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Herzschmerz

von

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Kapitel 1

Tränen überströmt blickte Miku auf seinen Arm und legte die Rasierklinge, die er fest umklammert in der Hand hielt, ein Stückchen unterhalb des Ellbogens auf den Arm. Das kalte Metall jagte ihm einen Schauer über den Rücken.

Oder war es etwas anderes?

Miku wusste es nicht. Und es war ihm auch egal. Ihm war in letzter Zeit alles egal.

Er schluchzte. Der Schmerz in seinem Herzen war unerträglich. Er drückte die Klinge auf die Haut und zog sie einige Zentimeter weit. Aus der länglichen Wunde floss Blut. Miku lehnte sich zurück und schloss die Augen. Der pochende Schmerz in seinem Arm beruhigte ihn, denn endlich spürte er nicht mehr den Schmerz in seinem Inneren. Es war zwar immer nur von kurzer Dauer, doch für Miku war dies die Zeit des Tages, wo er am glücklichsten war. Für ein paar Minuten konnte er sich von den quälenden Gedanken befreien, die sich nur um einen drehten.

Um Bou.

Miku hatte sich vor einigen Monaten unsterblich in Bou verliebt. Er wusste selbst nicht, wie das geschehen war, doch es war passiert und zunächst war dieses Gefühl in seinem Herzen schön gewesen. Sehr schön sogar.

Er hatte es geliebt, wenn Bou ihn angelächelt oder mit ihm geredet hatte.

Er war immer als Erster da gewesen, wenn sie Bandproben hatten, da er es nicht mehr erwartet hatte, ihn zu sehen.

Doch seitdem er zusammen mit Kanon, Teruki und Bou in ein Apartment gezogen war, sah er ihn nun ständig und er konnte seine Nähe nicht mehr ertragen.

Er traute sich jedoch nicht, ihm seine Liebe zu gestehen, da er befürchtete, dass Bou seine Gefühle nicht erwidern würde und ein Abweisen seiner Gefühle konnte er nicht ertragen.

Doch als der Schmerz in seinem Herzen durch die ganzen Schwierigkeiten und Probleme, die er hatte, vor einigen Wochen so groß geworden war, dass er es nicht mehr ausgehalten hatte, hatte er ohne viel Nachdenken nach etwas Scharfem gegriffen und sich selbst verletzt. Eine innere Ruhe hatte ihn damals erfasst und der Schmerz war verschwunden gewesen. Seitdem hatte er es jeden Tag getan, wenn er alleine in seinem Zimmer hockte.

„Miku?“, ertönte plötzlich Kanons Stimme. Miku stöhnte auf. Ausgerechnet jetzt!

„Ich komme!“, rief er als Antwort.

Miku blickte auf die Wunde, die aufgehört hatte zu bluten.

Er stand auf. Er fühlte sich leer. Das Einzige, was ihn daran erinnerte, dass er noch lebte, war der pochende Schmerz in seinem Arm. Er ging zu seinem Nachttisch, öffnete die unterste Schublade, legte die Rasierklinge wieder unter die alten Zeitschriften und schloss sie.

Dann nahm er sich eins von den Taschentüchern, die oben drauf lagen und wischte sich das Blut weg. Anschließend zog er den Ärmel von seinem Pullover wieder über den Arm, denn er wollte nicht, dass die anderen sahen, was er sich jeden Tag antat.

Seufzend wischte er sich die Tränen weg und ging zum Spiegel.

„Shit“, murmelte Miku, als er sein Spiegelbild betrachtete. An seinen geröteten Augen war deutlich zu erkennen, dass er geweint hatte.

So kann ich nicht zu den anderen gehen. Schnell schminkte er sich so, dass man es nicht mehr erkennen konnte.

Teruki oder Kanon wollte Miku nicht um Rat fragen, denn sie hatten genug Probleme, und daher setzte er jedes Mal, wenn er zurück zu den anderen ging, die Maske eines glücklichen und lebensfrohen Menschen auf.

Als Miku die Küche betrat, drehte sich Kanon zu ihm um. „Wo warst du denn solange? Du weißt doch, dass wir beide heute mit dem Kochen dran sind.“

Miku nickte lächelnd. „Das weiß ich doch. Aber ich war so in Gedanken, dass ich gar nicht mitbekommen hatte, wie spät es ist. Gomen.“

„Kein Problem. Deckst du den Tisch?“ Miku holte aus dem Schrank Teller heraus und stellte für Teruki, Kanon und für sich selbst hin. Bei Bou gab er sich besonders Mühe, alles liebevoll hinzustellen. Miku seufzte. Das gemeinsame Essen war eine echte Herausforderung für ihn, da er Bou genau gegenüber saß und so tun musste, als ob mit ihm alles in Ordnung wäre. Miku graute es jetzt schon davor, Bous Lachen zu sehen.

„Über was hast du denn nachgedacht?“, fragte Kanon, während er weiter Yakinuki zubereitete.

„Über unsere nächste Single“, sagte Miku nach einer kurzen Pause. „Ich glaube nicht, dass wir den Song in zwei Wochen noch hinkriegen.“

Miku, der mit dem Decken fertig war, lehnte sich an die Wand und sah Kanon gedankenverloren zu.

Kanon seufzte. „Da bist du nicht der Einzige, der so denkt. Seit Wochen basteln wir nun schon daran rum und was haben wir bis jetzt geschafft? So gut wie gar nichts. Selbst dir ist nichts eingefallen, wie man ihn verbessern kann.“

Miku starrte aus dem Fenster. Die Sonne schien. Er wusste genau, wer daran schuld war, dass der neue Song noch nicht fertig war.

Wenn ich nur nicht ständig an Bou denken müsste...bei den Proben konzentriere ich mich nur noch auf sein Gitarrenspiel...kein Wunder, wenn ich dann den Song nicht richtig beurteilen kann... die anderen verlassen sich bestimmt darauf, dass mir noch was einfällt...ich habe ja selbst die katastrophalsten Songs noch perfektionieren können...

„Ist irgendetwas?“, fragte Kanon und sah Miku an.

Miku schüttelte den Kopf. „Alles in Ordnung. Ach, und sag mir doch Bescheid, wenn ich dir irgendwie helfen kann.“

Kanons Blick ruhte für einen Moment auf Miku, doch dann wandte er sich wieder seiner Aufgabe zu.

„Miku, kannst du mir mal bitte ein Handtuch geben?“

„Klar“, antwortete Miku lächelnd und ging zum Schrank. Da die Handtücher ganz oben lagen, musste Miku sich strecken, doch er kam immer noch nicht dran.

„Bist du zu klein?“, fragte Kanon grinsend, der Miku dabei beobachtet hatte.

„Na, zu groß werde ich wohl kaum sein.“

„Versuch mal zu springen“, schlug Kanon vor.

„Hey, wieso probierst du es denn nicht mal?“, fragte Miku lachend.

„Du wolltest mir doch helfen!“, rief Kanon gespielt entrüstet.

Miku seufzte und sprang mit ausgestrecktem Arm. Während dem Sprung rutschte sein linker Ärmel nach unten, sodass ein Teil der Narben frei wurde. Miku erschrak und war so abgelenkt, dass er gerade noch im letzten Moment ein Handtuch zu fassen gekriegt hatte.

Hat Kanon etwas gesehen? Schnell zog er den Ärmel wieder über den Arm und ging zu Kanon, der, wie Miku ängstlich sah, ihn ausdruckslos zu ihm herüberblickte.

„Hier, dein Handtuch“, sagte Miku tonlos und hielt es ihm hin. Kanon rührte sich nicht, sondern starrte Miku weiterhin an.

„Ähm...Kanon?“, fragte Miku zaghaft. Kanon griff nach dem Handtuch, doch er warf es achtlos neben sich auf den Tisch, packte Mikus linken Arm und zog den Ärmel hoch. Kanon blickte auf die blassen Narben und die teilweise noch nicht verheilten Wunden.

Mikus Herz wurde schwer. Er wollte das nicht. Er hätte sich am liebsten von Kanon losgerissen und wäre aus dem Zimmer gerannt, doch der Bassist hielt ihn so fest umklammert, dass sein Arm, wo er hingepackt hatte, schon ganz taub war vor Schmerz.

Seine Augen brannten. Ob vor Schmerz oder sogar vor Scham wusste er nicht.

„Was ist das?“ Kanon sah Miku ins Gesicht.

„Du tust mir weh!“, rief Miku schmerzhaft.

„Das war keine Antwort auf meine Frage, Miku“, sagte Kanon sanft mit ernstem Unterton. „Aber wenn du mir versprichst, nicht davonzulaufen, dann lasse ich dich los.“

Miku funkelte Kanon wütend an. Doch er wusste, dass er sich jetzt schnell was einfallen lassen musste, um Kanon nicht weiter einen Grund zur Beunruhigung zu geben. Er nickte.

Als Kanon ihn losließ, zog Miku schnell dem Ärmel wieder über den Arm.

„Also?“

Miku seufzte und sah Kanon an. „Das sind Narben von der Katze unserer Nachbarn. Sie mochte mich nicht und hat mich andauernd gekratzt, als ich noch klein war.“

Kanon runzelte die Stirn. „Und woher kommen bitte schön die neuen Kratzer?“

Miku überlegte kurz. „Ich habe gestern einen Kellner umgerannt, der ein Tablett mit Gläsern in der Hand hielt.“ Miku rieb sich am Arm die Stelle, wo Kanon zugepackt hatte. Der Bassist schwieg, wandte sich von dem Sänger ab und konzentrierte sich wieder auf das Essen. Miku setzte sich.

Hoffentlich glaubt Kanon mir...Er starrte auf den Teller vor sich.

Nach einer Weile trug Kanon zwei Schüsseln zum Tisch und stellte sie dort ab.

„Miku?“ Miku sah ihn an und erkannte überrascht, dass Kanon ihn besorgt musterte.

„Was ist?“, fragte Miku ihn.

„Tu uns allen – und vor allem dir selbst - den Gefallen und sag mir Bescheid, wenn was ist. Oder Teruki oder Bou. Egel wem, irgendeinem von uns auf alle Fälle, ja?“

Miku blickte an Kanon vorbei ins Leere.

Ihr habt doch schon genug Probleme, Kanon...

Doch er nickte. Kanon lächelte leicht.

Plötzlich ging die Tür auf. Miku und Kanon drehten sich erschrocken um.

„Hey, ihr beiden!“, rief Teruki. „Ach, bist du auch mal wieder unter uns, Miku?“ Er grinste Miku an, doch dieser zuckte nur mit den Schultern. Er hatte nur Augen für Bou.

Obwohl sein Anblick ihm Schmerzen bereitete, konnte er nicht anders. Er war froh, als er sah, dass Bou fröhlich war.

Teruki ging an Kanon vorbei und setzte sich auf seinen Platz, doch Bou blieb einige Meter vor dem Tisch stehen. „Was ist los, Bou?“, fragte Kanon irritiert.

„Miku sitzt auf meinem Platz.“

„Sorry, Bou!“, rief Miku erschrocken, stand hastig auf und eilte zu seinem Platz, wo er sich mit leicht errötetem Kopf niederließ.

„Macht doch nichts.“ Bou setzte sich und sah Miku an. Er grinste.

Miku, dem das nicht entgangen war, starrte ihn fragend an.

„Du bist echt niedlich, Miku!“

Mikus Herz machte einen Hüpfer. Das von Bou zu hören freute ihn sehr, aber es irritierte ihn auch. „W-Wieso?“

„Na, weil du rot angelaufen bist.“

Teruki, Bou und Kanon lachten.

„Was ist daran bitte schön lustig?“, fragte Miku beleidigt. Bou sah ihn tröstend an. „Ach, Miku. Jetzt sei mal kein Spielverderber.“

Miku schwieg. Wie hatte er sich nur auf Bous Platz setzen können? Aber er findet mich niedlich!, dachte Miku begeistert und wurde noch roter, doch den anderen fiel dies nicht weiter auf, da sie schon längst am essen waren.
 

Während sie aßen, diskutierten sie darüber, wie sie ihren neuen Song verbessern konnten. Miku bemühte sich, seine Ideen mit einzubringen, doch er war in Gedanken immer noch mit Bou beschäftigt. Er findet mich niedlich!

Doch hatte Bou es vielleicht nur einfach so gesagt, oder steckte da etwas Wahres hinter? Miku war verwirrt.

Als er beinahe aufgegessen hatte, wurde er von Kanon aus seinen Gedanken gerissen, der aufgestanden war. „Was ist?“, fragte Teruki ihn. Kanon lächelte. „ Ich hole was zu trinken.“

„Sorry, Kanon!“, rief Miku erschrocken. „Das hatte ich ganz vergessen. Warte, ich gehe.“

Er erhob sich und wollte gerade gehen, als Kanon sich vor ihn stellte und den Sänger schubste, sodass dieser zurück auf den Stuhl fiel. „Nee, lass mal. Ich mache das schon, “ sagte er noch, bevor er verschwand.

Miku starrte ihm mit offenem Mund hinterher.

Bou lachte. Miku drehte sich zu ihm um. „Was ist denn jetzt schon wieder?“

„Miku, dein Blick eben war unbezahlbar!“

Obwohl Miku langsam wütend wurde, lächelte er und konzentrierte sich wieder auf seinen Teller.

Wieso ist Bou nur so zu mir? Wieso sagt er so was? Weiß er denn nicht, dass er mir damit weh tut? Eigentlich höre ich so was gerne, aber wenn er es sagt, habe ich das Bedürfnis, ihn zu küssen...doch das geht nicht...

„Wieso kommst du mit leeren Händen zurück?“, fragte Teruki stirnrunzelnd. Miku sah ihn fragend an. Teruki lächelte. „Das war nicht an dich gerichtet.“

Miku drehte sich um und entdeckte Kanon, der direkt hinter ihm stand. Da die Tür genau hinter Miku war, hatte er nicht sehen können, wie Kanon wieder hereingekommen war.

„Wir haben nichts mehr“, antwortete Kanon auf Terukis Frage.

„Was? Ich habe aber Durst!“, rief Bou entrüstet und verschränkte schmollend die Arme.

Kanon seufzte. „Miku? Gehst du was einkaufen?“

Miku nickte. Ich wäre auch gegangen, wenn du das jetzt nicht gefragt hättest, Kanon, dachte Miku beleidigt. Ich kann Bou doch nicht verdursten lassen!

„Du brauchst doch nicht extra was für mich zu kaufen, Miku“, sagte Bou, doch Miku war bereits weg.

Bou wandte sich Kanon zu. „Also echt, Kanon. Das hätte doch bis gleich warten können, er hat ja noch nicht mal aufgegessen.“ Er deutete auf Mikus Teller.

„Der wird uns schon nicht verhungern“, murmelte Kanon. „Außerdem ist es nicht so weit bis zum Supermarkt. Er wird gleich wiederkommen.“ Er setzte sich. „Aber es hat einen Grund, warum ich ihn weggeschickt habe.“ Teruki und Bou sahen ihn fragend an.

„Ist euch an Miku in den letzten Wochen etwas aufgefallen?“

Teruki runzelte die Stirn. „Abgesehen davon, dass er unseren Song noch nicht retten konnte, nichts. Wieso?“ Kanon zögerte. „Ich weiß nicht, ob ich jetzt nicht vielleicht etwas überreagiere, aber es lässt mir einfach keine Ruhe.“

„Schieß los, Kanon“, sagte Bou genervt und Kanon erzählte den beiden von den Narben an Mikus Arm. „Und was ist damit?“, fragte Teruki. „Er hat dir doch gesagt, woher er sie hat.“

„Ich glaube ihm aber nicht“, antwortete Kanon und sah Teruki ernst an.

„Wieso?“

„Miku war gestern den ganzen Tag mit uns zusammen, wegen der Probe“, sagte Bou leise, bevor Kanon etwas sagen konnte. „Er hatte überhaupt keine Möglichkeit, geschweige denn Zeit gehabt, auszugehen.“ Er starrte auf seinen Teller, ohne ihn jedoch wirklich anzusehen.

„Aber Kanon. Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass er sich was antut, oder?“ Teruki sah Kanon fragend an. „Wir hätten doch etwas gemerkt. Außerdem hätte er mit uns doch über sein Problem reden können.“

Schweigen.

Sie alle drei wussten, dass er dies nicht tun würde.

Sie kannten ihn genau. Sie wussten, dass Miku es niemandem sagen würde, wenn ihm etwas auf dem Herzen lag, da er niemandem zur Last fallen wollte und es nicht mochte, wenn sich andere um ihn sorgten, doch er selbst machte sich sehr schnell Sorgen, wenn es einem der anderen Bandmitglieder nicht so gut ging.

„Was sollen wir jetzt tun?“, fragte Bou die anderen.

„Mit ihm reden“, antwortete Teruki knapp. „Was anderes bleibt uns wohl nicht übrig.“

Kanon seufzte. „Ich glaube, er wird alles abstreiten, wenn wir das versuchen.“

„Und was sollen wir deiner Meinung nach machen? Ich meine, wenn er wirklich ernsthafte Probleme hat und wir jetzt nicht reagieren...“

„Ich weiß es nicht. Das einzige, was uns übrig bleibt ist, dass wir ihn im Auge behalten.“

„Aber was ist, wenn uns was entgeht und wir zu spät reagieren?“, fragte Teruki zögernd.

„Kanon hat aber Recht, Teruki“, sagte Bou. „Er wird uns nicht an sich heranlassen, wenn er das nicht möchte.“

Teruki seufzte und stimmte ihnen zu.

Kapitel 2

Kapitel 2.
 

Miku hockte gähnend am Tisch und versuchte, etwas zu essen.

Vier Tage waren seit der unangenehmen Situation in der Küche vergangen. Er hatte sich umso mehr angestrengt, fröhlich und glücklich zu wirken, damit sich Kanon keine Sorgen mehr machte.

„Wo bleibt Bou eigentlich?“, fragte Teruki plötzlich. Kanon zuckte mit den Schultern. „Woher soll ich das denn wissen?“, murmelte er als Antwort und sah auf seine Uhr. „Er sollte sich aber beeilen. Um 10 Uhr müssen wir im Studio sein.“

Miku sah auf. „Wieso?“, fragte er erstaunt.

„Heute ist das Fotoshooting“, antwortete Teruki und sah Miku ungläubig an. „Hast du das etwas vergessen?“

Miku lächelte verlegen.

Kein Wunder, dass ich das vergessen konnte. Fotoshooting heißt Fanservice, und das bedeutet, dass ich Bou küssen müsste.

Wenn Miku Bou vor der Kamera küssen musste, genoss er es zwar, doch er hatte Angst, dass Bou dadurch seine Gefühle für ihn erfahren könnte.

Aber wenn ich den Fanservice mit ihm ablehne und nur noch Kanon und Teruki küsse, denkt er mit Sicherheit, dass ich ihn nicht mehr mögen würde.

Miku seufzte und schob den Rest von seinem Brot in sich hinein. „Ich gehe mal nach ihm sehen“, sagte er und erhob sich.

„Sag mir aber Bescheid, falls er noch im Bett liegen sollte, denn dann will ich ihn eigenhändig aus dem Bett schmeißen.“ Kanon grinste.

Miku nickte kurz und machte sich auf den Weg zum Badezimmer, wo er als erstes nach ihm suchen wollte, doch da war niemand.

Er ging weiter zu Bous Zimmer. Vor der Tür zögerte er kurz, doch dann klopfte er.

„Bou?“

Niemand antwortete.

Merkwürdig. Miku öffnete stirnrunzelnd die Tür und spähte hinein. „Bou!“, rief er, als er Bou, mit dem Rücken zur Tür, neben dem Bett liegend entdeckte. Miku lief zu ihm und beugte sich über ihn. Erschrocken stellte er fest, dass der Gitarrist schwitzte und einen glühenden Kopf hatte.

„Bou, was ist mit dir?“, fragte Miku ängstlich, doch Bou antwortete nicht.

Er ist bewusstlos!

Schnell rief er Kanon und Teruki, die auch sofort angesprintet kamen. Gemeinsam legten sie Bou in sein Bett und während Miku und Kanon versuchten, das Fieber zu senken, rief Teruki den Manager an, um ihm mitzuteilen, dass Bou erkrankt war.

„Gut, ich verständige das Studio und versuche, den Termin auf nächste Woche zu verlegen.“, meinte der Manager.

„Danke.“ Teruki legte erleichtert auf. Wenn er es schafft, das Fotoshooting auf nächste Woche zu verlegen, hat Bou genug Zeit, sich zu erholen, dachte er und kehrte zu den anderen zurück.

„Wie geht es ihm?“, fragte er und trat neben Miku und Kanon ans Bett.

„Wir haben das Fieber bis jetzt kaum senken können“. meinte Miku und betrachtete Bou besorgt.

Bou, komm schnell wieder auf die Beine. Ich ertrage es nicht, dass es dir so schlecht geht... Es schmerzte, ihn leiden zu sehen. Er wünschte sich von ganzem Herzen, dass Bou schnell wieder gesund wurde, doch sie konnten jetzt nur noch abwarten, bis die Arznei, die sie ihm gegen das Fieber verabreicht hatten, endlich seine Wirkung zeigte.

Jemand legte seine Hand auf Mikus Schulter. Miku drehte sich zu Teruki um, der ihn musterte.

„Geht es dir gut? So, wie du nämlich aussiehst, könnten wir dich genauso gut zu Bou ins Bett stecken.“

Miku sah ihn ungläubig an.

„Na, weil du sehr blass im Gesicht bist“, meinte Kanon. „Mir geht es aber gut“, verteidigte sich Miku. „Außerdem müssen wir uns um Bou kümmern. Das ist jetzt wichtiger als alles andere.“

Kanon und Teruki sahen sich kurz an.

„Kommt, wir lassen Bou erstmal in Ruhe.“ Kanon und Teruki gingen zur Tür, wo sie sich noch einmal zu Miku umdrehten. „Kommst du?“, fragte Kanon. Miku schüttelte den Kopf. „Ich bleibe bei ihm, bis er aufwacht.“

Nachdem Kanon und Teruki die Tür hinter sich geschlossen hatten, setzte er sich auf die Bettkante.

Obwohl er den Anblick des leidenden Bous nicht ertragen konnte, hatte er beschlossen bei ihm zu bleiben, da er hoffte, dass es ihm durch etwas Gesellschaft besser gehen würde. Er wollte auch für ihn da sein, wenn er zu sich kam. Falls er etwas brauchte.

Lange saß er da, den Blick nicht von Bou abgewendet, seine Hand haltend. Ab und zu überprüfte er seine Temperatur und tupfte ihm mit einem kühlen Lappen den Schweiß von der Stirn.

Als er nicht mehr sitzen konnte, stand er auf, ging zum Fenster und starrte hinaus. Er fasste sich mit einer Hand an sein schmerzerfülltes Herz.

Warum, Bou? Warum tust du mir das an?

Wie habe ich mich nur in dich verlieben können? Du hast du einfach in mein Herz geschlichen...ohne, dass ich etwas gemerkt hatte...und als ich es nach all den Jahren gespürt habe, war es schon zu spät...Ach Bou...Ich liebe dich von ganzem Herzen!

Eine Träne floss aus seinem Auge.

Aber warum...warum tut es dann nur so weh?

„Miku?“

Miku drehte sich blitzartig zu Bou um. Er war so in Gedanken gewesen, dass er nicht mitbekommen hatte, dass Bou zu sich gekommen war.

Bou saß vorne rübergebeugt auf dem Bett und sah Miku an, der zu ihm herüberkam und sich auf der Bettkante niederließ, sichtlich erleichtert, dass er aufgewacht war.

„Wie geht es dir?“, fragte Miku besorgt.

Bou lächelte matt. „Schon etwas besser, danke.“ Er sah sich um. „Wo sind denn Kanon und Teruki?“

„Das weiß ich nicht so genau. Sie wollten dir etwas Ruhe gönnen und sind gegangen.“

„Und du nicht?“ Bou blickte ihn ungläubig an. Miku schüttelte den Kopf. „Ich wollte bei dir bleiben, bis du aufwachst.“

„Das ist lieb von dir“, meinte Bou lächelnd und runzelte die Stirn. „Aber hatten wir heute nicht den Termin im Studio?“ Miku erzählte ihm, wie sie ihn gefunden hatten und wie Teruki daraufhin den Manager angerufen hatte, um den Termin zu verschieben.

Bou ließ sich zurück in sein Kissen fallen. „Gomen, dass ihr wegen mir das Fotoshooting verschieben musstet“, murmelte er müde.

„Was heißt hier Gomen?“, rief Miku empört. „Hauptsache, du wirst schnell wieder gesund. Alles andere ist Nebensache.“

„Miku, tu mir bitte einen Gefallen.“ Bou rieb sich die Stirn.

Miku sah ihn fragend an.

„Wenn du von mir nicht rausgeschmissen werden willst, dann brüll hier nicht so rum. Mein Kopf dröhnt.“

„Gomen, Bou. Das wollte ich nicht“, sagte Miku leise. „Soll ich dir etwas gegen die Kopfschmerzen besorgen?“

Bou nickte und Miku lief ins Bad, um dort nach Tabletten zu suchen. Als er welche gefunden hatte, nahm er sich eine und ging in die Küche, um ein Glas Wasser für Bou zu holen.

Dort traf er auf Kanon und Teruki, die am mittlerweile abgeräumten Tisch hockten.

„Ist Bou aufgewacht?“, fragte Kanon, als er Miku reinkommen sah. Miku nickte. „Es geht ihm schon etwas besser“, meinte er, während er ein Glas mit Wasser befüllte.

„Du solltest ihn aber gleich wirklich mal alleine lassen, Miku, sonst hat er keine Chance, gesund zu werden.“ Teruki lächelte leicht.

Beim Hinausgehen winkte Miku ihnen noch kurz zu, als Zeichen, dass er den Drummer verstanden hatte und kehrte zu Bou zurück.

Miku reichte ihm das Glas Wasser und die Tablette.

„Danke“, murmelte Bou, schluckte die Tablette runter und trank das Wasser. Das leere Glas stellte er auf den Nachttisch und betrachtete Miku.

„Du siehst ziemlich geschafft aus. Alles in Ordnung mit dir?“

Miku stöhnte auf. „Das meinten Kanon und Teruki eben auch schon, aber mir geht es gut.“

Na ja, abgesehen davon, dass du mir das Herz zerreißt, Bou...

Bou musterte Miku noch kurz und schloss die Augen.

„Ich bin müde, Miku. Und ich kann nicht schlafen, wenn du hier bist“, murmelte er müde.

Miku wollte sich gerade schon abwenden, als ihm etwas einfiel. „Du hast heute noch nichts gegessen. Hast du Hunger?“

Bou schüttelte den Kopf.

„Ich könnte dir etwas machen.“

Bou stöhnte auf. „Miku!“, rief er zähneknirschend. „Ich will schlafen! Lass mich endlich in Ruhe!“

Miku erschrak. „Gomen, Bou, das...“

Bou setzte sich wütend auf, doch damit war er zu hastig gewesen. Schwindel stieg in ihm auf und er sank zurück in sein Kissen.

„Alles in Ordnung, Bou?“, fragte Miku vorsichtig.

„Verschwinde endlich!“, sagte Bou wütend und schloss die Augen, nachdem Miku aus dem Zimmer gerannt war und die Tür hinter sich ins Schloss fallen gelassen hatte.

Tränen stiegen in Miku auf, während er in ein Zimmer wankte. Mit schmerzendem Herzen ließ er sich auf den Boden fallen. Er krümmte sich leise schluchzend zusammen.

Warum ist Bou so sauer auf mich? Ich wollte ihm doch nur helfen. Ich will doch nur, dass es ihm wieder besser geht! Aber dank mir geht es ihm jetzt wieder schlechter! Mag er mich jetzt nicht mehr?

Was habe ich falsch gemacht?

Er streckte den Arm aus, holte zitternd die Klinge aus der Schublade und zog den Ärmel seines Shirts nach oben. Durch den Schleier aus Tränen blickte er auf die unzähligen kleinen Narben.

Ich ertrage es nicht mehr...mein Herz schmerzt so sehr...Bou...

Er sah Bou vor sich, lachend, mit seinen wunderschönen Haaren.

Miku wartete nicht länger und schnitt sich, tiefer und stärker als eigentlich gewollt, doch das war ihm jetzt egal.

Er schloss die Augen und ließ sich von der Welle des angenehmen, körperlichen Schmerzes davontragen. In eine Welt, in der es keinen Bou gab, der ihm Schmerzen zufügen konnte.

Miku spürte, wie das warme Blut über seinen Arm floss, während er immer weiter in die Dunkelheit fiel. Er ließ die Rasierklinge los und fasste sich mit der Hand wie in Trance in sein tränenüberströmtes Gesicht.

Wieso musste es so weit kommen?...Wenn ich jetzt sterben würde...würde Bou mich dann wieder mögen?...das wäre es wert...

Weit entfernt hörte er, wie jemand die Tür öffnete.

Er hörte, wie dieser Jemand seinen Namen rief.

Wer ist es?...Teruki?...Kanon?...

Er hörte, wie dieser Jemand nach Kanon rief.

Ja, es ist Teruki...

Er hörte, wie Kanon das Zimmer betrat.

Doch das alles interessierte ihn jetzt nicht mehr. Er ließ sich immer tiefer und weiter in die Dunkelheit fallen...
 

Kanon starrte geschockt auf Miku, der halb bewusstlos und mit blutüberströmtem Arm auf dem Boden lag. Teruki kniete neben ihm.

„Kanon, geh Verbandzeug holen“, sagte er energisch und Kanon rannte los.

„Miku, warum hast du das nur getan?“, flüsterte Teruki, während er die Rasierklinge in die Hand nahm. Miku antwortete nicht.

Kanon kam wieder und gemeinsam reinigten sie die Wunde und verbanden sie anschließend.

Ohne viele Worte zu wechseln, halfen sie dem unaufhörlich weinenden Miku ins Bett.

Während Kanon die Rasierklinge entsorgte und das Blut vom Boden aufwischte, versuchte Teruki, Miku zu beruhigen, der nun am ganzen Körper zitterte.

„Du hattest Recht gehabt“, sagte er leise zu Kanon und stellte fest, dass seine Stimme zitterte. Kein Wunder, nach der Aufregung...

„Darüber bin ich aber keineswegs froh.“ Kanon seufzte. „Wieso hat er das nur getan?“

„Das fragen wir ihn, wenn man wieder mit ihm reden kann. Aber er war doch eben noch bei Bou...“

„Ich gehe Bou mal fragen, was er ihm getan hat“, murmelte Kanon und wollte gerade schon gehen, als Teruki ihn zurückhielt.

„Du wirst Bous Gesundheit kein bisschen helfen, wenn du ihm jetzt sagst, was Miku getan hat.“

„Hast Recht.“ Er betrachtete Miku, der immer noch nicht ruhiger geworden war. Seine Augen brannten. Kanon drehte sich um und lief auf die Tür zu.

„Wo willst du hin?“, fragte Teruki verwirrt. Kanon sah ihn kurz an. „Ich...muss was erledigen.“ Dann hastete er davon.

Teruki seufzte.

Ich kann es ich nicht übel nehmen, dass er hier raus wollte...

Er blickte zu Miku, der einfach nicht aufhören wollte zu weinen.

Sein Anblick ist kaum zu ertragen...wieso ist es uns nicht eher aufgefallen, wie schlecht es ihm geht? Aber hätten wir dann versucht mit ihm zu reden Bestimmt nicht...er hätte uns sofort abgewiesen...dieser Baka...aber wir hätten es versuchen sollen...

Teruki schüttelte den Kopf. Seine Augen tränten.

Aber als wir es vor einigen Tagen gemerkt haben...wir haben nichts unternommen...Nichts!...aber warum nur? Warum hast du das getan, Miku?

Er setzte sich auf die Bettkante und legte dem unaufhörlich zitterndem und weinendem Miku eine Hand auf die Schulter. Teruki konnte spüren, dass er sich etwas entspannte.

Kapitel 3

Kapitel 3.
 

Verschlafen hob Bou den Kopf und blickte auf den Wecker. 00:48 Uhr.

Seufzend ließ er sich zurück in sein weiches Kissen fallen und wischte sich mit der Hand eine Strähne aus dem verschwitzen Gesicht.

Wenn mir doch nur nicht so heiß wäre...

„Miku?“, fragte er heiser, doch in dem dunklen Zimmer rührte sich nichts. Bou runzelte die Stirn, doch dann fiel es ihm wieder ein.

Stimmt, ich hatte ihn ja weggeschickt...so ein Mist...jetzt muss ich mir selbst was zu Trinken holen gehen...

Als er sich aufsetzte, wurde ihm erneut schwindlig und er schloss die Augen.

Miku, wenn ich wegen dir wieder umkippe...!

Nachdem einige Minuten vergangen waren, wurde es besser und Bou griff nach dem leeren Glas, das er vor Stunden noch auf den Nachttisch gestellt hatte. Er stand vorsichtig auf und wankte durch den dunklen Flur, blieb aber verdutzt stehen, als er durch den Türspalt in der Küche Licht brennen sah.

Schlafen die anderen etwa noch nicht?

Er ging weiter, öffnete leise die Tür und trat ein.

Die Arme auf dem Tisch verschränkt und mit aufgelegtem Kopf saß Kanon am Tisch. Seine Haare hingen ihm im Gesicht, sodass Bou nicht feststellen konnte, ob er am Schlafen war.

„Kanon?“

Keine Reaktion.

Bou griff nach der Wasserflasche, die auf der Arbeitsplatte stand und füllte sein Glas randvoll. Als er ausgetrunken hatte, stellte er sein Glas ab, ging zu Kanon und rüttelte ihn leicht an der Schulter.

„Lass mich“, murrte Kanon verschlafen.

„Aber Kanon, du kannst doch nicht so schlafen“, meinte Bou.

„Is’ doch egal.“ Kanon bewegte sich leicht.

Klonk.

Erschrocken starrte Bou auf die leere Flasche, die Kanon mit seinem Fuß umgeschmissen hatte.

„Hast du etwa getrunken?!“

Kanon schreckte auf und sah Bou hellwach an. „Ach, du bist das, Bou!“

Bou stöhnte auf. Blitzmerker! „Wer sollte ich denn sonst sein?“

Statt eine Antwort abzugeben zuckte Kanon mit den Schultern und starrte gedankenverloren auf die Tischplatte.

„Du siehst ziemlich fertig aus“, sagte Bou besorgt, nachdem er Kanon eine Weile beobachtet hatte, und setzte sich auf den Stuhl neben ihm.

„Kein Wunder. Nach so einem Tag...“, murmelte Kanon.

„Nani?“

Kanon seufzte. „Hast du Miku irgendwie verärgert?“

Bou überlegte stirnrunzelnd. „Eigentlich nicht. Als ich schlafen wollte, musste ich ihn rausschmeißen, weil er einfach nicht gehen wollte.

Wieso?“

Kanon lehnte sich nach hinten und vergrub sein Gesicht in seinen Händen.

„Ach, Bou...“

„Was ist los?“, rief Bou, der langsam wütend wurde.

„Ich hatte Recht.“

„Recht womit?“

Kanon sah Bou an, der überrascht feststellte, dass die Augen des Bassisten feucht waren. Er holte tief Luft und erzählte Bou, was Miku getan hatte.

Bou sprang auf, als Kanon geendet hatte. „Ich muss zu ihm!“

Ohne auf Kanons Rufe und auf seinen mittlerweile wieder dröhnenden Kopf zu achten, lief er in Mikus Zimmer, in dem nur die kleine Lampe neben dem Bett gedämpftes Licht spendete.

Teruki, der, mit einer Hand auf Mikus Schulter, auf der Bettkante saß, schaute auf. „Hey, Bou“, flüsterte er mit müder Stimme. „Hat dir Kanon...“ Bou nickte. Er trat ans Bett und betrachtete besorgt Miku, der mit dem Gesicht zur Wand und mit geschlossenen Augen ruhig dalag. Sein Blick fiel auf den Verband um Mikus Arm. Er sah auf.

„Wie geht es ihm?“

„Er schläft.“ Teruki seufzte. „Es hat aber eine Weile gedauert, bis er sich beruhigt hatte.“ Er gähnte.

„Soll ich dich ablösen?“, fragte Bou leise, der gesehen hatte, wie müde Teruki war. Teruki nickte dankbar und stand vorsichtig auf. Schnell setzte sich Bou.

„Wo ist Kanon eigentlich?“

„Er sitzt in der Küche und betrinkt sich, glaube ich“, murmelte Bou und

nachdem Teruki davongehastet war, wandte er sich Miku zu.

Er sieht so blass aus...

Vorsichtig wischte er ihm eine Strähne aus dem Gesicht und stellte fest, dass es noch ganz feucht und verklebt von seinen Tränen war.

Ach, Miku...Warum hast du das nur getan? Habe ich dich eben so sehr verletzt? Das wollte ich doch gar nicht!

Bou fing an zu weinen und wandte sich von Miku ab.

Ich kann ihn in diesem Zustand nicht ansehen...wir hätten viel eher reagieren sollen...damals schon...es war eine falsche Entscheidung gewesen...wenn wir damals schon reagiert hätten, wäre das alles nicht passiert...ich wünschte, ich könnte ihm helfen...ich wünschte, ich könnte es ihm sagen...aber das geht nicht...denn dann wird er sich noch schlechter fühlen...Miku, ich...!

Bou spürte hinter sich eine Bewegung und drehte sich zu Miku um. Miku sah ihn erschöpft und ein wenig verwirrt an.

„Miku“, flüsterte Bou erleichtert. „Du bist wach.“

„Du weinst ja“, murmelte Miku nur. Er setzte sich auf und wollte gerade nach einem Taschentuch greifen, das auf dem Nachttisch lag, als er den Verband um seinen Arm bemerkte. Er stutzte. Wer...?

„Kanon und Teruki haben dich gefunden und verbunden“, sagte Bou leise, der Mikus Blick gesehen hatte und nun versuchte, sich sein Gesicht trocken zu reiben.

„Warte.“ Miku führte seine Bewegung weiter aus, griff nach dem Tuch und beugte sich zu Bou. Mit der freien Hand schob er Bous Hand weg und während er die Tränen des Blondschopfes wegzuwischen versuchte, hielt er dessen Gesicht sanft in seiner Hand. Bou schaute verlegen weg. „Lass das, Miku.“ Doch Miku hörte nicht auf ihn und fragte stattdessen:

„Wie geht es dir eigentlich?“

„Es geht. Aber das gleiche könnte ich dich fragen.“ Bou sah Miku eindringlich an.

Miku ließ ihn los und nachdem er das feuchte Taschentuch achtlos auf den Nachttisch geworfen hatte, vergrub er das Gesicht in seinen Händen und versuchte, sich zu erinnern, was genau passiert war.

Er brauchte einen Moment, bis er seine Gedanken geordnet hatte und ihm wurde schwer ums Herz. Jetzt machen sie sich Sorgen um mich...aber das wollte ich doch gar nicht...

„Miku?“, hörte er Bou sanft fragen. „Kann ich dich etwas fragen?“

Miku nickte.

„Warum hast du das getan?“

Was soll ich ihm nur sagen?...die Wahrheit?...aber das geht nicht...er wird mich verabscheuen...aber soll ich ihn anlügen? Das kann ich doch auch nicht tun!

Er fing an zu weinen.

Bou, der gesehen hatte, wie Miku wieder angefangen hatte zu weinen, nahm ihn in die Arme und drückte ihn an sich. Um ihn zu beruhigen strich er ihm über das Haar.

„Miku, es tut mir Leid, wenn ich vorhin so überreagiert habe“, sagte er leise. „Ich wollte dich nicht so anschreien. Ich habe mich übrigens sehr gefreut, dass du die ganze Zeit bei mir warst, als es mir richtig schlecht ging. Das musst du mir glauben.“ Bou griff nach einem unbenutzten Taschentuch und fing an, Mikus Gesicht zu trocknen. „Miku, hör bitte auf zu weinen. Ich mag das nicht.“ Seine Augen brannten, doch er hielt sie zurück.

Miku wurde ruhiger und legte einen Arm um Bou. Er schloss die Augen und genoss die beruhigende Wärme, die von ihm ausging.

„Miku, was ist los?“, fragte Bou ihn erneut und ließ ihn los. „Warum hast du mit uns nicht über dein Problem gesprochen?“

Miku wich seinem Blick aus. „Ihr habt doch genug Probleme“, murmelte er. Bou stöhnte auf. „Miku, eines möchte ich jetzt mal klar stellen. Ist dir eigentlich schon mal aufgefallen, dass du mit deinen Sorgen nie zu uns kommst? Du frisst alles in dich hinein! Kanon, Teruki und ich wünschen uns aber, dass du mit uns sprichst. Wir wollen dir helfen. Du hilfst uns doch auch, wenn wir Probleme haben. Und wenn du es mir nicht sofort sagst, was mit dir los ist, rede ich nie wieder ein Wort mit dir!“

Bou wischte sich mit dem Ärmel über die feuchten Augen.

„Ich...“ Miku überlegte, ob er mit Bou jetzt über seine Gefühle reden sollte. Einerseits hatte er panische Angst vor seiner Reaktion, aber andererseits war ihm bewusst, dass es die perfekte Gelegenheit war, es ihm zu sagen. Miku seufzte. Wenn ich es ihm jetzt sage...werde ich es hinterher bereuen? Aber...Miku schaute in Bous dunkle Augen, die voller Sorge waren. Wenn ich es ihm nicht sage, wird er wütend werden...

„Bou?“

„Hai?“ Bou sah ihn fragend an.

„Versprichst du mir, dass wir Freunde bleiben, egal, was ich jetzt sage?“

Bou nickte verständnislos. „Klar, aber was soll diese Frage? Du weißt doch, dass...Ach, Miku! Warum fängst du denn jetzt schon wieder an zu weinen?“

Miku schaute weg und wischte sich die Tränen weg. „Bou, ich...ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll...aber...“ Miku fühlte, wie er rot anlief.

„Vor ein paar Monaten habe ich gemerkt, was ich für...dich empfinde.“

Miku sah Bou an, der erstaunt dreinblickte und nahm ihn in die Arme.

Sein Herz klopfte wild und er versuchte, ruhig zu atmen. Bou legte seinen Arm um ihn und drückte ihn sanft an sich.

„Ich liebe dich“, flüsterte er in Bous Ohr. Er war erleichtert, dass er endlich den Mut aufgebracht hatte, ihm seine Liebe zu gestehen.

Er spürte, wie Bou den Kopf hob, ihn ansah und eine Hand in Mikus Nacken legte. Miku blickte in seine wunderschönen Augen. Bous Gesicht kam so nahe, dass er seinen Atem spüren konnte. „Ach, Miku“, flüsterte Bou sanft. „Du bist ein hoffnungsloser Fall.“ Miku wollte gerade fragen, warum, als sich die Frage schon erübrigt hatte, denn plötzlich schmeckte er Bous weiche Lippen auf den seinen. Bou drückte ihn nach unten, sodass er mit dem Kopf in seinem Kissen lag, während er anfing, ihn leiden- schaftlich zu küssen.

Noch nie hatten Bou und Miku so geküsst und als Bou den Kuss nach einer Weile endlich gelöst hatte, lächelte er Miku leicht an. „Warum hast du mir es erst jetzt gesagt, nachdem alles eskaliert ist?“

„Ich hatte Angst, dass du mich dann abweist.“

„Aber warum sollte ich?“, rief Bou irritiert. „Habe ich dir jemals das Gefühl gegeben, dass ich dich nicht mag?“

Miku schüttelte traurig den Kopf. „Nein. Gomen, das war dumm von mir.“

Bou schlug ihm leicht auf den Kopf. „O ja, das war es.“ Er lächelte, wurde jedoch schnell wieder ernst. „Hast du dich etwa deswegen ständig selbst verletzt?“

Miku nickte und rutschte ein Stück und Bou legte sich neben ihn. Er sah ihn wieder an „Aber was war heute los?“ Er deutete auf den Verband.

Miku seufzte und schaute an die Wand.

„Als du mich rausgeschmissen hattest, fühlte ich mich schuldig, dass es dir wieder schlechter ging. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass du mich nicht mehr magst“, flüsterte er.

„Ach, Miku.“ Bou fing an, mit einer Strähne von Mikus Haar zu spielen.

„Natürlich mag ich dich. Ich könnte dich gar nicht hassen.“

Statt zu antworten schloss Miku die Augen und genoss Bous Nähe. Er war froh, dass seine Gefühle erwidert wurden, doch er fühlte schlecht, dass er Kanon, Teruki und Bou solche Sorgen bereitet hatte.

Bou lächelte glücklich, schlang einen Arm um Miku und fing an ihn erneut zu küssen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (13)
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Von:  -miyavi
2011-04-21T17:47:16+00:00 21.04.2011 19:47
Sehr schöne FF und das sage ich als "nicht FF leser" XD
wirklich~ würde am liebsten noch mehr davon lesen ;)
Von: abgemeldet
2010-09-15T17:57:32+00:00 15.09.2010 19:57
auch diese ff ist mal wieder einfach nur toll *____*
iwie fließen bei mir immer tränen,wenn ich ne ff von dir les ;D
das s aber alles auch einfach nur zu toll geschrieben *-*
Von: abgemeldet
2009-12-25T12:51:09+00:00 25.12.2009 13:51
Ich finde deine ff voll geil.Da kann man sich richtig hineinversetzen in die welt wo das alles passiert, als ob man dabei gewesen wäre ^.^
Von:  Gedankenchaotin
2009-09-23T09:19:46+00:00 23.09.2009 11:19
Hey~
Es ist schon ewine schöne Story und sie ist auch flüssig geschrieben und eigentlich sollte hier jetzt ein Aber kommen, aber das hab ich vergessen. o.O
Fand ich aber richtig süß und ich kann Miku schon verstehen, dass er sich nicht getraut hat, zu Bou oder den anderen zu gehen..
eigentlich schade, dass es alles so eskalieren musste.

LG Senseii
Von:  Miru-chan
2009-09-11T14:32:34+00:00 11.09.2009 16:32
wow, dein schreibstil ist toll^^ ich hab so richtig gespannt gelesen ...
der arme miku ;_; gott sei dank liebt bou ihn auch. ich dacht schon, dass nimmt ein trauriges ende, aber dann gabs doch ein happy end <333

nur bei der frage "hörst du jetzt auf dich zu ritzen?" kann ich nur miyavi-- zustimmen, das kam etwas merkwürdig.

ansonsten einfach hammer gut geschrieben <33333

glg, Miru
Von: abgemeldet
2009-05-12T07:59:51+00:00 12.05.2009 09:59
Hach wie schön *__*
Total toll geschrieben <3
Und man hat voll mitgefühlt :D
Von: abgemeldet
2009-05-12T07:55:11+00:00 12.05.2009 09:55
Ich heul gleich mit T____T
Is das traurig~
*schnief*
Ich muss gleich weiterlesen :D
Von: abgemeldet
2009-05-12T07:44:26+00:00 12.05.2009 09:44
Oh man~
is das traurig :(
Armes Miku~ <3
*mit ihm mitfühl*
*ihn knuddel*
Von:  Levyn
2009-04-08T20:56:53+00:00 08.04.2009 22:56
voll schöne ff =D
zwischendurch hab ich fast geheult >.<
tolle story, schöner schreibstil ^^
Von:  Shane-
2009-03-27T12:50:30+00:00 27.03.2009 13:50
Miku hat sich ernsthaft geritzt >.<
Bous Frage am Ende hat mich iwie grinsen lassen. Das klang iwie komisch dieses "hörst du jetzt auf dich zu ritzen?".
Ich weiß auch nicht.
Aber trotzdem schön geschrieben. ^^


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