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Suri No Tegami

Briefe eines Taschendiebes
von

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.... and again ...

2
 

Ich rannte die Straße entlang, obwohl ich eigentlich nicht in Eile war. Im Gegenteil: Das Restaurant war nur ungefähr 20 Minuten entfernt, wenn ich mich nicht beeilte, aber im Moment konnte ich nicht anders als rennen. Die Straßenlaternen blendeten mich hin und wieder und gelegentlich konnte ich einen Hund bellen hören, doch ansonsten war um diese Zeit niemand mehr zu sehen oder hören. Zugegebener weise ist es mir bei Nacht nie ganz geheuer und ich bekomme sehr schnell Angst, aber Job ist nun mal Job. Ich konnte das gut beleuchtete Gebäude schon sehen, als ich um die nächste Ecke bog und beschleunigte meine Schritte nochmals. Ohne vorher zu schauen, eilte ich über die Straße und betrat das Restaurant. Drinnen angekommen, schnürte ich mir erst einmal eine der Schürzen um, die gleich neben der Tür hangen und band mir das rote Kopftuch um, damit mir meine Haare nicht ins Gesicht und später nicht im Essen, der Gäste hängten. Diese Uniform war Pflicht wenn man in diesem Restaurant arbeitete. So gesagt ein Zeichen der Erkenntlichkeit. Zu der Schürze und dem Kopftuch gehörten noch ein Paar weiße Handschuhe, die vor irgendwelchen Bakterien oder Viren schützen sollten, oder wenigstens den Anschein danach erweckten. Ich persönlich hatte nichts gegen diese Kleidung, aber einige der Angestellten fanden sie mehr als nur lästig. Den Hintereingang betrat ich immer um mich umzuziehen. Würde man durch den Vordereingang gehen, stünde man gleich vor ein paar Tischen, Stühlen und der Bar. Der Chef erschien immer erst gegen Mitternacht, da zu dieser Uhrzeit die meisten Gäste kamen, also hatte ich noch eine gute Stunde Zeit, den Laden noch ein bisschen auf Vordermann zu bringen. Eigentlich waren die Öffnungszeiten von 23.30Uhr- 4.00Uhr festgelegt und wir verwendeten die letzte Stunde unserer Schicht zum Saubermachen, doch gelegentlich schafften wir nicht alles an einem Abend, selbst wenn wir Überstunden machten. Deshalb müssen die Angestellten – mich eingeschlossen – dafür sorgen, dass wenigstens bevor die ersten Gäste am nächsten Tag kommen, alles geputzt ist und zwar möglichst so, dass Herr Nakamura – der Chef – so gut wie nichts mitbekommt. Er nimmt es mit der Sauberkeit nämlich genauso ernst wie mit der korrekten Uniform. Sitzt nur eine Schürze schief oder ist ein Kopftuch falsch gebunden, wird man notfalls sogar vor den gesamten Gästen zur Schnecke gemacht. Das wusste ich von Yuki. Schon am ersten Tag als ich eingestellt wurde, knöpfte Herr Nakamura ihn sich vor, weil eine Strähne seines langen, braunen Haares in Yu´s Gesicht hing. Zum Glück hatten die Gäste eher Mitleid mit ihm, als das sie ihn auslachten und so kam er nochmal relativ heil aus der Sache heraus. Wie es im Nachhinein zwischen den beiden aussah, als die Besucher weg waren, brauche ich ja eigentlich nicht erklären. Ich weis nur dass ich Yuki seitdem nie wieder weinen gesehen habe. Selbst als ich versuchte ihn aufzuheitern, war sein sonst so ansteckendes Lachen spurlos verschwunden. Yuki ist allgemein ein sehr beliebtes Opfer von Nakamuras fiesen Attacken, da dieser es gar nicht leiden kann, wenn Yu sich im Visual Kei - Style kleidet. Da das nun mal zum Hobby des Visu gehört, lässt sich das wohl kaum vermeiden. Es ist dann allerdings besser, wenn man Nakamura nur selten oder besser gar nicht über den Weg läuft. Selbst jetzt noch hängen Yuki ziemlich oft die Haare ins Gesicht, aber irgendwie schafft er es immer in letzter Sekunde noch, den Adleraugen von Nakamura zu entgehen. Häufig ist das auch der Grund wieso sogar die sonst so disziplinierte Hana ein Lachen nicht verkneifen kann. Es war gerade 22:55Uhr, als ich von meiner derzeitigen Arbeit als „Thekenputzer“ aufblickte und in Yu´s lachendes Gesicht blickte. Wie erwartet hing ihm trotz Kopftuch eine Strähne ins Gesicht. „ Du bist aber heute früh dran, Su-chan. Machst du etwa Sonderschichten oder was? Ich dachte heute bin ich mal der erste, aber nein, du musst mir ja immer zuvor kommen. “ Gut gelaunt warf Yuki mir eine Dose Cola zu. Ich fing sie auf ohne auf seine Frage einzugehen. „ Danke Yu, das ist echt nett von dir. Wo bleiben Hana und Kei heute eigentlich? Hast du ne Ahnung?!“ „ Was weis ich was die beiden Schlafmützen solange treiben. Interessiert mich ehrlich gesagt auch gar nicht. Dich etwa?!“ Yuki nahm einen kräftigen Schluck von seiner Cola und wartete nicht mal auf eine Antwort von mir. Er schnappte sich einen nassen Lappen und fing an die Tische zu putzen, auf denen noch der Dreck von letzter Nacht war.

„Nein, schon in Ordnung. Ich hab ja nur gefragt. “

„ Hey, sag mal Su, wie läuft es eigentlich mit deinen Geschwistern? Kommt ihr klar? Wenn du Hilfe brauchst dann kannst du immer auf mich zählen, dass ist dir schon klar, oder nicht?! “ Yuki sah kurz von seiner Arbeit auf und warf mir einen ernsten Blick zu. „ Natürlich weis ich das Yu. Das hast du mir schon sooft gesagt, Yu… ich komm schon klar. Ich weis deine Hilfe echt sehr zu schätzen, aber du hast doch sicher auch eigene Probleme um die du dich kümmern musst, nicht wahr?! Nimm dir das bitte nicht so sehr zu Herzen.“ Für einen Moment dachte ich wirklich Yuki würde sich umdrehen und mir ein Messer in den Körper rammen, so verärgert sah er mich an. Er ließ alles stehen und liegen, kam auf mich zu und packte mich grob an den Schultern: „ Nicht so zu Herzen nehmen... Hast du nicht mehr alle Tassen im Schrank oder was ist los? Was soll ich mir denn deiner Meinung nach sonst zu Herzen nehmen, wenn ich mich nicht mal mehr um einen Freund kümmern darf. Hättest du es wohl lieber wenn du elendig draußen auf der Straße ver…“ „ Sagt mal habt ihr beiden ein Problem oder was? Los, sofort wieder an die Arbeit oder muss ich euch erst noch ein paar Manieren beibringen?“ Plötzlich stand Herr Nakamura vor uns und schrie uns an. Er musste den Streit mitbekommen haben. Yuki zuckte vor Schreck so stark zusammen, dass er sich den Kopf an der Bar stieß und ein Glas zu Boden fiel, das in tausend Scherben zerbrach. Jetzt flippte Nakamura total aus. Er packte Yuki an den Haaren und zog in zu sich heran, gerade als er ausholen wollte, um Yuki eine Ohrfeige zu verpassen, stellte ich mich zwischen die beiden und bekam den Schlag direkt ins Gesicht. Ich spürte wie mir warmes Blut aus meiner Nase floss, mein Kinn hinunterlief und auf den Boden tropfte. Yuki konnte sich von Nakamura losreißen und kniete sich auf den Boden herab, wo ich mittlerweile kauerte. Er schlang seine Arme um mich, während hinter uns Herr Nakamura aus dem Lachen nicht mehr herauskam: „ Haha, ich hoffe das ist euch jetzt eine Lehre. Wenn dein dreckiges Blut und die Scherben nicht in fünf Minuten aufgeräumt sind, dann gibt’s Ärger. Und…ach ja… Minami… Takeo… ihr werdet heute Abend ein paar Überstunden machen, um das Geld für das Glas, dass Minami zerbrochen hast wieder aufzubringen, ist das klar?! Eigentlich würde ich das Minami ja allein machen lassen, aber du musstest dich ja unbedingt einmischen. Hahaha! “ Nakamura entfernte sich schadenfroh in sein Büro, doch damit waren nicht alle Probleme verschwunden. Im Türrahmen, konnte ich das grinsende Gesicht von Kei erkennen, der beide Arme vor der Brust verschränkt hatte und lässig an der Wand lehnte. „ Da hat`s euch Nakamura aber gezeigt, nicht wahr?! Ein Glück das ich nicht so doof bin wie ihr, sonst müsste ich ja Angst um meinen Job und mein Leben haben. Dann wischt mal schön, Nakamura hat eurer Kollegin und mir gerade für heute frei gegeben, er war sich sicher dass schafft ihr auch allein, hahaha.“ Nach diesen Worten, drehte er sich um und verschwand lachend aus dem Lokal. „ Ah, dieser Mistkerl, ich könnte ihn in der Luft zerreißen und mit meinen eigenen Händen er…“ „ Yuki, hör auf. Es reicht. Wenn du dich jetzt unnötig aufregst bringt das auch nichts, du…“ „Scheiße…Su geht’s dir gut? Hoffentlich hast du dir nichts gebrochen. Deine Nase sieht total schlimm aus. Warte, ich hol dir einen Eisbeutel. Das blutet echt verdammt stark, hast du Schmerzen?“ Yu stand auf und ging Richtung Medizinschrank. Dort waren in der Regel immer alle Sachen, die man so brauchte wenn man sich beispielswiese an einem Glas schnitt oder sonst irgendwie verletzte. Er befand sich gut versteckt hinter den Tresen. Yu musste nicht lange suchen, bevor er mit dem Beutel in der einen und einem Pflaster in der anderen Hand wieder auf mich zukam. „ Nein, geht schon. Es tut nicht sonderlich weh. Lass uns lieber schnell hier aufräumen bevor Nakamura hier wieder auftaucht. Du hast wegen mir schon genug Ärger. “ Yuki kniete sich wieder zu mir runter und drückte mir das Eis sanft auf die Nase. Es tat nicht gerade gut, aber es half. Nachdem es endlich aufgehört hat zu bluten, klebte Yu mir noch das Pflaster quer über die Nase und musste sich ein Lachen verkneifen, weil es scheinbar so lustig aussah: „ Hihi, irgendwie erinnerst du mich jetzt ja total an einen Clown. Siehst ein bisschen so aus wie nach einer Kneipenschlägerei. “ Yu stupste mich leicht mit seinem Zeigefinger an der Nase an und seine Miene verfinsterte sich plötzlich wieder schlagartig: „ Nicht ich hab wegen dir schon genug Probleme, sondern du wegen mir, Suri. Immerhin hab ich doch das Glas runter geworfen und du hast dafür Ärger bekommen. Außerdem musst du wegen mir jetzt länger bleiben und was ist wenn sich deine Geschwister um dich Sorgen machen? Das ist alles meine Schuld, Su. Bitte verzeih mir! Es tut mir wirklich schrecklich Leid, dass musst du mir glauben.“ Yuki machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter und ließ seinen Kopf niedergeschlagen hängen. Ich konnte es nie mit ansehen, wenn er schlecht gelaunt oder traurig war und deswegen versuchte ich ihn so gut es ging aufzuheitern: „ Jetzt hör mal Yu. Das ist nicht deine Schuld. Sen und die anderen kommen schon klar, bis ich zuhause bin, schlafen sie doch sowieso noch. Wenn ich dich vorhin nicht so blöd angemacht hätte, dann hätte Nakamura nicht mal einen Grund zum schimpfen gehabt, also mach dir deswegen jetzt keinen Kopf. Das kriegen wir schon hin, okay?!“ „ Weist du was, Su? Du bist echt der allerbeste Freund, den es auf der Welt gibt und das meine ich ernst. Ich werde das auf jeden Fall wieder gut machen, das verspreche ich dir, einverstanden?“ Yu umarmte mich so fest, dass ich kaum noch Luft bekam. Ich nickte und er half mir hoch, damit wir mit unserer Arbeit weitermachen konnten.



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