008 18:03
eigentlich sollte ich ja traurig darüber sein , dass sich diese ff dem ende neigt ,aber im moment ist mir eher zum jubeln zumute xD das kapitel hat mir mal wieder richtig gut gefallen.

naja aber der reihe nach : das glück der beiden hat anfangs ja nicht lange halten können( ich finds übrigens immer noch toll, dass sich bella so gut beherrschen konnte) , weil aro es mal wieder für nötig gehalten hat, bella auf die probe zu stellen bzw. edward zu provozieren -.-°°°°ich hatte echt angst, dass bella die kontrolle verlieren und sich auf die kleinen kinder stürzen würde , aber anscheinend wusste alice von anfang , wie das alles ausgehen wird. aus i-einem grund finde ichs immer so toll, wenn alice ins spiel kommt. in dem moment, in dem edward alice`gedanken wahrgenommen hat, wusste ich, dass alice einen idiotensicheren plan hat xD
es hat mich dennoch letzendlich überrascht, dass bella eher auf tieblut reagiert als auf menschenblut ^^

,,Hast du es endlich geschafft, ja? Wurde auch Zeit. Ich dachte schon, ich müsste mir für den Rest meines ewigen Lebens deinen gelangweilten Gesichtsausdruck ansehen.'' --das sieht emmet ähnlich , in solchen ernsten situationen immer seinen charme spielen zu lassen xD

es ist schön, dass sich bella für die cullens entschieden hat und es war echt toll zu lesen, dass sie dann tatsächlich auf den weg waren volterra zu verlassen , ich mein , wenn man sich an die anderen kapitel erinnert, in denen bella völlig ahnungslos mit ihren eltern verreist waren , und sich jetzt dieses kapitel durchliest, in dem bella volterra als vampir und mit einem gefährten bzw. einer neuen familie verlässt, dann ist das schon ein komisches gefühl ^^°°°°

ich bin wirklich gespannt zu lesen , wie du das letzte kapitel gestalten wirst ....aber naütrlich wirst du mal wieder etwas ganz tolles für uns zaubern xD

mach bitte bald weiter
Von: abgemeldet
2008-10-11T16:04:06+00:00 11.10.2008 18:04
Also, da ich so lange nicht da war, ich war in Tunnesien^^ , kommt jetzt in etwas verspätung mein süßer Kommi!!!

Das Kappi war herrlich, ich konnte richtig mit fühlen, was icn Edward vorging. Ich fand, dass es sogar ein tolles Ende für das Biss Buch wäre^^
Allerdings müsste dann die vornerein Geschichte verändert werden, aber die ist so einfach nur gut. Es passt gut zusammen.
Schade, dass sie schon so bald zuende ist, aber wie heißt das Sprichwort: In der Kürze liegt die Würze und dein ist wirklich 1 a gewürzt.
Ich war nur etwas enttäuscht, dass du Jasper und Esme vergessen hast....
Jasper ist mir einfach ans herz gewachsen^^
Ich hoffe, du bringst sie noch in den Epi oder das letzte Kappi mal rein.
Denn ohne Jasper, gibt es bei mir keine Alice^^

ICh hoffe, du schreibst schnell weiter!!!

Shiki-chan
Von:  -mya-
2008-10-10T06:58:16+00:00 10.10.2008 08:58
woah großer showdown^^ so gut wie alle vampire anwesend was will man mehr;)
das ende war richtig toll^^ ich frag mich nur was jetzt noch kommen soll.. mir würde das schon fast als ende ausreichen...aber auch nur fast..
Von:  jozu
2008-10-09T14:16:32+00:00 09.10.2008 16:16
soo, jetzt hab ich es auch endlich geschafft das kap zu lesen und es war einfach nur toll *_______________________*
echt schade, das es schon fast vorbei ist^^
naja, es gibt ja noch andere tolle ff's von dir ^.~
lg nuddelsuppenfreak
Von: abgemeldet
2008-10-08T07:01:08+00:00 08.10.2008 09:01
schönes kapitel auch wenn es etwas schwierig war wieder umzudenken ^^
mal sehen was jetzt noch im letzten kapitel passiert
Von: abgemeldet
2008-10-06T12:57:05+00:00 06.10.2008 14:57
schade, dass du bald aufhörst q_q
ich freu mich aber trotzdem auf's Ende. <3
Das Kapitel ist schöööön.
lg,
make-a-wish
Von:  -_Cherry-chan_-
2008-10-05T18:29:11+00:00 05.10.2008 20:29
klasse kapi^^
gefällt mir echt sehr gut^^
mach weiter so
und sag doch dann bitte bescheid, ja?
lg sasuke-girl94
Von: abgemeldet
2008-10-05T16:01:12+00:00 05.10.2008 18:01
Endlich geht es hier weiter.
Die Geschichte ist so toll und das neue Kapitel erst. Wahnsinn.
Wie Bella mit sich selber gekämpft hat, um nicht das Menschenblut trinken zu müssen, ist schon der erstaunlich.

Der Schreibstil ist auch wiedermal wunderbar.
Ist zwar schade, dass es bald zuende ist, aber es wäre auch blöd, die Geschichte endlos in die Länge zu ziehen.

Ich freu mich jedenfalls schon aufs nächste Kapitel.

LG
Marrojeanne


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