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Salz

von

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Sam Winchester war ein eigenartiger Typ. Das wusste Zach nach einer Woche. Kein schlechter Kerl, er fand scheinbar mühelos Anschluss unter den anderen Studenten, war umgänglich und hilfsbereit, nur eben – eigenartig.
 

Obwohl er und Zach sich im Wohnheim ein Zimmer teilten, konnte Zach ihn nicht einordnen.
 

Er gehörte nicht zu den Kids, die, das erste Mal der elterlichen Aufsicht entronnen, jedes Wochenende Partys feierten, sich bis zur Besinnungslosigkeit besoffen und Vorlesungen versäumten.
 

Sam wurde selten auf einer Party gesehen, er hatte nur gerade genug Kontakt zu anderen, um nicht als eigenbrötlerisch zu gelten, und er versäumte keine Vorlesungen. Er war immer da und machte sich Notizen. Zach hatte keine Möglichkeit, es genau herauszufinden, aber soweit er das beurteilen konnte, schien Sam in den Tests gut abzuschneiden.
 

Er gehörte auch nicht zu den Anzugtypen, den Möchtegern-Yuppies, die man an ihren Aktentaschen, den Edelstahltermoskannen und den teuren Autos erkannte. Sam hatte kein Auto, keine Eltern mit Verbindungen, keine Karrierepläne, die auch nur in die Nähe des Weißen Hauses führten.
 

Und er gehörte auch nicht zu denen, die Jura studierten, um „etwas zu bewirken“. Zu sämtlichen Gruppierungen zum Schutz der Umwelt oder jedweder Minderheiten, die in den ersten Wochen um Mitglieder unter den neuen Studenten warben, hielt er eine höfliche Distanz.
 

Noch eigenartiger machte ihn in Zachs Augen der Zwischenfall, als Sam den Fußbodenbelag vor der Tür herausgerissen hatte.
 

Sam hatte vor der Tür gekniet und war gerade dabei gewesen, die Ecke Linoleum, die er hochgehalten hatte, wieder auf den Boden zu setzen, als Zach hereinkam. Er hatte reagiert, wie es normal ist, wenn man abends nach Hause kommt und das parkettbedruckte Linoleum nicht an der Stelle vorfindet, an der man es erwartet. „Was tust du da? Bist du auf Drogen?“
 

Sam hatte einen Augenblick erschrocken gewirkt, sich allerdings schnell wieder gefangen. „Ähm… Nein. Es war nur… da war eine Delle im Boden.“

„Na und? Die werden uns rauswerfen, wenn sie das sehen.“

„Ich bring’s wieder in Ordnung.“, hatte Sam nur gesagt und das hatte er getan. Er hatte den Fußboden wieder verlegt, die Türschwelle wieder angenagelt, alles sah wie vorher aus.
 

Es war nicht wirklich ein Problem. Und Zach hatte nicht gefragt, weil es einfach Fragen gab, die zu seltsam waren und weil er eigentlich auch keine Ahnung von Fußböden hatte, aber er war sich sicher gesehen zu haben, dass Sam Salz unter den Bodenbelag gestreut hatte.
 

Zach fragte dann allerdings doch, nachdem er einige Wochen später das Salz fand, dass Sam unter die Fensterbretter geklebt hatte. Eine Lange Rolle in Frischhaltefolie, mit Panzertape festgeklebt. Sam hatte mit einem verlegenen Lachen erklärt, dass er wegen der Feuchtigkeit im Wohnheim Angst vor Schimmelpilzen hätte und das Salz die Luftfeuchtigkeit verringern würde. Sam war Zach bisher nicht neurotisch erschienen, aber jeder hatte seine Macken, also warum nicht Salz an allen Zimmeröffnungen?
 

Die einzige logische Erklärung war natürlich, dass Sam einer Sekte angehörte, speziell einer Sekte, die irgendwie besessen von Salz war.
 

Dafür sprach, dass sich Sam nie wie die anderen Studenten über die Standards des Wohnheims beschwerte, sondern enge Zimmer, kalte Heizungen, schrottreife Möbel und alte Wasserflecken an der Decke mit bemerkenswertem Gleichmut hinnahm. Und dass Sam niemals über seine Familie sprach, obwohl er sie zu vermissen schien, soweit man das sagen konnte.
 

Es gab da dieses Mädchen, Hannah, mit dem Zach ausgegangen wäre, hätte sie nicht schwarzen Lippenstift getragen, was irgendwie einschüchtern war. Aber jede Uni brauchte ihren Grufti und Hannah war hübscher als die meisten. Zach war sich nie sicher gewesen, ob ihre Neigung zu düsterer Kleidung und okkulten Symbolen eine tiefere Bedeutung hatte oder nur ihre Verachtung für die Pastelltöne und Kruzifixkettchen der höheren Töchter zeigen sollte, aber wenn es jemanden gab, der über seltsame Salzsekten Bescheid wusste, dann vielleicht Hannah.
 

„Salz, hm?“, fragte sie und sog an ihrem Strohhalm, auf dem schwarze Lippenstiftspuren zurückblieben.

„Salz.“, bestätigte Zach, nicht mehr ganz nüchtern und langsam ein bisschen genervt von der lauten Musik, den lauten Betrunkenen und der ganzen Party überhaupt.

„Vertreibt das Böse.“, sagte Hannah.

Zach blinzelte. „Das Böse?“

Sie zuckte die Schultern, lächelte etwas schief. „Dämonen, Geister.“

„Dämonen? Geister?“, wiederholte er und kam sich schon etwas dumm vor. Er hätte nicht gedacht, dass jemand wie Sam abergläubisch war. „Woher weißt du so was?“

Hannah verzog das Gesicht. „Na von meinen Eltern bestimmt nicht. Bücher, Internet.“ Sie schwiegen eine Weile. „Sieht der Typ gut aus?“
 

Vielleicht war Sam paranoid, weil er glaubte, es gäbe böse Wesen, die man davon abhalten müsste, ins Zimmer zu kommen. Aber vielleicht sollte sich Zach um seine eigenen Angelegenheiten kümmern, denn ehrlich, was ging ihn das bisschen Salz an? Denn letzten Endes war Sam Winchester in jeder anderen Hinsicht völlig normal.



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von:  Kerstin-san
2017-02-13T16:31:17+00:00 13.02.2017 17:31
Hallo,
 
obwohl ich Supernatural nur dem Namen nach kenne, hat mich dieser kleine One-Shot direkt in seinen Bann gezogen und ich fand es auch als Nichtkenner super zu verstehen und einzuordnen. Gerade weil du das Ganze aus Zach's Perspektive beschrieben hast und er ja quasi genauso unwissend ist, hat das sehr gut gepasst.
 
Generell mochte ich Zach, der alles so beobachtet und sich eher seinen Teil denkt, als alles direkt an- und auszusprechen. Herrlich fand ich den Vorfall mit dem Salz unter Fußbodenbelag bzw. unter dem Fensterbrett, den Zach auch so achselzuckend hinnimmt, weil hat jeder irgendwo seine Macken hat. Gerade der letzte Satz ist dann natürlich mit dem Hintergrundwissen, dass Sam eben nciht der normale Typ von nebenan ist, unglaublich lustig, aber eben auf sehr charmante Art :)
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Anuri
2011-10-04T10:55:47+00:00 04.10.2011 12:55
Es gefällt mir, dass du hier aus der Sicht eines Unwissenden schreibst. Die Beschreibung von Sam finde ich sehr gelungen und passend. So stell ich ihn mir vor auf der Uni.

Der arme Junge xP Die Szene wie er Sam dabei erwischt sich am Fußboden zuschauen macht. Einfach herrlich.
Sekte des Salzes xP

Das Ende ist süß :)

Liebe Grüße
Anuri

Von:  Ryourin
2008-12-12T20:32:22+00:00 12.12.2008 21:32
Ich mag die Idee, Sams Verhalten mal aus der Perspektive eines "Normalos" zu betrachten - es wirkt herrlich neurotisch, wie Du es beschrieben hast.^^ Allerdings fand ich Dein Ideenreichtum, WO man Salz so überall hinstreuen kann, auch sehr amüsant. Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie Sam überall Klebeband mit Salz anbringt. *g*

Dein Sam ist einfach schön in character, soweit man das aus der Perspektive Zachs beurteilen kann. Na ja, ohne groß daherlabern zu wollen, wo mir ohnehin nichts Konstruktives einfällt: Sehr gelungen.
Von: abgemeldet
2008-08-17T08:34:53+00:00 17.08.2008 10:34
:-)
also ich finde diese geschichte genial ^^ ich mag deinen stil wirklich
Von:  Nochnoi
2008-03-26T13:43:21+00:00 26.03.2008 14:43
Also meiner Meinung nach eine wirklich wunderschöne kleine Geschichte ^^
Ich fand es herrlich, Sam aus Zachs Perspektive zu sehen, das ein oder andere Mal konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen :) Ich selbst wäre bei dieser Salz-Besessenheit aber auch was skeptisch geworden XDD
Auch dein Schreibstil gefällt mir wirklich sehr gut, wunderschön flüssig und gut zu lesen!
Kurzum: Ich mag's! XDD

Liebe Grüße
Nochnoi
Von:  harakiri
2008-02-02T21:07:52+00:00 02.02.2008 22:07
eine sehr gute, nette, kleine, unterhaltsame kurzgeschichte. mir gefällt dein flüssiger schreibstil, der nicht übertrieben detailreich, aber trotzdem an den richtigen stellen ausführlicher die gegebenheiten betrachtet. das spornt doch gleich an, weitere fanfics von dir zu lesen! ^^
Von: abgemeldet
2007-11-14T14:22:11+00:00 14.11.2007 15:22
*0*
FF zu meiner Lieblingsserie!!!
Gefällt mir, und ich kann Caliena nur zustimmen, hast alles sehr gut in worte gefasst!
super, mach weiter so!
*knuddels*
Von: abgemeldet
2007-10-05T21:09:21+00:00 05.10.2007 23:09
*reinflatter*

Jaaaaaa, Fanfictions zu einer meiner Lieblingsserien!
Ich tick so aus, dass die endlich in Deutschland anläuft, bin seit 2005 auf entzug!

Na ja, zum Wesentlichen:

Eine kleine Begebenheit/Eigenart wunderbar in Worte gefasst.
Ich kann mir die Gedanken von Zach richtig vorstellen...
Und ja, das ist typisch Sam, würde ich mal sagen^^
Sehr gut geschrieben^^

Byeby(e)
Caliena

*rausflatter*


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