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In der Hand der Götter

(Ehemals: Der Zorn Exavors)
von

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Erster Anhaltspunkt

Es war nur noch eine Fackel, welche die dunkle Kammer erhellte, die Zweite hatten sie auf Belinas Vorschlag hin gelöscht, um die Brenndauer zu verdoppeln.

„Verdammt, wieso musste gerade uns so etwas passieren?“, fluchte diese nun auch so laut, dass Staub von der Decke rieselte.

Niemals hatte sie sich erträumt, in einer Tempelanlage gefangen zu sein – sicher, oft hörte man von Unglücken ähnlicher Natur und doch spürte jeder tief im Innern, dass es ihm selbst niemals widerfahren würde. Doch nun war es geschehen und das konnte Belina nicht so einfach hinnehmen.

„Beruhige dich erst mal“, riet Evita, die sich auf einer großen Steinkiste, vermutlich einer Art Sarg, niedergelassen hatte und die Beine baumeln ließ. „Wir wollten doch ein Abenteuer und hier haben wir es!“

Statt zu antworten, verschränkte Belina nur die Arme vor der Brust, nahm die Fackel aus einem alten Tonkrug, der ihr als Halter gedient hatte, und begann jede Ecke der relativ geräumigen Kammer zu untersuchen. Jede Wand massiv wie die andere, auch wenn sie alle einen maroden Eindruck machten und, auch kein Luftzug ließ die Flamme der Fackel erzittern, sodass das einzige Geräusch der Atem der beiden Mädchen war – zusammen mit dem Klirren der Goldmünzen auf dem Boden der Kammer, wenn Belina durch den Raum ging.

Eine Fluchtmöglichkeit schien nicht zu bestehen.

„Sie werden Hilfe finden und uns hier raus holen, oder?“, fragte Belina nach einiger Zeit mit belegter Stimme, stellte die Fackel in den Krug zurück und blickte zu Evita hinüber, welche nur lächelte.

„Natürlich“, nickte sie. „Es dauert sicher nicht mehr lange, immerhin nimmt Kent sich der Sache an, er weiß immer, was zu tun ist.“

„Aber ich weiß nicht, ob es klug ist, sich immer nur auf andere zu verlassen.“
 

Immer wieder blickten Minja und Kent besorgt zum Himmel empor, um den Stand der Sonne zu überprüfen, sie hatten mehr Zeit für den Flug benötigt, als sie gedacht hatten. Nun streiften sie über den Basar, auf dem sie vor einigen Stunden die geheimnisvolle Karte erstanden hatten, welche sie erst in diese missliche Lage gebracht hatte. Pantaleon hatten sie vor der Stadtmauer zurückgelassen, nachdem sie ihn mit frischem Wasser für seine Mühen belohnt hatten.

„Hier irgendwo muss der Stand gewesen sein“, sagte Minja mehr zu sich selbst denn ihrem Begleiter und drehte sich auf der Stelle, um den Platz zu überblicken, was im Gewühl der einkaufenden Menschen nicht ganz einfach war.

Kent jedoch ging zielstrebig an ihr vorbei und blieb zwischen zwei Ständen stehen, blickte nach links auf frisches Obst und nach rechts auf handgefertigte Tonkrüge und winkte schließlich Minja zu sich heran, welche sogleich näher trat.

„Genau hier ist der Stand“, nickte Kent bestimmt und verschränkte die Arme vor der Brust.

Nachdem Minja sich einige Sekunden verwirrt umgeblickt hatte, fragte sie: „Wie meinst du das? Ich sehe ihn nicht!“

„Weil er nicht mehr da ist, oder kannst du dir diese riesige ungenutzte Standfläche anders erklären?“, fuhr Kent mit ungeduldigem Unterton fort.

Erst jetzt bemerkte es Minja auch, im Durcheinander der kreuz und quer laufenden Menschen war ihr gar nicht aufgefallen, dass ihr Freund auf einer regulären Standfläche stand, welche jedoch nicht genutzt wurde – und das war mehr als ungewöhnlich, da jeden Morgen zahlreiche fliegende Händler in die Stadt kamen, die sich mühten, noch eine freie Fläche für den Tag zu ergattern.

„Aber wieso ist er verschwunden? Der Basar ist erst spät am Abend beendet, er muss den Stand doch bezahlen, das ist kein bisschen lukrativ“, fragte Minja an Kent gewandt, doch dieser war bereits an den neben liegenden Obststand getreten und in ein Gespräch mit einer stämmigen Verkäuferin verwickelt, sodass Minja rasch erneut an seine Seite trat.

„Wo ist der Trödler, der seinen Stand neben deinem hatte?“

„Das war ein komischer Vogel“, raunte die Verkäuferin mit überraschend tiefer Stimme. „Den hab ich hier noch nie gesehen, hat meine Kunden ständig von der Seite angequatscht.“

In Gedanken zog Kent die Stirn kraus – etwas Ähnliches hatte er beinahe befürchtet, denn auch die von ihm erstandene Karte war alles andere als gewöhnlich: „Das heißt du weißt nicht, wo er jetzt ist?“

„Keine Ahnung, fragt mal den Töpfer da hinten“, schlug die stämmige Frau vor und brüllte dann in ohrenbetäubender Lautstärke über den Markt: „Frische Orangen! Die besten in der Gegend!“

Nachdem Kent und Minja einen kurzen Blick gewechselt hatten, wandten sie sich also an den zweiten Nachbarstand des Trödlers.

Der Töpfer war ein älterer Mann, der bereits weißes Haar hatte und bei seiner Begrüßung demonstrierte, über wie wenige Zähne er nur noch verfügte: „Hallo Jungchen, bei mir gibt es die langlebigsten Gefäße der ganzen Stadt! Vergiss bloß das Porzellan, das taugt nichts.“

„Natürlich, wir haben zu Hause nur Tonkrüge“, lächelte Minja den Töpfer an, woraufhin sie sich einen verwirrten Blick Kents einfing. Nachdem sie ihm jedoch zugezwinkert hatte, glaubte er ihre Taktik zu durchschauen.

„Du bist ein braves Kind“, lachte der Alte erfreut, „was möchtest du kaufen?“

„Heute nichts, aber das hole ich sicher nach“, schmeichelte sie ihm weiter, „Es würde mich interessieren, wo der Trödler, der seinen Stand neben deinem hatte, jetzt ist. Mir scheint, er hat uns betrogen.“

Wieder einer dieser Blicke, doch Minja ignorierte ihn.

„Lass mich nachdenken“, überlegte der Töpfer laut. „Er ist vor einer knappen Stunde verschwunden – Ja, siehst du die runde Strohhütte da hinten? Das ist eine Schenke, da ist er rein und seitdem nicht wieder zurückgekehrt, wenn ich mich recht erinnere.“

„Danke, das ist wirklich nett von dir“, lächelte Minja kokett und wandte sich zum Gehen. „Einen guten Verkauf, wünsche ich noch.“

Und als Kent und Minja nun auf die beschriebene Schenke zusteuerten, winkte ihnen der Alte und lachte nur.

„Das war eine wirklich gute Idee, vielleicht hätte er uns nichts verraten, wenn wir ihm nicht sympathisch erschienen wären“, lobte Kent Minjas Idee, doch diese schüttelte nur den Kopf: „Sicher hätte er uns gesagt, was wir wissen wollten, doch vermutlich hätte uns das einiges gekostet.“

Daraufhin schenkte Kent ihr einen anerkennenden Blick, diese Art der Weitsicht kannte er von seiner Freundin nicht – doch es schien, als würde nun auch sie erwachsen und verantwortungsbewusster, damit auch bedachter, obwohl sie erst in sechs Jahren einundzwanzig und damit volljährig werden würde.
 

In der Schenke war es stickig und stank nach Alkohol. Betrat man den Raum, so war der hintere Teil der Bar kaum noch zu erkennen, so dick hing Pfeifenrauch in der Luft, doch deutlich zu erkennen war der verwunderte und zugleich missbilligende Gesichtsausdrucks des Schankmanns, als er Minja und Kent hineinkommen sah.

Die stickige Luft schlug den beiden so heftig entgegen, dass Minja zunächst einige Sekunden inne hielt und die Nase kraus zog.

„Hier drinnen herrscht wirklich schlechte Luft“, klagte sie halblaut, folgte Kent dann jedoch weiter in den Schankraum hinein, sodass sie den gesuchten Trödler bald ausfindig machen konnten.

Er saß am hinteren Teil der Bar, vor sich ein halb geleerter Krug und schien mit sich selbst zu sprechen: „Weißt du, das ist ein mieses Geschäft, ja, das sag ich dir, ein ganz, ganz mieses Geschäft!“

Seine Worte waren nicht klar, sodass die beiden zunächst nur schwer verstehen konnten, was er sagte, doch es genügte um eindeutig festzustellen, dass er mehr als nur diesen einen Krug geleert haben musste.

Vorsichtig trat Kent näher an den Trödler heran, Minja blieb ein Stück hinter ihm zurück.

„Ein bisschen früh für ein Gelage“, grüßte Kent den Mann missbilligend und runzelte die Stirn, als dieser jäh nach seinem Bierkrug griff und damit wild herumfuchtelte.

„Was willst du, Bürschchen? Ich bin ein hart arbeitender... Mann!“

„Das sehe ich“, gab Kent trocken zurück und wich vor dem, auf ihn zu sausenden, Bierkrug zurück. „Du hast uns heute Morgen eine Karte verkauft. Was weißt du über den Tempel, zu dem sie führt?“

Der betrunkene Trödler hielt einen Moment inne und dachte nach, was ihm schwer zu fallen schien, dann sagte er klarer als zuvor: „Ich weiß nichts darüber, die Karte hat mir eine verrückte Frau angedreht. Die wohnt im See einer Oase, dieses Weibstück!“

Mit gerunzelter Stirn wandte sich Kent zu Minja um, die auf seinen Blick hin nur die Achseln zuckte: Sprach dieser Mann nur im Rausch oder meinte er wirklich, was er sagte?

„Und wo befindet sich diese Oase?“, hakte Kent weiter nach.

„Gar nicht so weit von hier“, lallte der Betrunkene weiter, legte eine kurze Pause ein und sagte dann, wobei er seinen Krug versehentlich über seinem Schurz leerte: „He, Moment! Wieso will so ein Kind wie du das wissen? Du willst mir das Geschäft streitig machen!“

Jäh versuchte der Mann, fast zwei Köpfe größer als Kent, auf zu springen und sich auf den Jungen zu stürzen, doch er war so betrunken, dass ihm seine Glieder nicht mehr recht gehorchen wollten. Ehe er sich doch von seinem Stuhl hoch raffen konnte, hatten die beiden Jugendlichen die Schenkeb fluchtartig verlassen.
 

„Meine Güte, was ist denn plötzlich in ihn gefahren?“, keuchte Minja, da sie neben Kent ein ganzes Stück entfernt der Schenke stehen geblieben war.

„Menschen haben sich nicht mehr unter Kontrolle, wenn sie zu viel getrunken haben“, gab Kent schlicht zurück und seufzte. „Aber egal, wir haben die Informationen, die wir brauchen.“

„Du denkst also wirklich, er hat die Karte von einer Frau aus einem See?“, fragte Minja daraufhin in zweifelndem Tonfall und blickte sich auf dem Basar um. Immer noch herrschte reges Treiben um sie herum, doch es ebbte langsam ab. Wie spät es wohl sein mochte?

„Lass uns auf die Sonnenuhr im Stadtzentrum schauen“, setzte sie nach und schritt voran, zwischen den verschiedenen Ständen des Basars hindurch.

„Ich weiß es nicht“, antwortete Kent nun verspätet auf Minjas Frage, er hatte eine gute Minute darüber nachgesonnen. „Ich denke, er hat die Karte einer Frau in der Nähe einer Oase abgekauft, das ist alles. Außerdem haben wir keinen anderen Anhaltspunkt, was bleibt uns übrig?“

Gerade nickte Minja und setzte zu einer bestätigenden Antwort an, da Kent erschrocken auffuhr: „Die Karte! Wo ist sie? Ohne sie werden wir den Tempel nicht wiederfinden!“

Von Kents panischer Stimme angesteckt tastete Minja hastig die Taschen ihres weiten Leinenkleides ab, ihr Herz setzte für eine Sekunde aus – doch dann zog sie die Karte hervor.

„Hier ist sie“, seufzte sie daraufhin erleichtert und hielt sie Kent demonstrativ vor sein Gesicht. „Tu mir den Gefallen und erschreck mich nie wieder so! Dein Wüstendrache hat zwar einen extrem guten Orientierungssinn, aber da seit Jahren oder Jahrhunderten niemand mehr in diesem Tempel gewesen ist, scheint sie eine Art magischer Schlüssel zu sein – unser Dorfältester hat mir einmal davon erzählt.“

„Tut mir Leid, ich dachte wirklich Evita hätte die Karte bei sich gehabt, als die beiden in der Schatzkammer eingesperrt wurden – ich hoffe, sie geraten nicht in Panik da drin“, gab Kent gedankenversunken zurück, sodass er nicht bemerkte, dass Minja stehen geblieben war und noch einige Meter weiter ging, bevor er sich suchend nach ihr umwandte.

Sie hatten die Sonnenuhr bereits erreicht und das Mädchen starrte auf die große runde Scheibe, welche hier nicht einfach in Sand gemalt, sondern völlig aus Stein gefertigt war.

„Nur noch drei Stunden bis zum Sonnenuntergang“, stellte Kent laut fest, da er die Sonnenuhr zu Rate zog. „Mach dir keine Sorgen, das heißt bis zum nächsten Morgen sind es jetzt noch fünfzehn Stunden und bis die Sonne am nächsten Tag ihren höchsten Stand erreicht ziemlich genau zwanzig. Das ist mehr als genug Zeit, diese Oase wird ganz in der Nähe sein.“

„Ja“, sagte Minja langsam, den Blick immer noch nicht von der Sonnenuhr gelöst, „aber die Zeit vergeht einfach schneller, als mir lieb ist.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2007-08-10T22:41:58+00:00 11.08.2007 00:41
also ich kann nur sagen super super^^mach weiter^°^
Von: abgemeldet
2007-07-26T18:57:39+00:00 26.07.2007 20:57
Oh, die beiden können einem Leid tun!
Da haben sie den Verkäufer endlich gefunden , müssen jedoch noch eine weitere Person aufsuchen.
Mal sehen,ob die zwei rechtzeitig dort ankommen.
Es bleibt also spannend ^^
Mir ist hier nur ein Fehler aufgefallen . Statt "unser" hast du "unter" geschrieben.
Freu mich schon aufs nächste Kapitel
Von:  Evidenz
2007-07-25T22:50:58+00:00 26.07.2007 00:50
Bin leider erst jetzt dazu gekommen weiter zu lesen >.<°
Das Kapitel ist toll....
werde das 3te flott lesen!
*will unbedingt wissen wie es weiter geht*

:3


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