Zum Inhalt der Seite

Mhamifeltia

7. Chap uploaded
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Sandkorn

Puh! O__O

Endlich geschafft v,v Naja, eigentlich war es bis jetzt das Chap, was mir am leichtesten gefallen ist xDD

Vielleicht liegt das aber auch nur an meinen Arbeitszeiten oo

Ich scheine abends von Zehn bis Mitternacht am kreativsten zu sein XDD
 

Also oo Ich hoffe das hier macht das leicht verschissene Kapitel 4 wieder gut o__o
 

Viel Spaß! ^___^
 

Tsumas Reaktion war schwer zu deuten. Ihre Züge hatten sich verfestigt, die Augen ein wenig geweitet und der Mund war leicht geöffnet. Am Allerwenigsten konnte ich aber mit ihrem Blick anfangen. Mehrere Dinge schienen in ihm zu schimmern. Ganz deutlich konnte ich Überraschung, Ehrfurcht und ja, sogar ein wenig Mitleid herausfiltern. Als sie wieder zu sich zurück gefunden zu haben schien, rang sie nach Worten. „Sklavin?“, war das Einzige was sie herausbekam.

Ich wartete eine Weile, denn vielleicht hatte sie ja doch mehr zu sagen. Als allerdings nichts kam, drehte ich mich langsam von ihr weg. Ich gebe zu, dass es mich enttäuschte, wie sie dastand und mich anstarrte. Es hatte etwas von einem Menschen, der gerade einer Bestie gegenüber stand. „Jetzt könnt Ihr Euren Vater sicherlich besser verstehen.“

„Was? Oh! Nein, nein!“ Völlig verblüfft fühlte ich, wie sie mich am Arm packte, um zu verhindern, dass ich ging. „Es ist nur… das hatte ich als Letztes bei Euch erwartet.“

„Ist das jetzt gut oder schlecht?“ Langsam wandte ich meinen Kopf um, und blickte sie über meine Schulter hinweg an. Ein wenig überrascht von meiner Frage schien sie nach den rechten Worten zu suchen.

„Nun, ich weiß nicht ganz wie Ihr das meint, aber nur weil Ihr Sklavin wart, hege ich nichts Böses gegen euch. Wieso sollte ich?“

Ich wandte meinen Kopf wieder um, sodass die Prinzessin mein Schmunzeln nicht sehen konnte. Eins musste man ihr lassen: Wenn sie etwas sagte, dann schenkte man ihr sofort Glauben. Als ich losgehen wollte, erinnerte mich ein sanfter Ruck an meinem Arm daran, dass Tsuma mich noch immer festhielt. „Ihr könnt doch nicht einfach so gehen!“

„Oh keine Angst, Ihr werdet mit mir kommen. Wenn Euch jemand hier draußen identifiziert, dann könntet Ihr das ein oder andere Problem bekommen.“ Ich fühlte wie sie von meinem Arm abließ, dann trat sie zögerlich neben mich. „Warum?“

Ich seufzte leise und ging los, sie folgte mir. „Wie ich Euch ja schon gesagt habe, ist das Volk von seinem König nicht besonders angetan. Nennen wir es einfach mal…abgeneigt. Ja, das ist ein gutes Wort um es milde zu formulieren. Und was meint Ihr, wie sie wohl auf seine Tochter reagieren würden?“ Ich warf ihr einen Blick zu und merkte, dass sie sich die Reaktionen wohl gerade lebhaft ausmalte, denn ihr Gesichtsausdruck war mehr als beunruhigt. „Habt keine Angst, ich bin bei Euch.“ Mein Mundwinkel zuckte ein wenig bei diesem Satz, den ich da von mir gelassen hatte. Ich bin bei Euch, das hörte sich an, als hätte ich mich ihr auf ewig als Leibwächterin verschrieben. Sie nickte nur knapp und ließ ihre Augen durch die Gasse schweifen, die wir durchquerten. Ich kam nicht umhin, sie das ein oder andere Mal in Augenschein zu nehmen. Jetzt, in dieser schwarzen Kutte, die sie trug, hatte sie eigentlich nichts Königliches an sich. Die einzigen Hinweise auf den Adel bestanden wohl in ihrem förmlichen, federnden Gang und ihren klaren Gesichtszügen, der Art und Weise, in welcher Haltung sie neben mir einher schritt. Als mir allerdings der Gedanke kam, dass sie in meinen Augen nicht weniger hübsch war, als am Abend des Festes, schalte ich mich einen Narren und wandte die Augen wieder ab.

„Wie kam es, dass Ihr Zerwin wurdet, wo Ihr doch aus…“

„… der Gosse kommt?“, erleichterte ich Tsumas verzweifelte Suche nach den richtigen Worten. Sie blickte mich leicht beschämt an. „So wollte ich es nicht sagen.“

Ich lachte bitter auf. „Macht Euch keine Mühen. Ich ertrage so etwas.“ Von ihrer Frage allerdings nachdenklich geworden, blickte ich zu Boden während ich nach links abbog.

„Wisst Ihr… reden wir ein anderes Mal darüber“, vertröstete ich sie. Die Sonne war nun beinahe völlig geschwunden und schlagartig fiel mir ein, dass ich Ura noch einen Besuch abzustatten hatte.

„Ich muss in den Tempel“, meinte ich leicht entgeistert, da mir entgangen war, wie schnell die Zeit verrann.

Tsuma blickte mich mit einer gebündelten Ladung wortloser Irritation an. „Tempel?“

„Mhamifeltias Tempel natürlich, der im Pala-… Moment…“ Ich blieb abrupt stehen und blickte wütend auf sie hinab. Ihr vermaledeiter Vater hatte ihr doch wohl nicht auch noch unsere Gottheit vorenthalten?!

„Sagt mir nicht, dass der König…“ Doch als Antwort schüttelte die Prinzessin bereits mit ihrem Kopf. Sie schien zu spüren, wie sich in mir die Wut ballte, denn sie tat einen Schritt von mir fort. „Wie kann er es wagen?!“, donnerte ich los und stampfte mit einem Fuß auf. „Ich glaube es nicht, er kann doch nicht…“ Ich versuchte mich zu sammeln und wandte mich dann Tsuma entgegen. „Kennt Ihr unsere Göttin?“ Ich konnte sehen, dass sie leicht zitterte, dann aber mit dem Kopf schüttelte. „Er hat nie erwähnt, dass… es hier eine gibt.“

Ich antwortete vorerst nichts, und musterte sie nur genau. Meine Augen begannen zu funkeln. „Nun, dann werden wir das jetzt nachholen.“
 

Schon kurz darauf tigerte ich mit der Prinzessin im Schlepptau sämtliche Gänge des Palastes entlang, bis ich vor den großen Toren des Tempels Halt machte.

„Das!“, rief Tsuma außer Atem und hielt sich die Brust. „Mein Vater sagte, es sei ein verbotener Ort.“

„Euer Vater redet viel, wenn der Tag lang ist, Prinzessin.“ Ich zögerte, mit einer Hand an den Toren, ob ich Tsuma erst Einblick in Mhamifeltias Welt gewähren sollte, bevor ich zu Ura ging. Doch dann überlegte ich es mir anders und steuerte auf ein kleineres Tor links von mir zu.

„Wo wollt Ihr hin?“, fragte sie, folgte aber anständig. Ich zog am Ring, der im Holz eingelassen war, und schon kurz darauf schwang das Tor nach außen auf. „Wir werden den obersten Mönch besuchen.“ Als ich ihren bedrückten Blick sah, lächelte ich flüchtig. „Er ist mein Lehrmeister, ich habe durchaus das Recht. Und Ihr seid die Prinzessin, es gibt eigentlich kaum etwas, was Ihr nicht dürftet!“ Ein wenig ermutigt folgte Tsuma mir in den schummrig beleuchteten Gang. Wir redeten nicht, während uns unsere Füße an dutzenden von Türen vorbei trugen. Dann, ich hatte mir am Morgen gemerkt, wo sich Uras Gemächer befanden, machte ich vor einer Tür zu meiner Linken Halt. Bevor ich die Tür aufdrückte, hielt ich inne und blickte Tsuma an. „Er liegt im Sterben“, flüsterte ich traurig. „Also-“

„Ich werde mich angemessen Verhalten“, erwiderte sie genauso leise und lächelte verständnisvoll und ein wenig bestürzt. Meine Trauer schien sie wohl angesteckt zu haben. Ich bedankte mich mit einer leichten Verbeugung und drückte langsam die Tür nach innen auf.

In unserem Blickfeld flammte nun ein von vielen Fackeln beleuchtetes Zimmer auf. Das Licht tauchte alles in eine angenehme Farbe. Als Tsuma hinter mir eingetreten war, erhob sich der junge Mönch vom Fußende von Uras Bett. Ich konnte mich in seinen Augen spiegeln, etwas Furchtbares musste geschehen sein. Er musterte mich, erblickte dann Tsuma und tat eine sehr tiefe Verbeugung.

„Wie geht es ihm?“, fragte ich tonlos. Der Mönch verzog seine Lippen zu einem misslungenen Lächeln.

„Er hat auf Euch gewartet“, sagte er nur und verschwand hinter Tsuma und mir nach draußen. Mit zitternden Schritten ging ich auf das weiß betuchte Bett zu, auf dem mein Meister lag. Tsuma folgte mir langsam. Wir ließen uns an seinem Kopfende nieder, als er die Augen aufschlug, uns musterte und dann warm lächelte.

„Ich freue mich, dass du hier bist, Nirate“, sagte er mit leiser, schwacher Stimme. „Und ebenfalls, dass ich die Thronfolgerin zu Gesicht bekommen darf.“ Tsuma verbeugte sich leicht, wohl wissend, dass sie hier nur Gast war. Er musterte sie eine Weile eindringlich, dann nickte er langsam. „Dass ich… das noch erleben darf…“

„Was meint Ihr?“, fragte ich leise.

Er wandte seine Augen vorerst nicht von Tsuma ab. Dann, es schien ihn eine immense Überwindungskraft zu kosten, blickte er zu mir empor. „Ich habe nicht mehr viel Zeit“, röchelte er leise, aber mit einem beruhigenden Lächeln. So beruhigend, dass ich im ersten Moment gar nicht daran denken konnte, traurig zu sein.

Allerdings packte mich im nächsten schon die helle Panik. „Ura, seid kein Narr! Ihr werdet nicht sterben!“ Ich streckte eine Hand nach ihm aus, um sie ihm auf die Brust zu legen, doch er schlug sie sanft beiseite.

„Willst du das Wissen deines Lehrmeisters anzweifeln, Nirate?“

Ich zog meine Hand wieder langsam zu mir zurück und blickte beschämt auf den Mönch nieder. Sein Gesicht wirkte gebrechlich und seine Augen waren feucht. Dennoch leuchteten sie noch ein wenig.

Ich tat mich schwer daran, nicht daran zu denken, dass Tsuma direkt neben uns saß. Auf sie musste es gewirkt haben, als wenn ein Vater seine vorlaute Tochter tadelte. Schweigend schüttelte ich den Kopf.

„Also, mein Kind“, setzte Ura an, doch dann überfiel ihn ein schrecklicher Hustenanfall, das ich glaubte, sein Herz müsse zerspringen. „Mein Kind…“ Er machte eine etwas längere Pause, in der ich verunsichert zu Tsuma sah. Diese musterte mich mit einem nicht zu definierenden Blick, bevor wir uns wieder dem Mönch zuwandten.

„Du glaubst nicht, wie dankbar ich für deinen letzten Besuch bin. Und dafür, dass du aller Rettung gefunden hast…“

Ich blickte verständnislos auf ihn hinab. Zwar war ich es von Ura gewöhnt, dass er in Rätseln sprach, aber das war für mich zuviel des Guten. Der Mönch bemerkte meinen ratlosen Blick und musste lächeln. Doch dieses Lächeln verschwand beinahe gänzlich in seinem vom nahenden Tod geprägten Gesicht. „Du warst… noch nie sehr gut im Beobachten, wenn es um offensichtliche Dinge geht…“ Ura hob eine zitternde Hand und zeigte auf Tsuma, die mich erschrocken anblickte, als hätte er sie gerade für eine Schandtat angeklagt.

„Sieh sie dir genau an, Nirate.“

Ich blinzelte und wandte meinen Kopf langsam zu Tsuma. Es fällt mir heute schwer zu sagen, wie lange wir uns angeblickt hatten, doch nicht was ich gesehen hatte:

Tsumas Augen waren erfüllt von Trauer, Mitgefühl und ihre Verunsicherung wurde von der Entschlossenheit überspült, zu helfen. Ich konnte förmlich fühlen, wie sie sich vornahm, etwas zu ändern.

Und dann dachte ich, mein Herz müsse aussetzen, als ich endlich verstand, was mein Meister meinte.

Mit geweiteten Augen blickte ich wieder auf meinen Lehrmeister hinab. Dieser jedoch lächelte nur stumm und berührte meine Hand, bevor er friedlich schied. Langsam faltete ich die Arme des Mönchs auf seinem Bauch, sodass es anmutete, als schliefe er nur.

Tsuma und ich saßen mehrere Minuten schweigend vor seinem Totenbett, doch ich fühlte, wie ihre Blicke mich durchbohren wollten. Schließlich erhob ich mich und strengte mich an, nicht vor der Prinzessin zu weinen.

„Nirate?“ Sie wagte es, mir vorsichtig an die Schulter zu fassen und wich auch nicht zurück, als ich mich hastig umdrehte. „Mein Beileid“, sagte sie leise, nachdem wir uns eine Weile angestarrt hatten. Ich nickte nur und drehte mich wieder weg.

„Was hat Euer Meister gemeint?“, fragte sie vorsichtig.

Ich blickte mit hinter dem Rücken verschränkten Armen auf Uras Leichnam.

„Ich muss Euch bitten, zu gehen… es ist spät“

„Aber-“

„Morgen, nach dem Abendgrauen“, erhob ich meine Stimme über ihre, „erwarte ich Euch vor den Toren des Tempels.“

Als ich mich wieder zu ihr umdrehte herrschte lange Schweigen. Dann begann sie zu nicken, und als sie gerade aufbrechen wollte, hielt sie inne und starrte mich verwundert an. Ich tätigte eine überaus tiefe Verbeugung.

„Ich danke für Euer Verständnis, Herrin.“

Wohl nicht minder davon überrascht, dass ich sie als meine Herrin betitelte, wandte sie sich um und verließ den Raum. Meine Augen lagen noch starr auf der Stelle, an der sie eben noch gestanden hatte.

Es ergab nun tatsächlich alles einen Sinn. Die Prophezeiung und mein Traum.

Was suche ich? Ich habe Tsuma gesucht.

Mhamifeltias Gesandte.
 

„Sie ist was?!“ Mit einem Zischen drückte ich Hitoma die Hand vor seinen Mund. „Nicht so laut, verdammt!“ Erst als ich mir sicher sein konnte, dass er meinem Befehl Folge leistete, ließ ich ihn frei. Eigentlich war es aberwitzig, dass wir beide belauscht werden könnten, denn ich hatte meinen Freund in aller Frühe in seinen Gemächern aufgesucht.

Er musterte mich noch eine Weile überwältigt. Diese Nachricht, schien seine Trauer über Uras Tod zu übertünchen. „Was sagt sie dazu?“

Ich biss mir langsam auf die Lippe, kaute darauf herum. „Naja… Tsuma weiß es noch nicht. Und ich weiß auch nicht, ob es so gut ist, wenn sie es erfährt.“

„Was, du hast es ihr verschwiegen?“ Hitoma blickte mich entrüstet an. „Du hast sie doch oft genug gesehen, Nirate, du weißt, dass der König sie als Marionette benutzen will. Er versucht sie zu manipulieren! Und verdammt, durch dich weiß das auch die Prinzessin selbst! Wenn du ihr schon unter die Nase reiben musst, dass sie nur benutzt wird, dann eröffne ihr auch, dass sie unsere einzige Hoffnung ist!“

Hin und her gerissen von seiner und meiner Meinung, zog ich die Augenbrauen zusammen, wandte mich ab und tippte mir ans Kinn. „Ich weiß nicht“, begann ich dann langsam. „Wenn ich ihr davon erzähle, dann denkt sie wohlmöglich, dass sie um Himmels Willen nichts falsch machen darf. Das würde einen immensen Druck auf sie ausüben. Und wer weiß, vielleicht wird Tsuma gerade deshalb ein fataler Fehler unterlaufen.“ Im Hintergrund hörte ich Hitoma nach einer kurzen Pause seufzen.

„Eins zu Eins“, meinte er dann.

„Erzähle Oota, Rizu und Ginja davon“, sagte ich knapp. „Sonst darf es niemand erfahren.“
 

Nervös lief ich von einem Ende des Tores zum anderen und sah immer wieder den Gang hinab. Mir gähnte völlige Leere entgegen. Ich blieb stehen und blickte aus einem der hohen Fenster. Die Sonne war schon seit einiger Zeit verschwunden. Tsuma dürfte also nicht mehr lange auf sich Warten lassen. Nach weiteren zehn Minuten, die mir elend lang vorkamen, stand mir dann endlich eine junge Frau in einem schlichten, weinroten Kleid gegenüber. Wir musterten uns eine ganze Weile, ohne etwas zu sagen. Dann straffte Tsuma ihre Schultern. „Warum bin ich hier?“, fragte sie fest.

„Ihr wolltet den Tempel sehen“, antwortete ich ohne Umschweife, drehte mich um und stieß die beiden Flügel langsam nach innen auf. Dann trat ich zur Seite und ließ ihr den Vortritt. Mit einem zögernden Blick auf mich, ging sie an mir vorbei und betrat Mhamifeltias Reich. Ich konnte sehen, wie ihr beinahe augenblicklich ein Schaudern über den Rücken lief. Nachdem die Tore wieder geschlossen waren, sah ich die Prinzessin auffordernd an und ging voraus. Dann folgte sie mir und schloss zu mir auf, bis sie neben mir lief.

„Das kann nicht der einzige Grund sein.“

„Nein, das ist er in der Tat nicht.“ Ich spürte, wie ihre Blicke auf mir Lagen, sich aber bald wieder in unsere Umgebung verflüchtigten. Tsuma bestaunte die riesigen und unzähligen Jadesäulen, sog den Geruch von Weihrauch tief in sich auf, lauschte dem Gesang der Mönche, die ein Klagelied für Ura darboten, und weitete ihre Augen in aller Ehrfurcht, als sie das Abbild unserer Göttin erblickte. „Ist das…“

„Ja. Das ist Mhamifeltia.“ Wir machten vor dem Teich mit den Rosenblättern halt, in dem Tsuma ihr Spiegelbild betrachtete.

„Wie findet Ihr sie?“, fragte ich leise um den Mönchsgesang nicht zu übertonen.

„Sie ist atemberaubend“, antwortete sie genau so flüsternd und blickte mit leuchtenden Augen empor.

„Ich will Euch unsere Göttin nahe bringen. Euch mit unserer Religion konfrontieren.“ Aus meinen Augenwinkeln konnte ich ein leichtes Nicken erhaschen.

„Aber warum?“

Bei dieser Frage musste ich leicht schmunzeln und senkte meinen Kopf. „Warum braucht der Mensch etwas, woran er glauben kann, eine Quelle von Kraft und Hoffnung, Herrin?“ Unsere Blicke trafen sich unmittelbar. „Mhamifeltia hat mich aufrechterhalten.“

Ich sah und fühlte, wie sie mich die verschiedensten Dinge fragen wollte, sie wollte wissen, was Ura am Vorabend gemeinte hatte. Ich sah und fühlte schon jetzt ihre Hingabe zu unserer Gottheit. Aber vor allem erkannte ich, dass es in mir etwas gab, was bei ihrem Anblick fröhlich lachen wollte. Etwas, was zuvor von Leid und Frust untermauert wurde.

In diesem Moment verliebte ich mich in sie. Doch ich wollte es nicht wahr haben.
 

Acht Abende trafen Tsuma und ich uns vor den Toren des Tempels. Ich erzählte ihr, wie Mhamifeltia persönlich unser Land schuf, ihren ewigen Schutz auf uns legte und über uns wachte. Ich erklärte ihr die Symbolik der Rose und des Sandkorns und eröffnete ihr sämtliche Rituale und Festtage, durch die man unsere Göttin lobpreiste. Sie erfuhr, dass diese Göttin keine Opfer nahm, bis auf die Rosenblätter, die an jedem Tag in neuer Frische ihre Kreise über den Teich zogen. Tsuma sog jedes meiner Worte durstig auf und hinterfragte sogar die nichtigsten Kleinigkeiten. Ich tat mich außerordentlich gut darin, meine neu entdeckten Gefühle für sie zu verbergen.
 

Am neunten Abend standen wir nebeneinander vor dem Rosenteich und blickten in die Höhe. Für mich gab es nun nichts mehr, was ich sie hätte lehren können. Sie könnte von einem Moment auf den nächsten eine Mönchin werden.

„Man hat mich damals von meiner Familie fortgeholt, um mich an den Palast zu verkaufen“, sagte ich in die Stille, die zwischen uns herrschte. Tsuma warf mir einen raschen Blick zu, als sie realisierte, dass ich gerade begann, ihr meine Vergangenheit zu offenbaren. Offenbar hatte sie anständig auf den Moment gewartet, in dem ich es ihr freiwillig erzählte.

„Mugen und Fume, jene, die ich in der Stadt besucht habe, wurden mit mir verschleppt. Doch sie sollten in einem Steinbruch, weitab von unserer Heimat schuften.“ Ich lachte leise auf. „Ich hatte pures Glück. Ein Hauptmann hatte damals beobachtet, wie ich mich gegen die Sklavenhändler wehrte. Er ließ mich ohne Umschweife zu ihm bringen.“

Tsuma bedachte mich mit neugierigen Blicken. „Was geschah dann?“

„Er schien sehr davon beeindruckt zu sein, wie ich versuchte meinen Willen durchzusetzen und mich zu befreien. Doch er wusste, und das machte er mir nur allzu deutlich klar, dass es für mich kein Entrinnen mehr gab, das mein Leben fortan aus schwerer Schufterei bestehen würde. Außer ich nähme sein Angebot an, in die Ausbildung zu einem Zerwin zu gehen. Ich hatte also die Wahl: Entweder ich werde zu einem Schergen des Königs, oder ich würde Schwerstarbeit, Misshandlungen und wohlmöglich sogar den frühen Tod über mich ergehen lassen müssen. Ich war feige. Sehr sogar. Deshalb wählte ich den ersten Weg, obwohl ich damals nicht einmal wusste, was ein Zerwin ist. Und trotzdem hasste ich sie.“

„Du warst nicht feige! Jedes Kind hätte gleich gehandelt!“

Völlig überrascht von ihrer vertrauten Anrede wandte ich mich zu ihr um. Sie hatte die Augenbrauen ein wenig zusammen gezogen und hielt meinem Blick stand. Dann sah sie in den Teich hinab. „Warum hast du sie gehasst?“

„Sie mussten Anhänger des Königs sein“, gab ich nach einer Weile zur Antwort. „Und dieser ließ uns verfaulen.“ Nach einer weiteren Pause fuhr ich fort: „Während meiner Ausbildung im Palast gewann ich ein anderes Bild von den Zerwina, die mich teils sogar selbst unterrichteten. Sie selbst hatten ein reines Gemüt, alle bis auf einen.“

„Susaro“, stellte Tsuma fest.

„Ganz recht. Allerdings bekam ich während meiner Ausbildung eine Zerwin nur selten zu Gesicht. Ihr Name war Mayanai.“ Ich machte eine andächtige Pause und redete weiter: „Wie auch immer, zur gleichen Zeit lernte ich Ura kennen, der meinen Glauben zu Mhamifeltia stärkte. Tagsüber lernte ich das Kämpfen, abends dann die Gerechtigkeit und das, wie alles sein sollte, aber nicht war.“

„Wer genau war Mayanai?“, fragte Tsuma, woraufhin ich eine noch längere Pause als zuvor einlegte.

„Sie war ein Mensch, der uns allen Hoffnung gab, und den ich über alles liebte.“

Tsuma senkte für einen Moment die Augen und sah dann wieder zu mir auf.

„Als ich zur Zerwin erklärt wurde, kurz nachdem mein Vorgänger Tokuro starb, wurden wir aus den Norden angegriffen, von einer Hexe, die so mächtig war, dass jeder Versuch sie zu stürzen vergebens war. Wir wagten einen allerletzten Feldzug zu Ithels Festung. Dort gab Mayanai ihr Leben für mich.“

Eine bedrückende Stille trat ein, in der wir kurz einander ansahen. „Ithel überlebte, doch sie floh. Zwar hatten wir die Hoffnung in unserer Mitte verloren, doch sie lebt weiter. In uns. Mayanais Nachfolger ist Rizu, Ihr seid ihm sicherlich bereits begegnet.“

Tsuma nickte leicht.

„Nach ihrem Tod tappte ich jahrelang im Dunkeln, aber ich wollte es nicht aufgeben, den Menschen eine bessere Zukunft zu geben. Und hier kommt Ihr ins Spiel, Prinzessin. Ihr könnt uns helfen. Euer Vater ist eine Bestie, doch ich weiß, dass Ihr ein gutes Herz habt.“

Sie blickte mich aus großen, braunen Augen an.

„Deshalb der Unterricht?“

„Ich wollte Euch zeigen, wie das Volk denkt, Prinzessin.“

Wieder nickte sie und hob langsam ihren Kopf empor. Ihre Augen lagen auf der Statue. „Ist es das, was der Meister gemeint hat?“

„Ja“, antwortete ich leise, nur die halbe Wahrheit offenbarend. Als Tsuma mich wieder anblickte, lächelte sie und mich durchschoss ein Strom tief greifender Wärme.

„Deine Gedanken sind richtig und gut, Nirate. Deine Absichten sind edel und obwohl du es so schwer hattest, machst du weiter. Du bist zweifellos das Sandkorn.“ Unsere Augen wanderten synchron zu Mhamifeltias linker Hand hinauf.

Ich empfand für einen kurzen Augenblick Stolz, dann bekam ich ein klammes Gefühl in der Brust. Hatte ich, wenn ich wirklich so gesehen wurde, nicht die gleiche Verantwortung wie Tsuma als Gesandte? Bedrückt senkte ich meinen Kopf hinab. Ich fühlte, wie die Prinzessin eine Hand auf meinen Arm legte.

„Alles in Ordnung?“

Dann, als ich sie anblickte, musste ich unweigerlich nicken. In diesem Moment merkte ich, was es mir bedeutete, dass sie mich so sah. Dass sie mir so viel zutraute und von mir hielt.

Auf einmal schien mir, dass Tsuma mir näher war als vorher, sie wandte ihre Augen nicht von mir ab, egal wie lange ich sie ansah. Als ich ihre Hand ergriff, fühlte ich, wie sie zitterte. Sie wich nicht zurück, und ich tat es ebenfalls nicht. Ihre Augen durchforsteten die meinen, und sie waren voller Erwartungen. Ich hob sachte meine freie Hand an, mit der ich ihr einige Haarsträhnen aus dem Gesicht strich. Ich fühlte, wie sie begann, sich an mich zu lehnen und letztendlich fanden auch unsere Lippen zueinander. Tsuma schlang ihre Arme um mich, während sich der Kuss vertiefte, mir wurde heiß und kalt bei ihren Berührungen. Ihr Mund schmeckte süß, und da wurde mir klar, dass ich diesen Geschmack nie wieder missen wollte.

Doch dann riss sie sich los von mir und starrte mich mit einem Blick an, den niemand auf dieser Welt hätte definieren können. Von einen Moment auf den nächsten eilte sie auf den Ausgang des Tempels zu, ihre Schritte hallten wider, und ich konnte auch hören, wie sie das Tor aufzog und wie es hinter ihr zufiel.

Ich sah ihr nicht hinterher, sondern starrte gen Boden.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2007-12-01T15:33:56+00:00 01.12.2007 16:33
wow *.* man kann wirklich nich mehr sagen... außer wow...
mach weiter so ;)
lg
Von:  Kaname-san
2007-12-01T12:35:36+00:00 01.12.2007 13:35
da kann ich den anderen nur zustimmen....das war wirklich atemberaubend und hat einen richtig migenommen und mitfühlen lassen.... das kapi ist wirklich spitze!
und das ende war total schön ^-^ auch wenn Tsuma erstmal davongelaufen ist.....

hoffe, du schreibst bald weiter ;)
Von:  xxnoirxx
2007-12-01T11:29:29+00:00 01.12.2007 12:29
Boa jaa da gen ich Blue23at nur Recht. Ich hab ne richtige Gänsehaut beim Lesen bekommen^^ Freu mich schon auf dein nächstes Kappi^^

LG Noir
Von:  Miami
2007-12-01T04:30:12+00:00 01.12.2007 05:30
wow mehr kann ich nicht dazu sagen ist dir echt gut gelungen das kapitel


Zurück