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Amicus Draconis - 1st Cycle: Cycle of the Badger

1. Zyklus - Zyklus des Dachses
von

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12. Erinnye

Schmetterlinge...
 

...........................fliegende Blüten....
 

....................................................zart und zerbrechlich
 

Du glaubst, sie seien ein Symbol für Liebe, Romantik und Verletzlichkeit, nicht wahr? Ihre Schönheit, ihre verspielte Flatterhaftigkeit, ihre empfindsamen, hauchzarten Flügel, sie beflügeln die Phantasie, seit je her. Sie erheben sich für einen kurzen Sommer in die Lüfte, verzaubern uns mit ihrer Anmut, um dann unwiederbringlich dem ersten Frost des Herbstes zu erliegen.
 

Doch hast du jemals einen Schmetterling aus der Nähe betrachtet?
 

Sieh sie dir an, sieh sie dir genau an! Achte nicht auf die Flügel, achte auf ihre Gesichter! Ihre glitzernden kalten Augen. Ihre mechanisch-metallischen Robotköpfe. Ihre grässlichen Saugwerkzeuge. Monster sind es, kleine Monster, genau wie alle anderen Insekten. Fliegen. Käfer. Spinnen - Moment, das sind gar keine.
 

Insekten, meine ich. Warum, glaubst du, gibt es so viele Horrorgeschichten über Insekten?
 

Monster...Monster...alles um mich dreht sich, ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Deine Fragen höre ich... verstehe sie nicht. Als sprichst...sprächest du eine andere Sprache. Sprich so, dass ich verstehen kann!
 

Monster...auch ich bin ein Monster. Ich hab' sie alle verraten, die Menschen, denen ich wichtig war, ihre Ideale, ihre Pläne. Die Welt wird jetzt im Dunkel versinken und ich mit ihr.
 

Nein, sie war schon immer dunkel. So zumindest kommt es mir vor. Alles Licht ist erloschen, alle Hoffnung zerbrochen und alles, was einst hell, und strahlend und schön war, ist nicht mehr. Nur die Erinnerung an einen Sommertag, als die zarten Flügel der Schmetterlinge noch im Wind schaukelten...
 

Denn als der Nachtfrost kam, gab es kein Morgen mehr.
 

Nur in den Herzen anderer gab es noch Hoffnung und diese Hoffnung hab ich ihnen geraubt. Weil ich selbst keine für mich hatte. Weil es dunkel in mir war und das Licht anderer keinen Wert für mich besaß. Ich war nicht sorgfältig genug mit dem zarten Lichthauch ihrer Seelen und so habe ich ihn erstickt.
 

Mein Herz hatte Liebe für einen einzigen Menschen und als er von mir ging, ist nichts davon übrig geblieben.
 

Meine schwarze Seele

Hat dir kein Glück gebracht!

Sie riss dein strahlend’ Leben

In die Finsternis der Nacht!
 

Woher kenne ich diese Worte? Und diese Melodie? Ein Zauber, den der Wind mir zutrug?
 

Dein Licht war nicht hell genug,...

die Liebe zu mir

Hat dich verflucht!
 

Hast du jemals geliebt? Deine Augen verraten es mir nicht, sie sind so kalt wie die Augen eines Schmetterlings.
 

Bist du jemals einem Menschen begegnet, der soviel Licht und Wärme besaß, dass alles in dir hell und strahlend wurde? Jemandem, der deine ganze Welt einfach auf den Kopf gestellt hat? Ich bin es, auch wenn die Erinnerung daran weit weg ist, und es mir scheint, als wären Jahrhunderte vergangen, und nicht ein paar wenige Jahre. Vieles von dem, was uns ewig erscheint, ist nur ein Augenblick, ein winziger Tropfen im gewaltigen Strom der Zeit...
 

Plätscher...plätscher.. - und schon ist er vorüber. Alles fließt. Nichts bleibt.
 

Erinnerung,

Ein scharfes Schwert in meiner Brust!

Du warst mein Engel.

Tief in mir, hab ich’s doch gewusst!

Das Böse wird triumphieren!

Triumphieren!
 

Lass mich dir von einer Zeit erzählen, die längst vergangen ist, einer Zeit, in der mein Herz hell und strahlend war, erfüllt von Hoffnung und Liebe. Einem kurzen Sommer, als ich mich in die Lüfte erhob, und mit dem Wind schaukelte. Einem winzigen Tropfen im Strom der Zeit, der durch meine Fingerspitzen glitt und verschwand.
 

Doch damals wusste ich das noch nicht. Damals glaubte ich, Liebe sei für die Ewigkeit.
 

* * *
 

Opening Credits: Disclaimer für jede Menge Songs: Die Pavane ist ein traditionelles französisches Lied, einige kennen sie vielleicht in der InExtremo Fassung. Aber leider, so cool der Song auch klingt, den Text haben sie komplett verhauen, sie sind nicht in der Lage, die einfachsten französischen Wörter auszusprechen “Once upon a December“ ist aus “Anastasia“, “Forever“ von Kamelot, “Sleeping Sun“ von Nightwish.
 

*
 

*
 

Doch tu dein Ärgstes, dich hinweg zu heben,

Für Lebenszeit ich dich gesichert hab;

Nicht länger als dein Lieben wärt mein Leben,

Von deiner Liebe hängt es ja nur ab.
 

Nicht Furcht vor schlimmsten Unrecht mich beschwert,

Wenn schon geringstes macht mein Leben enden.

Ich sehe mir ein bessres Los beschert,

Als das, was deine Laune hält in Händen.
 

Du kannst mich quälen nicht mit Flattergeist,

seit dein Verrat das Leben mir bedroht,

Oh, welch ein Anspruch, der mir Glück verheißt,

In deiner Liebe Glück, und Glück im Tod!
 

Doch was gibt's Holdes, das nicht Furcht befleckt?

Falsch könntst du sein, und ich hab's nicht entdeckt
 

*
 

*
 

Amicus Draconis
 

First Cycle: Cycle of the Badger
 

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Part 12: Erinnye
 


 

Ein Besen kann zwar niemals ein Paar Flügel ersetzen, doch er gehört mit Sicherheit zu den wichtigeren Erfindungen der magischen Gemeinschaft - ich wüsste jedenfalls nicht, wie ich ohne ihn diese endlos langen Sommertage überstehen sollte. Jeden Nachmittag schnappte ich mir meinen Comet, packte ihn in die große Tasche, die eigentlich für Golfschläger gedacht war und fuhr mit dem Bus zur Endstation hinaus, wo der Wald beginnt. Ich hab' mich immer gefragt, was passieren würde, falls ich tatsächlich mal auf einen Golfspieler treffe, der mich dann in ein Gespräch verwickeln will, aber das ist zum Glück nie geschehen.
 

Man sollte meinen, dass es hier draußen von erholsüchtigen Spaziergängern nur so wimmeln müsste, aber seit sie vor fünf Jahren am anderen Ende der Stadt den Freizeitpark eröffnet haben, kommt nie jemand hierher, was ist schon ein lumpiger Wald gegen einen Dreierlooping? Ich bin immer die einzige, die an dieser Station aussteigt, und oft frage ich mich, ob sich der Busfahrer nicht über dieses merkwürdige Mädchen wundert, das täglich mit der riesigen Golftasche in Richtung Wald verschwindet, um am Abend verschwitzt, mit zerzausten Haaren und schmutzigen Klamotten wieder an der Haltestelle aufzutauchen, und dieselbe Strecke zurückzufahren. Doch er hat mich nie gefragt.
 

Was ist schon ein lumpiger Dreierlooping gegen einen Besen im Flug? Wenn ich durch die Luft jage, den Wind und die Sonne im Gesicht, dann könnte ich alles andere vergessen. Und selbst wenn ich statt der Sonne Regen auf der Haut spüre, ist es ein wunderbares Gefühl. Ich glaube sogar es ist das, was meine Mutter "eins mit sich selbst und der Welt werden" nennt, denn nirgendwo fühle ich mich so herrlich lebendig wie auf einem Besen, der mit 50 Meilen pro Stunde über ein grünes Blätterdach jagt. Oder einfach mittendurch.
 

Seit letztem Jahr hatte die Fliegerei aber noch einen anderen, viel pragmatischeren Grund. Roger Davies, der Captain von unserem Quidditch Team hatte mir nämlich bescheinigt, dass ich ein waschechtes Talent wäre und es mit etwas Übung vielleicht in unser Quidditch Team schaffen könnte. Das war natürlich ein ganz besonderer Ansporn und deshalb trainierte ich diesen Sommer besonders hart. Ich war mir sicher, dieses Jahr würde ich genau die kleine Portion Glück haben, die ich noch brauchte, um es bei den Tryouts zu schaffen. Schließlich kamen die meisten Team Neulinge aus der vierten Klasse. Leute, die jünger waren, als vierzehn oder fünfzehn, schafften es nur ganz ganz selten.
 

Und das Glück verließ mich nicht - bis zu dem Tag in Hogwarts, als ich zum zweiten Mal für mein Team spielen sollte. Dieser Tag war alles andere als ein lauer Sommertag. Es war ein kalter garstiger Januarmorgen, an dem es stürmte und hagelte....
 

.................................................................................................................................................................................January,1994
 

Mit aller Kraft umklammerten Cho's kältestarre Finger den hölzernen Stiel ihres Besens, als eine erneute Windbö durchs Stadion brauste und sie mehrere Fuß vom Kurs abbrachte. Noch hatte der Snitch sich nicht gezeigt, das einzige Glitzern im düsteren Grau der Wolken waren die Lichtreflexionen auf den unaufhörlich prasselnden Hagelkörnern. Eisregen - so nannte man es, hart und kalt und doch brennend auf der Haut, wenn die Körner sich ihren Weg durch die Ritzen und Falten der Kleidung bahnten.
 

Trotz der vor Nässe schweren Quidditchrobe schien es dem Wind ein Leichtes zu sein, ihren Besen wie eine lästige Fliege von einem Eck des Spielfeldes ins andere zu jagen. Mühsam lenkte sie den Comet wieder zur Mitte, duckte sich unter einem Bludger hindurch und versuchte durch das Chaos aus Regen und Sturm hindurch, etwas vom Spiel zu erkennen. Zwar hörte sie am Lärm der Menge, wenn jemand Punkte machte, nicht aber für welche Mannschaft sie waren und selbst der Kommentar von Lee Jordan wurde von den myriardenfachen Aufschlägen der prasselnden Körner übertönt.
 

Egal! Hatte Roger ihr nicht eingeschärft, dass sie sich um nichts anderes, außer den Snitch zu kümmern brauchte?
 

Schmerz, feuriges Eis in ihrem Gesicht, als Wind und Kälte sich teilten, in kleine stechende Nadeln zersplitterten. Klingen. Flirrende Lichtdolche. Das Zucken eines grünsilbernen Blitzes.
 

Haarscharf jagte der gegnerische Seeker an ihr vorbei, er hatte Fährte aufgenommen, ein winziges goldenes Funkeln in all dem Grau. Sein Umhang bauschte sich, den schmalen kleinen Körper eng an den Besen gepresst, zischte er vorwärts, sie sah nur noch das Schillern seines hellen Haares über all dem Grün.
 

Malfoy war ein Jahr jünger als sie, im dritten Schuljahr und dennoch hatte er es schon geschafft, sich eine Art Ruf aufzubauen. Roger hatte sie eindringlichst vor seiner Rücksichtslosigkeit und seinen hinterhältigen Methoden gewarnt.
 

Sie wendete, ihre liebste Taktik war es ohnehin, dem Gegner zu folgen, darauf zu warten, dass er den Snitch erspähte und ihn während der Jagd hinter sich zu lassen. Ihr Comet war nicht der Schnellste, schon gar nicht in einem Duell mit einem Nimbus 2001, aber sie besaß ein hohes Reaktionsvermögen und war unheimlich geschickt darin, auch bei hoher Geschwindigkeit die Richtung zu ändern. Das verschaffte ihr einen gewissen Vorteil, denn jeder Besen war nur so gut, wie sein Reiter und das Gerücht ging, Malfoy habe sich ins Team eingekauft.
 

Der Snitch drehte sich um seine Achse und fiel steil nach unten. Ein Vorteil für sie, Malfoy war noch ein ganzes Stück über ihr und sie wusste ihn zu nutzen. Wie ein Pfeil schoss sie auf den Boden zu, sah wie das weißglänzende, mit Frost überzogene Gras rasend schnell näher kam. Aber normalerweise war der Snitch immer im letzten Augenblick wieder aufgestiegen, es war für ihn nicht üblich auf der Erde, oder sonst irgendwo zu landen.
 

Wo war Malfoy? War das sein warmer Atem, den sie durch die klirrende Kälte spürte? Oder bildete sie sich etwas ein? Egal, jetzt galt es nach vorn zu sehen, sie ließ den Besen mit einer Hand los, streckte den Arm nach vorne, jetzt gleich war es soweit, sie glaubt schon den Luftzug der winzigen Flügel an ihren Fingerspitzen zu spüren...
 

Ein heftiger Schlag stieß ihren Arm zur Seite, eine kleine blasse Hand schoss an ihr vorbei und schmale Finger umkrallten den goldenen Ball, so dass die Knöchel unter der ohnehin schon hellen Haut weiß hervor traten. Einen Augenblick noch blieb das Bild stehen, so deutlich, dass sie diese Hand noch immer vor sich sah, als sie schon überhaupt nichts mehr sehen konnte.
 

Dann krachte sie mit voller Wucht gegen den eisigen Boden, und die Welt versank in Dunkelheit.
 

* * *
 

Das war es also gewesen! Mein zweites Quidditch Spiel! Und dabei war mein erstes, das im November gegen Hufflepuff so gut gelaufen! Schließlich hab' ich den ganzen Sommer lang trainiert und das sogar mit einem - beinahe - richtigen Quidditch Ball! Den hat mein Vater mir nämlich im April zum vierzehnten Geburtstag geschenkt. Es ist kein richtiger Quidditchball, er ist sozusagen eine Mischung aus allen dreien: Quaffle, Bludger und Snitch. Mit ein paar einfachen Sprüchen kann man ihn nämlich dazu bringen, einen entweder anzugreifen, plötzlich anzuhalten, oder mit Höchstgeschwindigkeit davonzufliegen.
 

Dabei kann der Ball das Wäldchen nicht verlassen, er prallt zurück, oder verschwindet und taucht woanders wieder auf. Es ist keine einfache Sache, einen Gegenstand auf diese Weise an einen bestimmten Ort zu binden, mein Vater muss in diesem Wald gewesen sein und ihn dort verzaubert haben, und dieser Zauber war mit Sicherheit sehr mühsam und zeitaufwendig. Das ist typisch mein Vater, obwohl er bedingt durch seine Arbeit kaum zu Hause sein kann, findet er noch die Zeit für solche besonderen Geschenke. Er hat mich damit glücklicher gemacht, als er es mit teurem Schmuck, und exklusivem Schnickschnack je könnte.
 

Mein Vater ist Koreaner und von Beruf Botschafter für das koreanische Ministerium der Magie. Deswegen ist er fast immer irgendwo unterwegs, auf Empfängen, und allerhand politischen Meetings, auf denen mehr Reden geschwungen werden, als dass sie irgendeinen praktischen Sinn hätten, verrät er mir mit einem Augenzwinkern. Er ist auch schon in ziemlich vielen Ländern herumgereist und als ich noch ganz klein war, sind Mutter und ich mitgekommen. Seit ich elf bin, gehe ich nach Hogwarts und sehe meine Eltern nur im Sommer und über Weihnachten. In den Sommerferien findet Vater meist ein wenig Zeit für mich, denn im Sommer gibt es diesen einen Monat, in dem die Politik praktisch zum Erliegen kommt, ebenso wie das gesellschaftliche Leben.
 

Wo Vater wohl jetzt gerade war? Hatte er die Sache mit meinem Sturz mitbekommen? Hoffentlich machte er sich nicht zu viele Sorgen...
 

.........................................................................................................................................................................January,1994
 

"Sie haben Post bekommen, Miss Chang!“ Madam Pomfrey öffnete das Fenster, um Cho's Waldkauz hereinzulassen. Die kleine Eule segelte im Gleitflug durchs Krankenzimmer, um sich schließlich anmutig auf dem Bett des Mädchens niederzulassen.
 

Schon am Umschlag erkannte Cho, dass Vater wieder in Korea sein musste, der Brief trug das Siegel des Ministeriums. Hastig riss sie ihn auf und überflog die wenigen Zeilen, die offensichtlich in großer Eile geschrieben worden waren. Er hatte sich Sorgen gemacht, er hätte sie gerne besucht, wenn Zeit dazu gewesen wäre und er hoffte, dass sie bald wieder gesund sein würde. Und natürlich solle sie ihm sobald wie möglich schreiben...
 

Cho faltete den Brief wieder zusammen und legte ihn unter ihr Kopfkissen. Das mochte vielleicht albern sein - schließlich war sie jetzt ein Teenager, aber es war ihr vollkommen egal.
 

Von Mutter hatte sie keinen Brief bekommen, aber damit hatte sie auch nicht wirklich gerechnet. Sie strich ihr Kopfkissen wieder glatt, wandte sich um und griff nach der Teetasse auf ihrem Nachttischchen.
 

"Hey, Cho!" Beinahe hätte sie die Tasse fallen lassen, so sehr hatte Roger's Stimme sie erschreckt. Ihr Captain musste wohl schon eine Weile abwartend im Türrahmen gestanden haben. Wie es schien, hatte er sie nicht beim Lesen unterbrechen wollen.
 

Roger Davies war Fünftklässler, ein großer schlaksiger Junge mit haselnussbraunen Haaren und Augen. Seinem sympathischen Lächeln konnte kaum ein Mädchen widerstehen und sein Ruf als Herzensbrecher eilte ihm weit voraus. Ein wenig zu Unrecht, fand sie, er war eigentlich kein Playboy, auch wenn er gern flirtete.
 

"Und ist noch alles dran?" flachste er, doch seinem scherzhaften Ton gelang es nicht ganz, die Sorge zu überspielen. "Madam Pomfrey sagt, du solltest dich noch schonen."
 

Cho schenkte ihm ein beruhigendes Lächeln. “Sie behält mich noch bis morgen hier, zur Beobachtung, aber dann darf ich raus. Nur wegen dem Training...sie sagt, ich muss es langsam angehen lassen...“
 

Ihre Miene hellte sich wieder auf: “Und wenn schon, das Spiel gegen Gryffindor ist doch erst im Februar. Bis dahin bin ich bestimmt wieder fit. Und das nächste Mal werd ich’s bestimmt nicht vermasseln, das versprech’ ich dir!“
 

“Hey, mach dir keinen Kopf! “Roger griff nach ihrer Hand und drückte sie. “Du hast dich wirklich reingehängt, es war nicht deine Schuld. Gegen Slytherin hätten wir wahrscheinlich sowieso verloren, denen hat seit Weasley keiner mehr den Pokal streitig gemacht. Wer weiß, vielleicht...“ Er stockte.
 

“Was ist los?“ fragte Cho mitfühlend.
 

Er seufzte, und sein Gesichtsausdruck wurde ernst. “Ich bin eigentlich nicht hergekommen, um mit dir über Quidditch zu reden. Es ist eher so was, wie ein privater Besuch.“
 

“Privater Besuch?“ Verständnislos wiederholte Cho seine letzten Worte.
 

Roger wurde über und über rot. “Ich wollte dich fragen, ob du...na ja, wenn du wieder gesund bist und so...also, ob du dann vielleicht mal mit mir ausgehen möchtest?“
 

Sie wunderte sich, warum sie so überrascht war. Eigentlich hätte sie es kommen sehen müssen, so wie Roger sich in der letzten Zeit verhalten hatte, aber dann, er war zu allen Mädchen immer sehr freundlich und gentleman-like.
 

“Ich weiß, das hier ist nicht ganz das richtige Ambiente,“ Roger grinste, wahrscheinlich wollte er seine Nervosität überspielen, weil sie nicht sofort reagiert hatte. “Eigentlich hatte ich geplant, dich auf der Party nach dem Spiel zu fragen, so ganz romantisch bei Kerzenlicht und Musik, aber leider hat das Schicksal wohl anders entschieden...“
 

Sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Roger war wirklich süß mit seinen großen braunen Augen und seiner jungenhaften Unbeholfenheit. Aber als festen Freund? Sie mochte ihn als Kumpel, respektierte ihn als Captain, aber verliebt war sie nicht in ihn. Und ein gemeinsamer Besuch in Hogsmeade würde mit Sicherheit nichts an ihren Gefühlen ändern.
 

Er würde über ihre Antwort enttäuscht sein, das war ihr klar, auch wenn sie sich natürlich bemühen würde, ihm so zartfühlend wie möglich abzusagen. Aber lieb und süß und nett - das reichte nun mal einfach nicht aus. Dazu kam noch, dass Roger bereits eine ganze Reihe von Ex-Freundinnen hatte und sie noch überhaupt keine Erfahrung und das missfiel ihr. Sie wollte nicht Teil einer Reihe sein. Sie wollte jemanden lieben, der sie und nur sie liebte.
 

War das albern? War es albern an die einzige und wahre Liebe zu glauben? War es albern zu glauben, dass irgendwo da draußen in der Welt ein Mensch war, den das Schicksal für sie bestimmt hatte, genauso wie sie für ihn bestimmt war?
 

Es würde die pure Magie sein, diesem Menschen zu begegnen. Als ob die Zeit stillstehe und das Universum für einen Augenblick den Atem anhielt...
 

* * *
 

Endlich Sommerferien! Zeit, zu meinen Eltern nach Hause zu fahren und natürlich zu meinem geliebten Trainingswäldchen. Nur schade, dass Vater diesmal nicht heimkommen wird, er hat so viel Stress und überall ist Panik, denn diese Sache mit dem entflohenen Death Eater hält alle auf Trab. Es ist das erste Mal überhaupt, dass jemand aus Azkaban entfliehen konnte und die ganze magische Gemeinschaft ist dadurch in Aufruhr versetzt.
 

Ich nicht. Ich war jetzt fünfzehn, hatte immer noch nichts außer Quidditch im Kopf und Politik interessierte mich nicht die Bohne. Mochte dieser Black auch eine nette Gruselgeschichte vor dem Schlafengehen abgeben, so hatte er doch gewiss Besseres zu tun, als mich in meinem Wäldchen beim Quidditch Training zu stören. Ich jagte meinem Ball hinterher und stellte zufrieden fest, wie ich immer besser wurde.
 

Der Tag war schwül und sonnig gewesen, doch am Abend geriet ich in ein heftiges Gewitter. Ich hatte es zu spät bemerkt, da ich wieder einmal mit meinen Gedanken in den Wolken schwebte. Erst als ich schon im Bus nach Hause saß, fiel mir ein, dass ich mich hätte trocken und sauber hexen sollen, als ich noch nicht unter Leuten war, die mich mit leicht pikierten Blicken betrachteten. Jetzt war es natürlich zu spät und ich konnte darauf wetten, dass Mutter nicht begeistert sein würde.
 

Meine Mutter ist Japanerin, von Beruf Teemeisterin. Neben allen möglichen Sommer- und Winterfassungen der Teezeremonie beherrscht sie die Kalligraphie, das Ikebana, das zeremonielle Bogenschießen und das Spiel auf der Shamisen. Sie dichtet Haiku, zeichnet traditionelle Manga mit Tierfiguren, oder schnitzt sie in Holzplatten ein. Ich frage mich, ob es überhaupt etwas gibt, das sie nicht kann. Unser ganzes Haus ist ein einziges Museum an Blumengestecken, Kalligraphien, und Manga-Holzschnitten, doch keinesfalls so, dass es überladen wäre, das könnte meiner Mutter nie passieren. Das Chi fließt in allen unseren Räumen perfekt, denn Mutter ist perfekt. Was für eine Schande für unser Haus, dass ich es nicht bin.
 

Mutter war in der Küche, als ich unser Haus betrat. Hatte ich vergessen zu erwähnen, dass sie eine perfekte Köchin ist? Auf mein fröhliches 'Tadaima' reagierte sie kaum, auch nicht darauf, als ich sie fragte, ob ich ihr beim Abendessen helfen solle. Ich nahm es schließlich für ein 'Ja' und nachdem ich meine nassen schmutzigen Sachen gegen eine frische ordentliche Yukata ausgetauscht hatte, leistete ich ihr Gesellschaft...
 

.........................................................................................................................................................................July,1994
 

"Soll ich das Gemüse klein schneiden?"
 

Fragend blickte Cho ihre Mutter an, erhielt jedoch nur einen Seufzer zur Antwort. Mutter beherrschte ein ganzes Regiment an Seufzern, ebenso wie an vorwurfsvollen Blicken. Oftmals konnte das viel wirkungsvoller als Worte sein.
 

Cho schnappte sich ein Messer und begann Lauch und Karotten zu häckseln. Mit dem Zauberstab wäre es sicher einfacher gewesen, aber bei den Changs wurde fürs Kochen keine Magie verwendet, genauso wenig wie für die meisten anderen Hausarbeiten. Wer sich vor niederer Arbeit drückte, wurde im nächsten Leben mit Sicherheit eine Ameise, damit er die hohe Tugend der Bescheidenheit lernte.
 

Dann schon lieber ein Käfer, die konnten wenigstens fliegen.
 

Mutter war mit dem Fleisch beschäftigt, während im Topf bereits eine klare Brühe köchelte. Das Ganze würde eine leckere Udon Nudelsuppe ergeben, wenn es fertig war. Zu dumm, dass Vater in Korea war, er liebte diese Nudelsuppen über alles. Aber vielleicht...
 

Cho fragte sich, wann ihre Mutter sich dazu bequemen würde, mit ihr zu sprechen, aber für den Moment bekam sie nur einen weiteren Seufzer zu hören. "Kind," sagte sie schließlich, als Cho das Brett hob, um das klein geschnittene Gemüse in den Topf zu werfen, "du weißt doch ganz genau, dass das Gemüse zuletzt hineinkommt, damit es nicht verköchelt!"
 

"Gomen," entgegnete Cho fast automatisch, und legte das Brett wieder ab. Da es jetzt nichts mehr für sie zu tun gab, zum Tischdecken war es noch etwas zu früh, stand sie abwartend in der Küche herum.
 

"Nimm das gute Geschirr," sagte Mutter schließlich. "Vater kommt heute Abend, er wird übers Wochenende zu Hause bleiben."
 

"Tatsache?" Für einen Moment vergaß Cho jede Zurückhaltung und machte einen Luftsprung. "Oka-san, warum hast du mir das nicht schon früher gesagt? Du musst es doch schon seit ein paar Tagen wissen, oder hat es sich heute erst ergeben?"
 

"Seine Eule kam am Dienstag," Mutters Ton war vorwurfsvoll. "Hätte ich gewusst, dass meine Tochter Interesse an den Dingen hat, die sich unter unserem Dach abspielen, hätte ich es ihr natürlich schon früher erzählt."
 

"Gomen," wiederholte Cho, und merkte gleichzeitig, wie genervt ihre Stimme klang. "Was soll das eigentlich?" brach es plötzlich aus ihr heraus, "warum tust du immer so, als würd' ich Quidditch spielen, nur um dich zu ärgern? Ist es so schwer zu verstehen, dass es mir einfach Spaß macht?"
 

Mutter sah sie nicht an, sie nahm lediglich das Brett, um das Gemüse in die Suppe zu werfen. "Deck' jetzt bitte den Tisch, damit alles bereit ist, wenn Vater eintrifft," erklärte sie und Cho war klar, dass sie jetzt keine Antwort von ihr bekommen würde. Resigniert holte sie die Schälchen und Essstäbchen aus dem Schrank.
 

Als sie ins Esszimmer kam, bemerkte sie, dass die seidenen Sitzkissen um den Tisch lagen, ein weiteres unmissverständliches Zeichen dafür, dass sie den Abend nicht zu zweit verbringen würden. Sie setzte das Geschirr ab und begann alles so zu arrangieren, dass es dem strengen Auge ihrer Mutter gefällig wäre. Da hörte sie auch schon das Klingeln und wetzte, so schnell es ihre Strohsandalen erlaubten, zur Tür.
 

Wie nahezu alle Häuser magischer Familien, hatte auch das Haus der Changs einen Apparationsschutz, zur Sicherheit gegen ungebetene Gäste. Das bedeutete natürlich, dass auch Vater draußen vor dem Tor zum Garten Apparierte, und das Haus ganz normal durch die Tür betrat. Als Cho öffnete, hatte er bereits seinen Umhang abgelegt, und seine Straßenschuhe gegen Strohsandalen getauscht.
 

Nachdem sie ihm auf ganz unverschämt westliche Weise um den Hals gefallen war, (und er sie auf genauso unverschämt westliche Weise an sich gedrückt hatte) besann sie sich wieder auf ihre gute Kinderstube und nahm ihm Umhang und Schuhe ab, um sie in der Garderobe zu verstauen. Mutter kam in den Flur getrippelt, zwitscherte die üblichen Begrüßungsfloskeln und rang um Fassung, als sie einen unverschämt westlichen Kuss auf die Wange gedrückt bekam, als wären Vater und sie zwei Teenager, die einen auf amerikanisch machen wollten. Aber Vater lachte nur gutmütig über ihre Verlegenheit und als er sie anstrahlte, konnte auch sie sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen.
 

Beim Essen wandte sich das Gespräch allerdings ernsteren Themen zu, dem aus Azkaban geflohenen Death Eater, der die Zaubererwelt in Atem hielt. "Auch bei uns im Ministerium ist man ziemlich besorgt," erklärte Vater, "Black könnte überall sein und die großen Versprechungen des englischen Ministeriums helfen uns auch nicht weiter. Auch wenn sie noch so oft sagen, es wäre alles nur eine Frage der Zeit."
 

Er machte eine Pause. "Aber ich rede immer nur von mir und meiner Arbeit. Wie läuft's bei dir, Izumi-chan? Und du, junge Dame, bist du brav?"
 

Cho konnte nicht gleich antworten, da sie den Mund voll Suppe hatte, also ließ sie Mutter reden. Ganz nach Tradition hatte sie sich nur sehr wenig zu essen genommen, damit sie ihre Aufmerksamkeit dem Hausherrn widmen konnte. Cho selbst allerdings war nach der ausgiebigen Fliegerei zu hungrig, um sich an Traditionen zu halten. Sie ignorierte Mutters strafenden Blick und futterte munter weiter.
 

“In unserem Hause geht alles seinen gewohnten Gang,“ entgegnete Mutter und Cho konnte diesmal nicht erkennen, ob ein versteckter Vorwurf in ihrer Stimme lag. Vielleicht erfüllte sie nur ihre Pflicht als Hausherrin, und versicherte ihrem Gatten, dass er sich um die Familie keine Sorgen zu machen brauche.
 

“Ich helfe zu Hause,“ erklärte Cho hastig. Das war ja auch nicht gelogen, schließlich hatte sie beim Kochen mitgeholfen und den Tisch gedeckt. War es ihre Schuld, dass Mutter nie mit etwas zufrieden war? “Soll ich abräumen, und den Nachtisch bringen?“ fügte sie in einem verzweifelten Versuch sich nützlich zu machen, hinzu.
 

“Bitte tu das, Kind.“ Mit einem Nicken bedankte sich Mutter, während Vater sich schon die Lippen leckte. Honigfrüchte gehörten genau wie Udon Suppe zu seinen Lieblingsspeisen.
 

Cho hatte gerade das Blech mit den gebackenen Früchten aus dem Ofen geholt und war dabei, diese ordentlich in eine flache Schale zu legen, als sie hinter sich Schritte hörte. Vater hatte die Küche betreten, mit einem glücklichen Ausdruck auf dem Gesicht, sog er den frischen warmen Duft ein. “Ich konnte es nicht abwarten, “meinte er fast entschuldigend, aber ihr war klar, dass er den Moment gesucht hatte, um kurz mit ihr allein zu sprechen. Mit Sicherheit war ihm die gespannte Atmosphäre zwischen Frau und Tochter aufgefallen.
 

“Was hat Mutter dir erzählt?“ fragte Cho und ihr Blick verdüsterte sich. “Dass ich ein störrisches ungezogenes Mädchen bin, und nichts als Schwierigkeiten mache?“
 

“Sie hat nichts dergleichen gesagt.“ Vater’s Stimme wurde ernst. “Du solltest deine Mutter besser kennen, Cho-chan, sie würde niemals so über dich sprechen.“
 

“Aber sie denkt so!“ Trotzig packte Cho das Fläschchen mit dem Honig, als wolle sie es erwürgen und schüttete die klebrige Flüssigkeit in die Schale. “Auch, wenn sie es nicht ausspricht.“
 

“Woher willst du wissen, was andere Menschen denken?“ Es war typisch für Vater auf eine solche Behauptung mit einer Frage zu antworten. Logisch betrachtet hatte er natürlich Recht, aber Cho wollte jetzt nicht logisch sein. Mit düsterem Gesichtsausdruck starrte sie zu Boden.
 

Vater hob ihr Kinn mit der Hand an, um ihr ins Gesicht zu sehen. “Deine Mutter liebt dich, Cho. Du darfst das niemals vergessen. Alle eure Probleme miteinander können nichts daran ändern, und eines Tages wirst du es verstehen.“
 

Eine leise Traurigkeit schwang in seiner Stimme mit, als er hinzufügte. “Und ihr seid euch ähnlicher, als du glaubst. Eines Tages wirst du auch das verstehen.“
 

* * *
 

Was fasziniert mich so an Quidditch? Manchmal, zum Glück nicht sehr häufig, treffe ich Menschen, denen ich es erklären muss, Menschen die nicht dieselbe Begeisterung für fliegende Besen, angriffslustige Bälle und sportlichen Wettkampf aufbringen.
 

Interessierst du dich dafür, ich meine, wirklich? Oder soll ich es dir auch erklären? Vielleicht könnte ich es sogar. Die einzige Person, der ich es absolut nicht erklären kann, ist meine Mutter, also habe ich es irgendwann aufgegeben.
 

Soll ich dir was sagen? Quidditch bedeutet mir nichts, absolut nichts. Aber damals im Sommer 1994 war es mein Lebensinhalt und ich tat alles, was in meiner Macht stand, um das Finale der Weltmeisterschaft miterleben zu können. Da mein Vater natürlich keine Zeit hatte und meine Mutter eher einen Kongress über die Artenvielfalt der Flobberwürmer besuchen würde, als ein Quidditchspiel, war die einzige Möglichkeit, die mir blieb, mit der Familie einer Freundin hinzugehen.
 

Ich entschied mich für Lisa Turpin, da unsere Eltern sich flüchtig kannten und die Prozedur der Überredung deshalb nicht allzu schwierig ausfallen sollte. Vater sagte auch sofort ja, aber Mutter sträubte sich wieder einmal fürchterlich. Angeblich hatten die Flammen bei ihrer letzten Feuermeditation Unheil vorausgesehen, aber das war bestimmt wieder nur ein Vorwand, um mir alles zu vermiesen.
 

Damals konnte ich absolut nicht begreifen, warum Mutter alles, was mir wichtig war, immer so herunterputzen musste. Aber egal, am Ende fügte sie sich Vater's Wunsch und ich durfte fahren.
 

Einziger Nachteil bei der Sache: Lisa war genau einer von den Menschen, die keine wirkliche Begeisterung für Quidditch aufbringen konnten...
 

........................................................................................................................................................................August,1994
 

"...aber als Ivanova das erste Tor für die Bulgaren geschossen hat, war ich skeptisch, vielleicht wenn Krum doch gewartet und den Snitch im richtigen Moment gefangen hätte, dann hätten sie...langweile ich dich?"
 

"Ein bisschen," gab Lisa zu und grinste entschuldigend. "Ich meine, das Spiel war wirklich toll und alles, aber du redest jetzt seit bestimmt einer halben Stunde über technische Feinheiten..."
 

"Tut mir leid," seufzte Cho zerknirscht und schob ihren Schlafsack ein wenig zurück. Da es ein heißer Tag gewesen war, war es immer noch warm und stickig in Lisa's Zelt und da die Mädchen bereits ihre Nachtkleidung trugen, wollten sie den Eingang nicht offen lassen. Zu viele feiernde und teilweise betrunkene Leute tobten und torkelten draußen herum und mit Sicherheit würde die Party nicht vor Morgengrauen beendet sein. Auch Lisa's Eltern, die im Nachbarzelt schliefen, waren noch nicht wieder zurückgekehrt.
 

"Willst du lieber schlafen?" schlug Cho ihrer Freundin vor. "Oder wollen wir uns anziehen und noch mal rausgehen?" Sie kicherte bei dem Gedanken und amüsierte sich über Lisa's erschrockenes Gesicht.
 

"Bloß nicht!" Energisch schüttelte Lisa den Kopf, so dass eine weitere Strähne aus ihrem ohnehin schon recht lockeren Haarknoten rutschte. "Ich weiß ja nicht, wann meine Eltern zurückkommen und es gibt einen Riesenkrach, wenn sie hier aufkreuzen und das Zelt leer ist. Mitternacht war eh mehr als großzügig, schließlich bin ich noch keine fünfzehn, so wie du..." Sie gab den Kampf gegen ihre Haare auf und riss entnervt die restlichen Nadeln aus dem Knoten.
 

"Zum Schlafen bin ich noch nicht müde genug," gab Cho zu, "das heißt, müde bin ich schon, aber im Moment noch zu aufgekratzt. Das war ein so wunderbarer Tag heute und die ganzen Eindrücke schwirren mir im Kopf herum, wie wild gewordene Quidditchbälle. Alles geht kunterbunt durcheinander und ich weiß nicht..."
 

"Das Gefühl kenn ich," grinste Lisa. "Weißt du, was dagegen hilft? Du legst dich jetzt auf den Rücken, atmest tief durch und lässt den ganzen Tag noch mal Revue passieren. So, als würdest du alles noch mal erleben. Bring die ganzen kunterbunten Eindrücke in die richtige Reihenfolge."
 

"Okay." Cho holte tief Luft, rollte sich herum und schloss die Augen. Wo wollte sie anfangen? Beim Spiel? Oder schon davor, bei der Ankunft am Campingplatz? Am besten...
 

Lisa stieß einen wilden Schrei aus und im nächsten Moment stand das Zelt in Flammen. Flackernde Feuersäulen schossen wie Pilze aus dem Boden, zischten, züngelten gierig um sie herum. Die Luft war so dicht von Rauch erfüllt, dass die Mädchen die Hand nicht vor Augen sehen konnten.
 

Cho fuhr hoch und saß einen Moment wie erstarrt, während Lisa versuchte, sich von ihrem Schlafsack zu befreien. Wie in Trance hörte sie Leute schreien, dazu fröhlichen Gesang, höhnisches Lachen und trampelnde Schritte. Immer noch total benommen, streckte sie die Arme aus, tastete nach Lisa und schrie auf, als sie eine der vor Hitze glühenden Zeltstangen berührte.
 

Der Eingang! Sie mussten irgendwie den Eingang aufkriegen, sie mussten so schnell wie möglich hier raus. Wo verdammt war ihr Zauberstab? Sie wühlte auf dem Boden herum, bekam ein paar Kleidungsstücke zu fassen, aber nichts davon konnte ihr jetzt helfen. Vage wurde ihr bewusst, dass sie vielleicht irgendwas vor Mund und Nase halten sollte, um sich vor dem Rauch zu schützen, der beißend durch ihre Lungen drang. Nein, dafür war jetzt keine Zeit! Sie musste ihren Zauberstab finden!
 

"Diffindo!"
 

Das Zelt zerriss und kühle frische Nachtluft füllte ihre Lungen. Sie sog sie in sich ein, fühlte wie die Welt um sie herum zurückkehrte. Ihre Augen tränten noch, aber sie konnte Lisa neben sich auf dem Boden erkennen, das andere Mädchen hustete und schnappte nach Luft. Zum Glück schien sie einigermaßen in Ordnung zu sein, aber Zeit für Erleichterung blieb nicht, ein Arm riss sie zu Boden und eine Stimme flüsterte dicht an ihrem Ohr. "Bleibt ganz ruhig und bewegt euch nicht!"
 

Starr vor Schreck blieb sie liegen, unter ihren Händen konnte sie versengtes Gras fühlen. Das Lachen und Singen war jetzt unglaublich laut geworden, überall um sie herum. Da sie den Kopf gesenkt hielt, konnte sie nicht allzu viel erkennen, nicht mehr als einen knappen Streifen Gras vor sich.
 

Und Roben. Lange Roben, die sich durch das Gras zogen. Marschierende Füße. Eine unheilvolle Prozession.
 

"Was geschieht hier?" Lisa's Stimme war nicht mehr als ein angsterfülltes Flüstern, doch ihr geheimnisvoller Retter bedeutete ihr zu schweigen. Cho sah immer noch Füße im Gras, aber es war jetzt anders, sie marschierten nicht, sondern rannten, rannten und taumelten in verschiedene Richtungen.
 

"Kommt hoch, wir müssen hier weg!" Der Druck auf ihren Rücken verschwand, stattdessen packte eine kräftige Hand die ihre, und sie wurde nach oben gezogen. Keinen Augenblick zu früh, denn die trampelnden Füße waren jetzt überall, panische Menschen versuchten zu fliehen und nahmen keinerlei Rücksicht aufeinander.
 

Eine zweite Hand griff nach ihr, Lisa hielt sich an ihr fest, um sie im Getümmel nicht zu verlieren, ohne zurückzublicken hasteten sie durch die Menge. "Was ist hier los?" fragte Lisa noch einmal, aber erst, als sie eine Baumgruppe erreicht hatten, blieben sie zitternd stehen und erlaubten sich, Atem zu schöpfen.
 

"Genau weiß ich es selbst nicht." Im schwachen Licht des Feuerscheins konnte Cho nun endlich das Gesicht ihres Retters sehen und zu ihrer Überraschung handelte es sich um ein bekanntes Gesicht. Das Gesicht eines Jungen mit markanten Zügen und leuchtend blauen Augen, umrahmt von einer Fülle dunkelbraunen Haares.
 

Es war der Captain des Hufflepuff Quidditch Teams, Cedric Diggory.
 

* * *
 

Hinterher haben wir uns nicht mehr wirklich den Kopf zerbrochen, was die seltsamen Leute in den Roben darstellen sollten und was das Ganze zu bedeuten hatte. Wir wussten, dass es ein paar Verrückte waren, die sich - vermutlich unter Einfluss von zuviel Alkohol - einen kranken Scherz mit einigen Muggles erlaubt hatten und dass das Ministerium die Angelegenheit regeln würde. Mit der Zeit verblasste der Schrecken und die Nacht wurde sogar zu einem aufregenden Abenteuer, über das wir hinter vorgehaltener Hand mit unseren Freunden in Hogwarts sprachen.
 

Nach Hogwarts zurückzukehren, bedeutete zunächst mal jede Menge Arbeit, denn ich würde am Ende des Schuljahres meine OWL Prüfungen ablegen. Ich war noch nicht wirklich nervös, bisher war ich immer eine gute Schülerin gewesen. Nicht so gut, wie ich hätte sein können, wenn ich ordentlich gelernt hätte, aber immerhin. Und dieses Jahr würde ich mich mehr anstrengen, das nahm ich mir fest vor.
 

Doch das Jahr sollte noch ein paar weitere Überraschungen für uns bereithalten. Bei seiner Willkommensrede am Abend unserer Ankunft verkündete Professor Dumbledore, dass dieses Jahr die Quidditch Schulmeisterschaft ausfallen würde. Uns blieb nicht mal die Zeit unserer Enttäuschung Luft zu machen, als er bereits mit der nächsten großen Überraschung herausrückte: Dieses Jahr würde an unserer Schule...
 

Warum fragst du überhaupt? Du weißt das doch alles schon...
 

........................................................................................................................................................................November, 1994
 

"Herzlich willkommen, meine Damen und Herren, liebe Schülerinnen und Schüler zur ersten Prüfung des Triwizard Turniers. Wie wir sehen, die Drachen sind bereit, jetzt stellt sich nur noch die Frage, ob unsere Champions es auch sind..."
 

Ludo Bagman lachte über seinen eigenen Witz, bevor er mit seiner kleinen Rede fort fuhr: "Und hier haben wir auch schon unseren ersten mutigen Drachenkämpfer: Cedric Diggory für Hogwarts!"
 

Die Menge johlte, als Cedric aus dem Zelt trat, in welchem die vier Teilnehmer sich aufhielten. Vier anstatt drei, denn Harry Potter's Name war aus unbekannten Gründen ebenfalls in den Gral des Feuers geraten. Ein Rätsel, das bisher nicht geklärt worden war und doch fand Cho es ziemlich unfair, dass sich der kleine Harry diesen ganzen schwierigen Aufgaben stellen musste. Held oder nicht, er war schließlich nur ein Viertklässler und vor diesen schrecklichen Drachen konnte ein erwachsener Mann das Grausen kriegen...
 

Cedric wirkte unheimlich gefasst, wie er vor der riesigen Swedish Short Snout stand. Sein Gesicht war blass, aber seine hellen Augen blieben unverwandt auf sein Ziel gerichtet. Falkenaugen, dachte Cho, als sie ihren Blick nicht von ihm abwenden konnte, es sind die Augen eines Falken. Stolz, edel, und doch voller innerer Ruhe und Weisheit.
 

Die Short Snout stieß ein bedrohliches Fauchen aus und hob schützend die Schwingen über ihre Eier. Blau und silbern glitzerten ihre Schuppen in der kühlen Novembersonne, ihre Hörner waren zum Stoß nach vorn gerichtet. Lang und spitz waren sie diese Hörner, tödliche Nahkampfwaffen. Was hatte sich das Ministerium nur dabei gedacht, die Teilnehmer solchen Gefahren auszusetzen!
 

Die Menge hielt den Atem an, als Cedric seinen Stab hob und einen Zauber aussprach. Leider war der Lärm immer noch so laut, dass Cho den Spruch nicht verstehen konnte. Murmeln, Husten, geflüsterte Unterhaltungen, plötzlich ein Johlen und Schreien. Etwas Kleines, Schwarzes jagte unter dem Flügel der Drachenmutter hervor, sprang bellend in die Höhe...
 

Ein Hund. Ungläubig betrachtete Cho wie die Short Snout erschrocken aufsprang, als der Labrador kläffend um sie herumhüpfte. Ein richtiger Hund hätte schon längst das Weite gesucht, aber dieser war ja nur eine magische Illusion, Cedric dirigierte ihn mit seinem Zauberstab.
 

Er ließ ihn zur anderen Seite laufen, damit die Drachenmutter sich umdrehte und ihm den Rücken zuwandte. Sie würde ihre Eier nicht verlassen, das war klar, aber vielleicht konnte der Hund sie genügend ablenken...was für ein brillanter Plan! Was für ein brillanter Plan!
 

Im nächsten Moment huschte Cedric nach vorne und duckte sich hinter den Flügel des Drachen. Sie bemerkte ihn nicht, ihr Kopf war immer noch abgewandt. Kleine, scharfe Flammenstrahlen schossen aus ihren Nüstern, aber Cedric war geistesgegenwärtig genug, den Hund zur Seite zu lenken, die Illusion hätte dem Feuer nicht standhalten können. Drachenfeuer war so mächtig, dass es die meisten Zauber neutralisierte. Kein Wunder, dass es in vielen Fällen zur Verteidigung eingesetzt wurde.
 

Cho presste die Hände gegen die Brust, fühlte ihr klopfendes Herz. Diese Spannung war nicht mehr auszuhalten. Wie schaffte Cedric es nur so ruhig zu bleiben?
 

Regungslos verharrte er hinter dem Flügel und wartete auf den richtigen Moment. Das einzige, was sich bewegte, waren seine Falkenaugen, blitzschnell schoss sein Blick zwischen dem Drachen, dem Hund und dem Goldenen Ei hin und her...
 

Und dann ging alles so rasend schnell, dass Cho keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Cedric schlüpfte unter dem Flügel hindurch und preschte mitten ins Drachennest hinein. Die Short Snout bäumte sich auf, Feuer strömte aus Nüstern und Maul, der Hund löste sich in Nichts auf und ein gellender Schmerzensschrei übertönte alles andere. Sie hatte ihn erwischt, das Feuer hatte ihn erwischt, doch Cho konnte überhaupt nichts erkennen, der riesige Drachenkörper war im Weg. Oh, hoffentlich war Cedric nicht verletzt! Hatte das Ministerium nicht garantiert, dass das Turnier diesmal viel sicherer sein sollte?
 

Endlich sah sie ihn. Seine Robe stand in Flammen, an Gesicht und Armen hatte er Verbrennungen, die ihn höllisch schmerzen mussten und doch hatte er die Nerven behalten. Er hielt das Goldene Ei fest umklammert, als er vom Nest wegrannte, die Drachenmutter öffnete ihre mächtigen Schwingen, doch sie folgte ihm nicht. Sie wusste offenbar, dass es nicht eines ihrer Kinder war, das der Eindringling aus ihrem Nest entführt hatte...
 

Applaus brach aus, die Menge klatschte, schrie und johlte, einige sprangen sogar auf. Cho war hin- und her gerissen, zwischen Bewunderung für Cedric's großartige Leistung und Angst um sein Wohlergehen. Ludo Bagman hatte wieder angefangen zu kommentieren, doch Cho war jetzt nicht in der Lage, sich auf seine Erklärungen zu konzentrieren. Sie sah, wie die Drachenwärter die Short Snout mit Schlafzaubern beruhigten, wie die kleine pummelige Gestalt von Professor Sprout aus Feld rannte, um Cedric zu gratulieren und seine noch immer brennenden Roben zu löschen, sie sah wie die Turnierrichter ihre Stäbe hoben und die Punkte vergaben, doch all das zog an ihr vorbei wie ein bunter und reichlich verwirrender Traum.
 

Als Professor Sprout Cedric in ein anderes Zelt brachte, damit er dort medizinisch versorgt werden konnte und die Drachenwärter die Welsh Green für das Beauxbatons Mädchen aus ihrem Verschlag ließen, stand Cho auf und drängte sich durch die Menge, die atemlos das nächste Spektakel erwartete...
 

* * *
 

Später hat er immer wieder Witze darüber gerissen, dass er mir nicht ausgerechnet mit einem Gesicht voller orangefarbener Heilpaste begegnen wolle. “Jetzt fehlt nur noch die Gurkenmaske“, hat er gesagt, um seine Verlegenheit zu überspielen und da wusste ich, im Grunde genommen freute er sich darüber, dass ich gekommen war, um mit ihm zu reden. Nicht, dass wir wirklich geredet hätten, da waren zu viele Leute und unsere Verlegenheit sorgte ohnehin dafür, dass uns nichts Geistreiches zu Reden einfiel.
 

Es war nur so das übliche Blabla. ‘Ich hoffe, dir ist nichts passiert, tolle Leistung, danke, es geht schon wieder, wir sehen uns in der Schule...‘
 

Nur, dass das mit der Schule kein Gerede war. Wir sahen uns tatsächlich, erst waren es die zufälligen kleinen Begegnungen im Flur und in der Großen Halle, ein Lächeln, ein Nicken, ein kurzes Gespräch, ein paar liebevolle Blicke. Wir wussten beide nicht so recht, wie es jetzt weitergehen sollte. Wie stellte man so etwas an? Jemanden kennen lernen, Gelegenheiten suchen, miteinander flirten, aber nicht das typische Alltagsflirten, sondern eines, das ehrlich gemeint war. Eines, das nicht wie Jux und Tollerei wirkte. Oder etwas vollkommen anderes, ein ernstes Gespräch über Themen, die wirklich bewegten. Etwas von sich selbst preisgeben.
 

Aber nicht das Falsche...
 

Damals hab‘ ich noch an Schicksal geglaubt. Als Professor Flitwick uns von dem Ball erzählte, der an Weihnachten stattfinden sollte, waren all meine Sorgen plötzlich wie weggeblasen. Etwas Schöneres, Wunderbareres als diesen Ball konnte es gar nicht geben. Wir mussten nicht nach Gelegenheiten suchen, uns nicht den Kopf darüber zerbrechen, welches der nächste Schritt war. Jetzt und hier waren die Weichen für die Zukunft gestellt worden.
 

Ich hab‘ mich nie wirklich gewundert, was passiert wäre, wenn Cedric mich nicht gefragt hätte. Ich hab mir nie Sorgen gemacht, dass er es nicht tun könnte. Ich hab‘ einfach nur darauf gewartet, aber ich wusste, dass es geschehen würde.
 

“Cho, darf ich dich zum Weihnachtsball einladen?“
 

Es war an einem ruhigen klaren Winterabend, als wir nach dem Abendessen die Große Halle verließen. Er wartete am Eingang auf mich, fragte mich ganz höflich, ob ich einen Moment Zeit für ihn hätte und wir gingen gemeinsam nach draußen in die Eingangshalle. Unter einem der spitzen Torbögen blieben wir stehen, sahen für einen Moment lang den Massen an vorbeiströmenden Schülern zu und wussten, dass wir ihnen nicht entkommen konnten. Was wir unter diesem Torbogen besprachen, würde kein Geheimnis bleiben. Hätten wir uns allerdings einen privateren Ort ausgesucht, würde das nur die Gerüchteküche ankurbeln.
 

Seine Frage war genauso höflich, weniger ruhig allerdings, seine Stimme zitterte leicht und er kämpfte gegen die aufsteigende Röte in seinem Gesicht. In diesem Moment sah er wie ein schüchterner kleiner Junge aus, verschreckt und so niedlich, dass man ihn einfach in den Arm nehmen und knuddeln wollte. Dafür war es natürlich noch ein wenig zu früh, aber ich stellte mir vor, wie es wäre, ihm ganz nah zu sein, und mein Herz tat einen solchen Sprung, dass ich beinahe die Antwort vergessen hätte. Und jeder Augenblick, den ich sie hinauszögerte, schien für ihn eine Qual zu sein.
 

“Ich würde mich sehr freuen...“
 

........................................................................................................................................................................December,1994
 

Belle, qui tiens ma vie captive dans tes yeux,

Qui m'as l'âme ravie d'un souriz gracieux,

Viens tôt me secourir, ou me faudra mourir!

Viens tôt me secourir, ou me faudra mourir!
 

Fremd und geheimnisvoll klangen die Worte der melancholischen Pavane in ihren Ohren, als sie an Cedric’s Seite auf die Tanzfläche schritt. Die Pauken gaben einen langsamen, majestätischen Rhythmus vor, während sich die Klänge der Lauten und Dudelsäcke mit den klaren Gesangsstimmen vereinten.
 

Die anderen drei Champions und ihre Begleitungen hatten sich ebenfalls von der runden Tafel erhoben. In ihren bunten Festroben wirkten sie wie Schmetterlinge an einem samtdunklen Abendhimmel, besonders die Mädchen in ihren wehenden langen Kleidern.
 

Oder wie Blütenblätter auf einem schwarzen Zweig...
 

Pourquoi fuis-tu, mignarde, si je suis près de toy,

Quand tes yeux je regarde je me pers dedans moy,

Car tes perfections changent mes actions.

Car tes perfections changent mes actions.
 

Sie war jetzt kein bisschen nervös mehr, obwohl Cedric und sie die kleine Prozession anführten, sehr zum Missfallen von Fleur Delacour, die wahrscheinlich wieder vorn stehen wollte. Aber sie war schon die Erste gewesen, als die Champions vor dem Essen die Große Halle betreten hatten, also konnte sie ruhig auch mal zurückstecken. Cho grinste in sich hinein.
 

Mit sicherem Schritt ging sie vorwärts, lächelte in die erwartungsvollen Gesichter der Menge, spürte den warmen beschützenden Druck von Cedric’s Hand um die ihre, bis er sie loslassen musste. Am Ende der Fläche teilten sich die Paare, die Mädchen gingen nach rechts, die Jungs nach links, genau wie sie es eingeübt hatten.
 

Approche donc ma belle, approche toy mon bien,

Ne me sois plus rebelle puisque mon coeur est tien,

Pour mon mal appaiser, donne moy un baiser!

Pour mon mal appaiser, donne moy un baiser!
 

Sie marschierten aneinander vorbei und aus den Augenwinkeln konnte Cho sehen, dass die anderen Jungs längst nicht so viel Spaß hatten, wie Cedric. Roger ja, er zwinkerte ihr zu, als sie an ihm vorbei ging, aber Viktor Krum trug seine übliche säuerliche Miene zur Schau und der kleine Potter starrte den Boden an und wünschte sich offensichtlich nichts weiter, als dass es endlich vorüber wäre.
 

Ihr selbst ging es alles viel zu schnell. Als sie die große Doppelreihe in der Mitte formten, war das Lied schon halb vorüber und als sie sich letztendlich paarweise auf der Tanzfläche verteilten, konnten sie sich nur noch ein paar Mal drehen, bis die letzte bebende Note des Dudelsackes verklang. Zum Glück begann auch schon der nächste Song, und Cedric führte sie einfach weiter in den nächsten Tanz. Stühle klackten leise, als weitere Paare aufstanden und sich zu ihnen gesellten und bald war die Tanzfläche überfüllt.
 

Sie summte leise die Melodie mit, als sie sich auf dem Parkett drehten. Cedric war ein guter Tänzer, sie konnte sich einfach von ihm führen lassen und den Augenblick genießen. Lange redeten sie überhaupt nicht miteinander, ließen sich vom Spiel der Musik treiben, als wären es Wellen, die sacht gegen einen Strand schlugen.
 

“Soll ich uns etwas zu trinken besorgen?“ wollte Cedric schließlich wissen. Cho hätte am liebsten einfach weitergetanzt, aber dann würde der Abend irgendwann vorüber sein und die Gelegenheit Cedric besser kennen zu lernen, wäre verpasst. Also nickte sie, strich sich eine verschwitzte Haarsträhne aus der Stirn und folgte ihm zu ihrem Platz.
 

Sie hatte sich Mühe gegeben, heute Abend gut auszusehen, sie trug ein langes rotes Trägerkleidchen mit asiatischen Stickereien auf Überrock und Decolleté. Ihr Haar war teilweise hochgesteckt, ein kleiner von silbernen Spangen gehaltener Knoten schmückte den Hinterkopf, aber der größten Teil der schwarzen Flut fiel glatt und schimmernd ihren Rücken hinunter. Und doch - immer wieder spürte sie die Unsicherheit hinter den bekannten Schönheiten des Balles zurückstehen zu müssen.
 

Die lebhafte Angelina Johnson schlug mit ihrer fröhlichen und schwungvollen Art alle in ihren Bann. Die französischen Mädchen sahen einfach bezaubernd aus, in Seide und Spitze und die unübertroffene Schönheit des Abends war ein Mädchen, welches sie nicht einmal kannte. Alles, was sie über Viktor Krum’s Partnerin wusste war, dass sie zu Harry Potter’s Freundeskreis gehörte, aber ansonsten war sie ihr nie sonderlich aufgefallen.
 

Was dachte Cedric über all diese Mädchen? Fand er sie hübscher, als sie? Zum ersten Mal kamen in Cho Zweifel auf, Zweifel ob sie die Zeichen wirklich richtig gedeutet hatte. Was wenn Cedric einfach nur nett sein wollte? Oder schlimmer noch, wenn er so war wie Roger, einer der einfach keinem Mädchen widerstehen konnte, und sich immer wieder neu verliebte.
 

Nein, das mit Sicherheit nicht, das passte nicht zu ihm. Cedric hatte in Hogwarts noch keine Freundin gehabt, sie hatte sich eingehend über ihn erkundigt und so etwas ließ sich nicht verbergen. Seine Gefühle waren echt, da konnte sie sich sicher sein. Der ganze Typ war viel zu echt, als dass er überhaupt etwas vortäuschen konnte und schon gar nicht Gefühle.
 

Sie hielt das Saftglas umklammert, welches Cedric ihr gebracht hatte und bemühte sich, ihre Gedanken wieder auf das Gespräch zu lenken. Sie hatten zunächst übers Quidditch geredet, dann hatte er ihr ein wenig von seiner Familie erzählt. Sein Vater und sein älterer Bruder arbeiteten beide fürs Ministerium, seine Mutter schrieb Fortsetzungsromane für die Witch Weekly. Jetzt waren sie wieder bei ihrem Schulleben in Hogwarts angelangt und nach einer kleinen Lästersession über jedermanns Liebling, Professor Snape, erzählte sie ihm von einer Divination Stunde, als Trelawny versucht hatte, ihnen das Flammenorakel beizubringen.
 

“Das einzige Problem dabei ist, dass die Gute keine Ahnung davon hat,“ kicherte Cho. “Sie hat immer nur von den Farben geschwätzt und welche Farbe für welches Unglück steht Aber zufällig weiß ich ein bisschen was übers Flammenorakel und...“
 

Sie brach plötzlich ab. Feuer machte ihr Angst, seit der Sache mit dem brennenden Zelt. Außerdem war Mutter diejenige, die sich wirklich mit dem Flammenorakel auskannte und an Mutter wollte sie jetzt nicht denken. Bloß nicht an sie...
 

“Was ist los?“ fragte Cedric besorgt. “Hab‘ ich was Falsches gesagt?“
 

Mit einem Lächeln schüttelte Cho den Kopf. “Nein, mir ist nur etwas heiß, das ist alles. Wollen wir ein bisschen nach draußen gehen?“
 

“Klar.“ Cedric bot ihr seinen Arm und bald schon genoss sie die angenehm kühle Nachtluft, die ihr entgegenschlug. Der kleine Park, welchen die Professoren Sprout und Hagrid vor den Toren des Schlosses angelegt hatten, war einfach zauberhaft, mit seinen Rosenbüschen und den schmalen, ineinander verschlungenen Wegen. Winzige Feen schwebten herum und spendeten Licht, sie waren nur als leuchtende Punkte zu erkennen, aber dann und wann nahm eine ihre wahre Gestalt an und ein winziges Köpfchen, oder Ärmchen wurde aus dem goldenen Schein gestreckt und war ebenso schnell wieder verschwunden.
 

“Es war wegen des Feuers, nicht wahr?“ Cedric’s Stimme klang besorgt. “Wir hätten nicht darüber sprechen dürfen, entschuldige bitte.“
 

“Ich hab‘ doch davon angefangen.“ Cho’s Augen folgten einem Feenlicht, welches sich auf einem Busch mit schneeweißen Rosenblüten niederließ. “Und nein, ich hab‘ gar keine Angst vor dem Feuer, du hast mich ja gerettet. Das war sehr...sehr tapfer von dir.“ Sie legte eine Hand auf Cedric‘s Schulter.
 

“Ach, übertreib‘ nicht,“ wehrte der Junge verlegen ab und die Röte schoss ihm ins Gesicht. “Das war doch selbstverständlich...ich, ich...uhm.“
 

“Ja?“ Sie war stehen geblieben, ihre Hand auf seiner Schulter zitterte ebenso wie ihre Stimme. Sie wusste, was er sagen wollte, warum er so darum kämpfen musste, es in Worte zu fassen. Es ging nicht um das Feuer oder Quidditch, oder den Wettkampf zwischen den Schulen. Es ging um etwas anderes...
 

Konnte er das ganze Gerede nicht einfach weglassen, und sie endlich küssen?
 

“Ich wollte dir sagen, wie sehr es mich freut, dass du heut‘ Abend mit mir verbringst,“ brachte er endlich heraus. “Ich finde, du bist ein wirklich tolles Mädchen, etwas ganz Besonderes und ich...“
 

Er stockte wieder, aber diesmal war es, weil ihre Gesichter sich so nahe gekommen waren, dass er nicht mehr wirklich sprechen konnte.
 

Sie spürte seinen Atem und Schmetterlinge tanzten in ihrem Bauch. Dies würde also ihr erster richtiger Kuss werden, auf einem Weihnachtsball zwischen Rosenbüschen, und Feenlichtern. Konnte es etwas Romantischeres geben? Es war fast zu schön, um wahr zu sein, kitschiger als in jedem Roman. Und doch, genau so war es perfekt...
 

Im nächsten Moment wurde sie beinahe umgerannt. Zwei kräftige Jungen wetzten an ihnen vorbei, richtige kleine Gorillas in moosgrünen Umhängen. Einer der beiden hielt einen maroonfarbenen spitzen Hut in den Händen, der offensichtlich zu einer anderen Festrobe gehörte. Und wirklich - nur Sekunden später kamen zwei weitere Jungen zwischen den Büschen hervorgeprescht, einer von ihnen trug Maroon. “Wo sind sie hingelaufen?“ schrie er.
 

Der andere Junge antwortete nicht. Jetzt aus der Nähe konnte sie deutlich erkennen, dass es Harry Potter war, er starrte entsetzt auf sie und Cedric, schien geradezu fassungslos zu sein, sie bei ihrem Beinahe-Kuss gestört zu haben. Jetzt erinnerte sie sich wieder daran, dass auch er sie zum Ball eingeladen hatte und wie enttäuscht er über ihre Absage gewesen war.
 

In diesem Moment hatte er ihr wahnsinnig Leid getan. Bestimmt hatte es ihn seinen ganzen Mut gekostet, ihr diese Frage zu stellen.
 

“Sie sind dort rüber gelaufen und haben sich dann getrennt,“ erklärte Cedric in einem Versuch zu helfen, aber beide Jungen waren viel zu durcheinander, um seine Hilfe zu schätzen zu wissen. Der rothaarige Junge war bereits wieder losgerannt, während Harry Potter’s Blick sich langsam von Verwirrung in pure Verzweiflung wandelte. Er stand immer noch wie angewurzelt da und hatte sich keinen Schritt bewegt.
 

Cho wollte irgendetwas sagen, um die Situation zu entschärfen, vielleicht ihre Hilfe anbieten, aber in diesem Moment fuhr der schwarzhaarige Junge auch schon herum, und rannte in kopfloser Flucht davon, seinem Freund hinterher. Cedric zuckte nur mit den Schultern, offenbar wurde er aus der ganzen Situation nicht schlau. Nun ja, er konnte schließlich nichts der Sache mit der Einladung wissen....
 

Ein leises, kaum merkliches Rascheln weckte ihre Aufmerksamkeit und ihr Blick fiel auf den Busch hinter ihnen, den mit den weißen Rosen. Etwas hatte sich dort bewegt, dessen war sie sich sicher, auch wenn sie es eher ahnen, als wirklich sehen konnte. Dort hinten stand jemand, ein kaltes Augenpaar blitzte zwischen den nachtdunklen Zweigen auf.
 

Diese Augen waren wie Eis und frostige Schauer liefen ihr über den Rücken. Sie starrten sie unverwandt an und mit einem Mal schien alles um sie herum zu verschwimmen. Der Park, die Rosen, die Silhouette des Schlosses, ja selbst Cedric und sein liebevolles Lächeln wurden geisterhaft, neblig, surreal. Als ob das alles nicht wirklich existierte, als ob es nur ein Traum wäre, eine Phantasterei ihres Wunschdenkens.
 

Nur die Augen waren wirklich. Sie waren jetzt ganz nahe, viel näher als zuvor, und sie konnte die schwarzen Pupillen erkennen, umrahmt von düsterem Grau, Eisgrau. Wie ein trüber, von Wolken verhangener Winterhimmel, der sich über sie wölbte.
 

Das waren keine weißen Rosen an dem Busch dort hinten. Sie waren rot, dunkelrot, wie Blut. Und die Hand, die ihren Kopf festhielt, das war nicht Cedric’s....
 

...und die kalten Augen starrten sie immer noch an...
 

“DU TRÄUMST NUR,“ sagte eine Stimme in ihrem Kopf. “DU BIST AUF EINEM BALL, DEM WEIHNACHTSBALL ZUSAMMEN MIT CEDRIC. WIR HABEN 1994, ES IST DEIN FÜNFTES SCHULJAHR, UND DU BIST AUF DEM BALL, HÖRST DU DENN GAR NICHT, WIE DIE MUSIK SPIELT?“
 

“HÖST DU SIE DENN NICHT?“
 

“HÖST DU SIE DENN NICHT SPIELEN?“
 

Dancing bears,

Painted wings,

Things I almost remember,

And a song someone sings

Once upon a December.
 

Sie war auf einem Ball, dem Weihnachtsball zusammen mit Cedric. Sie hatten 1994, es war ihr fünftes Schuljahr und sie war auf dem Ball und sie hörte die Musik spielen. Ein wunderschönes Lied und sie tanzte mit Cedric, ihrem Cedric...
 

Someone holds me safe and warm.

Horses prance through a silver storm.

Figures dancing gracefully

Across my memory...
 

Er hielt sie in seinen Armen und es war ein wunderbares Gefühl, ihm so nahe zu sein. Sie gehörten zusammen, das wusste sie, auch wenn es mit dem Kuss noch nicht geklappt hatte. Es würde ein anderes Mal klappen. Irgendwann, wenn der richtige Augenblick gekommen war...
 

Far away, long ago,

Glowing dim as an ember,

Things my heart

Used to know,

Things it yearns to remember...
 

Das war Cedric’s Hand, die ihren Kopf hielt, seine liebevollen Augen, die sie anblickten und sie wünschte sich, das Lied und der Tanz und der Ball würden ewig so weitergehen. Aber Professor Dumbledore hatte beschlossen, dass um Punkt Mitternacht Schluss sein würde und das grenzte schon an seelische Grausamkeit, fand sie. Ein bisschen länger hätte es ruhig noch dauern können.
 

And a song

Someone sings

Once upon a December
 

Der letzte Ton verklang. Applaus brach im ganzen Saal aus, Applaus für die Weird Sisters, die mit ihrer tollen Musik dazu beigetragen hatten, diesen Abend einen solchen Erfolg werden zu lassen. Dumbledore sprach ein paar Dankesworte und dann begann die Große Halle, sich zu leeren.
 

“Wartest du noch einen Moment?“ bat Cedric. “Ich müsste noch kurz mit Harry Potter sprechen, bin gleich wieder da!“
 

Ob es um die Sache im Park ging? Neugierig beobachtete sie Cedric, der mit schnellen Schritten die Treppe hochsprang und auf den Gryffindor Jungen einzureden begann. Doch sie vermied es lieber, Potter in die Augen zu sehen, sie wollte keinesfalls eine Szene heraufbeschwören.
 

“Alles okay!“ Cedric kam die Treppe wieder heruntergehüpft, schwungvoll nahm er mehrere Stufen auf einmal. “Ich wollte mich bei dir für diesen wunderschönen Abend bedanken und ich..., er stockte kurz, “na ja, ich wollte dich fragen, ob du mit mir gehen willst. Willst du?“
 

* * *
 

Als Professor Flitwick mir mitteilte, Professor Dumbledore erwarte mich in seinem Büro, war ich zunächst ziemlich überrascht. Ich hatte doch überhaupt nichts ausgefressen, im Gegenteil, meine Noten waren besser denn je und alle Lehrer (na ja fast alle) lobten meinen Fleiß. Was gab es da also zu beanstanden?
 

Ich war noch nie zuvor im Büro des Schuldirektors gewesen und um ehrlich zu sein, fand ich es schrecklich. Der Raum hatte irgendwie was Gruseliges an sich. Er war kreisrund, voll gestopft mit Büchern und komischen Geräten, die für mich aussahen wie Folterinstrumente. Schon allein weil ich keine Ahnung hatte, wofür sie gut sein sollten und da malt man sich doch immer was aus.
 

Hinter mir öffnete sich die Türe ein weiteres Mal und die Professoren McGonagall und Maxime traten ein, gefolgt von einigen Schülern. Ich erkannte den rothaarigen Jungen und das braunhaarige Mädchen wieder, die zu Harry Potter’s Freundeskreis gehörten. Ein zweites kleineres Mädchen war auch dabei, dem Aussehen nach musste sie die Schwester von Fleur Delacour sein. Sie hatte dasselbe Gesicht und dieselben langen blonden Haare. Alle drei blickten äußerst verwirrt drein und mir war klar, dass sie ebenso wenig Ahnung hatten, warum sie hier waren, wie ich.
 

“Bitte, nehmen Sie Platz.“ Professor Dumbledore’s hohe Gestalt tauchte hinter der kleinen Gruppe auf und mit einem Wink seines Zauberstabes ließ er Stühle für uns erscheinen. “Ich werde unseren jungen Freunden nun ihren Beitrag zu unserem Turnier erklären. Selbstverständlich ist alles auf freiwilliger Basis, das bedeutet, ihr müsst nicht mitmachen, wenn ihr nicht wollt,“ erklärte er mit einem freundlichen Nicken zu dem kleinen Mädchen. Dann wiederholte er seine Worte nochmals auf Französisch.
 

Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht genau, was ich von Professor Dumbledore halten soll. Klar, er wirkt wie der weise gütige Großvater, aber das ist nur die eine Seite von ihm. Auf der anderen besitzt er Macht, unglaubliche Macht, so was spürt man. Und mein Instinkt warnt mich vor mächtigen Menschen, die immer so freundlich, gelassen und zuversichtlich sind. Es muss natürlich nichts heißen, aber genauso gut kann es heißen, dass alles nach ihrem Plan geht und sie sich zurücklehnen, wie zufriedene Katzen nach einer Mahlzeit.
 

“Für die zweite Aufgabe müssen unsere vier Champions in den See tauchen und von dort etwas, oder besser gesagt, jemanden heraufholen.“ Freundlich blickte Professor Dumbledore durch seine Brillengläser auf uns hernieder. “Für jeden Champion haben wir eine Person ausgesucht, die seinem Herzen nahe steht und diese Personen seid ihr...“
 

Na toll! Er wusste also von Cedric und mir! An dieser Schule ließ sich nichts, aber auch gar nichts verheimlichen. Nicht, dass wir uns große Mühe gegeben hatten, es zu verheimlichen, wir waren seit dem Ball zusammen, und es gab auch nichts, wofür wir uns schämen mussten.
 

Trotzdem war es ein seltsames Gefühl, es aus dem Mund unseres Schulleiters zu hören. Seine lange krumme Nase hatte absolut nichts in unseren Liebesangelegenheiten verloren. Die Sache regte mich so sehr auf, dass ich nur noch mit halbem Ohr zuhörte, als er uns vom Volk der Tritonen und dem magischen Schlaf erzählte, in den er uns legen würde, damit wir nichts von unserem Aufenthalt unter Wasser mitkriegen würden.
 

Egal, ich würde mich nicht drücken. Sollte er doch meinetwegen seine Rettungsmission haben! Cedric würde es sicher gefallen, schon wieder den Ritter zu spielen und mich zu befreien, auch wenn es diesmal nur eine vorgetäuschte Rettung sein würde.
 

Schweigend hörte ich seinen Worten zu, erst den langatmigen Erklärungen und schließlich dem Zauber selbst. Und um mich herum versank die Welt in Dunkelheit...
 

........................................................................................................................................................................February,1995
 

“Cho? Cho, Liebste, kannst du mich hören?“
 

Nur leise und von fern drang Cedric’s Stimme an ihr Ohr. Sie zitterte...je klarer die Welt um sie herum wurde, desto kälter wurde sie auch. Cho's ganzer Körper war klatschnass und sie spürte keinen Boden unter den Füßen.
 

Wasser...sie war inmitten von Wasser. Sie war im See, genau es ihr erklärt worden war.
 

Aber etwas anderes spürte sie. Cedric's Wärme inmitten all der Kälte. Er hielt sie in den Armen, genauer gesagt in einem Arm, denn seinen anderen brauchte er, um durchs Wasser zu paddeln. Wie weit war das Ufer entfernt? Hatte er sie rechtzeitig in der Tiefe gefunden?
 

"Gleich sind wir da," keuchte Cedric. Er wirkte erschöpft, kein Wunder, wenn er bis auf den Grund des Sees geschwommen war, um sie von dort heraufzuholen. Aber es lag ein verschmitztes Lächeln auf seinem Gesicht und seine hellen Falkenaugen blitzen übermütig.
 

Vom Ufer her konnte sie den Jubel und das Geschrei der Menge hören. Sie hatten Cedric entdeckt, feuerten ihn an. Aus der Ferne schien es seltsam unwirklich, die vielen Menschen in ihren dunklen Roben und Ludo Bagman als bunter Fleck dazwischen...
 

Cedric’s Körper war wirklicher. Durch die nassen Klamotten konnte sie ihn deutlich spüren, so nahe waren sie sich noch nie gewesen. Selbst die Kälte um sie herum konnte nicht so mächtig sein, wie diese wundervollen Gefühle in ihr.
 

In ihrem Herzen...und in ihrem ganzen Körper.
 

Seine Lippen hatten sich auf die ihren gepresst, noch bevor sie darüber nachdenken konnte, wie sie ihn am besten dazu auffordern konnte, ohne zu viel zu wagen. Sie spürte seinen warmen Atem, seine sanfte, und zugleich leidenschaftliche Berührung und ein nie gekanntes Glücksgefühl durchflutete sie.
 

Seine Hände fuhren durch ihr nasses Haar, streichelten die zarte Haut ihres Nackens, brachten jeden Zoll ihrer Haut, den sie berührten zum Prickeln. Sie schmiegte sich näher an ihn, noch näher, liebkoste seinen Körper mit dem ihren, wünschte sich ganz mit ihm verschmelzen zu können, so wie Himmel und Meer an einem fernen Horizont.
 

Und dann war der Kuss zu Ende...
 

Ehe sie sich versah, spürte sie Grund unter ihren Füßen, ehe sie sich versah, kamen Menschen angerannt, eine Decke wurde um sie gewickelt, eine heiße dampfende Flüssigkeit in ihren Mund geschüttet, die wirkliche Welt hatte sie wieder. Laute Stimmen, Geschrei, trappelnde Füße.
 

Lachen und Schwatzen...
 

Ihr war nicht mehr kalt, aber Cedric’s Wärme war verschwunden...
 

* * *
 

Lieber Cedric,
 

ich weiß, du hattest dich darauf gefreut, einen Tag mit mir in Hogsmeade zu verbringen und ich hoffe, du bist nicht enttäuscht, dass ich unsere Pläne so einfach geändert habe. Wir werden uns erst später treffen können, da ich eine kleine Überraschung für dich vorbereite, die ein wenig Zeit braucht. Also bitte ich dich, zunächst mit deinen Freunden nach Hogsmeade zu fahren, und mich dann um 2 Uhr nachmittags zu treffen. Eine Wegbeschreibung findest du auf der Rückseite dieses Briefes.
 

Ich will dir nicht zuviel verraten, nur soviel, du musst keine Angst haben, etwas falsch zu machen, denn der Sinn dieser Überraschung ist nicht, sich an Regeln festzuklammern. Folge einfach deinem Gefühl und es kann überhaupt nichts schief gehen.
 

Worum ich dich aber bitten muss ist, mit deinen Gedanken und Worten im Jetzt und Hier zu verweilen. Das mag sich für dich seltsam anhören, es ist auch nicht einfach zu erklären. Aber manchmal geht es nicht um abstrakte Dinge, sondern um die tiefe Schönheit der einfachsten Manifestationen der Natur. Das Flirren des Lichts, das Geräusch des Wassers, das Glimmen eines Kohlenfeuers...
 

In Liebe,

Deine Cho
 

........................................................................................................................................................................March,1995
 

Na, das war ja ein geheimnisvoller Brief. Was in aller Welt mochte sie bloß mit ihm vorhaben?
 

Den ganzen Vormittag und frühen Nachmittag konnte Cedric sich auf nichts konzentrieren. Zwar war es gar nicht so schlecht, mal wieder etwas Zeit mit den Kumpels zu verbringen, durch das Turnier und die Beziehung mit Cho hatte er sie sträflich vernachlässigt. Aber die Witze und das Gerede über Quidditch hatten irgendwie an Reiz verloren, genauso wie die Shopping Touren durch Zonko’s und Honeyduke’s. Es wäre vielleicht etwas anderes gewesen, diese Shopping Touren gemeinsam mit ihr zu unternehmen, aber so...wenn man’s recht überlegte, war jeder Augenblick ohne sie ein verlorener Augenblick.
 

Oh, Mann, es hatte ihn wirklich erwischt!
 

Er faltete den Brief auseinander und überprüfte zum soundsovielten Male die Wegbeschreibung auf der Rückseite. Eigentlich war es nicht kompliziert, er musste nur der Straße aus dem Ort folgen, bis an den Fuß des Berges. Dort sollte er sich dann links halten und würde nach kurzer Zeit auf eine Ansammlung von Bäumen stoßen, zu klein, um sie Wald zu nennen. Einer dieser Bäume war eine große Weide, deren Zweige über einen winzigen Teich hingen und unter diesem Baum wartete Cho.
 

Nein, er konnte sie gar nicht verfehlen!
 

Es war ein warmer sonniger Märztag, ungewöhnlich mild für diese Jahreszeit. Wie es schien, war halb Hogwarts auf den Beinen, um diesen ersten Frühlingstag zu genießen. Cliquen von Schülern zogen lachend und schwatzend durch die Straßen, dazwischen gingen Lehrer in Zweiergrüppchen spazieren. Alle Läden waren geöffnet, einige hatten sogar kleine Stände vor ihren Türen aufgebaut und boten dort das Neueste aus ihren Sortimenten an. Die ganze Atmosphäre hätte lebhafter und ausgelassener nicht sein können und einen Moment lang bedauerte Cedric, das Dorf, und all die fröhlichen Menschen hinter sich lassen zu müssen. Je näher er dem Ende des kleinen Ortes kam, desto weniger Leuten begegnete er, und all das Lachen und Rufen wurde stetig leiser.
 

Einige hundert Yard hinter der letzten Hütte endete die Straße an einem Gatter. Dahinter führte nur noch ein schmaler Pfad am Fuße des Berges entlang, doch dorthin wollte Cedric nicht, er steuerte die kleine Baumgruppe zu seiner Linken an.
 

Neben dem Gatter lag ein großer schwarzer Hund dösend in der Sonne. Er hob kurz den Kopf, als er den Besucher wahrnahm, um ihn einen Moment später wieder beruhigt auf die Pfoten zurückzulegen.
 

Das Wäldchen war weiter entfernt, als er zunächst gedacht hatte und als er endlich dessen Rand erreicht hatte, war das erste, was er sah, ein wie zufällig auf die Äste gelegter Kirschblütenzweig. Schneeweiß, mit einem Hauch von Rosa. Und er war sich vollkommen sicher, dass dies kein Zufall sein konnte.
 

Er blieb stehen und fixierte die Bäume mit den Augen. ‘Im Jetzt und Hier verweilen‘ hatte sie geschrieben und dass es um die tiefe Schönheit der einfachsten Manifestationen der Natur ging. Vielleicht war es so eine Art Rätsel, das er schlichtweg noch nicht verstand.
 

Aus dieser knappen Entfernung sah es wie eine Art Tor aus. Zwei Bäume nebeneinander, die sich mit den Ästen berührten und oben der Kirschblütenzweig, der sozusagen die Mitte des Torbogens bildete. Nur, dass es ein sehr niedriges Tor war, er würde sich bücken müssen, um darunter hindurchzugehen. Das war sicher Absicht, er als Mensch sollte sich vor der Natur verneigen.
 

Er schmunzelte. Wie es schien, hatte er soeben einen Teil des Rätsels gelöst.
 

Ein leichter Wind kam auf und einige der weißen Blütenblätter fielen wie ein sanfter Regen zu Boden. Cedric bückte sich unter ihnen hindurch und sein Blick fiel auf einen flachen Stein am Boden, der vor kurzem mit Wasser bespritzt worden war. Hätte er sich nicht gebückt, wäre es ihm vermutlich gar nicht aufgefallen. Ein Zeichen führte zum nächsten.
 

Es war ein ganzer Pfad aus Steinen, sie lagen jeweils einen Schritt von einander entfernt, wie Trittsteine durch einen Fluss. Das Seltsame an ihnen war, dass sie keinen geraden Weg bildeten, es war eine verschlungene Linie zwischen den Bäumen hindurch. Cedric folgte ihnen gewissenhaft und entdeckte mit jedem Schritt etwas Neues. Einige Dinge waren mit Absicht vorbereitet worden, wie ein kleines Gesteck aus Gräsern, oder einzelne Blüten, die auf dem weichen Moos ruhten. An anderen Stellen orientierte sich der Weg einfach an den natürlichen Gegebenheiten, wie etwa eine Ansammlung wildwachsender Blumen, oder einer Stelle, von der aus man einen besonders guten Blick auf ein Amselnest in einem Busch hatte, hier bewegte Cedric sich äußerst vorsichtig, um den brütenden Vogel nicht zu verschrecken.
 

Wenn die Sonne durch die Zweige fiel, funkelte das Wasser auf den Steinen, wie Diamanten. Er hatte wirklich nicht gewusst, dass es auf einem winzigen Fleckchen Erde soviel Schönheit geben konnte.
 

Auf halbem Wege befand sich eine Schale mit Wasser. Im ersten Moment dachte er, dass er vielleicht davon trinken solle, aber dann sah er das kleine Handtuch daneben liegen. Natürlich, es war zum Händewaschen gedacht.
 

Als er sich der Weide näherte, sah er etwas aufglimmen. Auf dem Boden befand sich eine Feuerstelle mit glühenden Kohlen, sorgfältig durch Steine und einen nassen Untergrund geschützt, damit das Feuer nicht etwa mit den knorrigen Wurzeln des Baumes in Berührung käme. Daneben lagen einige Gefäße und Schälchen, von Cho allerdings war noch keine Spur zu entdecken.
 

Er sah sie erst, als er vom letzten Stein unter das Dach der hängenden Zweige trat, sie hatte an der Seite gesessen. Nun aber erhob sie sich und begrüßte ihn mit einer Verbeugung, die er ein wenig unbeholfen zu erwidern versuchte.
 

“Sei mir gegrüßt, mein Freund.“ Ihre Stimme klang hell, wie Vogelgezwitscher und auch wenn ihr Ton sehr förmlich war, wirkte er nicht ungewohnt, oder unpassend. Einen Augenblick lang war Cedric wie gebannt von ihrer zauberhaften Erscheinung. Anstelle ihrer Schuluniform trug sie einen weißrosa Kimono, der ihn an den Kirschblütenzweig über dem Tor erinnerte und ihr Haar war im Nacken mit einem Kamm hochgesteckt worden. Es schimmerte, wie blauschwarzer Jaspis.
 

“Vielleicht möchtest du erst eine Kleinigkeit essen, bevor wir den Tee miteinander teilen.“ Cho verneigte sich abermals und deutete auf eine Decke, die sie zwischen den Wurzeln des Baumes ausgebreitet hatte, unweit der kleinen Feuerstelle. Zwischen zwei Sitzkissen stand ein Tablett mit weiteren Schüsselchen, und Gefäßen. Alles war in Weiß, Zartgrün und hellem Rosa gehalten und harmonierte farblich miteinander.
 

“Sehr gern, aber nach dir, Liebste.“ Mit einer Verbeugung trat Cedric einen Schritt zurück, um Cho den Vortritt zu lassen. “Es ist für mich etwas ganz Besonderes und eine große Ehre, hier bei dir sein zu dürfen.“ Er hoffte, dass seine Worte so ehrlich klangen, wie sie gemeint waren und nicht etwa überzogen, oder pompös.
 

Er war sich sehr unsicher, was von ihm erwartet wurde, schließlich hatte er nicht die geringste Ahnung von asiatischen Ritualen und auf gar keinen Fall wollte er die harmonische Atmosphäre durch falsches Verhalten zerstören. Cho gab sich solch unendliche Mühe mit allem, Worte konnten gar nicht ausreichen, um sich angemessen für den ganzen Aufwand zu bedanken.
 

Wie schön sie das alles inszeniert und dekoriert hatte! Kein Wunder, dass sie dafür den ganzen Vormittag und einen Teil des Nachmittags gebraucht hatte, es musste Stunden gedauert haben, das Essen vorzubereiten und die Dekorationen so anzuordnen. Wunderschön und doch so schlicht! War es das, was sie mit “tiefer Schönheit“ gemeint hatte?
 

“Dieses Ritual nennt sich Cha-no-yu, oder auch Chado, das bedeutet soviel, wie ‘Der Weg des Tees‘“ erklärte Cho, als sie sich ihm gegenüber auf dem anderen Sitzkissen niedergelassen hatte. “Eigentlich braucht man dazu ein Chashitsu, ein richtiges Teehaus, das extra für diesen Zweck aufgestellt wurde, aber so hab‘ ich eben ein bisschen improvisiert. Was man ja eigentlich nicht darf, da jeder Handgriff vorgeschrieben ist.“ Sie kicherte ein wenig verlegen.
 

“Aber das macht doch nichts.“ Cedric nahm ein Schälchen mit Suppe, das sie ihm reichte. “Hast du nicht selbst gesagt, dass es nicht auf die Regeln ankommt, sondern auf das Gefühl, das dahinter steckt?“
 

“Das Ziel einer solchen Zeremonie ist es, Harmonie und inneren Frieden zu finden.“ Während Cedric noch seine Suppe löffelte, war Cho bereits dabei, das nächste Schüsselchen für ihn vorzubereiten, eine Speise aus Reis mit Fischstückchen und grünen und gelben Gurkenscheiben. “Deshalb gibt es genaue Regeln für alles und man folgt einem bestimmten Ablauf. Man kann ein Leben lang versuchen, die Zeremonie nahe der Vollkommenheit zu bringen, indem man die einzelnen Stufen immer wieder übt. Doch es braucht mehr als Übung, man muss mit seinem ganzen Selbst dabei sein, bis man vollkommen mit sich und der Welt im Reinen ist.“
 

Sein Kopf schwirrte von der Einfachheit und Komplexität ihrer Worte. Während sie sprach, waren ihre Hände immer in Bewegung, ruhige fließende, harmonische Bewegungen. Da der Inhalt des nächsten Schälchens ein wenig scharf schmeckte, sah er sich nach etwas zu Trinken um, und entdeckte tatsächlich ein kleines Gefäß mit frischem Wasser und zwei passende Trinkschälchen.
 

Cho bereitete schon den nächsten Gang vor, also entschloss er sich dazu, für sie und sich selbst einzuschenken. Er wollte nicht behaupten, dass er es richtig machte, doch er versuchte sich, an ihre Worte zu halten. Seinen Geist frei machen, sich ganz auf den Moment konzentrieren. Einfache harmonische Bewegungen.
 

“Arigatou gozaimashita.“ Mit einem dankenden Nicken nahm sie die Trinkschale an sich und nippte daran. “Wusstest du, dass es deine Aufgabe ist, uns einzuschenken, oder war es eine spontane Entscheidung?“
 

Er hatte es nicht gewusst, aber es war natürlich schön, etwas richtig gemacht zu haben. Er war sich immer noch ein wenig unsicher und nahm sich vor, sie zu bitten, ihm zumindest die Grundlagen der Teezeremonie beizubringen, damit sie im Laufe der Zeit ebenfalls ein Stückchen näher an die Perfektion heranrücken würden. Vor seinem geistigen Auge tauchte ein Bild auf, er selbst als alter Mann und sie als alte Frau, eine von diesen weisen alten Frauen, wie man immer in den Büchern las. Und genau wie jetzt, celebrierten sie das Cha-no-yu....
 

“Ich möchte mein ganzes Leben mit dir verbringen...“
 

Die Worte waren einfach aus ihm heraus gebrochen, aber nichts hätte er in diesem Moment ernster meinen können.
 

Zu seiner Überraschung sah Cho betrübt aus. “Bitte nicht,“ sagte sie. “dein Bekenntnis ehrt mich, aber jetzt ist nicht die richtige Zeit dafür. Wir dürfen uns nicht in Zukunftsphantasien verlieren. Der Weg des Tees bedeutet, im Hier und Jetzt zu verweilen."
 

Cedric runzelte die Stirn, er verstand nicht ganz, was sie meinte. Sie schien die Zeremonie wirklich sehr ernst zu nehmen, gut das hatte er gewusst, aber soeben hatte er ihr eine Liebeserklärung gemacht, und sie hatte sie zurückgewiesen. Und das tat einfach weh.
 

"Verzeih mir, ich habe deine Harmonie gestört."
 

Wie so oft, fragte er sich, ob sie Gedanken lesen konnte, auch wenn er wusste, dass es nicht stimmte. In einer Kultur, wie der ihren, wo man von klein auf lernte, seine Gefühle hinter einer Maske aus Lächeln zu verbergen, mussten die Gesichter westlicher Menschen wie offene Bücher sein.
 

"Es war nicht deine Schuld," versicherte er hastig. "Es...es ist einfach noch schwierig für mich, manche Dinge zu verstehen. Du musst mir Zeit lassen."
 

Er stellte das Letzte der Schälchen ab, darin hatte sich eine Süßspeise befunden. "Das Essen war sehr lecker, ganz besonders der Nachtisch. Ich hab gar nicht gewusst, dass man Bohnen auch süß zubereiten kann."
 

Sie lächelte und verneigte sich. "Wie mir scheint, bist du schon dabei, es zu verstehen..." Ihm war klar, dass sie nicht von den Bohnen sprach.
 

"Jetzt muss ich dich um ein wenig Geduld bitten." Sie erhob sich, und schritt zu dem Wasserkessel hinüber, der über den Kohlen hing. "Ich werde jetzt den Tee zubereiten. Das Teilen des Tees ist der eigentliche Kern des Cha-no-yu, so etwas wie seine Seele."
 

Er sah ihr zu, als sie vom Teepulver schöpfte und es anschließend mit einer Art Schneebesen verrührte. Er hätte ihr noch stundenlang zusehen können, sie selbst, die Gegenstände, die sie benutzte und ihre Umgebung bildeten eine solch perfekte Einheit, dass er sich zu fragen begann, ob er nicht eine kleine Nymphe zur Freundin hatte, die aus den Kräften des Wassers und der Bäume erwacht war.
 

Seine Hände umfassten, die Teeschale, die sie ihm reichte, er bewunderte ihre schlichte Schönheit, und die sanft schimmernde Flüssigkeit darin. Vorsichtig nahm er einen Schluck, das Getränk schmeckte bitter und aromatisch.
 

Die Stimmung eines Augenblicks. Die Schönheit einer Teeschale, der Duft des warmen Tees, das Flirren der Sonnenstrahlen auf den Blättern. Cho's bezauberndes Lächeln auf ihrem zarten Gesicht. Ihre Herzen, die jetzt - in diesem Moment im Gleichklang schlugen.
 

Nichts davon war wirklich. Nichts davon war ewig. Alles würde irgendwann aufhören zu existieren, sie selbst, das Wasser, und Bäume um sie herum. Selbst das Licht der Sonne würde irgendwann erlöschen.
 

Und plötzlich verstand er. Verstand, warum ein einziger Augenblick so kostbar war, dass man ihn mit ganzem Herzen aufnahm. So kostbar wie das Leben selbst.
 

* * *
 

Die Nähe zwischen zwei Menschen ist so flüchtig, wie ein Windhauch, aber ihre Liebe ist so ewig, wie das Strahlen eines Sterns. Ihre Körper sind Blüten, zart und schön und duftend, sie welken, kaum, dass sie erblüht sind und werden zu nichts.
 

Doch selbst, wenn man das verstanden hat, neigt man dazu, es zu vergessen. Wie oft glauben wir, diese Körper, diese Nähe, dieses Leben würde für die Ewigkeit verweilen.
 

Jeder Tag war ein schillerndes Staubkorn auf unserem langen Weg durch die Zeit, jeder Augenblick, den wir zusammen verbrachten, ein Geschenk des Schicksals. Mein Traum von der ganz besonderen Liebe hatte sich erfüllt, ich war dem Menschen begegnet, bei dessen Anblick die Zeit stehen blieb und das Universum den Atem anhielt.
 

Nur dass all die schillernden Staubkörner vorbeirieselten, wie in einer Sanduhr.
 

Bis auch das letzte Korn gefallen war.
 

.........................................................................................................................................................................June,1995
 

"Cho? Ich...uhm, wollte dich etwas fragen..."
 

Schon bevor Cedric zu sprechen begann, hatte Cho an der leichten Unruhe bemerkt, dass etwas - oder besser gesagt, jemand, im Anmarsch war. Es war nicht üblich, einfach mal eben durch die Große Halle zu marschieren und sich dem Tisch eines fremden Hauses zu nähern. Köpfe fuhren herum und das Schwatzen und Kichern steigerte sich gleich um ein paar Lautstärken.
 

Sie rückte zur Seite und bot Cedric an, sich neben sie zu setzen, aber auf eine solche Verletzung des Protokolls ließ er sich dann doch nicht ein. Ein wenig nervös trat er von einem Bein aufs andere und kramte schließlich einen Brief aus der Tasche seines Umhangs hervor. "Ich kann hier nicht offen reden," flüsterte er, als er ihn ihr zusteckte, "ich will nicht, dass einer von den Lehrern was mitkriegt!"
 

Sie nickte und ließ den Brief in ihrer Tasche verschwinden. Ein schelmisches Grinsen machte sich auf ihrem Gesicht breit, als Cedric sich rasch verabschiedete und an seinen eigenen Tisch zurückkehrte. Das sah doch ziemlich nach einem heimlichen Treffen aus...hm...
 

"Ladies und Gentlemen, in fünf Minuten werde ich Sie und euch alle bitten, sich auf den Weg ins Quidditch Stadion zu machen, wo heute Abend die dritte und letzte Prüfung des Triwizard Turniers stattfinden wird. Würden die Champions jetzt bitte Mr. Bagman zum Stadion folgen?"
 

Sie musste wohl ein wenig mit den Gedanken abgedriftet sein, denn im nächsten Moment hörte sie den donnernden Applaus, als die vier Champions aufstanden und gemeinsam mit dem Minister die Halle verließen. Schon kurze Zeit später folgten die übrigen Schüler, dann die Lehrer.
 

Hoffentlich würde das Stadion bald wieder normal sein. Es sah wirklich gut aus, dieses Labyrinth, oder zumindest das, was man von außen sehen konnte - diese mächtigen, düsteren Hecken und es war sicher jede Menge Arbeit gewesen, das alles so vorzubereiten. Doch sie würde sich sehr viel besser fühlen, wenn sie erst wieder ihr Quidditchfeld zurückhatte, das wusste sie.
 

"Ladies und Gentlemen, die dritte und letzte Prüfung des Triwizard Turniers wird in wenigen Minuten beginnen. Lassen Sie mich Ihnen noch einmal die Wertung darstellen: Auf dem ersten Platz liegen mit 85 Punkten jeweils - Mr. Cedric Diggory, und Mr. Harry Potter, beide vom Hogwarts Institut..."
 

Schade, dass man von den Zuschauerbänken aus nur einen Teil des Labyrinths überblicken konnte. Als hätten sie das mit Absicht gemacht, um so die Spannung zu erhöhen...
 

Der schrille Klang der Pfeife durchschnitt die abendliche Stille und Cedric rannte los, ebenso wie Harry Potter. Das würde ein Kopf-an-Kopf Rennen werden, dachte sie, als sie die dunklen Haarschöpfe der beiden Jungen zwischen den dichten Zweigen verschwinden sah. Der kleine Harry hatte einiges drauf für sein Alter. Und auch wenn Viktor Krum, und das Beauxbatons Mädchen einen zeitlichen Nachteil hatten, musste das nicht bedeuten, dass...
 

Nein, Cedric würde es schaffen, ganz bestimmt! Er würde diesen Pokal gewinnen! Ihre Hände schmerzten, so fest hielten sie einander umklammert, doch die Spannung war kaum zu ertragen.
 

Da sie nicht viel sehen konnte, versuchte sie sich irgendwie abzulenken. Mit einem vorsichtigen Blick nach links und rechts versicherte sie sich, dass ihre Freundinnen beschäftigt waren, dann siegte ihre Neugierde. Sie zog Cedric's Brief aus ihrer Tasche und begann zu lesen.
 

“Liebste Cho,

nach deiner wunderbaren Einladung ist nun die Reihe an mir, dich zu überraschen und ich hab' was ganz Besonderes für uns vorbereitet. Ich würde gern ein bisschen mehr Zeit mit dir verbringen und nicht nur zwischen Tür und Angel, deshalb hab' ich von heute auf morgen ein Zimmer für uns im Hog's Head gemietet...“
 

Da - waren das Funken? Einen Augenblick lang erschien ein rötliches Licht zwischen den nachtdunklen Blättern, doch schon war es wieder verschwunden. Vielleicht ein Stunner, oder ein Disarming Spell.
 

Einige Lehrer patrouillierten die äußeren Korridore des Labyrinths, doch auch sie waren nicht in der Lage genau zu sehen, was darin vorging. War das nicht gefährlich? Was wenn jemand nicht mehr rechtzeitig dazu kam, mit roten Funken um Hilfe zu rufen?
 

Doch dann fiel ihr ein, dass Mad Eye Moody ja durch die Hecken hindurch sehen konnte. Er wusste, wo sich die Champions aufhielten, und konnte jederzeit eingreifen, falls etwas nicht nach Plan lief...
 

“Nicht gleich erschrecken, wir kommen damit durch. Nach dem Ende des Turniers gehen wir beide noch mit meinen Eltern aus, so hab' ich es mit Sprout abgesprochen. Du müsstest also nur noch Flitwick Bescheid geben und den Mädchen bei dir im Schlafsaal, damit sie sich keine Sorgen machen. Meine Eltern glauben, dass wir zum Schloss zurückkehren und dort übernachten, die Lehrer lassen wir glauben, dass wir bei meinen Eltern übernachten, damit wir nicht mitten in der Nacht zum Schloss zurückkehren müssen. Eigentlich der älteste Trick der Welt.“
 

Ihre Hände zitterten immer noch vor Aufregung, auch wenn sie sich zwang, tief durchzuatmen. Sie würde schon noch eine Weile durchhalten müssen, die Champions würden sicher länger brauchen, um sich bis zum Triwizard Pokal durchzukämpfen.
 

Sie lehnte sich nach vorne, versuchte zwischen die gewaltigen Hecken zu spähen, doch es schien, als würde alles, Laut wie Licht, von dieser undurchdringlichen Finsternis verschluckt werden.
 

Einige Leute wurden langsam unruhig. Sollte es tatsächlich so lange dauern, oder kam ihr das nur so vor? Wie viel Zeit war wirklich vergangen?
 

“Ich hoffe sehr, dass du meine Einladung nicht missverstehst, denn ich will dich nicht zu irgendwas überreden, oder drängen. Mir ist es nur wichtig, dass du bei mir bist.
 

In Liebe, Cedric.“
 

Er meinte es ehrlich, es war nicht nur so dahin gesagt. Wenn sie sich die ganze Nacht einfach nur in den Armen hielten und den Mond ansahen, würde er glücklich sein.
 

Aber wollte sie das auch? Wie nahe wollte sie ihm in dieser Nacht kommen? War es besser, schon vorher eine Entscheidung zu treffen, oder wollte sie sich einfach von der Stimmung des Augenblicks überraschen lassen? Natürlich gab es Grenzen, das war klar, doch selbst innerhalb dieser Grenzen schien der Spielraum immer noch unendlich groß.
 

Sie legte den Kopf in den Nacken und blickte zu den Sternen hoch. In weniger als einer Stunde würden sie den Sternenhimmel gemeinsam betrachten.
 

Ein Raunen durchbrach die Dunkelheit, aufgeregte Stimmen, Schreie. Die Lehrer tauchten aus düsteren Hecken auf, zwischen ihnen, auf schwebenden Bahren lagen die reglosen Gestalten von Viktor Krum und dem französischen Mädchen. Ihre silberblonden Haare fielen wie ein Schleier herab, streiften das vom Nachttau feuchte Gras.
 

Es war ein grelles Aufblitzen und dann schien ein Riss sich mitten durch die Wirklichkeit zu ziehen. Füße trampelten nach unten, Kehlen schrieen, wachsende Panik ergriff die Reihen. Cho sprang auf, doch sie konnte nichts erkennen, zu viele Köpfe waren ihr im Weg. Sie sprang auf ihren Sitz, versuchte im Getümmel auszumachen, was geschehen war und ihr Blick fiel nach unten zum Labyrinth.
 

Cedric und Harry Potter lagen nebeneinander auf dem Boden, ebenso reglos, wie die beiden anderen Champions. Woher waren sie so plötzlich gekommen? Sie konnten doch nicht Apparieren! Und warum waren alle vier bewusstlos? Was war ihnen zugestoßen?
 

Bleich und unheilvoll glitzerte der Triwizard Pokal im Gras neben ihnen.
 

Eine hohe Gestalt bahnte sich ihren Weg durch die tobenden Massen, ein Ruhepol in der wogenden Menge. Schnell und entschlossen waren Dumbledore’s Schritte, die Menschenmassen teilten sich, wichen ehrfürchtig auseinander. Ihr Herz tat einen Sprung, selbst wenn Dumbledore ihr immer ein wenig zwielichtig erschienen war, so war er doch in der Lage, diese Situation zu klären und alles wieder in Ordnung zu bringen.
 

Jetzt sah sie nichts mehr, denn sie war von ihrem Sitz gesprungen und kämpfte sich nach unten durch. Sie schubste, stieß, drängte, schlug, es war ihr vollkommen gleichgültig, sie wollte nur vorankommen. Zu Cedric. Sie wollte bei ihm sein, wollte wissen, was geschehen war.
 

Angst schnürte ihr die Kehle zu, als sie weiterstürmte, immer weiter auf die Lücke zu, welche inmitten der Menge, wie ein bösartiges Auge ruhte. Mad Eye Moody hatte Harry Potter auf die Arme genommen, und trug ihn fort, aber Cedric lag immer noch an derselben Stelle, und hatte sich nicht bewegt. Gleich, gleich würde sie bei ihm sein. Sein Kopf lag zur Seite geneigt, seine Augen waren offen...
 

Leer...leer und glasig starrten sie vor sich hin.
 

Arme griffen nach ihr. Arme hielten sie fest, Hände packten ihren Kopf und drehten ihr Gesicht zur Seite. Sie schrie, schlug, trat, biss, es war ihr gleichgültig, wen sie verletzte, warum mussten diese Leute sie auch festhalten? Warum ließen sie sie nicht gehen, zu ihm? Sie wollte doch nur bei ihm sein....
 

Sie streckte ihren Arm aus, ihre Finger griffen nach Cedric’s Hand, doch im nächsten Moment wurde sie wieder weggerissen, der Blitz eines Zaubers blendete sie und alles versank in Dunkelheit.
 

* * *
 

Warum zwingst du mich dazu, dir das alles zu erzählen? Warum zwingst du mich dazu, diese schrecklichen Ereignisse noch einmal zu erleben, diese Gedanken zu denken, diese Gefühle zu fühlen? Es ist alles noch da, es ist in mir und ich erlebe es Tag für Tag, Stunde für Stunde, in einer ewigen Endlosschleife, auch ohne dass du diese furchtbaren Bilder wieder in mir wachrufst.
 

Warum?
 

Ich sehe mich vor mir, wie ich in einem Bett auf der Krankenstation erwache, höre die beruhigenden Stimmen, die tröstenden Worte durch einen Schleier aus Verzweiflung und Schmerz. Ich sehe die Große Halle, ich höre ganz deutlich Dumbledore’s Worte: “Cedric Diggory wurde von Lord Voldemort ermordet!“ auch wenn ich damals nicht wirklich wusste, was sie bedeuteten. Lord Voldemort war nur ein Gespenst aus der Vergangenheit und dann kam der Sommer mit all den Berichten und Erklärungen in der Presse, dass alles ein Schwindel sei, die Wahnvorstellung eines geistig nicht zurechnungsfähigen kleinen Jungen, der nach Aufmerksamkeit schrie.
 

Sommer 1995. Mein erster Sommer ohne Quidditch, ohne mein Wäldchen, ohne den Wind in meinem Haar. Das alles bedeutete mir nichts mehr, konnte mich nicht mehr berühren. Es war vorbei. Mein ganzes bisheriges Leben war von mir abgetrennt worden, wie durch ein Schwert. Mein Herz war mir herausgerissen worden, herausgerissen, und ersetzt durch einen Stein, der in meiner Brust scheuerte, und mich nicht mehr atmen ließ.
 

Ich habe nur sehr wenige Erinnerungen an die Monate nach Cedric’s Tod, und eine Erinnerung, die ich nicht habe, kann auch nicht wieder heraufbeschworen werden, auch nicht aus den Tiefen meines Unterbewusstseins. Alles was ich vor mir sehe, sind einzelne Bild- und Gedankenfetzen, die aus dem Sumpf der Trauer, der Verzweiflung und des rasenden Schmerzes emporsteigen, wie bleiche zerrissene Nebelschwaden. Oft sind es freundliche Gesichter, mein Vater, meine Freundinnen, Professor Flitwick, alles Menschen, die sich mit Verständnis und Mitgefühl um mich kümmerten. Doch im Nebel meines Bewusstseins wirken sie so verzerrt, als ob sie gar nicht wirklich wären und ihre Gesichter wandeln sich zu teuflisch grinsenden Fratzen. Sie alle sind hier, sie leben, sie atmen und spüren das Licht auf ihrer Haut, sie liegen nicht in einer kalten dunklen Gruft, wie mein Cedric und dafür hasse ich sie.
 

........................................................................................................................................................................October,1995
 

“Cho? Cho, hey warte!“
 

Roger machte eine Kehrtwendung und rannte den Sechstklässlern hinterher, die an ihm vorbei zur nächsten Unterrichtsstunde marschierten. Cho hatte zunächst nicht auf seinen Ruf reagiert, doch dann blieb sie stehen, und wandte sich um.
 

“Hör zu, ich muss mit dir reden,“ begann Roger hastig. “Du kannst dir wahrscheinlich schon denken, worum es geht...“
 

“Ich hab‘ dir bereits zu Beginn des Schuljahres gesagt, dass ich aus dem Quidditch Team aussteigen möchte,“ entgegnete Cho mit unbeteiligter Stimme. Sie wandte sich ab und folgte ihren Klassenkameraden.
 

“Und ich hab‘ dir gesagt, dass du das nicht machen kannst, weil wir dich brauchen!“
 

Roger lief ihr hinterher und stellte sich ihr in den Weg. “Schau, ich weiß, du bist die letzte Zeit grottenschlecht geflogen, aber du kannst es besser! Du musst dich einfach wieder reinhängen, so wie früher! Du könntest so viel besser sein, wenn du wolltest, das Talent ste..."
 

“Ich will aber nicht,“ schnitt Cho ihm das Wort ab. “Lass mich einfach nur in Ruhe!“
 

“Wie lange willst du noch so weitermachen?“ schrie Roger verzweifelt. “Du vergräbst dich und vergräbst dich und redest mit keinem ein Wort und es ist dir alles egal! Das Leben muss doch irgendwann weitergehen! Ich weiß, das mit Cedric war furchtbar und jeder versteht, dass es dich fertig macht, aber irgendwann musst du dich doch wieder einkriegen.“
 

Sie ließ ihn reden, seine Worte gingen zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus. Dieser Schwachkopf hatte nichts begriffen, überhaupt nichts! Wie konnte sie an Quidditch denken, wenn Cedric tot war? Wie konnte sie Unterricht haben, sich mit anderen Leuten über blödsinnige Dinge unterhalten und ein normales Leben führen, wenn sie ihre große Liebe niemals wieder sehen würde?
 

Hilflos sah Roger sie an. “Ich meine, sein Unfall ist doch schon ein halbes Jahr her...“
 

“Es war kein Unfall,“ fauchte sie zurück.. Es war das erste Mal seit langem, dass sie die Maske der Gleichgültigkeit fallen ließ und die Wut sprühte geradezu aus ihren Augen. “Cedric wurde ermordet!“
 

Erschrocken über ihren Ausbruch trat Roger einen Schritt zurück. “Du glaubst doch nicht etwa diesen ganzen Unsinn...“
 

“Lass mich einfach nur in Ruhe,“ entgegnete sie mit eisiger Stimme und sah ihn durchdringend an. “Ich bin fertig mit dir und dem Quidditch und diesem ganzen Haufen an Schwachköpfen hier. Ihr habt doch alle miteinander keine Ahnung!“
 

“Aber du hast Ahnung, oder was?“ schimpfte Roger beleidigt. “Du bist ja soviel klüger, als wir alle!“
 

Er deutete mit dem Finger auf sie. “Soll ich dir was sagen? Du bist schon genauso hirngestört, wie dieser Potter! Ihr und eure blöde Panikmache! Ihr werdet schon noch sehen, was ihr davon habt! Und eins lass‘ dir gesagt sein, aus dem Quidditch Team bist du draußen! Du brauchst nicht mehr angekrochen zu kommen!“
 

Roger fuhr herum und stürmte davon.
 

Und mit ihm ein Teil ihres Lebens.
 

Doch sie sah ihm nicht einmal nach. Quidditch war bedeutungslos. Roger war bedeutungslos. Und dass sie wieder einmal zu spät zum Unterricht kam und einen Anpfiff von Weasley kassieren würde, war es ebenfalls. Dieser Teil ihres Lebens war schon lange tot.
 

Ebenso wie Cedric.
 

* * *
 

Und doch hatte sich etwas seit diesem Gespräch verändert. Nicht nach außen hin, ich zog mich weiterhin hinter die Maske meiner Trauer zurück und merkte kaum, wie die Zahl meiner Freunde immer weniger und weniger wurde. Die anderen wollten lachen, tratschen, lernen, den Schrecken vergessen und einfach ein normales Schülerleben führen. Sie konnten nichts mit jemandem wie mir anfangen, der in dieses normale Leben nicht mehr hineinpasste. Ich war ein Störfaktor in ihrer friedlichen kleinen Welt, ich war ein Dorn in ihrem Fleisch, der sie tagtäglich daran erinnerte, dass ihr friedliches kleines Leben nicht mehr als eine Illusion war und jeden Tag zerbrechen konnte.
 

Sie wollten nicht erinnert werden. Deshalb mieden sie mich, selbst wenn ich keinen von ihnen jemals so anschnauzte, wie ich es mit Roger gemacht hatte.
 

Vielleicht mochte es noch andere Menschen geben, die Cedric’s Tod ebenso sehr betrauerten wie ich. Seine Eltern vielleicht, oder seine Freunde in Hufflepuff. Doch ich hatte keinen Kontakt zu diesen Menschen und so blieb mir nichts anderes übrig, als mich weiterhin zu vergraben.
 

Etwas hatte sich seit diesem Gespräch verändert, und es war in meinem Inneren. Zu meiner Trauer und Verzweiflung war Wut hinzugekommen, eine unbändige, gnadenlose Wut. Cedric war ermordet worden, ermordet von Lord Voldemort, aber ich wusste nichts darüber. Ich wusste nicht, wie es wirklich gewesen, was an jenem Abend geschehen war. War es tatsächlich Mord gewesen? Oder ein Unfall?
 

Was wenn Harry Potter damit zu tun hatte und Dumbledore ihn zu decken versuchte?
 

Nur Theorien und keinerlei Antworten. Was meine Gedanken auf die einzige Person brachte, die diese Antworten kannte...
 

War ich wie ein Dorn in ihrem Fleisch, wie sehr musste Harry Potter es dann erst sein? Er war vermutlich der einzige Schüler, der noch mehr gemieden wurde als ich. Zwar nicht so offen - er war immerhin Präfekt und das verlangte Respekt von den anderen, doch es änderte nichts an ihrem Misstrauen und nichts an dem Getuschel, welches ihm durch die Gänge folgte....
 

........................................................................................................................................................................November,1995
 

Meistens waren sie zu viert unterwegs, Harry, sein bester Freund, und die beiden Mädchen. Wer da angeblich mit wem zusammen war, wusste sie nicht und es interessierte sie auch nicht. Alles, was sie interessierte war, wie sie an den Typen rankommen und ihm ein paar Fragen stellen konnte.
 

Er war in sie verschossen gewesen, das wusste sie und es gab ihr einen Punkt, an dem sie anknüpfen konnte. Sie war freundlich zu ihm, sprach ihn öfters an und unterhielt sich mit ihm über belanglose Dinge. Sie begann sogar wieder auf ihr Aussehen zu achten, dem Unterricht zu folgen, sich mit anderen Schülern zu unterhalten und nicht mehr wie eine wandelnde Leiche vor sich hinzustarren.
 

Einige Zeit später entschuldigte sie sich sogar bei Roger. Was allerdings nicht viel brachte, da er ihr gleich wieder böse war, als sie seine erneute Aufforderung wieder Quidditch zu spielen, abschlug. Trotzdem, jeder der ihre Veränderung bemerkte, musste glauben, dass sie auf dem besten Weg war, ins Leben zurückzukehren.
 

Sie verzog ihr Gesicht zu einem grimmigen Lächeln. Wie sehr sie sich doch alle täuschten!
 

Der Tag, den sie sich für ihr Gespräch mit Harry Potter ausgesucht hatte, war ein kalter regnerischer Novembertag, kurz vor dem ersten Schnee. Es war das erste Hogsmeade Wochenende des Schuljahres, aber Harry verbrachte es nicht mit seinen drei Freunden. Zwar war er morgens gemeinsam mit ihnen losgezogen, hatte sich aber später von ihnen getrennt. Während die anderen - vermutlich auf ein Butterbier ins Three Broomsticks gingen, verabschiedete er sich und ging weiter die Straße entlang, bis er schließlich der Abzweigung zur Shrieking Shack folgte. Da es zu regnen begonnen hatte, waren kaum noch Leute unterwegs, die meisten hatten in Läden und Kneipen Zuflucht gesucht.
 

Sie folgte ihm weiter, bis er an der Hütte angekommen war. Die Straße war jetzt menschenleer, die Shrieking Shack wurde selbst an sonnigen Tagen eher gemieden und nur aus ehrfürchtiger Distanz betrachtet. Harry jedoch ging direkt darauf zu, umrundete sie vorsichtig und untersuchte Hütte und Umgebung sorgfältig mit einem Sneakoscope. Dabei spähte er immer wieder nach links und rechts, ob ihn jemand beobachtete.
 

Cho bemerkte er nicht. Sie hielt sich dicht an die steinerne Mauer gedrängt, welche das Gelände zu den Hügeln hin abgrenzte und wagte kaum zu atmen.
 

Schließlich entriegelte Harry die Tür zur Hütte mit seinem Zauberstab. Cho schreckte hoch, sie hatte gar nicht gewusst, dass dies möglich war. Ein einfacher Alohomora war das bestimmt nicht gewesen.
 

Sollte sie ihn weiter beobachten? Vielleicht fand sie dadurch mehr heraus? Andererseits war dies eine wunderbare Gelegenheit, ihn allein und ungestört zu sprechen und wer konnte wissen, wann eine solche Gelegenheit wiederkam?
 

Und wer konnte wissen, wie lange sie ihre ‘Alles ist in Ordnung‘ Show noch durchhalten würde?
 

Nein, jetzt oder nie! Entschlossen rannte sie über die Wiese und schob die Tür auf.
 

“Uhm...Cho, jetzt ist leider nicht so ganz der richtige Zeitpunkt,“ stammelte Harry und ließ hastig ein Stück Papier in der Tasche seines Umhangs verschwinden. Zwar wirkte er nervös, doch nicht wirklich überrascht, sie zu sehen, als habe er gewusst, dass sie es war, die vor der Türe stand.
 

Alle Gerüchte über ihn fielen ihr ein. Seine seltsame Gabe mit den Schlangen zu sprechen, dann seine angeblichen Verwandtschaften zu Slytherin, Gryffindor und einem Haufen anderer Zauberer. Es hieß, dass er, ähnlich einem Basilisken die Menschen mit seinem Blick zu Stein erstarren lassen konnte. Es hieß auch, dass er ein Animagus war, sich in eine Schlange verwandeln konnte und nachts überall im Schloss herumkroch.
 

“Ich bin im Rahmen meiner Präfektpflichten hier,“ erklärte Harry. “Einige Schüler wollen sich in der Hütte treffen, um nicht ganz legale Geschäfte durchzuführen und das möchte ich verhindern.“
 

Wie schön er doch lügen konnte. Nein, jemand, der all diese herausragenden Fähigkeiten besaß, würde nicht auf so billige Ausreden zurückgreifen müssen. Er konnte sie einfach erstarren lassen, oder sich in eine Schlange verwandeln, und sie erwürgen.
 

“Harry, bitte schick‘ mich nicht weg!“ Ihre Unterlippe zitterte leicht und sie spürte die ersten Tränen in den Augenwinkeln. Es waren echte Tränen und doch waren sie ihr willkommen, denn nichts konnte einen Jungen leichter manipulieren als Tränen.
 

“Cho...ich...“ Verlegen schaute er zu Boden und suchte nach den richtigen Worten. Er fand sie nicht. Nach einer Weile hob er den Blick, aber nur um an ihr vorbei die Wand anzustarren.
 

“Bitte, du musst mir glauben...“ Sie griff nach seiner Hand und drückte sie. “..ich weiß, dass nichts von dem, was die Leute über dich sagen, wahr ist. Dich trifft keine Schuld an seinem Tod, du bist selbst ein Opfer...“
 

“Ich...ich will nicht darüber reden!“ Seine Hand begann heftig zu zittern, und er entzog sie ihr. “Ich kann darüber nicht reden. Es tut mir leid!“
 

“Bitte,“ schluchzte sie, “ich muss es wissen. Ich muss wissen, was ihm zugestoßen ist!“
 

“Es tut mir leid,“ sagte Harry noch einmal und noch eine Spur nervöser. Dann wandte er sich um, und lief fluchtartig zur Tür, doch sie stellte sich ihm in den Weg. Sie streckte die Arme aus, um ihm um den Hals zu fallen, doch er wich ihrer Berührung aus, sein Blick geradezu entsetzt, als ob er noch nie einen Menschen umarmt hätte. Seine Hand griff nach dem Türknauf...
 

Blitzschnell warf sie sich gegen die Tür, um sie mit ihrem Körper zuzustoßen und riss ihren Zauberstab heraus. Kein Mensch wusste, dass sie beide hier waren, niemand konnte sie von draußen beobachten, sie hatte freie Bahn mit ihm. Egal, wie die Konsequenzen auch sein mochten, egal ob sie von der Schule flog, oder Schlimmeres, sie würde ihn zum Sprechen bringen. Notfalls mit Gewalt.
 

“Expelliarmus!“
 

Er war zu schnell für sie gewesen, der Stab flog ihr aus den Händen. Sie stieß einen Schrei aus, stürzte auf ihn zu und schlug mit beiden Fäusten auf ihn ein. “Mörder!“ schrie sie, “du hinterhältiger Mörder!“ Ein Schluchzen erstickte ihre Stimme.
 

Er wehrte sich nicht gegen ihre Beschimpfungen, hob kaum den Arm, um die Schläge abzuwehren. Tränen liefen ihm übers Gesicht, doch sie bemerkte es nicht in ihrer Rage, war zu sehr im eigenen Schmerz gefangen, um dem Schmerz eines anderen Beachtung zu schenken. Endlich – nach einer Ewigkeit schien es – riss er sich los und rannte zur Tür hinaus. Sie wollte ihm folgen, doch ihre Sicht war so von Tränen getrübt, dass sie über die Türschwelle stolperte und der Länge nach hinschlug.
 

Mühsam rappelte sie sich hoch. Harry war nirgendwo mehr zu sehen, dabei war das Gelände in alle Richtungen ziemlich offen. Als ob er sich in Luft aufgelöst hätte.
 

Die Geschichten über die Schlangen fielen ihr ein und ein Frösteln durchfuhr ihren Körper.
 

* * *
 

Schmerz und rasende Wut jagten wie Gift durch meine Adern. Wochen und Monate hatte ich in starrer regloser Trauer verbracht, hatte mich in meinem Schmerz vergraben und alles mit mir geschehen lassen. Und das, ohne auch nur einen einzigen Gedanken an denjenigen zu verschwenden, der Cedric und mir das alles angetan hatte. In meiner Ohnmacht hatte ich nicht einmal an Rache gedacht, oder wenigstens daran, die Wahrheit über den Tod meines Freundes herauszufinden.
 

Jetzt aber ließen mich diese Gedanken nicht mehr los. Ich musste wissen, was geschehen war und verdammt noch mal, Harry Potter würde es mir sagen. Mit Gesprächen und Bitten kam ich nicht weit, das hatte ich gemerkt, nicht einmal mit Tränen. Gewalt hatte keinen Zweck, da er mir überlegen war, zumindest dann, wenn es ums Zaubern ging.
 

Aber das hieß nicht, dass es nicht noch andere Möglichkeiten gab.
 

In Potions hatten wir über Veritaserum gesprochen, einen Trank, mit dem man jemanden zwingen konnte, Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Dieses Veritaserum schien mir eine gute Möglichkeit, Harry Potter zum Reden zu bringen. Aber diesmal musste ich alles sorgfältig planen und durfte nichts dem Zufall überlassen.
 

Meine erste Schwierigkeit bestand darin, an das Rezept zu kommen. Zu diesem Zweck tat ich etwas, was ich nie zuvor getan hatte, ich schrieb meinem Vater eine faustdicke Lüge darüber, dass ich das Rezept für einen Aufsatz bräuchte und das betreffende Buch in der Bibliothek verliehen war. Mein Vater dachte sich nichts dabei, er glaubte, wir würden nur die Theorie studieren. Welcher Sechstklässler würde es auch schaffen, einen solchen Trank zu brauen, wenn ein Großteil der erwachsenen Zauberer dazu nicht imstande war?
 

Und natürlich rechnete er nicht damit, dass ich ihn anlog. Ich hatte es nie zuvor getan.
 

Ich studierte das Rezept sorgfältig, es ging schon einmal damit los, dass es aus der Bibliothek des koreanischen Ministeriums stammte und damit natürlich komplett auf Koreanisch verfasst war. Ich kann die Sprache einigermaßen gut lesen und schreiben, aber bei einem solch komplizierten Fachtext dauerte es seine Zeit. Der Trank selbst war natürlich nicht weniger kompliziert und viele der Zutaten fast unmöglich zu beschaffen. Also würde ich einen Einbruch in Snape’s Vorratsräume riskieren müssen.
 

Und hier war ich an dem Punkt angelangt, an dem mein Plan schief ging...
 

........................................................................................................................................................................February,1996
 

"Sie glauben doch nicht etwa, dass meine persönlichen Räume ein Vergnügungspark sind, in den jeder Schüler einfach so hereinspazieren kann." Snape’s ölige Stimme klang ebenso höhnisch, wie bedrohlich, als er unversehens hinter ihr auftauchte. Er trug ein langes Nachtgewand und darüber eine Morgenrobe, doch seine Augen waren hellwach, sie wirkten nicht wie die eines Mannes, der soeben aus dem Schlaf gerissen worden war.
 

"Mal sehen...Fünfzig Punkte Abzug für Ravenclaw und zwei Wochen Nachsitzen und das ist noch eine äußerst milde Strafe. Meines Erachtens wäre ein Rauswurf angebrachter, aber diese Entscheidung liegt leider nicht bei mir. Ich denke allerdings, Professor Flitwick sollte unverzüglich über Ihr Fehlbetragen informiert werden, Miss Chang."
 

Flitwick würde sie nicht rauswerfen, da war Cho sich sicher. Er würde von ihrem Verhalten enttäuscht sein, das war aber auch alles. In den Wochen und Monaten seit Schulbeginn und auch vor den Ferien hatte er sein Möglichstes getan, sich um sie zu kümmern. Einfach rührend, wie er versucht hatte, zu ihr durchzudringen, ihr zu helfen und ihr zuzuhören.
 

Nur, dass sie ihm nichts zu sagen hatte. Ihm nicht und auch sonst niemandem. Sie konnten ihr alle miteinander gestohlen bleiben.
 

Snape warf eine Handvoll Floo Powder, in den Kamin, doch als er den Mund öffnete, um nach Flitwick zu rufen, erschien ein anderes Gesicht in den Flammen, ein Gesicht, mit welchem weder er noch Cho gerechnet hatten.
 

"Severus, bringen Sie Miss Chang bitte unverzüglich in mein Büro." Dumbledore’s Blick schien sorgenvoll, doch seine Stimme klang so ruhig und gelassen, wie immer.
 

Na toll! Cho rollte mit den Augen. Eine Lektion vom weisen alten Zauberer war genau das, was sie jetzt brauchte.
 

In dem Jahr, seit sie zum letzten Mal hier gewesen war, hatte sich nichts verändert. Derselbe kreisrunde Raum, dieselben Bilder, die auf sie herabblickten, dieselben seltsamen Geräte. Auch der Schuldirektor selbst, der mit ineinander verschränkten Händen hinter seinem Schreibtisch saß und sie aus traurigen Augen hinter halbmondförmigen Gläsern anblickte, schien sich kein bisschen verändert zu haben. Aber das war bei den hundert, oder hundertfünfzig Jahren, die er auf dem Buckel haben mochte, nicht verwunderlich.
 

"Setzen Sie sich doch, Miss Chang." Ein Stuhl erschien und sie nahm darauf Platz. "Würden Sie uns bitte alleinlassen, Severus!"
 

Snape nickte, drehte sich auf dem Absatz herum und verschwand. Die Tatsache, dass der am meisten gefürchtete Lehrer der ganzen Schule wie ein dressiertes Hündchen gehorchte, jagte Cho mehr als nur Angst ein. Dumbledore schien wirklich ungeheuere Macht zu besitzen.
 

Cedric allerdings hatte diese Macht nichts genutzt.
 

"Bitte erklären Sie, warum Sie das getan haben, Miss Chang." Dumbledore neigte den Kopf nach vorne und betrachtete Cho mit einem mitleidvollen Blick, den sie nicht ertragen konnte.
 

"Das wissen Sie doch schon längst," entgegnete sie. "Sie wissen doch alles, was an dieser Schule vorgeht, nicht wahr? Warum fragen Sie also?"
 

"Vielleicht, weil ich es aus Ihrem eigenen Mund hören möchte." Dumbledore’s Stimme hatte nichts von ihrer Sanftheit verloren.
 

"Wie wär's, wenn Sie mir stattdessen etwas erzählen würden?" fragte Cho zurück. "Vielleicht, wer Cedric ermordet hat und warum?"
 

Dumbledore seufzte. "Ich habe Ihnen bereits im letzten Schuljahr gesagt, wer für seinen Tod verantwortlich ist. An dieser Aussage werde ich auch nichts ändern, egal was das Ministerium, oder die öffentliche Meinung zu diesem Thema zu sagen haben."
 

"Warum Cedric?" Sie war bemüht, den Schmerz aus ihrer Stimme zu halten, vor diesem Über-Zauberer wollte sie sich keine Blöße geben.
 

Dumbledore senkte für einen Moment seinen Blick, bevor er die Lider wieder hob und sie ansah. "Es gab keinen Grund dafür," entgegnete er düster. "Lord Voldemort lässt jeden töten, der ihm im Weg steht, selbst wenn er sich nur zur falschen Zeit am falschen Ort befindet."
 

"Also wollte er nicht Cedric, sondern Harry töten?"
 

Dumbledore schwieg. Endlich, nach einer halben Ewigkeit, wie es schien, stand er vom Schreibtisch auf und ging zu ihr hinüber.
 

"Ich verstehe Ihren Schmerz," sagte er, als er eine Hand auf Cho’s Schulter legte. "Ich weiß, dass Sie das nicht hören möchten, dass Ihnen diese Worte leer und bedeutungslos erscheinen, aber dennoch ist es wahr. Auch ich habe durch Voldemort Menschen verloren, die ich geliebt habe und ich weiß, dass es keinen Trost gibt..."
 

"Ich hab' Sie nicht um Trost gebeten!" Cho sprang von ihrem Stuhl auf und schüttelte die Hand ab. "Alles, worum ich Sie gebeten habe, ist die Wahrheit. Wie er gestorben ist und warum! Was Harry Potter gesehen hat und mir nicht sagen will!"
 

"Harry Potter hat genug gelitten, auch ohne, dass er diese schrecklichen Ereignisse immer wieder durchleben muss," Dumbledore’s Stimme war sehr ernst geworden. "Sie verlangen zu viel von ihm!"
 

"Deshalb frage ich jetzt Sie. Sagen Sie mir, was passiert ist!"
 

Cho’s Herz pochte laut vor Aufregung, wieder spürte sie Wut in sich aufsteigen. Er musste es ihr sagen, er musste ihr die Wahrheit...
 

"Warum wollen Sie nicht verstehen, Miss Chang, es würde Ihnen nichts helfen, wenn ich Ihnen einen Detailbericht darüber abliefere, wie Voldemort jemanden umbringt." Eindringlich sah Dumbledore sie an, versuchte irgendwie zu ihrem verschlossenen Herzen Zugang zu gewinnen. "Es würde Ihnen nur zusätzlichen Schmerz bereiten und auch Cedric würde das nicht wollen."
 

Sie hob nur ungläubig eine Augenbraue, doch Dumbledore sprach unbeirrt weiter. "Genauso wenig, wie er wollen würde, dass Sie sich in sinnlosen Rachegedanken verlieren und sich womöglich selbst in Gefahr bringen. Dieser Weg, den Sie im Begriff sind zu gehen, ist nicht der Richtige..."
 

'Welcher Weg?' dachte sie verwirrt, doch sie unterbrach ihn nicht, ließ seine Worte einfach weiter fließen. Es war nicht wichtig. Es war alles nicht wichtig, sie konnte nichts tun, war nur ein dummes kleines Mädchen, das zu seinen Schulbüchern zurückkehren und alles andere vergessen sollte.
 

Wer war sie schon in diesem ganzen großen Spiel? Ein Nichts, ein Niemand, noch nicht einmal wert, die Wahrheit über den Tod ihres Liebsten zu erfahren. Ihre hilflosen Versuche etwas herauszufinden, waren nicht mehr als das müde Flattern eines Schmetterlings, der versuchte mit den Vögeln zu fliegen...
 

Hier gab es nichts mehr für sie...überhaupt nichts mehr...
 

* * *
 

Amicus Draconis - 1st Cycle: Cycle of the Badger - Part 12: Erinnye
 

Mein Name bedeutet Schmetterling und lange Zeit habe ich geglaubt, ich müsste eines Tages fliegen können.
 

Glaubst du, ich kann von dieser Turmzinne fliegen, einfach ins Blaue hinein? In den azurblauen Himmel, oder den azurblauen See, was macht das für einen Unterschied? Es ist vollkommen gleichgültig, denn nichts um mich herum ist wirklich, dieser See nicht, diese Burg nicht und ganz besonders der Himmel nicht. Es sind lediglich Trugbilder eines Lebens, das längst vergangen ist, Sinneswahrnehmungen eines Mädchens, das längst nicht mehr existiert - eine leere Hülle. So leer, als hätte ein Dementor ihre Seele getrunken.
 

There's a pain within

That I can't define

There's an empty space

Where your love used to shine
 

Der Wind zerrt an meinen Haaren. Hier oben ist es immer windig, denn der Ravenclaw Tower ist der zweithöchste Turm von Hogwarts, gleich nach dem Astronomie Turm, wo wir unsere Astronomiestunden haben. Hier bin ich fünf Jahre lang zur Schule gegangen, hab' meine Sprüche gelernt, mit meinen Freundinnen gelästert, heimliche Mitternachtsparties in unserem Common Room gefeiert. Jetzt erscheint es mir, als hätte eine andere dies alles erlebt, als sei dieses Mädchen, das hier gelernt, gelacht und gefeiert hat, nicht mehr als eine Erinnerung.
 

From the night we met

To the day you died

Do you think I wish

Do you still believe I tried
 

Ich habe es nie jemandem erzählt, aber ich bin der Grund, warum alles so gekommen ist. Ich bin der Grund, warum du überhaupt erst an diesem Turnier teilgenommen hast, es war ein Versuch, mir zu imponieren. Immer wieder hast du davon gesprochen, dass wir mit dem Preisgeld gemeinsam irgendwohin fahren. Nur wir beide - einfach mal den ganzen Schulalltag vergessen und nur für uns sein.
 

All too soon we were divided

And life had just begun
 

Sollte deine Mutter das jemals erfahren, ich könnte ihr nicht mehr in die Augen sehen. Aber sie wird es nicht erfahren. Sie nicht, und niemand sonst, denn ich rede nie darüber. Ich lächle und gehe durch etwas, das einmal mein Leben war.
 

Will you revive from the chaos in my mind

Where we still are bound together

Will you be there waiting by the gates of dawn

When I close my eyes forever
 

Manchmal wache ich nachts auf und weiß nicht mehr was passiert ist. Und dann frage ich mich, warum meine Augen tränen und mein Herz in meiner Brust schmerzt, wie eine tödliche Wunde. Es kann doch alles nicht wirklich passiert sein. Nicht hier- nicht in Hogwarts, wo wir alle sicher sind. Vielleicht gab es mal das eine oder andere Problem, die eine oder andere Gefahr, aber am Schluss wurde alles aufgeklärt und in Ordnung gebracht und alle waren wieder glücklich. Solange Dumbledore uns beschützt, kann uns doch nichts geschehen.
 

I belong to you

You belong to me

It's the way things are

always meant to be
 

Das einzige, was Dumbledore jetzt beschützt, ist die Wahrheit. Er sorgt dafür, dass niemand sie erfährt. Was verbirgt er vor uns? Welches schreckliche Geheimnis?
 

Like the morning star

And the rising sun

You convey my life

And forgive me what I've done
 

Manchmal laufe ich durch die Gänge und glaube, du müsstest gleich um die Ecke biegen, irgendwo auf dem Weg zum Unterricht. Manchmal ertappe ich mich dabei, wie mir einfällt, dass ich dir unbedingt erzählen muss, wie viele Punkte dieser fiese Snape uns wieder abgezogen hat, oder mich frage, welches Fach du jetzt gerade haben müsstest. Dann bin ich für einen Moment fast glücklich, denn es gibt nichts Besseres als vor der Wirklichkeit davon zu laufen. Ich habe Angst davor, was mit mir geschieht, wenn ich die Wahrheit erfahre. Ich habe schon jetzt Angst davor, was mit mir geschieht...
 

All too soon we were divided

Into Darkness and Light
 

Ich bin nicht die, für die alle mich halten. Auch vorher schon war ich es nicht, aber jetzt - jetzt bin ich überhaupt nichts mehr. Jetzt ist alles mechanisch, aufstehen, essen, in den Unterricht gehen. Wie eine Puppe mit Zahnrädern.
 

Will you revive from the chaos in my mind

Where we still are bound together

Will you be there waiting by the gates of dawn

When I close my eyes forever
 

Ich bin nicht die, für die alle mich halten. Auch vorher schon war ich es nicht, sonst hätte nicht alles so kommen dürfen. Mein Kopf dreht sich, die ganze Welt steht auf dem Kopf. Manchmal fange ich grundlos an zu schreien. Manchmal werde ich ohnmächtig, aber das passiert nicht mehr, seit Madam Pomfrey mir Pillen für den Kreislauf gegeben hat.
 

Save me- reverse how I'm thinking of you

Every breath I take brings me closer

Closer to forever - to you
 

Professor Flitwick ist zu bedauern, immer wieder und wieder hat er versucht, sich um mich zu kümmern. Wollte, dass ich mit ihm rede. Ich rede nicht, nicht über dich, nicht über das, was passiert ist. Wozu auch, ich weiß ja ohnehin nicht was passiert ist und werde es nie erfahren. Es ist sinnlos, alles vollkommen sinnlos. Manchmal reißt der goldenen Faden an dem unser Leben verläuft einfach ab und dann ist es sowieso nur noch eine Frage der Zeit. Diese Gleichgültigkeit ist schlimmer als jede Verzweiflung, denn sie bedeutet, dass ein Teil von mir gestorben ist.
 

All too soon we were divided

And life had just begun
 

Ich soll dankbar sein, sagt meine Mutter. Dankbar sein, für all das Schöne, das ich erleben durfte und keine Gier empfinden für das, was ich nicht haben kann. Gier ist der Anfang alles Bösen sagt sie und ich weiß genau, ich bin gierig, ich bin böse, durch mich hat alles Böse angefangen, denn wegen mir wolltest du unbedingt an diesem Turnier teilnehmen, wolltest dass ich dich bewundere, wolltest meine Aufmerksamkeit, meine Wertschätzung, meine Liebe. Warum musstest du dich in jemanden wie mich verlieben, jemanden von dem du hättest wissen müssen, dass sie dich mit Sicherheit ins Unglück stürzen wird? Ich habe viel zu viel Wasser in meiner Persönlichkeit, sagt meine Mutter und Wasser macht, dass alles wegfließt.
 

Will you revive from the chaos in my mind

Where we still are bound together

Will you be there waiting by the gates of dawn

When I close my eyes forever
 

Ich warte auf den Moment, an dem der Strom meiner Gedanken abreißt, wird es ein Knall sein, oder wird er sich langsam auflösen, wie Herbstnebel? Meine Füße haben die Turmzinne verlassen, meine Augen blicken ins Blau des Himmels, oder des Sees, was macht das für einen Unterschied? Fragen Schmetterlinge danach, ob die Welt um sie herum ewig ist, oder einfach aufhört zu existieren? Sommer sind kurz und der Winter bringt Kälte, die ihre zarten Flügel viel zu schnell gefrieren lässt.
 

Will you revive from the chaos in my mind

Where we still are bound together

Will you be there waiting by the gates of dawn

When I close my eyes forever
 

Und wenn der Nachtfrost kommt, gibt es kein Morgen mehr.
 

Amicus Draconis - 1. Zyklus: Zyklus des Dachses - Teil 12: Erinnye – Rachedämon
 

* * *
 

Atem...
 

Warmer Atem, der durch ihre eisigen Lungen drang und sie mit Leben erfüllte. Ein Hustenanfall schüttelte sie, dann ein zweiter, sie spuckte Wasser und ein paar Tropfen Blut und die Kälte fuhr wie ein Schwert durch ihren Körper.
 

Sie war nicht tot...
 

Sie war klatschnass, fror und alles tat ihr weh. Der Aufprall auf der harten Wasseroberfläche musste ihren Körper geradezu mit blauen Flecken überzogen haben und vielleicht hatte sie sich auch etwas gebrochen...
 

Aber sie lebte und in diesem ersten Moment wusste sie nicht, ob sie sich darüber freuen, oder nur noch verzweifelter sein sollte. Nichts hatte sie sich mehr gewünscht, als die Augen zu öffnen und Cedric’s Gesicht vor sich zu sehen, wie auch immer Augen und/oder Gesichter im nächsten Leben geartet sein mochten.
 

Aber - war sie dem Tod auch noch einmal entronnen, so war er doch nur wenige Zoll von ihr entfernt. Denn dieses Gesicht, welches sich über sie beugte, der Atem, der sie zum Leben erweckt hatte, gehörte - wenn nicht dem Tod, dann doch zumindest dem Teufel.
 

Er sah ganz genauso aus, wie auf den vielen Photographien. Zerrissene Kleidung, verwahrlostes Aussehen, langes zottiges braunschwarzes Haar. Nur seine Augen, seine Augen waren irgendwie anders. Auf den Bildern waren sie vom Wahnsinn gezeichnet gewesen, sein Gesicht zu einer irren Fratze verzerrt.
 

Jetzt schienen sie vollkommen klar und das machte die ganze Situation noch angsteinflößender. Dieser Mann war verrückt, aber er wusste genau, was er tat. Er hatte sie gerettet, nur um sie einem noch schlimmeren Schicksal zuzuführen...
 

Sie schrie, ein langgezogener hilfloser Schrei, den er sofort erstickte, indem er ihr eine Hand auf den Mund presste. "Sei still," flüsterte er, seine Stimme war rau und sein Blick fuhr ängstlich nach links und rechts.
 

Es war dunkel um sie herum, nur der Lichtschein einer einzelnen Fackel tanzte über die felsigen Wände. Sie mussten in einer Art Höhle sein, vielleicht unter dem Schloss, vielleicht aber auch mittendrin. Oder an einem ganz anderen Ort, sie wusste ja nicht, wo Sirius Black sie hingebracht hatte, als sie bewusstlos, und dem Tode nahe war.
 

Sie lag auf einer Art Bett aus Stroh und schmuddeligen Decken. Und um sie herum...
 

Beinahe hätte sie ein weiteres Mal geschrieen, nur die Hand auf ihrem Mund hinderte sie daran. Um sie herum lagen Knochen auf dem Höhlenboden, fahl schimmerten sie im schwachen Licht, doch an einigen war noch das rostbraune Blut zu erkennen. Oh Gott, warum hatte er sie nicht einfach ertrinken lassen...
 

"Hör mir genau zu," sagte er eindringlich. Eine seiner Hände hatte sie jetzt losgelassen, sie tastete nach etwas, mit Sicherheit nach seinem Zauberstab. Cho dachte nicht daran, zuzuhören, sie trat nach ihm und warf sich zur Seite, doch ein furchtbarer Schmerz in der linken Schulter lähmte sie.
 

"Lieg doch still, du verletzt dich nur!" Vorsichtig hob Black sie hoch, um sie auf das Lager zurückzulegen. "Du hast dir beim Sturz die Schulter ausgerenkt, aber ich musste dich zuerst wieder beleben, du hast nicht mehr geatmet...hier, beiß drauf!"
 

Ein Stück Holz wurde ihr in den Mund geschoben, seine Hände griffen nach ihr und ein weiterer Schmerz durchzuckte ihren Körper, so furchtbar, dass sie ums Haar wieder ohnmächtig geworden wäre. Doch sie ließ es nicht zu, eine kalte gnadenlose Wut hatte ihre Angst verdrängt. Dieser Mann gehörte zu Voldemort, er war einer von denen, die Cedric's Leben auf dem Gewissen hatten und wenn sie jetzt sterben musste, dann würde sie ihn mitnehmen...sie wollte nach ihm greifen, doch ihre Arme gehorchten ihr nicht...da war nur Schmerz...
 

"Es kommt alles in Ordnung, Madam Pomfrey kriegt dich wieder hin." Seine besorgte Stimme war der blanke Hohn, sie wusste nicht, was für ein Spiel er mit ihr spielte. "Ich werde einen Memory Charm auf dich legen, du wirst im Schloss aufwachen, und vergessen haben, dass wir uns jemals begegnet sind..."
 

"Lassen Sie die Spielchen und töten Sie mich endlich," fauchte sie zurück, ihre Worte klangen seltsam rau und wurden von einem heiseren Husten begleitet. "Es ist mir gleich! Sie und ihre Leute haben mir Cedric weggenommen, haben ihn einfach ermordet!" Tränen erstickten ihre Stimme, Tränen der Verzweiflung und auch der Wut, weil sie sich die Blöße gab, vor einem von Cedric's Mördern zu weinen.
 

Aber sie hatte keine Kraft mehr. Sie wollte nur, dass es vorbei war.
 

Endlich vorbei...
 

Black hielt mitten in der Bewegung inne. "Diggory?" fragte er leise. "Du kanntest Cedric Diggory?"
 

"Sie waren also dabei," murmelte sie leise. "Warum kennen Sie seinen Namen? Sie können sich doch unmöglich die Namen aller Ihrer Opfer merken. Haben Sie ihn getötet? Oder war es ein anderer und Sie haben nur zugesehen?"
 

"Es würde nichts nützen, selbst wenn ich dir die Wahrheit sage." Er hatte sein Gesicht abgewandt und starrte düster zu Boden. "Ich muss dir ja doch deine Erinnerung an unsere Begegnung nehmen, damit du mich nicht verrätst..."
 

"Warum wollen Sie mich laufen lassen?" fragte sie zurück. Ihre Stimme wurde zusehends hilfloser. "Ist das ein Spiel? Wollen Sie mich glauben lassen, ich hätte noch eine Chance? Jetzt, wo alles zerstört ist? Mein Leben ist zu Ende und es ist vollkommen gleich, ob Sie es beenden, oder ich selbst! Was glauben Sie denn, warum ich vom Turm gesprungen bin! Ich hab' Sie nicht darum gebeten, mich aus dem Wasser rauszufischen! Ich weiß jetzt, dass ich nie erfahren werde, was wirklich mit Cedric geschehen ist und es gibt nichts, was ich dagegen tun kann und es ist mir auch egal! Ich will einfach nur bei ihm sein, das ist alles was ich mir wünsche!" Ein Schluchzen durchbrach ihre Stimme und sie wandte ihr Gesicht ab.
 

Ohne jede Vorwarnung kniete er neben ihr nieder und schloss sie in seine Arme. Sie erschrak, war dies wirklich der Mann, der dreizehn Menschen ermordet und seine Freunde verraten hatte? Wie war so etwas möglich? Er schien ebenso hilflos und verzweifelt zu sein, wie sie...
 

Und er weinte. Sie konnte seine nassen Wimpern an ihrer Wange spüren.
 

"Du würdest die Wahrheit niemals glauben," murmelte er. "Sie ist noch viel schrecklicher, als du sie dir vorstellen kannst. Ihr habt alle in einer Welt aus schönem Schein gelebt, habt geglaubt, die Gefahr sei vorüber. Dabei hat es gerade erst begonnen...."
 

"Erzähl' mir, was mit Cedric geschehen ist," bat sie leise.
 

"Ich bin nicht dabei gewesen." Er löste sich von ihr und rieb sich mit seiner schmutzigen Hand das Gesicht. "Ich kann nur das wiederholen, was Harry mir erzählt hat. Aber nur dann, wenn du mir eines versprichst, Kleine, dass du nie wieder solche Dummheiten machst..."
 

"Ich verspreche es." In diesem Moment hätte sie ihm alles versprochen.
 

"Du bist Cho, nicht wahr?" fragte er. "Cedric's Freundin. Harry hat mir von dir erzählt. Er wollte dich zum Ball einladen, aber er war leider zu spät dran."
 

"Du weißt davon?" Unter Tränen lächelte sie. "Tut mir leid, wenn ich Harry verletzt' hab', das war keine Absicht."
 

Natürlich war es keine Absicht gewesen, aber es tat ihr auch nicht leid. Es war ihr einfach nur egal.
 

"Cedric wurde ermordet," begann Sirius Black, "von jemandem, den die Welt dort draußen für tot hält. Voldemort's Gefolgsmann, Peter Pettigrew."
 

* * *
 

Peter Pettigrew...
 

Wer ist dieser Mann, der so einfach auf Befehl eines anderen tötet. Ohne zu fragen, ohne auch nur einen einzigen Gedanken an seine Opfer zu verschwenden.
 

Die alten Zeitungsberichte behaupten, er sei ein Held. Ganz allein hat er versucht, den Wahnsinnigen Sirius Black aufzuhalten und ist ach-so-tragisch von ihm ermordet worden. Post Mortem hat ihm dann die Ministerin den Orden des Merlin verliehen und sein Name kam auf den Gedenkwall für die Opfer des Unnennbaren.
 

Ein tragisches Schicksal, und nicht ein Wort davon wahr....
 

Natürlich hätte Sirius mich belügen können, aber wozu? Wenn er wirklich der ist, für den die Welt ihn hält, hätte er mich genauso gut umbringen können, wobei...wozu hätte er überhaupt erst die Sicherheit seines Verstecks verlassen sollen, um mich aus dem Wasser zu fischen? Wenn er mich nicht gerettet hätte, wäre ich ohnehin gestorben.
 

Seine Geschichte klang unglaublich, doch alles fügte sich nahtlos aneinander. Pettigrew's Verrat. Der falsche Mad Eye Moody. Voldemort's Auferstehung...
 

Du zuckst zusammen, wenn ich den Namen deines Meisters ausspreche?
 

Du fürchtest ihn.
 

Ich fürchte ihn nicht mehr, schon lange nicht mehr. Wenn man für so lange Zeit den Tod vor Augen hatte, kennt man keine Furcht mehr. Meine Seele starb an jenem Tag, als ich meinen Liebsten verlor und seitdem war es nur noch eine Frage der Zeit, wann auch der Rest von mir sterben würde.
 

Aber nicht, bevor ich jemand anderen getötet hatte.
 

........................................................................................................................................................................March,1996
 

Regen fiel in langen silbrigen Strichen herab, wie auf einem kitschigen Gemälde. Kapuzen wurden übergezogen, mächtige Schirme tanzten über die Strasse. Die Luft war grau und alles um sie herum neblig und von Nässe durchzogen.
 

Wurde es jemals Frühling in Knockturn Alley? Die düsteren Häuserfassaden erhoben sich drohend in einen wolkenverhangenen Himmel und auch die Gesichter der Menschen schienen hier verschlossener zu sein, kalt und doch von einer inneren Unruhe erfüllt. Sie spürten, dass etwas im Gange war. Hier gab man nicht viel auf offizielle Erklärungen und auf das Ministerium schon gar nicht. Hier galten andere Regeln.
 

“Was kann ich Ihnen anbieten, junge Dame? Vielleicht ein Liebeszauber, der die Herzen der jungen Männer betört?“
 

Mr. Borgin’s Stimme war genauso ölig, wie seine Erscheinung, und sie fühlte eine heftige Antipathie in sich hochsteigen. Dies war die Sorte Mensch, mit der sie in Zukunft zu tun haben würde, schmierige kleine Lakaien, Handlanger, Stiefelknechte der dunklen Seite. Besser, sie gewöhnte sich dran.
 

“Ich bin nicht hier, um einzukaufen,“ sagte sie mit ruhiger Stimme, bemüht sich ihren Widerwillen nicht anmerken zu lassen. Sofort verschwand das Lächeln von Mr. Borgin’s Gesicht und sie wunderte sich, ob ein Mann in seiner Position nicht in der Lage sein sollte, seine Gefühle zu verbergen.
 

“Ich bin wegen des Jobs hier,“ fügte sie hinzu und das typisch asiatische Lächeln auf ihrem Gesicht hatte sich nicht mit einem Muskel bewegt.
 

“Und was macht dich so sicher, dass du die Richtige für diese Position bist?“ fragte Mr. Borgin zurück.
 

Cho ließ sich Zeit mit ihrer Antwort. Immer noch lächelnd ging sie einen Schritt an der vertrockneten Gestalt des Ladenbesitzers vorbei und trat an eines der Regale. Borgin and Burke's war vermutlich die erste Adresse für exotische schwarzmagische Gegenstände, selbst in Knockturn Alley, wo es Dutzende solcher Läden gab. Hierhin verirrte sich jeder dunkle Zauberer zumindest einmal in seinem Leben und die High Society gehörte zur Stammkundschaft.
 

“Ein Wendigo-Dreamcatcher.“ Nachdenklich betrachtete Cho den spinnennetzartigen Gegenstand, der mit allerlei Knochen, und vertrockneten Hautteilen bestückt war. “Über den Schlafplatz einer Person aufgehängt, bringt er die schlimmsten Albträume und kann bei längerer Verwendung zu Wahnsinn führen. Hm...Gingko Pulver zur Verwendung von Liebestränken. Es funktioniert aber nur, wenn man bereits in einem früheren Leben der Partner der anderen Person war...“
 

“Ein Mythos, nichts weiter,“ unterbrach Mr. Borgin kalt.
 

“Mag sein,“ entgegnete Cho gelassen. “Belladonna ist hierzulande beliebter, aber es ist hochgiftig, und falsch dosiert, führt es schnell zu Wahnsinn, und zum Tod. Hm... die ‘Hand of Glory‘? Das Lieblingsspielzeug von Dieben und Plünderern...“
 

“Wie mir scheint, verstehst du dein Handwerk.“ Mr. Borgin hatte sie nicht aus den Augen gelassen. “Nun gut, erzähl mir etwas über deine Familie.“
 

Erleichterung durchströmte Cho. So war es also nicht umsonst gewesen, dass sie sich in den letzten Wochen und Monaten mit schwarzer Magie beschäftigt hatte. Eigentlich hatte sie nur nach einer effektiven Möglichkeit gesucht, jemanden umzubringen, ohne ihm mit dem Zauberstab entgegen treten zu müssen. Selbst wenn Pettigrew nicht unter Voldemort’s Schutz stünde, glaubte sie nicht, dass sie ihm in einem Duell gewachsen wäre.
 

Abgesehen davon, dass sie keine Ahnung hatte, wie sie ihn überhaupt finden sollte. Es wäre nicht einfacher, an Voldemort selbst heran zu kommen.
 

“Mein Name ist Cho Chang,“ begann sie. “Ich stamme aus einer sehr alten asiatischen Magierfamilie.“ Das war nicht einmal gelogen, auch wenn sie nicht mit Sicherheit sagen konnte, ob all ihre Vorfahren reinblütig gewesen waren.
 

Als sie von ihrem Vater erzählte, leuchteten Mr. Borgin’s Augen für einen Moment auf, sie war sich sicher, dass er ein paar Nachforschungen betreiben würde, ob sie wirklich die Tochter eines Botschafters war. Sie hatte zwar mit dem Gedanken gespielt, sich eine falsche Identität zuzulegen, doch das schien ihr alles viel zu risikoreich. Was, wenn ihr jemand auf die Schliche kam? Mit nachweisbaren Angaben wirkte sie glaubwürdiger und auch ihr Hintergrund war nicht besonders ungewöhnlich. Mädchen aus gutem Hause, von daheim abgehauen, in schlechte Gesellschaft geraten. Das passierte doch jeden Tag.
 

“So, so, du bist also noch keine siebzehn?“ Mr. Borgin verzog die Lippen zu einem schmierigen Lächeln. “Dann kann ich dich, wenn überhaupt, nicht mit Arbeitsvertrag einstellen. Es sei denn, du hast eine schriftliche Erlaubnis deiner Eltern mitgebracht?“
 

Betreten starrte sie zu Boden und ihr Lächeln verschwand. Sie ließ ihn merken, dass er eine Ausreißerin vor sich hatte, ein Mädchen, das alle Brücken hinter sich abgebrochen hatte, das praktisch völlig in seiner Hand war.
 

“Ich hab’s einfach nicht mehr ausgehalten,“ brach es schließlich aus ihr hervor. “Hogwarts ist die schlimmste Schule, die man sich vorstellen kann. Das ganze Mudblood-Gesocks stolziert eingebildet herum und wir haben Lehrer, die nicht mal richtige Menschen sind. Warum verbietet das Ministerium so was nicht?“ Anklagend hob sie den Blick. “Es ist einfach alles total daneben.“
 

“Kopf hoch, vielleicht kommen auch irgendwann wieder bessere Zeiten.“ Mit einem hageren Finger strich Mr. Borgin über ihre Wange und sie zwang sich dazu, nicht zusammenzuzucken. “Nun, wir werden mal sehen, was wir hier mit dir anfangen können...“
 

Sein Blick gefiel ihr ganz und gar nicht.
 

* * *
 

Das Grinsen....
 

In meinen Träumen sehe ich das Grinsen. Pettigrew grinst mich an, wenn er den Zauberstab hebt, um den tödlichen Fluch auf Cedric herab zu beschwören. Doch dann wird sein Gesicht zu dem Lord Voldemort’s und das Grinsen ist noch viel unmenschlicher geworden. Es ist ein Schlangengesicht, das sich über mich beugt, und höhnisch die Lippen verzieht.
 

Manchmal glaube ich, dass ich jetzt wahnsinnig werde...
 

Schweißgebadet wache ich auf und meine Hände krallen sich in die Bettdecke. Über mir wölbt sich das schiefe Dach der kleinen Bodenkammer, in der ich jetzt schlafe. Es ist nicht viel Platz hier, weil es eigentlich ein Lagerraum für den Laden ist, doch ich hab’ auch nicht viele Sachen. Eigentlich hab’ ich nur das Nötigste mitgenommen, als ich voriges Jahr aus Hogwarts...na ja, lassen wir das.
 

Um mich herum ist es dunkel und der Wind heult über dem Dach. Der Rahmen klappert, der Rahmen meines kleinen Fensters, das zur Straße hinführt. Wenn ich gerade nicht arbeite, stehe ich manchmal hier und beobachte die Leute. Ich versuche mir, ihre Gesichter zu merken. Vielleicht ist einer von ihnen der Schlüssel zu...
 

Draußen in der Diele knarrzt es. Nein, bitte nicht schon wieder! Borgin ist doch heute Abend schon hier gewesen.
 

’Reiß dich zusammen,’ ermahne ich mich, ’reiß dich zusammen.’ Es ist nicht wichtig. Es ist alles nicht wichtig, schließ dich einfach in dir selbst ein und lass es vorübergehen...Es ist nur ein Teil des Alptraums.
 

Aber das Grinsen ist kein Alptraum...
 

Es ist immer noch da, auch wenn ich schon längst wach bin. Es schwebt über meinem Bett, es hüpft auf und nieder und grinst dabei auf mich hinunter. Es ist nur ein Grinsen, doch plötzlich bekommt es Augen, und Schnurrhaare und noch bevor ich schreien kann, spüre ich ein Gewicht auf meinem Bauch.
 

.................................................................................................................................................................... April, 1996
 

Liebe Cho
 

bitte zerstör’ diese Nachricht sofort, nachdem du sie gelesen hast, sonst bringst du dich in Gefahr, schließlich bin ich immer noch ein gesuchter Massenmörder. Ich hab’ extra nicht den normalen Postweg benutzt, damit der Brief nicht abgefangen werden kann.
 

Du hast mir erlaubt, dir zu schreiben und deshalb hoffe ich, dass der Brief dich erreicht und du ihn auch nicht ungelesen vernichtest. Von Dumbledore weiß ich, dass deine Eltern verzweifelt versuchen, dich zu finden, sie haben Dutzende Briefe an dich geschickt, die aber alle wieder zurückgekommen sind. Auch das Ministerium haben sie eingeschaltet. Nur, da wir jetzt schon April haben und du in ein paar Tagen 17 wirst, haben sie bald keine rechtliche Handhabe mehr, um nach dir zu suchen, wenn du nicht gefunden werden willst.
 

Bitte sei vernünftig und geh’ wieder zu deinen Eltern zurück. Ich weiß, dir geht’s im Moment verdammt dreckig, aber Cedric hätte nicht gewollt, dass du deine Zukunft wegwirfst, oder dich sogar in Gefahr bringst.
 

Irgendwie hab’ ich ein schlechtes Gewissen, weil ich die ganze Sache ausgelöst habe. Natürlich hattest du ein Recht drauf, die Wahrheit zu erfahren, aber du musst dich dieser Wahrheit stellen, selbst wenn’s weh tut. Weglaufen bringt nichts, glaub’ mir, ich spreche aus Erfahrung.
 

Sirius
 

P.S. Falls du mir antworten willst, schreib’ auf die Rückseite des Zettels und steck’ ihn dann wieder an die Rückseite von Crookshanks’ Namensschild.
 

P.P.S. Bitte lass dir das, was ich gesagt hab’, zumindest mal durch den Kopf gehen. Deine Eltern vermissen dich echt wahnsinnig.
 

Cho hatte schon zu einem Flammenzauber angesetzt, um den Brief zu verbrennen, als sie innehielt. Nicht etwa, weil Sirius’ Worte sie berührt hatten. Sich der Wahrheit stellen? Lächerlich. Was glaubte er wohl, was sie hier tat! Cedric hätte nicht gewollt, dass...? Cedric war tot, sie würde niemals erfahren, was er gewollt hätte!
 

Aber vielleicht wäre es ein Fehler den Kontakt zu Sirius so einfach aufzugeben. Er hatte einen engen Bezug zu Dumbledore und Harry Potter, er kam an Informationen ran, die ihr vielleicht für ihre eigenen Pläne nützlich sein konnten. Zwar hatte Sirius es bei ihrem Gespräch nicht deutlich gesagt, aber zwischen seinen Worten war es deutlich geworden, er gehörte der geheimen Bewegung um Dumbledore an, die gegen den Dunklen Lord kämpfte.
 

Rasch schrieb sie einige Zeilen auf den Zettel. Nichts Bedeutendes, nur dass es ihr den Umständen entsprechend gut ging und sie über seine Worte nachdenken würde. In einem PS bat sie ihn, ihr wieder zu schreiben und versuchte anschließend den Brief am Namenschild des Katers zu befestigen. Einfach war es nicht, denn das riesige Fellvieh wollte gekrault werden und rieb ständig seinen Kopf an ihren Händen.
 

“Du brauchst das doch gar nicht,“ wunderte sie sich, als Crookshanks schließlich aufs Fensterbrett sprang und maunzend nach Auslaß verlangte. Sie wartete ein Weilchen, doch der Kater schien sich nicht wieder in Luft auflösen zu wollen. Also gab sie schließlich nach, und öffnete ihm das Fenster. Eine Weile noch blickte sie ihm nach, wie er über die Dächer davon spazierte.
 

Schlafen konnte sie jetzt nicht mehr. Also stand sie auf und schlich vorsichtig die morsche Holztreppe nach unten. Im mittleren Stockwerk war alles still, nur Borgin und seine Frau schnarchten leise vor sich hin. Auch im Laden regte sich nichts, sie würde dort erst in einigen Stunden aufsperren.
 

“Lumos!“ Das sanfte Licht ihres Zauberstabes umgab sie, als sie der Treppe weiter nach unten folgte. Das Haus der Borgins war nach außen hin nicht groß, doch es besaß riesige Kellergewölbe, in denen der größte Teil ihrer Ware lagerte, Gegenstände und Mittelchen bei denen sie sich nicht einmal ausmalen wollte, wozu sie verwendet wurden.
 

Nur, dass sie es wissen musste. In der Zeit, die sie hier verbrachte, wollte sie alles was nur möglich war, über die schwarze Magie lernen. Nicht Zaubersprüche, nein, selbst wenn ihr jemand die Unforgivable Curses beibringen würde, so glaubte sie nicht, dass sie jemals die Möglichkeit haben würde, einen solchen einzusetzen. Etwas anderes würde sie zum Ziel führen, etwas viel Subtileres, das nichts mit lautem Geschrei und wedelnden Zauberstäben zu tun hatte.
 

“Haben wir wieder geträumt, Kindchen?“
 

Cho hätte beinahe aufgeschrieen, als dürre, faltige Hände ihre Schultern packten. Trotz ihres Alters besaßen diese Hände einen Griff, wie ein Schraubstock
 

“Madam Borgin...“
 

Nicht nur der Tatsache, dass sie tief in ihre Gedanken versunken war, hatte Cho es zu verdanken, dass sie zusammenfuhr. Sie wusste, wem diese Hände gehörten, und dennoch durchfuhr sie ein eisiger Schreck. Oder gerade deswegen.
 

Wie jede Nacht, wenn sie hier herunterkam..
 

Denn das Geschöpf, das sie hier unten erwartete, war kein menschliches...
 

Mr. Borgin’s Großmutter war eine Hag, oder besser gesagt, eine Annis. Eine kleine verhutzelte, und dennoch furchterregende Gestalt mit gräulich blauer Hautfarbe und einem runzeligen Gesicht, in dessen Mitte ein einziges bösartiges Auge glühte. Dieses fixierte nun Cho, während die langen, klauenartigen Finger noch immer ihre Schultern festhielten. “Du kommst spät, Kindchen, wirklich spät. Ich dachte schon, du hättest Großmütterchen vergessen...oooohh.“ Sie stieß ein leises Geheul aus und knirschte mit den fauligen Zähnen. “Der Geruch meines nichtsnutzigen Enkels haftet immer noch an dir – puh!“ Ihre lange gebogene Nase streifte das Gesicht des Mädchens.
 

Cho spürte das dringende Bedürfnis, sich den nächst besten Kübel Wasser über den Kopf zu schütten, doch sie schluckte es hinunter und folgte der Annis in ihr Laboratorium am Ende des Ganges. Madam Borgin lebte in den Kellergewölben, da eine Hag das Licht und die Menschen scheute und sich am liebsten an dunklen einsamen Orten aufhielt. Zudem war Mr. Borgin natürlich nicht unbedingt erpicht darauf, seine nichtmenschliche Abstammung herumzuzeigen.
 

Leises Brodeln und Blubbern empfing Cho, als sie den kleinen stickigen Raum betrat und Schwaden übel riechender Dämpfe vernebelten ihren Blick. In der Mitte baumelte ein mächtiger Kupferkessel über einer Feuerstelle, hinten auf den Anrichten standen weitere Schüsselchen und Gefäße mit diversen Pulvern und Flüssigkeiten. Einige der getrockneten Kräuter und Pflanzen erkannte sie wieder, doch hier waren auch weitaus weniger angenehme Ingredienzien zu finden, wie etwa Nachtigallenschnäbel, diverse Fischaugen, und die gelb gesprenkelten Beine eines zweiköpfigen hyperboreanischen Frosches.
 

Ohne weiter auf die junge Hexe zu achten, wuselte die Annis zwischen den Gefäßen umher und murmelte dabei leise vor sich hin. Mit spitzen Fingern griff sie einen kleinen schillernden Kristall aus einer Glasphiole und zertrümmerte ihn mit einem Faustschlag, der den Tisch erzittern ließ. Aus dem Kristall war nun Staub geworden, kristallklarer, in allen Regenbogenfarben schillernder Staub, in welchem sie ihre Fingerspitzen badete. Das Quietschen ihrer krallenartigen Nägel auf der metallenen Tischoberfläche war so schrill und unangenehm, dass Cho sich hastig die Hände über die Ohren hielt.
 

Die Alte warf ein paar Zutaten in den Kessel und benutzte ihren Zauberstab, um die Glut anzufachen. Nach den Regeln des Ministeriums war es einer Hag verboten, Zauberstäbe zu verwenden, genau wie das Wasservolk, die Hauselfen oder die Centauri waren sie als ‘Nichtmenschliche Kreaturen‘ klassifiziert, und fielen unter die Gesetze des Magical Creature Departments. Aber anscheinend hatte sich noch nie jemand die Mühe gemacht, in Mr. Borgin’s Keller nachzusehen.
 

Die wahre Macht einer Hag lag auch nicht in Zauberstäben und -sprüchen. Diese Geschöpfe beschäftigten sich mit etwas anderem, der Giftmischerei. Ihre Tränke und Wässerchen waren Legenden in der magischen Welt und der eigentliche Erfolg von Mr. Borgin’s Geschäft basierte auf den mysteriösen Suden, die seine Großmutter des Nachts in ihren Kellergewölben zusammenbraute.
 

Und diese hatte Cho als ihre Schülerin und Assistentin akzeptiert.
 

Ein Zischen erklang aus dem Kessel und Madam Borgin hob blitzartig den Kopf. “Komm her, Kindchen,“ befahl sie und ihr giftgelbes Auge glühte über den Kesselrand in Cho’s Richtung. Das Mädchen gehorchte, sie wusste bereits, was jetzt kommen würde. In die Geheimnisse der Zaubertrankkunst eingeweiht zu werden, hatte seinen Preis...
 

“Mund auf,“ befahl die Annis und ihre dürren Klauenfinger griffen nach Cho’s Gesicht. “Braves Mädchen!“
 

Cho schrie leise auf, als die glühendheiße Flüssigkeit ihr die Zunge verbrannte, dann holte sie tief Luft und schluckte sie hinunter. Wenn das der schlimmste Effekt des Gebräus gewesen war, dann konnte sie sich noch glücklich schätzen, ihr Körper zeigte immer noch die Spuren anderer, weniger glimpflich abgelaufener Experimente.
 

Aber was bedeutete das schon? Er war ohnehin nicht mehr als eine leere Hülle...
 

“Es funktioniert nicht!“ kreischte Madam Borgin. “warum funktioniert es nicht? Großmütterchen hat alles richtig gemacht, ja alles richtig gemacht, warum funktioniert es nicht?“
 

Sie ließ Cho’s Gesicht so heftig los, dass ihre Fingernägel sich in die Haut gruben und einen blutigen Kratzer hinterließen. Cho wich zurück, zum ersten Mal seit langem zeigte sich wahre Angst auf ihrem Gesicht.
 

“Ohhhh, hast du dir wehgetan, Kindchen?“ Ein gehässiges Lächeln erschien auf Madam Borgin’s Gesicht, als sie genüsslich das Blut von ihrem Finger leckte. “Nicht weinen, Großmütterchen macht alles wieder heil...“
 

Cho hätte am liebsten kehrtgemacht und wäre so schnell wie möglich davongerannt, doch ihre Beine gehorchten ihr nicht. Eine seltsame Leere durchflutete ihren Körper, doch seltsamerweise war es kein unangenehmes Gefühl. Es war ein wenig, als würde sie schweben, und sie spürte keine Angst mehr.
 

Auch keinen Schmerz. Sie fuhr mit der Hand zur Wange, da war kein Kratzer mehr, nichts mehr. Verwirrt hob sie den Blick, doch um sie herum war nur Dunkelheit. Der Kessel war weg, der Raum war weg, die Annis war weg....
 

Es war, als hätte sich die ganze Welt in Nichts aufgelöst.
 

WARUM HAT SICH DIE WELT AUFGELÖST? WAS IST MIT DIR GESCHEHEN?
 

“Ich weiß nicht. Alles schwebt. Ich schwebe. Alles ist weg. Nein, da ist noch was...“
 

Es war dunkel um sie herum, doch inmitten all der Dunkelheit glaubte sie, einen Schatten zu erkennen, der sich über sie beugte. Schemenhaft. Nicht real.
 

Diese Augen. Dieses Grau. Nicht wie Cedric’s Augen, Cedric’s Augen waren warm und liebevoll gewesen. Diese Augen waren kalt und unergründlich. Und die Stimme..
 

DA IST NOCH WAS? WAS IST DA? ERINNERE DICH, CHO!
 

“Die Stimme. Die Stimme von Madam Borgin. Sie spricht mit mir. Aber ich weiß nicht, was. Sie stellt mir Fragen. Nein, du stellst mir Fragen. Du fragst. Ich antworte. Warum antworte ich auf deine Fragen? Warum? Wer bist du?“
 

KONZENTRIERE DICH, CHO, DU HÖRST DIE STIMME VON MADAM BORGIN. ES IST FRÜHJAHR 1995 UND DU ARBEITEST BEI BORGIN UND BURKES. ES IST NACHT. DU LIEGST IN MADAM BORGIN’S LABOR AUF DEM BODEN. SIE STELLT DIR FRAGEN UND DU ANTWORTEST, WEIL DER TRANK, DEN SIE DIR GEGEBEN HAT, VERITASERUM ENTHÄLT. VERSTEHST DU, CHO? IN DEM KESSEL WAR VERITASERUM....
 

Nein, das stimmte nicht! In dem Kessel war kein Veritaserum. In dem Kessel war nur eine Krötensuppe.
 

Aber wieso...?
 

Die Krötensuppe schmeckte immer noch grässlich, doch sie brachte Cho wieder auf die Beine. Benommen rappelte sie sich hoch und betastete den Kratzer an ihrer Wange. Ihr verwirrter Blick wanderte durch den Raum. Nichts hatte sich verändert, der Kessel brodelte immer noch vor sich hin und über sie gebeugt stand die Annis und grinste auf sie herunter.
 

“Kindchen hat Großmütterchen interessante Geschichten erzählt. Sehr interessante Geschichten. Verlorene Liebe...bäh, wie langweilig! Wie in den verstaubten alten Büchern, aus denen Großmütterchen ihrem nichtsnutzigen Enkel vorgelesen hat, als er noch klein war...“
 

Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Die Alte hatte ihr Veritaserum verabreicht. Was hatte sie ihr unter dem Einfluss des Serums erzählt? Hatte sie sich verraten? Hatte sie über Cedric gesprochen? Oder gar über ihre Rachepläne?
 

“Hm...Rache...“Ein hinterlistiges Grinsen erschien auf dem faltigen Gesicht. “Rache gefällt Großmütterchen schon viel besser. Eine grausame Rache. Blut muss fließen, viel Blut...oh ja!“ Sie brach in ein meckerndes Lachen aus. “Jetzt bin ich dran, mit Geschichtenerzählen. Setz‘ dich, oh setz dich.“ Sie packte Cho am Arm und zog sie zu einem Hocker, der zwischen den Labortischen stand. “Setz dich hin!“ befahl sie herrisch und begann neben dem Kessel auf und ab zu gehen.
 

“Vor langer Zeit lebte einmal eine Hexe. Eine junge schöne dumme Hexe. Und eines Tages traf sie einen jungen schönen dummen Zauberer und die beiden verliebten sich ineinander. Und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende...“
 

Sie zog die Stirn kraus. “Nein, das war nicht richtig. So ist das nicht passiert! Ein garstiger alter Hexer kam und zerstörte das junge Glück!“
 

Die Annis neigte den Kopf zur Seite und zog die Lippen hinter die Vorderzähne zurück, so dass diese wie die Zähne eines Nagetiers hervorstanden. “Hässliche Ratte! Hässliche Ratte ermordet jungen schönen Zauberer!“ Röchelnd griff sie sich an die Kehle und tat so, als wolle sie tot umfallen.
 

“Aber,“ sie erhob ihren Zeigefinger. “Was der garstige alte Hexer nicht wusste war, dass er damit sein eigenes Schicksal besiegelt hatte. Denn die schöne Hexe kam, um ihn zu vernichten. Nicht mit ihrem Zauberstab – oh nein! Das war viel zu gut für ihn! Sie war jetzt eine clevere Hexe und sie hatte einen Plan!“
 

“Welchen Plan?“ fragte Cho atemlos. “Welchen Plan hatte sie?“
 

“Kindchen,“ tadelte die Alte. “wie tötet man eine Ratte?“
 

Cho lächelte. Es war kein wirkliches Lächeln, es war ein Grinsen, und dem teuflischen Grinsen der alten Madam Borgin stand es in nichts nach.
 

“Mit Gift,“ hauchte sie. “Man legt einen vergifteten Köder aus und wartet darauf, dass die Ratte ihn frisst!“
 

Das Licht der Flammen spiegelte sich in ihren Augen.
 

* * *
 

Lieber Sirius,

wie geht’s dir so? Was machen die Geheimpläne? Schon rausgefunden, wie ihr du-weißt-schon-wen besiegen könnt? Oder wenigstens das Ministerium davon überzeugen, dass es ihn gibt?
 

Lieber Sirius,

ich hab’ heute Nachmittag eine magische Öllampe verkauft, die sehr viel wert ist und Mr. Borgin hat mich gelobt, was sonst nie vorkommt. Allerdings hab’ ich keine Ahnung, ob wirklich ein Geist in der Flasche ist. Wahrscheinlich hab’ ich den Kunden nach Strich und Faden angeschmiert, aber er kam aus Brasilien und wird wohl nicht so schnell wieder hier auftauchen, um sich zu beschweren.
 

Lieber Sirius,

stell dir vor, heute Nacht hab’ ich von Madam Borgin gelernt, wie man einen Liebestrank aus Belladonna Extrakt herstellt. Nicht die Billigteile, die sie den Mädels in den Läden anbieten – nein, einen richtigen Liebestrank. Vielleicht werd’ ich losziehen, den nächsten Death Eater verführen und ihn fragen, wo du-weißt-schon-wessen Schwächen liegen. Was hältst du davon?
 

Lieber Sirius,

ich halte es hier nicht mehr aus. Du hattest Recht, ich hätte nach Hause gehen sollen. Ich vermisse meine Eltern und sogar die Schule. Mir ist so schlecht, dass ich hier alles voll kotzen könnte. Ich will einfach nur noch heim...
 

Lieber Sirius,

bei mir ist alles wie immer. Heute war ein langweiliger Tag, auch wenn ich viel zu tun habe. Ich mach’ gerade Mittagspause, futtere ein bisschen was und hör nebenbei zu, wie sich Mr. Borgin mit seinem Partner Mr. Burkes streitet. Nichts Besonderes, sie fragen sich nur wieder mal, wann ihr Lord sich endlich mal aus seinem Versteck traut. Offensichtlich wissen sie beide genauso wenig....
 

........................................................................................................................................................................April, 1997
 

“Cho? Cho, wo steckst du, wir haben Kundschaft!“
 

Hastig sammelte Cho die Briefe zusammen und schob sie wieder in ihr Versteck in der Innentasche ihres Umhangs. ’Wie leichtsinnig du doch bist!’ schalt sie sich. Sie wusste doch, dass hier niemand auf ihre Mittagspause Rücksicht nahm. Was, wenn Mr. Borgin sie beim Lesen erwischte und entdeckte, was sie da las?
 

Natürlich war es unwahrscheinlich, er kümmerte sich nie darum, was sie tat, es sei denn, es hing irgendwie mit dem Laden zusammen. Trotzdem, sie musste vorsichtig sein und allmählich wurden die vielen Briefe auch zu schwer für ihre Innentasche.
 

Keinen einzigen davon hatte sie abgeschickt...
 

Sie warf einen kurzen Blick in den Spiegel, um festzustellen, ob ihr Gesicht sauber war, dann marschierte sie brav nach vorn in den Laden. Wahrscheinlich wieder irgend so ein schwerreicher Ausländer, der sich irgendeinen Schwachsinn andrehen lassen wollte. Davon hatte es in letzter Zeit schon einige gegeben.
 

“Ich bin auf der Suche nach einer frischen Regenbogenschlangenhaut.“
 

Dieser arrogante Typ hielt sich nicht mit langen Begrüßungen auf. Offenbar war er es gewohnt, Befehle zu erteilen, welche dann widerstandslos befolgt wurden.
 

“Kommt sofort, der Herr. Wünschen Sie noch etwas dazu?“
 

Er mochte um die zwanzig sein, doch es war schwer zu sagen. Groß, kräftige Gestalt, markantes Gesicht. Ein bisschen Übergewicht, aber bei seinem Körperbau fiel das nicht weiter auf. Dunkles volles Haar, es spielte zwischen braun und schwarz.
 

Wie das von Sirius...
 

Nur, dass seines kurz geschnitten war, fast schon ein Bürstenschnitt. Und das Gesicht darunter hatte nichts von Sirius’ verschmitzter Liebenswürdigkeit.
 

Sie wandte sich ab und begann die Schubladen abzusuchen. Frische Regenbogenschlangenhaut hatte man nicht offen im Laden liegen, es war verboten, diesen intelligenten und friedfertigen Tieren ein Leid anzutun. Anständige Zauberer verwendeten nur die abgelegten Häute. Aber hier gab es keine anständigen Zauberer und genau darum war sie hier.
 

“Es tut mir außerordentlich leid, Sir.“ Mit einem entschuldigenden Lächeln und einer leichten Verbeugung wandte sie sich an den jungen Mann. “Im Moment haben wir leider keine Regenbogenschlangenhaut verfügbar...“
 

“Tja, was machen wir denn da?“ Verwirrt kratzte sich der Angesprochene am Kopf. Sie hatte eigentlich damit gerechnet, dass er ungehalten werden würde, aber er schien einfach nur ratlos zu sein.
 

“Ich kann natürlich eine Bestellung für Sie aufnehmen,“ schlug Cho vor. “Accio!“ Der Bestellblock kam in ihre Hände geflitzt und stieß dabei beinahe eine Vase um.
 

“Ja...uhm... das wäre wohl das Beste...“ Besonders helle schien der Kerl ja nicht zu sein.
 

“Ihren Namen bräuchte ich dann, bitte.“
 

“Tja...uhm...ich heiße...“ Seinen Namen sollte man sich doch wohl merken können, oder etwa nicht?
 

Erst als sie aufsah und direkt in sein Gesicht blickte, wurde ihr klar, dass sie selbst der Grund für seine Nervosität war. Sein Gesicht war knallrot geworden, jede Spur von Arroganz war verschwunden, und durch offensichtliche Verlegenheit ersetzt worden. Dieser Typ hatte sich Hals über Kopf in sie verschossen, und das obwohl er sie erst seit wenigen Minuten kannte.
 

Es funktioniert! Heiß und Kalt überlief es sie. Es funktioniert tatsächlich!
 

Die Schülerin hatte ihre Meisterin übertroffen...
 

“Ich heiße Macnair. Tod Macnair.“
 

Ihr Lächeln hatte sich nicht verändert, auch wenn sie innerlich erstarrt war. Walden Macnair war einer der Männer gewesen, welche der Auferstehung des Dunklen Lords beigewohnt hatten und dieser Junge war offensichtlich ein Verwandter von ihm. Insgeheim hatte sie immer darauf gewartet, dass endlich jemand von den ganz Großen hier auftauchte und sich überlegt, wie sie es denn anstellen konnte, ihn näher kennen zu lernen. Nun, zumindest das zweite Problem hatte ihr die Arbeit mit Madam Borgin abgenommen. Tod Macnair konnte seine Augen nicht eine Sekunde lang von ihr abwenden.
 

“Oh, einen Moment Geduld bitte, mein Quill funktioniert nicht.“ Beiläufig schob sie sich an ihm vorbei, um nach einer neuen Adlerfeder zu greifen. Als sich ihre Körper berührten, zuckte er wie elektrisiert zusammen und stieß heftig die Luft aus.
 

Ohne weiter auf ihn zu achten, kehrte sie zu ihrer Bestellung zurück. Als sie jedoch das Blatt fertig ausgefüllt hatte, startete sie einen zweiten Versuch. “Würden Sie hier bitte unterschreiben, Sir?“ Ihre Hände berührten sich wie zufällig und sie hatte ganz deutlich das Gefühl, dass er diesen Moment so lange wie möglich hinauszögerte.
 

Ein silberner Fischotter wand seinen Körper um den Mittelfinger dieser Hand. Mit Augen aus winzigen kobaltblauen Edelsteinen....
 

“Ich...ich danke Ihnen.“ Er drückte seinen Abholzettel wie einen kleinen Schatz an seine Brust und verließ fluchtartig den Laden.
 

Na, das war ja wirklich super gelaufen! Wenn ihr Geheimrezept alle ihre potentiellen Verehrer in die Flucht schlug, dann war es wohl an der Zeit, sich ein neues zusammenzustellen. Erschöpft lehnte sie einen Augenblick an der Ladentheke und bückte sich schließlich, um in der Schublade unter der Kasse nach dem Ordner für die Bestellungen zu suchen.
 

“Uhm...Miss...entschuldigen Sie...“
 

Tod Macnair stand vor der Theke, sein Kopf noch eine Spur röter, als vorhin, falls das überhaupt möglich war. “Uhm...Miss...falls Sie heute Abend irgendwann frei haben...vielleicht hätten Sie Lust...uhm... Sie haben mir nicht einmal ihren Namen verraten...“
 

“Ich heiße Cho,“ entgegnete sie. “Es ist japanisch und bedeutet Schmetterling.“
 

* * *
 

Flammen...tanzende Flammen....
 

Wie das Feuerorakel meiner Mutter...
 

Ich habe keinen Kamin in meiner Dachkammer und Mr. Borgin hat mir offenes Feuer immer verboten. Wegen der Brandgefahr. Wahrscheinlich würde er ausflippen, wenn er die Feuerschale sehen würde, die Tod mir geschenkt hat, aber das ist mir jetzt egal. Ich brauche Licht zum Packen!
 

Ich habe tatsächlich Sachen zu packen. Sehr viel mehr, als das bisschen mit dem ich voriges Jahr hier eingezogen bin. Ein paar Umhänge und Festroben, ein paar teure Klunker, alles was man(n) einem Mädchen so schenkt, wenn man(n) verliebt ist. Das türkisfarbene Kleid zum Beispiel, das hab’ ich zum Valentinstag bekommen. Der passende Silberschmuck, der kam zum 18. Geburtstag. Da sind wir groß Essen gegangen und anschließend in die Oper. Madame Butterfly. Wie passend.
 

Das billige Kettchen aus Goldimitat, das habe ich nicht von Tod. Es stammt von einem Typen, dessen Namen ich mir gar nicht gemerkt habe. Ich hatte gehofft, er könne mir ein paar Informationen geben, aber Fehlanzeige.
 

Auch Tod weiß praktisch überhaupt nichts. Außer natürlich, dass sein Vater Walden Macnair zum inneren Kreis von du-weißt-schon-wem gehört und sie heimliche Treffen abhalten. Also alles das, was ich ohnehin schon wusste.
 

Niemand scheint hier etwas zu wissen. Es ist genau wie damals in Hogwarts.
 

Ich glaube, ich sollte mich von den Borgins verabschieden. Gut, sie waren nicht übermäßig nett zu mir, aber ich hatte meinen Job, mein Gehalt und meine Unterkunft. Und später, nachdem Tod in mein Leben getreten war, hatte ich sogar freie Tage. Der gute Mr. Borgin hat sich von unserer Beziehung nämlich geschäftliche Vorteile versprochen. Wenn Tod mich im Laden besuchen kam, lauerte Mr. Borgin meistens irgendwo im Hintergrund herum und versuchte zum richtigen Zeitpunkt in unser Gespräch einzugreifen, um es auf sein Sortiment zu lenken. Viel Erfolg hatte er nicht damit, Tod kaufte nur, was sein Vater ihm aufgetragen hatte und außerdem hatte er ohnehin nur Augen für mich.
 

Aber von Madam Borgin sollte ich mich verabschieden, das ist ganz sicher. Und das werd’ ich auch tun – auf meine Weise. Auf die einzig angemessene Weise, wie sich eine Schülerin der Giftmischerei von ihrer Lehrmeisterin verabschiedet, wenn sie diese übertroffen hat.
 

Nein, ich brauche das Feuer nicht, um Licht zu haben. Das könnte ich mit meinem Zauberstab genauso. Ich brauche es auch nicht, um mich zu wärmen, für mich gibt es keine Wärme mehr, nie mehr. Ich brauche es, um die vielen vielen Briefe an Sirius zu verbrennen, welche ich im letzten Jahr geschrieben und niemals abgesendet habe....
 

Denn der seltsame rote Kater ist nie wieder zu mir gekommen. Und eine Eule zu benutzen, das wage ich nicht. Ich würde Sirius in Gefahr bringen, und mich dazu.
 

Ich kann die vielen Briefe aber auch nicht mit in mein neues Zuhause nehmen. Das wäre unglaublich leichtsinnig. Tod darf nie erfahren, dass es diese Briefe jemals gegeben hat.
 

Deshalb sehe ich jetzt zu, wie das Feuer sie verschlingt. Was ich im letzten Jahr gedacht, was ich gefühlt, was ich getan habe, ist ebenso vergangen und bedeutungslos, wie mein ganzes bisheriges Leben. Jetzt schlage ich ein neues Kapitel auf.
 

........................................................................................................................................................................August,1997
 

“Bist du nervös, mein kleiner Schmetterling?“ fragte Tod halb ernst, halb scherzhaft, als er sich in die weiche Lederpolsterung der Kutsche zurücklehnte. Seine Hände spielten mit einer der beiden seidigen Strähnen, die ihr links und rechts neben ihrem Haarknoten über die Schultern fielen.
 

“Nein, nur ein bisschen aufgeregt.“ Sie kicherte mädchenhaft. “Heute ist ein ganz besonderer Tag für mich.“
 

Sie blickte an sich hinunter und begann zum x-ten Mal das tiefblaue Abendkleid glatt zu streichen. Tod hatte es ihr extra zu diesem Anlass geschenkt, ein Traum aus Spitze, mit einem Babydoll Schnitt, der sie kindlich-verspielt wirken ließ. Passend dazu trug sie Schleifchen im Haar und weiße Mary Janes mit mittelhohen Absätzen. Eines musste man Tod wirklich lassen, wenn er auch sonst nicht viel Geschmack besaß, so wusste er doch genau in welchen Klamotten sie gut aussah.
 

Wobei, mittlerweile sah sie in allem gut aus. Noch etwas, das sich geändert hatte. Früher hatte Gelb sie blass und kränklich gemacht und es gab diesen bestimmten hellen Rot-Ton, der sich ganz fürchterlich mit der Farbe ihrer Lippen biss. Nicht mehr. Es war als würde sie sich wie ein Chamäleon den Farben anpassen, die sie trug.
 

’Ich bin wirklich die perfekte Schönheit geworden’, dachte sie grimmig und umfasste das angebliche Parfumfläschchen in ihrer Handtasche. Nicht, dass sie es heute Abend noch brauchen würde, aber nur für alle Fälle. Sie fühlte sich sicherer, wenn sie es dabei hatte.
 

“Du musst dir aber keine Sorgen machen,“ versicherte Tod. Er neigte sich nach vorne, um ihr einen sanften Kuss auf die Lippen zu drücken. “Meine Eltern werden von dir begeistert sein und meine Brüder werden vor Neid platzen. Von dir kann man nur begeistert sein. Du bist das bezauberndste Mädchen auf der ganzen Welt!“
 

’Trottel!’ dachte sie, und erwiderte sein Lächeln zuckersüß.
 

“Warum findet der Empfang eigentlich bei euch statt?“ wollte sie wissen. “Ich meine, die Malfoys haben doch selbst ein riesiges Anwesen?“
 

“Ganz einfach, weil es ein Empfang ist, den mein Vater für Lucius Malfoy gibt.“ Tod warf einen Blick durchs Fenster, doch da es draußen schon dunkel war, konnte man nichts erkennen. “Er möchte ihm dadurch seine Unterstützung bekunden. Du weißt, wir stehen kurz vor einem Wahljahr, so langsam spalten sich die Lager im Ministerium und die Leute bekennen Farbe.“
 

“Hat Malfoy denn überhaupt eine Chance gegen Fudge?“ Nachdenklich folgten ihre Augen einem einzelnen Regentropfen, welcher außen am Fenster hinunterperlte. “Fudge ist doch mehr als beliebt, die Medien singen jeden Tag sein Loblied und die Leute auf der Strasse...“
 

“Das ist doch alles Fassade!“ rief Tod aufgebracht. “Fudge hat keine Ahnung, was hier abgeht und er ist überhaupt nicht in der Lage, dieses Land weiterhin zu führen. In Friedenszeiten hat’s keiner gemerkt, weil es nichts zu tun gab, aber jetzt, jetzt befinden wir uns in einer Krise. Menschen verschwinden, Anschläge aufs Ministerium, Misstrauen überall. Und Fudge dieser unfähige Hohlkopf versucht einfach die Augen zu schließen und alles unter den Teppich zu kehren. Nein, nein, wir brauchen jetzt jemanden, der mit Krisen umgehen kann! Jemanden wie Malfoy, der mal kräftig auf den Tisch haut und in diesem Land für Ordnung sorgt!“
 

Sie ließ ihn reden und bedauerte es fast schon, ihn mit ihrer stichelnden Frage so aufgebracht zu haben. Das war die Sache nicht wert, sie wusste ohnehin schon, dass er nichts wusste. Er wiederholte einfach stur die Sprüche von seinem Vater und von Malfoy’s Wahlpropaganda.
 

Beruhigend legte sie eine Hand auf seinem Oberarm. “Du hast ja recht,“ stimmte sie ihm zu, “du hast ja vollkommen recht. Ich mache mir einfach nur Sorgen, was mit unserem Land geschieht, das ist alles.“
 

“Das brauchst du nicht,“ entgegnete er versöhnlich und legte seine Hand auf die ihre. “Du brauchst dir über solche Sachen überhaupt nicht dein hübsches Köpfchen zu zerbrechen. Es wird alles in Ordnung kommen! Jetzt denk’ lieber mal an heute Abend und freu dich auf meine Eltern!“
 

Fast unmerklich kam die Kutsche vor einem schmiedeeisernen Tor zum Stehen und setzte sich wieder in Bewegung, als dieses aufschwang. Sie hatten Macnair Manor erreicht...
 

Durchs Fenster konnte Cho sehen, wie das hell erleuchtete Anwesen näher rückte. Ein prächtiges Landhaus im Fachwerk Stil, erbaut in vier Flügeln, welche quadratisch um einen Innenhof herum angeordnet waren. Die vorherrschenden Farben – warme Brauntöne und ein kräftiges Ziegelrot – ließen es freundlich und anheimelnd erscheinen.
 

Unter einem steinernen Torbogen hindurch, welcher mit dem Familienwappen geschmückt war, führte die Straße direkt in den Hof hinein. Dies verlieh dem Gebäude den Hauch einer Burg, selbst wenn es an den Ecken keine Türme besaß.
 

“Da wären wir!“ Tod öffnete die Tür der Kutsche mit Schwung und fegte dabei einen kleinen Hauself beiseite, der gekommen war, um seinem Meister beim Aussteigen zu helfen. Der junge Macnair beachtete ihn nicht weiter, sondern spannte einen Schirm für Cho auf und trat zur Seite, um ihr höflich den Vortritt zu lassen.
 

Tod’s Mutter wartete in der Eingangshalle auf sie. Eine kleine unscheinbare Frau in konservativer Abendgarderobe und einem freundlichen, etwas schüchternem Lächeln auf dem ansonsten nichts sagenden Gesicht. Ganz anders sein Vater, ein Schrank von einem Mann, der sofort mit energischen Schritten auf sie zutrat, und ihr breit lächelnd die Hand schüttelte. “Willkommen in unserem Heim, junge Dame.“
 

“Ich danke Ihnen, Sir.“ Mit einem mädchenhaften Wimpernschlag erwiderte sie den Gruß und sah den alten Macnair dahin schmelzen. Wer hätte gedacht, dass das alles so wunderbar funktionieren würde...
 

Tod’s Mutter dagegen schien weniger beeindruckt zu sein. Vielleicht wirkte die Magie nur bei Männern, oder bei Frauen trat einfach die Eifersucht zu stark durch – sie wusste es nicht und es war ihr auch egal. Diese Frau schien ohnehin zu Hause nicht viel zu sagen zu haben. Seltsam, eigentlich trafen gerade in konservativen Familien Frauen die alltäglichen Entscheidungen innerhalb des Haushaltes. Aber hier...
 

Während Cho höfliche Konversation machte, blickte sie sich in der Eingangshalle um, hier war eindeutig ein männlicher Stil vorherrschend. Schlicht und kahl, nur das Nötigste an Mobiliar und kein Schmuck im Raum, keine Blumen, keine Deckchen – nichts von all dem Krimskrams, den sie in einem solchen Haus erwartet hätte. Dafür waren Ecken und Wände überfüllt mit ausgestopften Tieren. Wie Tod erzählt hatte, so waren die Macnairs eine Familie begeisterter Jäger.
 

“Die nächsten Gäste kommen an.“ Mit verhaltenem Atem wandte Alice Macnair ihren Blick zur Eingangstür. “Sie sind überpünktlich...und ich wollte doch das Buffet noch einmal überprüfen...“
 

“Geh’ ruhig, Mutter, wir übernehmen die Begrüßung,“ bot Tod an. Er war schon eine Weile lang unruhig von einem Fuß auf den anderen getreten, eine Nervosität, die Cho sonst nicht von ihm kannte. Auch seine Körperhaltung war anders, irgendwie ein wenig gebückt. Hatte es vielleicht mit der Anwesenheit seines Vaters zu tun?
 

Seine Mutter nickte und hastete in Richtung Festsaal davon. Als die Tür sich öffnete, konnte Cho den großen Buffettisch und eine Anrichte mit Bowle und diversen Begrüßungsdrinks erkennen. Am anderen Ende des Raumes stand ein Rednerpult. Natürlich, zuerst kam die politische Propaganda, dann das große Bauchvollschlagen.
 

“Ambassador Chang, was für eine Freude...“
 

Cho schrak innerlich zusammen, auch wenn man es ihr nicht ansah. Ganz langsam, ohne die Ruhe in ihren Bewegungen zu verlieren, wandte sie sich um und blickte direkt in die Augen ihres Vaters.
 

“Es ist schön, dich zu sehen, Otoh-san,“ zwitscherte sie und verneigte sich lächelnd, während die standardisierte Grußformel mühelos von ihren Lippen tanzte.
 

Nichts verriet den Aufruhr in seinem Inneren, nur ein kaum unmerkliches Zittern seiner Hände, als er ihren Gruß erwiderte. Tod und Macnair standen daneben und strahlten wie die Honigkuchenpferde, offenbar hielten sie das Ganze für eine äußerst gelungene Überraschung. “Sie beide haben sicherlich viel zu besprechen, “wandte Macnair sich mit einem höflichen Nicken an Cho’s Vater, “wie mein Sohn mir sagte, haben Sie ihre Tochter nun schon eine Weile nicht gesehen. Vielleicht möchten Sie rüber in den Salon gehen und sich ein wenig austauschen?“ Einladend wies Macnair auf die nächste Türe neben dem Festsaal.
 

“Sie sind äußerst zuvorkommend,“ bedankte sich Botschafter Chang. Ohne sich nach Cho umzublicken, trat er mit raschen Schritten auf die Tür zu.
 

Sie folgte ihm, spürte das Pochen ihres Herzens in ihrem Hals, als sie mit erhobenem Kopf und starrem Lächeln die Empfangshalle durchquerte. Hinter ihr Stimmengemurmel, klappernde Absätze, ein schrilles Lachen. Weitere Gäste hatten den Saal betreten, schüttelten Hände, spazierten gemächlich in Richtung Festsaal und bewunderten lautstark das Buffet.
 

Aber sie wandte sich nicht um und sie blickte auch nicht nach vorne, zu ihrem Vater. Maskenhaft blickte sie vor sich in die Luft und selbst das leise Klacken mit welchem die Türe sich schloss, riss sie nicht aus ihrer innerlichen Erstarrung. Warum war Vater hier? Was wollte er jetzt, ausgerechnet jetzt, wo sie es gerade erst wieder geschafft hatte, mit dieser furchtbaren Verzweiflung klarzukommen! Gerade jetzt, wo sie ihrem Ziel wenigstens einen winzigen Schritt näher war, ohne vollends zu verzweifeln! War er gekommen, um alles wieder zu zerstören?
 

War er gekommen, um sie mit nach Hause zu nehmen?
 

Er sprach nicht sofort und als sie ihn endlich anblickte, verstand sie auch den Grund dafür. In seinen Augen glitzerten Tränen. Cho hatte ihren Vater noch nie weinen sehen und es erschreckte sie mehr, als sie sich vorstellen konnte. Sie hatte nicht geglaubt, dass ihr abgestorbenes Herz noch solche Gefühle empfinden konnte.
 

Nicht nach den Dingen, die ihr angetan worden waren...nicht nach den Dingen, die sie selbst getan hatte.
 

“Sind wir der Grund, warum du fort gegangen bist, Cho-chan?“ fragte er leise. “Haben wir uns nicht gut genug um dich gekümmert?“
 

Aus dem Nebenzimmer hörte sie lauten Beifall tosen, bevor es wieder still wurde. Sie wusste nicht, was sie ihrem Vater antworten sollte, wie sie ihm erklären sollte, was geschehen war. Auch damals hatte er es nicht wirklich verstanden. Er hatte geglaubt, dass der Schmerz nach einer Zeit der Trauer vorübergehen würde...
 

“Nein, Otoh-san, es hat nichts mit dir, oder Mutter zu tun.“ Sie holte tief Luft. “Es ist alles meine Schuld, ich bin eine sehr schlechte Tochter und ich habe euch bitter enttäuscht...“
 

“Komm’ mir nicht mit diesen Floskeln,“ unterbrach Vater sie ernst. “Bitte sag’ mir, was wirklich mit dir los ist! Erkläre mir, was das alles zu bedeuten hat, dein plötzliches Verschwinden, dein Untertauchen, die Leute mit denen du dich jetzt umgibst...“
 

Sie schwieg und starrte zu Boden. Drüben im Festsaal hatte Lucius Malfoy begonnen seine Rede zu halten, eine reißerische Rede, die von vielen Zurufen und Beifallsbezeugungen begleitet wurde. Offenbar erzählte er den Leuten genau, was sie hören wollten.
 

Vater konnte sie nicht erzählen, was er hören wollte. Er wollte die Wahrheit und die konnte sie ihm nicht geben. Niemand durfte die Wahrheit erfahren. Jeder Mitwisser gefährdete ihren Plan, deshalb durfte es keine Mitwisser geben.
 

“Ich will nicht so leben, wie ihr das tut,“ begann sie schließlich. “Euer Haus, die Schule, das alles passt nicht zu mir. Ich will mein eigenes Leben führen und ich gehöre nicht in eure Welt, schon lange nicht mehr...“
 

“Wir leben in schwierigen Zeiten, meine Freunde und unsere jetzige Regierung verschließt die Augen davor!“ erklang Malfoy’s Stimme von drüben aus dem Festsaal. “Aber Probleme verschwinden nicht dadurch, dass man die Hände in den Schoß legt! Schwierigkeiten lösen sich nicht von selbst, wenn man den Kopf in den Sand steckt! Krisen lassen sich nicht wegdebattieren!“
 

“In deinem Leben ist also kein Platz für uns,“ murmelte Vater beinahe unhörbar. “Ist es das, was du damit sagen willst?“
 

“Hai, Otoh-san.“ Kalt blickte sie ihn an.
 

“Dann haben wir uns wohl nichts mehr zu sagen.“ Seine Stimme war immer noch kaum hörbar, nicht mehr als ein Flüstern, doch sie hatte seine Worte sehr deutlich verstanden. Sie dachte an den Mann, der so gerne Honigfrüchte aß, der Quidditchbälle verzaubern konnte, der für sie einen ganz besonderen Platz in seinem Herzen bereithielt, einen Platz, den sie jetzt eiskalt verschmähte. Hätte sie in diesem Moment schreien können, sie hätte geschrieen, und geschrieen, bis sie nicht mehr bei Stimme war.
 

“Genug geredet – jetzt ist Handeln angesagt! Genug Zeit verschwendet – lasst uns bewahren, was uns lieb und teuer ist! Wenn unser werter Herr Zaubereiminister in all den Jahren nicht gelernt hat, seinen Job zu machen, so ist es an der Zeit für ihn beiseite zu treten und jemandem Platz zu machen, der die Dinge in die Hand nimmt!“
 

“Ist das die Welt, zu der du gehören willst?“ fragte Vater. “Nach all dem, was wir dir über moralische Werte, und die Würde eines jeden Lebewesens beigebracht haben, willst du dich diesen verblendeten Fanatikern anschließen, die nur Hass und Intoleranz predigen und alles was die Menschlichkeit ausmacht mit Füßen treten? Cho, ich erkenne dich nicht wieder.“
 

’Ich erkenne mich selbst nicht wieder,’ schoss es ihr durch den Kopf, doch sie schwieg. Wenn sie Vater auch nur das geringste Zeichen gab, dann würde er sie nicht gehen lassen. Er liebte sie, er würde sie nicht so ohne weiteres aufgeben, solange er noch an eine Chance glaubte, sie zurückzuholen...
 

Und was das Schlimmste war, sie würde mit ihm mitkommen. Sie würde alles vergessen, und sich in seine Arme werfen, und Cedric würde in seinem Grab ungerächt bleiben.
 

“Ich werde euch nicht mit schönen Worten vertrösten!“
 

Sirius und Dumbledore und all die anderen kämpften gegen Voldemort, doch Cedric war für sie nur ein Opfer unter vielen, die noch kommen würden. Sie hatten ihre Pläne, große und wichtige Pläne und mussten das Gesamtbild im Auge behalten. Für Persönliches war da kein Platz und falls doch, so würden sie diesen Platz für die Menschen reservieren, die ihren eigenen Herzen nahe standen.
 

“Ich werde euch nicht mit leeren Versprechungen abspeisen!“
 

Nein, es gab niemanden, der etwas tun konnte. Cedric hatte nur noch sie und sie durfte ihn nicht im Stich lassen. Selbst dann nicht, wenn es bedeutete, ihren eigenen Vater zu verleugnen...
 

“Nein! Was ich tun werde, ist euch die Wahrheit zu sagen! Weil es sonst kein anderer tut!“
 

“Deine Mutter und ich werden Britannien verlassen,“ sagte Vater leise, “wir gehen zurück nach Korea. Hier werden bald große Umwälzungen stattfinden und wir haben uns entschieden, dass wir nicht Teil dieser Veränderungen sein wollen. Dieses Land bewegt sich in eine politische Richtung, die wir nicht unterstützen können.“
 

“Denn ein Problem zu lösen, liebe Freunde, bedeutet, nicht die Augen zu schließen, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, und nicht die Hände in den Schoß zu legen!“
 

Cho fühlte, wie Erleichterung sie durchströmte. Ihre Eltern würden in Sicherheit sein, was immer jetzt noch geschehen mochte, es würde nicht sie treffen.
 

“Mein Name ist Lucius Malfoy und ich werde die Probleme lösen! Schenken Sie mir Ihr Vertrauen!“
 

“Wir werden noch für die nächsten drei Tage hier in England sein,“ fügte Vater mit bitterer Stimme hinzu. Er sprach jetzt ein wenig lauter, um den tosenden Beifall und die Jubelrufe aus dem Nachbarsaal zu übertönen. “Falls du deine Meinung änderst, du weißt ja, wo du uns findest.“ Ohne ein weiteres Wort wandte er sich zur Tür.
 

“Sie wird es sich nicht anders überlegen!“
 

Mutter stand im Türrahmen, ihre zierliche kerzengerade Gestalt war nur als Silhouette gegen die erleuchtete Eingangshalle zu erkennen. Sie trat näher, ihre Augen waren ebenso kalt wie die ihrer Tochter und ihr Gesicht schien ausdruckslos. Sie musterte Cho und diese schrak zurück, als sie den alles durchbohrenden Blick bemerkte.
 

“Du hast deine Unschuld verloren,“ stellte Mutter fest und innerhalb eines Augenblicks wusste Cho wovon sie sprach. Nicht von Tod und den ganzen Affairen, nein, sie meinte etwas ganz anderes, was sie getan hatte und es war etwas, woran das Mädchen nicht erinnert werden wollte, nicht um alles in der Welt. Sie hielt dem Blick stand und schwieg eisern.
 

“Es ist alles so gekommen, wie die heiligen Flammen es vorausgesagt haben,“ murmelte Mutter und sie schien eher mit sich selbst zu sprechen, als mit jemand anderen. “Du hast begonnen, den Weg zu beschreiten und du wirst ihn zu Ende gehen...“
 

“Izumi, beruhige dich!“ Besorgt trat Vater zu ihr hin und stützte sie, doch sie schien ihn kaum wahrzunehmen. “Und sie hatten Recht, sie hatten von Anfang an Recht. Es wäre besser gewesen, dich nicht zu lieben, denn es ist immer besser, nie geliebt zu haben, als zu lieben und zu verlieren. Ich dachte, ich könne den Schicksalslauf beeinflussen, es war so vermessen von mir so zu denken...so vermessen...“
 

“Izumi!“ Vater schüttelte sie und versuchte sie aus ihrer Trance zu reißen. Sein Blick fiel auf Cho und in diesem Moment lag ein echter Vorwurf in seinen Augen. ’Was hast du da nur angerichtet?’ schienen diese Augen zu fragen und Cho konnte diesen Blick nicht länger ertragen. An ihren Eltern vorbei, stürzte sie auf die Tür zu. Noch im Laufen wühlte sie in der Handtasche nach ihrem Fläschchen, korkte es hastig auf und stürzte den Inhalt hinunter.
 

“In diesem Leben werden wir uns nicht wieder sehen...“
 

Wie der Klang einer Geisterstimme hallten diese Worte in ihr nach...
 

* * *
 

Ich wünschte, sie hätte mich wirklich nicht geliebt. Ich wünschte, es wäre genau so gewesen, wie ich es mir ein Leben lang eingeredet habe. Dass ich ihr egal bin, dass ich nur ein störender Schmutzfleck in ihrem ach-so-perfektem Leben bin.
 

Alles wäre leichter zu ertragen, als das hier.
 

Ich wünschte, Vater und Mutter hätten mich nicht so gesehen. Ich wünschte, sie beide hätten nie gesehen, was aus mir geworden ist. Nicht die Schlampe, die sich durch alle Betten nach oben katapultiert, nicht die eiskalte Rächerin, die nicht einmal mehr auf die Gefühle der Menschen Rücksicht nimmt, die sie einmal geliebt hat.
 

Nicht die Mörderin...
 

Ich wollte es nicht tun, ganz sicher nicht...ach komm schon Cho, hör mit der Lügerei auf. Du wusstest genau, dass du es nicht zulassen kannst, dass jemand deine Pläne kennt. Das Risiko war einfach zu groß. Was, wenn sie jemandem davon erzählt hätte? Sie hätte dich in der Hand gehabt...sie hätte alles ruinieren können....
 

Ich hab’ meine Unschuld verloren, weil ich ein Leben ausgelöscht habe...auch wenn es nicht das Leben eines Menschen war, so ist das doch unbedeutend. Ich bin mit dem Gedanken aufgewachsen, dass alles Leben eins ist...
 

Ausgelöscht mit einem ihrer eigenen Gifte. Eines das wir gemeinsam entwickelt haben, eines das stark genug ist, um selbst eine Hag auszuschalten. Ihre Familie wird niemals erfahren, was dort unten in den Kellergewölben geschehen ist...
 

Ja, ich hab’ sie umgebracht und weißt du was? Es ist mir egal! Es ist mir auch egal, wer sonst noch alles draufgeht, wenn ich nur endlich meine Rache bekomme.
 

Um mich herum ist nur Tod und Zerstörung, das Leben wie ich es kannte, wurde in den furchtbaren Abgrund der Finsternis gerissen. Cedric ist nur der erste gewesen, das erste Opfer auf einer langen Liste von weiteren. Als das Ministerium zerstört wurde, als Hogwarts an den Dunklen Lord fiel, als schreckliche Kreaturen aus schwärzester Magie über dieses Land herfielen...floss das Blut in Strömen und wer nicht fliehen konnte, oder umkam, musste um seine Seele fürchten, denn die entfesselten Dementoren stürzten sich auf jeden Hauch von Leben.
 

Eine neue Ordnung wurde ins Dasein gerufen und die alte Welt verging in Feuer und Blut....
 

Er sitzt an Voldemort’s Seite, in dieser neuen Ordnung. Er ist einer von den vier Mächtigen, mit denen der Dunkle Lord sich umgibt. Ebenso wie der alte Lestrange, Malfoy und Tod’s Vater. Und so warte ich immer noch darauf, ihm eines Tages zu begegnen. Ich warte wie eine Spinne in ihrem Netz und eines Tages wird er kommen und sich in meinen Fäden verfangen und dann gibt es kein Entrinnen mehr für ihn....
 

........................................................................................................................................................................October,1998
 

“Bist du ihm schon einmal persönlich begegnet?“
 

“Nein, noch nie!“
 

“Warum zeigt er sich nie in der Öffentlichkeit?“
 

“Ich weiß nicht, vielleicht weil er Angst hat. Oder weil der Dunkle Lord es nicht möchte. Aber ich weiß es nicht...ich...“
 

Tod sackte in sich zusammen und innerhalb Sekunden verriet sein gleichmäßiger Atem, dass er tief und fest schlief. Cho rollte sich von ihm weg, nur um reglos auf der Seite liegen zu bleiben und enttäuscht vor sich hin zu starren.
 

Tod’s Vater war ein Grand Dragon des Dunklen Rates und der Kerl wusste immer noch nichts. Er fragte auch nie nach, es interessierte ihn einfach nicht. Er führte Befehle aus und war damit glücklich.
 

Sie stand auf und ging sich die Hände waschen. Möglichweise waren noch Pulverspuren an ihren Fingernägeln. Außerdem war ihr wieder schlecht, wie so häufig in letzter Zeit. Ihr Herz pochte gegen ihre Schläfen und ihr war so übel, dass sie fürchtete, sich übergeben zu müssen.
 

Das kühle Wasser war angenehm auf ihrem Gesicht und ihren Händen. Erschöpft lächelte sie ihrem Spiegelbild zu, dachte an Tod, der keine Ahnung hatte, was mit ihm geschehen war. Veritaserum in Pulverform war eine der genialsten Erfindungen, die Madam Borgin je zustande gebracht hatte. Kombiniert mit einer Alaunverbindung konnte man das Serum zu Kristallen erstarren lassen und diese dann zu Pulver zermalmen, welches problemlos unter langen Fingernägeln Platz hatte. Viel praktischer, als eine Flüssigkeit, die man in Gefäßen mit sich herumschleppen musste.
 

Und sie hatte sich damals noch gewundert, ob das Veritaserum in der Krötensuppe gewesen war...
 

Sie betastete ihre Wange, dort wo Madam Borgin sie damals gekratzt hatte. Anders als die Flüssigkeit konnte das Pulver nicht mit einem Getränk verabreicht werden, es musste direkt in die Blutbahn gelangen. Ein kleiner Kratzer genügte schon und für sie war es eine äußerst sichere Methode. Kein Mann wunderte sich jemals über einen Kratzer, den er beim Liebesspiel verpasst bekam.
 

Aber was brachte die Ausfragerei, wenn der Mann nichts wusste?
 

Tod schlief immer noch, als sie in sein Schlafzimmer zurückkehrte, sich wieder neben ihm im Bett ausstreckte, um gedankenverloren in die Glut seines Kamins zu starren. Vielleicht sollte sie ihn verlassen und sich einen anderen Liebhaber suchen, einen, der selbst Mitglied im Dunklen Rat war? Andererseits war es vielleicht besser geduldig abzuwarten, denn die Chancen standen nicht schlecht, dass Tod irgendwann selbst dort aufgenommen wurde. Irgendwann, wenn er sich in den Augen seines Meisters bewährt hatte.
 

Wollte sie so lange warten?
 

Oder sollte sie es riskieren, zweigleisig zu fahren? Offiziell Tod’s Freundin bleiben und sich inoffiziell einen anderen suchen? Risikoreich ja, aber vielleicht das Sinnvollste. Sie konnte nicht mehr ewig warten.
 

Sie hatte nicht mehr ewig Zeit...
 

Die Glut knisterte, loderte auf und im nächsten Moment brannte wieder ein Feuer im Kamin. Schlaftrunken bewegte sich Tod neben ihr, doch sie achtete nicht auf ihn, ihre Augen waren auf die Flammen gerichtet. Ein neuer Befehl von Tod’s Vater? Oder was war so wichtig, dass man sie beide mitten in der Nacht stören musste?
 

Etwas formte sich im magischen Farbenspiel der Flammen. Helle Funken wurden zu wässrig blauen Augen, züngelnde Muster bildeten ein Gesicht und Rauch entwickelte sich zu einem Kranz wirren grauen Haares, der sich um eine kahle Stelle an dem, nun im Feuer schwebenden Kopf legte.
 

Es war das erste Mal, dass sie ihm Auge in Auge gegenüberstand, oder besser gesagt lag, denn sie tat weiterhin so, als schliefe sie, während Tod Pettigrew ehrfurchtsvoll begrüßte. Sie beobachtete ihn unter ihren halbgeschlossenen Lidern, beobachtete ihn wie die Schlange das Kaninchen und fühlte wie eisiger Hass sie durchströmte. Sirius hatte nicht übertrieben, der Mann sah wirklich aus wie eine Ratte, selbst in menschlicher Gestalt.
 

Nein, an diesem Kerl war nichts menschlich. Er war ein Stück Dreck, das sie unter ihrem Absatz zertreten würde.
 

Sie hatte ihn gefunden, jetzt musste sie nur noch dafür sorgen, dass er sie bemerkte. Mit einem Seufzer rollte sie sich herum und ließ dabei wie unbeabsichtigt die Decke zur Seite gleiten. Er schrak zusammen, blinzelte verwirrt, aber kaum dass er sie erblickt hatte, verschlang er sie auch schon mit den Augen. Ihr Zauber wirkte perfekt und inzwischen war er stärker geworden.
 

Noch viel stärker. Schon bald würde sie...
 

Eine Razzia in Diagon Alley? Nur langsam drangen die Worte des Gesprächs zu ihr durch. Tod und die Männer der Blood Legion sollten eine Razzia durchführen und das sofort, ohne Zeit zu verlieren. Auf Befehl von Pettigrew.
 

Tod deckte sie hastig wieder zu, er murmelte liebevolle Worte, sie murmelte auch irgendetwas, sie hörte nicht zu. Ihre Gedanken überschlugen sich, Pettigrew gab keine Befehle. Pettigrew war ein dreckiger kleiner Mitläufer! Ein Mittelsmann, nichts weiter!
 

Was mochte so Wichtiges in Diagon Alley sein und was würde es bedeuten, wenn es dem Dunklen Lord in die Hände fiel? Sollte sie das so einfach zulassen? Wo es vielleicht eine Möglichkeit gab, das Ganze zu verhindern.
 

Sie hörte, wie Tod durchs Zimmer rannte. Es raschelte, als er sich Klamotten überwarf, wohl nur eine einfache Robe, denn drüben im Hauptquartier musste er sowieso seine Uniform anziehen. Er beugte sich über sie, drückte ihr einen Kuss auf den Mund, dann war er auch schon verschwunden. Draußen im Flur verhallten seine Schritte.
 

Sollte sie es riskieren, Sirius eine Eule zu schicken? Wenn sie ein Tier aus der Owlery nahm, würde der Verdacht nicht auf sie fallen, die gesamte Blood Legion hatte darauf Zugriff. Wie groß war die Gefahr, dass die Eule aufgehalten, und kontrolliert wurde?
 

Im Moment vielleicht gar nicht allzu groß, wenn sich alle in Aufbruchsstimmung befanden...
 

Sie lief hinüber zur Kommode, kramte nach einem Quill und einem Stückchen Papier. “Die Blood Legion führt eine Razzia in Diagon Alley durch,“ schrieb sie auf den Zettel. “Befehl von Pettigrew.“
 

Anrede und Unterschrift sparte sie sich, doch sie musste Sirius’ Namen auf den Umschlag setzen, da die Eule ihn sonst nicht finden würde. Im ersten Moment schien es ihr ein kaum tragbares Risiko, doch genau genommen gefährdete sie ihn damit nicht mehr, als er es ohnehin schon war. Die Leute des Dunklen Lords wussten schließlich, wer er war, und zu welcher Seite er gehörte.
 

’Nicht zuletzt durch seinen alten Rattenfreund,’ dachte sie mit grimmiger Miene.
 

* * *
 

“Cho, ich muss dich unbedingt treffen, so bald wie möglich. Schreib’ Zeit und Ort auf diesen Brief und steck’ ihn wieder hinter das Namensschild.“
 

Hallo Kätzchen, lange nicht gesehen...
 

Jetzt auf einmal will er mich also treffen! Die ganze Zeit davor hat er sich nicht gerührt, hat mir nicht einmal geschrieben. Aber jetzt kann es ihm nicht schnell genug gehen.
 

Nun, wir werden ja sehen, was er mir zu sagen hat...
 

Der Nachtwind fährt durch meinen langen Umhang und bringt ihn zum Flattern. Es ist kühl geworden seit einigen Tagen, der Winter kommt dieses Jahr früh. Welk hängt das Laub von den Bäumen, schlaff und von Nässe durchzogen, die farbenfrohe Herbststimmung will nicht so richtig aufkommen, oder kommt mir das nur so vor?
 

Ein Käuzchen schreit und die Turmuhr der alten Kapelle schlägt drei Uhr morgens. Da Tod heute Nachtschicht hat und ich normalerweise um diese Zeit schlafe, wird man mich nicht vermissen. Wieder einmal frage ich mich, was ich hier tue, warum riskiere ich das Scheitern meiner Pläne, um mich mit einem Mitglied der Phoenix Order zu treffen?
 

Order of the Phoenix – der Name der Gruppe um Dumbledore. Ein Name, der von Voldemort’s Anhängern hinter vorgehaltener Hand ausgesprochen wird. Auch wenn Dumbledore selbst sich in Gefangenschaft befindet, so sorgen doch seine Leute für Unruhe. Allen voran Harry Potter und eine Gruppe ehemaliger Schüler aus Hogwarts bereiten Macnair jede Menge Schwierigkeiten.
 

Jetzt haben sie wohl keine Hemmungen mehr, Jugendliche aufzunehmen! Als ich damals mitmachen wollte, konnten sie mich nicht gebrauchen. Aber egal...
 

Dies ist einer der ältesten Friedhöfe Englands und ich bin noch nie zuvor hier gewesen. Ich hab’ mich immer davor gedrückt an diesen Ort zu kommen, hatte Angst davor, Angst, was mit mir geschehen würde, ob ich vielleicht zusammenbrechen und die Kontrolle über mich verlieren würde und das darf nicht sein. Ich brauche meine Kraft, ich habe nicht mehr viel davon...
 

Ich nehme einen Schluck aus meinem Fläschchen und packe es wieder weg...
 

Das Grabmal, das ich suche, befindet sich weiter hinten, nahe der Kapelle. Ein Monument aus verwittertem Stein, umgeben von mächtigen Eichen und Buchen. Hier finden die Diggorys seit vielen Generationen ihre letzte Ruhe.
 

Ich trete zwischen den Säulen hindurch und blicke auf die große Steintafel unter dem Dach. Cedric’s Name ist der drittletzte, sein Vater und Bruder stehen noch darunter. Was aus seiner Mutter geworden ist, weiß ich nicht, sie steht jedenfalls nicht hier. Vielleicht ist sie noch am Leben. Viel davon haben wird sie jedenfalls nicht!
 

Der Eingang zur Gruft müsste hier irgendwo auf dem Boden sein. Im Licht meines Zauberstabes finde ich die Falltüre und öffne sie mit einem Alohomora Spell. Eine schmale Steintreppe führt nach unten in die Grabkammer. Meine Schritte klingen seltsam hohl auf dem alten Stein.
 

Särge...eine endlose Reihe von Särgen.
 

Cedric’s ist der letzte in der Reihe, direkt neben seinem Bruder. Seit dreieinhalb Jahren liegt er nun hier in der kalten Dunkelheit, anstatt zu leben und bei mir zu sein.
 

Ich knie neben dem Sarg nieder, fühle die Kälte des Steins, die Kälte meiner Tränen. In diesem Moment wünsche ich mir nichts mehr, als selbst tot zu sein und hier neben ihm liegen zu können. Ich habe keine Kraft mehr, will nicht mehr kämpfen. Ich will keine Pläne mehr schmieden. Ich will einfach nur alles vergessen und endlich bei ihm sein.
 

.........................................................................................................................................................................October,1998
 

Schritte auf der Treppe rissen Cho aus ihren Gedanken, sie fuhr hoch und wischte sich das Gesicht ab. “Bitte erschrick’ nicht, Cho,“ kam eine leise Stimme vom Eingang, noch bevor sie jemanden erkennen konnte. “Tut mir sehr leid, dass ich dich stören muss, aber ich hab’ leider nicht viel Zeit, und wir müssen einiges besprechen. Ich warte oben auf dich.“
 

Die Schritte entfernten sich wieder.
 

Sirius hatte sich verändert, stellte sie fest, als sie seine Gestalt im fahlen Mond- und Sternenlicht betrachtete. Er wirkte nicht mehr so dürr und verwahrlost, doch genau wie damals war sein Gesicht von Sorge gezeichnet. Seltsamerweise hatte sie das starke Bedürfnis, ihn zu umarmen, als er vor ihr stand, aber das kam sicher nur von ihrer Verzweiflung her.
 

Er streckte die Hand aus, ein kleines goldenes Ornament glitzerte darin. Ein Phoenix...
 

“Danke, dass du gekommen bist,“ begann er. “Ist eigentlich ziemlich viel erwartet, nachdem ich dir die letzten Jahre nicht einmal geschrieben habe...“
 

“Ich bin sicher, du hattest Wichtigeres zu tun,“ entgegnete sie. Ihre Worte klangen ein wenig kühler als erwartet und für einen Moment glaubte sie, eine Spur von Schuldbewusstsein auf seinem Gesicht zu erkennen. Es war ohnehin ein sehr merkwürdiger Blick mit dem er sie ansah, freundlich und auch irgendwie liebevoll, aber ohne jede Spur von Gier oder Verlangen. Sie war es nicht gewohnt, von Männern so angesehen zu werden.
 

“Ich kann dir nur sagen, dass es mir echt leid tut,“ entschuldigte er sich, “aber es gab wirklich keine Möglichkeit mit dir in Kontakt zu treten. Im Moment gibt es sehr viel Wichtigeres, als dich und mich und unsere persönlichen Gefühle. Das musst du verstehen, ich weiß, dass es nicht einfach ist.“
 

Persönliche Gefühle? Was für ein schöner Satz!
 

“Du hast Recht, ich hab’ mich kindisch benommen.“ Probehalber umarmte sie ihn, sie wollte jetzt wissen, wie es um seine Gefühle bestellt war.
 

Er zuckte nicht zurück, sondern legte seinerseits die Arme um sie, hielt sie fest genau wie damals, als er versucht hatte, sie zu trösten. Das war keine dieser gierigen Umarmungen, wie sie sie von Tod und den anderen Männern kannte, es war etwas vollkommen anderes. Etwas, das sie seit ewig langer Zeit nicht mehr gefühlt hatte.
 

Geborgenheit und Vertrauen...
 

Mit einemmal schämte sie sich für ihr kindisches Verhalten. Er hatte ihr die Wahrheit gesagt, als alle anderen geschwiegen hatten. Er war als einziger ehrlich zu ihr gewesen und sie hatte ihn einfach so für ihre Pläne benutzen wollen...
 

“Was kann ich tun?“ fragte sie leise, als sie sich von ihm löste. “Wie kann ich dir und der Phoenix Order helfen?“
 

“Du bist gut informiert.“ Ein leichtes Grinsen umspielte seine Lippen, als sie die Phoenix Order erwähnte und er fuhr fort: “Und genau das ist es, was uns weiterhelfen könnte. Deine Nachricht über die Razzia beispielsweise, sie hat uns vor einer mittleren Katastrophe bewahrt...“
 

“Normalerweise komme ich nicht an solche Informationen,“ dämpfte sie seine Begeisterung. “Es war mehr oder weniger Zufall, dass Tod in meiner Gegenwart davon gesprochen hat. Aber ich kann natürlich versuchen, mich ein wenig umzuhören.“
 

“Genau das hab’ ich gemeint,“ nickte Sirius. “Wir können jeden Informanten gebrauchen. Alles was du aufschnappst, könnte von Bedeutung sein, selbst wenn es dir sehr banal erscheint. Außerdem gibt es ein paar Themen, die uns ganz besonders interessieren würden...“
 

Sie dachte an ihre Veritaserum Kristalle und lächelte innerlich, als er weitersprach. Auf diese Weise konnte sie mit Sicherheit etwas erfahren und wenn sie ein paar Stichworte kannte, würde es umso leichter werden.
 

“Projekt Ragnarök?“ fragte sie verwirrt zurück. “Hat das etwas mit dem Weltuntergang zu tun?“
 

“Wir wollen es nicht hoffen,“ murmelte Sirius grimmig. “Allerdings bei Voldemort kann man nie wissen!“
 

Sie zuckte zusammen, sie war es nicht gewohnt, den Namen laut zu hören. Selbst seine Gefolgsleute sprachen ihn nicht aus, sie nannten ihn immer nur den Dunklen Lord, oder seit der Machtübernahme den Imperial Wizard.
 

“Wir müssen allerdings sehr sorgfältig vorgehen.“ Eindringlich blickte Sirius sie an. “Am besten schickst du mir die Nachrichten immer über Crookshanks, oder eine der anderen Cheshire Katzen, damit gehen wir kein Risiko ein. Eulen sind nur für den äußersten Notfall, wenn es ganz schnell gehen muss und es keine andere Möglichkeit gibt.“
 

“Mache ich mich nicht verdächtig, wenn ständig Katzen um mich rumrennen?“ wollte sie wissen, doch er schüttelte den Kopf. “Die Cheshire Katzen sind äußerst vorsichtig, nur keine Sorge. Und unsere Feinde werden gar nicht auf die Idee kommen, dass wir Katzen benützen. Solltest du allerdings eine Eule verwenden müssen, brauch’ ich dir wohl gar nicht erst zu sagen, dass diese auf keine Fall mit dir in Verbindung gebracht werden darf.“
 

Sie nickte und dachte an die vielen Eulen, die sich in der Macnair Owlery befanden.
 

“Außerdem sollten wir unsere Nachrichten verschlüsseln und auf gar keinen Fall unsere richtigen Namen verwenden,“ fuhr Sirius fort. “Denk’ dir einen Codenamen für dich aus. Und deine Briefe, die schreibst du einfach an Snuffles.“
 

Snuffles? Ein kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht, dieser Name klang wirklich süß. Wer Sirius den wohl gegeben haben mochte? Vielleicht ein Kosename von einer ganz besonderen Person...
 

In Sirius’ Leben musste es diese ganz besondere Person geben. Jemanden, den er aufrichtig und von ganzem Herzen liebte. Das war die einzig mögliche Erklärung, warum ihr Zauber bei ihm nicht funktionierte. Gegen ein liebendes Herz konnte die Macht ihrer dunklen Magie nichts ausrichten.
 

Wenn es doch immer so sein könnte, dass Liebe stärker war, als die Dunkelheit...
 

“Es gibt da noch etwas anderes,“ begann Sirius. “Abgesehen von den Informationen, mein’ ich. Etwas, das du uns vielleicht beschaffen könntest. Aber es ist mit einem noch größeren Risiko verbunden...“
 

“Wenn ich dir helfen kann, dann werd’ ich es tun,“ entgegnete sie mit fester Stimme und in diesem Augenblick meinte sie das auch so.
 

“Kennst du den Ring, den Tod Macnair an seiner Hand trägt? Den Wappenring mit dem Fischotter?“
 

Was war das für eine Frage? Natürlich, sie sah den Ring doch jeden Tag. Tod’s Vater hatte genau den gleichen. Jede Death Eater Familie besaß diese Wappenringe, so hatte der Dunkle Lord es bestimmt, und jeder erstgeborene Sohn erhielt einen solchen Ring am Tag seiner Volljährigkeit.
 

Vielleicht hatte Sirius das gemeint, als er von Informationen sprach, die ihr banal erschienen. Bisher hatte sie sich nie über diese Ringe gewundert, oder ihnen eine besondere Bedeutung beigemessen.
 

“Brauchst du diesen Ring?“ fragte sie leise. “Was hat es damit auf sich?“
 

“Ich kann dir nicht allzu viel darüber sagen,“ begann Sirius. “Aber ja, wir benötigen diesen Ring sehr dringend und deshalb brauchen wir deine Hilfe. Du könntest ihn stehlen, ohne dass Macnair Junior es bemerkt.“
 

“Er würde es auf jeden Fall bemerken,“ unterbrach sie, “er trägt den Ring fast immer...“
 

Anstelle einer Antwort zog Sirius ein Kästchen aus der Innentasche seiner Robe hervor. Als er es öffnete, konnte sie vier Ringe darin erkennen, vier silberne Ringe, die wie diverse Tiere geformt waren und verschiedenfarbige Edelsteine als Augen besaßen. Ein Schakal, ein Luchs, eine Ratte und der Fischotter der Macnairs. Täuschend echte Nachbildungen, zumindest beim Fischotter konnte sie es beurteilen.
 

“Die Wappenringe der Grand Dragons,“ erriet sie ohne Zögern. “Malfoy hat den Luchs, Pettigrew mit Sicherheit die Ratte, damit bleibt der Schakal für Lestrange! Ihr braucht also alle vier?“ wandte sie sich an Sirius.
 

Dieser nickte. “Insgesamt schon, allerdings wird eine Person allein das nicht übernehmen können. Wir dachten, du kämst vielleicht an den Macnair Ring heran, weil du mit dem Sohn zusammen bist...“
 

“Vielleicht kann ich auch mit den anderen Ringen weiterhelfen.“ Sie lächelte geheimnisvoll. “Tod Macnair ist nämlich nicht die einzige Person, zu der ich...sagen wir...gewisse Beziehungen habe.“
 

“Bring’ dich bloß nicht unnötig in Gefahr!“ bat Sirius. “Wir müssen sowieso sehr vorsichtig vorgehen, Voldemort darf keinesfalls erfahren, dass wir uns für die Ringe interessieren. Deshalb haben wir auch entschieden, nicht die Ringe der Grand Dragons persönlich zu stehlen, sondern die Ringe der Familienmitglieder. Bei den ursprünglichen Ringen können wir nicht wissen, welche Fähigkeiten sie haben und wie die Death Eaters sie einsetzen. Bei den Söhnen besteht diese Gefahr weniger, sie sind ja nicht einmal Mitglieder im Dark Council...“
 

“Aber nicht alle Grand Dragons haben Söhne,“ überlegte Cho. “Sicher, die Macnairs und die Malfoys, aber Lestrange hat nur Töchter, und Pettigrew hat überhaupt keine Familie, oder irre ich mich da?“
 

Sirius schüttelte den Kopf. “Bei Pettigrew haben wir tatsächlich keine Wahl, wir müssen den Originalring nehmen. Deshalb kommt dieser auch als Letzter an die Reihe. Bei Lestrange können wir das absolut nicht riskieren, der Kerl ist so gefährlich wie Voldemort selbst...na ja, fast. Aber die Chancen stehen gut, dass es noch mehr Lestrange Ringe gibt, bei einer so alten einflussreichen Familie muss es einen Erben geben...“
 

“Vielleicht eine seiner Töchter,“ überlegte Cho. “Kann man den Ring nicht auch an eine Tochter weitergeben?“
 

“Können sicherlich, aber der alte Lestrange hasst Frauen, also ist es nicht sehr wahrscheinlich.“ Angestrengt nachdenkend ging Sirius auf und ab. “Aber ausschließen sollten wir es natürlich nicht. Es gibt tatsächlich ein Gerücht, dass die älteste Tochter einen Ring besessen haben soll, aber sie ist tot. Auch Lestrange’s jüngerer Bruder ist tot, wurde vor ewigen Zeiten von Dorian Malfoy in einem Duell gekillt.“
 

Er blieb stehen und wandte sich Cho zu. “Dann käme auch noch sein Schwiegersohn Avery in Frage, der Ehemann seiner jüngsten Tochter Marguerite. Er steht total unter der Fuchtel von dem Alten und wird mehr oder minder als Lestrange Erbe gehandhabt. Andererseits ist er kein Blutsverwandter, das spricht natürlich dagegen. Der einzige männliche Nachkomme ist Draco Malfoy, der Sohn der mittleren Tochter Narcissa. Aber die Lestranges und die Malfoys hassen sich seit Generationen, also sieht es auch hier nicht gut aus...“
 

Cho überlegte blitzschnell. Avery kannte sie bereits, es wäre überhaupt keine Schwierigkeit, ihn noch besser kennen zu lernen, und ihn ein wenig auszuhorchen. Die Malfoys kannte sie bisher noch nicht persönlich, aber das ließe sich bestimmt nachholen, schließlich waren Macnair und Malfoy gute Freunde. Sie musste nur dafür sorgen, dass sie einmal da war, wenn Malfoy zu Besuch kam. Allerdings wozu die Mühe, sie kannte Draco von der Schule her und auch wenn sie damals alles andere als Freunde gewesen waren, so konnte sie doch trotzdem Sehnsucht nach ihrem alten Schulkameraden bekommen, oder etwa nicht? Irgendwas ließe sich da schon arrangieren.
 

Was Pettigrew’s Ring anging, so würde die Phoenix Order ihn nicht brauchen...
 

“Was wäre, wenn es einen Machtwechsel gäbe?“ fragte sie. Sirius schaute sie ungläubig an und sie fügte hastig hinzu. “Ich meine, wenn Voldemort plötzlich einen anderen Great Titan zum Grand Dragon beruft, oder so...“
 

“Darüber können wir uns erst Gedanken machen, wenn es soweit ist,“ erklärte Sirius. “Aber im Moment sieht es so aus, als ob die Vier einigermaßen fest im Sattel sitzen würden. Da müsste jemand schon zum Verräter werden, so wie Nott, damit Voldemort ihn beseitigt und einen anderen an seine Stelle setzt. Und das kann man sich bei diesen Vieren und ihren Familien nun absolut nicht vorstellen...“
 

Cho nickte, sie wollte nicht noch deutlicher werden, damit Sirius keinen Verdacht schöpfte. “Ich werde versuchen, so viele Ringe wie möglich zu bekommen,“ sagte sie mit fester Stimme. “Und du kannst mir glauben, meine Chancen stehen nicht allzu schlecht. Ich hab’ wirklich gute Connections.“
 

“Geh’ bloß kein unnötiges Risiko ein.“ Sirius klappte das Kästchen zu und überreichte es ihr. “Denk immer daran, du bist in tödlicher Gefahr und falls sie irgendwas rauskriegen, ist unser gesamter Plan hinfällig. Wenn du also merkst, dass du irgendwo nicht weiterkommst, dann lass’ es und gib’ mir die betreffende Nachbildung wieder zurück. Wir werden eine andere Möglichkeiten finden, wir sind schon mit größeren Schwierigkeiten fertig geworden.“ Seine Worte klangen zuversichtlich, doch sein Tonfall strafte ihn Lügen.
 

“Noch etwas,“ warnte er sie. “Pass auf, an wen du herantrittst! Der Macnair Sohn, oder auch Avery mögen ziemliche Trottel sein, aber Draco Malfoy ist äußerst gefährlich. Er ist noch ein Junge, aber schon ebenso kaltblütig und skrupellos wie ein langjähriger Death Eater. In der kurzen Zeit, die er in den Diensten Voldemort’s steht, hat er sich schon einen Ruf erworben, den Ruf eines gnadenlosen Menschenverächters und Mörders. Und in einer Gesellschaft wie dieser, wo jeder auf seinen Ruf bedacht ist, will das etwas heißen. Und ich wiederhole, unter gar keinen Umständen darfst du versuchen, den Ring eines Grand Dragon zu stehlen. Halte dich fern von ihnen, besonders von Malfoy und Lestrange. Sie haben Kräfte, die wir uns nicht einmal vorstellen können...hast du mich verstanden?“
 

Sie nickte und konnte förmlich spüren, wie besorgt er um sie war. Am liebsten würde er sie gar nicht in solche Gefahr bringen, aber er hatte ja keine andere Wahl...
 

“Ich werde vorsichtig sein,“ versprach sie ein weiteres Mal. Für sie selbst war es zu spät, aber Sirius und seine Pläne wollte sie nicht gefährden, ganz sicher nicht.
 

“Gut.“ Er ließ das Kästchen los und auch ihre Hände, die er während seiner kleinen Rede festgehalten hatte. Wieder einmal war sie erstaunt über seine Berührung, die soviel Vertrauen in ihr auslöste und gleichzeitig nichts mit Verlangen oder Leidenschaft zu tun hatte. Seit Cedric’s Tod hatte es keinen Menschen mehr gegeben, der ihr so nahe gestanden hatte und das, wo sie Sirius doch eigentlich kaum kannte.
 

Sie dachte daran, dass es jemanden gab, dem Sirius’ Liebe gehörte und sie wünschte sich von ganzem Herzen, das Schicksal möge zu ihm nicht so grausam sein, wie zu ihr. Im Stillen wünschte sie ihm all das Glück und diese ganz besonderen Momente, die ihr und ihrem Liebsten nicht vergönnt gewesen waren...einmal sollte die Liebe nicht in Schmerz enden müssen. Einmal sollte sie sich erfüllen...
 

Sie schloss für einen Moment die Augen und dachte an Schmetterlinge, die durch die Luft schaukelten, ihre schillernden Flügel, in denen sich das Sonnenlicht brach wie Tausende funkelnder Diamanten.
 

“Sirius,“ sagte sie leise. “ich werde meine Briefe mit Diamond Wing unterschreiben.“
 

* * *
 

So grell...
 

Ich ziehe die Decke über meinen Kopf, um dem Licht auszuweichen. Ich bin eingeschlafen, etwas, das mir sonst nie passiert, aber in letzter Zeit bin ich immer so müde. Und mir ist schlecht, so schlecht. Ich will einfach nur weiterschlafen...
 

Aber ich darf nicht. Heute ist mein letztes Treffen mit Duane Avery, ich kann es nicht mehr länger riskieren, sonst bemerkt Tod etwas. Tod ist seltsam in letzter Zeit, so unruhig und eifersüchtig. Duane Avery war schon bei unserem zweiten Treffen seltsam. Ich muss aufpassen, wirklich aufpassen.
 

Sobald ich Tod’s Ring habe, verlasse ich ihn. Ich kann’s nicht riskieren, dass er krank wird, meine Tarnung würde auffliegen...
 

So müde...
 

Ich schlage die Decke zurück, um Avery aufzufordern, wieder ins Bett zu kommen. Dazu muss ich nicht viel tun, er folgt wie ein Hündchen. Er weiß nichts über ein Ragnarök Projekt und nichts über die Dinge, die Sirius interessieren. Nach dem Wappenring hab’ ich ihn noch nicht gefragt, aber das werd’ ich jetzt gleich tun.
 

So schlecht...
 

Er sülzt und sabbert mich voll, und ich schleime ihn zu. Das übliche Spiel, bis ich ihm den Kratzer am Rücken verpasse. Leider wirkt das Serum nur sehr kurz.
 

“Duane, kannst du mich hören?“
 

"Ja."
 

"Wenn du wirklich Lestrange's Erbe bist, wie kommt es, dass du dann nicht seinen Ring trägst?"
 

"Er sagt, ich werde erst einen Wappenring erhalten, wenn Marie mir einen Sohn geboren hat."
 

"Gibt es jemanden außer Istave Lestrange selbst, der einen solchen Ring besitzt? Ein anderer Erbe vielleicht?"
 

"So weit ich weiß, nicht. Aber möglicherweise...."
 

Mit einem letzten Stöhnen bäumt er sich auf und stößt hörbar die Luft aus, bevor er entspannt in sich zusammensackt. Nur wenige Augenblicke später schließen sich seine Augen und ein lautes, zufriedenes Schnarchen füllt den Raum. Sein schlaffer Körper zeigt keinerlei Regung, als ich mich darunter herauswinde und auf leisen Sohlen ins nächste Badezimmer schleiche, um mich zu waschen und zurechtzumachen.
 

Er hat den Ring also nicht und seine Frau auch nicht, weil sie keinen Sohn haben. Also bleiben nur noch die Malfoys. Schon gemein für den Alten, dass ausgerecht die Tochter einen Sohn hat, die mit seinem Erzfeind verheiratet ist. Und Lestrange hofft natürlich immer noch auf einen Enkel von Marguerite.
 

Ich sehe mich im Spiegel nicht an, als ich mich käme und schminke. Ich sehe mein Gesicht, aber das bin nicht ich. Das ist jemand anderes dort drinnen. Ich trinke einen Schluck aus meinem Fläschchen, bevor ich das Bad verlasse und hinüber ins Wohnzimmer zum Kamin gehe.
 

Ich hasse das Lestrange Anwesen. Überall diese ausgestopften Frauen. Und die Geräusche aus den Zimmern. Man sagt, der alte Lestrange hält hier Mädchen gefangen, die er wie Puppen anzieht. Mädchen ohne Seele.
 

"Macnair Manor," sage ich, als ich ins Feuer trete. "Tod Macnair's Zimmer."
 

........................................................................................................................................................................November, 1998
 

Laut klackten Cho’s Absätze auf dem steinernen Boden, als sie mit eiligen Schritten den Flur entlang trippelte. Köpfe wandten sich nach ihr um, verwirrte und fassungslose Blicke folgten ihr. Es war sicher nicht das erste Mal, dass sie im Hauptquartier der Blood Legion auftauchte, aber so aufgelöst durch die Gänge zu rennen, anstatt sich klammheimlich mit jemandem aufs Zimmer zu schleichen, war man sicher nicht von ihr gewohnt.
 

“Tod!“ schrie sie schon von weitem, als sie ihren Freund entdeckte, der mit seinem Bruder Michael und zwei anderen Rotroben abwartend vor dem Besucherzimmer stand. “Das war das letzte Mal, dass du mich versetzt hast!“
 

“Cho, was soll das, ich hab’ dir doch Bescheid gegeben, dass ich...“ Mit hochrotem Gesicht drehte er sich zu ihr um, offenbar war ihm die ganze Szenerie äußerst peinlich. Die anderen jungen Männer grinsten hinter seinem Rücken und warfen einander viel sagende Blicke zu.
 

“Gehen wir nach draußen!“ Unwirsch packte Tod sie am Arm und wollte sie vorwärts ziehen, doch sie riss sich los und stolzierte mit erhobener Nase an ihm vorbei in Richtung Hof. Achselzuckend folgte er ihr, ohne sich um Michael’s Protestgeschrei zu kümmern. “Du kannst Vater nicht warten...“ Seine Stimme verklang.
 

“Wir wollten heute Abend schön essen gehen!“ fauchte Cho, ohne sich umzudrehen. Ihre Stimme hatte einen weinerlichen Tonfall angenommen. “Du hattest es mir versprochen!“
 

“Cho, warte!“ Er ging an ihr vorbei in den Innenhof und stellte sich ihr in den Weg. “Ich hab’ dir doch erklärt, dass wir es verschieben müssen. Jason, Michael und ich haben einen wichtigen Auftrag zu erledigen!“
 

“Und dazu braucht man unbedingt dich!“ Sie stemmte die Hände in die Hüften und sah ihn mit funkelnden Augen an. “Als ob nicht jemand anders ebenso mit seinem Zauberstab rumfuchteln und sich wichtig machen könnte!“
 

“Pass auf, was du sagst,“ entgegnete er und diesmal schwang eine leichte Drohung in seiner Stimme mit. Sie schluckte, es war jetzt besser, ihn nicht weiter zu reizen. In ihrer Gegenwart war er nicht mehr ganz bei Verstand und es war nicht auszumalen, was er noch alles tun konnte. Sie musste so schnell wie möglich von ihm weg, bevor noch ein Unglück geschah.
 

“Cho, ich möchte nicht mit dir streiten!“ Im nächsten Moment war alle Aggression von ihm abgefallen und seine Stimme klang beinahe flehend. “Schau, wir müssen uns um eine wichtige Gefangene kümmern und Vater hat diese Aufgabe mir und meinen Brüdern aufgetragen, weil er uns vertraut. Das musst du doch verstehen...“ Hilflos hob er die Arme.
 

“Was denn für eine Gefangene?“ fragte sie misstrauisch. “Das ist keine dumme Ausrede, oder so?“
 

“Nein, ganz sicher nicht,“ beeilte er sich zu erklären. “Sie ist die Tochter von...“
 

In diesem Moment kam Michael aufgeregt in den Hof gestürzt. “Wo bleibst du?“ rief er seinem Bruder zu und senkte die Stimme, als er hastig weiterredete. “Vater wartet schon, er wird das Mädchen jede Minute brauchen. Wir sollen uns mit ihr vor dem Besucherzimmer bereithalten!“
 

“Ich komme schon,“ fauchte Tod gestresst, bevor er sich wieder seiner Freundin zuwandte. “Hör zu, Schmetterling, ich mach’ mich los, so schnell ich kann, okay?“ Er drückte ihr einen raschen Kuss auf die Lippen und stapfte ins Gebäude zurück.
 

Cho verschwendete keinen Gedanken mehr an ihn und die Show, die sie abzog, um ihren Abschied glaubwürdig zu machen. Die Blood Legion hatte eine Gefangene und es schien jemand Wichtiges zu sein. Sirius musste sofort davon erfahren.
 

Sie überlegte, ob sie Tod hinterherlaufen und versuchen sollte, ihn weiter auszufragen, entschied sich dann jedoch dagegen. Im Moment war er zu gestresst, um ihr zuzuhören und es gab keine Gelegenheit unbeobachtet das Veritaserum zu verwenden. Und sich vor der Macnair Familie aufzuführen und die vernachlässigte Geliebte zu spielen, würde nur Verdacht erwecken. Besser war es, so schnell wie möglich Sirius Bescheid zu geben.
 

Es war keine der Katzen hier, also blieb ihr nichts anderes übrig, als eine Eule loszuschicken. Nun, heute Nacht wollte sie das Risiko eingehen, es war ohnehin ihre letzte Nacht bei den Macnairs und sie würde natürlich eine der Blood Legion Eulen verwenden. “Lieber Snuffles,“ kritzelte sie auf ein Blatt, “die Blood Legion hat eine wichtige Gefangene gemacht, ein Mädchen., aber ich konnte noch nichts raus finden, melde mich, sobald ich was weiß. Diamond Wing.“
 

Mit einem Zauber verschlüsselte sie die Nachricht, bevor sie die Eule fliegen ließ und in Tod’s Schlafzimmer zurückkehrte. Das flackernde Kaminfeuer ließ erkennen, dass er bereits versucht hatte, mit ihr Kontakt aufzunehmen. So wenig Lust sie im Moment hatte, mit ihm zu reden, es musste sein und mehr noch, sie musste versuchen, ihn hierher zu locken, damit sie das Veritaserum einsetzen konnte. Nur so konnte sie erfahren, was es mit dieser Gefangenen auf sich hatte.
 

Sie warf eine Prise Floo Powder in die Flammen. Sollte sie sich entschuldigen und versuchen, ihn mit Schmeicheleien zu überreden, oder sollte sie hart bleiben und ihn unter Druck setzen?
 

“Hör zu, Kleines,“ Tod’s Stimme riss sie aus ihren Gedanken, noch bevor sie eine Entscheidung treffen konnte. Es war nur seine Stimme, die aus dem Feuer erklang, also konnte er nicht in der Nähe eines Kamins sein. Wohin mochte sein Vater ihn geschickt haben?
 

“Hör zu, es wird noch etwas länger dauern, ich bin mit Jason unterwegs. Michael wird mich in ein paar Stunden ablösen, dann komm’ ich sofort zu dir, okay? Und morgen Abend gehen wir aus, genau wie ich’s dir versprochen hab’...“
 

“Ein paar Stunden!“ schrie sie zurück. “Bin ich ein alter Umhang, den man einfach so in den Schrank hängt, wenn man ihn grad nicht braucht? Früher war alles ganz anders mit uns! Da hast du dich...“ sie stockte kurz, als sie den seltsamen Schatten zu ihren Füßen sah, hatte sich aber sofort wieder gefangen und nahm ihre Jammerlitanei wieder auf. Schwer genug war es, sich geeignete Vorwürfe einfallen zu lassen, wenn ein Grinsen und ein glühendes Auge vor einem in der Luft herumhüpften.
 

Sie streckte den Arm aus und bereute es einen Moment später, denn der riesige rote Kater hatte sich diesen als Landeplatz ausgesucht. Maunzend ließ er sich darauf nieder und sie umklammerte ihn gerade noch rechtzeitig, bevor er zu Boden fallen konnte, während sie in ihren höchsten Tönen in den Kamin plärrte: “Baka! Ich will gar nicht wissen, wer die Schlampe ist, mit der du dich grade rumtreibst!“
 

Hastig tastete sie das Namensschild ab und kramte den Zettel dahinter hervor. “Ich mach’ das nicht mehr mit, Tod, jetzt ist endgültig Schluss!“ Sie versuchte, am Kater vorbei in ihre Tasche zu greifen, um ihren Zauberstab zu erreichen, doch das Riesenvieh machte es ihr nicht unbedingt einfach. “Du kannst mich mal!“
 

“Jetzt hör' bitte auf, mir Vorwürfe zu machen, du weißt, dass ich einen anstrengenden Job habe. Ich habe gesagt, ich komme zu dir so schnell es geht! Ich kann nichts dafür, wenn Vater ...!“
 

Katie Bell? Die Katie Bell aus dem früheren Gryffindor Team? Aber wieso...?
 

Mit einem Wasserstrahl aus ihrem Zauberstab erstickte sie das Feuer im Kamin, sie brauchte jetzt einen Moment Ruhe, um nachdenken zu können. Sirius Antwort enthielt nur zwei Wörter, den Namen Katie Bell. Mit einem Fragezeichen dahinter. War Katie diejenige, die von der Blood Legion verhaftet worden war? War sie ein Mitglied der Phoenix Order?
 

“Cho, ich liebe dich! Du kannst mich nicht verlassen, ich liebe dich doch!“
 

Das Feuer loderte auf und im nächsten Moment hatten sich zwei Arme um sie geschlungen. Entsetzt schrie sie auf, ihr Zauberstab fiel nutzlos zu Boden, als sie versuchte, ihren Liebhaber beiseite zu stoßen. Er quetschte die Katze ein, was war, wenn er die Katze sah?
 

Aber da war keine Katze. Nur ein winziges rotes Fellbüschel auf dem Stoff ihres Umhangs.
 

“Cho, beruhige dich!“ Tod hielt ihre Hände fest, die nach ihm schlugen und bekam den Zettel zwischen ihren Fingern zu fassen. “Was ist das, was hast du da?“
 

Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Oh Kami-sama, wenn Katie wirklich Gefangene der Blood Legion war und er sah ihren Namen auf dem Zettel...warum hatte sie sich nur darauf eingelassen? Warum war sie nicht vorsichtiger gewesen? Und warum hatte sie die ganze Spioniererei und Briefeschreiberei nicht einfach gelassen und sich auf ihre eigenen Pläne konzentriert?
 

“Wer ist Katie Bell?“ Verwirrt zog Tod die Stirn in Falten. “Was hat das zu bedeuten?“
 

“Das frage ich dich!“ schrie sie zurück, in einem verzweifelten Versuch sich irgendwie rauszureden. “Ist sie die kleine Schlampe mit der du mich betrügst? Und sieh mal – das hab’ ich außerdem gefunden!“ Mit spitzen Fingern hielt sie die roten Haare von Crookshanks hoch. “Willst du mir vielleicht erklären, was die hier in unserem Bett zu suchen haben?“
 

Wie vom Donner gerührt stand Tod da und wusste sich überhaupt nicht mehr zu helfen. “Das ist ein Missverständnis,“ murmelte er, “das kann doch alles nicht wahr sein. Ich hab’ niemals...“
 

“Wo bist du heute Abend gewesen?“ fragte Cho anklagend. “Du bist aus dem Kamin gekommen, also musst du an einem Ort gewesen sein, wo es einen Kamin gab! Aber mir gegenüber hast du so getan, als wäre da keiner und mir irgendwelchen Blödsinn über Spezialaufträge erzählt...“
 

“Hör zu, es ist nicht wie du denkst,“ beeilte sich Tod zu erklären. “Jason und ich waren in Malfoy’s Jagdhütte, wir hatten einen Spezialauftrag und ich hab’ keinen Kamin geseh’n, da hab’ ich mit dir über meine Feuerschale gesprochen und als du die Verbindung abgebrochen hast, bin ich so schnell wie möglich hergekommen, über den Kamin in unserer Wohnung in London. Ich bin dorthin Appariert und dann per Floopowder hierher gekommen. Hier im Haus kann man doch nicht Apparieren, das weißt du genau...du bringst wieder alles durcheinander!“
 

Während seiner kleinen Rede war sie langsam zurückgewichen, immer weiter auf den Spiegelschrank zu. Das Veritaserum Pulver war in einem ihrer Schminkdöschen in der obersten Schublade. Sie musste es so schnell wie möglich erreichen, lange würde sie dieses Spiel nicht mehr durchziehen können. Und sie musste wissen, was passiert war, jede Sekunde konnte für Katie entscheidend sein...
 

“Du wirst verdammt noch mal hier bleiben!“ schrie er plötzlich und stieß einen Stuhl aus dem Weg, als er auf sie zukam. “Hier hab’ ich das Sagen, du zickiges Biest!“ Seine Augen hatten sich gerötet, sein Atem ging schnell und stoßweise, als stünde er unter Drogen. Panik ergriff sie, sie riss die Schublade auf und tastete zwischen den Döschen herum. Wo war das verdammte Ding nur?
 

Er stieß sie zu Boden, die Schublade brach herunter und der Inhalt verteilte sich im ganzen Raum. Hart schlug ihr Körper auf dem Holz auf, doch sie fühlte keinen Schmerz mehr, dafür war er schon zu abgestorben. Anders Tod, er rutschte auf etwas aus und schlug der Länge nach hin. Mit einem Schmerzensschrei packte er sie am Arm und versuchte sie zu sich herzuziehen. Sie schlug nach ihm, während ihre andere Hand über den Boden glitt, ihre Augen hatten das Döschen erspäht. Es war aufgebrochen und unters Bett gerollt, das Pulver auf dem Boden verteilt. Hoffentlich reichte es! Hoffentlich war nicht alles zwischen den Ritzen verschwunden.
 

Jetzt oder nie! Sie riss die andere Hand hoch und verpasste ihm einen tiefen Kratzer über die Wange. Er war so verblüfft, dass er einen Moment lang überhaupt nicht reagierte.
 

Dann krachte seine Faust in ihr Gesicht und sie hatte das Gefühl, dass die Welt um sie herum explodierte. Vor ihren Augen wurde alles dunkel, im Mund spürte sie den Geschmack von Blut. Benommen hielt sie sich den Kopf, als sie, unfähig sich zu rühren, am Boden lag.
 

Alles um sie herum war still. Sie hörte Tod’s Atem, aber er klang seltsam flach, das Zeug musste ihn erwischt haben. Mühsam stemmte sie sich hoch, aufsetzen zumindest konnte sie sich, wenn ihr auch noch zu schwindelig war, um zu stehen...
 

“Wo ist Katie Bell?“ fragte sie leise, ohne zu Tod hinüberzublicken.
 

“Ich weiß es nicht. Ich kenne keine Katie Bell.“
 

“Wurde heute eine Verräterin gefangen genommen? Ein Mitglied der Phoenix Order vielleicht?“ Sie hielt sich am Bett fest, um sich daran nach oben zu ziehen und wandte endlich den Kopf zu ihm hinüber. Tod lag auf dem Boden, seine Augen leicht glasig, sein Blick starr in die Luft gerichtet. Auf seiner Stirn glänzten Schweißtropfen.
 

“Ja, die Ghost Riders haben eine Frau gefangen genommen. Sie hat Flugblätter gegen den Lord verteilt.“
 

“Wo befindet sie sich jetzt?“
 

“Azkaban. Pettigrew’s Leute haben sie den Ghost Riders wieder abgenommen. Die Ghost Riders werden nicht mit wichtigen Gefangenen betraut.“
 

“Was weißt du sonst noch über sie? War sie allein oder waren andere bei ihr?“
 

Aber Tod redete nicht weiter, er war eingeschlafen.
 

Jetzt musste sie schnell handeln, sie wusste nicht, wie viel Zeit ihr blieb, bis er aufwachte. Inzwischen konnte sie wieder stehen, wenn auch noch etwas wackelig. Sie musste jetzt das Zimmer aufräumen, ein paar Sachen zusammenpacken, Tod’s Kratzer heilen und ihn in sein Bett legen. Er würde sich mit Sicherheit nur sehr undeutlich an ihren Streit erinnern...und alles was danach kam, war sowieso fort.
 

Sie zog dem Schlafenden seinen Wappenring vom Finger und tauschte ihn gegen Sirius’ Kopie aus. Das Original würde sie sorgfältig verwahren, bis sie Sirius wieder begegnete, er hatte ihr eingeschärft, die Ringe niemals und unter keinen Umständen per Post zu schicken. Selbst nicht mit den Katzen.
 

Apropos Katzen! Vom Kater war keine Spur zu sehen, also musste sie wohl oder übel eine zweite Eule los senden, um Sirius über Katie Bell’s Verbleib zu informieren. Nicht dass es viel bringen würde...
 

Wenn Katie in Azkaban war, konnte ihr niemand mehr helfen. Auch nicht Sirius.
 

Lieber Snuffles,
 

Katie ist auf Befehl von Pettigrew nach Azkaban gebracht worden, das ist alles, was ich weiß. Über eine mögliche Anklage oder Verurteilung konnte ich bisher nichts in Erfahrung bringen, aber ich bleibe dran.
 

Diamond Wing
 

* * *
 

Im Vergleich zu Tod ist Anthony Goyle ein echter Erholungsurlaub. Brav, unterwürfig, liest mir jeden Wunsch von den Augen ab. Da er außerdem sehr eitel ist, genügen ein paar Schmeicheleien um ihn im Zaum zu halten.
 

Ich mag gar nicht dran denken, dass er schon einen Sohn in meinem Alter hat.
 

Ist Tod am Anfang genauso pflegeleicht gewesen? Bevor er angefangen hat, durchzudrehen? Tony wird auch bald durchdrehen, gestern haben sich seine Augen so komisch rötlich verfärbt. Ich hab’ nicht mehr viel Zeit. Die Zeit läuft und läuft und sie rinnt mir wie Sand durch meine Finger.
 

Heute Nacht wird der Kreis sich schließen.
 

Heute Nacht werde ich wissen, ob Rache stärker ist, als Schmerz und Liebe stärker ist, als der Tod. Oder ob Mutter Recht hatte und alles, was unsere kleinen unbedeutenden Menschenherzen bewegt, nicht mehr Bedeutung hat, als eine trügerische Illusion.
 

Ich drehe mein langes schwarzes Haar hoch, stecke es mit zwei Stäbchen fest und schmücke es mit einer Haarspange in Form eines Schmetterlings. Ich schminke mich sorgfältig, zartvioletter Lidschatten, Wimperntusche und etwas Kajal um meine kohlschwarzen Mandelaugen zu betonen. Ein glänzender Lippenstift, nicht zu aufdringlich und nur einen Hauch von Rouge auf meine blassen Wangen.
 

Mein Schmuck liegt bereit, ich werde lange Ohrringe tragen, ein Kettchen und ein paar Ringe. Klein, glitzernd und hauchzart, ebenso wie der Stoff meines Ballkleides...
 

Ich liebe dieses Kleid, ich hab’ es extra für mich anfertigen lassen. Mit Tony’s Geld natürlich. Es ist dunkelviolett und ähnlich geschnitten wie ein Kimono, allerdings mit einigen dezenten Änderungen an den richtigen Stellen. Und mit Schmetterlingen, die verspielt darüber huschen....
 

Ich nehme meine restlichen Fläschchen und trinke sie aus.
 

........................................................................................................................................................................December 25, 1998
 

Mächtige Trommelschläge erfüllten den Ballsaal, erhitzten die Luft, brachten die Weingläser in den warmen Händen sanft zum Vibrieren. Nur wenige Minuten später setzte der metallische Klang der Lauten ein und schließlich die Dudelsäcke. Ihre Melodien umwarben einander im ewigen Tanz aus Begierde und Abwehr, um sich schließlich in dröhnendem Crescendo zu vereinigen.
 

Stimmengewirr raunte zwischen den Tönen der Musik hindurch, Lachen, Schwatzen, das Klappern hoher Absätze auf dem Parkett. Im sanften Licht der schwebenden Rosenkerzen schillerten prächtige Ballkleider, glitzerten goldsilberne Broschen mit Kettchen und Ohrringen um die Wette. Der Geruch des Weins und die teuren Parfumdüfte betäubten die Sinne, ließen alles seltsam unwirklich erscheinen, als läge die Welt hinter einem Schleier.
 

Seltsamerweise war ihr überhaupt nicht schlecht. Bis auf ein leichtes Pochen in den Schläfen fühlte sie keinen Schmerz und auch keine Übelkeit. Mit geheucheltem Interesse lauschte sie Gabriel Delacour’s politischen Ausführungen, den Kopf leicht zur Seite geneigt, um Aufmerksamkeit vorzutäuschen, die Lippen zu einem bezaubernden Lächeln verzogen.
 

“...ünd die Verträge für die drei Länder Alliance liegen praktisch auf dem Tisch. Noch paar Monate in die Zükünft geblickt, Mademoiselle Chang ünd wir haben ein vereinischtes Öropa...“
 

Tony hatte sie bereits kurz nach dem Dinner abgehängt, die wachsamen Augen eines eifersüchtigen Liebhabers konnte sie nicht gebrauchen. Aus den Augenwinkeln betrachtete sie die Leute um sich herum, sorgsam darauf bedacht, weder Tod noch Duane Avery zu nahe zu kommen, um einen Skandal zu vermeiden. Auch vor Lucius Malfoy und dem alten Lestrange sollte sie sich hüten, hatte ihr Sirius eingeschärft. Und vor den Lestrange Töchtern, die beiden waren fiese Giftschlangen und außerdem Seherinnen...
 

“...vereinischt ünter dem Bannière des Basilisken...“
 

Der Dunkle Lord. ’Sieh’ ihm niemals in die Augen!’ hatte Sirius sie gewarnt, ’er kann deine Gedanken lesen, allein durch seinen Blick.’ Bis jetzt hatte sie der Versuchung brav widerstanden, auch wenn sie Neugier verspürte, in dieses Gesicht zu blicken, das Gesicht des Mannes, der für soviel Terror und Schmerz und Tod verantwortlich war, dem die magische Welt Britanniens auf Wort und Fingerzeig gehorchte, dessen Lippen den Befehl zu Cedric’s Ermordung gegeben hatten.
 

“es ist nür noch eine Frage der Zeit, bis die Welt vor üns in die Knie geht...“
 

Aus den Augenwinkeln beobachtete sie die Leute, bunte Farbtupfer in ihren prunkvollen Kleidern und Roben, im Glanz des Lichts, im Spiel der Musik. Sie konnte ihre Blicke auf sich ruhen fühlen, neugierige, neidische und vor Begierde glühende Blicke.
 

Ein brennendes Augenpaar aus dem Schatten...
 

Hinter ihr, nahe des Eingangsportals, verborgen hinter einem Fenstervorhang, verkrochen unter seinen langen schmutzigdunklen Roben. Eine kleine in sich zusammengefallene hutzlige Gestalt mit wirrem grauweißem Haar und zittrigen Händen. In dieser feinen Gesellschaft so fehl am Platze, wie eine dürre Distel in einem Rosengarten...
 

Behutsam und unmerklich wich sie zurück, während sie weiter mit Delacour plauderte, sie wandte sich nicht um, ließ mit keiner Silbe, keiner Bewegung erahnen, dass sie seine Gegenwart bemerkt hatte. Ihr Lachen war glockenhell, ihre Bewegungen anmutig und spielerisch, ihre Augen glänzten im sanften Kerzenlicht, ihr ganzer Körper wob ein unsichtbares Netz um sie herum und niemals zuvor hatte dieses Netz solche Macht besessen wie heute Nacht.
 

Sie spürte seinen Blick, fühlte einen Hauch von Atem in ihrem Nacken und schließlich die zaghafte Berührung einer Hand, die allmählich intensiver wurde. Nein, es war keine Hand, es war ein Stück Metall, kalt und glatt. Es war wie Glas. Es war wie Rauch. Ganz und gar unwirklich.
 

Sie wusste, er würde sich zurückziehen, wenn sie ihn auch nur anblickte, geschweige denn, ansprach. Aber so lange sie hier stand, würde er nicht die Kraft besitzen, sich von ihr loszureißen. Seit damals, als er sie durch das Feuer des Kamin’s erblickt hatte, trug er ihr Bild in seinem dunklen Herzen...
 

Sie griff hinter sich und legte ihre Hand auf seine Nicht-Hand. Wie elektrisiert zuckte er zusammen, zog sie jedoch nicht zurück. Ihre Finger spielten miteinander, sie faltete seinen Daumen und den kleinen Finger in seine Handfläche, so dass die übrigen die Zahl drei ergaben. Dann ließ sie los, um auf seine Handfläche die Form eines Ziffernblatts zu zeichnen.
 

Die dritte Stunde nach Mitternacht...
 

Die Hand begann heftig zu zittern und wurde nun doch zurückgezogen. Eine Weile lang wartete sie, spürte das Pochen ihres Herzens im Hals und in den Schläfen. War es alles umsonst gewesen? War es ihm genug, sie aus der Ferne zu bewundern, wagte er nicht, sie zu treffen? Würde ihr Plan zum Scheitern verurteilt sein?
 

Minutenlang bangte sie, während sie lächelnd plauderte, und wartete darauf, dass die Berührung der Hand zurückkehren möge. Als es schließlich geschah, blieb ihr keine Zeit für Erleichterung, alles ging viel zu schnell.
 

Ein Finger, ein echter Finger bewegte sich über ihre Haut, malte Buchstaben, Worte darauf. Hastige fahrige Bewegungen, der kurze scharfe Druck eines Fingernagels, die kühle Berührung eines metallenen Ringes...
 

Westflügel, oberster Stock, Ende des Gangs...
 

Und ein weiteres Mal die Zahl drei...
 

Dann war die Hand verschwunden und der Platz hinter dem Vorhang leer.
 

“Möschten Sie vielleischt tanzen, Mademoiselle Chang?“ fragte Monsieur Delacour.
 

Sie nickte strahlend. “Avec plaisir!“
 

* * *
 

"Hm...hm...bist du sicher, dass wir hier auch ungestört sind?"
 

Harold ist beinahe auf dem Teppich ausgerutscht. Ich frage mich, wie er so tollpatschig sein kann, ich hab’ ihn doch erst einmal geküsst.
 

Und jetzt ein zweites Mal. Angenehme Träume, Herbert!
 

Das Fenster lässt sich ohne Probleme öffnen. Ich spüre die Kühle der Nachtluft auf meiner verschwitzten Haut, selbst das Pochen in meinen Schläfen wird ein wenig milder. Mir ist immer noch nicht schlecht, aber ich bin ein wenig benommen.
 

Ich pfeife und meine Eule landet auf der Fensterbank, lautlos wie ein Schatten. Ich hab’ sie mir erst vor kurzem gekauft und Tony kennt sie nicht. Niemand kennt sie...es würde kein Verdacht auf mich fallen, selbst wenn sie es nicht durchs Sicherheitsnetz schafft.
 

Aber sie wird es schaffen. Viel Zeit bleibt mir nicht, der Kerl auf dem Sofa wacht in wenigen Minuten auf...
 

Was in aller Welt soll ich dir nur sagen? Wie es dir erklären, es in Worte fassen?
 

Du wirst es nicht verstehen. Du wirst dich von mir verraten fühlen und es gibt nichts, was ich dagegen tun kann, außer zu wissen, dass du Recht hast.
 

Alle meine schön zurecht gelegten Sätze sind fort, verschwunden, verglüht wie kleine Insekten im Feuer. Mein Geist ist leer. Und es ist nicht die reinigende Leere der Meditation, nein, es ist ein kalter gefühlloser Abgrund.
 

Mit einer heftigen Bewegung stoße ich mir die Spitze der Falkenfeder in den Handrücken. Schmerz zu fühlen, ist besser als gar nichts. Mit den Blutstropfen kommen endlich Worte, nicht die klugen, und weisen Worte, die ich suche, aber zumindest etwas, das man den Versuch einer Erklärung nennen kann. Hastig kritzele ich sie aufs Papier, ehe sie meinem Geist wieder entschwinden können, falte das Blatt zusammen und stecke es in den Umschlag am Bein der Eule.
 

Ich hoffe, dass du mir irgendwann verzeihen kannst, Sirius, irgendwann. Du warst mein einziger Freund in dieser Finsternis und du besitzt ein edles Herz, im Gegensatz zu mir. Ich werde niemals so sein, wie du. Meine Liebe, mein Hass, meine Rache sind mir wichtiger, als die Phoenix Order und alle Ideale dieser Welt. Ich hab’ so lange gekämpft und so sehr gelitten, um mein Ziel zu erreichen und jetzt wo ich so kurz davor stehe, werde ich nicht umkehren, für dich nicht und auch nicht für all die Menschen, die sich die Freiheit von der Tyrannei des Dunklen Lords erhoffen. Die Erinnye in mir hat gesiegt, sie besaß die größte Macht....
 

Mein Herz hatte Liebe für einen einzigen Menschen und als er von mir ging, ist nichts davon übrig geblieben.
 

Cedric ist tot...
 

Aber nein, ich träume nur, ich träume ja nur. Ich bin auf einem Ball, dem Weihnachtsball zusammen mit Cedric. Wir haben 1994, es ist mein fünftes Schuljahr und ich bin auf dem Ball, hörst du denn gar nicht, wie die Musik spielt?
 

Hörst du sie denn nicht?
 

Hörst du sie denn nicht spielen?
 

Dancing bears,

Painted wings,

Things I almost remember,

And a song someone sings

Once upon a December.
 

Sie war auf einem Ball, dem Weihnachtsball zusammen mit Cedric. Sie hatten 1994, es war ihr fünftes Schuljahr und sie war auf dem Ball und sie hörte die Musik spielen. Ein wunderschönes Lied und sie tanzte mit Cedric, ihrem Cedric... Er hielt sie in seinen Armen und es war ein wunderbares Gefühl, ihm so nahe zu sein. Sie gehörten zusammen, das wusste sie, auch wenn es mit dem Kuss noch nicht geklappt hatte. Es würde ein anderes Mal klappen. Irgendwann, wenn der richtige Augenblick gekommen war...
 

Someone holds me safe and warm.

Horses prance through a silver storm.

Figures dancing gracefully

Across my memory...
 

Das war Cedric’s Hand, die ihren Kopf hielt, seine liebevollen Augen, die sie anblickten...nein das waren nicht seine Augen. Diese Augen waren grau, wie die seinen, aber sie waren wie Eis, keine Spur von Liebe lag darin, nur Kälte und Berechnung, und dennoch brannte ein eisiges Feuer darin, ein wilder gnadenloser Sturm, der alles, was in seinem Weg stand, ohne Gnade niederreißen würde.
 

Far away, long ago,

Glowing dim as an ember,

Things my heart

Used to know,

Once upon a December
 

Nein, es war nicht 1994, sondern vier Jahre später. Sie tanzte nicht mit Cedric, denn Cedric war tot. Sie tanzte mit Draco Malfoy, weil sie irgendwie die Zeit rumbringen musste und weil sie hoffte, irgendwie doch noch an seinen Ring zu kommen. Vielleicht besaß er sogar alle beide Ringe, den Luchs der Malfoys, und den Schakal der Lestranges. Vielleicht kehrte ihre Eule noch rechtzeitig zurück und sie konnte Sirius die Ringe schicken, bevor...bevor...oh Kami-sama, sie müsste kein so furchtbar schlechtes Gewissen haben, wenn sie ihm wenigstens diese beiden Ringe noch schicken konnte.
 

Someone holds me safe and warm.

Horses prance through a silver storm.

Figures dancing gracefully

Across my memory...
 

Was war nur aus ihr geworden? Cedric wäre so traurig, so unglücklich, wenn er wüsste, wie tief sie gesunken war. Er hätte sich sicher gewünscht, dass sie ein anderes Leben geführt hätte. Dass sie jetzt nicht hier wäre, auf diesem Ball des Dunklen Lords und seiner Anhänger. Aber sie war hier, sie war hier und sie tanzte.
 

Far away, long ago,

Glowing dim as an ember,

Things my heart

Used to know,

Things it yearns to remember...
 

Um sie herum drehten sich weitere Paare, dort drüben tanzte Draco’s kleine Schwester mit einem bildhübschen Jungen, den sie nicht kannte. Er fing ihren Blick auf und lächelte, ein glänzender Schimmer in seinen nachtdunklen Augen. Sie glaubte in diesem Lächeln vergehen zu müssen, wie ein zartes und doch so mächtiges Licht leuchtete es tief in ihr Herz hinein und diese samtschwarzen Augen blickten auf den tiefsten Grund ihrer Seele, wo die Erinnye ihnen voll Hass entgegenstarrte.
 

And a song

Someone sings

Once upon a December
 

Wenn du nur lange genug in einen Abgrund blickst, dann blickt der Abgrund auch in dich zurück…
 

WAS MEINST DU DAMIT?
 

Auch deine Augen sind ein Abgrund, ich wusste es schon damals, als du mich beinahe vom Besen gestoßen hast. Sirius hat mich vor dir gewarnt, aber ich bin mit dir mitgegangen, als die letzten Töne des Liedes verklungen sind, hinaus aus dem Festsaal, hoch auf den Balkon und hinunter in den Garten. Wir sind durch die Rosenbüsche gerannt...und drinnen spielt wieder Musik.
 

WAS HAT SIRIUS BLACK ÜBER MICH GESAGT?
 

Dass du skrupellos und eiskalt bist und über Leichen gehst, um deine Ziele zu erreichen...
 

DA SIND WIR SChon zu zweit.
 

Sie rollte sich zur Seite, hustete und schmeckte eine Menge Blut in ihrem Mund. Ihr Kopf tat weh und ihr war schlecht, so schlecht. Es hatte begonnen. Aber das war jetzt nicht mehr wichtig, denn sie würde ihre Rache nicht mehr vollenden. Sie hatte zu hoch gepokert, hatte zu viele Fehler gemacht, war kurz vor dem Ziel gescheitert. Konnte es etwas Grausameres geben, als so kurz vor dem Ziel zu scheitern? Cedric, ihr Cedric würde in seinem Grab ungerächt bleiben, sie hatte versagt und dafür hatte sie sich selbst verraten, einen Mord begangen und Sirius im Stich gelassen...
 

Das Gras war feucht und kühl unter ihrem Körper. Mühsam stemmte sie sich mit den Armen hoch und spuckte das Blut aus. Allmählich wurden ihre Sinne wieder klarer, sie roch den Rosenduft und hörte die leise Musik vom Ballsaal her. Wie spät es jetzt wohl sein mochte?
 

“Es ist zehn Minuten vor drei.“
 

Als sie Draco’s spöttische Stimme hörte, wurde ihr klar, dass sie laut gedacht haben musste. Wie es schien, war die Wirkung des Veritaserums noch nicht ganz verklungen. Oh Kami-sama...sie hatte ihm alles erzählt, einfach alles. Über Cedric und über Sirius...die Ringe...ihre Rache.
 

“Du hast Blutflecken auf deinem Kleid,“ stellte Draco unbeteiligt fest. Er hockte mit gekreuzten Beinen neben ihr im Gras und verfolgte gelassen ihre mühsamen Versuche, sich aufzurichten. Schließlich sprang er hoch und zog sie mit einem Ruck auf die Beine. “So willst du doch wohl kaum zu deinem Date erscheinen, oder?“
 

Sie schrak zusammen, als er seinen Zauberstab hervorzog, doch er ließ nur die verräterischen Flecken verschwinden, sichtlich amüsiert über ihre Angst. “Wenn du quer über den Rasen gehst, bist du in drei Minuten beim Westflügel. Auf der anderen Seite ist eine zweite Treppe, dort kannst du nach oben gehen, also ist es nicht das Ende des Gangs, sondern der Anfang. Gleich die erste Tür rechts ist ein Gästezimmer, ich schätze, er hat mit meinem Vater ausgemacht, dass er dort übernachten kann...“
 

“Du lässt mich gehen?“ fragte sie fassungslos. “Du lässt mich einfach so gehen, nach alldem, was du über mich weißt?“
 

“Warum nicht?“ fragte er zurück. “Soll ich dich lieber meinem Meister überlassen, damit auch ja alle anderen erfahren, was ich jetzt weiß? Oder liegt mir vielleicht so viel an Pettigrew, dass ich ihn unbedingt retten muss?“
 

“Sirius hatte Recht, mit dem, was er über dich gesagt hat.“ Nachdenklich blickte sie ihn an. “Aber du erinnerst dich, was ich dir über Abgründe erzählt habe? Du kannst mir vielleicht Veritaserum verabreichen und mir all meine Geheimnisse entreißen, aber du kannst nicht verhindern, dass ich dadurch auch etwas über deine erfahre...“
 

Draco zuckte mit den Achseln. “Du wirst sie niemandem mehr verraten können.“
 

“Nein, wohl kaum!“ Gleichmütig wandte sie sich ab und ging auf den Westflügel zu.
 

“Warte, da wäre noch was...“
 

“Was?“ Sie fuhr herum und spürte einen Hauch von Angst. Wollte er sie doch hier festhalten? Trieb er nur ein grausames Spiel mit ihr?
 

“Ich hab’ gesagt, ich lass’ dich gehen!“ Mit langsamen Schritten kam er auf sie zu. “Ich hab’ nicht gesagt, dass ich es umsonst tue.“
 

“Was willst du?“ fragte sie müde.
 

“Das Rezept für die Kristallisierung des Veritaserums.“ Mit einem Wink seines Zauberstabs ließ er ein Blatt Pergament und Schreibzeug erscheinen.
 

Sie stieß einen Seufzer aus und kritzelte hastig die Anleitung darauf. “War’s das? Oder willst du das andere Rezept auch noch?“
 

“Was sollte ich damit?“ Kalt lachte er auf. “Selbst wenn ich in deiner Situation wäre, würd’ ich mir doch niemals einen so hirnrissigen Plan einfallen lassen!“
 

“Draco,“ sagte sie ernst, “ich hoffe für dich, dass du niemals in meine Situation kommen wirst. Nein, ich hoffe es nicht für dich, sondern für die Welt, die du in den Abgrund stürzen würdest. Meine Rache ist vollendet, sobald ich den Mörder meines Liebsten zur Strecke gebracht habe. Aber deine würde nicht Halt machen, ehe du nicht diese ganze Welt in Schutt und Asche gebrannt hättest.“
 

* * *
 

Die sechs Zeiger der großen Unruhe drehten sich weiter und einer von ihnen wies auf die Ratte.
 

Er hatte ein wenig geschlafen, aber es war kein angenehmer Schlaf gewesen. Unruhig, durchsetzt von Träumen um Abgründe und kreisende Pendel. Normalerweise verwandelte er sich, bevor er schlief, das machte die Träume weniger komplex, aber er befürchtete, sie würde hereinkommen, und ihn in seiner wahren Gestalt sehen.
 

Und das durfte sie nicht. Sie durfte ihn niemals so sehen...
 

Schritte auf dem Gang...sachte Schritte...
 

Peter Pettigrew fuhr hoch und blickte sich hastig um. Das Zimmer war dunkel, bis auf den Schein einer Kerze, die sich neben dem Bett auf einem Tischchen befand. Hastig stand er auf, strich seine verknitterten Roben glatt. “Lumos!“ befahl er seinem Zauberstab und ein weiterer Schein erhellte den Raum.
 

Die Türe öffnete sich, und er sah ihre Gestalt im Türrahmen stehen wie einen Engel, der sich strahlend gegen das Dunkel des Nachthimmels erhob.
 

Der Schein seines Zauberstabs brachte ihre schwarzen Mandelaugen zum Leuchten, als sie ohne jedes Wort auf ihn zu, ins Zimmer trat. Als sie sich umwandte, um die Türe zu verschließen, konnte er die sanfte Neigung ihres Halses erkennen, die glänzende Pracht ihres Haares. Diese Frau konnte einfach nicht von dieser Welt sein.
 

Der zarte Stoff ihres Kleides wehte um sie herum, als sie sich wie eine Tänzerin auf dem Absatz drehte und leichtfüßig auf ihn zuschritt, bis sie direkt vor ihm stand. Sie hob ihre weißen Arme und zog die Stäbchen aus ihrem Haar. Als dunkle Wolke fiel es herunter, legte sich schwarzschillernd um ihren und seinen Körper, hüllte sie beide wie ein sanfter Umhang ein.
 

Ihr Kuss war der Kuss des Lebens, noch nie hatte er sich so lebendig gefühlt, aber dann, er war nie auf diese Weise geküsst worden. Es gab die liebevollen Küsse seiner Mutter, die freundschaftlichen Küsse von Lily, aber dies war etwas vollkommen anderes. Gebannt erwiderte er die Berührungen ihres Mundes, ihrer Lippen, ihrer Hände, ließ sich einfach in ihre Zärtlichkeiten fallen, um darin zu vergehen. Es war anders, ganz anders, als in seinen Träumen.
 

Der sanfte Druck ihres Körpers verschwand, um einen Augenblick später wiederzukehren, jetzt war sie es, die sich fallen ließ, in seinen Liebkosungen versank. Er trank das süße Leben aus ihrem Leib, trank und trank, bis es ihn voll und ganz erfüllte, ein himmlischer Nektar, der sich mit seinem Blut vermengte, und seine Kreise durch seinen ganzen Körper zog....
 

Die erste Welle der Übelkeit ergriff ihn so überraschend, dass er nicht wusste wie ihm geschah. Es war, als habe er zuviel Wein genossen, der Raum drehte sich um ihn herum, wie ein Kreisel. Er stand auf, versuchte einen Schritt zu gehen, doch seine Beine gehorchten ihm nicht, seine Knie waren wie Watte.
 

Er griff nach ihr. Sie lachte, ein grausames glockenhelles Lachen und stieß ihn mit der Handfläche zurück, er stolperte, taumelte, hielt sich schwankend am Bett fest. Ihre Augen blickten ihn an, es waren keine verführerischen Mädchenaugen mehr, sondern die gewaltigen gnadenlos schillernden Insektenaugen eines Schmetterlings...
 

Es war ganz genau so, wie in seinen Träumen...
 

Sie hob die Hand, um ihm ins Gesicht zu schlagen, aber das war keine Hand mehr, es war eine Insektenkralle und sie hinterließ einen tiefen blutigen Kratzer auf seiner Wange. “Du hast nicht das Leben getrunken,“ sagte sie, ihre Stimme klang hart und klar wie ein Diamant. “Du hast den Tod getrunken und jetzt gibt es kein Entrinnen mehr...“
 

“Gift,“ hauchte er fassungslos und seine Augen weiteten sich vor Angst. “Aber wie...“ Er dachte an die strengen Sicherheitsvorkehrungen, Marguerite Lestrange hatte nicht einmal ihren Giftring einschmuggeln können und daran, dass sie ihm nichts zu essen, oder trinken gegeben hatte, worin sie das Gift hätte verbergen können. Es gab keine Erklärung dafür.
 

“Ich trage mein Gift nicht in Ringen oder Flaschen bei mir!“ Ihre Schultern dehnten sich, rissen auf und schillernde Flügel entfalteten sich um ihren weißen Leib. “Ich selbst bin das Gift. Seit Wochen und Monaten fülle ich es in meinen Körper, Tropfen für Tropfen, Fläschchen für Fläschchen. Es hat mich zu dem gemacht, was ich bin. Es macht mich schön, begehrenswert, schlägt alle in meinen Bann bis auf diejenigen, die von ganzem Herzen lieben. Hättest du geliebt, hätte ich dich nicht damit einfangen können. In diesem Fall hätte ich dich wohl verschonen müssen, damit ich nicht einem anderen Menschen das antue, was du mir angetan hast.“
 

“Was habe ich dir angetan?“ wimmerte er. Die zweite Welle der Übelkeit riss ihn zu Boden, er krümmte sich vor Schmerzen, spuckte Blut auf den Teppich.
 

“Von all den Menschen, die du verraten und getötet hast, von all den Schandtaten, die du begangen hast, ist es ausgerechnet diejenige, wo du am wenigsten erwartet hättest, eines Tages dafür büßen zu müssen.“ Sie stand vor ihm, ein grässliches Insekt, selbst ihre Stimme hatte alles von ihrer Menschlichkeit verloren. “Vor dreieinhalb Jahren hast du im Auftrag deines Meisters einen Jungen ermordet, der nur das Pech hatte, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Du wirst dich nicht einmal mehr an seinen Namen erinnern, doch für mich war er kostbarer, als das Leben selbst...“
 

“Lass mich nicht sterben!“ flehte Pettigrew und kroch ihr zu Füßen, “bitte, lass mich nicht sterben. Es tut mir leid. Ich wollte das nicht. Bitte gib’ mir das Gegengift!“
 

“Welches Gegengift, mein lieber Peter,“ kicherte sie mit einem schmatzenden Geräusch, und ein langer Saugrüssel neigte sich über ihn. “Sicher, mit viel Zeit könnte man eines entwickeln, aber das ist ein Luxus, den wir hier nicht haben. Deine Zeit ist abgelaufen!“
 

Er schrie, weinte, flehte, krabbelte hilflos am Boden herum. Er warf sich gegen die verschlossene Tür. Er nahm seine Rattengestalt an, rannte quiekend im Zimmer umher und suchte nach einem Ausweg, den es nicht gab.
 

Während all dieser Zeit beobachtete sie ihn. Gelangweilt. Falls ein Schmetterling gelangweilt aussehen konnte...
 

Als er sich ihr zuwandte, hielt er seinen Zauberstab in der Hand. “Du Monster!“ zischte er, “du widerwärtiges Monster! Gib’ mir das Gegengift! Gib’ mir sofort das Gegengift, oder ich werde...“
 

“Was?“ fragte sie zurück. Seine Sicht wurde wieder klarer und sie war kein Insekt mehr, sie war nur mehr wieder eine Frau, die am Fenster stand, ein teuflischer Engel, der sich strahlend gegen den dunklen Nachthimmel erhob.
 

“Avada Kedavra!“ krächzte er und der giftgrüne Strahl traf sie mitten in die Brust, stieß sie durch die Scheibe zurück, welche klirrend zerbrach, schleuderte sie hinaus in die Nacht.
 

Die dritte Welle der Übelkeit kam über ihn und ließ alles in Dunkelheit versinken.
 

* * *
 

Schmetterlinge...
 

...........................fliegende Blüten....
 

....................................................zart und zerbrechlich
 

Sie sind Monster und sie sind Träume. Sie sind flüchtig und hauchzart, schillernd und metallisch kalt. Sie vergehen mit dem Sommer.
 

Mein Sommer geht zu Ende, versinkt in einem Licht aus Grün und ich kann dir jetzt nicht mehr sagen, dass ich mich geirrt habe. Liebe ist für die Ewigkeit. War ich auch lange im Zweifel gefangen, jetzt glaube ich fest daran. Ich hatte meine Hoffnung verloren und ich hab’ sie wieder gefunden.
 

Die Welt ist in Dunkelheit versunken, aber alles, was jetzt noch dunkel ist, wird eines Tages wieder hell und strahlend und schön sein, du wirst sehen.
 

Hast du jemals geliebt? Deine Augen haben es mir nicht verraten, sie waren so kalt wie die Augen eines Schmetterlings. Doch Augen können täuschen, ebenso wie Worte. Du kannst mir vielleicht Veritaserum verabreichen und mir all meine Geheimnisse entreißen, aber du kannst nicht verhindern, dass ich dadurch auch etwas über deine erfahre.
 

Mein Gift hat dich nicht in seinen Bann geschlagen. Du bist einem Menschen begegnet, der soviel Licht und Wärme besaß, dass alles in dir hell und strahlend wurde. Jemandem, der deine ganze Welt einfach auf den Kopf gestellt hat.
 

Vielleicht ist die Erinnerung weit weg und es scheint dir, als wären Jahrhunderte vergangen und nicht ein paar wenige Jahre. Aber vieles von dem, was uns nur wie ein Augenblick erscheint, ein winziger Tropfen im Strom der Zeit...
 

...ist für die Ewigkeit...
 

Denn die Sonne erwacht jeden Morgen aufs Neue und bringt den Nachtfrost zum Schmelzen.
 

* * *
 

Der verbotene Wald war von schillerndem Raureif überzogen und ein fahler Wintermond erhellte die düsteren Wolken. Keine einzige Schneeflocke war über die Weihnachtsfeiertage gefallen, nur nasser und eisiger Hagel.
 

Die Schritte von Harry, Ron und Hermione knirschten auf dem gefrorenen Boden, als die drei sich dem Waldrand näherten. Hagrid war seit einem Tag verschwunden, und noch nicht wieder zurückgekehrt, doch er hatte ihnen eine Nachricht hinterlassen, in welcher er sie bat, sich um Fang zu kümmern und die restlichen Kristallscheiben mit den Weihnachtsgrüßen abzuholen.
 

“Percy hat gemeint, es geht allen gut!“ Ron vermied es, Hermione anzusehen, denn ihre Hand hatte sich klammheimlich in die seine geschmuggelt und er war knallrot im Gesicht. “Trotzdem, es wär‘ schön gewesen, wenn ich auch von Mom, oder Dad eine Nachricht bekommen hätte.“
 

“Sie konnten es wohl einfach nicht riskieren,“ überlegte sie und drückte tröstend seine Hand. “Aber du weißt zumindest, dass sie frei und am Leben sind.“
 

Harry hatte sich bisher nicht am Gespräch beteiligt, er ging schweigend und in Gedanken versunken neben Hermione her. Sie fragte sich, worüber er wohl diesmal nachgrübelte und ob es einen Sinn hatte, ihn darauf anzusprechen.
 

Und dann blieb er plötzlich wie angewurzelt stehen. Seine beiden Freunde wandten sich zu ihm um, doch sein Blick blieb starr und reglos nach vorn gerichtet. Ein Zittern lief durch seinen Körper, schüttelte ihn wie ein Fieber und er musste sich für einen Moment auf Hermione’s Arm lehnen, um nicht vollends zusammenzubrechen.
 

Eine schlanke Gestalt trat aus dem Schatten der Bäume, der kühle Nachtwind bauschte seinen Umhang und das Sternenlicht fing sich funkelnd in seinem silbrigen Haar.
 

Ron’s Hand schoss in die Tasche seiner Robe, um den Zauberstab zu ziehen, doch Hermione hielt seinen Arm fest und schüttelte stumm den Kopf. Sie selbst blieb jedoch aufs Äußerste angespannt und umklammerte ihren eigenen Stab im Innenfutter ihrer Tasche.
 

Ungläubig flog Ron’s Blick zu Harry, der Hermiones Arm losgelassen hatte, und nun auf den Neuankömmling zuging, bis die beiden Jungen schließlich direkt voreinander standen. Für eine lange Weile standen sie einfach nur da und blickten einander in die Augen, funkelndes Grün versank in eisigem Grau.
 

Dann, nach einer Ewigkeit hob Draco Malfoy eine zitternde Hand an Harry Potter’s Gesicht. Sanft strichen seine Fingerspitzen über dessen Wange, als sich die schmalen blassen Finger um Harry’s Brille schlossen, und sie ihm abnahmen.
 

“Komm, Ron!“ Hermione rollte die Augen und wandte sich genervt ab. “Du siehst doch, dass wir hier vollkommen überflüssig sind!“
 

Tsuzuku...
 

*
 

The sun is sleeping quietly

Once upon a century

Wistful oceans calm and red

Ardent caresses laid to rest
 

For my dreams I hold my life

For wishes I behold my nights

The truth at the end of time

Losing faith makes a crime
 

I wish for this night-time to last for a lifetime

The darkness around me - shores of a solar sea

Oh how I wish to go down with the sun

Sleeping

Weeping

With you
 


 

*
 

extra Extra EXTRA!!!
 

und der silberblonde eisgrauäugige slytherin riss den schwarzhaarigen funkelndgrünäugigen gryffindor in seine wunderbar starken und trotzdem zärtlichen arme und drückte seine weichen kühlen mondblassen lippen in einem wilden leidenschaftlichen kuss auf dessen...
 

und im hintergrund ritt tarja auf nem einhorn vorbei
 

tarab tarab
 

fred?
 

ja, george?
 

warum heißt diese geschichte amicus draconis?
 

weiß ich doch ned, vielleicht weil der hauptchara mit nem drachen rumpoppt
 

und der trottel von yama nach ganzen zweieinhalb jahren endlich so nett ist, das unsere armen hörer wissen zu lassen
 

böser yama!
 

tja, hiermit verabschieden wir uns von allen hörern/zuschauern/lesern, die ned weiterlesen, weil sie das pairing ned verkraften.
 

ihr werdet nie erfahren, ob sirius noch gerettet wird, oder wer nun neuer grand dragon wird,
 

oder ob die phoenix order ihre ringe noch zusammenkriegt,
 

pech gehabt *zunge rausstreck*
 

und hiermit begrüßen wir alle neuen hörer/zuschauer/leser, die jetzt erst anfangen zu lesen, weil die freundin gesagt hat, ui, das is ja dein lieblingspairing
 

ihr dürft euch jetzt erstmal durch 600 harry/dracolose seiten quälen
 

eins zwei drei ohhhhhhh
 

und wir grüßen ganz ganz herzlich all die superschlauen leute unter euch, die‘s eh schon wussten...
 

ned weil sie den yama kennen und wissen, dass der eh nie was anderes schreiben würde, das gildet nicht
 

sondern weil sie genau gelesen haben,
 

so wie die vanillia, die uns einen dreiseiten leserbrief geschrieben und fast alle hinweise gefunden hat!
 

und der berufrodo, bei dem der yamalego so gern auf dem stuhl stuhlt!
 

und die liz, die noch bis pitel 11 auf die cho-ablenkung reingefallen ist *eg*
 

und die anna moonlight, die meint dass es schon viel zu viel h/d gibt
 

ja aber liebe anna, vor zweieinhalb jahren gabs noch fast gar keine
 

und noch viele, viele andere leute, denen der yama hoffentlich bald auf die reviews antworten wird
 

*yama an pc fessel*
 

so dann blendet der george jetzt noch mal drei i-net adressen ein, die ihr euch anguggen könnt:
 

www.amicus-draconis.net – das wird die ad homepage, ist zwar noch ned viel drauf, kommt aber noch
 

www.ebilein.at.tf – das ist die hp von ebilein, der tolle bilder zu ad malt. anguggen! gästebuch schreiben!
 

www.slayerfanfic.de – da gibt‘s ne 8. buffy staffel für buffy fans, wo der yama auch mitschreiben tut
 

war’s das?
 

yep, das war’s!
 

einen schlafenden drachen soll man nicht poppen...uh...kitzeln
 

halt halt halt halt da kommt noch ne folge!
 

da kommt noch eine? *grummel* no ned bald schluss?
 

yep, die wichtigste...also schnallt euch an für’s finale, leute!
 

ihr habt noch nix gesehen,
 

ihr habt noch nix gelesen,
 

ihr steht erst am anfang der reise...
 

In der letzten Folge geht das alte Jahr zu Ende, ebenso wie der erste Zyklus. Und es ist kein friedliches Ende, das New Hogwarts erwartet. Die große Entscheidungsschlacht gegen die Blood Legion wird nicht spurlos an unseren Helden vorübergehen.
 

Kann Sirius noch gerettet werden, oder kommt jede Hilfe zu spät? Wie entwickeln sich die Dinge im Dunklen Rat, jetzt wo es einen freien Posten gibt? Wird das Gleichgewicht der Mächte sich verschieben, und wenn ja, für wen?
 

Und welche Rolle spielt Draco? Ist er wirklich zum Verräter aus Liebe geworden, oder steckt stattdessen ein hinterhältiger Racheplan an Harry dahinter? Oder geht es gar nicht um Gefühle, sondern um ein eiskaltes Machtspiel, das die Blood Legion schwächen und die Ghost Riders nach vorn katapultieren soll?
 

Stay tuned for the final episode:
 


 

*
 

Coming August 2004:
 

Amicus Draconis - 1st Cycle: Cycle of the Badger - Part 13: Upon the 13th Hour
 

*
 


 

Draco Dormiens Nunquam Titillandus



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Kommentare zu diesem Kapitel (27)
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Von:  Enyxis
2010-07-20T21:59:21+00:00 20.07.2010 23:59
omg.....so viele lange kommis OO
Also ich muss sagen des Kapi war wirklich lang aber mehr als hammer mega verdammt gut ^^
des alles so verwirrend Oo hast das alles sehr fantastisch ineinander ver...äähh hädert? Naja, jedenfalls würd ik ma sagen:
des die neue version von HP, düstere, dunkler, tiefgründiger =D
eben einfach GENIAL!
Von:  l-Lyla-l
2006-11-26T19:55:58+00:00 26.11.2006 20:55
Das Kapitel ist einfach bittertraurig.
Du hast die Atmosphäre sehr gut rübergebracht.
Man versinkt förmlich in ihr.
Die Sache mit Draco und Harry... irgendwie hat man es geahnt |D'
Frag mich, wie es weitergeht~
*eigentlich lernen müsste, aber weiterlesen werd*
*hüstel*
Von: abgemeldet
2005-08-25T20:58:51+00:00 25.08.2005 22:58
Tja, lang ist mein letzte kommi her, aber mein pc... *tret*
jedenfalls hab ich mir die gesamte Story nochmal durchgelesen und *taadaa* da bin ich wieder...
aber jetzt zu diesem kapitel.
ich muss sagen, anfangs dachte ich: was ist das denn? ich hab eine weile gebraucht, um zu kapiern, dass das nicht einfach eine erinnerung oder so von cho war. dann hats mir aber auch total gut gefallen, obwohl ich jetzt auch sagen muss, dass mich stellenweise eine gewisse langeweile überkommen hat. da dachte ich dann: mann, warum zieht sich das jetzt wieder so lang hin? trotzdem ein fettes daumen hoch!! über cho erfährt man in den büchern gar nicht soviel und deine erzählung der geschichte mit cedric ist richtig süß ^__^
greetz
dat mZ
aka
melL
Von: abgemeldet
2004-12-14T21:03:21+00:00 14.12.2004 22:03
Was ist mit Kapitel 13 passiert?
Ich war schon überglücklich als ich gesehen habe, dass es weiter geht, und jetzt...T-T
Von: abgemeldet
2004-11-26T13:58:01+00:00 26.11.2004 14:58
Öhm, was ist passiert? Du hast das letzte Kapi gelöscht? Heißt das du gibst auf? Oder überarbeitest du es nochmal?
Och bitte mach weiter!!! Oder führ die Story wenigstens in Stichpunkten zuende, damit wir wissen wohin du mit der ganzen Sache wolltest....bitte bitte bitte *große unwiderstehliche Katzenaugen mach*
Von: abgemeldet
2004-10-14T22:26:57+00:00 15.10.2004 00:26
Also ich muss den anderen recht geben; dein schreibstil ist echt einzigartig !
Ich finde es nur sehr schade das Chos Aktionen gar nichts gebracht haben sollen, nicht mal einen Ring hat sie erbeutet ???! Oder hab ich was übersehen ??! O.o
Na ja, von den Charakteren hat sie mir bis jetzt am besten gefallen, vielleicht, weil du ihre Gedanken und ihre Geschichte mit soviel Emotionalität geschrieben hast !!
-Hut ab !

~*Wissen ist Macht, aber nichts wissen macht auch nichts*~
Von:  Captn
2004-10-06T17:47:08+00:00 06.10.2004 19:47
Grandios!!!!!

Das ist ganz ehrlich einer der besten HPff, die ich je gelesen habe!
Bleibt nur noch die Frage:

Was ist damels geschehen???
Was hatte Harry so schlimmes angestellt???
Wird Neville seine erinnerungen zurück bekommen???
Auf welcher Seite steht Draco wirklich???
Wird der Phönixorder seinen Plan durchführen können und werden Harry und die tapferen Rebellen von New Hoghwarts dabei helfen???
Und ganz besonder:
Wann kommt endlich Kap. 13??????????? T_T
Ich weiß, dass sonne Geschichte zu schreiben lange dauert, aber ich STERBE, wenn du nicht weiterschreibst!!!
Und dann komm ich und such dich als Geist heim, jawohl!!

*schmarch*
aber trotzdem...
...beide Daumen für AD hoch!
Von: abgemeldet
2004-10-01T07:20:41+00:00 01.10.2004 09:20
was hat mich nur geritten? was hab ich mir nur dabei gedacht? -.- okay deine story am stück lesen ist eine sache, aber sich dann auch noch anmaßen hier nen komment schreiben zu wollen? ich glaub ich eins an der klatsche XD

aber weil wir grad dabei sind: die nicht ganz 600 seiten [ich hatte bestimmt ne andere schrift und schriftgröße als du] war echt ne heidenarbeit. ich hab knapp 36 stunden gesessen dran. *ächz* *stöhn* *seufz* und ich jetzt werd ich von SD snapes, SD Harrys und SD Voldemorts in meinen träumen verfolgt. da kann man ja angst kriegen *heul*

aber okay, ich muss trotzdem sagen, dass es sich gelohnt hat. ^^ du hast einen phänomenalen schreibstil und das treff ich nciht bei jedem an. aber ich muss sagen, dass es manchen stellen recht langweilig war, dass ich lust bekommen hab auszuschalten und deine FF verrotten zu lassen, aber wenn ich kurz davor war, konnte ich es dann doch nciht, weil irgendein ein kleines nerviges etwas in meinem unterbewusstsein gesagt hat, dass ich gefälligst weiter lesen soll, dass ich auch weiß wie die ganzen intrigen entsponnen werden.

und weil wir grad beim thema sind...die intirgen!!!!! mann ich hab noch nie ne undurchsichtige story gelesen wie deine. die ganzen verhältnisse, personen und sonstige intrigen. mir schwirrt jetzt noch der kopf XD an alle die das am anfang schon ein wenig durchschauen können, vor dennen zieh ich echt den hut, obwohl ich sagen muss, dass zum beispiel das pairing in den letzten kapiteln doch offensichtlich wurde. aber ich hatte schon ab den frühen kapiteln so ne kleine ahnung. ich kenn deine andern FFs ja nicht und kann somit nicht beurteilen, was du immer für ein pairing hast, aber ich hatte am anfang schon so ne kleine ahnung, oder besser gesagt den starken wunsch. den mehr war es wahrscheinlich gar nicht *drop* aber was solls.

was mir noch so gut gefallen hat, waren die kommentare von fred und george, die du am anfang, in der mitte und am ende laufen hattest. die waren ja einfach nur mega gut. ich hab immer nen gesichtskrampf vom vielen grinsen gekriegt. was mir weniger gefallen hat war die musicalfolge, okay, aber darüber lässt sich streiten. ich bin kein fan von songfics und ich fand es in dem moent ein bisschen unsinnig, aber das ist deine FF und wenn es dir gefällt misch ich mich da nicht ein. ich bin schließlich nur ein blöder leser, der sich von deiner genialität weidet. aber pass auf, dass du nicht in meiner schleimspur ausrutschst, wir wollen doch nciht, dass dir etwas passiert. *lol*""

was ich aber noch gerne wissen möchte und ich hoffe das wird im nächsten chapter geklärt wird, ist der schakalring. am anfang hab ich gedacht, harry ist der erbe von den lestranges und seine briefe sind wie vorraussagungen. das hört sich unsinnig an, ich weiß, aber ich hatte nun mal die blde idee. aber jetzt, da wir wissen, dass draco und harry ein paar sind, käm noch ne andere möglichkeit auf, dass das eigentlich dracos ring ist und er diesen harry geschenkt hat, damit sie weiterhin in kontakt bleiben können. hört sich meiner meinung noch bescheuerter an. -.- aber das wurmt mich jetzt. was ist denn nun mit dem ring, der sich durch die gesamte FF zieht, wie ein roter faden. denn er ist ja nun dazu da, den erben der lestranges zu benennen, deswegen möchte ich nun gerne wissen, wer der rechtmäßige besitzer von dem teil ist. klär das bitte auf oder willst du mich dumm sterben lassen [okay, das tu ich auch so].

und mit deinem nächsten chapter solltest du dich mal beeilen. du bist zwei monate im verzug, nur mal so. du sagtest 'coming august 2004'. *an yamas kopf anklopf* halloho! wir haben oktober. nun wär mal langsam zeit, dass wir was neues zu lesen haben, meinst du nciht auch? oder ich nenn dich ab jetzt den foltermeister -.- denn uns so zu quälen, da du uns das neue chapter vorenthältst, kann man wirklich folter nennen.

so jetzt hab ich genug blödsinn verzapft. ich wollte eigentlich mehr über die FF schreiben O_o hat aber nciht geklappt. ich hab grad ne blockade und mir fällt nix mehr ein, was ich dir hätte sagen können. naja, wenns mir wieder einfällt, dann schreib ich es dir beim nächsten mal. *wink*
Von:  Malin-Saturn
2004-09-02T18:29:24+00:00 02.09.2004 20:29
Also, nicht zu fassen, aber ich habe es geschafft deine FF durchzulesen.
600! Seiten.
Jetzt kann ich keinen Computerbildschirm mehr sehen.
Aber ich will mich ja gar nicht beschweren.
Ich denke nicht, das allzu viele Leser aufhören, nur weil jetzt das Hauptpairing zu Tage geraten ist, denn im Grunde kommt es doch gar nicht drauf an, wer mit wem, unerheblich ist es natürlich nicht, zugebene, dennoch ist der Schreibstil entscheiden und ob es glaubhaft rüber kommt. Dann kann man fast alles schreiben und die Leser werden begeistert sein.
Zum Beispiel kann ich mit dem Pairing an und für sich und grundsätzlich nichts anfangen, was mich jedoch nicht davon abhalten lässt den Rest zu lesen.
Ich bin von der Geschichte begeistert.
Wo soll ich anfangen...
Da wäre, das immer wieder kehrende Lied am Anfang jedes Kapitels.
Die Kommentare von Fred und George, natürlich.
Dann die Art wie du die Situation beschreibst.
Ins besondere in Kap 9 (ich hoffe das war jetzt das richtig, wie gesagt, ich habe es in einem Stück durchgelesen und kann mich jetzt nur noch mühsam auf den Bildschirm konzentrieren) Ich rede von der goldenen Note.
Ich habe es genau vor meine Augen wie ein Film ablaufen sehen.
Bis jetzt habe ich nie viel von Song-FF gehalten.
Wie gesagt, bis jetzt.
Leider kenne ich keines der Lieder im Original, aber das macht gar nichts.
Dann was ich sehr schön fand, aber das kann auch sentimentale Erinnerung sein, das Lied Bella qui..., oder überhaupt die Einfechtungen von Liedern.
(Anastasia lässt grüßen und damit meine ich den Trickfilm)
Habe ich mich also doch nicht verguckt.
Dann, dass kap 12 in der ich-Form geschrieben ist.
Ich finde es sehr schwer, sich dann nicht dauernd zu wiederholen, das es eintönig klingt.
Das ist bei dir gar nicht.
Deshalb habe ich auch nur angefangen (von vorne), denn ich las nur Kap 12 und war verwirrt. Ist halt dumm, wenn man immer zuerst das Ende (oder vorläufige Ende) liest.
Mit deiner Gesichte hast du ja fast eine eigene Welt erschaffen.
Wie lange hast du die FF geplant? Das würde mich dann doch interessieren. Erstaunlich nach (ich sage es noch ein mal voller Erfurcht) 600! Seiten den Überblick und vor allem das Ende zu wissen, macht mich sprachlos, vor allem, da es zwar anstrengend ist soviel zu lesen, sich aber eigentlich wie nichts weg liest.
Womit ich zum Stil komme.
Einfach klasse. Anders kann ich es nicht sagen.
Es liest sich wie ein Roman, den man im Buchladen kauft, oder vielleicht auch besser, als manch einer und ich habe viele Bücher gelesen.

Wenn ich jetzt noch mal über meine Kommi fliege... du meine Güte. Das tropf gerade zu, das war nicht meine Absicht, aber noch schwimme ich in der Welle, der Begeisterung, sozusagen, der Nachhall der Story.
Aber so ein Kommentar was liest sich gut, nicht? *grins*
Ich bin gespannt, wie es endet.
Obgleich ich nicht glaube, das Draco Harry nur ausnutzt.
Oder ich hoffe es nicht. Was mich nur wundert... Hermione sagte irgendwann, ich weiß leider nicht mehr wo, irgendwo zwischen kap 6 und 12 (das war mein heutiges Pensum) sie und Harry unterhalten sich jetzt über ihre Ex-Lover, die zu Death Eatern wurden.
Herm meint Krum (?) und Harry???
Hab ich da was überlesen?
Dann zum Schluss. Deine FF ist mir vom Titel schon lange bekannt gewesen und ich habe mich schon vorher gewundert, das es Amicus draconis heißt und von Harry und Freunde handelt, nur wäre ich nicht darauf gekommen, das es auf das Harry X Draco hinausläuft, bis mich meine Schwester anrief und fragte. "Weißt du wer der geheime Briefschreiber ist?"
Da war es dann klar und wie gesagt da fing ich an zu lesen.
Wenn man es weiß, findet man auch die Hinweise.
Ich bin mir nur nicht sicher, ob ich über dieses vorherige Wissen froh sein soll, oder nicht.
Wahrscheinlich hat es mir eine Menge Spannung weggenommen, andererseits... zweieinhalb Jahre?
Schreibst du wirklich schon so lange daran?
Da sind man mal wieder, FF-Autoren können so fies sein.
Dir ist schon klar, was du deine Lesern damit antust?
Grausame Qualen und Fluchen, wenn das Kap mal wider zu Ende ist.
Eine Frage hätte ich noch.
Der Ring, den Harry hat, ist doch von Draco, nur, wenn er nicht der Erbe der Lestrange ist, Duane sollte es doch wissen, also ich meine offiziell, wieso hat er dann den Ring?
Soviel zum knappen Kommentar. Ich sage mal so
Super Story, aber das weißt du sicher, dann anders...
Fantastische FF.
Sc
Von:  moonspell
2004-08-12T19:56:02+00:00 12.08.2004 21:56
Habe gerade das Kapitel zu Ende gelesen.
Wenn du dieses Stück Literatur irgendwann veröffentlichst, signiere mir bitte eine Ausgabe.
Meine Erwartungen in die Qualität, sowohl der Form als den Inhalt übertriffst du mit jederneuen Seite wieder, das hört sich vielleicht jetzt wie ein billiges Loblied an, aber ich muss unterstreichen, dass ich viel lese und deine literarischen Fähigkeiten mit Sicherheit die von mehr als nur einigen Autoren deren Bücher ich gelesen habe übertreffen. Ganz davon abgesehen, dass neben der Form auch der von mir gerühmte Inhalt bei deiner Geschichte mehr als nur stimmig ist.
Es gelingt dir immer wieder den Leser in den Bann deiner Charaktere zu ziehen, ihre emotionen nah und real erscheinen zu lassen und so ein Band zwischen Handelnden und Leser zu knüpfen.
Du siehst, ich finde keine passenden Worte und werde deshalb besser beenden, was ich einige Zeilen vorher begonnen habe, hoffe aber, du erkennst meine Wertschätzung.


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