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Gute Nacht

Heiji x Shinichi
von

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Es war beinahe Mitternacht und der letzte Zug verließ Osaka, um in eine andere Stadt zu fahren. Ein genervter junger Mann wartete auf dem gleichen Gleis und schaute aller paar Minuten auf die Uhr. Er wartete bereits seit über einer Stunde und hatte schon länger überlegt, ob er nicht mit dem Zug, der gerade den Bahnhof verlassen hatte, fahren sollte. Er war schon immer ein ungeduldiger Mensch gewesen und vor allem heute, wenn es draußen schneite und der Bahnhof ebenfalls einem Eiszapfen glich.

 

Seufzend schulterte er seine rote Reisetasche auf und setzte sich in Bewegung. Er war schon öfters bei seinem besten Freund gewesen, doch den Weg hatte er sich nie wirklich gemerkt. Er hatte es nicht für nötig gehalten. Sein Gedächtnis war zwar sehr gut, aber man merkte sich eben nur das, was sich lohnte gemerkt zu werden.

 

Fahrig fuhr er sich über die schlanken Finger. Sie waren kalt. In Tokyo war es nicht so kalt gewesen. Das Beste wäre es, wenn er ein Taxi nähme. Die Adresse hatte er irgendwo aufgeschrieben, die Frage war nur, ob er sie auch eingesteckt hatte. In letzter Zeit war er ein bisschen schlampig geworden, was nicht gerade fördernd für seine Detektiv-Karriere war. Diese ganzen Mörderspielchen wurden jedoch immer ermüdender. Früher war es sein Hobby gewesen, doch nun hatte er es zum Beruf gemacht.

 

Mit seinen neunzehn Jahren ein angesehener Schnüffler zu sein war schon nicht einfach. Manchmal kam er sich vor wie Miss Marple, mit seinen ganzen Kriminalromanen im Wohnzimmer und dem eigenen kleinen Chemielabor a là Sherlock Holmes. Seine derzeitigen Aufträge waren langweilig, ja richtig bitter langweilig, wie er es manchmal nannte. Die Kreativität der Verbrecher ließ von Jahr zu Jahr immer mehr nach und somit sah er sich keiner großen Herausforderung mehr gegenüber.

 

Kurzfristig hatte er also ein „Für unbestimmte Zeit geschlossen“-Schild hinter die Tür seiner Detektei gehängt. Sein Handy hatte er gleich Zuhause gelassen, damit bloß niemand versuchte ihn anzurufen. Jedoch hatte er zuvor spontan bei Heiji angerufen und sich für ein paar Tage im ruhigeren Städtchen Osaka angemeldet.

 

Der gebürtige Hattori-Erbe war überglücklich über den Besuch, jedenfalls hatte es so am Telefon geklungen, da dieser in den letzten Monaten eine schwere Zeit durchgemacht hatte. Seine Freundin Kazuha hatte sich vor einiger Zeit von ihm getrennt. Die Umstände waren Shinichi nicht völlig klar. Was er jedoch wusste war, dass es etwas mit einem Monate langen Aufenthalt in irgendeinem Dörfchen zu tun gehabt hatte. Anscheinend hatte Hattori dort einen nicht gerade wenig bezahlten Job gehabt und sich nur einmal bei Kazuha gemeldet.

 

Gähnend ging er durch den Ausgang des neuen Bahnhofes und schaute sich nach einem Taxi um, doch dann spritzte ihm eine Mischung aus Schnee und Matsch ins Gesicht. Ein Motorrad hatte vor ihm gebremst.

 

„Hey, Kudô!“, feixte eine ihm wohl bekannte Stimme.

 

„Super, jetzt bin ich von oben bis unten nass“, sagte Shinichi leicht genervt und versuchte seine Wut zu unterdrücken.

 

Der Fahrer nahm seinen Helm ab und hervor kam das hart geschnittene und gebräunte Gesicht von Heiji Hattori, Sohn des Polizeichefs von Osaka. Er lächelte den nass gespritzten jungen Mann an und reichte ihm seine Hand. Shinichi sah diese jedoch nur an und schmollte.

 

„Mann, bist du böse auf mich?“

 

„Nein, ich warte gerne zwei Stunden im Bahnhof und werde krank“, sagte Shinichi und verstaute ohne weiteren Kommentar seine Tasche im Gepäckträger des Motorrades. „Gib mir deinen zweiten Helm.“

 

„Hier. Und sei mir doch nicht böse. Ich musste zu meinem Vater und mir mal wieder eine Standpauke anhören.“

 

Shinichi nahm den dunklen Helm, setzte ihn auf und stieg hinter Heiji auf den Sitz. Er wollte nur noch in ein Bett und schlafen. Seine Sachen waren bis auf die Haut durchweicht und er konnte bereits spüren, dass eine Grippe nicht mehr lange auf sich warten lassen würde.

 

„Halte dich fest“, sagte Heiji mit einer weichen Stimme.

 

Shinichi umschlang den Bauch seines Freundes und lehnte seinen Kopf auf dessen Rücken. Er konnte fühlen, wie der Wind immer stärker wurde und sie mit steigender Geschwindigkeit über die leeren Straßen von Osaka fegten. Ab und zu konnte er einen genervten Laut seines Freundes hören, der an einer Ampel halten musste.

 

Nach einer Viertelstunde waren sie endlich angekommen. Heiji hatte zu seinem letzten Geburtstag ein Apartment bezahlt bekommen. Shinichi hatte im Vergleich das Geld seiner Eltern abgelehnt. Er wollte schon immer auf eigenen Beinen stehen, sein Psychologiestudium abbezahlen und nebenbei als Detektiv arbeiten.

 

„Hey, Shinichi, wir sind da, schlaf' nicht ein“, flüsterte Heiji und rüttelte ein wenig an dessen Schulter.

 

„Ich bin schon wach“, murrte der Detektiv aus Tokyo verschlafen.

 

„Na los, geh runter vom Motorrad. Es ist besser, wenn du reingehst, es hat wieder angefangen mit schneien. Ich trage dir sogar deine Tasche“, sagte Heiji und rollte sein „Baby“ in die Garage.

 

Shinichi lief ein wenig hilflos durch den Eingang des mehrstöckigen Apartmentgebäudes und blieb vor dem Fahrstuhl stehen. Verdammt, welcher Stock war es noch gleich gewesen?

 

„Der sechste. Was ist denn los mit dir, du Superdetektiv?“, fragte eine gehässige Stimme hinter ihm und drückte den Fahrstuhlknopf, so dass sich die Türe öffnete.

 

„Ich bin nicht hier, damit du dich über mich lustig machen kannst“, biss Shinichi zurück und ging in den Fahrstuhl.

 

„Sorry, aber was ist denn nun los?“

 

„Ich weiß nicht, bin wohl genervt, weil ich warten musste.“

 

„Ich habe mich doch schon entschuldigt!“

 

„'Ne gute Entschuldigung wäre, wenn du mir ein heißes Bad einlassen würdest.“

 

„Wie der Herr befiehlt“, künstelte Heiji.

 

Gemeinsam gingen sie aus dem Fahrstuhl und traten in das 90qm große Apartment. Manchmal war Shinichi richtig neidisch, wenn er diesen „Palast“ betrat, dann dachte er, dass er das Gleiche auch haben könnte und nicht mit einer 30qm-Wohnung vorlieb nehmen müsste.

 

„Ich werd' dir mal das Bad einlassen. Deine Tasche habe ich im Wohnzimmer abgestellt“, sagte Heiji und ging in Richtung des marmorsteinernen Bades.

 

Shinichi zog seine Schuhe aus und hängte die schwarze Jacke zu den anderen. Er blieb im Flur stehen und wartete darauf, dass Heiji zurückkam. Aus seiner Tasche hatte er sich nur frische Shorts geholt. Das andere Zeug konnte er gleich zum Trocknen aufhängen.

 

„Kannst reinkommen!“, rief Heiji und kam aus dem Bad.

 

Shinichi ging ohne weiteren Kommentar in das Bad und schloss es ab. Ihm kam gleich der fruchtig duftende Geruch des Schaums entgegen und er freute sich regelrecht auf das heiße Wasser, dass seine erstarrten Glieder wieder erwärmen würde.

 

Heiji setzte sich mit einer Tasse Tee auf die Couch und stellte den Fernseher an. Dieser Kudô war wirklich unberechenbar und furchtbar schnell eingeschnappt. Aber leider, so musste er zugeben, war die Wut des Detektivs diesmal berechtigt. Heiji hätte sich von seinem Vater losreißen müssen und seinen Freund abholen oder sich melden sollen. Aber nicht mal das wäre gegangen, da Shinichi sein Handy nicht mit hatte.

 

Dass Shinichi es in letzter Zeit nicht einfach hatte, wusste er. Ran war nach einem großen Streit mit ihm weggezogen, der Tod ihres Vaters hatte dabei auch eine Rolle gespielt. Kogoro hatte sich vor circa einem halben Jahr in einen Fall der Polizei eingemischt und war in eine Schießerei geraten, die für ihn leider tödlich geendet hatte. Ran versuchte danach Trost bei Shinichi zu finden, der jedoch zu dieser Zeit mit seinen eigenen Problemen zu kämpfen hatte - so kam es damals zur Trennung.

 

Nach einer Doku über Mütter, die mit ihren hyperintelligenten Kindern nicht klarkamen, und den stinklangweiligen Nachrichten kam Shinichi endlich wieder aus dem Bad, nur mit seiner Shorts bekleidet und gerade dabei seine Haare mit einem Handtuch abzutrocknen.

 

„Und ist dir nun wieder wärmer?“, fragte Heiji und machte den Fernseher leiser.

 

„Ja, um einiges. Tut mir Leid, dass ich so zickig war.“

 

„Nein, es war ja schließlich meine Schuld. Willst du eigentlich schlafen oder wollen wir noch einen Film gucken?“

 

„Ich würde lieber ins Bett. Der Tag war nicht so berauschend. Hast du eigentlich immer noch kein Gästebett?“

 

Heiji zog eine Augenbraue nach oben und machte den Flimmerkasten aus. Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf und verneinte die Frage. Ein Junggeselle, wie er es war, brauchte doch kein Gästebett. So würde er keine Mädchen angeln können. Shinichi schnaubte verächtlich und folgte Heiji in sein Schlafzimmer. Ein 2x2 Meter-Bett stand mitten im Raum. Shinichi hatte sich bei jedem Besuch darüber beschwert, dass er mit seinem Kumpel in einem Bett schlafen musste, doch heute war er eindeutig zu müde dafür und so ließ er sich auf das weiche Polster fallen.

 

Er versuchte krampfhaft wegzusehen, als sich Heiji bis auf die Unterwäsche auszog und gleich darauf mit unter die Decke krabbelte. Eine Weile sagte keiner etwas von ihnen, bis der Polizeisohn endlich das Schweigen brach.

 

„Wie lange willst du bleiben?“

 

„So lange ich dir nicht auf die Nerven gehe“, nuschelte Shinichi in die Schlafdecke.

 

„Dann bleib, solange du willst.“

 

„Hm?“

 

„Ich meine damit, dass du kannst gerne bis Silvester oder länger bleiben kannst, ich weiß ja nicht, was du mit deinen Freunden in Tokyo geplant hast über die Feiertage.“

 

„Frag' lieber nicht. Weihnachten verbrachte ich die letzten zwei Jahre alleine, da wäre es zur Abwechslung mal interessant, diese hier in Osaka zu verbringen.“

 

„Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn du hier bliebst.“

 

„Warum?“, hakte Shinichi nach; es war das erste richtige Gespräch seit seiner Ankunft.

 

„Mein Vater muss über die Feiertage arbeiten und meine Mutter hat Besseres zu tun. Von daher wäre es doch bescheuert, wenn du und ich diese alleine verbringen.“

 

„Ok, dann bleibe ich hier...“

 

Es folgte wieder eine lange und peinliche Pause. Beide konnten den Atem des jeweiligen anderen hören.

 

„Shinichi?“

 

„Ja?“

 

„Gute Nacht“, sagte Heiji ein wenig zögernd.

 

„Gute Nacht“, erwiderte dieser zaghaft.
 


 


 

Shinichi blinzelte verschlafen. Die Sonne schien geradewegs in das einzige und riesige Fenster des Schlafzimmers. Er drehte sich auf die andere Seite und schaute verschlafen auf den leeren Platz neben sich. Heiji war anscheinend schon aufgestanden. Gähnend setzte er sich auf und sah sich um. Seine Tasche stand in der Nähe vom Bett.

 

Langsam erhob und streckte er sich, um die Müdigkeit aus seinen Gliedern zu vertreiben. Zwischen zwei Gähnern konnte er hören, wie sein Kumpel in der Küche wütete und leise fluchte. Es war ein Wunder, dass Heiji überhaupt einen Teller ganz lassen konnte. Manchmal war dieser wirklich ein Grobmotoriker, der vor allem in der Küche zwei linke Hände hatten. Der Jungdetektiv machte sich also auf in die moderne Küche und wie gesagt ließ der Osakaner gerade etwas anbrennen.

 

„Bevor du fragst: Ich will kein Rührei“, sagte Shinichi.

 

„Oh, Morgen. Kann ich sogar verstehen“, lachte Heiji und warf die verbrannten Rückstände in den Mülleimer und drehte sich wieder zu seinem Freund. „Müsli und Brötchen?“

 

„Liebend gerne. Falls du wieder auf die Idee kommen solltest, was Warmes zu essen, was außerhalb der Mikrowellenreichweite liegt, lass mich das machen“, sagte Shinichi und kippte sich ein wenig des Schokomüslis in die Schüssel.

 

„Hast du auf irgendwas Besonderes Lust heute?“

 

„Nicht wirklich. Wir können ja einfach mal ziellos durch die Stadt, vielleicht finde ich ja was, wo wir länger bleiben können.“

 

„Na dann los! Zieh dich an, es ist nämlich schon nach Mittag, du hast ziemlich lange geschlafen.“

 

„Wundert's dich? Du musstest keine Stunden in der Bahnhofskälte warten“, scherzte Shinichi und ging ins Bad nachdem er sein Müsli gegessen hatte.

 

Nachdem er sich angezogen und gewaschen hatte, machten sich beide auf den Weg in die Stadt. So kurz vor Weihnachten versuchten die meisten noch Geschenke auf den letzten Drücker zu kaufen und ein paar überteuerte Schnäppchen zu machen. Irgendwann beschlossen sie sich in ein Café zu setzen und nach gewohnter Detektiv-Art zu analysieren.

 

„Hm... Unverheiratet, aber geschieden und noch immer in ihn verliebt...“, sagte Shinichi und lehnte sich zurück um seinen Kaffee zu schlürfen.

 

„Und wie kommst du auf die Vermutung?“

 

„Ehering, nicht am Ringfinger, sondern am Mittelfinger. Von daher würde ich mal sagen, dass sie nicht unbedingt heraus posaunen will, dass sie mal verheiratet war, aber es nicht wirklich vergessen will.“

 

„So?“, fragte Heiji skeptisch.

 

„Nein, sie ist dabei ihre Scheidungsunterlagen zu lesen und schaut unglücklich verliebt aus“, gab Shinichi zu und schlürfte seinen Schwarzen Kaffee.

 

„Das kannst du von hier erkennen?!“

 

„Ich bin nicht so blind wie du“, scherzte der Tokyoter und formte mit seinen Fingern eine Brille.

 

Sie fingen an sich über vergangene Fälle zu unterhalten und schwelgten in früheren Erinnerungen, als die Welt wenigstens noch halbwegs schön war. Heiji musste schmunzeln, da er bei den Geschichten immer wieder an die kleinere Version seines Kumpels, Conan Edogawa, denken musste. Aber nun war er wieder groß und das hatte zum Glück nichts an ihrer Freundschaft geändert, sie im Gegensatz sogar noch gestärkt.

 

„... Ja, und dann versuchte er doch tatsächlich aus dem zehnten Stock zu flüchten und merkte es erst kurz vor dem Sprung“, lachte Shinichi und biss von seinem Frischkäse-Bagel ab.

 

„Mann, die coolen Fälle hast immer du! Wir hätten uns früher öfters treffen müssen. Diese ganzen Verbrechen scheinen uns ja förmlich anzuziehen, vor allem, wenn wir zusammen sind.“

 

„Da hast du Recht. Die schlimmsten Morde sind immer passiert, wenn ich in Osaka war oder du in Tokyo.“

 

„Was hältst du davon, wenn du nach Osaka ziehst und wir zusammen eine Detektei aufmachen?“, fragte Heiji gelassen.

 

„Was?!“, röchelte Shinichi, der sich an seinem Kaffee verschluckt hatte.

 

„Wenn du möchtest, kann ich auch nach Tokyo ziehen.“

 

„Heiji, das ist doch ein Scherz, oder?“, fragte Shinichi immer noch fassungslos.

 

„Um ehrlich zu sein: Nein. Hör zu, es ist nicht einfach für mich, das dir zu sagen, aber mit meinem Vater läuft es derzeit nicht sonderlich. Er ist sauer auf mich, weil ich mich in ein paar seiner Fälle eingemischt habe und hat mir bis auf weiteres verboten überhaupt in die Nähe von Toten oder Streifenwagen zu gehen.“

 

„Er war zwar früher schon immer unfreundlich, wenn es darum ging, dass du dich in seine Angelegenheiten mischst, aber dann hat er doch nach ein paar Tagen Gras über die Sache wachsen lassen.“

 

„Was soll ich sagen? Es war ein Fall, indem einer von seinen Leuten ermordet wurde. Es hat was mit Ehre zu tun, dass seine Abteilung den Täter findet, aber ich bin ihnen zuvorgekommen.“

 

„Und deswegen ist er so sauer auf dich? Das ist doch hirnrissig. Du hast den Mörder gefunden, er sollte stolz auf dich sein.“

 

„Ist er aber nicht... Und deswegen…“

 

„Heiji, das ist wirklich nett, dass du mit mir zusammen eine Detektei eröffnen möchtest, aber ich habe gerade angefangen auf eigenen Füßen zu stehen und…“

 

„Lass, es war nur ein Scherz“, grinste Heiji und schob sich die mit Schokokuchen beladene Gabel in den Mund.

 

Shinichi beäugte ihn irritiert, aber versuchte nicht weiter nach zu stochern. Stattdessen beschlossen sie in die Innenstadt zu gehen, um Essen für die Weihnachtstage zu kaufen. Natürlich wurde am meisten für Schokolade ausgegeben, da Heiji an jedem Süßigkeitenstand schmachtete und man regelrecht sehen konnte, wie ihm das Wasser im Mund zusammenlief.

 

Der Detektiv aus Tokyo musste zugeben, dass ihm dieser Stadtbummel gefiel. Früher hatte er es gehasst. Vielleicht lag es auch daran, dass Ran ihm jegliche Freude an Konsum entzogen hatte. Frauen kreischen bei jedem süßen Plüschtier und brauchen dazu noch drei Stunden oder länger um sich eine Hose oder ein anderes Kleidungsstück zu kaufen. Männer waren so viel einfacher. Selbst, wenn ihnen etwas gefiel verbrachten sie damit nicht ewig viele Stunden.

 

Heiji war das beste Beispiel. Er verschwand kurz, weil er sich etwas ansehen wollte, und eine Minute später kam er zurück mit was zu essen in der Hand.

 

Urplötzlich fielen weiße Flocken vom Himmel. Viele der Passanten blieben mitten auf der Einkaufsstraße stehen, so auch Heiji und Shinichi, die zwinkernd in den schwarzen Himmel sahen.

 

„Wow, es schneit!“, rief Heiji und zog seine Handschuhe aus, um den Schnee zu ertasten.

 

„Das ist echt Wahnsinn! Wir bekommen weiße Weihnachten“, freute sich auch Shinichi und schaute auf die schmale Schneeschicht, die sich auf der Straße gebildet hat.

 

„Das ist jetzt sicher schon drei Jahre her. Meinst du, dass es liegen bleibt?“

 

„Vielleicht. Es wäre schon schön. Ich kann mich kaum dran erinnern, dass wir zu Silvester Schnee hatten.“

 

„Ich mich auch nicht. Hey, wollen wir noch Feuerwerk kaufen? Ich habe nach dem Weihnachtsstress selten Lust dazu“, stöhnte Heiji und biss von seinem kürzlich erworbenen Krapfen ab.

 

„Klar! Aber danach gehen wir lieber schnell nach Hause, bevor wir noch erfrieren“, grinste Shinichi und steckte seine Hände in die Manteltaschen.

 

Vorsichtig schielte Shinichi zu seinem Freund, der einen Laden für Feuerwerkskörper suchte. Ihm war nie bewusst gewesen, dass Heiji so ein Fresssack war. Ok, er war immer derjenige, der mehr gegessen hatte, aber über die Feiertage hinweg war es schlimmer als je zuvor.

 

Bald hatten sie es geschafft, ihre Einkäufe zu beenden und den Weg zurück zur Wohnung anzutreten. Mittlerweile fiel der Schnee immer dichter und heftiger. Die meisten Menschen waren von den Gehwegen verschwunden und auch die befahrenen Straßen waren wie leergefegt, da sich niemand auf den rapiden Einbruch des Winters vorbereitet hatte. Der Schnee, welcher vor wenigen Tagen in Osaka gefallen war, war nur kurz liegen geblieben und hatte die Stadt bis dahin in ein schmutziges und nasses Grau getaucht, doch nun konnte man mit einem glänzenden Weiß rechnen.

 

Heiji hatte beide Hände voll mit Essenstüten, und Shinichi „durfte“ das Feuerwerk tragen. Zur Freude der beiden hatten sie sogar noch Lebkuchen kaufen können, der kurz vor dem Ausverkauf stand.

 

Die Eingangshalle des Apartmenthauses war wohltuend warm und diese penetrante Weihnachtsmusik im Fahrstuhl störte nicht einmal mehr die beiden Detektive. Ein wenig umständlich versuchte Heiji an seine Haustürschlüssel zu kommen, da er die Tüten nicht abstellen wollte. Nach schier endlos langer Zeit und genervten Seufzern von Shinichi hatte er es endlich geschafft den Schlüssel zu finden und die Tür zu öffnen.

 

„Wo soll ich die Tüten hinstellen?“, fragte Shinichi.

 

„Lass sie hier im Flur. Wir brauchen sie ja erst in einer Woche.“

 

Eine Woche. Es war merkwürdig, wenn er drüber nachdachte. Früher konnten sie sich glücklich schätzen, wenn sie mal ein Wochenende zusammen waren. Und nun war so unglaublich viel Zeit, dass es Shinichi schon mulmig wurde. Er mochte Heiji, er kannte ihn wie kein Zweiter und leider wusste er auch, dass umso länger er hier in Osaka bliebe, umso mehr er später Probleme haben würde zu fahren.

 

„Shinichi, wo bleibst du?“, rief sein Freund aus der Küche.

 

Er antwortete nicht, sondern ging schweigend in die Richtung aus der die Stimme kam. Heiji war gerade dabei den Kühlschrank einzuräumen.

 

„Da bist du ja. Hast du noch Hunger? Wenn ja, würde ich was für uns kochen.“

 

„Nein, aber... Du, Heiji. Das Gespräch von heute Nachmittag, als du mich gefragt hast, ob wir nicht zusammen arbeiten wollen.“

 

„Ich habe dir doch gesagt, dass es ein Scherz war...“

 

„Eigentlich würde ich sehr gerne öfters mit dir arbeiten und ich finde, dass es keine schlechte Idee ist“, sagte Shinichi leise. „Und ich könnte ganz gut einen Tapetenwechsel vertragen, von daher würde ich sogar nach Osaka ziehen. In Tokyo hält mich ja nichts, außer meinem Studium und das kann ich auch woanders fortsetzen.“

 

„Öhm...“, stotterte Heiji und schloss die Kühlschranktüre. „Also, meinst du das etwa ernst?“

 

Für einen Moment blieb Shinichi das Herz stehen. Es hörte sich so an, als ob Heiji wirklich einen Scherz gemacht hatte und nun war er gerade dabei sich zu blamieren, indem er ihm gestand, dass er gerne öfters bei ihm sein würde. Shinichi schwieg, aber nickte zaghaft. Er versuchte es zu vermeiden sein Gegenüber anzusehen und starrte stattdessen auf den Fußboden.

 

„Das ist ja Wahnsinn! Du willst ehrlich?!“, lächelte Heiji und umarmte seinen Freund stürmisch, löste sich jedoch schnell wieder.

 

Verlegen kratzte sich Shinichi am Arm. Mit so einem Gefühlsausbruch hatte er nicht gerechnet. Heiji schien die ganze Sache auch peinlich zu sein, doch er versteckte es gekonnt. Er war schon immer eher der Verdränger gewesen und Shinichi sah man im Vergleich immer an, was dieser fühlte.

 

„Dann wäre das ja geklärt. Ich zieh nach Osaka“, bestätigte der Noch-Tokyoter.

 

„Lass uns das mal lieber im Wohnzimmer besprechen. Das Thema ist mir dafür zu schade um es in der Küche zu diskutieren“, sagte Heiji und setzte zum Gehen an.

 

Shinichi folgte ihm. Beide nahmen auf der Couch Platz und Heiji legte seine Füße hoch. Er war aufgeregt, aber zeigte es nicht. Niemals hatte er sich so ein Weihnachtsgeschenk erträumen lassen. Sein bester Freund wollte mit ihm ein Detektiv-Büro eröffnen...

 

„Wenn das für dich wirklich ok ist, bleiben wir hier in Osaka. Ich wär' dir aber auch nicht böse, wenn du in Tokyo bleiben willstwegen deinem Studium, dann ziehe ich einfach zu dir in die Hauptstadt“, säuselte Heiji und zupfte nervös an seinem Hemd.

 

„Nein, mir ist Osaka lieber um ehrlich zu sein. Die Stadt hier ist um einiges ruhiger als Tokyo und das gefällt mir. Das Studium kann ich, wie gesagt, auch hier fortsetzen. Ich habe gehört, dass ihr einen sehr guten Psychologie-Professor habt, den sogar die Polizei ab und an zu Rate zieht.“

 

„Oh ja, Professor Tsuki. Er ist ausgezeichnet in allen Gebieten der Psychologie. Von ihm könntest du sicher noch einiges lernen“, feixte Heiji und stupste seinen Kumpel in die Seite.

 

„Was meinst du, wie wir an das Geld rankommen? Also wegen der Detektei“, fragte Shinichi und schaute Heiji gespannt an. "Ich will meine Eltern nur ungern fragen."

 

„Ich verkaufe das Apartment.“

 

„Was?!“

 

„Du hast schon richtig gehört. Mein Vater wird zwar stinksauer sein, so wie ich ihn kenne, da er es mir gekauft hat, nachdem ich die Schule gut abgeschlossen habe, aber das ist mir egal.“

 

„Das kannst du doch nicht einfach machen!“

 

„Das denkst du!“, lachte der Gebräunte. „Das Loswerden dürfte nicht schwer werden. Eher eine billige Wohnung für uns beide zu finden und ein Büro, dass bezahlbar ist.“

 

„Zusammenziehen?“, stotterte Shinichi und schaute ein wenig verdutzt.

 

„Ich dachte, dass das klar wäre“, schmunzelte Heiji.

 

„Hm ja, natürlich.“, versuchte Shinichi zu erwidern.

 

„Na dann... Nach den Feiertagen machen wir uns auf die Suche. Möbel und alles nehmen wir einfach aus meiner Wohnung hier mit, und lassen den Rest, den du mitnehmen willst aus Tokyo her senden.“

 

Shinichi fühlte sich zwar ein bisschen überrumpelt von den ganzen Planungen und die Schnelle, die Heiji an den Tag legte. Doch er wusste, dass der Detektiv aus Osaka es auch durchziehen würde, wenn er sich einmal was in den Kopf gesetzt hatte.

 

Shinichi atmete tief durch. „Ich freue mich“, sagte er leise.

 

„Ich mich auch“, lächelte Heiji. „Ich hätte nie gedacht, dass das wirklich mal was werden sollte. Zusammen werden wir ein bombastisches Geschäft machen! Sherlock Holmes war nichts dagegen!“

 

„Na na“, sagte Shinichi und fuchtelte drohend mit seinem Zeigefinger, während er ein gespielt böses Gesicht machte.

 

„Ich weiß, wir dürfen den Gott nicht verspotten“, giftete Heiji und zog eine Schnute.

 

Nun war es passiert. Shinichi warf sich auf den überraschten Heiji und fing an ihn zu kitzeln. Der Osakaner zuckte zusammen und musste sein Gelächter unterdrücken. Dieser Überraschungsangriff war zu spontan gekommen und die Last lag schwer auf seiner Brust.

 

„Na? Wer ist der beste Detektiv aller Zeiten?“, fragte Shinichi erhaben.

 

„Sherlock Holmes, Sherlock Holmes“, japste Heiji und versuchte sich aus dem festen Griff zu befreien.

 

„Den meine ich nicht“, grinste Shinichi fies und kitzelte den Gebräunten noch einmal richtig durch, bevor es diesem zu bunt wurde und er den Kleineren überwältigte.

 

Sein jahrelanges Training hatte sich bezahlt gemacht und nun lag der zuvor Dominantere unter ihm und keuchte erschrocken auf, als er bemerkte, dass die Plätze vertauscht wurden. Heiji saß auf Shinichis Becken und hatte dessen Handgelenke fest umklammert.

 

„Ich weiß schon... Du wolltest nicht so offensichtlich sagen, dass ICH der beste Detektiv aller Zeiten bin“, sagte Heiji und beugte sich ein Stück herunter.

 

Shinichis Herz klopfte vor Aufregung. Damit hatte er nun ganz und gar nicht gerechnet. Es war weniger, dass Heiji ihn festgenagelt hatte, mehr, dass dessen Gesicht so nah an seinem war und er den warmen Atem spüren konnte. Heijis Augen schienen ihn zu durchbohren und nicht loszulassen. Es wirkte wie eine Hypnose und Shinichis Augen schienen ein wenig schläfrig.

 

„Ja... Du... Du bist der Beste“, stammelte Shinichi, ohne es wirklich zu realisieren.

 

„Wa- was?!“, rief Heiji verblüfft und ließ die Handgelenke seines Opfers los.

 

„Ich hm... Hm...“, stockte Shinichi und war durch seine Worte nicht weniger geschockt. „Also das war jetzt nicht so gemeint...“

 

Umständlich befreite sich der Kleinere aus den Fängen und krabbelte von der Couch. Shinichi stammelte schnell ein „Gute Nacht“ und verschwand so lautlos wie möglich aus dem Zimmer. Zurück blieb der verdutzte Heiji. Er sah auf die kürzlich geschlossene Türe und senkte seinen Kopf. Shinichi hatte ihn mit solch verklärten Augen angesehen und dann noch gesagt, dass Heiji der Beste wäre. Es wirkte nicht gelogen, wenn er denn versuchte den Blick zu deuten.

 

Langsam stand er auf und ging in sein Schlafzimmer, wo er Shinichi im Bett liegen sah. Er hatte sich unter die Decke gegraben und versuchte keinen Laut von sich zu geben. Heiji zog sich leise aus und legte seine Sachen auf einen der Stühle. Sachte schlüpfte er unter seinen Teil der Bettdecke und konnte neben sich ein raschelndes Geräusch hören. Shinichi hatte sich umgedreht und schien nun zur Türe zu starren, die man in der Dunkelheit so oder so nicht mehr sehen konnte.

 

„Shinichi...“

 

Der Angesprochene sagte nichts, aber hatte zusammen gezuckt, als dessen Name fiel. Heiji konnte das stockende Atmen hören.

 

„Hör mir zu“, fing Heiji von neuem an, „ich hab mich nur erschrocken, weil es so klang, als, ob du es ernst gemeint hast.“

 

„Hab ich ja auch“, sagte Shinichi leise und drehte sich wieder um.

 

Das Zimmer war nicht sonderlich beschienen, da die Gardinen einen großen Teil des Mondlichts dämmten.

 

„Mir ist es zwar nur rausgerutscht, aber es stimmt. Du bist der Bessere von uns beiden. Du bist dir nicht zu fein Geld von deinen Eltern anzunehmen, trainierst wie ein Besessener, hast Fälle bis zum Abwinken und ich fliehe aus Tokyo, weil mir alles zu viel ist.“

 

„Warum machst du dich runter? Du hast das nicht nötig.“

 

„Warum nicht?“, schnaubte Shinichi verächtlich.

 

„Weil du viel zu intelligent bist, um dich so abfällig zu bewerten. Du bist mein bester Freund und glaube mir, du wärst es nicht, wenn du nicht so logisch, schlau und... lieb wärst.“

 

Lieb? Hallo... Waren wir hier gerade in einer Seifenoper und schnulzten 'rum? Shinichi musste bei dem letzten Wort ungewollt lächeln und hörbar einatmen. Es war lange, viel zu lange her, dass er solche Worte gehört hatte und er war glücklich, dass sie von Heiji kamen.

 

„Ich bin froh, dass ich in Osaka bin“, nuschelte Shinichi ins Kissen.

 

Heijis Atem ging schneller. Er merkte regelrecht, dass sich sein Herz schmerzhaft zusammenzog. Die ganze Zeit hatte er gedacht, dass es ihm schlecht ging, doch Shinichi fühlte sich um einiges mieser, als er gedacht hatte. Unbedacht rutschte er ein Stück näher an den Körper neben sich und nahm Shinichi in die Arme. Seufzend erwiderte der Kleinere die Umarmung und kuschelte sich an den nackten Oberkörper.

 
 


 

 

Shinichi wachte mit Kopfschmerzen auf. Er spürte regelrecht, dass seine linke Schläfe zu platzen drohte, doch der Rest seines Körpers keinen negativen Mucks machte. Ganz im Gegenteil. Es war kuschelig warm. Dann kam plötzlich die Erinnerung der gestrigen Nacht zurück und er schreckte hoch, da er die Quelle der Wärme realisierte. Heiji lag längs im Bett und schien noch tief zu schlafen. Shinichi jedoch starrte auf den Körper neben sich und musste lächeln. Sein derzeit einziger richtiger Freund hatte ihn getröstet. Und es beruhigte ihn ungemein.

 

So leise wie möglich versuchte er aus dem Bett aufzustehen, doch eine Hand an seinem Arm hinderte ihn.

 

„Wo willst du hin?“, fragte Heiji.

 

„Ich wollte ins Wohnzimmer und ein bisschen Fernsehen gucken, da du anscheinend noch geschlafen hast“, antwortete Shinichi und krabbelte wieder zurück unter die Decke.

 

„Und mich alleine in dem eisigen Zimmer lassen?“, säuselte Heiji und setzte einen Hundeblick auf.

 

„Nein, also...“, räusperte sich Shinichi und wurde ungewollt rot.

 

„Willst du frühstücken?“

 

„Ich habe noch keinen Hunger, aber, wenn du willst dann-“

 

„Nein“, gähnte Heiji und kuschelte sich demonstrativ in die Bettdecke. „Ich würde viel lieber hier bleiben und noch ein bisschen dösen.“

 

Vorsichtig näherte sich Heiji wieder an seinen Freund an. Seine Füße berührten die von Shinichi und dieser zuckte ungewollt zusammen. Als hätte sich Heiji verbrannt zog er seine Füße zurück.

 

„Tut mir Leid. Ist es dir unangenehm?“

 

„Nein, viel eher sind deine Füße kalt“, lachte der Kleinere und grinste ihn an.

 

„Meinst du nicht auch, dass wir uns komisch verhalten? Ich meine, zwei Männer, halbnackt im Bett, das könnte man zweideutig sehen.“

 

„Wie siehst du es denn?“, fragte Shinichi und zog sich die Decke bis über die Nase.

 

„Ich weiß nicht. Ich will ja schließlich nicht, dass sich irgendwas zwischen uns ändert.“

 

„Dann stehen wir besser auf, bevor noch irgendwas passieren sollte“, lachte Shinichi und verschwand blitzschnell aus dem Zimmer.

 

Zurück ließ er den entgeisterten Heiji. Es war komisch. Sogar mehr als komisch, wenn er es sich genauer betrachtete. Er mochte Shinichi unglaublich gerne und konnte es sich nicht vorstellen, ohne ihn zu leben. Mit wem würde er dann Verbrecher jagen, Fressorgien veranstalten können oder einfach nur stillschweigend dasitzen und TV schauen? Aber es war noch viel mehr, es war Shinichis Anwesenheit, die ihn beruhigte und die Strapazen mit seinem Vater besser ertragen ließ.

 

Seufzend ließ er sich zurück auf die Kissen fallen. Ihm war bewusst, dass er seine Beziehung zu ihm zerstören würde, wenn er so weitermachte. Aber was sollte er tun? Wenn es Shinichi nicht gut ging, spürte er regelrecht, dass sich auch in ihm etwas zusammenzog und er sich nichts weiter wünschte, als seinen Freund wieder lachen zu sehen. Das war doch nicht normal für eine platonische Freundschaft.

 

Zitternd goss sich Shinichi heißes Wasser über seinen Teebeutel und konnte den fruchtigen Geruch erschnuppern, der aus der Tasse empor stieg. Es war zu viel für ihn. Er fühlte sich so unglaublich wohl bei Heiji und ahnte bereits, was das zu bedeuten hatte, doch er wollte es nicht wahr haben. War er wirklich in seinen besten Freund verliebt? Und dann Heijis Reaktion vorhin, als er aufstehen wollte... „Und mich alleine in dem eisigen Zimmer lassen?“ Empfand Heiji vielleicht wie er? Oder wollte Shinichi sich einfach nur einreden, dass sein Freund für ihn dasselbe empfand?

 

Aber selbst wenn es so sein sollte, würde ihre Beziehung die Freundschaft kaputt machen. Das war Shinichis größte Angst. Dass er seinem Freund nicht mehr in die Augen sehen konnte und er danach völlig alleine war. Doch ewig konnten sie sicher nicht so weiter machen. Heiji machte ganz offensichtlich Annäherungsversuche und er versuchte ihnen auszuweichen, doch es gelang ihm nicht.

 

„Pass auf, dass du dich nicht verbrennst“, flüsterte Heiji in sein Ohr.

 

Unbemerkt war er in die Küche getreten und Shinichi war so mit seinen Gedanken beschäftigt gewesen, dass er Heiji nicht bemerkt hatte. Das Kochwasser war bereits über den Tassenrand gelaufen und er hatte es nicht gemerkt.

 

„Mist“, zischte Shinichi und rupfte sich einige Blätter der Küchenrolle ab um die Teepfütze trockenzulegen.

 

„Mach dir keinen Stress so früh am Morgen. Das steht dir nicht“, grinste Heiji und half seinem Freund.

 

„Ich kann das auch alleine. Du brauchst mir nicht zu helfen“, sagte Shinichi und warf die nassen Blätter in den Müll.

 

„Bist du sauer auf mich?“

 

Shinichi seufzte, „Nein, bin ich nicht, aber...“

 

„Was aber? Hast du Angst, dass ich dich anfalle?“, lachte der Polizeisohn.

 

„Nein, also... Nein. Heiji, was tun wir hier?“

 

„Wir kochen Tee.“

 

„Das meine ich nicht. Gestern Abend hast du mich getröstet und heute früh im Bett-“

 

„Du hast also doch Angst, dass ich über dich herfalle?!“, lachte Heiji und goss sich nun ebenfalls eine Tasse Tee ein. „Gestern Abend habe ich dich getröstet, weil du es gebraucht hast und weil ich es wollte. Dass heute früh war eine Affekthandlung. Konnte ich denn wissen, dass ich dich so verschrecke?“

 

„Du hast mich nicht verschreckt, eher erschreckt“, verteidigte sich Shi'nichi. „Es war nur diese plötzliche Berührung... Und... Weil ich es schön fand.“

 

„Du findest es schön, wenn ich dich berühre?“, fragte Heiji noch einmal, um sich zu bestätigen.

 

„Ja...“, sagte Shinichi zaghaft und drehte sich ein Stück weg.

 

Heiji musste schmunzeln. Es schien wie eine Einladung. Langsam näherte er sich dem Jungdetektiv und umarmte ihn von hinten. Der Kleinere atmete in einem langen zug aus und legte seinen Kopf zurück. Sein Herz schien sich zu verkrampfen und gleichzeitig Luftsprünge zu machen. Heiji ging es nicht anders. Sein Körper durchzog ein wohliges kribbeln und zeitweise brachen Hitzewallungen über ihn ein, in die er seufzen musste.

 

„Shinichi...“, flüsterte Heiji leise in dessen Ohr.

 

Zitternd drehte sich dieser in der Umarmung um und sah Heiji in die Augen. Sie wirkten so tief. Heiji hob einen Arm und strich seinem Gegenüber die wuscheligen Strähnen aus dem Gesicht. Shinichi lächelte zaghaft. Gott, wie schmolz Heijis Herz dahin, wenn dieser lächelte. Er wollte, dass sein Freund dies immer tat.

 

Der Atem von Heiji beschleunigte sich noch einmal und sein Herz ebenfalls. Zitternd leckte er sich über die Lippen und sah Shinichi dabei tief in die Augen. Langsam kam er dem Gesicht seines Gegenübers näher. Shinichi begann sich in das weiße Hemd von Heiji zu krallen, als er merkte, was sein Freund vorhatte. Und dann geschah es. Heiji verschloss seine Lippen mit den seinen. Beide schlossen ihre Augen und gaben sich dem Gefühl hin, welches sie durchströmte. Heiji hatte Kazuha schon öfters geküsst, ebenso wie Shinichi Ran geküsst hatte, doch beide hatten noch nie so viele Schmetterlinge in ihren Bäuchen gehabt, wie jetzt.

 

Shinichi drängte sich näher an sein Gegenüber. Heiji musste in den Kuss schmunzeln und begann langsam den Nacken des Jungdetektivs zu kraulen, dem gleich darauf ein wohliges Stöhnen entrann. Nie hätte er gedacht, dass es sich so gut anfühlen würde, einen Mann zu küssen, nein... Shinichi zu küssen.

 

Heiji wusste, dass er sich kaum noch zurückhalten konnte und besser jetzt als später aufhören sollte. Also löste er den Kuss langsam und küsste zum Abschluss noch einmal die gerötete Wange. Shinichi sah ihn mit verschleierte Augen an und konnte noch gar nicht richtig glauben, was sie da gerade getan hatten. Heiji lächelte ihn an und nahm ihn noch einmal in den Arm. Vorsichtig streichelte er über Shinichis Rücken.

 

„Was hat uns da nur gerade überkommen?“, fragte Shinichi und wurde noch ein ganzes Stück röter.

 

„Der Weihnachtszauber“, antwortete Heiji und musste lachen.

 

„So kitschig...“

 

„Das war auch nicht ernst gemeint... in Wirklichkeit denke ich einfach, dass wir so unglaublich scharf auf einander sind, dass wir es keinen weiteren Tag mehr ausgehalten haben.“

 

„Heiji!!!“, schrie Shinichi und schupste ihn ein Stück zurück.

 

Herzhaft begann der Größere zu lachen. Das war so typisch Heiji, doch nach ein paar Augenblicken begann Shinichi nun auch zu schmunzeln.

 

„Lass uns frühstücken“, sagte Heiji und streichelte seinem Freund kurz über den Kopf.

 

„Endlich mal eine gute Idee von deiner Seite“, sagte der Tokyoter verlegen und schüttelte seinen Kopf.



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Kommentare zu diesem Kapitel (28)
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Von: abgemeldet
2013-02-06T05:54:28+00:00 06.02.2013 06:54
Ich finde deine FF wirklich toll!♥>//////< es hat Spaß gemacht sie zu lesen! und ich finde du hast den Charakter von Shinichi und Heiji gut rüber gebracht!:) ich würde mich auch sehr auf eine Fortsetzung freuen!!!♥♥♥^//^ *ein großes Lob an dich*♥:)


~~~~
„Nein, also... Nein. Heiji, was tun wir hier?“

„Wir kochen Tee.“

„Das meine ich nicht. (XDDD) ;D
~~~
Von:  anime-punk
2012-11-14T20:45:59+00:00 14.11.2012 21:45
erst mal finde ich die geschichte wirklich gut und deinen schreibstiel auch
und wenn du wirklich willst dann würde ich mich über eine Fortsetzung freuen ^^
Von: abgemeldet
2012-10-28T12:29:34+00:00 28.10.2012 13:29
Also wenn du wirklich noch gute Ideen für eine Fortsetzung hast, würde ich mich natürlich sehr freuen, wenn du die Geschichte nochmal aufgreifen und fortführen würdest! ^^

Wenn du aber nur weiterschreiben würdest, damit eben weitergeschrieben ist, dann würde ich persönlich lieber verzichten, da ich es schade fände, wenn diese süße Geschichte durch eine "erzwungene" Fortsetzung an Charme verlieren würde.

Aber wenn dem nicht so ist und dir quasi schon etwas unter den Fingern brennt, dann fände ich es wirklich toll, noch mehr von dir zu den beiden lesen zu können! ^^

~ Silberfalke ~
Von:  Sherry-True
2012-10-11T20:11:29+00:00 11.10.2012 22:11
Also Ich hab das grad nochmal gelesen
und find es immer noch gut...
Da Animexx aber immer meine kommis löscht
hoffe ich mal das dieses ankommt.....
Ich finde deinen schreibstil gut so
und würde mich über ne fprtsetztung freuen.......


Von:  mor
2012-10-05T16:41:15+00:00 05.10.2012 18:41
^^ na was für eine Frage ^^ natürlich möchte ich ne Fortsetzung ^^
Von:  Takei
2012-10-03T14:00:30+00:00 03.10.2012 16:00
Hi Machia:)
ich find "Gute Nacht" nach wie vor klasse und würde mich über eine Fortsetzung mit den Beiden riesig freuen.
Vlg

Von:  la-fee-verde
2012-10-02T18:23:16+00:00 02.10.2012 20:23
also ich bin für eine fortsetzung !!!!
(hab sie grad nochmal gelesen und sie ist immer noch so genial wie beim abonieren ^^)

Von:  LlunaKudo
2012-10-02T10:16:51+00:00 02.10.2012 12:16
Habs eben auch nochmal gelesen und muss sagen, es gefällt mir nach wie vor sehr gut :D
Würde mich also sehr über eine Fortsetzung freuen ^o^
Von:  ShizuKokonose
2011-04-02T22:59:04+00:00 03.04.2011 00:59
Woah wie süß ist das denn *__*
Von:  KaitoDC
2009-05-19T12:31:35+00:00 19.05.2009 14:31
is... interessant. eigentlich mag ihc keine SA, aber... nun, es geht. dein schreibstil ist auf alle fälle sehr gut!
lg
KaitoDC


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