Zum Inhalt der Seite

Harry Potter und das Medaillon der Vampire

Fortsetzung zu "Harry Potter und das Haus des Phönix"
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Unvorhersehbare Komplikationen

Nein, dieses Kapitel ist kein Aprilscherz! Es leitet vielmehr den Endkampf ein...
 

Unvorhersehbare Komplikationen
 

Die Woche verging, ohne dass Harry etwas von Simon hörte. Jeden Abend hatte er sich vor dem Schlafen gehen die Bilder ins Gedächtnis gerufen und sie verändert. Es klappte inzwischen schon ganz gut und er hoffte, dass Simon nicht mehr lange auf sich warten ließ, um mit ihm den letzten Feinschliff an ihnen vorzunehmen.

Harry drehte sich auf die Seite und löschte das Licht. Crabbe und Goyle waren schon längst eingeschlafen und schnarchten laut, doch Harry lag noch lange hellwach da und starrte seinen Betthimmel an. Nach dem Angriff hatten sich die Artikel im Tagespropheten überschlagen. Überall waren Berichte über den Angriff, sowie die Namen der Toten zu lesen und die Auroren suchten nach den Vermissten. Es gab eine große Diskussion über Abwehrmaßnahmen gegenüber Vampire und vieles mehr, doch mittlerweile war es wieder ruhiger geworden. Keiner wusste, wo sich Voldemort aufhielt, oder was er plante und keinen Leser des Tagespropheten interessierte mehr, was aus den verschwundenen Schülern geworden war. Harry dachte an Hermine, Simon, Theodor und vor allem an Voldemort und seinen eigenen hoffentlich baldigen Durchbruch in Legilimentik.
 

Der Mond stand hoch am Himmel und strahlte mit aller Kraft über das weite flache Land. Der Boden war feucht und weich und seine Beine brachten Harry schnell näher an ein riesiges Haus, welches einsam und verlassen vor ihm stand. Eine handvoll kahler Bäume bog sich im eisigen Wind. Der Anblick der Villa im Moor, kam ihm vage bekannt vor und einen Moment erzitterte er innerlich, jedoch ohne seine Schrittgeschwindigkeit zu verringern. Die Verandatreppe knarrte bedrohlich unter seinem Gewicht, doch ohne zu zögern trat er in die Villa der Lestranges. Der modrige Geruch war ihm noch in allzu unliebsamer Erinnerung, aber ohne zu stoppen und den grausigen Erinnerungen trotzend, schritt er fest entschlossen den Gang zum ehemaligen Wohnzimmer entlang. Ein Feuer brannte in dem riesigen Kamin auf Harrys rechter Seite und erwärmte, den von Kälte und Nässe verwitterten, Raum. Doch seine Aufmerksamkeit wurde jäh auf einen in dunklen Roben eingehüllten Mann gerichtet, der demütig vor Harrys Füße fiel.

"My Lord", sagte der Todesser. Harry erschauderte innerlich. Er wollte aufschreien, aufwachen, oder einfach nur aufhören in Voldemorts Gedanken zu sein, aber es gelang ihm nicht und so versuchte er sich so ruhig wie möglich zu verhalten, um den dunklen Lord nicht auf seine Anwesenheit aufmerksam zu machen. "Wir haben einen von ihnen!", sagte der Todesser weiter, den Harry als Rodolphus Lestrange erkannt hatte. Der Todesser erhob sich und wies zu zwei weiteren Todessern, in deren Mitte ein Gefangener stand. Der Lord trat näher heran und Harry sah das bekannte, blasse Gesicht eines jungen Mannes. Die sonst so ordentlichen braunen Haare waren zerzaust. Seine Augen waren dunkelrot unterlaufen und starrten den dunklen Lord voller Verachtung an. Einer der beiden Todesser stieß ihn vor Voldemort auf die Knie.

"Das ist Dean Thomas", sagte der Todesser kühl, "Ein Gryffindor aus meinem Jahrgang, er war allein unterwegs…" Harry erschauderte, als er die Stimme des Todessers erkannte und für einen Moment sah er die eisblauen, kalten Augen und die blonden Strähnen des Haares.

"Von Simon Lestrange fehlt nach wie vor jede Spur", sagte Draco, "Aber weit kann er nicht sein."

Die Narbe brannte als Harry mit einem Schrei erwachte. Er brauchte eine Weile bis er begriff was er in seinem Traum gesehen hatte. Voldemort war immer noch hinter Simon her und wenn sie Dean gefangen genommen hatten, war Simon sicher in der Nähe und suchte nach ihm.

Harry wischte sich den Schweiß von der Stirn und setzte sich auf. Er musste zu Dumbledore. Der Schulleiter würde gewiss einen Weg finden, Simon zu warnen. Barfuss hastete er aus dem Schlafsaal, hinaus in den dunklen Korridor. Er bereute augenblicklich sich nichts übergezogen zu haben, denn hier in den Gängen war es eiskalt und zugig, doch er beschleunigte seine Schritte und rannte die unzähligen Stufen zum Büro des Schulleiters hinauf.

Erst als er den steinernen Wasserspeier erreichte, erinnerte er sich, dass er das aktuelle Passwort nicht kannte. Er versuchte es mit dem Alten, doch nach dem Angriff der Vampire, waren alle Passwörter geändert worden und wie erwartet auch das des Schulleiterbüros. Er versuchte noch ein paar weitere Naschereien, die der Schulleiter favorisierte, doch nichts tat sich.

"Potter, was haben Sie hier draußen zu suchen?" Harry wirbelte herum und erkannte unweit von ihm im Schatten des Torbogens die Silhouette von Filch.

"Ich muss ganz dringend zu Professor Dumbledore, es … es ist wichtig."

"Der Schulleiter ist nicht da", schnarrte Filch, "wende dich an deinen Hauslehrer oder verzieh dich schleunigst wieder in dein Bett. Du hast hier nichts zu suchen!"

"Aber… aber es ist…"

"Das ist meine letzte Warnung!", bellte der Hausmeister übelgelaunt. Harry nickte und hastete an ihm vorbei, bevor Filch auf die Idee kam ihm Punkte abzuziehen oder ihm eine Strafarbeit aufzuhalsen. Seine Füße fühlten sich eisig an, doch er beeilte sich nicht. Er überlegte, ob er Professor Peony wecken sollte, aber entschied sich schließlich dagegen.

Im Schlafsaal angekommen zog er sich rasch um und setzte sich letztendlich im Gemeinschaftsraum vor das Fenster und starrte gedankenverloren in die Nacht. Er hatte keine Möglichkeit, Simon eine Warnung zukommen zu lassen. Seine Narbe auf der Stirn ziepte noch immer und Harry hatte die vage Ahnung, dass Voldemort ungeduldig war. Harry quälten die Fragen, was gerade in der Lestrangevilla vor sich ging und was mit Dean geschah, doch er konnte sich nicht dazu durchringen, seine Legilimentik zu benutzen.
 

Voldemorts Ungeduld war schließlich zum Greifen nah und Harry spürte den wütenden Zorn des Lords deutlich am erneuten Aufflammen der Schmerzen auf seiner Stirn. Er sah zur Uhr über dem Kamin; es würde noch Stunden dauern, bis Harry zum Unterricht musste und wer weiß, vielleicht war Dumbledore auch dann noch nicht wieder im Schloss. Harry überlegte nicht, was er tat, er schloss nur einfach seine Augen und suchte die Dunkelheit nach seinem Feind ab. Es entpuppte sich als Vorteil, dass er wusste, wo Voldemort sich aufhielt und schon in Bruchteilen von Sekunden hatte er ihn gefunden.

Erst nur schwammig und ungenau erkannte er die Konturen der Todesser und dessen, was wohl Dean Thomas war, der zusammengekauert auf dem Boden lag.

"Du willst also nicht…", sagte der Lord drohend.

"Niemals!", keuchte Dean heiser. Harry musste entsetzt unzählige Wunden entdecken, die dem Vampir sämtliche Kräfte geraubt hatten und offensichtlich Schmerzen bereiteten. Wahrscheinlich hatte man ihn gefoltert, doch der Grund, der dahinter liegende Plan, blieb Harry verborgen.

"Tötet ihn", befahl der Lord kühl und trat einen Schritt zurück.

"Meister", wisperte Draco, "Er könnte uns sicher noch von Nutzen sein."

"Du wagst es mir zu widersprechen?" Hass glomm aus Voldemorts Augen und sein Blick fixierte den jungen Todesser, "Was soll ich mit einem Vampir, der mir nicht gehorchen will? Morticia, wird ihn nicht zu sich nehmen und zu den anderen Geiseln kann man ihn kaum stecken… Sie sind zu wertvoll." Harry wurde hellhörig. Er suchte in Voldemorts Gedanken nach einem Bild dieser Geiseln. Ein Stichwort, das durchaus geeignet war, um einen Ansatz zur Beeinflussung zu finden.

Harry fand das Bild; ein Raum offenbarte sich ihm und er sah eine handvoll Schüler zusammengekauert auf dem Boden sitzen, unter ihnen in zerrissener Phönixhausrobe Hermine, die sich erschöpft an Pavarti lehnte. Neben ihr erkannte er Terry Boot, der in sich gekehrt etwas vor sich hin murmelte und Owen Caulwell, der offensichtlich ohnmächtig neben dem Ravenclawschüler auf dem Boden lag.

Draco kniete sich demütig nieder.

"Antworte!" befahl der Lord.

Das Bild der Gefangenen verblasste langsam. Harry versuchte es zu umklammern, es festzuhalten. Er wollte sich nicht von ihm lösen, nicht bevor er wusste, wo sich dieser Raum befand. Überstürzt dachte er an eine Möglichkeit den Lord zu zwingen, diesen Gedanken weiter auszuführen und projizierte ein Bild, dass dem gerade sehr ähnlich war. Ein stechender Schmerz durchfuhr seine Stirn, doch Harry versuchte die Verbindung trotz allem aufrecht zu erhalten. Er musste es diesmal schaffen, koste es was es wolle.

Der Schmerz trieb ihm Tränen in die Augen. Er erblickte ein Fenster, welches magisch versiegelt zu sein schien. Auf der anderen Seite waren zerklüftete Berghänge zu erkennen, die durch den Nebel nicht näher zu bestimmen waren.

"Nein, verzeiht mir", wisperte Draco demütig, "Ihr habt natürlich recht… Entschuldigt mein Verhalten"

"Dann töte den Vampir!", befahl Voldemort scharf. Draco nickte und erhob sich.

"NEIN!", schrie Harry, "NICHT DEAN!" Der Schmerz in Harrys Narbe flammte erneut auf, rote Augen bohrten sich in die seinen und Harry glaubte sein Kopf würde jeden Moment zerbersten. Er sah einen gleißend weiß-blauen Blitz der Dean traf und ihn schreiend zu Boden stürzen ließ. Doch Harry wollte nicht sehen, was passierte. Das Bild der Gefangenen, in dem er sich noch aufhielt verschwamm und riss Harry in eine unwirkliche Dunkelheit. Gedanken und Erinnerungen wirbelten wie Blitze, um ihn herum und ein Schwall grausamer Erinnerungen, die ihm nicht gehörten, brach auf ihn ein. Harry schrie und versuchte sich aus Voldemorts Kopf zurückzuziehen. Seine Narbe brannte noch immer, doch der Schmerz ließ allmählich nach. Er musste an Simons Warnung denken, die er zu Beginn seiner letzten Legilimentikstunde gegeben hatte. "Der eine Legilimentiker hat den Geist des Anderen einfach in sich verschlungen, sodass lediglich eine leere Hülle zurückgeblieben war. … Man könnte es mit dem Kuss eines Dementoren vergleichen…"

Vergeblich schrie Harry um Hilfe. Seine Augen hatte er inzwischen fest geschlossen und kämpfte verzweifelt gegen die fremden Gedanken, die ihn nun gänzlich durchströmten. Panisch versuchte er seine Okklumentik aufzubauen. Der Schmerz seiner Narbe war nun vollständig verebbt und auch der Zustrom der fremden Gedanken hatte nachgelassen.

Er wagte es nicht seine Augen zu öffnen, aus Angst davor, was er sehen würde. Er nahm noch immer den fauligen Geruch der alten Villa wahr und hörte das Knistern des Feuers. Schritte näherten sich ihm.

"My Lord", hörte er Rodolphus besorgte Stimme, "Was ist mit Ihnen?" Harry registrierte wie seine Hand sich hob, um die Frage abzuwinken. Es kostete all seine Kraft sich gegen diese Bewegung zu sträuben. Sein Wille war noch nicht geschwächt, er war noch immer nicht ganz in Voldemorts Gewalt und ballte die Hand zu einer Faust, um sich selbst zu schlagen. Der daraus entstandene Schmerz war echt. Seine Wange brannte und er öffnete benebelt die Augen.

Verwundert stellte er fest dass er im Gemeinschaftsraum auf dem Boden lag und unzählige Schüler um ihn herumstanden und ihn entsetzt anstarrten. Harry schüttelte fassungslos den Kopf, denn noch immer hatte er den Eindruck sich in der Villa aufzuhalten. Nur sehr schwerfällig wagte Harry sich zu erheben. Sein Geist sträubte sich dagegen und sagte ihm er solle liegen bleiben und den Kampf aufgeben. Er spürte wie fremde und eigene Gedanken in seinem Kopf herumwirbelten. Doch er selbst konnte den Strom nicht kontrollieren.

Mühsam setzte er sich auf. Der Strudel der Erinnerung drohte ihn in eine Ohnmacht zu reißen und nur am Rande nahm er Pansy wahr, die sich zu ihm niederbeugte.

"Wer gibt dir das Recht mich anzufassen", zischte Harry und war sich dem bedrohlichen Ausdruck seines Gesichtes durchaus bewusst. Pansy ließ ihn erschrocken los, doch ihr Gesichtsausdruck blieb musternd auf ihm hängen.

"Harry?" fragte sie zögernd, "Was ist passiert."

"Was sollte es DICH kümmern wie es mir geht, du dreckige Verräterin", fuhr Harry sie böse an. Harrys Gedanken rasten, dass hatte er doch nicht etwa gesagt? Doch der Ausdruck auf Pansys Gesicht, das ihm geschockt entgegenblickte, bestätigte seine Befürchtungen und er spürte wie sein Mund sich öffnete, um eine Entschuldigung zu formen, und wusste doch, dass es Beleidigungen werden würden. Mit aller Gewalt presst er seine Lippen wieder aufeinander und spürte zeitgleich die Flut von Voldemorts Gedanken erneut in seinem Kopf.
 

Obwohl Harry sich im Gemeinschaftsraum befand und das Ziepen und Brennen seiner Narbe inzwischen gänzlich erloschen war, wusste er, dass die Verbindung zwischen ihm und seinem Todfeind noch immer existierte. Als er die Augen ein weiteres Mal schloss, spürte er sofort, dass der dunkle Lord allein in einem der modrigen, samtblauen Sessel vor dem Kamin saß.

Voldemort erhob sich plötzlich und verließ das Haus. Sobald er das eiserne Tor durchschritt und die gewöhnliche Muggelstraße, die durch das Moor verlief, erreicht hatte, disapparierte er. Harry riss, von der Klarheit dieser Bilder erschrocken, seine Augen auf und schlug sich erneut zerstreut gegen die Schläfe, als ob er dadurch den Lord aus seinen Gedanken verdrängen könnte.

"Harry?" Der Angesprochene hob mühsam seinen Kopf und blickte in Pansys fassungslose, fragende Augen. Die Emotionen, wie die abgrundtiefe Abneigung und den Hass, den der Lord für sie übrig hatte, waren wieder nahezu greifbar und Harry wagte es nicht erneut seinen Mund aufzumachen, doch seine ruhelosen Augen verrieten seine Angst, "Professor Peony kommt gleich", flüsterte das Slytherinmädchen vorsichtig, näherte sich jedoch nicht.

Er spürte, dass es dort, wo sich der dunkle Lord jetzt aufhielt, sehr kühl war, aber Harry traute sich nicht seine Augen zu schließen, stattdessen sah er sich gezwungenermaßen im Gemeinschaftsraum um. Harry konnte nicht einmal unterscheiden, ob er es war, der sich interessiert die Gemälde und die umstehenden Schüler ansah, oder ob diese Bewegungen durch Voldemorts Gedanken gesteuert wurden. Tief durchatmend und die Lippen fest aufeinander gepresst, weigerte er sich die Bewegung zu Ende zu führen und spürte einen vehementen Widerstand.

"Nein, ich will das jetzt nicht" Obwohl er diese Worte nur dachte und fest entschlossen, versuchte sich gegen Voldemort zu stellen, erreichte er lediglich, dass der Sturm in seinem Kopf erneut aufflammte. Harrys Körper versteifte sich und drängte die fremden Gedanken von sich, doch der Widerstand, den der Lord ihm entgegen setzte, war kaum zu brechen. Nur sehr mühsam schaffte er es, seinen Willen durchzusetzen, so dass die Flut der fremden Gedanken und Eindrücke langsam nachließ, doch dabei riss diese Flut einen Teil seines Selbst mit sich in eine tiefe Dunkelheit. Harry erzitterte, als ihn eisige Kälte umfing. Er wusste, dass er in Voldemorts Gedanken zu verschwinden drohte und wehrte sich mit seiner letzten Kraft, die er noch aufbringen konnte, gegen den Strom. Wenn er sich jetzt verlor, hatte Voldemort gesiegt. Harry wusste nicht, zu welchem Zeitpunkt er das Bewusstsein verloren hatte, doch bis die Dunkelheit sich wieder auflöste, musste eine ganze Weile vergangen sein. Voldemort stand in einem großen, hellen Raum mit hohen Decken. An einem riesigen Tisch, mit herrschaftlichen Stühlen, saß ein älterer Mann. Er trug einen purpurnen Samtumhang und hatte weißes schulterlanges Haar. Sein Gesicht wirkte ängstlich und er zitterte am ganzen Körper, während er mit unsicherer Stimme sprach.

"My … my Lord… ich - ich kann Ihnen nicht viel mehr sagen, als ich gerade eben berichtet habe. Ich habe nicht die Macht das Geschehene rückgängig zu machen. Suchen Sie sich einen anderen, stärkeren Legilimentiker! Meine Gabe reicht - weiß Gott - nicht aus um das zu vollbringen."

"Ich hatte mir mehr von dir erhofft, Gumbin", sagte der Lord scharf und trat mit erhobenem Zauberstab näher an den älteren Herrn heran. Gumbin erstarrte und seine Augen fixierten den Zauberstab mit einem Ausdruck panischer Angst.

Harry kniff seine Augen zusammen, doch es änderte nichts. Er wusste, dass dieser Mann so gut wie tot war, spürte, wie Voldemort seine Kräfte bündelte, um den todbringenden Fluch auszusprechen. Der Slytherin versuchte, die dafür notwendigen Gefühle, die nun auch ihn ergriffen, abzuwehren. Obwohl Harry den alten Mann nicht kannte und nicht wusste, was oder wer er war, versuchte er mit aller Kraft seine Energie darauf zu verwenden, den aufkommenden Hass von sich zu lenken. Voldemort durfte diesen Mann nicht töten, doch er war sich nicht sicher, wie er es verhindern sollte. Harry betrachtete den alten Mann besorgt, welcher immer weiter in seinem Stuhl zusammensank.

"Avada Kedavra" Ein grüner Blitz schoss aus dem Zauberstab und traf den Mann, der sofort tot zu Boden glitt.
 

***
 

"Harry?" Eine wohlbekannte Stimme sprach ihn an. Sie war beruhigend und alarmierend zugleich. Harry umklammerte mit der Hand etwas, das sein Zauberstab sein musste, rührte sich aber vorerst nicht. Wenn er sich auf seinen eigenen Körper konzentrierte, von dem er zumindest glaubte, dass er das war, lag er jetzt nicht mehr auf dem Boden im Gemeinschaftsraum, sondern auf einer weichen Matratze.

"Harry?" Wieder rief die bekannte Stimme und diesmal hörte er den besorgten Unterton, der darin mitschwang. Es kostete ihm sehr viel Überwindung sich umzudrehen und noch mehr die Augen zu öffnen. Vorsichtig und immer noch benommen blinzelte er. Nur verschwommen nahm er seine Umgebung wahr. Er befand sich im Krankenflügel und erblickte schließlich das überaus besorgte Gesicht des Schulleiters, der neben dem Bett auf einem Stuhl saß und ihn interessiert musterte.

"Schön dich wieder wach zu sehen", sagte er leise. Harry war lange nicht mehr so froh gewesen, den Schulleiter zu sehen, und doch spürte er innerlich den jahrzehntelangen Hass, den Voldemort in sich aufgestaut hatte. Der Sturm in seinem Kopf entbrannte, heftiger als je zuvor, und er hob rasch seinen Zauberstab, um diesen auf den Schulleiter zu richten. Harry hatte praktisch keine Macht mehr über sich und sein Handeln. Es war, als wäre er im Moment nur eine Marionette Voldemorts. Er war sich dennoch bewusst, was passieren würde, gäbe er sich Voldemorts Einfluss hin. Wie bei der Ermordung des fremden Mannes zuvor, regierten die gebündelte Wut und der Hass, wie auch der Wille diesen Mann zu töten, Harrys Gedanken. Es war anstrengend sich gegen diesen Hass, der Harry beinahe um den Verstand brachte, zu wehren.

"Avada Kedavra", schrie Harry, riss aber im Kampf gegen den fremden Einfluss, die Hand zur Seite und der grüne Strahl der seinen Zauberstab verließ, verfehlte Dumbledore um Haaresbreite. Obwohl Harry nicht die Macht über seine Gedanken hatte, schien sein Körper ihm noch immer in Maßen zu gehorchen. Fassungslos ließ er seinen Zauberstab fallen, welcher Funken sprühend zu Boden ging. Voldemort fluchte und Harry musste einen Schwall wüster Beschimpfungen über sich ergehen lassen, doch er verweigerte dem Lord den Wunsch sich nach seinem Zauberstab zu bücken.

Es sah sicher seltsam aus, wie Harry sich auf dem Bett wand und zudem immer wieder mit der Hand, über die er gerade die Gewalt hatte, nach sich selbst schlug. Er spürte den Schmerz kaum noch, doch es hielt ihn davon ab, den nahe gelegenen Zauberstab zu ergreifen und den Todesfluch ein weiteres Mal zu versuchen. Erst als Dumbledore den Zauberstab mit einem Sammelzauber zu sich holte, nahm die Beeinflussung durch Lord Voldemort ab und nach und nach, gewann Harry die Kontrolle über sich zurück. Voldemort war irgendwie noch immer da, doch im Moment war Harry stark genug sich gegen dessen Einfluss zu behaupten. "Professor", flüsterte Harry schwach, "Ich … ich - helfen Sie mir." Doch ob und was der Schulleiter darauf sagte, hörte er schon nicht mehr, denn in dem Moment umfing ihn eine angenehme Dunkelheit und er wurde erneut ohnmächtig.
 

***** Simon *****
 

Die Nacht war stürmisch und der Regen prasselte trommelnd gegen die Fenster des Krankenflügels. Am Horizont war gelegentlich ein Blitz zu sehen und noch viel seltener ein grummelnder Donnerschlag zu hören. Der Schulleiter hatte Simon Stunden zuvor eine Nachricht zukommen lassen und er war sofort nach Hogwarts gekommen, um sich Harrys Zustand näher anzusehen. Er war nicht lange bei ihm gewesen, ein paar kurze Einblicke in Harrys Gedanken- und Gefühlswelt reichten aus, um die Lage einzuschätzen. Nun saß er wenige Meter von Harry entfernt und wartete auf Dumbledore.

Harry schrie zwischenzeitlich immer wieder nach Hilfe. Der innere Kampf hatte ihn geschwächt und er hatte sich mehrfach gefährlich verletzt. Madame Pomfrey versuchte immer wieder ihm beruhigende Tränke einzuflößen doch der Erfolg blieb bisher aus. Nichts von dem half Harry sich zu beruhigen und auch Simons gutes Zureden hatte nicht sehr viel bewirkt. Besorgt betrachtete er Harry und durch seine Augen sah er auch den dunklen Lord, der ihn wiederum mit ganz besonderem Interesse musterte. Das dunkle Mal auf seinem Arm hatte schon lange nicht mehr derart gebrannt, wie jetzt in Harrys Gegenwart und je nachdem, wer in Harrys Kopf die Oberhand gewann, desto intensiver fühlte er die Aura des dunklen Lords, oder die verzweifelten, erfolglosen Versuche Harrys, sich dem zu verwehren.

"Mr. Lestrange", sagte Dumbledore, der beinahe lautlos zu ihm trat, "Wie geht es dem Jungen?" Simon warf noch einen bemitleidenden Blick auf Harry, dann schüttelte er vorsichtig den Kopf.

"Es sieht nicht gut aus", seufzte der Vampir und erhob sich. In voller Größer überragte er den Schulleiter um einige Zentimeter. Dumbledore, sah übermüdet aus, dennoch war sein Geist hellwach und Simon schritt voran, um den Krankenflügel zu verlassen. Erst nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, wandte er sich wieder dem Schulleiter zu.

"Professor, ich weiß nicht wie ich es sagen soll, aber…" Simon brach ab.

"Was?"

"Nun ja, es ist etwas kurios. So etwas habe ich noch nie gesehen… oder davon gehört, aber es scheint so, als wären ihre Gedanken so ineinander verschlungen, dass sie … na ja … sie ergeben einen Geist, der zwei Körper beherrscht."

"Das heißt?"

"Das heißt, dass keiner von beiden die Vorherrschaft besitzt, sie können sich gegenseitig beeinflussen und ich kann durch Harrys Kopf sehen, was der dunkle Lord gerade tut … nicht was er plant. Es ist zu wirr, um irgendetwas in diesem Kopf zu finden, das uns irgendwelche hilfreichen Hinweise bieten kann… Harry hat versucht mir einige Dinge, die er erfahren hat zu sagen… die vermissten Schüler sind noch am Leben, aber er weiß nicht wo - und … und Dean ist tot, sowie Harry den Tod eines Menschen mit ansehen musste, den der dunkle Lord Gumbin genannt hatte."

"Und Voldemort?" Simon spürte einen eisigen Schauer über seinen Rücken laufen, als Dumbledore den Namen des dunklen Lords aussprach, ließ es sich aber nicht anmerken und fuhr unbeirrt fort:

"Der dunkle Lord … er … er hat Harry zwischenzeitlich gezwungen mir zu zeigen, wem ich verpflichtet bin. Ich musste mir einige abfällige Bemerkungen gefallen lassen, er hat keinen Zweifel an seinen Absichten gelassen … Er will nach wie vor meine Gabe."

"Kannst du sie trennen?"

"Ich wage es nicht", flüsterte Simon kaum hörbar und dachte an das Gewirr von Gedanken, in welches er vorhin eingesehen hatte, "Der dunkle Lord und Harry sind gleichwertige Gegner. Die Aussicht, dass sie sich von selbst trennen steht nicht sonderlich gut, demgegenüber ist das Risiko da mit hineingezogen zu werden, um sie auseinander zu reißen, viel zu groß. Es tut mir leid."

"Wenn sie nicht getrennt werden können, was geschieht dann mit Harry?"

Simon seufzte und ließ sich die Frage ein paar Mal in Ruhe durch den Kopf gehen, "Obwohl die Gabe gleich ausgeprägt ist, hat der dunkle Lord die besseren Chancen. Er hat die größere Erfahrung, und durch viele schwarzmagische Verwandlungen ist er unabhängiger und vor allem skrupelloser." Simon erschauderte, "Er wird alles daran setzen die Verbindung zu kappen, um Harry dadurch zu einer leeren, willenlosen Hülle zu machen."

"Hattest du nicht behauptet, die beiden wären untrennbar miteinander verbunden?"

"Ja, hatte ich, aber nur unter der Voraussetzung, dass sich an den äußeren Umständen nichts verändert. Erreicht der dunkle Lord sein Ziel, seine Legilimentik durch das Kleptorus-Ritual zu perfektionieren, ist er der bessere Legilimentiker und wird dann Harry ohne Zögern vernichten können." Simon erschauderte, wie es jedes Mal passierte, wenn er an das Kleptorus-Ritual dachte. Zwar hatte er als Vampir bereits einen Vorgeschmack auf den Tod bekommen und vor diesem selbst keine Angst mehr, wohl aber vor den Qualen und den Schmerzen. Mit Mühe schob er den Gedanken beiseite und sah neugierig zu Dumbledore hinüber, der schweigend neben ihm stand. Seine Worte hatten die Sorgen und Befürchtungen des Schulleiters wahr werden lassen. Er hatte so viel Hoffnung in Harry gelegt, vielleicht zu viel, und Simon sah, dass dies ein harter Rückschlag für den Schulleiter war.

Der Vampir musterte Professor Dumbledore eindringlich, fand aber selbst kaum tröstende Worte. Die einzige Hoffnung, die er ihm geben konnte, war, dass Harry lernte seine Legilimentik und Okklumentik zu beherrschen und somit wieder einen Teil seiner Unabhängigkeit zurück erlangen könnte, um vielleicht sogar eines Tages in der Lage zu sein, den dunklen Lord zu beeinflussen. Er musste aber im nächsten Atemzug seine Hilfe verweigern, denn alles was man Harry sagte, oder versuchte beizubringen, würde der dunkle Lord ebenso hören und lernen. Eine weitere Konsequenz war daher auch, dass der dunkle Lord über Harrys Gedanken in der Lage war, Harrys Gegenüber zu ‚lesen' oder zu beeinflussen.

Nach dem Gespräch ging Simon noch einmal kurz zu Harry, doch dessen Situation war nach wie vor unverändert. Es war deprimierend, die Hoffnung der Zaubererwelt in einem derart erbärmlichen Zustand zu erleben. Mit Mühe riss er sich schließlich gegen vier Uhr morgens los und verließ das Schloss, um noch vor Sonnenaufgang wieder in seinem Unterschlupf, einer Höhle in den schottischen Highlands, zu gelangen. Den verbliebenen Schülern, die dort auf ihn warteten, erzählte er lediglich, dass Dean, dem dunklen Lord in die Finger gefallen und inzwischen von diesem getötet worden war. Doch über Harry verlor er kein Wort.
 

to be continued



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück