Against the world
An alle: Es ist Sonntag. Es ist immer noch Sonntag! Und ich habe nicht über das Lernen das Kapitel vergessen ^.-
Dies ist ein Szenensammlung aus Katsuyas Zeit als Fünfzehnjähriger, als er die Boots übernahm. Ich denke, es ist ein aussagekräftiger Ausschnitt seines frühen Lebens. Der Song dazu ist "Me against the world" - ich denke, das sagt alles ^.-
Viel- tja... Spaß hört sich makaber an. Ich hoffe, euch gefällt das Kapitel.
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„Steh auf!“, schrie der Erwachsene, packte den Blonden am Kragen und zog ihn in die Höhe.
Die restlichen Schüler beobachteten die Szene schweigend. Warum auch etwas sagen? War doch ganz okay, was man mit ihm machte. Warum auch nicht? Wer sich wehrte, wurde halt mit Gewalt gezwungen.
„Nimm deine Pfoten da weg, du Schwein. Du versaust meine Klamotten.“, erwiderte der Jüngere ruhig, doch auf eine gewisse Weise giftig. Mit der Linken packte er die Faust, in der sein Kragen sich verfing, während er mit der Rechten zum Schlag ausholte.
„Das wagst du nicht.“, knurrte der Mathematiklehrer.
„Und wenn doch?“, zischte der Punk zurück, während er beide Augenbrauen in die Höhe zucken ließ.
„Dann...“, sein Gesicht kam so nahe, dass Katsuya fauliger Atem entgegen schlug, „... hast du morgen die Polizei vor der Tür.“
„Vor welcher Tür?“
Irritiert lockerte der Erwachsene seinen Griff, sodass der Jüngere seine Hand wegreißen konnte. Dem Lehrer den Mittelfinger zeigend schlenderte er aus der Klasse und gab sich taub gegenüber dem Gezeter, was ihm hinterher geschrien wurde.
We’re not gonna be just a part of their game
We’re not gonna be just the victims
They’re taking our dreams and they tear them apart
‘Til everyone’s the same
Regen.
Eine Straße, Dämmerlicht, das in Dunkelheit überging, der Himmel nur ein Grau in Grau. Schwere Tropfen weichten das Leder seiner Jacke auf und hinterließen eine Spur von Nässe auf seiner überhitzten Haut. Ein Husten schüttelte ihn, eines, das so tief aus seinem Körper kam, dass noch die letzte Lungenkapillare entzündet sein müsste.
„Scheiße...“, murmelte er zu niemand bestimmten, hielt mit seinen Händen Mund und Bauch und wanderte in Richtung Innenstadt. War er die einzige gottverdammte Person auf diesem Planeten? Gab es niemanden, der sich eines Fünfzehnjährigen erbarmte?
Nein, diese Welt war kalt. Alle hatten ihre Herzen dem Geld und den Drogen verkauft. Er war nur eine weitere Motte, die nach Licht strebte und dabei niederbrannte. Er war nur ein Nichts. Es gab niemanden, der ihn lieben konnte. Er war allein. Allein auf einer Welt voller Zombies, die sich täglich zur Arbeit schleppten. Sie waren alle tot. Seelenlose Körper.
I’ve got no place to go
I’ve got nowhere to run
They’d love to watch me fall
They think they know it all
„Was willst du hier?“, kalte Augen starrten auf ihn herab. Er war unerwünscht. Wie sollte er auch nicht? Weniger Essen, weniger Geld, weniger Raum. Er war nur belastend.
„Schlafen?“, der Junge versuchte sich an dem kräftigen Mann vorbei zu schieben.
„Moment...“, eine Hand packte seine Schulter, während die andere mit der Bierflasche die Tür offen hielt, „Denkst du, du kannst hier einfach ein- und ausspazieren, wie es dir gerade passt? Du bist echt ein undankbarer Bengel.“
Schmerz oder Stolz. Schmerz oder Stolz. Schmerz oder Stolz.
„Für so etwas wie dich muss man nicht dankbar sein.“, die braunen Augen funkelten den Älteren an, der ausdruckslos in sein Gesicht starrte. Seine Lider verengten sich langsam, die Hand an seiner Schulter schob ihn herein, die andere schloss die Tür. Die Lippen pressten aufeinander, die Augen blieben ohne jedes Mitgefühl.
Und von einer Sekunde auf die andere setzte die Wut ein.
I’m a nightmare, a disaster
That’s what they always said
I’m a lost cause, not a hero
But I’ll make it on my own
I’ve gotta prove them wrong
Me against the world
It’s me against the world
Katsuyas Lider flatterten, zogen sich zusammen, zogen sich klebrig und zäh über trockenen Augäpfeln dahin. Wasser...
Die Welt um ihn drehte sich, während er sich aus der Horizontalen in die Vertikale begab. Der Boden beugte sich, flippte zurück, beugte sich wieder... ein elender Kreislauf, der sich erst nach Minuten beruhigte. Wo war er eigentlich?
Sein Blick wanderte zu dem Gegenstand, auf dem er geschlafen hatte. Eine Bank. Eine grüne Holzbank. Die gab es nur an einem Ort: Dem Park. Er hatte sich bis in den Park geschleppt? Unglaublich. Er konnte sich gerade mal noch daran erinnern die Wohnung fast lebend wieder verlassen zu haben.
Mit einer Hand strich er über Kinn und Lippen. Das Blut war eingetrocknet. Ja, er Idiot hatte sich auf die Zunge gebissen. Herzlichen Glückwunsch. Als hätte er nicht genug Prellungen und Blutergüsse, musste er sich selbst noch mehr Blut abzapfen. Ein Wunder, dass er bei seiner Blödheit noch lebte.
Ob er vielleicht irgendwo etwas zu essen bekommen würde? Es war noch früh. Die Armenspeisungen würden ihm sicher nichts geben, aber vielleicht konnte er in einem der Klöster etwas kriegen. Katsuya seufzte. Nein, er würde definitiv nicht betteln gehen. Das kam gar nicht in die Tüte. Aber Wasser brauchte er trotzdem.
Sein Blick suchte die Umgebung ab. Ein Glück, dass er im Park war. Wo Parks waren, da waren auch Brunnen. Wo Brunnen waren, war meistens auch Wasser. Mit einigem Knacken bewegte der Blonde seine gefrorenen Gliedmaßen und begab sich in Richtung der nächsten Tränkstelle.
We won’t let them change how we feel in our hearts
We’re not gonna let them control us
We won’t let them shove all their thoughts in our heads
And we’ll never be like them
„Mann, du siehs’ echt scheiße aus.“, begrüßte ihn einer von Boots und schlug ihm mit der flachen Hand auf die Schulter.
„Einer der wenigen Momente, wo ich ihm Recht gebe.“, Hirutani erhob sich von seinem Barhocker, trat auf Katsuya zu und hielt ihm eine Flasche – wo zur Hölle hatten sie Schnaps her? – hin, „Was bringt dich mal wieder in I’z Cafe?“
„Geschäfte.“, der Kleinere nahm einen tiefen Schluck, „Ich bin mehr als blank. Wo geht’s heut’ Nach’ hin?“
Hirutani lachte laut auf, einige andere schlossen sich verhalten an.
„Soll das heißen, dass du mit willst?“, erkundigte er sich Sekunden später, „Alter… ich glaube, da gibt es etwas, was du nicht kapierst. Du magst gut sein. Aber wir können ohne dich leben. Wenn du also meinst zu uns zu gehören, dann kreuz’ hier nicht auf, wie du gerade lustig bist. Entweder du bist in oder du bist out.“, er deutete auf die Tür.
Katsuyas Lider verengten sich.
„Ihr braucht mich nicht?“, Hirutanis belustigte Züge glätteten sich, „Bist du da ganz sicher?“
„Hey, Jonouchi… mach’ halblang.“, seine Augenbrauen zogen sich leicht zusammen, „Ich will nur, dass du regelmäßig kommst, okay?“
„Hirutani…“, die Stimme des Blonden klang wie ein tiefes Grollen, „Ich habe der Gesellschaft nicht den Rücken gekehrt, um mich von dir versklaven zu lassen. Ich bin mein eigener Herr. Ich erscheine hier, wann ich will. Wenn dir das nicht passt, dann hau’ ab.“
„Wa- was?“, Hirutani ließ ein trockenes Lachen los, „Wieso sollte ich gehen?“
„Weil du weißt, dass das besser für dich wäre, wenn du dich mit mir anlegst.“, drohte der Jüngere.
„Hey, hey, hey… kein Stress.“, er hob die Arme, „Aber du solltest nicht vergessen, dass du nur Vize bist. Ich bin und bleibe besser als du.“
„Das sollten wir testen.“
In den tiefen, braunen Augen stand Mordlust geschrieben.
I’ve got no place to go
I’ve got nowhere to run
They’d love to watch me fall
They think they know it all
„Katsuya Jonouchi!“, die Stimme hinter ihm zeugte von Wut, „Katsuya Jonouchi, bleib’ sofort stehen! Katsuya!“
Ohne den Direktor eines Blickes zu würdigen ging der Blonde weiter, die Augen die Treppen gewandt.
„Katsuya!“, eine Hand schloss sich gewaltsam um seinen rechten Oberarm, ließ ihn herumfahren, sodass sein kalter Blick sich in den älteren, kleinen Herrn bohren konnte, „Sie…“, der Mann schluckte, „Kommen sie mit in mein Büro.“
„Wieso sollte ich?“, fragte der abgerissene Schüler im Gegenzug.
„Weil sie sonst meinen Befehl verweigern!“
„Na und?“, er hob die Nase, „Genau das habe ich ja auch vor.“
„Aber es ist ein Befehl!“
Er rollte mit den Augen, machte sich von der Hand frei und setzte seinen Weg fort.
„Ich werde sie von der Schule werfen!“
„Tun sie’s doch!“, schrie Katsuya dagegen, doch warf keinen Blick zurück.
I’m a nightmare, a disaster
That’s what they always said
I’m a lost cause, not a hero
But I’ll make it on my own
I’ve gotta prove them wrong
It's me against the world
Me against the world
„Ach du…“, der Schularzt starrte entsetzt auf die tiefe Fleischwunde in Katsuyas Arm, „Was hast du getan?“, flüsterte er fast erfürchtet und ließ seine Hand über ihr schweben, als könnte er sie durch einen Zauber heilen.
„Das geht sie nichts an. Können sie es behandeln?“, fuhr der Blonde ihn an.
„Ich… warum bist du nicht im Krankenhaus?“, schwarze Augen musterten ihn mit Entsetzen.
„Die stellen zu viele Fragen.“, Katsuyas Lider fuhren zusammen, „Tun sie es oder schmeißen sie mich raus.“
„Als Arzt ist es meine Pflicht zu helfen.“, der Ältere schluckte, „Aber es wird grausam weh tun.“
„Ich spür’ davon wahrscheinlich eh nichts. Also fangen sie endlich an.“
Der Arzt warf ihm einen weiteren entsetzten Blick zu, schüttelte den Kopf und begann seine Sachen zu sammeln. Machte er das Krankenzimmer eben zeitweilig zum Operationssaal.
Now I’m sick of this waiting
So come on and take your shot
You can spit all your insults
But nothing you say’s gonna change us
You can sit there and judge me
Say what you want to
We’ll never let you win
„Ach, du bist auch mal wieder da.“, sein Mathematiklehrer hob nur eine Augenbraue.
„Wunder, Wunder.“, spottete der Blonde, „Ich kann auch wieder gehen.“, vorsichtshalber blieb er in der Tür stehen.
„Oh nein, komm ruhig herein.“, zuvorkommend streckte der Erwachsene seinen Arm zu Katsuyas Platz aus, „Auf dem Weg kannst du die Aufgabe an der Tafel ausrechnen.“, seine Lider verengten sich, „Und nach dem Unterricht kannst du mich zum Direktor begleiten.“
„Mit dem habe ich erst vor einer Stunde gesprochen, der will mich wahrscheinlich nicht wieder sehen.“, der Punk trat an die Tafel und betrachtete das Gekritzel, dass ihr Lehrer bereits verfasst hatte.
Sah so aus, als würde er gerade etwas Neues erklären. Hieß, er hatte keine Chance das zu lösen. Eher gesagt: Er hätte keine Chance gehabt, hätte er das nicht im letzten Jahr bereits durchgenommen. Da konnte er diesem Scheißkerl doch mal richtig eine reinwürgen.
Katsuya begann den Ansatz der Aufgabe noch einmal laut zu erklären, bevor er mit der Kreide weiterrechnete und sagte, was und warum er es gerade tat. Eigentlich war es ungewöhnlich, dass dieser Idiot ihn nicht mit einer Nichtigkeit unterbrach. Merkte der eigentlich nicht, dass er hier voll sein Gesicht verlor? Egal, dem Blonden sollte es recht sein. Wenn Lehrer sich bei ihm auf fachlicher Ebene verarschen ließen, war das ihre eigene Schuld.
„Hm…“, goldig – er sah aus, als hätte er auf eine Zitrone gebissen, „Und wozu brauchst du für so etwas Einfaches so unglaublich lange, Knirps?“
„Um meinen Kameraden und Kameradinnen Wissen zu vermitteln, was sie sonst kaum erlangen würden, Greis.“, ohne ihm einen weiteren Blick zu schenken, setzte Katsuya seinen Weg zu seinem Platz zurück.
„Wie kommst du zu so einer Unverschämtheit?“, schrie der Kerl von vorne.
„Nachdenken.“, über seine Schulter streckte Katsuya dem Lehrer den Mittelfinger entgegen, ließ sich auf seinem Platz nieder und löste für den Rest der Stunde den Blick nicht von dem Lehrer, der jeden Moment wieder eine Gelegenheit zu suchen schien ihn umzubringen.
I’m a nightmare, a disaster
That’s what they always said
I’m a lost cause, not a hero
But I’ll make it on my own
Me against the world
Katsuya schlich sich in die Wohnung, huschte am Wohnzimmer vorbei, in dem laut schnarchend sein Vater lag. Hatte sich wohl etwas zu viel voll laufen lassen – Glück für ihn.
Tief durchatmend nahm er eine Abzweigung in die Küche, öffnete die Kühlschranktür und zog den Milchkanister hervor. Irgendwo hier waren doch auch Becher… der Blonde wollte den Arm heben, zuckte jedoch zurück. Scheiß Wunde. Er musste besser werden. Auch wenn er gewonnen hatte, diese Verletzung war eine zu viel. Mit dem anderen Arm langte er in die Höhe, zog einen… nun ja… ein Gefäß hervor, in das er die Milch füllen konnte.
Milch. Alles, was er seit Jahr und Tag bekam. Ein Fünf-Liter-Kanister für einen Monat. Aber es reichte, um ihn am Leben zu erhalten. Das, das, was er klaute und die Schokolade, die seine Kunstlehrerin ihm immer schenkte – sie bezahlte ihm nicht nur die Kunstunterlagen, sondern brachte ihm auch die Lebensmittel mit, die bei ihr zu viel waren; einmal war er glatt in den Genuss einer Gänsekeule gekommen. Er war ihr wirklich zu tiefsten Dank verpflichtet und zeigte ihr das auch gern.
Im Gegensatz zu anderen Individuen. Über seine Iris schlossen sich seine Lider, sodass er durch die Pupille die Wand fixieren konnte, hinter der das Wohnzimmer lag. Er seufzte, was eher in einem Schnauben endete, senkte den Kopf, hob das Gefäß an seine Lippen und ließ die weiße Pracht seine Kehle hinab rinnen.
Viereinhalb Jahre.
Er musste nur viereinhalb weitere Jahre durchhalten.
Und er schaffte das – er war stark.
Er würde alles schaffen.
I’m a nightmare, a disaster
That’s what they always said
I’m a lost cause, not a hero
But I’ll make it on my own
I’ve gotta prove them wrong
They’ll never bring us down
We’ll never fall in line
I’ll make it on my own
Me against the world