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Es war einmal ein Wüstenprinz

von

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Flucht vor dem Winddämon

Thaqib rannte.

Er rannte und rannte, steckte all seine Energie in seine starken Beine und rannte ohne Pause.

Sehr schnell waren wir an der Karawane vorüber gezogen, die aufgebrachten Rufe die uns folgten einfach ignorierend, und Thaqib wurde noch schneller, als es nichts mehr gab, das sein Sichtfeld beeinträchtigte.

Ich trieb ihn an, weit vornüber gebeugt. Spornte ihn mit meiner Stimme dazu an noch mehr und noch mehr zu rennen. Ich ließ ihn nicht langsamer werden, selbst als ich merkte, dass seine Kraft langsam aber sicher nachließ.

„Lauf Thaqib! Lauf!“

Und er gehorchte, schweißgebadet, bis er plötzlich, mitten im Lauf, keinen Halt mehr fand und kopfüber einen Hügel hinabstürzte.

Ich schrie, versuchte, mich irgendwo zu halten und nicht von dem schweren Pferdeleib erschlagen zu werden. Dabei schlug ich meinen Kopf irgendwo an. Ich spürte nur noch den dumpfen Schmerz, dann wurde mir schwarz vor Augen.

Als ich erwachte fühlte ich mich so schwer und müde, als könnte ich niemals wieder aufstehen. Über mir war der Himmel blau, aber von der Seite zogen dunkle Wolken auf, die das Herannahen des Winddämons ankündigten. Es dauerte eine Weile, bis ich wieder klar denken konnte.

Probehalber wandte ich den Kopf zur Seite und starrte auf meine Hand, die neben meinem Kopf im Sand lag. Konnte ich sie noch bewegen? Ich versuchte es – und es funktionierte. Meine andere Hand konnte ich ebenfalls bewegen. Und wenn ich nicht eine äußerst starke Einbildungskraft besaß, dann konnte ich sogar in dem engen Fußkleid ein wenig mit den Zehen wackeln.

Ein Schnauben ertönte in meiner Nähe. Mein Pferd kam auf mich zu und stupste mich mit seinen Nüstern vorsichtig an. Zum Glück schien es unverletzt.

Mein Arm ließ sich problemlos heben – und ich spürte auch Thaqibs weiches Fell an meinen Fingerkuppen.

„Hallo, mein Junge… Wie gut, dass du noch da bist. Ich glaube nicht, dass ich alleine zur Karawane zurückkommen würde.“ Meine Stimme klang etwas schwach und schleppend in meinen Ohren.

Er blies geräuschvoll seinen Atem in mein Gesicht, als würde er mir zustimmen wollen, doch auf einmal riss er seinen Kopf in die Höhe und blickte aufmerksam den Hügel hinauf, die Ohren wachsam in dieselbe Richtung gestreckt.

Mühsam richtete ich mich auf – verfluchte im Stillen meinen schmerzenden Körper – und zog mich an den Riemen des Sattels auf die Füße, um zu schauen, was sein Interesse geweckt haben mochte. „Was ist los, Thaqib?“

Er wandte sich mir kurz zu, von meiner Stimme für einen Moment abgelenkt, dann war er wieder bei dem Unbekannten. Er streckte seine Nase witternd zu dem lehmigen Boden, auf dem wir standen, grub mit seinen kleinen Hufen ein paar Kerben hinein und schnupperte daran.

Ich richtete eilig Sattel und Zaumzeug, die durch den Sturz verrutscht waren, und schwang mich auf seinen Rücken.

Sein Verhalten beunruhigte mich und ich hatte nicht die Absicht, nachdem ich diesen Sturz größtenteils unbeschadet überlebt hatte, mich einem Raubtier in den Rachen zu werfen.

Doch es war kein Raubtier, das jetzt seine Stimme ertönen ließ: „Gebieter! Gebieter, seid Ihr hier? Gebt ein Lebenszeichen, wenn Ihr mich hört!“

Diese Stimme kannte ich! Das war der Hauptmann meiner Garde. Er wagte es, mir nachzureiten und so nach mir zu brüllen, als sei ich ein kleines Balg? Welch unerhörte Frechheit!

Am liebsten hätte ich meinen Hengst herumgerissen und wäre über die Hügel weiter geflohen, bis mich niemand finden konnte, doch da war er schon über die Erhebung hinweg und hatte mich erblickt.

Das sandfarbene Pferd, auf dem er ritt, war stark verschwitzt, wirkte aber nicht sehr erschöpft. Im Gegensatz zu mir schien er sein Reittier nicht verausgabt zu haben.

Wie lange war ich bewusstlos gewesen?

„Mein Gebieter!“ Er sprang vom Pferd, lief die letzten Schritte allein den Hügel hinunter und fiel vor Thaqibs Beinen auf die Knie. „Mein Gebieter, ich fürchtete bereits, dass Euch etwas zugestoßen sei. Ich richte meine Gebete in ewiger Dankbarkeit an den Herrn dafür, dass Er Seine schützende Hand über Euch gehalten hat.“

„Du wagst es tatsächlich, mich zu verfolgen? Und das nachdem du mich belogen hast? Was erlaubst du dir?! Nichtswürdiger!“ Ich begann mich so sehr in Rage zu reden, dass ich vollkommen vergaß wo ich war und weshalb. Ich ließ einfach nur meiner Wut und meiner Angst freien Lauf. Schmetterte alles, was ich hatte auf den Rücken des Dienenden. „Winde dich im Staub, wie die Würmer, die mehr Ehre im Leib haben, als du! Nicht einmal den Schwerthieb des Scharfrichters bist du wert! Geschweige denn das Essen, das du jeden Tag von den königlichen Vorräten bekommst!“ Eigentlich schrie ich nur noch, weil ich schreien musste. Ich musste mir Luft machen, um nicht an meiner Panik zu ersticken. „Geh mir aus den Augen! Sollte ich dein Gesicht jemals wieder erblicken, so werde ich dir die Augen und Ohren zerstechen und die Zunge rausreißen lassen und dich dann zurück in die Wüste schicken!“

Der Mann kauerte auf dem Boden vor den Hufen meines Pferdes. Starr und unbeweglich und ließ meinen Wutausbruch ohne eine einzige Regung über sich ergehen. Selbst als ich geendet hatte, blieb er dort.

Seine Unwilligkeit vor mir im Staub zu kriechen und um Gnade zu winseln, machte mich noch wütender. Ich hieb meine Fersen in die Rippen meines Pferdes, wollte, dass Thaqib ihn zertrampelte, aber der Hengst sprang lediglich vor Schreck ein Stück vorwärts, um dem am Boden liegenden Körper im nächsten Moment mit einem weiteren Satz auszuweichen.

Ich schrie auf und hätte am liebsten auch auf meinen treuen Begleiter eingeschlagen, aber dann konnte ich mich wieder zur Ruhe zwingen.

„Hauptmann meiner Leibgarde! Führ mich zurück zur Karawane, dann sehe ich davon ab, dich bei unserer Ankunft in Ar Riyad hinrichten zu lassen.“

„Ich danke Euch für Eure überirdische Gnade, mein Gebieter, doch ich muss ein weiteres Mal um Vergebung bitten: Die Karawane hat sich aufgelöst, um in kleinen Gruppen zwischen den Hügeln Schutz zu suchen.“ Er richtete sich langsam auf und kam auf die Füße. „Ich kam her, um Euch zu warnen und Euch bei der Suche nach Schutz nicht im Stich zu lassen.“

Gerade wollte ich etwas erwidern, als ich das Brüllen eines Kamels hörte. Verwirrt wandte ich mich um und starrte in die Richtung, aus der ich das Tier gehört hatte.

Es schritt gemächlich über einen Hügelkamm, auf seinem Rücken eine Gestalt, die ich sofort wieder erkannte: Der unverschämte Fremde vom Morgen.

Ein Grinsen lag auf seinen Lippen, die nicht, wie sonst bei den Karawanenführern üblich, von Tüchern verhüllt waren.

„Na endlich. Ich hatte schon gefürchtet, dass ihr eure Pferde zu Schunden geritten hättet.“

Am liebsten hätte ich ihm seine Zähne aus dem unverschämten Schandmaul schlagen lassen.

„Ihr befindet Euch genau auf dem Kurs des Winddämons, also folgt mir. Hier in der Nähe gibt es eine Höhle, die groß genug für uns alle ist.“ Er ließ sein Kamel wenden und schaute sich nach uns um.

Trotzig starrte ich ihn an und machte keine Anstalten, ihm zu folgen. Er wagte es doch tatsächlich MIR zu befehlen! Am liebsten hätte ich ihn augenblicklich hinrichten lassen, aber der Hauptmann war als einziger meiner Leibgarde bei mir und somit zu schwach, um diesen Befehl auszuführen.

„Was ist? Wollt Ihr dort Wurzeln schlagen? Glaubt ihr, dass euch der Winddämon auf diese Weise verschonen wird?“

Der Hauptmann warf mir einen kurzen Blick zu. Ich weiß nicht mehr genau, was ich damals dachte, als ich in seine entschlossenen Augen sah. Aber jetzt, wenn ich mich an diesen Blick erinnere, dann frage ich mich, wieso ich nicht in diesem Moment schon etwas geahnt habe.

Ich gehorchte dem fremden Mann und ließ Thaqib hinter dem großen Kamel hertrotten.

Die beiden – der Mann und sein Reittier – führten uns durch die hügelige Landschaft ohne ein Wort zu sagen oder sich auch nur einmal nach uns umzublicken. Er wusste, dass wir folgten, und das steigerte meinen Zorn nur noch mehr.

Eigentlich wollte ich in die entgegen gesetzte Richtung davon reiten, um zu zeigen, dass ein dahergelaufener Karawanenführer mir nichts befehlen konnte, aber meine Angst hielt mich von solcherlei trotzigen Dummheiten ab.

Der Wind frischte auf, bis unser aller Gewänder und die Mähnen der Pferde wild flatterten.

Das Heulen und Kreischen des Winddämons toste durch meine Ohren und jedes Mal, wenn ich mich zur Seite drehte, dann war er ein ganzes Stück näher herangekommen.

Mit jeder Meile, die zwischen uns und dem mächtigen Wesen dahin schmolz, zweifelte ich immer mehr daran, dass wir rechtzeitig Schutz finden würden, doch da verschwand unser Führer plötzlich in einer Bodensenke vor einem Hügel aus Felsgestein.

Zunächst glaubte ich, als er von seinem Kamel sprang, dass der dunkeläugige Mann verrückt wäre und allen Ernstes glauben würde, dass eine bloße Senke uns vor dem Wüten des Dämons schützen würde, doch auf den zweiten Blick entdeckte ich, dass er auf dem Erdboden nach etwas suchte.

Er scharrte mit den bloßen Händen im Lehm und legte nach einer Weile eine Steinplatte frei, die in den Boden eingelassen war. Um einen Henkel, der sich am einen Ende der Platte befand, band er ein Seil aus den Satteltaschen seines Kamels. Er zog daran mit aller Macht, um die Platte anzuheben, aber er war nicht stark genug.

Sein Blick richtete sich vorwurfsvoll an mich und den Hauptmann und er schrie uns an: „Was steht ihr da so herum? Helft mir, wenn ihr nicht vom Winddämon verschlungen werden möchtet!“ Die Worte wurden vom Wind weggerissen und so stark verzerrt, dass ich sie kaum verstehen konnte.

Erbost funkelte ich ihm entgegen. „Wie kannst du es wagen!?“

Doch auch meine Worte ergriff der Wind, sobald sie meinen Lippen entschlüpft waren, und wirbelte sie mit sich davon.

Die Stimme des Fremden ertönte durch den Lärm. „Was habt Ihr gesagt, Gebieter? Ich habe Euch nicht verstanden!“ Sein gehässiges Grinsen verriet mir, dass er mich sehr wohl verstanden hatte.

Ich schwor mir: Wenn ich dies jemals mit heiler Haut überstehen sollte, dann werde ich dafür sorgen, dass er schreckliche Qualen erleiden wird.

Ein Nicken meinerseits und der Hauptmann eilte dem Todgeweihten zur Hilfe, während ich bei den beiden Pferden und dem Kamel stehen blieb und den beiden Männern zuschaute, wie sie mit vereinten Kräften die Steinplatte aus ihrer Fassung lösten. Zum Vorschein kam ein Rad mit mehreren Griffen, an dem die beiden zu drehen begannen.

Es knirschte laut, selbst durch den Sturm hindurch, doch außer ein paar merkwürdigen Geräuschen, die ich durch den Lärm nicht identifizieren konnte, geschah zunächst gar nichts.

Plötzlich knirschte es noch lauter und mit einem Schaben öffnete sich ein hoher Spalt im Fels, der breiter und breiter wurde, bis er schließlich breit genug war, um selbst das Kamel hindurch zu lassen.

„Geht hindurch!“, hörte ich einen der beiden Männer schreien.

Einen Moment zögerte ich – das undurchdringliche Dämmerlicht dahinter war mir sehr unheimlich – bevor ich all meinen Mut zusammennahm und mit den beiden Pferden am Zügel durch die Öffnung schritt.

Hinter mir folgte der Hauptmann. Der Fremde hatte die Steinplatte wieder an ihren Platz zurückgelegt und das Seil gelöst und war jetzt damit beschäftigt den Lehm notdürftig wieder darüber zu schütten.

Die Schatten umhüllten mich.

Ich tastete mich vorsichtig voran, mit den Füßen über den Boden schlurfend und die Hände mit den Zügeln nach vorne gestreckt. Irgendwann stieß ich gegen eine schräge Wand, der ich weiter nach links folgte. Hinter mir scharrten die Steinwände über den Boden, als sie sich wieder schlossen.

Nur noch die Schritte von Menschen, Pferden und dem Kamel und das nervöse Schnauben der Tiere waren zu hören.

Ich weiß nicht mehr wie lange ich mich an der Wand entlang tastete, aber es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis sich der Gang plötzlich weitete und ich vermutete in einer Höhle zu stehen.

Muffige Luft war hier, stickig und schwer. Wahrscheinlich kam hier unten kaum ein frischer Windhauch an.

Ein leises Rascheln von Stoff, ein Stück vor mir!

„Wer ist da?“ Keine Antwort. „Ich bin der Sohn des Sheik Nazran al Shari! Gib dich zu erkennen, oder ich werde dich von meinen Begleitern töten lassen!“

Wieder blieb alles still.

„Ich werde dich töten lassen!“ Kam mir das nur so vor, oder klang meine Stimme tatsächlich schrill und verängstigt?

Doch ich kam nicht mehr dazu, mich darüber zu ärgern, denn plötzlich hörte ich, wie das Etwas vor mir einen Satz machte, dann spürte ich einen Stoß und ein brennender Schmerz explodierte in meiner Schulter.

Die Pferde bäumten sich panisch auf und rissen sich wiehernd los.

Ich glaube, ich habe geschrieen, während ich zu Boden stürzte und das Bewusstsein verlor.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Eri-chan
2008-07-10T20:55:12+00:00 10.07.2008 22:55
Bitte schreib schnell weiter ist doch gerade sooooooooooooooooooooooo Spnnend ich würde mich freuen wenn es weiter geht schick mir dann doch bitte eien ENS ^^

LG Eri
Von:  knoedelchen
2007-09-03T05:13:34+00:00 03.09.2007 07:13
...*erstaunt ala anguck*...*anpiekz* KIAI~...x,3
öhm...wie auch immer...xD
Nya~ wie ich schon gesagt habe, ich mag es wirklich sehr...aber...deine Cliffys...>___<"""
>„Ich werde dich töten lassen!“<...das klingt seeeehr gefährlich...*lolz*
wie dem auch sei, schönes kapitelchen und bis...zum nächsten! X3
lg knoedelchen
Von: abgemeldet
2007-07-09T18:40:39+00:00 09.07.2007 20:40
Ich muss zugeben, dass ich thriumphierte, als der Hauptcharakter ohnmächtig wurde. Ich finde ihn wirklich enorm unsympatisch. Der Karawanenführer hingegen ist mir dafür umso sympathischer.

Die Idee mit dieser Höhle gefällt mir, das erzeugt massig Spannung^^
Von: abgemeldet
2007-07-07T15:30:03+00:00 07.07.2007 17:30
klasse! macht echt spaß! vor allem die hauptfigur ist super! so ein richtiges stolzes muttersöhnchen, aber irgendwie liebenswert! die story ist superspannend aufgebaut und mir gefällt es vor allem, dass du mich mit den cliffhangern bei der stange hälst!
ach ja, ich liebe wüstengeschichten! leider hab ich selbst zu wenig ahnung davon um das so gut hinzukriegen...
weiter so!
Von:  Allmacht
2007-07-05T04:52:58+00:00 05.07.2007 06:52
Hi!
Erst mal danke für die Benachrichtigung. Ich hätte das neue Kapitel sonst wirklich übersehen.
Wirklich nicht übel. Ich finde das Kapitel sogar ziemlich gut. Alles ist ziemlich mysteriös gehalten. Armer Saleem. Ich bin gespannt, was jetzt schon wieder los ist.
lg Jemma
Von:  Momi
2007-07-04T19:25:32+00:00 04.07.2007 21:25
wow net schlecht^^
ma wieder cliffhanger XD
bin ma gespannt, was als nächstes passiert^^
irgendwie hat der "mysteriöse" mehr ähnlichkeit mit einer person, der ich eigentlich eine andere rolle zugedacht hatte XD
(du weißt? ^.~)
und wie gesagt saleem hat sich schön aus seiner melancholischen uke rolle befreit und wird ein richtiges brat XD
aber nichtsdestotrotz hat auch das charme und ich warte mal ab wie es weiter geht^^
das mit dem Unterschlupf erinert mich n bissl an ali baba und die 40 räuber XD
nur halt ohne sesam^^°
naja bis zum nächsten kapitel^^-


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