2. Kapitel
2 Kapitel
Fast 18 Jahre später trafen sich die Propheten beim König des Landes. Jedes Jahr zum Frühlingsfest kamen alle 12 Propheten aus dem ganzen Land zusammen, um die jährliche Versammlung abzuhalten. Axana, die jüngste Tochter der Königin, würde in 2 Tagen ihren Geburtstag feiern. Die Stadt war in heller Aufregung, denn alles sollte zur Volljährigkeitszeremonie perfekt sein. Die Bäcker buken doppelt so viel Brot wie üblich, die Gärtner schmückten das Schloss mit allerlei Blumen und die Imker verfeinerten den besten Honig ihrer Bienen mit Leidenschaft. Der einzige Mensch, der sich für all das Trara nicht interessierte war Axana selber. Sie saß auf einer für sie angefertigten Holzschaukel im Garten. Der Schatten der großen Eiche vor ihr lies sie unbemerkt dort sitzen. Ihr war langweilig. Sie mochte die ganzen festlichen Angelegenheiten nicht. Eine ganz normale Geburtstagsfeier, eine kleine Runde, etwas Kuchen und auch mal ein paar Freundinnen... mehr wünschte sie sich nicht wirklich. Jedes Jahr wurde das gleiche Fest veranstaltet. Die ganze Stadt musste ihr Geschenke geben und sie selber saß von früh bis spät nur auf einem Stuhl und nahm sie entgegen. Das alles langweilte sie fast schon zu Tode.
„Prinzessin Axana, Prinzessin Axana.“ rief ein Dienstmädchen nach ihr.
Axana seufzte leise. Sie zog den Haargummi fest und stand auf.
„Ich bin hier.“ antwortete sie deutlich und lief der Bediensteten entgegen.
Ihre orange-braunen, hochgesteckten Haare verfingen sich in einem Strauch und durch den Schmerz fluchte sie leise auf. Das Dienstmädchen kam herbeigeeilt, verbeugte sich entschuldigend und befreite die Haare aus dem Gewächs. Mehrfach entschuldigend und verbeugend trat sie danach vorsichtig zurück und bat um Vergebung. Axana lächelte zaghaft. Sie mochte es nicht wenn die Leute sie so umsorgten und sich für alles tausendmal entschuldigten.
"Prinzessin Axana, eure Schneiderin verlangt nach euch. Ihr sollt euch umziehen." erinnerte die Bedienstete eilig, weil die Zeit drängte.
"Wieso so in Eile? Das Fest der Volljährigkeit soll doch erst in ein paar Tagen beginnen." wunderte sich Axana.
"Ihr müsst vorweg noch vor die heiligen Propheten treten. Sie baten darum euch anzusehen." erklärte das Dienstmädchen rasch.
"Was wollen denn die von mir?" fragt sich die Prinzessin, folgte ihr aber wortlos und gehorsam zurück zum Schloss.
Axana bereitete sich in ihrem Gemach in Ruhe vor. Die Schneiderin zwängte sie mal wieder in ein viel zu enges Korsett. Wenn sie die Luft einatmete schmerzten ihre Rippen. Jedes mal die gleiche Prozedur. Sie hoffte, dass dieser Tag bald ein Ende haben würde.
"Und. Können sie noch atmen?" fragte sie Schneiderin konzentriert und zupfte an ihr herum.
"Nein." schnaubte Axana und verzog dabei vor Schmerzen das Gesicht.
"Dann sitzt es perfekt." lächelte die Schneiderin und wendete sich einem Dienstmädchen zu, "Geh und sag bescheid, dass die Prinzessin nun zu Tisch kommt."
Das Dienstmädchen eilte davon. Axana schaute die verschlossene Tür an. Sie wollte nicht hinunter. Wer wusste denn schon wieso die Propheten sie wirklich sehen wollten?
Ein paar Minuten später wurde sie in Begleitung von 2 Bediensteten nach unten geleitet. Im großen Saal angekommen sahen ihr schon die 12 Propheten entgegen. Alle trugen lange braune Kutten und hatten Barthaare, die bis zum Bauch runter reichten. Axana mochte sie nicht. Als sie kleiner war, fünf oder sechs Jahre alt, hatte sie versucht den Herren „Guten Tag“ zu wünschen. Doch anstatt, dass diese es erwidert hatten schauten sie das kleine Mädchen damals nur mit großen Augen an und redeten lateinische Wörter in ihre Bärte. Das war Axana nicht geheuer gewesen. Seit dem Tag mied sie die alten Männer.
„Da bist du ja.“ strahlte die Königin ihr entgegen.
Der König selber nickte ihr zu und wies seine Tochter an, an dem runden Tisch mit platz zu nehmen, an welchem sich alle bereits versammelt hatten. Axana behagte das Gefühl nicht, sich mit diesen Männern an einem Tisch zu befinden. Doch sie tat wie ihr geheißen und setzte sich.
„Guten Tag ehrenwerte Prinzessin Axana.“ sprach der älteste Mann in der Runde.
Zumindest sah er mit seinem langen weißen Bart, den weißen buschigen Augenbrauen, und den Falten im Gesicht so aus. Sei wunderte sich, dass diese Menschen die normale Sprache zu beherrschen schienen, denn bisher hatte Axana sie nur lateinisch reden hören.
„Guten Tag.“ nickte die Prinzessin ihnen höfflich zu.
„Sie wurden von uns hergebeten, da ihr 18. Geburtstag bevorsteht. Dieser Tag ist in den alten Schriften erwähnt worden und deshalb sind wir hier.“ erklärte er ruhig und langsam.
„Wie erwähnt?“ wundert sich Axana und achtete dabei nicht sehr auf ihre Höfflichkeit.
„Ich muss mich für meine Tochter entschuldigen.“ meint der König höflich mit einer kleinen Kopfverbeugung, „sie ist gerade in ihrer schwierigen Phase.“
Axana errötet leichte. Das klang als wäre sie noch ein Kind, das überhaupt keine Regeln des Benehmens kannte.
„Keineswegs, keineswegs!“ rief der alte Mann, „ihre Tochter ist schon sehr erwachsen und bereit einen ihr vorherbestimmten Weg zu Beschreiten.“
Danach wandte er sich wieder Axana zu, die nun gar nichts mehr verstand. Ein auferlegter Weg? Was hatte das zu bedeuten? Wieso waren die Propheten wirklich gekommen? Scheinbar nicht um ihr, wie sie einst dachte, zur Volljährigkeit zu gratulieren.
„Mein Name ist Listapha. Wir sind heute gekommen um Ihnen, werte Prinzessin, ihr Schicksal zu offenbaren. Und wir müssen sie bitten, heute noch das Land zu verlassen, um sich auf einen bald beginnenden Krieg vorzubereiten.“ erklärte der Prophet fröhlich.
Fast mit solch einer Fröhlichkeit als wäre es normal, das Land zu verlassen, ein unklares Schicksal anzutreten und sich auf einen Krieg sich vorzubereiten, der noch nicht mal ausgebrochen war.
„Ich versteh nicht ganz was sie meinen?“ hinterfragte Axana die Geschichte erneut.
„Ihr, werte Prinzessin, seit eines der 5 Babys aus der Prophezeiung, die am selben Tag, zur selben Stunde, gar zur selben Minute und Sekunde geboren wurdet. Bisher habt ihr vielleicht noch nichts Wundersames an euch bemerkt, aber nur euch ist die Kraft verliehen worden die anderen vier Kinder zu finden und gemeinsam Schüler des silbernen Tempels zu werden.“ meint Listapha, stand auf und macht eine tiefe Verbeugung nach seiner Erklärung.
„Entschuldigen sie mich bitte, aber ich glaube für solche Märchen bin ich etwas zu alt.“ meinte Axana trotzig und stand auf.
Sie war nicht abergläubig. Und wenn da 1000 Leute ihr so eine Prophezeiung vorhersagen würden, sie würde nicht daran glauben. Schon gar nicht, wenn sie sich allein auf die Suche nach vier Mädchens machen soll. Vielleicht noch richtige Bauerntrampel, die keine Manieren hatten.
„Axana!“ rief ihr Vater wütend, als sie zur Tür ging.
„Entschuldige mich bitte Vater, aber so ein Geschwätz muss ich mir nicht anhören.“
Sie wollte eben die Tür öffnen, als die Propheten sich alle zugleich erhoben und sie gemeinsam baten zu warten. Unschlüssig blieb die Prinzessin stehen und drehte sich noch einmal um.
„Es tut mir leid werte Herren, aber ich glaube nicht an eine Prophezeiung in der ich mit vier Kindern allein die Welt retten kann.“ mit diesen Worten verlies sie den Saal und lies ihre Eltern und die alten Männer zurück.
„Entschuldigt unsere Tochter. Sie ist noch ein Kind. Sie hat keine Geduld.“ rechtfertigte sich der König und stand auf.
„Warten Sie bitte eure Majestät.“ bat Listapha, „sie brauchen ihr nicht nachzueilen. Sie selber wird die Macht, die sie an ihr Schicksal bindet heute Nacht entfachen. Wir möchten sie daher bitten, ihrer Tochter nicht böse zu sein, wenn sie am nächsten Morgen bereits ihre Reise angetreten hat.“
Der König setzte sich und hörte den Propheten bis zum Schluss zu. Er selber wurde viele Jahre vor Axanas Geburt bereits mit seiner Gemahlin auf das Schicksal seiner Tochter vorbereitet. Er dachte Axana würde verständnisvoller und erwachsener sein, doch so musste sie wohl nun in ihrem Trotz allein ihren Weg finden. Noch kurz darauf, als die alten Propheten wieder in ihre Regionen zurückkehrten, verfasste er einen Brief an seine Tochter. Einen Brief, den er ihr über ein Dienstmädchen zukommen lies, welches den Auftrag hatte ihn so zu verstauen das er nicht gleich gefunden werden konnte.