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Der Trank der wahren Gefühle

von

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78 "Blutrausch" Kakashis Kapitel

...

Hm. Hey. :-)

Wie beginne ich jetzt am Besten? Vielleicht mit der allgegenwärtigen Entschuldigung. Ihr wisst hoffentlich alle, wie schrecklich leid es mir tut, dass sich diese beiden Kapitel so lange hingezogen haben. Ich habe eben mal nach dem letzten Update Datum gesehen und es ist tatsächlich ein halbes Jahr her, was mich doch etwas überrascht. Ein halbes Jahr...ich bin mir bewusst, dass es nicht die feine Art ist euch so lange warten zu lassen, bitte nehmt es mir nicht allzu übel.

"Der Trank der wahren Gefühle" ist eine Geschichte, die ich zeitgleich mit dem "Veröffentlichen" geschrieben habe und daher hatte ich zu keiner Zeit einen Vorsprung, damit die Updates sich in einem relativ regelmäßigen Zeitraum hielten, so wie es ganz am Anfang noch war. Manchmal hätte ich die Geschichte lieber bereits abgeschlossen, bevor ich sie hochgestellt hatte aber durch all eure Anregungen und Tipps und all die lieben Worte und das Interesse habe ich viel mehr gelernt, als es mir anders möglich gewesen wäre. Ich bedanke mich von ganzem Herzen für eure Unterstützung und all die Nachsicht, die ihr mit mir gehabt habt.
 

In diesem halben Jahr hat sich so einiges angesammelt, was ich sonst in kürzeren Vorworten geschrieben hätte aber da die beiden Kapitel jeweils auch noch so extrem lang geworden sind, bitte ich auch hier um Nachsicht für mein langes Gefasel. An dieser Stelle möchte ich auch gleich noch sagen, wie überrascht ich war, als ein paar von euch mir über die Monate hinweg immer mal wieder geschrieben haben, um zu hören wann es weitergeht, um mit mir zu schimpfen weil ich so langsam bin und um mich wieder aufzubauen, wenn ich nicht wusste, wie es weiter gehen sollte. Ich danke euch sehr dafür, es hat mir definitiv geholfen. :-)
 

Diese beiden Kapitel sind die letzten der gesamten Geschichte. Hier endet also der Hauptteil von "DTDWG", was hiernach noch folgt sind die beiden Epiloge für Kakashi und Sasuke, ehe ich diese Fanfiction endgültig abschließe. Nach über 1 1/2 Jahren. Wahnsinn. :D

Für alle, die nicht genau wissen, warum ich dieses Kapitel in zwei Varianten geschrieben habe, noch einmal kurz die Erklärung.

Zu Beginn dieser Geschichte, als überhaupt nicht klar war, wohin das alles eigentlich führen sollte und ob überhaupt etwas daraus wird, habe ich Sakura sowohl für Kakashi als auch für Sasuke Gefühle entwickeln lassen und schon bald haben sich die Leser in zwei Gruppen gespalten und für ihr jeweiliges Lieblingspair gehofft. Euer Engagement ist großartig, nebenbei bemerkt :-) Ich habe eine Weile darüber nachgedacht, war aber schon bald der Meinung, dass niemand "umsonst" all die Kapitel lesen sollte, nur um letztlich nicht sein Wunschpair zu bekommen, also entstand die Idee der zwei Enden. Und hier sind sie nun.
 

Der Entstehungsprozess war lang und anstrengend. :D aber ganz ernsthaft, ich habe nicht umsonst ein halbes Jahr gebraucht. Ich habe noch nie zuvor eine Geschichte wirklich veröffentlicht und noch nie zuvor überhaupt irgendwelche Leser gehabt. Das hier ist etwas Neues für mich, vor allem das Verfassen eines würdigen Endes für 77 Kapitel durchwachsener Qualität (der Anfang...gah!) und deshalb habe ich das alles hier bestimmt an die eine Million mal komplett umgeschrieben. Ich gebe zu, dass ich mir ein paar Sorgen mache, was eure Reaktionen betrifft, wenn es denn welche gibt, nach all dieser Zeit. Es ist nicht leicht, es möglichst allen Recht zu machen und ich bewundere jeden, der das geschafft hat. Wenn es aber auch nicht nur darum geht, es dem Großteil Recht zu machen, so hoffe ich doch, dass ich mit diesen Kapiteln etwas ausdrücken kann und Reaktionen irgendeiner Art hervorrufe :D Natürlich freue ich mich sehr, wenn die Mühe nicht umsonst war. Aber ich bin auf jeden Fall stolz darauf, es endlich so weit geschafft zu haben, dass das Ende für diese doch sehr lange Geschichte unmittelbar bevorsteht. Und ich habe mit diesem Ende eine Menge gelernt.
 

Bevor ich hier aber zu einem Schlusswort komme, dass ich mir lieber für die Epiloge aufspare, wollte ich noch 2 andere Dinge ansprechen.
 

1) Neubearbeitung der gesamten Geschichte

2) Fanfiction Emmy Verleihung
 

Erst einmal die Ankündigung, dass ich begonnen habe, "DTDWG" anzugleichen, also das Niveau auf dieselbe Höhe zu bringen, damit der Anfang mich nicht mehr so schrecklich aussehen lässt. Ich hasse den Anfang, Leute, ganz ehrlich, er ist furchtbar und ich denke jedes Mal wieder, wie viel Glück ich gehabt habe, dass ihr trotzdem weitergelesen habt, bei den Massen an FFs die es hier gibt...

Diese Bearbeitung wird allerdings erst dann voran kommen, wenn die Epiloge auch hochgeladen sind, damit eure Wartezeit nicht noch desaströser wird. :-)
 

So und dann, natürlich, zweitens, der Fanfiction General Award.

Wahnsinn.

Vor ein paar Wochen habe ich durch Zufall etwas darüber gelesen und mir die ganze Sache mal angeschaut. Für die unter euch, die nicht wissen, wovon ich rede ( vor ein paar Wochen hätte ich laut "hier" geschrien ;-) ), diese Geschichte hat eine Website: http://www.fanfictionemmy.de.vu/ und da steht eigentlich alles erklärt. Kurz gesagt hat man dort einige Kategorien für verschiedenste Fanfictions eingerichtet und wie ich das verstanden habe, konnte man dann in einem bestimmten Zeitraum für seine Favoriten stimmen. Ich habe das Ganze erst lange danach entdeckt aber ich war absolut überwältigt, als ich meinen Namen zwischen den Nominierten gelesen habe.

Wer auch immer mich erwähnt hat, ich fühle mich wahnsinnig geehrt. Ich danke euch allen vielmals und lasst euch gesagt sein, ich habe mich sehr gefreut.
 

Und wo ich das jetzt alles gesagt habe :-) Noch etwas zu diesem Kapitel speziell.

Vor euch befindet sich Kakashis Kapitel und demnach geht es auch mehr um die Beziehung zwischen Kakashi und Sakura. Der Anfang ist bei beiden Kapiteln weitestgehend gleich, bis dann irgendwann der Teil kommt, der sich größtenteils meilenweit voneinander unterscheidet. Wer beides lesen möchte, umso besser, denn ich würde zu gern hören, wie ich mich dabei angestellt habe.
 

Ihr seid der Grund für das Alles.

Habt vielen Dank!
 

PinkLady18 <3
 

Und hier wie immer, für jeden der mag,

die Musik:
 

Sounds of Rain and thunder on the River

http://www.youtube.com/watch?gl=DE&hl=de&v=k0gsduLrfSU

für die allgemeine musikalische Untermalung zusätzlich zu der Musik im mittleren Teil
 

1)"The Duchess - Awakening"

http://www.youtube.com/watch?v=cwx49lszv_o&feature=PlayList&p=C2D45EB92D6D381C&index=6

2) "The Fountain - Finish It"

http://www.youtube.com/watch?v=vfybcej2F-M&feature=related

3) "Erik Satie - Gnossienne no 3"

http://www.youtube.com/watch?v=r_w_lckqz8A

4) "Sounds of Rain and Thunder on the River"

http://www.youtube.com/watch?gl=DE&hl=de&v=k0gsduLrfSU

"The Fountain - Together we will live forever"

http://www.youtube.com/watch?v=jZW4PCaxGS8

5) "The Pianist OST"

http://www.youtube.com/watch?v=WkELWhE9W2k

oder

"Schindlers List"

http://www.youtube.com/watch?gl=DE&hl=de&v=e8_6-VQjk_8

6) "The Duchess - Bess' Sons"

http://www.youtube.com/watch?v=osOyoAE0Eb4&feature=PlayList&p=C2D45EB92D6D381C&index=8

7) "The Village - Race To Resting Rock"

http://www.youtube.com/watch?v=uEsX10jzR6Y

8) "The Fountain - The Last Man"

http://www.youtube.com/watch?v=dG0bh9fTQts&feature=related
 

Nicht ganz so viele wie bei Sasuke aber immer noch genug. :-)

Jedes Lied ist mit seiner Zahl im Text gekennzeichnet.

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Am Ende wird alles gut sein.

Und wenn es nicht gut ist,

dann ist es noch nicht das Ende.
 

78 „Blutrausch“ Kakashis Kapitel
 

1)

Ich fühlte mich leicht. Sorglos. Wie betäubt. Mein Kopf war voller Nebel, der alles leicht dämmrig machte. Nur der Geschmack auf meiner Zunge war seltsam, metallisch und fremd… Notgedrungen schluckte ich und würgte, als, was auch immer in meinem Mund gewesen war, nur langsam und zähflüssig meinen Hals herunterlief. Ich schnappte nach Luft und mit dem frischen Sauerstoff in meinen Lungen kam auch der Rest meiner Wahrnehmung zurück und ich konnte mich genauer auf meine Umgebung konzentrieren. Da waren warme Hände um meine Taille, die mich stützten, als ich für einen Moment überwältigt in die Knie sank und jemand drückte mich an seine Brust und hielt meinen Rücken in einem festen Griff aufrecht. Benommen dachte ich an den störenden Geschmack in meinem Mund zurück, der sich noch immer auf meinen Lippen hielt und versuchte, Genaueres herauszuschmecken. Doch ich wurde umgedreht und unterbrach mein Vorhaben, fasziniert von den Händen, die zu meiner Hüfte wanderten. Es waren kraftvolle Hände, mit langen Fingern und nur wenigen Narben darauf, Hände die man selten an einem Shinobi sah. Langsam ließ ich meinen Blick schweifen und blinzelte den Schleier in meinen Augen weg, ich folgte den geschwungenen Armen, überflog den Hals und dann versank ich tief in den Augen des Mannes direkt vor mir. So dunkel.

„Sakura?“ Eine dunkle Stimme, geheimnisvoll und verschlossen. Sie klang wie ein gut gehütetes Geheimnis und versprach tausend Dinge zugleich. Ich hatte sie millionenmal gehört und doch noch nie zuvor…allein dieser Klang reichte aus um mein Herz schneller schlagen zu lassen. Erstaunt legte ich meine eigene Hand auf meine Brust. Es war ein fremdes und gleichzeitig sehr vertrautes Gefühl. „Weißt du wer ich bin?“

Er barg mein Gesicht in seiner Hand und ich lehnte mich ihr entgegen ohne es wirklich steuern zu können, mein Blick flog zurück zu seinen Augen. Sie waren so bildschön, wie gemalt. Wusste ich wer er war? Seine Fingerkuppen strichen federleicht über meine Wange und hinterließen eine prickelnde Gänsehaut. Ich schauderte. Kannte ich ihn? Ich hatte keine Erklärung für das, was ich fühlte, aber es schien alles so richtig, so perfekt…es war mir vollkommen gleich. Logik war machtlos gegen solche Faszination.

Langsam hob ich meine rechte Hand und zögerte kurz vor seinem Gesicht. Diese Augen ließen mich nicht los…

Seine Haut sah aus wie Eis und als wäre sie aus eben diesem gemacht, schwebten meine Finger darüber, bebend unter dem berauschenden Verlangen über diese Kälte zu streichen. Die Berührung ließ mich zusammenzucken, sein Chakra hatte eine mächtige Aura und seine Haut war warm

Ich machte unter seinen wachsamen Blicken einen hastigen Schritt zurück. Meine Hände zitterten noch immer. Mein Atem ging unregelmäßig. Ich starrte erschüttert zu Boden, lauschte meinem klopfenden Herzen und versuchte meine Gefühle zu ordnen. Natürlich wusste ich, wer er war.

„Dein Name lautet…Itachi…“, hörte ich mich selbst leise sagen.
 

Einer seiner Mundwinkel zog sich zu einem hinreißenden Lächeln in die Höhe und seine Augen loderten auf, als er seinen Triumph bestätigt sah. Seinen Triumph? Ich hatte keine Ahnung, woher dieser Gedanke gekommen war und tat ihn rasch beiseite. Die Wärme, die von seinem Körper ausging, forderte meine Aufmerksamkeit. Es war mehr als normale körperliche Wärme, es war wie ein Magnet, der mich unaufhörlich anzog, immer stärker, immer fordernder. Ich sah keinen Grund, dem nicht nachzugeben. Also trat ich vor und spürte augenblicklich wie mein Wunsch, ihm nahe zu sein sich noch steigerte. Ich machte noch einen Schritt und fühlte die Hitze in meinem gesamten Körper, dann legte ich meine Arme um ihn und seufzte befreit bei der Berührung. Unsere Chakren passten perfekt zusammen, streckten sich einander entgegen um die Verbindung noch zu vertiefen...

Er drückte mich an sich und die Haare in meinem Nacken stellten sich auf. Seine Nähe nahm etwas von all der Verwirrung und beruhigte mich, aber gleichzeitig hätte mein Herz nicht schneller schlagen können…

„Sakura…“

Er lachte leise und ich schauderte ein weiteres Mal. Nie zuvor hatte sich etwas so unglaublich angefühlt. Einmalig. Vollkommen. Ich hob den Kopf und sah auf zu seinem perfekten Gesicht. Erneut übermannte mich ein fremdes, besitzergreifendes Verlangen und ich senkte fahrig den Blick, da spürte ich seine Hand an meinem Kinn. Überrascht hielt ich inne und blickte ihn fragend an. Er strich mit einem Finger darüber, dann hob er ihn und hielt ihn vor mein Gesicht. Blut?

Verwirrt wischte ich mit meiner eigenen Hand über mein Kinn. Als ich sie prüfend betrachtete, war meine Handfläche blutig verschmiert. Eiseskälte lief meinen Rücken entlang und mein Herz setzte aus, ein Gedanke, viel zu schnell um ihn begreifen zu können ließ mich entsetzt aufkeuchen, doch ebenso schnell war er wieder verschwunden. Ich starrte voll Abscheu auf die roten Spuren und hörte mein hämmerndes Herz in meinen Ohren.

„Was…?!“

„Shhh…ist schon gut. Lass mich das entfernen.“ Ich konnte den fremden Gedanken nicht mehr fassen, so sehr ich danach suchte und seine Stimme beruhigte meine Nerven augenblicklich.
 

Er hob noch einmal seine Hand, wischte wieder über mein Kinn und hob sie dann zu seinem Mund, während ich vollkommen still stand und ihn dabei beobachtete. Ohne seinen Blick nur einmal von mir zu nehmen, leckte er jeden Tropfen Blut von seinem Finger und ich konnte spüren, wie meine Wangen von einem tiefen Rot bedeckt wurden, wollte mich abwenden und konnte doch nicht wegschauen. Er lächelte, fuhr mit seinem Daumen über die verbliebenen Blutspuren in meinem Gesicht und lehnte sich vor. Mein armer Herzschlag verdoppelte sich sofort wieder. Seine Lippen berührten beinah die meinen, feine Chakrablitze leuchteten zwischen uns auf und knisterten in meinen Ohren…so nah…
 

„Sakura!“
 

Ich schüttelte den Kopf, darauf bedacht, diesen so kostbaren Moment nicht zu unterbrechen und schloss die Augen...

„Sakura!!“

Schweren Herzens gab ich nach und wandte mich um, in Richtung der dumpfen Rufe, die so weit weg klangen als befände ich mich unter Wasser. Ich erstarrte bei dem Anblick, der sich mir nun bot. Bisher hatte ich nur Itachi angesehen, hatte mich gar nicht von ihm losreißen können, geschweige denn wollen, doch dieses neue Bild und diese Stimme alarmierten mich…

Ein fließender Schleier umgab uns beide, er glänzte golden und blendete mich, doch dahinter konnte ich Umrisse ausmachen, die immer wieder verzerrt wurden, als die Barriere von Erschütterungen getroffen wurde. Ich kniff die Augen zusammen, um mehr zu erkennen, als Itachi mich zu ihm zurück drehte. Er griff in mein Haar, seine Hand wanderte in meinen Nacken und er zog meinen Kopf in einer schnellen Bewegung näher zu sich heran…nur zu gern ließ ich mich von dem Schleier ablenken und lehnte mich ihm entgegen.
 

„Nimm deine Hände weg von ihr! Sakura, tu das nicht!“

Plötzlich war die Stimme ganz nah und klar, ein Geräusch von tausend Scherben die zu Boden fielen klirrte in meinen Ohren und Itachi ließ mich los. Wie in Trance schüttelte ich noch einmal den Kopf und sah mich gerade rechtzeitig um, um zu sehen wie die Reste der goldenen Barriere in sich zusammenstürzten und den Blick auf eine Lichtung mitten in einem kahlen Wald freigaben. Ein blonder Haarschopf tauchte blitzschnell vor mir auf und ich wich zurück.

Naruto? Was…?! „Naruto!“

Er drehte sich um, stand nun zwischen Itachi und mir und riss die Augen auf.

„Sakura, du bist wieder…“

„Vor dir Dobe!“ Sasukes Stimme hallte über die Lichtung, Naruto schnellte zurück und parierte einen Angriff Itachis. Ich hob die Hände an meinen Kopf. So verwirrend.

„Sakura, ist alles in Ordnung mit dir?“ Zweifelnd sah ich auf und fand ihn ein paar Meter von mir entfernt, Itachi direkt hinter ihm.

„Ich bin nicht sicher…“, flüsterte ich langsam, mein Blick flackerte zu Itachis roten Augen, die direkt auf mir lagen. Rot, nicht mehr schwarz. Es war reines Chaos. „Ich bin nicht sicher…“
 

Sasuke tauchte aus dem Nichts auf und zerrte mich mit sich, trennte unseren Blickkontakt. Die Verwirrung blieb. Er redete auf mich ein, gab mir kurze Anweisungen, doch ich konnte nicht folgen, er wollte dass ich zurück nach Konoha rannte, das war deutlich aber zwischen all dem Durcheinander und den vielen, vielen Fragen wusste ich eines ganz sicher: Dieses Mal würde ich sie nicht allein lassen. Ich unterbrach ihn, indem ich sein Handgelenk umgriff und den Kopf schüttelte.

„Naruto kämpft völlig allein gegen Itachi.“, erinnerte ich ihn mit klarer Stimme. Er starrte mich an, dann machte er seinen Arm unsanft los und trat einen Schritt zurück.

„Verschwinde von hier…“, wiederholte er mit erbarmungslos funkelnden Augen, dann stürmte er zu Naruto und Itachi. Ich konnte sie nicht damit allein lassen. Ganz gleich, was mit mir geschehen, was aus meiner Erinnerung verschwunden war, dieses Mal würde ich bleiben.

Aber als ich einen Schritt nach vorn machte, schwankte die Lichtung plötzlich und ich musste mich an einem Baum festhalten. Nur langsam wurde alles klarer, ich machte zwei Schritte weiter. Dann trugen meine Beine mich nicht mehr und ich fiel auf die Knie.

„Sakura!“, hörte ich Narutos Stimme rufen und fühlte Sekunden später einen Körper im Rücken, gegen den ich mich ohne Zweifel daran, dass es Naruto war, lehnte, als aus dem Nichts ein Feuer durch meine Adern schoss und plötzlich wieder alles Kopf stand. Ich zuckte zusammen.
 

„Beweg dich nicht.“

Seufzend schloss ich die Augen und ließ mich vollends zurück fallen, die Anspannung verließ meinen Körper...

„Lass sie los!“ Ein verzweifelter Schrei und diese Stimme überschlug sich vor Sorge und Wut. Ich runzelte die Stirn. „Fass sie nicht an!“

„Sakura, du musst weg von ihm!“, brüllte die zweite, hellere Stimme. „Verschwinde von dort!“ Ich richtete mich auf und öffnete die Augen. Doch Itachis Hand hielt mich zurück, bestimmend lag sie um meinen Oberkörper und hielt mich an seine Brust gedrückt. Es war unmöglich, der Verbindung zwischen uns zu widerstehen. Erneut knisterte die Luft um uns herum und die blauen Blitze flackerten über sein Gesicht.

„Ich verstehe es nicht…“, hörte ich mich selbst flüstern. „Was passiert hier?“

Unsere Blicke trafen sich und ich riss den Mund auf. Seine roten Augen strahlten wie Glut, hypnotisch, schoss es mir durch den Kopf, giftig…und plötzlich konnte ich mich nicht mehr bewegen. Er lockerte seine Hände um meine Oberarme, legte sie auf meinen Rücken und unter meine Beine, dann hob er mich hoch. Er setzte an, auf die nahestehenden Bäume zu springen, als ein lautes Kreischen hinter mir erklang.

Ich erkannte sofort das Chidori und auch Itachi blickte auf und an mir vorbei. Im nächsten Moment riss er mich mit sich herunter und wich einem hellen Lichtblitz aus. Meine Haare wirbelten durcheinander, als ich zu Boden stürzte und Itachi seinen Griff verlor, während er sich selbst verteidigte. Ein Feuerjutsu ließ die Luft flimmern. Ich prallte hart auf dem Boden auf, rollte ein Stück und blieb dann vollends liegen, kaum in der Lage den Kopf zu heben. Eine blaue Chakrakugel kam in mein Sichtfeld und zog an mir vorbei.

Für einen Augenblick spürte ich zwei Paar Hände auf meinen Armen. Es fühlte sich an wie eine kleine Explosion, der Höhepunkt der Verwirrung in Kombination mit den Schmerzen...wie Feuer und Eis zugleich. Wie Sonne und Mond. Wie Sommer und Winter. Mein ganzer Körper stand unter Strom und meine Augen fielen zu.
 

Und plötzlich war die Zerrissenheit schlagartig verschwunden.

Ein Paar Hände verlor seinen Griff und jemand anderes als Itachi zerrte mich fort. In der einen Sekunde spürte ich das Verlangen zu ihm zurück zu laufen beinah körperlich, in der anderen wollte ich so weit weg wie möglich. Mein Kopf kippte nach hinten, meine Arme fielen schlaff herab und erst an dem vertrauten Geruch erkannte ich, dass es Sasuke war, der mich mit sich schleifte. Im Hintergrund hörte ich wie Naruto sein Rasengan einsetzte. Sasuke setzte mich rasch ab und ich ächzte leise unter dem Aufprall. Matt öffnete ich die Augen, blinzelte und fand ihn, wie er neben mir kniete und meinen Körper nach Verletzungen absuchte.

„Ich bin nicht verletzt…“, hörte ich meine eigene Stimme lallen. Er reagierte nicht, hob meinen linken Arm und überflog ihn rasch, ehe er sich dem rechten zuwandte. Ich unterdrückte ein schmerzerfülltes Wimmern und kämpfte gegen den hämmernden Kopfschmerz an, der das Reden erschwerte. „Sasuke, ich bin nicht verletzt.“

Flüchtig wandten sich seine roten Augen mir zu und ich starrte ihn an. Natürlich hatte er das Sharingan aktiviert. Er sah damit nur so…er sah so sehr aus wie Itachi. Der Moment verschwand wieder, als er sich über mich beugte und meine rechte Seite inspizierte. Betäubt lag ich da und versuchte, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren, insbesondere dass Sasuke hier bei mir war, während Naruto demnach zurzeit allein gegen Itachi kämpfte. Allein der Gedanke daran schnürte mir den Hals ab und mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen, sodass die anderen Schmerzen in den Hintergrund gerieten. Itachi wollte den Kyuubi und damit Naruto und selbst wenn er sich hauptsächlich auf mich konzentrierte war es Wahnsinn, meinen besten Freund einfach allein zu lassen und ihn damit einem seiner größten Feinde zu überlassen.

Ich hob eine Hand und verbarg das verräterische Zucken, das die Bewegung hervorrief, indem ich Sasukes Handgelenk umgriff. Er drehte den Kopf zu mir. Seine Augenbrauen senkten sich leicht, als er meinen eindringlichen Blick bemerkte.

„Naruto ist…!“
 

Ehe er etwas erwidern konnte, riss er mich zur Seite und Itachi und Naruto zogen an uns vorbei, Naruto war immer zwischen ihm und mir, ließ ihm keine Lücke und keinen Weg. Ich setzte mich rasch auf und sah ihnen besorgt hinterher, ehe schwarze Punkte vor meinen Augen tanzten, weil ich zu schnell die Position gewechselt hatte. Ich schloss die Lider, atmete tief ein und aus und legte eine Hand auf meinen Nasenrücken. Dennoch entging mir nicht, dass Sasuke nichts gesagt hatte.

„Sasuke, es geht mir gut.“, wiederholte ich noch einmal und richtete mich vollends auf. Er kniete noch immer neben mir und warf einen flüchtigen Blick auf die beiden Kämpfenden. Sie waren schnell und ich verlor sie immer wieder aus den Augen aber die Kampfgeräusche sprachen für sich. Diese Sache war verdammt ernst. Mit einer Eindringlichkeit, die mich überraschte, wandte er sich mir zu und sein Blick war eindeutig wütend, wenn er es auch nicht anhand seiner Mimik erkennen ließ, die wie so oft ausdruckslos und kalt war.

„Du bist hier keine Hilfe.“ Ich zog zischend die Luft ein und starrte ihn kreideweiß an. „Du kannst nicht gegen ihn kämpfen aber er benutzt dich immer wieder, vor allem als Druckmittel gegen uns, gegen mich.“ Atemlos lauschte ich seiner berechnenden Stimme. „Es gibt nichts zu diskutieren, du wirst sofort von hier verschwinden, wenn dein Kreislauf wieder stabil ist.“

Narutos Schrei zerriss die trügerische Ruhe und wir beiden rissen den Kopf herum um zu sehen, dass er blutete aber aufrecht stand und erneut auf Itachi losging.

„Ich lasse euch nicht allein.“, zischte ich entschlossen zurück, plötzlich sehr wohl fähig Worte zu finden. Sasuke knurrte leise, ebenso wie ich wollte er keine Zeit mehr verschwenden.

„Sakura, jeden Moment wird er das Jutsu vollenden und du kannst nichts gegen ihn ausrichten. Wenn du bleibst…“

„Was soll das heißen, ‚er wird das Jutsu vollenden‘?“, unterbrach ich ihn entsetzt. Er schenkte mir einen Blick, der sehr an Mitleid erinnerte, wenn ich nicht gewusst hätte, das Sasuke so etwas niemals zeigte. „Er hat es doch bereits beendet, Sasuke!“ Ich hörte selbst wie armselig das klang. Und ich wusste genau, wie sehr ich mir wünschte, dass er meine Worte bestätigen würde. Er schüttelte den Kopf.

„Du glaubst doch nicht wirklich, dass ihm das hier reicht?“ Er deutete auf mich und ich sah an mir herab um schließlich wieder ihn zu fixieren. „Sobald er dich berührt, wirst du zu seinem treuen Schoßhündchen. Und das ist noch längst nicht das Schlimmste, was er mit dir machen kann.“, fuhr er bitter fort und ich sackte zurück auf meine Knie, geschockt von seiner Beschreibung und ebenso geschockt, dass ich nicht wusste, wovon er sprach.

„Was meinst du damit? Was passiert, wenn er mich…berührt?“, fragte ich so leise, dass er mich kaum hören konnte. Er seufzte schwer.

„Geh jetzt, Sakura… Naruto kann nicht ewig meinen Platz einnehmen...“ Als ich nicht reagierte, zog er mich kraftvoll auf die Beine, sodass ich taumelte, ehe ich mein Gleichgewicht wiedergewann. „Das hier ist kein Spiel.“ Seine Augen verengten sich zu Schlitzen und jetzt klang er auch wütend. Aber ich konnte sie nicht verlassen.

„Wenn du nicht freiwillig gehst, dann wird Naruto dich fortbri…“ Der Rest ging in einem abgehackten Aufschrei von Besagtem unter.
 

Als ich den Kopf herumriss, hörte ich sein schmerzerfülltes Stöhnen. Erschüttert sah ich wie Itachi Naruto zu Boden warf und mehr als nur ein paar Shuriken in seiner Brust steckten. Das nächste zielte direkt auf sein Herz, Itachi trat noch weiter vor.

„Naruto, nein!“ Ich setzte nach vorn, plötzlich zurückgehalten von Sasukes ausgestrecktem Arm. „Sasuke…“ Meine Stimme war nur ein entsetztes Flüstern, als ich erkannte, dass er ihm nicht helfen würde.

„Er ist hinter dir her, es wäre genau das was er will, dich jetzt allein zu lassen.“ Ich blickte über seine Schulter und fühlte eine furchtbare Hilflosigkeit in mir aufwallen. Naruto sah seinem Gegner direkt entgegen, seine blauen Augen leuchteten, während er auf diesen tödlichen letzten Schlag wartete. Sasuke drehte den Kopf zu ihm.

„Naruto!“ Ich warf mich gegen Sasukes Arm, zerrte an seinem Ärmel und fand mich schließlich in einem Griff wieder, der mir nicht einmal genug Raum zum Atmen gab.

„Warte.“, knurrte er unterdrückt. „Warte, Sakura.“

Ich hörte ihm nicht zu, ich kam nicht weg, konnte ihm nicht helfen, konnte nur zusehen…hilflos zusehen. „Naruto!

Das Kunai in Itachis Hand blitzte auf, als er es herabsenkte. Ich war unfähig meine Augen zu schließen und sah voller Entsetzen, wie es Narutos Brust erreichte…

Ein Schatten tauchte in meinem Sichtfeld auf und ein sehr vertrautes Klingen hallte in meinen Ohren nach, als Itachis Kunai geblockt wurde. Adrenalin strömte durch meine Adern, Erleichterung mischte sich mit Schock als Itachi aufschaute und Narutos Augen sich schlossen und sein Kopf zur Seite fiel. Ich fixierte den Mann neben ihnen, atemlos. Er richtete sich auf, ein weißes Katana vor sich erhoben und hob den Kopf…
 

Es war Kakashi.

Völlig überfordert hörte ich auf gegen Sasukes Griff anzukämpfen und konnte nichts weiter tun, als das Bild vor mir anzustarren. Itachis Mundwinkel verzogen sich zu einem amüsierten Lächeln und dann schenkte er mir einen Blick, der mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Ein Blick, der mehr sagte als jedes Wort. Jetzt war auch er Itachi ausgesetzt. Auch Kakashi…

Mein Herz fühlte sich an, als würde es jeden Moment stehen bleiben, als ich ihn genauer musterte und ihn dabei doch nicht wirklich sah. Hier? Jetzt? Wie war das möglich? So lange Zeit hatte ich ihn nicht gesehen. Ich hatte ihn verletzt, verraten und verlassen und plötzlich war er hier.

„Kakashi…“ Er wandte den Kopf und erblickte Sasuke und mich. Ich zuckte zusammen, als ich sah wie blass er war. Sasuke lockerte seinen Griff etwas und ich schnappte nach Luft, mir nicht bewusst, wie lange ich nicht geatmet hatte.

„Ich sagte doch, warte.“, grollte er leise. „Wir haben das Dorf informiert, sobald wir deine Spur hatten. Kakashi gehört zu unserer Verstärkung.“ Sprachlos lauschte ich seiner Erklärung. Verstärkung? Sollte doch nicht alles umsonst gewesen sein?

Naruto ächzte leise und seine Lider flatterten, Kakashi sah herab und auch mein Blick zuckte zu ihm, als ein Windstoß an mir vorbei zog und Sasuke mich augenblicklich hinter sich drängte. Instinktiv hob ich ein Kunai und stellte mich an seinen Rücken.

„Ich bin dein Gegner, sie hat nichts damit zu tun.“ Ich riskierte einen Blick an Sasuke vorbei und nahm Itachis noch immer vorhandenes Lächeln wahr, als er ihn auffing. Er wirbelte ein Kunai in der rechten Hand, warf es und fang es wieder auf. Das Metall glänzte in der Sonne.

„Keine Sorge, Sasuke.“ Er lachte leise auf. Eine Gänsehaut lief über meinen Rücken, Sasukes Schultern hinter mir spannten sich an. „Du stehst ebenso auf meiner Liste, wie sie.“ Er nickte mit dem Kopf in meine Richtung und alle meine Muskeln zogen sich schmerzhaft zusammen, als ich seinem Blick auswich und Sasukes Rücken fixierte. „Nur steht sie weiter vorn als du, warte bis du an der Reihe bist.“

Sasukes Hände ballten sich zu Fäusten.

Er stürzte auf seinen Bruder zu und Itachi reagierte nicht weniger schnell, Sasukes Kusanagi traf klirrend auf nicht mehr als ein Kunai und trotzdem stoppte Itachi jeden Angriff mit nur einer Hand bis meine normalen Augen diesem Kampf nicht mehr folgen konnten. Ich machte ein paar Schritte zurück, als ich eine Bewegung aus dem Augenwinkel wahrnahm und den Kopf herumriss. Vier ANBU setzten an mir vorbei und visierten Itachi und Sasuke an. Fassungslos verfolgte ich wie Itachi sich ihnen zuwandte und dennoch nicht von Sasuke getroffen wurde.

Die Gruppe entfernte sich rasch und verließ schließlich die Lichtung, verschwand immer mehr zwischen den Bäumen bis ich sie nicht mehr sehen oder hören konnte. Ich war völlig erstarrt, als wie ein Blitz die Erinnerung an Naruto auf dem Boden zu mir zurückkehrte.
 

Ich drehte mich um und erblickte erleichtert wie Naruto sich gerade aufsetzte, Kakashi kniete neben ihm und stützte seinen Rücken. Er redete rasch auf ihn ein und Naruto nickte langsam. Die Stirn voller Sorgenfalten überbrückte ich schnell den Abstand zwischen uns und kniete mich auf Narutos andere Seite. Kakashi verstummte abrupt und ich spürte seinen Blick auf mir ruhen, doch ich konzentrierte mich stur auf meinen besten Freund vor mir.

Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen und seine Hände zitterten, so sehr er auch versuchte es zu verbergen. Tränen der Wut und Trauer schlichen sich in meine Augen, ehe ich sie wegblinzelte.

Seine Brust war voller Blut. Er musste große Schmerzen haben.

„Naruto, hast du starke…“

„…reicht mir nicht, wie viel genau? War es genug?“ Ich hatte nicht gehört, dass die beiden ihr Gespräch fortgesetzt hatten aber sie schienen mitten in einer Befragung zu sein. Nur dass die Befragung wie ein Verhör klang. Kakashi sah nicht mehr mich an, dafür fixierte er eindringlich Naruto und dieser schaute nun ebenso ernst zurück. Ich wandte mich wieder Narutos Verletzungen zu, schnitt vorsichtig sein Shirt auf und musterte flüchtig seinen Oberkörper, dann legte ich beide Hände sanft auf seine Brust, schloss die Augen und tastete mich so schnell wie möglich zu den wichtigsten Organen vor.

„…es war definitiv sehr viel.“ Naruto senkte die Stimme zu einem zornigen Flüstern. „Wir konnten ihn nicht dabei unterbrechen, so sehr wir es auch versucht haben aber er hielt ein Kunai an ihren Hals und hatte diese Wand aufgebaut, wir haben sie nicht zerstören können bis er abgelenkt war…“

„Dann ist es nicht mehr rückgängig zu machen…“ Kakashi fuhr sich seufzend durch die Haare, die sofort wieder nach vorn fielen. „Aber ich bin sicher, ihr habt ihn rechtzeitig unterbrochen, ehe er beenden konnte, was er angefangen hat…“ Naruto nickte knapp und kniff ein Auge zusammen, als ich eines der Kunais herauszog und im selben Moment Chakra in die Wunde fließen ließ. „Der Beweis dafür sitzt hier vor uns.“ Er schenkte mir ein mattes Lächeln. Was hatte ich verpasst?

„Deine inneren Verletzungen, wenn du denn welche hattest, hat der Kyuubi bereits geheilt.“, erklärte ich rasch, als die beiden für einen Moment schwiegen und entfernte das letzte von fünf Shuriken. Kakashi richtete sich auf und griff nach seinem Katana.

„Zumindest eine gute Nachricht… War das alles?“ Ich schaute verwirrt zu ihm auf aber er konzentrierte sich noch immer auf Naruto, dessen Mund sich zu einem schmalen Strich verzogen hatte, als er erneut kaum merklich nickte. „Haltet euch an meine Anweisungen, sobald deine restlichen Verletzungen geheilt sind.“

Kakashi drehte sich um und ich verfolgte sprachlos wie er das Katana aus seiner Hülle zog und Anstalten machte, die mittlerweile schrecklich stille Lichtung zu verlassen.

„Welche Anweisungen? Naruto, was soll das alles? Worum geht es?“ Er schenkte mir nur einen flüchtigen Blick.

„Kakashi.“ Seine Stimme war todernst. „Sasuke ist mein bester Freund und wenn ich nicht da sein kann, um ihn zu unterstützen, dann musst du diese Rolle für mich übernehmen.“ Kakashi drehte sich nicht um, stattdessen winkte er mit einer Hand ehe er innerhalb eines Augenaufschlags den Kämpfenden gefolgt war.

Sofort schien mich die Stille zu erdrücken. Mein Herz schlug heftig gegen meinen Brustkorb, als die wachsende Panik mich überrollte und meine Stimme wackelig machte.

Was ist hier los? Ist er den anderen hinterhergelaufen? Worüber habt ihr gesprochen?! Worüber Naruto?!“ Ich drehte mich um, als er nicht antwortete. „Naruto…“

Er war nicht hier. „Naruto…?“
 

2)

Ein Rascheln direkt hinter mir, ließ mich zusammenzucken. Ich warf den Kopf herum, ließ den Blick über die Lichtung schweifen, während ich aufstand und ein Kunai zog. Das Rascheln erklang erneut. Ein schwarzer Vogel saß nur ein paar Bäume entfernt zwischen den dunklen Zweigen und schlug mit den Flügeln. Ich starrte ihn an. „Naruto…“
 

Ein Räuspern hinter mir verlangte meine Aufmerksamkeit. Er lehnte an einem Baumstamm, im Schatten dichter Tannen, sein blondes Haar fiel ihm in die Augen. Ich atmete aus und fuhr mir über die Stirn, ließ das Kunai sinken. Wie hatte ich ihn übersehen können? Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt.

Sofort kehrte das schlechte Gewissen wieder zurück. Ich bedrängte ihn mit all meinen Fragen, wo er noch immer so blass war und seine Augen so unglücklich, doch woher sollte ich meine Antworten sonst bekommen? Ich machte ein paar Schritte auf ihn zu. „Naruto, du solltest lieber noch etwas liegen bl…“

„Ist schon gut, mir geht es Bestens.“ Ich warf ihm einen zweifelnden Blick zu, beschloss aber ihm vorerst seinen Willen zu lassen.

„Was hat Kakashi dir gesagt?“ Einige Sekunden, die mir so viel länger vorkamen, vergingen, dann schaute er mich mit all seinen Sorgen im Gesicht an. Ich blieb stehen.

„Kakashi wird Sasuke und die Anbu im Kampf unterstützen. Er wird meinen Platz einnehmen.“ Ich fühlte mich unendlich erschöpft. All die Wochen die ich nach Itachi gesucht hatte und die wenigen Stunden, die ich, die wir bereits gegen ihn kämpften…Naruto und Sasuke, die plötzlich hier aufgetaucht waren, dann Kakashi…Stunden zwischen Bangen und Hoffen. All das war eine tonnenschwere Last auf meinen Schultern. Es fiel mir schwer, trotzdem Worte zu finden, obwohl ich des Redens so müde war...

„Wir können sie nicht damit allein lassen…“ Er sah zu Boden. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie der schwarze Vogel seinen Kopf schief legte und bewegungslos so verharrte. Ich versuchte, mich nicht von ihm ablenken zu lassen. „Was hat Kakashi dir gesagt?“, wiederholte ich noch einmal.

Er schaute flüchtig auf und fing meinen Blick. „Ich soll hier bleiben und alles tun um dich von Itachi fernzuhalten. So lange bis sie ihn getötet haben.“ Ich schnappte nach Luft.

„Mich von ihm fernhalten…? Aber…“ Ein anderer Gedanke übertönte den ersten. „Bis sie ihn getötet haben? Du meinst, bis sie ihn gefangen genommen haben.“ Er schüttelte den Kopf und seine blauen Augen funkelten. „Aber Nuke-Nin werden nur dann getötet, wenn eine Gefangennahme unmöglich ist…“, flüsterte ich tonlos. „Sie können nicht einfach…sie werden nicht…“
 

Naruto lehnte sich vor und machte ein paar Schritte, ehe er dicht vor mir stehen blieb und den Kopf neigte. Hinter mir hörte ich erneut das Rascheln von Flügeln.

„Was ist los, Sakura? Hast du ein Problem damit, wenn sie diesem Mistkerl geben, was er verdient hat?“

Mit großen Augen starrte ich zurück. „Was…?“

„Du weißt genau was ich meine. Sasuke hat seit so vielen Jahren nur dieses eine Ziel und seit er dir all diese Dinge angetan hat, will er sich nur umso mehr rächen. Und Tsunade kannst du es wohl kaum verübeln, dass sie den Befehl gegeben hat, ihn sofort umzubringen, wenn die Möglichkeit besteht?“ Er trat weiter vor und plötzlich fiel mir auf, wie schwer es war, nicht weiter zurückzuweichen. Die Lichtung hallte von dem Geräusch aneinander geriebener Federn wider. „Was ich nicht verstehe ist, wie man da noch zögern kann, wie auch nur irgendjemand der nur die Hälfte der Geschichte kennt, zögern würde?“

„Was willst du damit sagen, Naruto? Ich verstehe nicht…“

„Du hast dich allein auf die Suche nach ihm gemacht.“ Ich zuckte zurück, als er mir sein schmerzerfülltes Gesicht zuwandte.

„Du weißt, warum ich das getan habe, Naruto, du weißt dass…“

Er schüttelte den Kopf. „Ich hätte dich niemals gehen lassen. Sasuke wusste nicht, was er tat, er hat so viel anderes zu überdenken, er…“

„Er wusste nicht, was er tat? Natürlich wusste er es! Er wollte mich nicht mit euch gehen lassen, er…“

„Weil er dich liebt! Er liebt dich und selbst wenn dem nicht so wäre, würde er niemals jemanden der Gefahr seines Bruders aussetzen! Wie kannst du ihm so etwas vorwerfen? Was stimmt nicht mit dir?“

Ich prallte gegen einen Baumstamm in meinem Rücken und eine schwarze Feder fiel vor mir zu Boden, ich schaute nach oben als ein weiterer dunkler Vogel direkt über mir wild mit den Flügeln schlug.

Doch Naruto hatte noch nicht alles gesagt, was er sagen wollte. „Du hast es ihm so einfach gemacht, nur weil du immer wieder allen beweisen musst, dass du nicht mehr schwach bist…du bist direkt zu ihm gelaufen und hast dich auf den Präsentierteller gelegt, er musste doch nicht einmal einen Finger krumm machen, um das Jutsu zu beenden!“

„Das ist nicht wahr! Naruto, das ist nicht wahr…!“ Ich klammerte mich an die Baumrinde. Zu lange hatte ich mich davor gefürchtet, solche Worte hören zu müssen.

„Hast du mal daran gedacht, dass Itachi das alles nur tut, um Sasuke noch mehr zu quälen? Hast du nur einmal einen Gedanken daran verschwendet, dass es nicht darum geht, dass du dich hier beweisen kannst?“

Ich hatte keine Worte mehr. Ein leises Krächzen aus dem Baum fuhr mir tief in die Glieder.
 

Keine Zeit. Denk an die anderen, denk an Sasuke und Kakashi…

Doch ich konnte mich nicht von Narutos Anblick losreißen. Er wirkte auf einmal völlig anders. Fremd. Und doch war er es, der vor mir stand. Er atmete schwer aus und ließ den Blick über die Lichtung schweifen. Als ich zu Boden sah und versuchte meinen Kopf wieder klar zu bekommen, mich zusammenzureißen erstickte er jeden Versuch im Keim. Seine Worte trafen mich mitten ins Herz, es splitterte und zurück blieben nur scharfe Kanten wie die einer zerbrochenen Scheibe aus Glas.

„Ich habe dir immer und immer wieder gesagt, dass ich dich niemals für schwach gehalten habe und wie falsch es war, dass du dich so sehr damit gequält hast, was Sasuke einst zu dir gesagt hat…“

Ich schüttelte matt den Kopf und schloss die Augen. Ich wusste, was er noch sagen wollte. Eine Feder fiel herab und verfing sich in meinem Haar. „Bitte tu das nicht…sag es nicht…“

Er sprach unbarmherzig weiter, nichts würde ihn davon abhalten die Wahrheit in Worte zu fassen. „So viele Jahre…“ Er machte ein paar Schritte auf mich zu und ich drückte mich noch weiter gegen den Baumstamm, krallte die Finger in die kantige Rinde in meinem Rücken. „Du hast Jahre dafür gegeben, nur um niemals wieder dieses eine Wort ertragen zu müssen. Schwach.“ Ein Zittern lief durch meinen Körper. Ich kniff die Augen zusammen. Naruto hatte niemals zuvor so mit mir gesprochen.

Er hatte mir niemals Leid zugefügt. Niemals.

Das hier hatte ich verdient. Aber es tat weh und neben all den Schmerzen zuvor, neben der Erschöpfung und der Angst, riss es eine neue Wunde auf, von ihm hören zu müssen, dass alles meine Schuld war.

Ich hatte nicht bemerkt, wie nah er nun wieder vor mir stand. Seine Hände griffen in meinen Kragen. „Weißt du, was ich wirklich denke?“ Seine Stimme war nur ein Flüstern aber so nah…ich spürte die Kraft in seinen Händen, wie sie den Stoff meines Shirts zusammenzogen und öffnete die Augen, hob den Kopf. Ich sah ihm entgegen und blickte vollkommen erstarrt in seine hellblauen Augen, die nun eine Kälte ausstrahlten, die ich noch niemals zuvor dort gesehen hatte. „Es ist als würdest du ihn schützen wollen…“
 

Das Krächzen wurde lauter und verlangte nach Aufmerksamkeit, es war unmöglich zu ignorieren. Naruto lehnte sich noch etwas vor und ich spürte seinen Atem auf meiner Wange.

Mir war kalt. Meine Hände fühlten sich taub an.

Es stimmte nicht. Hier stimmte etwas nicht.

Ich konnte nichts erwidern, schaute flehend in diese so vertrauten Augen und konnte doch nichts wiedererkennen. „Naruto…diese Vögel…“

Ich hob meine eigenen Hände und legte sie auf seine, die noch immer meinen Kragen umgriffen. Als ich sie berührte, schoss heißes Feuer durch meinen Körper, ersetzte die schreckliche Kälte mit einer lodernden Hitze. Und ich kannte dieses Gefühl.

Hinter ihm sprangen von links und rechts die schwarzen Vögel von den Ästen, setzten zu einem lautlosen Segelflug an und raschelten mit den breiten Flügeln, als sie auf dem Boden landeten und zu mir herüber starrten. Es waren Krähen.

Ich blickte zurück zu Naruto und im Hintergrund verschwammen die Vögel zu schwarzen Schatten, ihr Krächzen drang laut an mein Ohr. Narutos Griff lockerte sich, als meine Hände herabsanken. Er legte eine Hand unter mein Kinn. Seine blauen Augen wurden rot und sie glommen auf, als er sich in einer schnellen Bewegung zu meinem Ohr vorlehnte und in den Wirbel des Augenblicks etwas flüsterte. „Gibst du jetzt auf, Kirschblüte?
 

Ein Genjutsu. Wie dumm von mir…

„…aber wann…?“, kam es tonlos über meine Lippen. Naruto…wo war Naruto? Ich spürte allzu schnell wie all die Fragen davon drifteten, wie sie an Bedeutung verloren, wie sie verschwanden. Zuletzt blieb mir nur noch ein Wort, das langsam verblasste. Warum?

Die roten Augen kamen näher, schwarzes Haar verwischte mein Sichtfeld, ich versank in den Tiefen des Sharingan. Itachi neigte seinen Kopf, verharrte einen Moment vor meinen Lippen und sah mir in die Augen. Mein Kopf füllte sich mit dichtem Nebel, als ich darum kämpfte, bei Bewusstsein zu bleiben. „Wie…?“, flüsterte ich, als ich kaum noch stehen konnte. „…wie…“

„Gegen mich kannst du niemals gewinnen.“ Seine Stimme hallte in meinen Ohren wider. Kalt und beinah gelangweilt. Sein Blick wanderte zu meinem Mund. Dieses Mal hatte seine Berührung mich nicht sofort überwältigt, doch ich spürte, dass ich nicht mehr länger standhalten konnte. War das Jutsu noch immer nicht komplett? Fehlte noch immer etwas? War dies ein letzter Rest Widerstand, der mir geblieben war? Gleißender Hass wallte in meiner Brust auf, als ich sah wie er meine Lippen betrachtete.

„Willst du immer noch kämpfen?“ Ich konnte diesen neuen Ton in seiner Stimme nicht sofort identifizieren, zu anstrengend war es allein, mich aufrecht zu halten. Er musste nichts tun, um mich am Handeln zu hindern, seine Berührung war genug. „Reicht es dir nicht?“ Jetzt wusste ich, was seine Stimme preisgab. Er hörte sich an, als ob er sich in seinem ganzen Leben nicht besser amüsiert hatte.

Meine Augenlider flatterten und alles verschwamm, das rote Leuchten jedoch blieb. Ich konnte nicht antworten, nicht einmal den Kopf schütteln. Naruto…wo…?

„Kannst du eine Niederlage akzeptieren, Sakura?“

Meine Augen fielen zu und mein Kopf kippte nach hinten, doch er hielt mich am Kinn zurück. Mir war so heiß, mein Körper fühlte sich an, als würde er verbrennen. „Sag mir, dass du aufgibst.“ Er zwang mich, ihn anzusehen. Erniedrigt blickte ich ihm entgegen ohne wirklich etwas zu sehen. So heiß...so müde...so schwach… „Gib auf.“

Ich konnte nicht mehr stehen, meine Beine gaben nach. Er fing mich auf und das Feuer loderte auf, je mehr er mich berührte. Chakra bildete sich um uns herum, blaue Blitze wurden sichtbar und zuckten vor meinem Auge, umfingen uns wie ein Netz aus purer Energie. Ich driftete zwischen Bewusstsein und Schwärze hin und her, unfähig zu sprechen oder mich zu bewegen. Und plötzlich war die Hitze verschwunden.
 

Mein Kopf lehnte an rauer Rinde, meine Beine berührten den kühlen Waldboden. Ich öffnete ein Auge und sah Itachi vor mir stehen, weit genug weg, sodass das Knistern von Chakra in der Luft nicht mehr wahrnehmbar war. Er wollte hören, dass ich es sagte. Gib auf. Sein Blick war entschlossen. Ich weigerte mich, zu gehorchen. Wo war Naruto? Wo waren die anderen, wie war er ihnen entkommen? Oder waren sie…?

Ich hörte, wie etwas Schweres über den Boden gezogen wurde und öffnete die Augen gänzlich. Im nächsten Moment schleifte Itachi ein bewegungsloses Bündel über die Lichtung hinter sich her. Blondes Haar.

Naruto…!“ Was sonst ein Schrei gewesen wäre, war nicht mehr als ein Wispern. Ich hatte keine Kraft mehr…

Itachi wartete nicht lange, er zückte ein Kunai und hielt es Naruto an den Hals. Ich fokussierte meinen besten Freund, sah wie blass er war. Und meine Entscheidung war längst gefallen.

„Ich gebe auf.“

Selbst in meinem dämmerigen Zustand hörten sich diese Worte schrecklich endgültig an.

Augenblicklich ließ er Naruto fallen, achtete nicht darauf, dass er mit der Stirn auf dem Boden aufschlug oder dass er nicht atmen konnte, wenn er auf dem Gesicht lag. Er rührte sich nicht, schenkte mir kein zuversichtliches Lächeln oder zwinkerte mir zu, ehe er Itachi überwältigen und alles wieder gut machen würde. Er lag einfach nur da. Leblos.

Und dann stand Itachi wieder vor mir, zog mich hoch und erweckte das Feuer zu neuem Leben. Ich unterdrückte ein Wimmern. „Naruto…“

Wie gern hätte ich meine alte Stärke zurück. Es war nichts mehr übrig.
 

Ein letzter Blick in meine Augen, dann zog er mich an sich und presste seinen Mund auf meinen. Es fühlte sich an, wie eine Explosion aller Sinne, wie ein Blitz der mit voller Kraft einschlägt und alles vor meinem inneren Auge wurde gleißend hell. Von einem Moment auf den anderen frei von all der Angst, der Erschöpfung und der Demütigung, frei von meiner Sorge um die anderen und frei von den Erinnerungen, die er mir einst genommen hatte, spürte ich wie die Hitze sich noch steigerte und hörte wie Chakra uns einschloss und um uns herum tobte. Als seine Zunge meine Lippen trennte, ging ein Teil seines Chakras auf mich über, jede meiner Zellen kribbelte und sträubte sich für einen Moment gegen die fremde Energie. Meine Lippen brannten.

Er biss auf meine Zunge und der erst noch stechende Schmerz verebbte, als ich zusätzlich zu meinem Blut auch seines schmecken konnte.

Dann schwand das Feuer, die blauen Lichtblitze wurden langsamer und mein Körper kämpfte nicht länger gegen den neuen Teil in mir an. Für einen Moment wurde noch einmal alles weiß und als das Licht verblasste und mich langsam wieder sehen ließ, war es vorbei und er löste sich von mir, machte ein paar Schritte zurück. Ich fasste mir an die Brust und spürte meinen Herzschlag dumpf und schwer.

Die bleierne Müdigkeit war verschwunden. Ich fühlte nach meiner Kraft, spürte ihr nach und erkannte, dass sie nicht nur aufgefüllt worden, sondern auch größer geworden war. Sie durchströmte mich, begierig darauf, von mir frei gelassen zu werden, sodass jede Bewegung sich wie ein kleiner Stromstoß anfühlte.
 

3)

Ich hob den Kopf und schaute mich um.

Die Sonne stand tief und die Lichtung um mich herum war an einigen Stellen stark zerstört, doch all das rückte in den Hintergrund, als er meinen Blick auffing. Ich lächelte amüsiert und deutete mit dem Kinn auf das Schlachtfeld. „Dein Verdienst?“

Seine roten Augen funkelten und sein Mund verzog sich zu einem süffisanten Lächeln. Ich überflog die Lichtung erneut, dann wandte ich mich mit einer neuen Idee ihm zu. Er stand ein paar Meter weit entfernt, beinah in der Mitte der Lichtung. Wie schnell konnte ich bei ihm sein?

Es war nur ein Augenblick, die Zeit, die es benötigt, die Lider zu schließen und wieder zu öffnen, ehe ich einen Finger auf seine Brust legte und zu ihm aufsah. Er war nur etwas größer als ich. „Schnell…“,schnurrte ich mit einem langsamen Augenaufschlag.

Mein rechter Zeigefinger wanderte seine Brust entlang, über seine Halsschlagader und schließlich unter sein Kinn. Das tiefdunkle Rot seiner Sharingan folgte jeder meiner Bewegungen.

Blitzschnell griff ich in seinen Nacken und zog ihn zu mir herab, versiegelte unsere Lippen in einem verzehrenden Kuss, voller überschüssiger Kraft. Einer seiner Mundwinkel zog sich in die Höhe, amüsiert durch mein begieriges Ausprobieren dieser neuen Macht. Ich strich mit den Zähnen über seine Unterlippe, schmeckte die verbliebene metallische Note von süßem Blut und spürte wie die Muskeln in seinem Nacken sich anspannten. „Und stark…“, wisperte ich gegen seinen Mund. Wie weit konnte ich gehen? Meine Zunge zog die Konturen seiner Lippen nach, wieder strichen meine Zähne über die dünne Haut.

Als ich zubiss, schnellte er vor, umfasste meinen Kopf und riss meine eigene Hand in seinem Nacken los. Ich prallte gegen einen Baumstamm und zog zischend die Luft ein, ehe er sich gegen mich presste und meine Arme links und rechts von mir an die Rinde pinnte. Ich konnte seine Stärke deutlich fühlen, als er hungrig unsere Lippen verband und musste bedauernd feststellen, dass meine noch immer deutlich geringer war.
 

„Gefällt sie dir?“

Ich wusste genau, wovon er sprach. „Sehr…“

Er blickte auf mich herab und ich leckte über meine Lippen. „Du wirst sie brauchen.“

„Sakura!“

Ich drehte den Kopf, mir deutlich bewusst, dass er sich nicht umwandte und noch immer mich fixierte.

„Sakura! Sakura!“

Jemand rief meinen Namen. Ich warf Itachi einen fragenden Blick zu. „Wer…?“

Das Lächeln eines Jägers legte sich auf seine Mundwinkel und er lehnte sich zu meinem Ohr vor. „Mein geliebter kleiner Bruder…“

Sasuke, ich kann ihn spüren!

Ich starrte auf die Lichtung. „Und der Zweite?“

Er lachte leise neben meiner Schulter. „Sein alter Sensei.“

Ich nickte langsam. „Wen…?“

„Such ihn dir aus.“ Er lehnte sich zurück und legte den Kopf schief.

„Sakura!“

Sakura!“ Die Stimmen kamen näher.

„Was ist mit den ANBU hinter ihnen?“

„Ich kümmere mich darum.“

„Sakura, er hat uns getäuscht! Itachi ist in der Nähe!“

Ich lachte leise auf und blickte auf die wenigen Zentimeter, die uns trennten.

Lauf, Sakura!

„Hm.“ Ich zog eine Augenbraue hoch und schaute auf meine Hände, die noch immer zu beiden Seiten von Itachi festgehalten wurden. Er folgte meinem Blick. Mit einem belustigten Lächeln und einem eisigen Funkeln in seinen Sharingan lockerte er seinen Griff und machte einen Schritt zurück, ohne unseren Blickkontakt zu trennen. Während ich meine Arme herab nahm und leicht kreisen ließ, griff er in die rechte Tasche seines schwarz-roten Akatsuki Mantels und zog meine alte Kunaitasche daraus hervor.

Ich nickte anerkennend und lachte leise auf. „Die könnte durchaus hilfreich sein.“

Einer seiner Mundwinkel zog sich leicht in die Höhe, als er sich vorbeugte und die Tasche mit wenigen gezielten Handgriffen um meinen Oberschenkel band. „Es sind nicht nur Kunais.“, sagte er beiläufig und seine tiefe Stimme ließ einen Schauer über meinen Nacken laufen. „Du findest sicher noch ein paar andere für dich nützliche Dinge darin.“

Seine Hände verweilten einen Moment zu lang auf meinem Bein, fuhren gekonnt über die sensible Haut, ehe er bedauerlicherweise vollends zurück trat und meine Entscheidung geduldig abwartete. Die Rufe kamen noch näher.
 

Ich wusste, gegen wen Itachi wirklich kämpfen wollte, auch wenn er sagte, dass er mir die freie Wahl ließ. Ich hatte es in seinen Augen gesehen, als er von seinem Bruder sprach, obgleich ich nicht wusste, weshalb er gegen seinen eigenen Bruder kämpfte. Außerdem hatte ich nichts gegen etwas Abwechslung. Ein Kampf gegen einen Jonin? Warum nicht.

„Ich will den zweiten.“

Seine Augen blitzten auf. „Ganz wie du wünschst.“ Ein dunkles Lachen schwang in seinen Worten mit. Triumphierend. In einer fließenden Bewegung und mit einem letzten durchdringenden Blick, drehte er sich um und wandte sich dem Rand der Lichtung zu. Für einen Moment erhaschte ich jemanden am Boden, dann schulterte Itachi ihn und lief weiter. Blondes Haar fiel dem Fremden über das Gesicht, Stoff in einem grellen Orange leuchtete unter Dreck und Blut.

Ich blinzelte einmal und Itachi war verschwunden, ich war allein. Ich konnte ihn spüren, konnte fühlen, wie er durch die dichten Bäume glitt, leise wie die Nacht, während die Verbindung zwischen unseren Körpern und unseren Seelen mir jede seiner Bewegungen verriet. Für einen Moment erinnerte ich mich seiner Berührung und seiner Wärme, dann blendete ich alles aus und konzentrierte mich auf die Chakrasignaturen, die sich mehr und mehr näherten und jeden Moment die Lichtung betreten würden.

Laut hallten ihre Rufe im Wald wider und schreckten ein paar Vögel, nur wenige Meter entfernt, auf, dann brach der erste aus dem Wald hervor und ließ seinen rastlosen Blick hastig über die Lichtung schweifen. Er setzte erneut an, meinen Namen zu rufen, als er mich sah und erstarrte.

Ich lehnte bewegungslos an der alten Tanne hinter mir und beobachtete ihn aus den Schatten. Nur ein einziger Blick sagte mir, wer hier vor mir stand, die Ähnlichkeit war unverkennbar und im Zweifelsfall war das Sharingan Zeichen genug. Dies war Itachis jüngerer Bruder.
 

Zuerst waren seine Schultern noch angespannt und er scannte erneut die Umgebung, ohne mich allzu lang aus den Augen zu lassen. Dann schaute er mich genauer an, sein Blick wanderte von meinen Füßen bis in mein Haar und schließlich blieb er für einen Moment an dem nachlässig auf meinem rechten Zeigefinger baumelnden Kunai hängen.

„Warum hast du nicht geantwortet?“

Seine Sharingan waren die gleichen wie die von Itachi, ebenso dunkelrot, ebenso aufmerksam. Doch er ähnelte ihm in noch mehr als nur dieser Hinsicht. Seine dunklen Haare hatten den gleichen schwarzen Schimmer, seine Haut war ebenso blass und makellos. Wenn er sprach, klang er genauso ernst, doch verbarg seine Stimme nicht alle Emotionen so perfekt wie Itachis. In diesem Moment hörte ich das Misstrauen darin. Scharfsinnig...

„Worauf antworten?“, fragte ich beiläufig. Seine Augenbrauen senkten sich leicht. Er ignorierte meine Gegenfrage und überbrückte den Abstand zwischen uns mit wenigen Schritten. Ich ließ ihn nicht aus den Augen und neigte den Kopf, neugierig, was er jetzt tun würde. Doch er verharrte zwei Meter vor mir. Seine Sharingan untersuchten meinen Körper, schienen durch mich hindurch zu blicken. Er wusste sofort, dass etwas anders war, hatte es bereits gewusst, als er die Lichtung betreten hatte.

„Wo ist Itachi?“ Er kam nicht näher. War ihm bewusst, dass er bereits die wichtigste, die entscheidende Frage gestellt hatte? Hatte er den gleichen Scharfsinn wie sein Bruder?
 

„Sakura!“

Ein zweiter Ninja stürzte auf die Lichtung. Rasch prüfte er die Umgebung, genau wie der andere zuvor, dann kam er neben ihm zu stehen. „Sakura…“

Auch hier war unverkennbar, wer er war, abgesehen davon, dass der erste bereits Sasuke sein musste. Mehrere Dinge fielen mir sofort ins Auge. Die dunkle Maske, die sein Gesicht beinah komplett verhüllte und nur sein rechtes Auge freiließ, während das andere von seinem Hitai-ate verdeckt war, das auffällige silbrige Haar, das wirr von seinem Kopf abstand und schließlich seine Haltung. Er schien permanent konzentriert und aufmerksam und wirkte doch entspannt, so als ob nichts auf der Welt ihn in seiner Ruhe stören könnte. Seine Bewegungen waren schnell und elegant, seine Füße kamen lautlos auf dem Boden auf und selbst trockene Blätter gaben kein Geräusch von sich, als er darüber schritt. Man sah ihm seine Erfahrung an. Mir entging nicht, dass er meine intensive Musterung zur Kenntnis nahm, wenn auch nur nebenbei, denn er schien mit etwas anderem beschäftigt zu sein, das seine Gedanken stark in Anspruch nahm. Dennoch war sein Blick hell und wachsam.

Ich ließ das Kunai ein paar Mal um meinen Finger kreisen, während ich beobachtete, wie die zwei bedeutungsvolle Blicke austauschten, als er neben Itachis Bruder zum Stehen kam. Es war nicht schwer, sie zu verstehen, und so stoppte ich das Kunai und ließ es in meine Hand gleiten, schloss meine Finger darum. Mein neues Zielobjekt wandte sich augenblicklich mir zu, wie ich mit amüsiertem Interesse feststellte, und auch der jüngere betrachtete mich intensiv. „Sakura. Wo ist Naruto?“

Ich sah ihn lange an, musterte sein ungewöhnliches Äußeres noch einmal eingehend. „Ich weiß nicht.“, sagte ich dann. „Er ist nicht hier.“

Erneut schauten sie einander ernst an, wechselten Worte ohne sie auszusprechen. „Wie lange…“ Der ältere machte einen Schritt auf mich zu, setzte zu einer neuen Frage an, als der erste Schrei ertönte.

Alarmiert spannten sich seine Schultern an und der jüngere drehte sich in die Richtung aus der der Schrei gekommen war um und lauschte bewegungslos, doch ich sah aus dem Augenwinkel, dass mein erwählter Gegner dem Ausdruck eindeutig qualvoller Schmerzen nicht einmal ein Blinzeln geschenkt hatte, nur um jede einzelne meiner Bewegungen im Blick zu behalten. „Sasuke.“

Der Angesprochene drehte den Kopf und nickte langsam. „Wer von uns soll gehen?“

Er sah seinem Bruder wirklich ähnlich, besonders im Profil, wie ich fasziniert feststellte. „Itachi wird hier irgendwo in der Nähe sein. Ich kann ihn nicht spüren aber er ist da.“ Der silberhaarige Mann nahm für einen Moment seinen Blick von mir um Sasuke anzusehen. „Es ist dein Kampf.“

Die Bedeutung dieser Worte war mir schleierhaft, doch sie schienen für Sasuke genug zu sein. Sein Blick verdunkelte sich. „Naruto?“

„Versuch ihn so schnell wie möglich zu finden.“ Ein zweiter Schrei wurde abrupt unterbrochen. Dieses Mal reagierte keiner von beiden sichtbar darauf.

„Und…Sakura?“ Ich legte den Kopf schief und runzelte die Stirn.

„Ich bleibe hier bei ihr.“

„Wir haben keine Zeit mehr um…sie ist…“ Er schien mit sich zu ringen. Ich sah ihm nachdenklich dabei zu.

„Ich kümmere mich darum. Geh jetzt Sasuke. Wir müssen Naruto so schnell wie möglich finden und diese Mission endgültig abschließen.“

Sasuke musterte mich noch einmal flüchtig und ich erwiderte seinen Blick ahnungslos. „Sei…vorsichtig, Kakashi.“ Kakashi also… „…und vergiss nicht, was Tsunade…“

„Ich habe es nicht vergessen, Sasuke.“ Er warf ihm einen langen Blick zu, den ich nicht deuten konnte, dann verschwand Itachis Bruder und ließ mich mit Kakashi allein zurück, nicht ohne ein letztes Mal zu mir zurück zu schauen, ehe er gänzlich die Lichtung verließ.
 

Weitere gequälte Schreie wurden von den Bäumen gedämpft und verklangen rasch, als sich ihre Urheber tiefer in den Wald zurückzogen. Ein kalter Wind zog über die Lichtung und wirbelte trockene Blätter auf. Ich nutzte die Zeit um mich wieder vollkommen auf meinen Gegner vor mir zu konzentrieren.

Itachi hatte ohne Zweifel dafür gesorgt, dass ich mit ihm allein sein konnte, während er sich um seinen Kampf kümmerte und ich war mehr als begeistert von der Aussicht, diesen Ninja kämpfen zu sehen. Er strahlte etwas aus, das unweigerlich als große körperliche Stärke zu identifizieren war, gleichzeitig hatte er sogar noch etwas mehr Chakra als ich. Er ließ sich von mir mustern und verharrte scheinbar völlig desinteressiert nur ein paar Schritte entfernt. Doch ich sah hinter seine Fassade. Sein Verstand arbeitete fieberhaft, er suchte hochkonzentriert nach einer Lösung für ein Problem, dessen Inhalt mir bisher noch nicht bekannt war. Aber das konnte sich ja ändern. Ich drehte das Kunai in meiner Hand um sich selbst und wartete, bis er sich entschloss zu handeln. Währenddessen sammelte ich weitere Details, die mir bisher entgangen waren.

Zuerst war da sein linker Arm. Er zeigte es nicht, ließ sich nicht das Geringste anmerken und trotzdem konnte er eine Medic-Nin nur schwer täuschen. Im Vergleich zu den geschmeidigen Bewegungen seines restlichen Körpers hielt er seinen Arm geradezu schwerfällig und in den wenigen Momenten, in denen ich gesehen hatte, wie er sich bewegte war bald deutlich geworden, dass er eine Schonhaltung einnahm, solange er den Arm nicht zwingend benutzen musste. Aus der Ferne konnte ich nicht sicher sagen, ob er nur gestaucht oder sogar gebrochen war, aber er beeinträchtigte ihn definitiv. Weiterhin machte mich das Hitai-Ate, das ich anfänglich für eine etwas ungewöhnliche Augenklappe gehalten hatte, misstrauisch. Es sah einfach nicht so aus, als ob es ständig dort gehalten würde, viel mehr festigte sich bei mir der Eindruck, dass es sogar relativ oft abgenommen wurde. Und das nicht nur zum Schlafen. Zuletzt ergänzte ich das weiße Katana auf seinem Rücken zu meiner geistigen Liste. Weiße Katanas trugen ANBU Mitglieder – und nur ANBU Mitglieder. Er jedoch trug eine grüne Jonin Weste und wirkte überhaupt nicht wie ein ANBU, trug keine Uniform und keine Tiermaske.

Ich kaute grübelnd auf meiner Unterlippe, als ich darüber nachdachte und konnte mich der Vermutung nicht erwehren, dass dieser Ninja von Außen weit weniger gefährlich aussah, als er tatsächlich war. Doch ich kam nicht dahinter, was seine Gefährlichkeit ausmachen konnte, so sehr ich auch beobachtete und überlegte.
 

Gerade als ich missbilligend beschloss, dass nur der anstehende Kampf Aufschluss darüber bringen würde und ich mich nicht weiter vorbereiten konnte, schien Kakashi eine Lösung für sein Problem ausgearbeitet zu haben. Sein eines sichtbares Auge wirkte fest entschlossen und geradezu siegessicher, ehe es wieder der bereits gewohnten Konzentration wich. Ich verharrte noch immer an dem Baumstamm hinter mir und sah zu, wie er ein paar gemächliche Schritte auf mich zu machte, als ich das Wort erstmals nur an ihn richtete und begann ihn auszutesten.

„Also…Kakashi…“ Er zog die eine sichtbare Augenbraue leicht in die Höhe. Ich sprach mit einem angedeuteten Lächeln weiter. „Wie alt bist du?“ Er blieb stehen und die Augenbraue senkte sich wieder. Ich konnte so wenig seiner Mimik sehen. Warum die Maske? Was verbarg er darunter?

„29.“

Ich lächelte amüsiert, als er so direkt antwortete. „Und du bist Jonin?“

Er nickte gelassen. Ich verlagerte mein Gewicht auf mein anderes Bein und deutete auf sein Katana. „Aber du gehörst nicht zur ANBU.“

„Richtig.“

„Hm…“ Ich schaute vorgeblich gedankenvoll zu Boden.

„Lass mich dir auch eine Frage stellen.“ Er wartete keine Antwort ab. „Weißt du tatsächlich nicht wo Naruto ist?“

Ich schaute rasch wieder auf und runzelte die Stirn. „Ich weiß es nicht.“, erwiderte ich schließlich schlicht. Er schloss das sichtbare Auge und nickte langsam, fuhr sich nachdenklich mit einer Hand durch die Haare und zerzauste sie damit nur noch mehr. Ich hatte es satt zu warten und bereitete schon meinen ersten Angriff vor, als er mich mit einer neuen Frage überraschte und mitten darin unterbrach.

„Und wie ist es mit Itachi Uchiha zusammenzuarbeiten?“

Mein Blick lag eine Weile abwägend auf seinem undurchsichtigen Auge. Dann zuckte ich mit einer Schulter und lächelte. „Lehrreich.“

Er nickte erneut. „Dachte ich mir…“

„Und…unterhaltsam.“ Auch das schien ihn wider Erwarten kaum zu überraschen. Er ließ sich nicht provozieren, zumindest nicht äußerlich sichtbar.
 

Als für kurze Zeit Schweigen einsetzte und diese merkwürdige Konversation verebbte, stellte ich fest wie viele kostbare Minuten ich bereits verschwendet hatte. Ich hatte nicht damit gerechnet, mich mit meinem Gegner zu unterhalten bevor ich ihn beseitigte. Seit geraumer Zeit hatte ich keine Schreie mehr gehört und konnte nicht spüren, was Itachi tat, umso mehr musste ich mich beeilen und endlich meinen Auftrag erfüllen. Ich warf einen berechnenden Blick zu ihm hinüber.

Er schien erneut tief in seinen eigenen Gedanken versunken. Etwas beschäftigte ihn voll und ganz und es schien, als könnte er sich schlecht zwischen zwei Dingen entscheiden. Doch ganz gleich wie rätselhaft seine Aura auf mich wirkte, bisher wirkte er tatsächlich eher unschlüssig als gefährlich. Ich hatte nicht vor ihn zu unterschätzen, doch ich konnte nicht umhin, ihn als schwächer als gedacht einzuteilen. Und um diesen Eindruck zu bestätigen, beschloss ich jetzt sofort zu handeln.

Ich fing langsam an und testete seine Reaktion, indem ich mitten aus dem Nichts verschwand und hinter ihm wieder auftauchte und während er erst eine Sekunde später feststellte, dass ich nicht mehr zu sehen war und suchend den Kopf drehte, holte ich aus und fixierte seinen Rücken. Er wartete lange, beinah zu lange, und mein Schlag hatte ihn fast erreicht, als er in der allerletzten Sekunde herumfuhr und meine Faust mit seiner geöffneten Hand auffing. Kurz trafen sich unsere Blicke und für den Bruchteil einer Sekunde leuchtete sein dunkles Auge kampflustig auf, verriet mir, dass mehr dahinter steckte als angenommen. Er wollte, dass ich ihn unterschätzte. Und offensichtlich hatte er einen neuen Plan.

Dann fuhr ich fort, verwickelte ihn in einen Taijutsukampf und setzte ihn mit Chakra versehenen Schlägen und Tritten aus. Da ich noch nicht allzu lange an Itachis zusätzliches Chakra gewöhnt war, fielen meine Angriffe unkontrollierter aus, als ich es beabsichtigt hatte, doch Kakashi schien keinerlei Probleme damit zu haben. Wie ich es bereits vermutet hatte, hatte er bei weitem genug Erfahrung in Taijutsukämpfen um beständig auszuweichen und die dabei entstehende Kraft in eindeutig gefährliche Gegenangriffe umzuwandeln. Er war elf Jahre älter als ich, hatte demnach auch elf Jahre länger gekämpft.

Mit vor Vergnügen blitzenden Augen fing ich einen Schlag seinerseits auf, umfasste seinen Arm und warf ihn über meine Schulter. Er kam hinter mir zum Stehen, ohne ins Straucheln zu kommen und nutzte meinen Griff um seinen Oberarm, um mich herumzuwirbeln und mir die Beine wegzuziehen. Noch während ich fiel, kickte ich eines seiner Knie weg und er verlor für einen Moment das Gleichgewicht, sodass ich ihn mit mir ziehen und auf den Boden schmettern konnte. Ich sprang wieder auf die Beine und drehte mich hastig um, doch er war schneller als ich und bereits verschwunden, als ich die Lichtung nach ihm absuchte.
 

Ich atmete tief durch und verbeiterte meinen Stand, mit besonderer Konzentration auf die Fläche hinter mir. Doch er kam nicht von hinten. Er tauchte direkt vor mir wieder auf, nur wenige Schritte entfernt und musterte mich unerwartet aus zwei geöffneten Augen. Er hatte sein Hitai-ate über die Stirn ins Haar geschoben und dabei ein Auge freigegeben, über das sich eine lange senkrechte Narbe zog.

Ich starrte ihn an und machte unbewusst zwei Schritte nach hinten, als ich es schlagartig erkannte und den blutroten Farbton zuordnen konnte. Er hatte ein Sharingan. Aber wie…? Dann kam er näher. Ich schüttelte matt den Kopf, bestrebt meinen Schock zu verwinden. Ich wusste, wozu das Sharingan in der Lage war, ich konnte damit umgehen. Es war mir nicht neu. Er verschwand auf der Stelle und erschien hinter mir, ich spürte seine Gegenwart in meinem Nacken und ich fuhr herum, blockte sein Kunai mit einem eigenen.

Warum hatte er nur ein Sharingan? Hatte er damit dieselben Fähigkeiten wie Itachi? Warum nur dieses eine?

„Überrascht, Sakura?“ Ich drehte mich um mich selbst und holte aus, schlug ins Nichts, überrumpelt von der plötzlichen Nähe seiner Stimme neben meinem Ohr. Er war bereits wieder ausgewichen und ich konnte ihn ein weiteres Mal nicht mehr sehen. Mein Blick huschte über die dunklen Schatten der Bäume am Waldrand und ich machte langsam ein paar Schritte zurück. Ich spürte seine Körperwärme ein zweites Mal in meinem Rücken, ehe ich sein Chakra überhaupt wahrnehmen konnte und neigte den Kopf, schaute über meine Schulter. „Woher hast du es?“

Er wusste genau, wovon ich sprach. „Das ist eine lange Geschichte.“

Und völlig unvorhergesehen umfasste er meine Handgelenke hinter meinem Rücken, so schnell, dass ich ihn nicht blocken konnte und hatte dabei einen erstaunlich starken Griff. Wer hätte gedacht, dass ich gegen einen Sharinganträger kämpfen würde? Auf diese Art standen meine Chancen schlechter und ehe ich das Ruder herumreißen und meinen Auftrag abschließen konnte, musste ich erst seine Schwachpunkte finden und weitere Informationen sammeln. Ich brauchte Zeit.
 

Inmitten meiner Analyse fiel mir auf, dass nur seine rechte Hand meine Arme fest umklammert hielt. Das war, wenn er Rechtshänder war, durchaus logisch aber dennoch unklug, denn damit unterschätzte er meine Stärke. Glaubte er wirklich, dass nur eine Hand mich zurückhalten würde können? Vielleicht war seine Linke doch gebrochen…

„Was hat Itachi von dir verlangt?“, fragte er plötzlich leise und dicht an meinem Ohr.

Ich blickte von meiner Schulter auf und nach vorn, ein beginnendes Lächeln auf dem Gesicht. „Mein Geheimnis gegen deines, Kakashi-sensei…“

Der Griff, der sich beinah genug gelockert hatte, um meine Arme frei zu bekommen, wurde wieder gnadenlos fest.

„Tut mir leid, Sakura.“ Ich runzelte die Stirn. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich das einmal tun muss…“ Seine linke Hand lag innerhalb eines Augenaufschlags an meinem Nacken, dort wo die Haut am dünnsten und die Nervenstränge dicht gebündelt sind.

Zwei Dinge wurden mir klar. Erstens, sein Arm war nicht gebrochen, wahrscheinlich nicht einmal gestaucht, er hatte mir die Verletzung nur vorgespielt und gleichzeitig wiederrum nicht, denn er hatte nichts getan, was nach außen als tatsächliche Verletzung hätte gelten können. Daraus folgte zweitens, er kannte mich gut. Er wusste, was ich als Medic-Nin sehen konnte und was nicht und er wusste ebenfalls wie er eine Verletzung vortäuschen konnte, die nicht existierte, nur damit ich ihn unterschätzte. Fatal war jedoch sein Wissen um meinen gefährlich ungeschützten Nacken, er hatte bereits in so kurzer Zeit erkannt, dass dort eine meiner Schwachstellen lag…

Ich schloss die Augen, konzentrierte mich auf den richtigen Moment…
 

Als seine Handkante ausholte und nur ein hauchdünner Windzug über meine Haut strich, wand ich mich geschickt aus seinem Griff, nutzte den Überraschungsmoment, meine verbesserte Agilität und zeigte ihm erstmals wie viel Kraft ich wirklich von Itachi erhalten hatte. Meine immer noch nur mit einer Hand umfassten Handgelenke waren innerhalb einer Sekunde frei und zwangen ihn dazu, einen Schritt zurück zu machen um rechtzeitig meiner rechten Faust auszuweichen und gleichzeitig das Gleichgewicht zu behalten. Direkt darauf schwang ich mein linkes Bein und drehte meinen Körper in einer gleitenden Bewegung mit. Er verbarg seine Überraschung recht gut und wich mit einem Sprung auf einen der dünnen Äste über uns aus, ging in die Knie und belauerte meinen nächsten Schachzug mit beiden ungleichen Augen. „Dass du was tun musst, Kakashi-sensei…?“ Ich richtete mich ebenfalls auf und sah zu ihm hinauf, ein beginnendes Lächeln auf den Lippen. Ich war mir sicher, dass er aus diesem vergleichsweise risikolosen Abstand ein weiteres Mal meinen Körper mit seinem Sharingan durchleuchtete und erwiderte seinen Blick gleichgültig.

„Du bist mir offensichtlich zuvorgekommen, Sakura.“ Seine Stimme klang selbst jetzt vollkommen unbehelligt. Wann immer er sprach, festigte sich bei mir der Eindruck, dass er sich durch nichts aus der Ruhe bringen ließ. Dennoch war sie nicht frei von Emotionen. Es war ein Widerspruch in sich, seine äußere Gelassenheit, die perfekte Hülle eines Ninjas und gleichzeitig seine Augen, die immer etwas preisgaben und wenn es bloß das Glitzern absoluter Konzentration war. Er unterschied sich so sehr von Itachi, selbst sein Sharingan, das grundsätzlich denselben anatomischen Aufbau, dasselbe Äußere hatte, wirkte vollkommen anders. „Reicht dir der Anblick fürs erste?“

Ich schnaubte verächtlich und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Arrogant bist du auch noch, hm?“ Seine Maske verbarg seine Mimik perfekt. Ich konnte keinerlei Regung aus dem wenigen sichtbaren Teil ableiten. Ich schüttelte abschätzig den Kopf. „Ich weiß nicht, was du hiervon erwartest, du ziehst alles mutwillig in die Lä…“
 

Ich duckte mich im letzten Moment unter seinem Arm weg und konnte seinen Schlag mit der Schulter abfangen, doch als ich mich aufrichten wollte, war er zu schnell, so viel schneller als ich, dass er mich gegen den nächsten Baum presste, ehe ich einmal blinzeln konnte. Verfluchtes Sharingan.

Meine Hände waren ein weiteres Mal auf meinen Rücken gedreht und meine Beine wurden durch sein Knie dazwischen an jeder Bewegung zurück gehindert. Mein Kragen schnitt tief in meinen Hals, zusammengezogen durch seine rechte Hand in meinem Nacken. In einem vergleichsweise schwachen Verteidigungsversuch trat ich auf seinen Fuß, doch seine einzige Reaktion war ein gedämpftes scharfes Luftholen, ehe er mich noch enger an die Baumrinde drückte und ich kaum noch atmen konnte.

„Also nochmal in Ruhe. Du weißt nicht, wo Naruto ist. Du weigerst dich Itachis Pläne preiszugeben.“ Ich stellte irritiert fest, dass seine linke Hand ihren Griff aufgegeben hatte und ich meine Hände trotzdem nicht befreien konnte. „Du greifst mich an.“ Ich spürte keinen greifbaren Widerstand, auch dann nicht als ich dagegen ankämpfte. Ein Fesselungsjutsu?

Noch während ich versuchte dahinter zu kommen, fühlte ich wie seine linke Hand die rechte in meinem Nacken ablöste und fest in den Stoff meines Shirts fasste, während die daraufhin freie Hand meinen Hals routiniert entlangfuhr und an bestimmten Punkten innehielt. „Meinst du nicht, dass deine Loyalität sich in die falsche Richtung entwickelt hat?“

Er fühlte nach meinem Puls, verfolgte meine Chakraströme – und ich war absolut bewegungsunfähig. Wie viel schlimmer konnte es jetzt noch kommen?

Sein Zeigefinger legte sich direkt in die verletzliche Vertiefung unter meinem Kinn und verweilte dort ein paar Sekunden. Ich schluckte hart und zischte durch zusammengepresste Zähne: „Was tust du da?“ Mühevoll unterdrückte ich ein Würgen, als er für einen Augenblick meine Luftröhre streifte. „…Kakashi…!

„Was ist mit deinem Stirnband?“ Ich drehte den Kopf zur Seite und versuchte ihn aus dem Augenwinkel zu sehen, doch er zog meinen Kragen so eng zusammen, dass ich gezwungenermaßen wieder nach vorn schauen musste. Ich lehnte meine Stirn gegen den Stamm.

„Wovon sprichst du?“, fauchte ich leise. Ich spürte wie er sich vorlehnte. Sein Körper hielt mich bereits so fest, dass ich das nicht mehr für möglich gehalten hatte, doch er kam noch näher. Das Atmen war mühsam. Seine Hand war weiter gewandert und tastete nun erfahren über mein rechtes Schlüsselbein.

„Du verbündest dich mit Itachi…bist aber selbst kein Nuke-Nin?“

Ich riss den Kopf nach oben und bereute es sofort, weil ich mich dadurch selbst strangulierte und obgleich er seinen Griff sofort lockerte, wurde ich von einem groben Hustenreiz geschüttelt. „Mistkerl…“ Ich blinzelte die Tränen aus den Augen, die ich seinem festen Griff zu verdanken hatte. „Du erfährst nichts von mir.“

„Ich denke, das habe ich bereits selbst geschlussfolgert. Du bist nicht besonders kooperativ, Sakura.“
 

Ich biss die Zähne zusammen, als ich völlig unerwartet spürte, wie seine Hand noch tiefer glitt. In dem Bestreben, meinen Hinterkopf so weit zurück zu werfen, dass ich seine Stirn treffen konnte, biss ich mir selbst auf die Zunge und schmeckte augenblicklich Blut in meinem Mund. Seine Hand in meinem Nacken drückte mich wieder zurück, ohne dass ich ihn auch nur ansatzweise erwischt hatte. Wütend über meine Machtlosigkeit lehnte ich meine Stirn erneut gegen den Baumstamm und schloss die Augen.

Ich war ihm ausgeliefert. Absolut ausgeliefert. Konnte weder angreifen, noch verteidigen. Ich wollte gar nicht darüber nachdenken, was passieren würde, wenn Itachi davon erfuhr. Falls ich so lange am Leben bleiben sollte. Was auch immer dieser Mann mit mir vorhatte, konnte sich allerdings noch etwas hinziehen. Er wollte gewiss Antworten haben und vorher würde er nicht aufhören. …und…mit dem Sharingan konnte er durchaus wirkungsvoll foltern um genau das zu bekommen…

Seine rechte Hand verharrte noch knapp an meinem Ausschnitt. Er zögerte, doch ich konnte nicht sagen ob es an meiner Reaktion oder seinen Plänen lag. Wobei zweitens ganz klar realistischer war. Als er jedoch bemerkte, wie ich den Widerstand mehr oder weniger aufgab, tasteten sich seine Finger weiter vor. Ich hatte noch in Erinnerung, dass er zu Beginn dieser Begegnung Handschuhe getragen hatte, doch diese Finger waren frei von Leder und überraschend warm für diesen kalten Herbsttag. Er fuhr eine Vene entlang, die senkrecht über meine Brust zu meinem Bauchnabel verlief, stoppte hier und da, mal länger mal kürzer.

Während er unter den Rand meines Shirts glitt, zerrte ich noch einmal an seinem Griff, riss an den unsichtbaren Fesseln, aber es hatte keinen Zweck. Er war mir weit voraus und ich konnte ihn nicht aufhalten. Seine Hand legte sich auf mein Herz…und verharrte dort. Als er selbst nach einer Minute nichts anderes tat, als meinen Herzschlag zu fühlen, erkannte ich, dass mein Herz tatsächlich sein einziges Ziel gewesen war und keine weiteren Absichten dahinter gesteckt hatten. Ich wartete und grübelte über seine Absichten nach, weniger besorgt als zuvor. Dann spürte ich sein Chakra und die Anspannung kehrte sofort zurück. Die feinen Energieströme, die er in unmittelbare Nähe meines Herzens leitete, ließen mich jäh zusammenzucken und meinen Widerstand vehement wieder aufnehmen.

„Fass mich nicht an…!“ Ich konzentrierte mein Chakra auf derselben Höhe und kompensierte es mit seinem, zwang es zurück und außerhalb meines Körpers. Was hatte er vor? Ich zerrte noch einmal an seinem Griff, doch es hatte keinen Zweck.

„Verdammter Mistkerl…“ Ich biss die Zähne zusammen und stieß frustriert die Luft aus, noch immer stark durch seine Hand an meinem Kragen daran gehindert. Seine Reaktion ließ nicht lange auf sich warten.

Mit seiner rechten Hand umfasste er mein Kinn und hob meinen Kopf, drehte ihn leicht, sodass ich ihn schließlich doch sehen konnte. Er war nah, sehr nah und obgleich sein Körper meinen geradezu lückenlos an dem Baumstamm festhielt überraschte mich der Anblick seines Gesichtes so dicht vor meinem. Ich realisierte nur langsam, wie ich endlich wieder genug Sauerstoff bekam, weil er seinen Griff in meinem Nacken gelöst hatte und mein Blick war leicht verschleiert, als ich sah, dass er die Maske herabgezogen hatte und sein komplettes Gesicht nun sichtbar war. Er schaute mich aus beiden Augen an, auf der linken Seite das dunkle und auf der rechten das blutrote Sharingan…

„Sakura…“
 

Wie aus einem Traum gerissen, einem Alptraum, schüttelte ich den Kopf und schloss die Augen. Wie fahrlässig von mir! Das Sharingan hatte unglaubliche Kräfte, ich durfte ihn nicht so eindringlich ansehen.

Um dieser Gefahr so gut wie möglich zu entgehen, wollte ich mich sofort wieder zurückdrehen, mich aus seiner Reichweite bringen, so weit ich es vermochte, doch er ließ mich nicht. Erneut hörte ich seine leise Stimme. „Sakura, sieh mich an.“

Ich weigerte mich. Selbstverständlich weigerte ich mich.

„Ich werde dir nicht wehtun.“ Ich konnte den Reflex ironisch aufzulachen nicht unterdrücken. „Ich verspreche es. Ich gebe dir mein Ehrenwort als Shinobi.“

Nach genau vier innerlich gezählten Sekunden öffnete ich die Augen, ohne jedoch in sein Sharingan zu sehen, vielmehr konzentrierte ich mich auf sein anderes Auge. „Ich gebe nichts auf dein Ehrenwort.“ Er zeigte keine Regung, verzog keine Miene und so sprach ich weiter. „Ich habe einen Auftrag. Und du hinderst mich an seiner Erfüllung.“ Erneut keine Reaktion, er blickte mich nur an und auf einmal stellte ich fest, dass es aussah als würde er nach etwas suchen.

Doch dann wich dieser Moment einem Stimmungswechsel. „Schön. Dann können wir das hier nicht anders regeln, als auf meine Weise. Ich habe keine Zeit mehr um dich aus dieser Lage zu holen und Naruto Itachi auf dem Silbertablett zu servieren.“ Ich zog eine Augenbraue in die Höhe, milde überrascht von diesem Zugeständnis seiner Gedanken. Dann ergänzte er noch etwas und ich gab mir weiterhin die größte Mühe, nicht in sein Sharingan zu sehen. „Ich wiederhole es noch einmal, Sakura…“

Er senkte seinen Kopf, sodass wir auf Augenhöhe waren und obgleich er mittlerweile so nah war, dass ich seine Wimpern zählen konnte, erwiderte ich seinen Blick kalt und so würdevoll wie meine Position es zu dieser Zeit zuließ. „Ich hätte gern einen anderen Weg eingeschlagen, wenngleich du dich hoffentlich nicht mehr daran erinnern kannst, wenn alles vorbei ist.“

Seine linke Hand zuckte wie Minuten zuvor auch schon, wieder an die empfindliche Stelle an meinem Hals, die mich augenblicklich bewusstlos machen konnte. Er ließ zu, dass ich den Kopf abwandte und seufzte leise, wobei ich mir dessen nicht ganz sicher war. Dann holte er aus.
 

Die nächsten Sekunden gingen in dem knirschenden Brechen von morschem Holz und seinem überraschten Ausruf unter. Dass der Baumstamm unter der Kraft meiner Knie tatsächlich nachgab, war eine Ausnahme die ich in meiner gesamten Ausbildung nur ein- oder zweimal erlebt hatte. Es war ohne Frage eine besondere Leistung, doch ich konnte keine Zeit dafür aufbringen, mich selbst zu beglückwünschen.

Kakashi schien für einen Moment zu verblüfft um mich rechtzeitig zurückzuziehen und als er dann doch nach mir griff, hatte ich mich bereits weggeduckt und entging seinem nächsten Angriff mit einem Salto über seinen Kopf, ehe ich über die breite Lichtung rannte, meine Hände noch immer straff hinter meinem Rücken gefesselt. Ich hörte ihn leise fluchen und dann rief er meinen Namen aber für mich zählte nichts mehr, als genug Abstand zwischen uns beide zu bringen, um endlich wieder in eine Position zum Angreifen zu kommen.

Wie viel Zeit war vergangen, seit Itachi und ich uns getrennt hatten? Wie viel Zeit blieb mir noch um Kakashi loszuwerden?

Trotz meiner bereits aufgestuften Einschätzung seiner Fähigkeiten, überraschte er mich damit, wie schnell er mich wieder eingeholt hatte. Er erschien direkt vor mir, obwohl ich selbst sehr schnell gelaufen war und ich strauchelte, bemüht mein Gleichgewicht ohne freie Arme zum Ausbalancieren zu halten. Ich fluchte gedämpft. Wie konnte er selbst mit Itachis Chakra und seiner Kraft in meinem Körper immer noch so viel schneller, so viel stärker sein als ich? Und wie konnte ich sein Fesselungsjustu lösen?

Ich setzte vor, kam ihm auf halbem Weg entgegen und riss den Boden unter seinen Füßen mit einem gezielten Tritt auf, dort wo er Wimpernschläge zuvor noch gestanden hatte. Sobald er aus meinem Blickfeld verschwunden war, wirbelte ich herum, holte mit dem rechten Bein weit aus und traf auf seinen schützend gebeugten Unterarm. In einer eleganten Drehung zielte ich gleich weiter auf seine Beine und verfehlte ihn nur knapp. Trotzdem kam ich so nicht weiter. Er war verdammt geschickt und durch das Sharingan, obwohl es nur eins war, schien er tatsächlich dieselben Fähigkeiten wie Itachi zu haben. Er konnte praktisch voraussehen, was ich tun würde und hatte damit einen permanenten Vorteil, dem ich nichts entgegen zu setzen hatte.

Vor allem nicht mit gefesselten Armen.
 

„Sakura, versuch zumindest dich zu erinnern.“

Seine Stimme hatte einen geradezu flehenden Unterton und ich konnte meine Überraschung darüber geradeso verbergen, indem ich mich auf einen weiteren Tritt konzentrierte, der dieses Mal beinah seine Hüfte traf. Er wich erneut aus und griff nicht an, was mich wirklich irritierte, denn war es nicht seine Absicht, mich gefangen zu nehmen um extrem benötigte Informationen zu bekommen? „Gib dich nicht so einfach auf!“

Ich erschien dicht vor ihm, hob mein rechtes Knie und während er diesen Angriff mit einem Ausfallschritt nach links umging, drehte ich mich seitlich und endlich – endlich! – traf ich seinen Kiefer mit einem harten Stoß meiner rechten Schulter. Leider verdankte ich diesen Treffer wohl nur seiner Abgelenktheit durch seine eigenen Worte, die mir völlig rätselhaft waren, dennoch hatte ich die Genugtuung seines kurzweilig schmerzverzerrten Gesichts. Sein Kampfgeist schien erneut geweckt, denn nun griff auch er wieder an und ich hatte Mühe ihm konsequent auszuweichen. „Sakura, wir haben keine Zeit mehr…kämpfe dagegen an!“

Meine Trefferquote erhöhte sich langsam aber sicher, je länger ich seine Bewegungen beobachten konnte und dieses Mal wurde es für ihn so knapp, dass er seine Arme nicht rechtzeitig in die richtige Position vor seinem Körper heben konnte, um mich abzuwehren. „Du darfst nicht…!“

Wir beide hörten das laute Knacksen seines Unterarmknochens, vermutlich der Speiche, als mein Chakra erfüllter Tritt darauf auftraf und mein Gegner unterdrückte nur dürftig einen gequälten Schmerzenslaut. Er presste den Arm an seine Brust und taumelte ein paar Schritte zurück, doch hier war meine Chance. Ein besserer Moment würde sich nicht ergeben. Ich stürzte nach vorn und fixierte gezielt seine rechte Körperhälfte, dort wo er aufgrund seines gebrochenen Arms kaum eine Verteidigung aufrecht erhalten konnte. Dank seines Sharingans entging er auch diesem Angriff, doch der erste Schritt war getan. Er hatte nicht mehr die Überhand.

Unter einem erneuten Treffer, verdächtig nah an seinem verletzten Arm, fluchte er ein weiteres Mal und griff mit seiner gesunden Hand nach mir, doch ich war schneller. Ich duckte mich zur Seite und trat nach seinen Beinen, traf seine Kniekehle, sodass er für einen winzigen Moment einknickte. Ich war kurz davor, ihn zu Boden zu schicken aber dann machte er sich meine gefesselten Hände zu Nutze und versetzte meiner linken Schulter einen Schlag, der meinen Oberkörper in einer bizarren, völlig unnatürlichen Haltung nach hinten riss und mich schmerzerfüllt aufschreien ließ.
 

Ich taumelte zurück, sah für einen Moment nur schwarze Punkte vor meinen Augen und atmete abgehackt. Es fühlte sich an, als hätte er meinen linken Oberarm ausgekugelt. Ich beugte den Oberkörper ab, biss die Zähne unter den Schmerzen zusammen und blickte auf, um zu sehen wie auch er etwas zurückgewichen war und eine Hand auf seinem Knie abstützte. Unsere Blicke trafen sich, seine ungleichen Augen ebenso wild und bewegt, wie meine jetzt aussehen mussten. „Sakura…“ Er biss die Zähne zusammen und hob den Kopf. „Tu das nicht.“

Ich blinzelte den Schleier in meinen Augen weg, immer noch wie betäubt vor Schmerz und zwang mich zu einem überlegenen Lächeln, trotz des brennenden Pochens in meiner gesamten Armlänge. „Warum nicht? Es ist mein Auftrag.“ Ich neigte beiläufig den Kopf und zuckte zusammen, als der gleißende Schmerz auch meinen Nacken erreichte. Ich blinzelte ein paar Mal angestrengt. „Nimm es nicht persönlich.“

Er starrte mich an und dann schüttelte er frustriert den Kopf. Noch immer konnte ich nicht sagen, was seine Absichten waren, konnte nicht sagen, was er mich glauben lassen wollte, ob er mich die ganze Zeit oder nur teilweise täuschte. Was hatte er vor?

„Sakura, hör mir zu. Du musst dich wehren. Ich weiß, du kannst es.“ Ich runzelte die Stirn und hatte die Schmerzen weitestgehend im Griff, sodass ich mich schließlich wieder aufrichten konnte. Auch er stand wieder aufrecht, wenn er auch auffällig blass war.

„Wenn du damit Zeit schinden willst, bis die anderen beiden wieder hier auftauchen, dann streng dich nicht so sehr an.“

Er schüttelte erneut sacht den Kopf.

„Itachi wird sie nicht lebend gehen lassen. Vor allem nicht seinen Bruder. Was erhoffst du dir also?“

Noch einmal traf mich sein eindringlicher Blick und die Intensität und Klarheit seiner Augen in einem Moment, in dem er große Schmerzen haben musste, erstaunten mich. „Du musst dich erinnern, Sakura. Denk nach, streng dich an! Du kannst nicht einfach aufgeben…“

Ein amüsiertes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Was wollte er mit diesem Gefasel erreichen?

„Sasuke und Naruto sind deine besten Freunde, sie bedeuten dir alles. Du kannst sie unmöglich vergessen haben…irgendwo müssen sie noch sein, du musst sie nur finden.“ Ich verlagerte mein Gewicht auf das andere Bein und bewegte meinen linken Schultergürtel probeweise in einer leichten Kreisbewegung. Unter heftigem Widerstand meiner strapazierten Muskeln und Sehnen, kniff ich ein Auge zusammen, doch es war nichts gebrochen oder ausgekugelt.

Ich wandte mich wieder meinem Gegner zu. „Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen aber….“

Itachi ist dein Feind. Er ist unser aller Feind aber vor allem ist er deiner, weil er dir genommen hat, was du bist.“

Das spielerische Lächeln um meine Mundwinkel wich schlagartig einem ernsten Zug. „Sei vorsichtig mit dem was du sagst.“
 

Er wusste, dass er einen Nerv getroffen hatte. Der Schmerz in seinen Zügen wich nur Bruchteile von Sekunden darauf, Entschlossenheit nahm seinen Platz ein und er kam auf mich zu. Mit einem gebrochenen Arm und das, wo ich ihm gerade gezeigt hatte, dass ich keine Rücksicht nahm. Ich konnte nicht anders, als diese Tat als reichlich naiv und gedankenlos zu bezeichnen. Aber je schneller das hier vorbei war, umso schneller konnte ich zu Itachi zurück.

„Du bist nicht mehr du selbst. Er hat dir all deinen Willen und dein Bewusstsein genommen, zurück bleibt nur was du jetzt bist.“

„Und das wäre deiner Meinung nach?“

Er schenkte mir einen langen Blick. „Du bist seine Marionette, Sakura.“

Ich zischte leise, auf dem falschen Fuß erwischt, ganz gleich ob er mich damit provozieren wollte.

„Nichts weiter, als eine Puppe, die seine Befehle ausführt und alles tut, was er verlangt.“ Wut loderte in mir auf, wie ein Lauffeuer. Ihn so zu sehen, nachdem dieser Kampf sich schon so lange ereignislos hinzog…so gleichgültig, so lässig…seine ganze Haltung verhöhnte mich.
 

Blindlings stürzte ich nach vorn, überbrückte den Abstand zwischen uns innerhalb von Sekunden, gelenkt von meiner Wut und meinem Zorn, handelte schnell und gedankenlos.

Im nächsten Moment lag ich auf dem Boden und mein Kinn drückte in die klamme Erde unter mir. Er saß auf meiner Hüfte und drückte mit seiner linken Hand meinen Kopf herab und damit auch meinen Rücken. Meine Schulter protestierte lautstark und mit einem scharfen Stechen gegen diese strapazierende Lage, jagte einen Krampf nach dem anderen durch meinen Oberkörper.

Mein frustrierter Aufschrei hallte über die einsame Lichtung und verklang im Rauschen der Tannen im Herbstwind. „Runter…von…mir…!“

Ich biss meine eigene Lippe blutig, in dem Versuch mich wieder zu beruhigen und das Ruder zu wenden. Und er verlagerte sein Gewicht, aber nicht so wie ich es verlangt hatte, sondern vielmehr um mich völlig unbeweglich zu machen. Als er seinen rechten Oberschenkel bewegte, um seine Position zu korrigieren, begann ich dagegen anzukämpfen, rang mit seinem festen Griff und schlug mit den Beinen, warf mich unter ihm herum und drehte mich schließlich auf den Rücken. Meine Hände schmerzten unter unser beider Gewicht und rieben sich über den kalten Erdboden, doch das Fesselungsjutsu gab keinen Millimeter nach. Er fasste mit seiner linken Hand nach und ich holte mit dem Kopf aus. Dass ich seinen gebrochenen Arm dabei traf, verdankte ich purem Glück und als er sich schmerzerfüllt über mir krümmte und zur Seite wegkippte, nutzte ich den Schwung und warf uns herum.

Durch viele Jahre als Ninja geübt, klemmte ich seine Arme geschickt unter meinen Oberschenkeln ein und nutzte meine Füße um seine Beine an Ort und Stelle zu halten. Als ich meinen Halt vollständig gesichert hatte, schloss ich für einen Moment schwer atmend die Augen und hörte, wie auch er tief Luft holte.

Einige Sekunden erklang nur unser lautes Keuchen. Dann öffnete ich die Augen und beugte mich jäh vor, zerrte mit den Zähnen an seinem Hitai-Ate und zog es mühevoll über sein gefährliches Sharingan. Damit war es nun sicher ihn wirklich anzusehen und ich fing seinen Blick aus seinem normalen dunklen Auge. Unbeirrt fixierte er mich und seine Brust hob und senkte sich unter ausklingenden tiefen Atemzügen.

Ich schluckte und setzte mich aufrecht. Sein Arm musste dabei sicher neuerliche Schmerzen ertragen, doch er gab keinen weiteren Laut von sich.

„Wie lässt sich das Jutsu lösen?“

Er lachte leise und ich schaute ungläubig auf seine bebenden Lippen. „Du kannst es nicht lösen.“ Ich presste meine Beine dichter auf den Boden und zu meiner Befriedigung schloss er sein Auge und zog scharf die Luft ein. Nur langsam löste ich den Druck wieder. „Warum nicht?“

Einer seiner Mundwinkel zog sich in einem provozierenden Lächeln in die Höhe, unbeeinträchtigt von seinem angestrengten Luftholen. „Du brauchst dazu beide Hände.“
 

Zum zweiten Mal innerhalb dieses Kampfes fluchte ich leise. Ich schenkte seinem beharrlichen Blick keine weitere Aufmerksamkeit, sondern fragte mich vielmehr, wie ich ihn töten sollte, ohne meine Hände benutzen zu können. Auch meine Tritte konnten genug Kraft aufbringen um seinen Kopf zu verletzen oder seinen Brustkorb zu…

„Wie wirst du mich töten, wenn du deine Hände nicht einsetzen kannst, Sakura?“ Ich musterte ihn abschätzig. „Das ist es doch was du vorhast oder nicht? Das ist es, was Itachi dir aufgetragen hat.“

„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich aus deinem Verhalten schlussfolgern, dass du es gar nicht erwarten kannst.“ Seine sichtbare Augenbraue senkte sich leicht und verlieh seinem Gesicht mit einem Mal einen ernsten Ausdruck.

„In der Tat bin ich sehr gespannt, was er davon halten wird, wenn er zurückkehrt und du den einzigen Auftrag den er dir erteilt hat, nicht erfüllt hast.“

Dieses Mal ließ ich mich mit meinem gesamten Gewicht auf seinen Arm sinken und er unterdrückte einen Aufschrei ohne viel Erfolg. „Glaubst du, dass er dich einfach gehen lassen wird, selbst wenn du noch am Leben bist, wenn er zurückkehrt?“

Er schwieg und hielt meinen Blick. Ich lehnte mich etwas vor und verharrte neben seinem Ohr. „Denkst du, er wird so mild mit dir umgehen, wie ich?“

„Itachi Uchiha ist niemand, den ich fürchte, Sakura.“ Seine Stimme klang erstaunlich fest, obgleich er beißende Schmerzen haben musste. Seine Schmerzgrenze war in der Tat außergewöhnlich hoch.

„Reichlich töricht, wenn du mich fragst. Nun aber vielleicht solltest du mich fürchten, Kakashi-sensei…“

Als ich mich zurücklehnte, um ihn anzusehen, zog er eine Augenbraue in die Höhe und erwiderte meinen Blick völlig unbeeindruckt. Vielleicht war es an der Zeit, meine Erkenntnisse mit ihm zu teilen.
 

„Weißt du, Sensei…“ Ich legte den Kopf schief. „…während dieses kleinen…Treffens…sind mir ein paar mehr Dinge als deine körperliche Stärke und deine unweigerliche Neigung zur Arroganz aufgefallen.“

Er lachte freudlos auf. „Tatsächlich?“

Ich nickte langsam. „Du warst bis vor kurzer Zeit noch schwer verletzt.“ Endlich sah ich etwas in seinem Auge, das aussah wie…Vorsicht. Wachsamkeit. Bingo. „Abgesehen davon, dass ich zugegebener Maßen wirklich geglaubt habe, dein Arm sei verletzt, hast du deine Scharade ansonsten nicht besonders gut aufrecht erhalten.“ Er schwieg und wartete, sah weder furchtlos noch ängstlich aus. Er war…konzentriert. Gut. „Du musst einen harten Kampf hinter dir haben, wenn selbst so lange Zeit danach noch solche Anzeichen zu erkennen sind.“

Ich ließ den Blick beiläufig über die weite Lichtung schweifen. Die Sonne stand tief. Wolken zogen sich mehr und mehr am Himmel zusammen und milderten das dünne Licht nur noch mehr, sodass alles in einen rötlichen Dämmerton getaucht war. „Möchtest du meine Ferndiagnose hören, Sensei?“ Als unsere Blicke sich erneut trafen, stieß ich nur auf ungebrochenen Widerstand, ungebrochenen Willen. „Eine alte Gehirnerschütterung. Eine frische Blutvergiftung. Zwei alte Rippenbrüche…“ Ich beugte mich über seinen Brustkorb und hielt seinen Blick, als ich die erste Stelle mit meinem eigenen Oberkörper berührte. „Hier…“ Er blinzelte nicht einmal. „…und hier.“ Auch an dieser Rippe zeigte er keine Reaktion. Doch sein Blick flackerte dunkel. „Du hast einige schlecht verheilte alte Wunden.“ Ich richtete mich erneut auf und schlug einen sachlicheren Ton an. „Deine Symptome haben sich nur nach und nach gezeigt, es muss also tatsächlich einige Monate her sein, dass du die Verletzungen erhalten hast. Aber letztlich hast du offensichtlich viel zu früh wieder angefangen zu trainieren, zu kämpfen, was auch immer du in dieser Zeit getan hast. Dein Körper war noch nicht genesen.“

„Und jetzt, Sakura…?“, fragte er ganz unvermittelt. „Wie kommen wir so weiter?“

Dieses Mal unterdrückte ich ein Lachen. „Itachi ist nicht mein Gegner. Warum auch immer er dich aus dem Weg haben will, er wird sich selbst darum kümmern, wenn ich es nicht für ihn beendet habe.“ Als er noch immer wartete, ergänzte ich mit einem amüsierten Lächeln: „Wir werden hier einfach auf ihn warten, Kakashi. Wir haben Zeit.“

Ich entdeckte dieselbe entschlossene Konzentration in seinem Blick wie zu Beginn dieser Begegnung, doch er hatte keinerlei Möglichkeiten mehr. Sein Sharingan war bedeckt und sein Körper völlig unbeweglich gemacht. Wir mussten tatsächlich nur noch auf Itachi warten. Wie ernüchternd.
 

„Es sind nicht nur Kunais.“

„Du findest sicher noch ein paar andere für dich nützliche Dinge darin.“
 

Unvorhergesehen fielen mir Itachis Worte wieder ein, als er die Kunaitasche um mein Bein gebunden hatte. Nicht nur Kunais… Vielleicht konnte ich seinen Auftrag doch noch erfüllen. Vielleicht musste ich gar nicht darauf warten, dass er beendete, was ich angefangen hatte…

Mit einem entschlossenen Funkeln in den Augen, setzte ich mich aufrecht und schenkte Kakashis misstrauischem Blick nicht viel Aufmerksamkeit. Ich drehte meinen Oberkörper nach links, in dem Bestreben meine gefesselten Hände so weit wie möglich in die Nähe meines rechten Oberschenkels zu bekommen. Ich musste den Kopf dabei abwenden und meine Haare fielen nach vorn, sodass ich nicht sehen konnte, was meine Finger taten, deshalb konnte ich meinen Weg nur ertasten, doch meine Hände kannten diese Bewegung in und auswendig. Meine linke Hand löste den Knopf und fuhr in die Tasche hinein.

Neben den kalten Kunaigriffen waren kleine Seitenfächer für winzige Phiolen, Nadeln oder Senbons eingenäht und genau dort wurde ich fündig. Ein glattes Fläschchen aus Glas fiel zwischen meine Finger und ich schloss es zwischen den Mittel- und Zeigefinger um es vorsichtig aus der Tasche zu ziehen und den Knopf wieder zu verschließen. Aus diesem Winkel konnte ich meine Hand besser sehen und ich drehte die Flasche, um ihren Inhalt erkennen zu können.

Es war sehr wenig Flüssigkeit, leicht trüb und genug für drei oder vier Fingerhüte voll. Die Ampulle war am Hals sehr dünn und am Boden weiter und war mit einem Korken verschlossen. Ich runzelte die Stirn und betrachtete sie nachdenklich. Itachi hatte nützliche Dinge erwähnt. Sicher meinte er dieses Fläschchen damit? Aber was bewirkte der Inhalt? Ein Gift…? Oder ein Betäubungsmittel…?

„Sakura.“ Ich schaute auf und schenkte meinem seit geraumer Zeit verdächtig stillen Gegner einen flüchtigen Blick. „Tu das nicht.“

Ein amüsiertes Lächeln spielte um meine Mundwinkel. „Warum nicht?“

Auch ihm entging nicht, dass wir Minuten zuvor dieselben Worte gewechselt hatten. Seine sichtbare Augenbraue senkte sich. „Du kannst es mir nicht anders verabreichen, als selbst davon zu trinken.“

Ich nickte langsam. „Völlig richtig.“

Die Augenbraue sank noch tiefer. „Du würdest riskieren, dich selbst zu vergiften.“

„Hmm…“ Ich blickte nachdenklich über die Lichtung, nur um mit einem leisen Lachen wieder zu ihm zurück zu kehren. „Du weißt doch, wozu Medic-Nin in der Lage sind, Kakashi-sensei. Sei nicht albern.“

Sein Blick veränderte sich nicht im Geringsten, sein Mund war nur noch eine schmale Linie. „Du hast vielleicht nicht mehr genug Chakra übrig. Es ist zu riskant.“

Ich zog die Augenbrauen in die Höhe, milde überrascht. „Du sorgst dich um mich?“ Mit der rechten Hand zog ich den Korken aus der Flasche. „Wie rührend. Aber vielleicht wäre jetzt ein geeigneter Zeitpunkt um dich um dein eigenes Wohlergehen zu sorgen?“ Ich warf ihm einen fragenden Blick zu und sein Gesichtsausdruck wurde noch finsterer. Ich zuckte mit einer Schulter. „Ich bin nicht einmal sicher, ob es tatsächlich ein Gift ist…wir werden es herausfinden.“

Mit einem konzentrierten Schlenker meiner linken Hand warf ich die kleine Phiole in die Luft und fing sie schließlich mit dem Mund wieder auf. Mit dem Flaschenhals zwischen meinen Zähnen. Ich warf ihm noch einen letzten flüchtigen Blick zu und hörte wie er protestierte, ehe ich den Kopf in den Nacken legte, die Augen schloss und die Flüssigkeit in meinen Mund laufen ließ. Sie schmeckte bitter.

Hochkonzentriert sammelte ich Chakra auf meiner Zunge und verhinderte damit jedes Eindringen der Substanz in meinen eigenen Körper, behielt alles im Mund und ließ die Phiole mit einem dumpfen Klonk auf den Boden fallen. Ich drehte mich zu ihm und beugte mich vor.
 

„Nicht, Sakura.“ Er drehte den Kopf zur Seite und ich folgte ihm. „Nicht.“

Ich sah mich seinem dunklen Auge direkt entgegen, als ich direkt vor seinem Gesicht eine Sekunde innehielt, ehe ich meine Lippen auf seine presste. Er starrte zurück ohne zu blinzeln, sein Blick voller stummen Protests. Natürlich weigerte er sich und öffnete den Mund nicht, auch dann nicht, als ich mit der Zunge versuchte, seine Lippen auseinander zu zwängen, leistete denselben Widerstand wie zuvor. Weder er noch ich wagten, den anderen zu beißen, aus Sorge die Oberhand zu verlieren und so neigte ich den Kopf in Richtung seines gebrochenen Armes und er verstand die Geste, riss das dunkle Auge weit auf, schüttelte den Kopf so weit es ihm möglich war. Er konnte mich nicht aufhalten.

Ich ließ mein linkes Bein hart auf seinem Arm aufkommen und obgleich er sich dafür gewappnet hatte, konnte er den Schmerzen dennoch nicht standhalten. In einem unterdrückten Aufschrei öffnete er seinen Mund und hatte verloren. Ich drängte seine Lippen weiter auseinander und ließ die Flüssigkeit auf seine Zunge laufen, achtete darauf, dass nichts verloren ging.

In diesem Moment kniff er das sichtbare Auge angestrengt zusammen, unterbrach unseren Blickkontakt und dumpfer Donner schallte über die Lichtung, vibrierte in meinen Ohren.

Ich zuckte zusammen und biss mir auf die Zunge, einige Sekunden so sehr aus dem Konzept gebracht, dass mein schützender Chakrastrom für einen Augenaufschlag unterbrach. Bittere Wärme betäubte meine Lippen. Ich errichtete den Schutz sofort neu, doch es war nicht rechtzeitig.

Als ich hustend zurückwich und mich wieder aufsetzte, spuckte Kakashi einen letzten Rest der Flüssigkeit zur Seite, dennoch hatte er mehr als die Hälfte geschluckt. Auch er hustete und schnappte nach Luft, ehe er mir einen finsteren Blick zuwarf. „Das war eine verdammt schlechte Idee, Sakura...!“

Ich zuckte mit einer Achsel und erholte mich langsam von meinem Schock. Ich war durchaus in der Lage Schlimmeres zu verhindern. „Wir werden sehen, was es bewirkt, Kakashi.“ Doch der Effekt ließ auf sich warten und er zeigte selbst Minuten darauf überhaupt keine Anzeichen irgendeiner Reaktion. Ich mahnte mich zur Ruhe. Ich hatte alles getan, was mir noch möglich war, ich musste einfach abwarten und darauf vertrauen, dass die Wirkung auf lange Zeit eintrat.
 

Ich störte mich nicht weiter an seinem todernsten Blick, dem nichts entging und nutzte die Zeit, um ihn noch einmal eingehend aus der Nähe zu betrachten, unbehelligt von den vereinzelten Tropfen die seit kurzem vom Himmel fielen, während das Licht mittlerweile lange Schatten über die Lichtung zog.

Seine alten Verletzungen waren in der Tat schwer gewesen und er konnte sie unmöglich in einem Krankenhaus behandelt haben lassen, denn die teilweise sichtbaren Narben, sowie die nur dürftig verheilten Rippenbrüche, die ich erst vor wenigen Minuten entdeckt hatte, deuteten auf eine wesentlich weniger professionelle Behandlungsumgebung hin. Obgleich ich zugeben musste, soweit ich es erkennen konnte, dass jemand gewusst hatte, was er tat, als er sich um diese Wunden kümmerte. Er durchbrach die angespannte Stille, die sich langsam ausgebreitet hatte, mit leiser Stimme.
 

4)

„Diese alten Verletzungen…“ Ich schaute von seinem Brustkorb auf und blickte ihn erwartungsvoll an, milde neugierig was er dazu zu sagen hatte, überrascht weil er überhaupt sprach, nach dem was zuvor geschehen war. Ein Tropfen traf auf seine Stirn und perlte langsam seine Nase herab. Er hielt meinen Blick. „Du hast sie versorgt.“

Es wunderte mich kaum, dass wir nun wieder auf dieser Schiene angelangt waren. Was blieb ihm anderes übrig, als es in einer Situation wie der seinen ein weiteres Mal mit schlechten Täuschungsmanövern zu versuchen? Aber wie ich bereits selbst gesagt hatte, hatten wir Zeit und ich wusste nicht, wann Itachi zurückkehren würde. Ein bisschen Unterhaltung, so bizarr sie auch sein mochte, kam mir nicht ungelegen.

„Wirklich? Habe ich das also, ja?“ Er nickte leicht. „Wenn du Recht hast, Kakashi…warum sind sie dann so schlecht verheilt? Willst du mir damit sagen, ich sei eine schlechte Medic-Nin?“ Ich konnte nicht umhin, leise zu lachen.

„Nun…wir waren zu diesem Zeitpunkt…wie soll ich es am besten formulieren…?“ Er musterte mich ebenfalls für einen Moment und ich runzelte die Stirn, weil sein Auge weder Furcht noch Panik preisgab, obwohl er genau wusste, dass er nicht entkommen konnte. Tatsächlich lag noch mehr Kampfgeist als zuvor darin und ein Selbstvertrauen, das mich an seinem Verstand zweifeln ließ. Ferner Donner grollte über die Lichtung und dunkle Wolken zogen über den Himmel, sodass das letzte Licht der Sonne mehr und mehr verdrängt wurde. „Wir zogen es vor, deinem neuen Freund eine Weile nicht zu begegnen. In einem Krankenhaus hättest du gewiss makellose Arbeit geleistet, daran habe ich keinen Zweifel, aber da du selbst verletzt warst und niemand unseren Aufenthaltsort verlassen konnte, sind tatsächlich Narben zu sehen, Sakura.“

Ich schnaubte leise. „Bei solchen Wunden bleiben immer Narben zurück. Hast du überhaupt keine medizinische Grundausbildung um so etwas zu wissen?“

Er schüttelte lächelnd den Kopf. „Ich bin eher praktisch veranlagt, fürchte ich.“

Machte er sich über mich lustig? Ich sah gleichgültig darüber hinweg, mit irgendetwas musste er sich schließlich von seinem nahenden Tod ablenken. „Kein Wunder, dass du in so einen Kampf geraten bist.“

Er lachte gedämpft. „So kann man es durchaus formulieren.“

„Ist dir dein Leben so wenig wert?“
 

Er war eindeutig überrascht von dieser Frage, doch er fing sich schnell wieder und antwortete erst nach einer Weile, mit einem abwesenden Lächeln um seine Mundwinkel, während die feinen Tropfen langsam zu einem stetigen Nieseln wurden. „Es gibt wichtigere Dinge als mein eigenes Leben, Sakura.“

„Aber dir muss doch klar gewesen sein, dass du noch nicht in der Lage warst zu kämpfen, ohne dir neue Verletzungen aufgrund deiner alten zuzuziehen…“

Ich konnte ihn nicht verstehen. Hier lag er nun, wartete sprichwörtlich auf seinen Henker und trotzdem bettelte er nicht? Wehrte sich nicht mehr? Lächelte sogar, als ob alles in bester Ordnung wäre?

Plötzlich wurde sein Blick wieder nüchtern und klar. „Wenn ich dafür ein anderes Leben und gleichzeitig so viele andere retten kann…wie könnte ich es nicht tun?“ Ich blinzelte irritiert, etwas eingeschüchtert von der Intensität die sein einzelnes Auge widerspiegelte. „Wie könnte ich nicht nach dir suchen und alles tun, um dich zurückzuholen, wenn du so tief gefallen bist, dass du nicht selbst zurückfindest?“

Ich schnappte nach Luft, bemüht meine kühle Entschlossenheit von zuvor wiederzufinden. Er war gut. Er brauchte nicht betteln, wenn er so ausgezeichnet täuschen konnte.

„Du verschwendest deine Zeit mit deinen niedlichen kleinen Geschichten.“
 

Dieses Mal lächelte er über sich selbst. „Vielleicht.“ Er lehnte den Kopf weiter zurück und starrte in den wolkenverhangenen Himmel, schloss das eine Auge und ließ den Regen darauf fallen. „Aber mir bleibt nicht viel mehr, als es trotzdem zu versuchen.“

Ich sah ihn noch einen Moment verständnislos an, dann ließ ich meinen Blick ebenfalls ein wenig gelangweilt über die mit Kratern übersäte Lichtung schweifen. Meine Arme fühlten sich taub an, das Blut wurde langsam aber sicher am natürlichen Fließen gehindert und meine Fingerspitzen kribbelten bereits sei geraumer Zeit. Nasskalte Tropfen fielen zwischen meine gefesselten Hände und ich schüttelte den Kopf, um ein paar feuchte Haarsträhnen aus meinem Gesicht zu bekommen.

„Es ist nicht deine Schuld.“, sagte er unvermittelt. „Du kannst nichts dafür, niemand hätte sich gegen dieses Jutsu wehren können.“

Ich beugte mich über sein Gesicht und meine Augen wurden schmal. „Hör auf mit diesem Unsinn. Es wird dir nicht helfen.“

Er ignorierte meine Worte. „Kannst du dich daran erinnern, was du das gesamte letzte halbe Jahr lang getan hast?“ Ich betrachtete ihn geringschätzig und wartete. „Wo warst du vor drei Monaten?“

Mit einem abfälligen Schnauben warf ich den Kopf in den Nacken, bestrebt seinen Worten kein Gehör zu schenken.

„Du warst in Konoha. Zusammen mit Naruto. Mit Sasuke. Und mit mir.“

Ich hatte den übermäßigen Drang, mir den Kopf zu halten, doch meine Hände waren so fest wie zuvor auf meinem Rücken gefesselt. Wo war ich vor drei Monaten gewesen? Gewiss nicht bei diesen Leuten. Gewiss nicht in Konoha.

„Wir haben dich im Wechsel begleitet, um dich zu schützen, Tag und Nacht.“ Ich hielt seinen Blick, kalt und ernst. „Wir haben dich vor Itachi geschützt.“

Lügner.
 

Er verstummte.

Der Regen wurde stärker, er fiel mittlerweile in dichten Strömen herab und schränkte die Sicht auf die unmittelbare Umgebung stark ein. Und ehe ich weiter sprechen, ehe ich darüber nachdenken konnte, weshalb er schwieg, wusste ich auch warum. Ich riss die Augen auf, mir plötzlich körperlich bewusst, wie nah er war, ich spürte seine Präsenz so deutlich, dass meine Haut prickelte. Warum hatte ich ihn nicht bemerkt?

Gut Sakura. Sehr gut.“ Ich hielt den Atem an, sah zurück zu Kakashi. „Ah…Itachi. Es ist lange her…“ Er wandte den Kopf von ihm ab und blickte mir ruhig entgegen, seine Stimme so gelassen, als wäre dies nichts weiter als ein zufälliges Treffen an einer Straßenecke.

Ich hörte das leise Rascheln von schwerem Stoff, dann berührte seine Hand meine Finger, ganz leicht nur, wie ein Windhauch. Ich zog die Luft ein, richtete mich instinktiv auf und rückte dabei etwas von ihm ab. Die glühende Hitze, die sich durch meine Hand gezogen hatte, wurde schwächer, der Regen kühlte meine Haut schnell wieder herab. Erst dann fragte ich mich, warum ich zurückgezuckt war. Er griff unbehelligt erneut nach meinen Händen, selbst noch beinah trocken, fuhr sie entlang bis zu der Stelle an der meine Handgelenke unsichtbar miteinander verbunden waren und verteilte dabei viele kleine Funken aus Chakra über meine Haut, die er bei jeder Berührung mit sich brachte. Ich schloss die Augen, das Wasser perlte über meine Lider.

Im nächsten Augenblick waren meine Handgelenke frei. Ich seufzte lautlos, als das Blut wieder durch die geregelten Bahnen strömen konnte und meine Muskeln sich entspannten, hob die Hände nach vorn und streckte meine durchnässten Arme.

Dann spürte ich seinen Atem neben meinem Ohr und wagte nicht, mich umzudrehen. „Bring es zu Ende.“, sagte seine kalte Stimme dicht hinter mir und das Rauschen des Regens drang in den Hintergrund. Ich starrte nach vorn, durch meine auf der Haut klebenden Haare, blinzelte die Tropfen aus meinen Augen. „Töte ihn.“

Unweigerlich flackerte mein Blick hinab zu Kakashi. Er sah direkt zurück, nur zu mir, nicht zu Itachi, seine klammen Haare fielen ihm über das verdeckte Sharingan. Dies war mein Auftrag. Dies war alles, was ich hier zu erledigen hatte. Ich hatte nur darauf gewartet.
 

Meine Hand wanderte wie von selbst zu dem Kunaiholster an meinem Oberschenkel, noch etwas schwerfällig und kribbelig. Ich löste zielsicher ein weiteres Mal den Knopf der Tasche, fuhr mit den Fingern hinein und legte sie um den kalten Griff eines meiner Wurfmesser. Zog es heraus und hob es vor meine Brust.

Ich bemühte mich, nicht weiter darüber nachzudenken, doch als unsere Blicke sich erneut kreuzten, bemerkte ich wie er unter mir lag, völlig widerstandslos, beinah entspannt. Sein eines sichtbares Auge nahm langsam einen fiebrigen Glanz an, endlich ein Zeichen des Mittels das ich ihm verabreicht hatte, was jedoch nichts an der Intensität in diesem dunklen Schwarz änderte. Er schien sich mit seinem Schicksal abgefunden zu haben.

Das Kunai wog schwer in meiner Hand. Was ging schneller? Was war schmerzloser? Die Brust? …oder der Hals? Medizinisch gesehen… Was dachte ich da?!

Ich senkte den Blick, entschlossen mich zu sammeln um endlich meine Arbeit machen zu können. Um endlich gehen zu können. Mit einem Stirnrunzeln lockerte ich meine Hände, die beide zu Fäusten geballt waren und erstarrte, als ich es sah. Meine Finger zitterten.

Ich betrachtete sie für einen Moment, versuchte zu ergründen warum. Gab mir Mühe, mich darauf zu konzentrieren, sie wieder ruhig und eiskalt zu bekommen. Sie wieder zu den Händen eines wahren Shinobis zu machen. Aber es hörte nicht auf. Warum?

Ich spürte Kakashis Blick auf mir ruhen, fühlte Itachis aufmerksame Präsenz in meinem Rücken, hörte das stetige Rauschen um mich herum. Das hier ist nicht richtig. Etwas stimmte nicht. Aber Itachi verlangte es. Es gab keinen anderen Weg. Ich sah diesem dunklen Auge fest entgegen.

Warum zögerte ich?

„Wir haben dich im Wechsel begleitet, um dich zu schützen, Tag und Nacht.“

Itachi fuhr mit einem Finger meinen Hals herab, über das Shirt das nass auf meiner Haut klebte, zwischen meine Schulterblätter und lehnte sich weiter vor, ließ meinen Atem stocken.

„Wie könnte ich nicht nach dir suchen und alles tun, um dich zurückzuholen, wenn du so tief gefallen bist, dass du nicht selbst zurückfindest?“

Sein Kinn berührte meine Schulter und ich sah aus dem Augenwinkel, wie er mich betrachtete, wie er jeden einzelnen Gedanken zu lesen schien. Seine dunklen Haare umrahmten sein Gesicht, scheinbar immun gegen den Regen, der mich längst durchnässt hatte, seine Augen leuchteten blutrot.

„Wir haben dich vor Itachi geschützt.“
 

Sein warmer Atem strich über meine Haut und ich schauderte leicht, ehe er seine Lippen an meinen Hals drückte. Warmer Nebel stieg in meinen Kopf und ich schloss die Augen, abgelenkt von der Hitze, die wie flüssiges Gold durch meinen gesamten Körper strömte und das Zittern und die Kälte verschwinden ließ. „Vertrau mir, Sakura.“ Ich seufzte leise, ungewillt die Augen wieder zu öffnen. Lauschte dem Prasseln um mich herum.

„Ich vertraue dir.“

Ich sah auf und drehte den Kopf um ihn anzusehen. Seine Augen funkelten dunkelrot, versprachen so viel mehr von dieser Wärme und dieser Klarheit, diesem absoluten Wissen wem meine Loyalität für immer gehören würde. Mein Griff um das Kunai wurde fest. Er nickte leicht und lehnte sich zurück, die Sharingan noch immer erfüllt von einem intensiven Leuchten. Ich hörte wie er aufstand und ein paar plätschernde Schritte zurück machte, dann wandte ich mich meinem Gegner zu und wischte mir die Haare aus dem Gesicht.

Ich wollte nicht ein weiteres Mal in seinem Auge lesen müssen, doch es ließ sich nicht vermeiden. Darin geschrieben stand so vieles gleichzeitig, wie ich es in dem Kampf zuvor nicht ein einziges Mal gesehen hatte und ich schluckte hart. Zuerst…Wut. Hass. Zorn. Der Wunsch nach Vergeltung. Dann…Verzweiflung. Trauer. Und Sorge. Alles in nur einem Auge, innerhalb weniger Sekunden. Aber keine Anzeichen von Angst.

Er blinzelte gegen den Regen und ich atmete tief durch, blies das Wasser von meinen Lippen.

Dann…neigte er seinen Kopf nach hinten und seine Bewegung riss mich zurück ins Hier und Jetzt.
 

Misstrauisch verfolgte ich sein Vorhaben, ehe ich langsam den Kopf schüttelte, verständnislos. Er lehnte sich zurück und machte mir damit seinen Hals zugänglicher, ein aufziehendes Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Narr. Sekunden vergingen.

„Sakura?“

Ich schluckte. „Doch noch ein paar letzte Worte, Kakashi?“

Er lachte leise. Ich ließ mir meine Verständnislosigkeit nicht anmerken und doch spürte er sie. „Ist schon gut, Sakura. Ich habe in meinem Leben genug gesprochen. Ich habe nichts mehr zu sagen.“

„Dann waren das also deine letzten Worte…“, sagte ich tonlos und zwang meinen Blick zurück auf das Kunai in meiner Hand. Ich blinzelte genau vier Mal.

Da sprach Kakashi erneut. „Das ist nicht, wozu du gemacht bist, Sakura. Du hast niemals getötet, wenn es sich vermeiden ließ.“

Ich zog eine Augenbraue in die Höhe, bemüht eine kalte Maske aufzusetzen und sie zu halten. In dem Rauschen konnte ich seine Stimme kaum hören. „Wenn du glaubst, ich würde dich verschonen…“

„Lass ihn die Drecksarbeit machen, Sakura.“ Sein Blick wurde unerwartet milder, trotz all der störenden Regentropfen. „Du weißt nicht einmal, warum du mich töten sollst. Das hier bist nicht du.“ Ich starrte ihn an, warf einen hektischen Blick über meine Schulter. Itachi war nur als verschwommener Schatten erkennbar. Er stand unter einer alten Tanne, nicht mehr als ein paar Meter entfernt, außer Hörweite, doch seine Sharingan ruhten unbestreitbar noch immer wachsam auf mir. Und ich verstand, dass dies eine Prüfung war. „Vertrau mir.“

„Nein!“
 

Ich riss den Kopf zurück, die Augen weit geöffnet. Mein Herz schlug ohne Vorwarnung rasend schnell gegen meinen Brustkorb und das Atmen wurde schwerer. „Ich kann dir nicht vertrauen.“

„Es gibt so viele Zweifel, du weißt nicht wirklich wer er ist.“

„Sei still.“ Ich verlagerte mein Gewicht auf seinen Armen und er verzog das Gesicht, als ich seine gebrochene Speiche ebenfalls erreichte. Der Boden gab nach, war aufgeweicht und schlammig und ich musste meine Position neu absichern. Meine Füße verloren ihren Halt und rutschten weg, bevor ich sie hastig in den Boden schlug und gerade rechtzeitig wieder um seine Beine legen konnte. Ich schüttelte noch einmal den Kopf und meine Haare schlugen mir ins Gesicht, klebten an meinen Wangen. „Du hattest deine letzten Worte schon.“

Er fixierte mich ohne Pause, blinzelte nur hin und wieder. „Du weißt, dass etwas nicht stimmt. Dass das was du im Begriff bist zu tun nicht richtig ist.“

Meine Augen wurden schmal. „Ich sagte, du sollst still sein.“

„Hör auf deinen Instinkt, Sakura.“ Ich holte mit meiner rechten Faust aus und er wandte den Kopf unter der Wucht meines Schlages zur Seite, das sichtbare Auge für einen Moment geschlossen. Seine triefenden Haarspitzen färbten sich dunkelbraun und der matschige Boden hinterließ vereinzelte dunkle Sprenkel auf seinem Gesicht, ehe der Regen sie langsam wieder abwusch. Mein Atem ging schneller. Und als er den Kopf langsam wieder hob und das Auge öffnete, als er mich ansah, war etwas anders.

„Es ist vorbei.“, hörte ich meine eigene Stimme etwas atemlos sagen und kam dabei kaum gegen den stürmischen Regen an. Ich ballte die Hände zu Fäusten. „Ich werde es kurz machen.“ Ich biss mir auf die Lippen. Was für ein lächerlicher Zusatz.

Die Strafe für mein langes Zögern ereilte mich sofort.
 

Nur einen Moment war ich abgelenkt, nur einige wenige Sekunden unaufmerksam und er hatte seinen linken Arm befreit, beinah mühelos durch die nasse, rutschige Kleidung und das schlammige Wasser spritzte an uns hoch, als ich versuchte, ihn daran zu hindern. Geistesgegenwärtig griff ich nach seinem Arm, erfasste zuerst nur den Handschuh und streifte ihn ab, ehe ich sein Handgelenk fest umklammerte. Unsere Blicke trafen sich kurz, strotzend vor unnachgiebigem Kampfeswillen und dann betrachtete ich seine Hand genauer, wollte meine Fassung wieder erringen. Ich scheiterte kläglich.

Ein kurzes Glänzen an seinem kleinen Finger fing meine Aufmerksamkeit und obgleich ich mir dunkel bewusst war, dass Itachi noch immer wartete und meine Aufgabe sich erneut verzögerte, zog ich seine Hand näher und streifte den Ring ab. Ich runzelte abwesend die Stirn, nur milde überrascht, weil Kakashi einen rosa Ring mit sich trug, ignorierte wie er plötzlich völlig bewegungslos verharrte und den Arm ruhig hielt, seinen Widerstand völlig aufgab.

Die Grundfarbe war durchwoben von einem Muster, das ich nach kurzem Betrachten als Kirschblüten identifizieren konnte. Ich drehte den Ring langsam zwischen den Fingern, glitschig durch das unaufhörliche Wasser von oben, und spürte mehr als dass ich es hörte, wie Itachi näher kam, als ich noch etwas entdeckte. Auf der Unterseite war eine Gravur. Ich legte den Kopf schief und bemühte mich sie zu entziffern, lauschte abgelenkt Itachis Schritten auf dem durchweichten Boden und dem fernen Donnergrollen, das näher kam.

i・ryoku“. Kraft.

Ungeachtet von Itachis unüberhörbarem Näherkommen, ungeachtet dessen, dass er meinen Namen rief und dabei plötzlich ein alarmierter Ton seine sonst so kalte Stimme erfüllte, sagte Kakashi mit gedämpfter Stimme etwas in diesen sonderbaren Moment, kaum hörbar über das Heulen des aufziehenden Windes. „Einst dachte ich, es wäre mir niemals wieder vergönnt, dich noch einmal zu sehen und seitdem trage ich ihn immer bei mir.“

Ich schaute überrascht auf, traf auf seinen Blick und plötzlich...verlor ich die Kontrolle.
 

„Ich dachte, ich sehe dich niemals wieder…“
 

Ich ließ den Ring fallen, doch es hörte nicht auf. Meine andere Hand krallte sich krampfhaft in Kakashis Handgelenk.
 

„Es ist nicht deine Schuld...du kannst nichts dafür…“
 

Ich sah ihn so deutlich vor mir, als wäre ich tatsächlich dort. Sah sein müdes, erschöpftes Gesicht und seine ungleichen Augen…und die überwältigende Erleichterung und Wärme darin, als er mich sah.
 

„Ich bin…so froh, dass du da bist.“
 

Ich hörte wie er leise meinen Namen flüsterte, sah sein lächelndes schlafendes Gesicht, strich über seine warme Hand. Und spürte, dass alles was für mich zählte nur dieses eine war. Dass ich ihn nicht verloren hatte.
 

„Ich dachte, ich sehe dich niemals wieder…“
 

Ich erblickte sein so rares Lächeln, nicht wie sonst so oft verborgen von der dunklen Maske, voller Zuversicht. Voller Wärme. Und es galt nur mir.
 

„Vertrau mir.“
 

„Kakashi…“
 

Mir war schwindelig und ich schwankte, doch er richtete sich auf, frei von meinen Beinen, die ihm am Boden gehalten hatten und hielt mich fest, verteilte einen Schwall Schlamm und Wasser über uns.

Im selben Moment, in dem ich den Kopf hob um seinen Blick zu suchen, schoss das heiße Feuer durch meinen Körper, dass mir nun schon so vertraut war.

„Sakura.“

Es war plötzlich so viel leichter, dieser Stimme nachzugeben und sich der Hitze zu beugen…sich an den Körper hinter mir zu lehnen und mich einfach fallen zu lassen, weit fort von dem kalten Wind und dem peitschenden Regen. „Töte ihn. Töte Kakashi.“

Ich musterte gebannt das Gesicht des Mannes vor mir und konnte mich nicht losreißen. Er sah mich an, ruhig und gütig, und plötzlich aus beiden Augen, etwas verengt um sie vor dem Unwetter zu schützen. Dann…schloss er sie ergeben und verharrte. Er wartete darauf, dass ich etwas, irgendetwas tat, wartete darauf, dass ich dem ganzen ein Ende setzte. Und auch ganz ohne seinen Blick, tat ich es. Und traf meine Entscheidung.
 

Ich sah nicht hin, als das Kunai die Haut an einer Stelle durchbrach, die tödlich war, direkt über dem Herzen, dafür hörte ich das Geräusch umso mehr in meinem Kopf, wenngleich der Regen es um ein Vielfaches übertönte. Ich spürte den Schmerz beinah greifbar in meiner eigenen Brust und wandte mich ab, um dem darauffolgenden platschenden Aufschlag zu entgehen, da ließ mich ein eisiges Lachen in der Bewegung erstarren.

Ich blickte in die beiden geöffneten Augen von Kakashi und sah mich demselben Entsetzen entgegen, das auch in meinem Gesicht geschrieben stand. Wie war das möglich?

Das konnte nicht sein. Er hätte tot sein müssen!

Grauenerfüllt drehte ich mich um und erblickte Itachi, sah wie er das Kunai aus seiner linken Brust zog und sich aufrichtete, sah sein triumphierendes Lächeln und konnte ebenso sehen, dass die Wunde nicht blutete, zumindest nicht wie sie es sollte, wie sie es aus rein physikalischen Gründen musste! Sein Anblick war verstörend, er sprach geradezu gelassen über das nahende Donnern hinweg, obgleich ich soeben sein Herz durchbohrt hatte… Ein Stich ins Herz, ein Stich, der direkt den Herzmuskel trifft, sorgt dafür dass alles noch im Kreislauf vorhandene Blut aus dem Körper gepumpt wird. Sein Mantel hätte sich langsam rot färben müssen, er hätte nicht mehr stehen dürfen…

„Ah Sakura…“, begann er lächelnd und ein Schauer, der nicht durch die beißende Kälte verursacht wurde, lief über meinen Rücken. „Genau deshalb gehörst du zu mir.“

Ich taumelte zurück, noch immer ungläubig auf seine Brust starrend, die Hände suchend nach einem Halt ausgestreckt. „Wie…?

Ich traf auf Kakashi, der sich mühevoll aufsetzte, hörte seinen raschen Atem und spürte die Hitze die auf einmal von ihm ausging, sah rasch wieder auf. Erkannte dass Itachi nicht mehr vor mir stand und war zu langsam um es zu verhindern.

„Nicht…!“
 

5)

Ein lauter Knall nicht weit von uns und alles wurde gleißend hell. Für einen Moment konnte ich deutlich durch den Regen sehen und schlug entsetzt eine Hand vor den Mund.

Vor meinen Augen stürzte Kakashi zu Boden, von Itachis Tsukyomi überrascht, als er sich instinktiv zwischen mich und ihn gestellt hatte. Seine Reaktionsfähigkeit durch das Gift das ich ihm verabreicht hatte verlangsamt.

Als ich ihn endlich erreichte, konnte ich nichts weiter tun als hilflos die Hände zu heben und ihn zu stützen, bis er auf der schlammigen Erde aufkam und ich unter seinem Gewicht ebenfalls herabsank. Er bewegte sich nicht.

Meine Hände legten sich unter seinen Kopf und hielten ihn fest, zittrig und schwach, als ich zu Itachi aufsah und gegen den Regen blinzelte. „Was hast du getan?“, rief ich fassungslos und über das laute Donnern hinweg kaum zu verstehen. „Was ist mit mir passiert?“

Er ließ das blutige Kunai achtlos zu Boden fallen und machte ein paar langsame Schritte auf mich zu, bis er vor mir in die Knie ging, wie selbstverständlich die Kunaitasche von meinem Bein löste und sie in seinen Mantel gleiten ließ. Ich war wie erstarrt.

Kyô-kai-ki-jun…“, erwiderte er amüsiert und hob eine Hand, um eine meiner Haarsträhnen zwischen die Finger zu nehmen. Jeder Muskel in meinem Körper spannte sich an, als er begann sie in seiner Hand zu drehen, Grauen breitete sich nach überall hin aus, kroch über meine Arme, meine Beine, meinen Nacken. Ich konnte nicht die Kraft aufbringen, vor ihm zurückzuweichen. Mein Körper fühlte sich taub an.

„Es schützt die verbundenen Seelen, wenn die eine die andere verletzt, greift es ein und rettet beiden das Leben. Der eine kann nicht ohne den anderen. So lange bis das Jutsu aufgehoben wurde…“

Unmöglich… Und doch…

Das Bild seines unverletzten Unterarms schoss mir durch den Kopf, während das Gewitter immer näher kam und mehr und mehr Blitze über den dunklen Himmel jagten.

„Deine Arme…“, flüsterte ich tonlos.

Er nickte und lächelte, las von meinen Lippen. „Auch ein Teil des Jutsus. Es hat eindrucksvolle Wirkungen, nicht wahr Sakura?“
 

Es schien eine Ewigkeit her zu sein…doch jetzt traf mich die Erkenntnis. Er konnte mir nicht schaden. Aber ich ihm auch nicht. Nun wusste ich warum, ich wusste, warum ich ihn so oft nicht hatte töten können, warum er immer wieder vollkommen gesund und unverletzt zurückgekehrt war. Es war so einfach. Es war nicht mein Zögern oder meine Angst…und es war nicht meine Schwäche. Es war nur sein Jutsu. Wie sollte ich jemanden töten, der mich an sich gebunden hatte, auf Leben und auf Tod? Dagegen kam ich nicht an. Der Gedanke traf mich schmerzlich. Ich konnte es nicht beenden. Niemals.

Itachi lachte leise, übertönte dabei selbst das tosende Rauschen. „Dein Kampfgeist ist faszinierend unerschöpflich…“

Sein spielerisches Drehen meiner Haare wurde zu einem Ziehen und mit einem Ruck riss er meinen Kopf zu sich nach vorn um in mein Ohr raunen zu können. Ein unterdrückter Schmerzensschrei verließ meine Lippen. „Das Jutsu scheint ein wenig darunter zu leiden, hm? Einen Teil deiner Erinnerungen hast du bereits zurück und wir wollen doch nicht, dass dem noch weitere folgen oder?“ Ich zitterte am ganzen Körper, bis auf die Knochen durchnässt und frierend. Und doch nicht deshalb.

Er beugte sich zu meinem Hals und ich wandte mich ab, wollte aufstehen, Kakashi mit mir ziehen und einfach aufstehen, als er mich noch einmal an meinem Haar zurückriss und mein Kinn umfasste, sodass ich ihn ansehen musste. „Das weckt noch mehr alte Erinnerungen, nicht wahr?“ Ich zuckte zusammen und wimmerte leise, als er mit der Zunge über meine Haut strich, viel zu geschockt um auch nur den geringsten Widerstand zu leisten. Seine Berührungen waren nicht mehr die Luft zum Atmen. Sie waren wie Gift.

Er hob den Kopf etwas und unterbrach sein Vorhaben, um in meine Augen zu blicken, während seine Hand gefährlich langsam über meine Taille wanderte. Seine Sharingan funkelten dunkelrot. „Dieser Teil unserer Beziehung hat mir so ohnehin schon immer am besten gefallen…ansonsten macht es nur halb so viel Spaß.“
 

Haltsuchend zog ich Kakashi noch näher an mich heran und barg seinen Kopf schützend in meinem Schoß, strich mit einer Hand das Wasser aus seinem Gesicht, das unaufhörlich nachströmte. Ich wünschte mir nichts mehr, als seinen regelmäßigen Herzschlag zu hören. Er durfte nicht tot sein.

Ein Blitz schlug in unmittelbarer Nähe ein und erhellte die Lichtung erneut. Itachis Gesicht war eine Mischung aus flackernden Lichtern und tiefen Schatten und tiefem Rot. „Du bleibst mit mir verbunden, ganz gleich was passiert…“, begann er jetzt langsam, während ich die Augen schloss und mit einer Hand fahrig an Kakashis Hals entlangfuhr. „…und dann gibt es keinen Grund mehr, dir deine Erinnerungen vorzuenthalten, meinst du nicht, Kirschblüte?“

Meine Hand tastete weiter, sie fand die richtige Stelle, doch ich zitterte zu sehr um etwas fühlen zu können. Ich blinzelte angestrengt. Aus dem Nichts hielt Itachi den Ring hoch, den Kakashi und Tsunade mir zu meinem 18. Geburtstag geschenkt hatten und ließ beiläufig seinen Blick darüber schweifen. „Wie passend…“ Er warf ihn achtlos beiseite und ich verlor ihn aus den Augen, als er in den wogenden Pfützen versank. „Es wäre sehr interessant zu sehen, wie du damit umgehst, dein altes Ich zurückzubekommen und gleichzeitig auf ewig an mich gebunden zu sein…“, hörte ich ihn mutmaßend sagen. „…und doch ist so etwas noch nie zuvor versucht worden. Wollen wir sehen, was passiert, Sakura? Bist du nicht auch…neugierig?“

Ich versuchte das Zittern meiner Hände zu kontrollieren und sandte in dem verzweifelten Versuch, endlich sein Herz zu hören, eine winzige verbliebene Menge Chakra in meine Hand. Ich hatte nicht daran gedacht, dass Itachi das spüren konnte. Er zerrte mich zurück, Kakashis Kopf fiel hart auf den überfluteten Boden und ich schrie auf vor Entsetzen, mir genau bewusst, was das für seine Verletzungen bedeuten konnte.

„Nein!“ Er rührte sich nicht. Das Wasser stand hoch und sein Kopf versank tief im Schlamm. „Nein!!“ Ich zerrte blind an Itachis Armen, bis er von hinten um mein Kinn herum griff und mich fest an seine Brust presste. Er nahm mir jede Bewegungsfreiheit und drückte gegen meine Luftzufuhr, zog mich weiter von ihm fort, sein Mantel schleifte träge durch den knöchelhohen Matsch hinter uns her, rote Wolken leuchteten auf. Ich keuchte, hob die Hände und legte sie auf seine, ehe ich sie wieder herunterriss weil die Berührung brannte wie Feuer und meine Arme so schwer waren.

Er wartete. Ich konnte nicht atmen, konnte nicht sehen, mir wurde schwarz vor Augen. Dann ließ er los, ich kippte nach vorn, landete mit den Knien im weichen Morast, sackte ab und er fing mich wieder auf. Ich schnappte rasselnd nach Luft. Donner schallte über die Lichtung.
 

„Lass mich dir zurückgeben, was dir gehört…und was du so sehr begehrst.“, wisperte er in mein Ohr. „Sieh es als kleine Erinnerung daran, mich niemals wieder mit deinem Leben erpressen zu wollen. Dieses Ergebnis…“ Er deutete auf Kakashis leblosen Körper, umringt von peitschendem Wind und Wasser und ich folgte schwer atmend seinem Blick. Er lag nur wenige Schritte entfernt – und war doch weit außerhalb meiner Reichweite. „…sollte ausreichen, um dich davon abzuhalten, jemals wieder etwas so törichtes zu versuchen.“

Die Punkte vor meinen Augen verschwanden nur langsam und ich keuchte, als er mich in seinen Armen drehte und vor sich absetzte. Ich erkannte seine Absicht, doch der Sauerstoffmangel machte mich handlungsunfähig. Das Mittel wirkte auch bei mir.

Ich hörte ihn wenige Worte wispern, doch der Wortlaut ging im grollenden Gewitter unter. Er lehnte sich vor und hob mein Kinn, geradezu sanft, erinnerte mich an die vielen Male, die er genauso vorgegangen war, strich mit einem Finger über meine Unterlippe. Dann drückte er seinen Mund auf meinen und ich kniff die Augen gequält zusammen, in dem Versuch nach hinten auszuweichen. Erfolglos. Seine Haare klebten an meinen Wangen, seine Haut war glühend heiß gegen meine. Im selben Moment wurde ich erschlagen von all den Bildern meines Lebens, Monate zuvor, Jahre zuvor und auf so vielen war Sasuke zu finden…

Mein Gedächtnis setzte sich wieder zusammen und dieser Moment konnte nicht schmerzvoller sein. Bittersüß. Obgleich die Bilder mir fremd sein hätten müssen, waren sie augenblicklich wieder so klar wie eh und je. Ich sah Sasuke aber auch meine Eltern, Tsunade, Ino, Naruto, all meine Freunde…Kakashi. Jedes Bild kehrte an seinen alten Platz zurück und war doch vollkommen verändert. Er hatte alles verändert.
 

Als Itachi schließlich von mir abließ und ein paar Zentimeter zurückwich, betrachtete er unverhohlen zufrieden die Tränen, die meine Wangen herabliefen und die er sah, obwohl der kalte Regen mein Gesicht entlang strömte. „Wunderschön…“

Er strich darüber, spürte ihre Wärme und ich verharrte vollkommen still. Alles verwischte vor meinen Augen, wurde trübe und dunkel und grau. „Nimm sie zurück…“, flüsterte ich leise. „Ich will sie nicht mehr…nimm sie zurück…“

„Ist es nicht traurig, sich all derer zu erinnern die nicht mehr sind?“

Sasuke und Naruto waren nicht hier. Kakashi bewegte sich nicht. Seine Worte trafen mich tief. Ohne wirklich etwas zu sehen, sprang ich auf und riss mich los, wühlte in dem matschigen Wasser, wo ich es zuletzt gesehen hatte und ergriff das letzte Kunai das mir geblieben war, stach es noch einmal in seine Brust. Es versank so widerstandslos in seiner Haut, als wäre sie aus Butter, das Gefühl widerte mich an. Itachi wehrte sich nicht, es schien ihm nicht einmal Schmerzen zu verursachen. Er lächelte darüber.

„Du hast mir alles genommen! Du hast mir alles genommen und lässt mich doch nicht gehen!“ Ich stach wieder zu. Schrie gegen den Wind und den Donner. Dieses Mal hob er seinen eigenen Arm und umgriff meine Hand, in der ich diese meine einzige Waffe hielt. „Ich habe nichts mehr zu geben und doch kannst du nicht aufhören zu nehmen!“

Sein Griff wurde schmerzhaft, das Kunai fiel aus meiner geschlossenen Faust, versank in einem Strudel aus Braun und Grün und er ließ mich los. Ich taumelte ein paar Schritte zurück, sackte herab auf meine Beine, hob meine Hände über den Kopf und schloss die Augen.

„Es ist nichts mehr übrig, Itachi, hör auf, lass mich endlich gehen…!“

Ein leises Lachen. Donner. Ich barg mein Gesicht in den Händen und hoffte, es würde einfach aufhören. „Ich lasse dich niemals ge…“
 

Das unverkennbare Geräusch von tausenden von Vögeln übertönte schrill das Gewitter, hallte laut in meinen Ohren wider. Itachis Worte blieben unvollendet. Betäubt ließ ich die Hände sinken. Schaute auf und blinzelte.

Ein weiterer Blitz ließ mich sehen und ich erblickte Kakashi, aufrecht hinter Itachi. Er taumelte zurück, strauchelte ein paar Schritte und ging dann geradezu weich zu Boden, zog weite Wellen auf der überschwemmten Erde. Das blaue Glimmen seiner rechten Hand flackerte noch einen Moment auf und erlosch. Der Stürmische Regen, das dumpfe Grollen direkt über uns, das Schlagen meines eigenen Herzes wichen einer tiefen Stille. Itachis Umrisse wurden von einem flackernden Blitz beleuchtet und er hob eine Hand und griff sich langsam an die Brust. Mit aufgerissenen Augen verfolgte ich jede seiner Bewegungen, wie in Trance. Wie im Traum.

Er beugte seinen Oberkörper ab und drehte den Kopf zu der reglosen Gestalt Kakashis am Boden. Ich wartete darauf, dass er sich vor Schmerzen wand, dass er schließlich erstarrte, dass er fiel. Doch er fiel nicht. Seine rechte Hand wanderte tödlich langsam zu dem dunklen Katana auf seinem Rücken und er zog es in einer gleitenden Bewegung aus seiner Hülle, die mit jedem Zentimeter das Ende verkündete. Ich war wie versteinert.

Bis ich meine Stimme wieder fand und es keinen Zweifel mehr daran gab, was er vorhatte. „…nein! Nein!“ Ich kämpfte mich auf die Beine, doch sie gaben nach und ich fiel zurück. „Nicht!“

Es ging so schnell.

Im einen Moment konnte ich sehen wie er das glänzende Katana ausrichtete und einen Schritt nach vorn machte, im nächsten war er verschwunden und meine Augen konnten ihm nicht mehr folgen.

„Kakashi…!“ Ich fiel auf meine ausgestreckten Hände und sah zu Boden um mich abzufangen. Meine Arme versanken bis zu den Ellbogen in der schlammigen Erde und ich zerrte daran um sie zu befreien. Als ich den Kopf wieder hoch riss, hörte ich zeitgleich das grausamste Geräusch dieser Welt.

Unwiderruflich. Endgültig. Es war der Klang eines Katanas, das sein Ziel trifft.

Vor mir erstreckte sich ein Bild voller Schatten, hin und wieder erhellt durch das Flackern eines weit entfernten Blitzes. Der Regen fiel unaufhörlich immer weiter. Rauschende Fluten stürzten beharrlich auf mich herab, endlose Wogen, jenseits von Kälte und Eis. Ich spürte nichts davon, konnte mich nicht losreißen von diesem Anblick. Kakashi…
 

6)

Donner grollte über den Himmel. Dann jagten zwei Blitze kurz nacheinander über mich hinweg. Ich sah nur wenige Sekunden, nur Bruchteile.

Es reichte um Gewissheit zu haben.

Itachi stand nur wenige Meter entfernt von dort wo ich ihn zuletzt gesehen hatte, direkt vor Kakashi. Sein Katana steckte neben ihm im Boden. Und dann erblickte ich Kusanagi. Tief in seiner Brust. Die Welt wirkte verlangsamt, dumpf, wie unter Wasser. Apathisch sah ich zu, wie erstarrt er auf die Knie sank, wie sein Mantel hinter ihm her zog und sich um seinen Körper legte, wie das Wasser aufspritzte als er auf dem Boden aufkam. Und schließlich schien die Zeit vollends stehen zu bleiben.
 

Unweigerlich suchte ich nach etwas, das ich fühlen musste, ich suchte nach einem Zeichen in meinem Körper, nach irgendetwas, das ein weiterer Beweis unserer Verbindung gewesen wäre. Ich hatte nicht gesehen, wie er getroffen wurde, hatte nicht einmal gehört, wie mein größter Feind seinen letzten Atemzug tat und ich spürte nichts. Gar nichts. Außer der Kälte, die sich nun gnadenlos überallhin ausbreitete. Ich sah in seine Augen, die auf mich gerichtet waren und dasselbe grausame Lächeln wie zuvor lag auf seinen Lippen, Sekunden bewegte er sich nicht. Dann wich das Rot aus seinen Iriden, sie wurden pechschwarz wie sie immer hätten sein sollen und während er nach vorn fiel, selbst dann, gab es kein Zeichen dafür, dass es ihn überrascht hätte.

Er zog weite Wellen auf dem überschwemmten Boden, dann übernahm der Regen wieder die Überhand, prasselte weiter auf die Wasserfläche und Itachi blieb reglos liegen. Langsam, sehr langsam sah ich auf.

Durch die Schleier aus Regen und Wind, wurden seine Umrisse deutlich. Sasukes rechte Hand schwebte vor ihm in der Luft, seine Haare klebten ihm im Gesicht, seine Kleider hingen schwer herab, sein Blick war starr auf Itachi am Boden gerichtet, seinen Bruder. Er sah kurz auf und schaute mir in die Augen. Dann ließ er seine Arme schleppend sinken und schließlich ging auch er in die Knie, verzögert, wie in Zeitlupe. Ich sah zu wie er in sich zusammensank und schließlich so verharrte, starrte auf seinen leblosen Körper und verfolgte betäubt wie sein weißes Shirt sich mit dem schlammigen Wasser vollsog. Schaute auf den dunklen Schatten daneben. Drehte den Kopf so weit, bis ich Kakashis Gestalt ebenfalls ausmachen konnte. Und dann schrie ich auf.

Der Regen fiel noch immer und wurde nicht schwächer, der Wind peitschte mir ins Gesicht und das Gewitter zog mit einem dumpfen Grollen weiter. Ich stolperte auf die Beine, rutschte weg und fing mich ungeschickt wieder, watete durch das schlammige Wasser und streckte einen Arm nach den anderen aus. „Sasuke, Kakashi…!“ Ich schrie gegen den Wind an. „Bitte…!“ Ich wusste nicht, wen ich anflehte.
 

Vor Sasuke fiel ich auf die Knie, spritzte noch mehr Wasser auf und lehnte mich vor, drehte ihn, sodass ich sein Gesicht sehen konnte. „Sasuke!“

Er umfasste seine Brust, schnappte keuchend nach Luft. Aber ich konnte keine gefährliche äußerliche Wunde ausmachen. Fahrige Hände, die nicht meine sein konnten, fuhren seine Brust entlang, glommen in einem schwachen Grün und legten einen gespenstischen Glanz auf seine Haut. Ich konnte nicht klar denken. Mein Chakra reichte nicht mehr. Als er meine Hand ergriff, erschrak ich mich zu Tode und fiel zurück auf den Boden.

Er blinzelte rasch. „Die…anderen...?“

Ich hörte ihn kaum über den Regen hinweg. Mein Herz hämmerte gegen meine Brust. „Ich weiß nicht, ich…“

Sein Griff wurde fester. „Itachi?“

Ich schluckte hart und schüttelte den Kopf. „Er ist…“ Ich schloss die Augen und deutete mit dem Kinn nicht weit von uns. Er folgte meinem Blick mit Mühe und als er sah, was er seit Jahren hatte sehen wollen, legte sich die Anspannung seines gesamten Körpers sichtlich, doch seine Atmung blieb flach. Die Zeit rann durch meine Finger. Er konnte länger durchhalten, er war bei Bewusstsein. Aber Kakashi… „Sasuke, ich muss nach Kakashi sehen…ich muss zu…“

Er nickte matt. „Bist du…verletzt…?“ Seine Hand hielt mich immer noch fest. Ich schüttelte wild den Kopf und zerrte daran. Er gab mich frei.

In dem Bestreben zu Kakashi zu kommen, stolperte ich erneut und versank tief im Boden. Ich kämpfte mich frei und strauchelte, versuchte das Gleichgewicht wieder zu erlangen, schirmte meinen Kopf gegen den starken Seitenwind ab, dann ließ ich mich neben ihm fallen.
 

„Kakashi…Kakashi…!“ Schwer atmend fühlte ich nach seinem Puls, fluchte leise, suchte etwas weiter links. „Oh bitte…!“

„Sakura!“

Ich riss den Kopf hoch, meine Finger noch immer auf der Suche nach seinem Herzschlag. Orange. Leuchtendes Orange. „Naruto…“ Er humpelte zu mir herüber, doch ich senkte erneut den Kopf, griff beinah grob nach Kakashis linkem Handgelenk und riss seinen Ärmel hoch, presste meinen Zeige- und Mittelfinger auf seine Haut.

Ich schloss die Augen, fühlte. Bitte…Kakashi, bitte…!

Dodom.
 

Ich sank zurück, plötzlich unfähig, mich selbst aufrecht zu halten, kümmerte mich nicht darum, dass der Regen direkt auf mein Gesicht prasselte und mit jedem Tropfen ein scharfes Stechen darauf hinterließ oder darum, dass meine Hände tief im Schlamm versanken. Ich schloss die Lider. Er lebte. Es war beinah genug, um loszulassen. Beinah genug um der überwältigen Müdigkeit nachzugeben und mich fallen zu lassen. Aber er war verletzt. Er brauchte Hilfe.
 

7)

Ich öffnete ein Auge und warf ihm einen Seitenblick zu. Holte tief Luft und setzte mich mühsam auf, beugte mich vor und drehte ihn angestrengt etwas mehr zu mir. Er war so blass, seine Haut so heiß. Ich legte eine Hand auf seine Brust und die andere auf seinen gebrochenen Arm, schloss die Augen. Nichts. Es war einfach nichts mehr übrig, ich hatte kein Chakra mehr, um ihn zu behandeln. Ich sah auf und betrachtete ihn, seine geschlossenen Lider und die Regentropfen die darüber perlten, seine hohen Wangenknochen und die bleichen Lippen. So müde. Ich strich mit einer Hand über seine Wange.

„Kakashi…bitte Kakashi…“ Er lag so still wie zuvor. Sein Oberkörper hob und senkte sich unregelmäßig, viel zu schnell. Doch ich konnte nichts tun und schließlich ließ ich mich nach vorn sinken, legte meinen Kopf auf seine Brust und lauschte seinem Herzschlag. Der Regen fiel beständig und geradezu friedlich auf uns herab und ich spürte seine Kälte endgültig nicht mehr. Ich hörte die Stimmen um uns herum und das Plätschern von Wasser, als das Rauschen leiser und die Schritte mehr wurden. Naruto rief meinen Namen und überbrückte hastig die letzten Meter zu mir, spritzte dabei Wasser zu allen Seiten. Das stetige Pochen in Kakashis Brust war beruhigend und langsam wurde die Erschöpfung übermächtig. Alle Geräusche drangen in den Hintergrund, nur nicht das Schlagen seines Herzes. Alles wurde dunkler…still...

„Sakura!“ Ich hatte nicht die Kraft zu antworten. Ich wollte nicht mehr antworten. „Shizune! Shizune, schnell!“ Ich spürte seine Hände auf meinen Schultern.

„Beweg sie nicht, ich muss erst sehen ob etwas gebrochen ist.“
 

Ein anderes Paar Hände tastete sich rasch über meinen Nacken und Rücken und schließlich über meine Arme. „Halt sie für einen Moment fest, ja Naruto?“

Warme Hände legten sich auf meine und zogen sie sanft von Kakashis Brust zurück, Shizune hob mich an und in diesem Augenblick schwand der Dämmerzustand ein wenig. Ich krallte mich in Kakashis Weste. Sie lockerte ihren Griff. „Sakura…“

„Ich kann hier nicht weg. Ich muss ihn heilen…ich muss ihm helfen…“

„Sakura, ist schon gut.“ Sie umfasste meine Hände erneut und verschlang ihre Finger mit meinen. Ich schüttelte den Kopf.

„Nein, ich muss ihn retten, ich kann ihn nicht allein lassen!“ Ich fuhr herum und sah in Shizunes besorgtes Gesicht. Meine Schultern fielen herab. „Ich muss ihn retten, Shizune…“

„Ich weiß.“ Sie drückte meine Hände fester und ihre braunen Augen waren voller Wärme. „Du hast getan was du konntest, jetzt überlass den Rest mir.“ Sie zog mich ein Stück von ihm weg, ohne unsere Blicke voneinander zu trennen. „Ich werde mich gut um ihn kümmern.“ Ich hing an ihren Lippen wie eine Ertrinkende. „Komm jetzt, Sakura.“ Sie zog mich noch näher an sich heran, weiter weg von Kakashi. Ich warf einen Blick über die Schulter und auf sein blasses, regloses Gesicht. „Lass dich untersuchen, ruh dich aus. Du warst so tapfer aber jetzt ist es vorbei…“ Ich drehte mich zu ihr zurück und starrte sie an.

„Es ist vorbei, du brauchst nicht mehr stark sein.“

Ich schaute zu Naruto, sah ihn das erste Mal richtig an. Er hockte neben Shizune, seine besorgten Augen lagen ununterbrochen auf mir, seine triefenden Haare fielen ihm wirr ins Gesicht. „Ich helfe ihm. Vertrau mir, Sakura.“ Ich nickte schwach und Shizunes Hände wurden ersetzt von Narutos.

„Naruto…“ Ich ließ mich von ihm in den Arm nehmen und starrte an seine Brust. Shizune kniete sich vor Kakashi, ich hörte sie rasche Anweisungen an andere Ninja erteilen, hörte dumpf wie Naruto ihr mit wenigen Worten berichtete, was geschehen war, während ihr heilendes Chakra sich unter das Rauschen des Regens mischte.
 

Ich lehnte meinen Kopf vor, barg ihn an Narutos Brust und bald verstummte er und ließ Shizune ihre Arbeit machen. Er beugte sich etwas vor um mich von den kalten Tropfen abzuschirmen.

„Sakura…“ Seine warmen Hände strichen mir ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht und dann spürte ich seine Lippen auf meiner Stirn. „Es wird alles wieder gut, hörst du?“ Er festigte seinen Griff und fuhr über mein Haar, immer wieder, beständig wie ein Wiegenlied. „Es wird alles wieder gut…“ Wie gern hätte ich ihm geglaubt.

„Hey, bringt zwei von den Tragen hier rüber!“

Ein paar Männerstimmen antworteten Shizune.

„Alles wird wieder gut, Sakura.“

„Ino, ich brauche dich hier!“

„Du brauchst jetzt nicht mehr stark sein…lass los…“ Ich hob eine Hand und ergriff sein Shirt, klammerte mich daran fest. „Ich bin hier, Sakura.“

„Oh Kami…! Sakura!“ Ich vergrub meinen Kopf noch weiter an Narutos Brust. Er strich noch immer über mein Haar, wischte das Wasser von meinen Wangen wie ich zuvor bei Kakashi...

Leise wechselten Shizune und Ino ein paar Worte, doch ich hörte nicht viel, konzentrierte mich auf Narutos sanfte Hände. Dann fiel sein Name und mit einem Mal war ich wieder zurück. Ich riss die Augen auf und sah mich Narutos strahlend blauen Iriden direkt entgegen. Mein Griff in seinem Shirt wurde fest. „Sasuke…Kakashi…“

Er lächelte matt. „Sasuke hat einige Prellungen und Itachi hat es irgendwie geschafft ihn zu vergiften. Ino hat sich bereits darum gekümmert.“, versicherte er mir rasch.

Der Klos in meinem Hals wurde kleiner. „Und Kakashi? Was ist mit…?“ Ein leises Stöhnen ließ mich mitten im Satz verstummen. Naruto runzelte die Stirn.

„Mmh…“ Ich riss den Kopf herum und richtete mich auf, Naruto stützte mich.
 

Inmitten all der matschigen Pfützen, in denen auch wir saßen, lag Kakashi und neben ihm kniete Shizune. Ino stand hinter ihr und bemerkte sofort meinen Blick. „Sakura…!“

Aber meine Aufmerksamkeit galt nur ihm. Er kniff die Augen zusammen und ächzte leise, drehte den Kopf auf unsere Seite.

„Kakashi…“ Sein Name verließ tonlos meine Lippen. Seine Lider blinzelten gegen den feinen Nieselregen und er verzog das Gesicht. Ich verbarg das Zittern meiner Hände in Narutos Shirt. Dann öffnete er sein dunkles, so vertrautes Auge und erblickte Shizune und Ino, dann Naruto und schließlich mich. Er fokussierte mich jäh, wach und klar und ich schaute zurück, als gäbe es niemand anderen auf der Welt außer uns. Er wirkte nur ein kleines Bisschen überrascht mich so zu sehen, ehe sich ein befreites Lächeln um seine Mundwinkel abzeichnete.

„Du hast verdammt viel Glück gehabt, Kakashi.“ Er lehnte den Kopf wieder zurück und schloss das Auge, lauschte Shizunes rascher Erklärung und doch blieb dieser Hauch eines Lächelns die ganze Zeit über an seinem Platz, auch als man ihn auf eine der gebrachten Tragen legte. Es schien förmlich „Wusste ich es doch.“ zu schreien. Ich atmete laut wieder aus und ließ kraftlos die Schultern sinken.

„Jetzt lass mich mal sehen, Sakura.“ Ino beugte sich zu mir herab und musterte mich intensiv, bevor sie Naruto bedeutete, mich auf eine der Tragen zu setzen, die von ein paar unbekannten Chunin neben uns abgesetzt wurde.

„Sakura, jetzt wo Kakashi-sensei über den Berg ist, gehe ich nochmal nach Sasuke sehen, ja?“ Naruto schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln und ich erwiderte es müde. Doch ehe er gehen konnte, griff ich noch einmal nach seinem Shirt.

Er drehte sich fragend zu mir um. „Sag Sasuke…“ Ich suchte nach den richtigen Worten. Er wartete. „Sag ihm, vielen Dank.“

Ein warmes Grinsen legte sich auf seine Lippen, das seinem gewöhnlichen so viel näher kam als das der letzten Wochen und Monate, dann drückte er kurz meine Hand und lief los. „Das mache ich.“
 

Mit einer energischen und doch behutsamen Handbewegung drückte Ino mich zurück auf die Liege und schirmte mich von dem Regen ab, als sie sich über mich beugte, um mich genauer zu untersuchen. Ihre Hände strichen warm über meinen Körper und ihr forschendes Chakra vertrieb die Kälte und hinterließ nichts als eine bleierne Müdigkeit. Meine Augenlider fielen zu und ich lauschte ihrem leisen Summen, während sie konzentriert meinen Bauch und meinen Brustkorb abtastete, dann meine Nackenwirbel.

Ich konnte mich nicht dazu durchringen, ihr zu sagen, dass mir nichts fehlte aber sie ließ sich ohnehin nicht in ihrer Untersuchung stören. Mit erfahrenden Händen behandelte sie ein paar kleinere Wunden, desinfizierte und verschloss einige Schnitte. Alle anderen hatten so viel mehr abbekommen. Selbst Sasuke und Naruto hatten ihre Wunden mehr schlecht als recht verbergen können. Nur ich war beinah unversehrt. Langsam nur ließ auch der wirre Gedankenstrom nach und ich dämmerte vor mich hin, nur durch die Sorge um alle anderen daran gehindert, gegen die übermächtige Schwärze zu verlieren und einfach loszulassen, allen Schmerz und alle Angst, alles Leid zu vergessen.

„…dass Sasuke vergiftet war? Kakashi auch, allerdings war es bei ihm ein anderes Gift.“, sagte Ino plötzlich und ich brauchte eine Weile um zurückzufinden und anstrengt blinzelnd auf weitere Worte zu lauschen. „Und ich habe dieselben Signaturen bei dir gefunden, nur schwächer.“ Ich versuchte zu antworten aber es war nicht mehr als ein leises Murmeln. „Shizune hat für ihn bereits das Gegenmittel zusammengemischt, ich bin sicher wir können dasselbe für dich nehmen.“ Sie legte ihre Hände auf meinen rechten Arm und ich fühlte wie sie ein paar Kratzer und Abschürfungen verschloss, dann wanderten sie weiter zu meiner linken Schulter. Mit der ersten Menge Chakra verschwand ein dumpfes Pochen, welches ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bewusst gespürt hatte.

„Wie hast du das denn hingekriegt…? Ein geprelltes Schultergelenk?“ Sie murrte leise vor sich hin und ich driftete langsam wieder ab. „Ich bin gleich zurück, ich hole nur schnell Shizunes Gegenmittel, okay?“ Ich nickte matt, wusste aber nicht ob sie es tatsächlich gesehen hatte. Sie legte mir eine Decke über und stopfte sie an den Seiten fest, dann hörte ich wie sie aufstand und sich mit plätschernden Schritten entfernte.
 

Eine Weile blieben mir nur das leise Hintergrundgeräusch des mittlerweile feinen Nieselregens und ein paar gedämpfte Stimmen um mich herum und auf der Lichtung verteilt. Meine Gedanken waren zäh und langsam, vermutlich gedämpft durch das Gift, doch auch dieser Einfall war nicht ganz deutlich. Ich schwebte zwischen Traum und Realität hin und her, hörte mal klare Wortfetzen und mal nichts weiter als leises Flüstern. Hin und wieder versank alles in dichter Watte.

„Sasuke hat ihn mit Kusanagi getötet. Es war ein direkter Treffer in sein Herz. Er war sofort tot.“

„Sakura? Was ist danach mit ihr passiert?“

„…alles analysieren, wenn wir zurück sind. Sie hat… Gib ihr Zeit, sie…. Du weißt… Sollte es nicht vorerst reichen, zu wissen…alles relativ unverletzt überlebt hat?“

„Und…Jutsu? Hat Tsunade…?“

„…dich auch ausruhen. …kümmern uns um den Rest…“
 

„Sakura.“
 

Es fühlte sich an, als würde ich gerade erst von einem langen Flug auf den Boden zurückkehren. Ich musste mich stark konzentrieren, um zuzuhören und holte tief Luft. Doch es funktionierte nicht und ich versuchte es ein weiteres Mal, atmete tief. Keine Veränderung. Ich wusste, verborgen in meinem Unterbewusstsein, dass das Gift der Grund dafür war, dass ich ruhig bleiben musste, um das Atmen nicht noch mehr zu erschweren.

Aber ich war nicht in der Lage mich zu beruhigen. Es fühlte sich an, als läge ein tonnenschweres Gewicht auf meiner Lunge, das bei jedem Ein- und Ausatmen mit bewegt werden musste.

„Sakura, ganz ruhig. Du weißt, was passiert, es wird gleich wieder besser.“ Inos Stimme klang weit entfernt. „Es wird gleich wirken. Alles ist gut, dir wird nichts passieren.“

Ich versuchte zu tun, was sie sagte, doch ich konnte nicht aufhören nach Luft zu schnappen, wie eine Ertrinkende. Das abgehackte Keuchen hörte sich für meine Ohren doppelt so laut an. Mir war heiß, meine Haut brannte wie Feuer, das sich über meinen gesamten Körper zog und ich wünschte mir die eisige Kälte des Regens zurück. Alles wurde still.

Und dann, als ich glaubte ohnmächtig zu werden, hörte es auf. Ino redete auf mich ein, legte eine Hand auf meine Stirn, der Regen war nicht mehr als ein feiner Nebel, der zurück geblieben war.

Ich atmete tief, genoss das Gefühl frischen Sauerstoffs in meiner Lunge.

„Gutes Mädchen.“

Ich versuchte ein mattes Lächeln. „Danke Ino…“ Blinzelnd öffnete ich die Augen und sah mich einer grauen Wolkendecke entgegen, die noch einen Rest Helligkeit durchließ, ehe die verdeckte Sonne komplett untergehen würde.

„Wie fühlst du dich jetzt, Sakura?“ Ich drehte den Kopf um sie anzusehen. Sie kniete direkt neben mir und beugte sich zu mir herab, die Augen besorgt geweitet. Die Augenringe darunter ließen sie unheimlich erschöpft aussehen, ihre Haare klebten nass an ihren Wangen.

Ich zögerte einen Moment mit meiner Antwort und betrachtete sie gedankenversunken, ehe ich mich räusperte und meine krächzende Stimme noch einmal erhob. „Besser.“

Ich hörte ihr erleichtertes Ausatmen, als ich mich wieder zurückfallen ließ und die Augen schloss. Das Atmen war mittlerweile wieder leicht geworden, die lodernde Hitze einer milden Wärme gewichen. Das Gift war neutralisiert. Mit einem leisen Seufzen richtete ich mich langsam auf, die Decke fiel von meinen Schultern herab und ich spürte, wie erschöpft meine Glieder waren, trotz Inos helfendem Chakra und auch die Kälte meiner nassen Kleider drang wieder zu mir durch.

„Warte, du bist längst nicht bereit selbst aufzustehen!“ Sie sprang auf und drückte mich bestimmt wieder zurück, als ich Ansätze machte, auf meinen eigenen Beinen stehen zu wollen und so ließ ich sie gewähren und blieb sitzen. Sie warf mir einen langen prüfenden Blick zu, dann kniete auch sie sich wieder hin. „Wie fühlst du dich?“, fragte sie ein zweites Mal mit einem misstrauischen Unterton und zupfte an der Decke, um sie wieder höher zu ziehen. Ich fuhr mir mit einer Hand über die Stirn und rieb über meine Augen, setzte an, ihr zu antworten, als ich das getrocknete und durch den Regen über und über verteilte Blut an meinen Händen sah und verstummte.
 

Sie folgte meinem Blick und legte rasch eine Hand auf meine, drückte sie leicht. Ich betrachtete sie für ein paar Sekunden und sah mit einem müden Blinzeln wieder auf. Ihre großen blauen Augen ruhten noch immer auf mir, klar und eindringlich. Ich schloss kurz die Lider. „Kakashi…und Sasuke, Naruto, was ist mit ihnen?“ Ich schluckte gegen meinen trockenen Hals. „Hat Shizune sich um sie gekümmert?“

„Sie sind alle stabil.“ Ich nickte dankbar und kehrte darauf zurück, meine Hände zu mustern. „Kakashi ist zwecks des Transports nach Konoha in einen künstlichen Schlaf versetzt worden und Sasuke ist nur gerade so bei Bewusstsein.“ Ich nickte noch einmal zum Zeichen, dass ich verstanden hatte. „Naruto geht es den Umständen entsprechend geradezu sehr gut. Ich habe vorhin sein Bein geheilt und er hatte ein paar üble Rippenbrüche aber ansonsten hat er nicht allzu viel abgekriegt. Naja…bis auf sein Gesicht aber das heilt bei ihm ja immer schnell.“ Ich sah hoch und sie warf mir einen entschuldigenden Blick zu. „Er pendelt zwischen Sasuke und Kakashi hin und her.“

Ich seufzte dankbar. Zumindest er war für sie da, wenn sie ihn am meisten brauchten.

„Er war auch noch ein paar Mal hier aber das letzte Mal habe ich ihn weggeschickt, weil das Gift noch so sehr gewirkt hat und du Ruhe gut gebrauchen kannst, so weit das hier....möglich ist.“

Ich hatte nichts weiter zu sagen, war nur erfüllt von einer schmerzlichen Dankbarkeit für ihre heilenden Worte und alles was sie für uns getan hatte. Dafür konnte ich keinerlei Worte finden und nach einem weiteren Moment, in dem mir deutlich bewusst wurde, wie kraftlos ich war, ließ ich mich nach vorn fallen und bettete meine Stirn an ihrer Schulter. Wie zuvor Naruto, strich sie mir langsam über das nasse Haar, zog die Decke wieder über meine Schultern und hielt mich fest, ohne noch etwas zu sagen.
 

Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren, als Shizune neben uns auftauchte und mich aus meinem Dämmerzustand riss. „Sakura.“

Sie ging in die Hocke und legte mir eine Hand auf die Schultern. Ich hob den Kopf um sie anzusehen, auch sie war bis auf die Haut durchnässt. „Sasuke und Kakashi sind transportbereit und Naruto verzichtet dankend auf eine Trage.“ Ein schmales Lächeln legte sich auf ihre Mundwinkel. „Wir können jetzt aufbrechen.“, fügte sie sanft hinzu und hielt meinen Blick. „Ino?“ Sie sprach ohne unseren Kontakt zu brechen und Ino gab ein kurzes Zeichen, dass sie zuhörte. „Kannst du Sakura tragen?“ Erst dann schaute sie zu ihr. „Ich möchte sie gern von jemandem tragen lassen, den sie gut kennt aber Naruto ist selbst verletzt und du bist…“

„Gern.“ Sie richtete sich auf und wandte sich zum Gehen, als ich ihren Ärmel ergriff. Mit einem fragenden Blick drehte sie sich wieder um.

„Ja, Sakura?“

„Kann ich…“ Ich schluckte. „Kann ich sie noch einmal sehen, bevor wir aufbrechen?“

Sie zögerte einen Moment, die Stirn nachdenklich gerunzelt. „Ich halte das für keine gute Idee, Sakura.“, sagte sie dann und ich nickte langsam zum Zeichen, dass ich verstanden hatte. „Auch wenn ihr alle im Moment weitestgehend stabil seid, heißt das nicht, dass ihr nicht so schnell wie möglich in ein Krankenhaus gebracht werden müsst. Kakashi ist in einem sehr ernsten Zustand und Sasuke muss ebenfalls gründlich untersucht werden.“ Sie beugte sich zu mir herab und warf mir einen eindringlichen Blick zu. „Du wirst vermutlich die sorgfältigste Untersuchung von allen über dich ergehen lassen müssen, das verstehst du doch, oder?“ Ihre braunen Augen waren so durchdringend, dass ich dem Drang wegzuschauen nicht standhalten konnte. „Sakura?“

„…ja.“

Sie legte eine Hand auf meine Schulter. „Also gut. Ino?“ Meine beste Freundin nahm endlich ihren scheinbar alles durchleuchtenden Blick von mir und wandte ihre Aufmerksamkeit Shizune zu. „Ich mache eine letzte Runde, dann machen wir uns auf den Weg.“

„Ist gut.“

Mit schnellen Schritten durch die matschigen Pfützen, die sich überall auf der Lichtung gebildet hatten, entfernte sie sich und ließ mich mit Ino zurück.
 

„Na komm, Sakura.“ Sie strich ihre Hose glatt und richtete sich mit einem leisen Seufzen auf, drehte sich um und stellte sich mit dem Rücken zu mir. Ich schaute hoch und erblickte ihre flachen Hände, die sie mir erwartungsvoll entgegen streckte. „Na los, auf meinen Rücken. Wir haben nicht ewig Zeit.“ Ich atmete leise aus und ergab mich, ließ mich von ihr auf ihren Rücken ziehen und legte meine Arme matt um ihren Hals. „Na also.“
 

8)

Sie richtete sich auf und ich konnte das erste Mal wirklich sehen, wie viele Anbu als Unterstützung mitgekommen waren. Überall fanden sich vereinzelte Gruppen, liefen viele fremde und einige wenige bekannte Ninja geschäftig über die Lichtung, behandelten die drei verletzten Anbu, die vor Stunden mit Kakashi gekommen waren und sicherten die Umgebung.

Es hätte verhältnismäßig laut sein müssen, doch alle Unterhaltungen waren gedämpft, sodass nur ein leises Murmeln die Lichtung erfüllte. Hin und wieder erklang ein Befehl, der schnell wieder verebbte und sich in der nebligen Luft, die sich langsam über den aufgeweichten Boden legte, verlor. Perfekt für diesen Ort.

Ino machte ein paar Schritte nach vorn und überquerte den Platz, nickte ein paar bekannten Gesichtern zu und schwieg in weiser Voraussicht oder auch der eigenen Erschöpfung, überließ mich völlig meinen Beobachtungen. Nach einer zweiten Kontrolle musste ich ehrlich zu mir selbst sein und so stellte ich fest, dass Itachi nicht mehr hier war. Der Punkt an dem er zuletzt gelegen hatte, dort wo der matschige Boden blutig und aufgewühlt war, war leer. Nur zwei weitere Anbu standen daneben und waren in ein leises Gespräch vertieft, deuteten hin und wieder auf einen Abdruck oder eine Furche. Das Katana war ebenfalls nicht mehr dort. Als wäre es nie… „Alles klar, wir können anfangen. Hebt ihn langsam an.“
 

Shizunes Stimme hallte laut zu uns herüber und ich wandte mich ab, drehte den Kopf suchend und fand sie rasch, inmitten von vier Jonin, die sich um eine schmale Trage verteilten. Sie überwachte konzentriert wie sie langsam und gleichmäßig angehoben wurde, nickte zufrieden und lehnte sich dann noch einmal darüber.

Ino blieb stehen und verlagerte ihren Griff, als sie uns einer größeren Gruppe anschloss, die offensichtlich aufbruchbereit nur noch auf Shizunes Befehl wartete. Mit ernster Stimme wechselte sie ein paar Worte mit einer anderen Medic-Nin, deren Gesicht mir vage bekannt vorkam.

Ich achtete nicht weiter darauf, sah zu wie sich eine kleine Eskorte den vier Trägern anschloss und dann mit Shizunes Erlaubnis alle zusammen die Lichtung verließen. Sie eilte gleich weiter zu der nächsten Trage, wiederholte die Prozedur und auch diese Gruppe verschwand rasch aus meinem Blickfeld. Ich starrte ihnen noch lange hinterher.
 

„Sakura-chan.“ Ich drehte den Kopf nach rechts und erblickte Naruto, der mit einem blassen Lächeln vor mir stand. Ich zog scharf die Luft ein und löste eine Hand von Inos Hals, um sie an seine rechte Wange zu legen.

„Naruto, das…“

Er legte seine eigene Hand beschwichtigend auf meine und schloss kurz die Augen. „Es ist nichts, Sakura-chan. Nur ein kleiner Kratzer.“

Ich fragte mich, wie ich diese große Wunde zuvor hatte übersehen können und musterte ihn rasch von oben bis unten, nahm seinen bandagierten linken Arm und die vielen Kratzer und Abschürfungen wehmütig zur Kenntnis. „Es tut mir leid, Naruto…“ Es war so leise, dass es niemand außer Ino und ihm hören konnte.

Er beugte sich vor und küsste meinen Haaransatz. „Sag niemals so etwas, Sakura.“ Als er sich zurücklehnte schenkte er mir ein Grinsen, das seinem alten so nah wie möglich kam und wuschelte leicht durch meine Haare. „Ich bin froh, dass du okay bist. Wir alle.“, fügte er leise hinzu und klopfte Ino auf die Schulter. „Sobald Shizune mit diesem Militärton aufhört, nehme ich sie dir ab.“

„Du sollst nicht…“

Er winkte Inos Protest mit einem gleichgültigen Winken ab und zwinkerte mir zu. „Pass gut auf sie auf, Ino. Ich schau mal nach unseren beiden anderen Verletzten.“

„Baka…“ Er folgte den anderen in den Wald und ich bemerkte, dass sich allgemein die gesamte Gruppe in Bewegung setzte, mit Shizune als Schlusslicht. Ino reihte sich ein und mit einem tonlosen Seufzen lehnte ich meinen Kopf müde an ihre rechte Schulter und ließ los. Ich konnte nicht länger dagegen ankämpfen, nicht länger standhalten.

Während wir durch die dichten Tannen den anderen hinterher in den Wald folgten, murmelte sie noch ein paar tröstende Worte vor sich hin, nicht ganz sicher ob ich noch wach war, und ich lauschte ihr mit halbem Ohr, tatsächlich nicht mehr ganz bei Bewusstsein.
 

Als auch wir zwischen den angrenzenden Bäumen verschwanden, zwang ich meine Augenlider nach oben und warf noch einen letzten Blick zurück auf die gezeichnete Lichtung, zerstört und dunkel in der einsetzenden Dämmerung. Von Kratern überzogen, hatten sich überall breite Pfützen gebildet, hin und wieder bewegt von einem Windhauch und mit kleinen Wellen überseht, weil der feine Regen noch immer vom Himmel fiel. An einer Stelle war der Boden jedoch noch beinah unversehrt, feucht und klamm aber nicht überschwemmt. Und während meine Augen langsam wieder zufielen und das restliche Sonnenlicht von der Nacht verschluckt wurde, glaubte ich tiefrote Umrisse darauf zu erkennen, die letzten Spuren eines Blutrauschs, von der durstigen Erde aufgesaugt und für die Ewigkeit festgehalten. Alles was noch übrig war…von einem schrecklichen Kampf und seinem blutigen Ende.
 

...
 

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...

Es ist ziemlich lang. Und ich bin sicher, man könnte mindestens ein Drittel ausschneiden und eine Menge verbessern, sei es der Inhalt oder auch Logik- und Grammatikfehler. Allerdings gefällt es mir mittlerweile ganz gut wie es ist. Es ist nicht perfekt aber es gefällt mir. Und ich habe munkeln gehört, dass es ein paar unter euch gibt, die ganz gern längere Kapitel lesen.

Das war jetzt also Kakashi. :-)

Ich bedanke mich bei allen, die bis hier gelesen haben und hoffe, dass ihr nicht enttäuscht seid, euch die Mühe gemacht zu haben. Oh und ich hoffe, die Musik war so passend, wie ich sie mir vorgestellt habe.

Sasukes Kapitel wird sich in der Mitte sehr von diesem Kapitel unterscheiden. Wer also reinschauen möchte, nur zu, ich freue mich über jede Anmerkung.
 

In diesem Sinne

Alles Liebe für euch.

Bis zum Epilog, mes chères!

<3

PinkLady18

14.09.2009



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Von:  xXx_bloodqueen_xXx
2010-03-29T20:42:36+00:00 29.03.2010 22:42
boah ich finde deine FF toll.
zu anfang war es recht...naja...unenterresant aber das hat sich sehr schnell wieder gelegt.
großes lob an dich und mach weiter so^^
Von:  -Lika-
2010-03-29T12:20:23+00:00 29.03.2010 14:20
ohhhh zu ende D:
ich finds jedenfalls toll das kakashi und sakura am ende nichts im weg steht *_* und das er ihr so tapfer helfen wollte, die erinnerungen wiederzubekommen.
aber es könnte nich schaden wenn man da am ende eben nochmal deutlich macht (irgendwie deutlich macht x) ) das kakashi eben mit saku zusammen ist..sonst ist da nicht wirklich romance drin :D

trotzdem fand ich das einfach klasse geschrieben ^_^ man konnte sich richtig reinversetzten!
lg


Von: abgemeldet
2009-12-11T00:41:02+00:00 11.12.2009 01:41
ich habs jetzt endlich fertiggelesen *juhu*
Und ich find dieses cap echt toll *kakashifähnchenschwenk*

Deine Musikauswahl war klasse gewählt - richtig schön stimmig sentimental und wenn man den regen hintendran laufen ließ -... einfach toll ^ ^

Ich mag es, wie Kakashi versucht Saku-chan zu helfen ihre Erinnerungen zurückzuholen *hach* und der Ring! Ich hab mich richtig gefreut, dass er wieder vorkam... Blöde Frage: Bleibt der jetzt auf dem Schlachtfeld liegen? ;)

Ich freu mich auf jeden Fall total auf den Epilog XD
Und hoff du schreibst irgendwann wieder eine KakashixSaku ff - du beschreibst das pairing echt so toll!

PS: Eigentlich wollt ich Sasukes-Cap auch noch lesen, doch da kommt wohl der Kakashifan zu sehr in mir durch, sry, aber wie ich gelesen hab (comis) muss das auch toll gewesen sein!

Noch mal vielen Dank für die super FF, ich hab mich supertoll amüsiert und mitgelitten *verbeug*
Hoff man liest sich bald wieder (KxS? ^ ^)
Von: abgemeldet
2009-12-01T20:37:34+00:00 01.12.2009 21:37
Waha, ich hab gerade deine ff angefangen (und habe auch vor sie an einem Stück durchzulesen ^ ^) und hab nur mal kurz unterbrochen um zu sagen, wie begeistert ich jetzt schon bin *kyah*
Ich bin ja so gespannt wies ausgeht ;)
Von:  clear-water
2009-09-25T18:31:19+00:00 25.09.2009 20:31
Ich fand das mit Kakashi besser, vorallem das er sie zum kämpfen aufgefordert hat fand ich sehr überzeugend. Du hast Kakashis Kara gut rüber gebracht.

Ich hoffe sie entscheidet sich für Kakashi, ich würde mir wünschen, dass du es auflöst. Aber ich kann verstehen das die Entscheidung schwer fällt ;)
Von: abgemeldet
2009-09-20T11:39:12+00:00 20.09.2009 13:39
Großer Gott...ich bin hellauf begeistert von dieser Fanfiction!
Vor ein paar Tagen habe ich sie zufällig gefunden und seitdem hab ich jeden Tag ein paar Kapitel gelesen.
Und ich musste weinen. Die letzten Kapitel wurden so durch deine Musik-Wahl unterstrichen, dass ich fast die ganze Zeit mit dem Taschentuch vor dem PC saß. Das hast du wirklich toll gemacht...man konnte wirklich bei jeder Szene genau das fühlen, was eigentlich Sakuras Gefühle waren. Manches mal, hatte ich sogar wirklich ein Loch in meiner Brust._.
Tragisch, dramatisch und ...ja..mitreißend...das Wort beschreibt es ziemlich genau!

Ich habe schon viele SasuSaku-FFs gelesen, aber diese hier ist wirklich eine der besten und darauf kannst du sowas von stolz sein!
Ich hoffe sehnlichst, dass es bald weiter geht!!!

Wegen dem Anfang...da hast du natürlich Recht, der war etwas lari-fari...aber du hast dein Stil hat sich sowas von um 180 Grad gewendet...und ich kann nicht verstehen, warum nur nur so wenige Kommentare ist. Deine FF ist wohl eine der gefühlvollsten, die ich je gelesen habe!._.
Bitte bitte...ware nicht zu lange mit dem nächsten Kapitel!

Liebe Grüße
abgemeldet
Von:  Samuri
2009-09-18T20:20:04+00:00 18.09.2009 22:20
Danke für die ENS, die Kappis warn wiedermla klasse!
Hab nur etwas länger gebraucht sie zu lesen

lg Samuri
Von:  hide_85
2009-09-16T10:07:46+00:00 16.09.2009 12:07
Ja alle leben und kashi und saku steht nun nichts mehr im weg, so muss das sein. natürlich gefällt mir das kapitel besser als das sasuke Kapitel....jetzt kann nur noch alles gut werden haste gut gemacht
*keks geb*
Von: abgemeldet
2009-09-15T16:49:34+00:00 15.09.2009 18:49
Ich habe jetzt die letzten viereinhalb Stunden damit zugebracht, das Kapitel zu lesen und ich muss sagen...
... ich find das ganz Toll!
Zumal es mir die regnerischen Pausen, auf Arbeit so richtig versüsst hat (und ich vergessen habe auf die Uhr zu schauen -.-°)

Dieses Kapitel zu lesen, war als würde ich ein Buch vor mir haben, das mich fesselt und mich nicht mehr loslässt.
Bis zur letzten Zeile habe ich mich immer und immer wieder gefragt, was wohl als nächstes passiert? Wann werden sie wohl endlich Ruhe haben?
Wann gibt Itachi den Geist auf??? Hoffendlich steht der nicht noch mal auf!(XD)
Zwischendurch hätte ich Sakura so gerne am Kragen gepackt, sie ordentlich durchgeschüttelt und sie angeschreien: Mensch Mädchen was machst du denn da? Wach endlich auf!
Als Kakashi dann am Boden lag, sich nicht mehr bewegt hatte und Sakura so verzweifelt zu ihm wollte, musste ich mir tatsächlich die ein und andere Träne verkneifen, es war so mitreissend. Q.Q

Zum Abschluß möchte ich dir sagen dass ich es ganz toll finde, das du nur für deine Leser zwei Enden schreibst. (Das machen nicht alle)
Und BEIDE Kapitel so ausfüllend und unterhaltsam, so mitreißend und spannend sind. Da wartet man doch gerne, voller Spannung ein halbes Jahr auf das nächste Kapitel ^^
oder wie jetzt auf den Epilog.
Eigendlich wollte ich noch mehr "schreiben", aber wie es sooft ist, fällt es mir jetzt natürlich nicht ein. *sich darüber ärgert*
So bleibt mir nur noch zu sagen:
Ich wünsch dir einen angenehmen Tag und vll. liest man sich mal wieder.

LG Vyn


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