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Ambivalenz

von

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Kairai

Kairai - Puppe
 

Sein Kopf lehnte an der Wand. Das schwarze Haar fiel ihm ins Gesicht, seine Augen blickten in die Leere, die sich vor ihm abzeichnete.

Die Lippen einen Spalt breit geöffnet, hatte er alles um sich herum vergessen. In seiner Brust schlug ein Herz, das nicht mehr wusste, warum es das tat. Weiße Rosen lagen auf seinem nackten Körper, schimmerten kalt im Licht des zunehmenden Mondes. Seine Füße waren in dunkelrotes Blut getaucht und vor ihm die Leere.

Weiß, weiß, weiß, dunkelrot.
 

„Ach, Kaya ...“

Mit einem Mal drang eine weiche, dunkle Stimme an sein Ohr und er blickte auf in die Augen, die die seinen waren. Er blinzelte. Als er sich umblickte, befand er sich wieder in der Zelle, in welche man ihn gebracht hatte. Das Blut war fort. Die Rosen waren fort. Nur die Leere blieb in seinem Herzen.

„Hakai“, verließ es seine Lippen und seine Augen schlossen sich. Lange, tiefschwarze Wimpern sanken auf kalkweiße Wangen herab.

Was war nur geschehen?

Wie konnte es nur geschehen sein?

Hatte er nicht noch vor drei Tagen ein mehr oder weniger gewöhnliches Leben geführt?

Wo war es hin, dieses Leben?

Er spürte Hakais warme Hand an seiner Wange, wie sie sanft über seinen Hals hinab strich, bis er in eine zärtliche Umarmung gezogen wurde.

„Wo warst du?“, wisperte Kaya. „Wo warst du, als dieser Mann mich überfallen hat?“

Tränen, die er nicht länger unterdrücken konnte, bahnten sich einen Weg über sein blasses Gesicht, blieben an seinem Kinn hängen bis sie sich nicht mehr halten konnten und hinab stürzten.

„Ich liebe dich“, flüsterte Hakai und seine Stimme war sanft.

Kaya vergaß, dass er nicht gekommen war. Diese Frage, warum er nicht gekommen war, verblasste mit all den anderen als hätte Hakai sie mit seinen Worten fort geblasen.

Er schmiegte sich an den warmen Körper des anderen, seine Hände versanken in Hakai schwarzem Haar, das ihm locker über die Schultern fiel.

„Alles wird gut“, flüsterte dieser mit dunkler Stimme.

„Alles wird gut.“
 

„Komm. Komm mit mir“, lächelte Hakai ihn an und nahm seine Hand, um ihn aus der Zelltür zu führen, die nicht länger verschlossen war. Kaya blickte in die tiefen Seen, die Hakais Augen waren, versank in diesen stillen Gewässern und folgte ihm willenlos.

Seine Sicht schien zu verschwimmen, nur noch Hakai war da, nur ihn konnte er noch sehen. Diese dunkle, wunderschöne Gestalt, die sein Gesicht trug, wie eine Maske, die man sich einfach aufsetzte.

Schritte hallten in Kayas Gedanken wieder, das scharfe Geräusch wenn seine Schuhe den steinernen Fußboden berührten.

Schritte, Haikais Gestalt, Schritte, Schritte.

Er lächelte leicht und drückte sanft die Hand seines Spiegelbildes. Der Druck wurde erwidert.

„Ich liebe dich auch.“, flüsterte er.

Hakai lächelte.

Er führte Kaya den Gang des Polizeipräsidiums entlang. Der Sänger fühlte sich schwerelos. So mochte es sein zu fliegen ... Ah, was für ein herrliches Gefühl!

Plötzlich waren da noch andere Schritte, dann ein erschrockenes Aufkeuchen.

„Wie- wie sind Sie entkommen?!“, die Stimme eines Polizisten, der schnell und mit erbleichtem Gesicht auf Kaya zukam. Der sah ihm nur mit einem sanften Lächeln entgegen.

„Hakai hat mich hinaus geführt. Die Tür war doch offen.“, sagte er und lächelte noch immer.

„Hakai? Wer soll das sein?“, fragte der Polizist misstrauisch, sah sich suchend nach jemandem um, jedoch ohne Erfolg. Da war niemand. Nur dieser feminin aussehende Sänger, der gestern einen Laufboten seines Managers umgebracht hatte.

Seine Hand wanderte unauffällig zu dem Lauf der Pistole, die er an seinem Gürtel trug.

„Sagen Sie mir, wie Sie entkommen sind!“, forderte er nun, wieder glitt sein Blick misstrauisch den Gang entlang, wieder entdeckte er niemanden.

Kaya sah neben sich, dort wo Hakai stand und ihn beruhigend anlächelte.

Dann ging alles ganz schnell.

Hakai sprang vor, der Polizist zog seine Pistole – und kippte mit einem letzten wehleidigen Schrei nach hinten, als Hakai ihm die Faust ins Gesicht schlug, auf die Nase, so, dass der Knochen das Gehirn des Polizisten aufspießte. Blut spritze hoch wie die Fontäne eines Springbrunnens. Kayas erstickender Aufschrei hallte durch die leeren Gänge, als er sich bewusst wurde, was soeben geschehen war.

„Was hast du getan?!“, schrie er Hakai an, doch dieser lächelte nur selbstgefällig, dann wurde sein Lächeln wieder zu dem, das er in jener Nacht so oft gesehen hatte. Ein sanftes, liebevolles Lächeln.

Doch dieses Mal beruhigte es den Sänger nicht mehr. Mit weit aufgerissenen Augen rannte er zu dem Polizisten herüber, beugte sich dann über den noch zuckenden Leichnam.

„Oh Gott ... Oh Gott, was hast du getan ...?!“, schrie er mit schriller Stimme. Panik flutete seine Gedanken, während seine Augen dem kleinen dunkelroten Fluss folgten. Ein weiterer Mensch ... gestorben ... tot!

Und Hakai hatte der Mann nicht gesehen und Kaya wusste, dass es Überwachungskameras gab. Was war, wenn diese Hakai ebenfalls nicht aufnahmen? Dann würde man auf Band haben, während ein Mann starb, während nur er dabei war! Dabei hatte er ... hatte er den Tod dieses Mannes nicht gewollt ... Bestimmt hatte er Familie. Eine Frau, die ihn nie wieder würde sehen können, vielleicht einen Sohn ...

Angst wischte alle vernünftigen Gedanken hinfort und er wäre so stehen geblieben, hätte Hakai nicht seinen Arm ergriffen und ihn mit sich gezogen.

Er bemerkte nicht einmal, wie Hakai ihn durch die Straßen Kyotos führte, die lärmend laut und blind für alles waren, bis sie zu einem alten, verwitterten Gebäude kamen.

„Hab keine Angst.“, flüsterte er Kaya mit einschmeichelnder Stimme ins Ohr.

„Alles ist gut.“

Das Blut klebte noch an seinen Händen.
 


 

Kapitel 3/Ende



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  RedSky
2010-02-21T17:41:34+00:00 21.02.2010 18:41
Ohje, wieviele Tote mögen da wohl noch kommen?^^;;;;
Aber ich glaube, mir wird da jetzt Einiges klar was Hakai angeht....kann natürlich sein dass ich mich da auch irre und du da noch GANZ andere Windungen miteinbaust...wundern würd's mich nicht. ;)
Von: abgemeldet
2009-04-27T12:43:00+00:00 27.04.2009 14:43
Mh...
Ich weiß, dass ich jetzt eigentlich nicht mit technischen anmerkungen kommen sollte, aber Hakai kann ihm nicht beide fäuste gleichzeitig auf die Nase schlagen,ohne sich selbst die hand zu brechen.^^"

Schönes Kapitel, auch wenn sich da wohl der bruch zwischen Kaya und hakai ankündigt, wenn der weiterhin so Leute umbringt.
Bliebe noch die Frage, warum der Polizist ihn nich sieht...
ich bin gespannt auf die Auflösung.
Von:  Lacrima_de_Romana
2009-04-27T06:09:58+00:00 27.04.2009 08:09
JUHU
endlich geht es weiter ^-^
Und wieder so schön geschrieben, auch wenn Kaya mir irgendwie Leid tut aber das macht es nur umso schöner.
Dann ganz schnell weiter so ^-^


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