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Raftel (1)

When Spirits Are Calling My Name ...
von

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24 - Auf der Donnerebene

Die Dreiergruppe ahnte von den ganzen Problemen um und auf der Sunny nichts. Auch dass Smoker ihnen wieder dicht auf den Fersen war, blieb ihnen verborgen. Vermutlich war dieses Informationsloch auch gar nicht so verkehrt. So mussten sie sich damit nicht unnütz belasten. Tagelang waren sie geradeaus nach Norden marschiert, doch sie hatten nicht das Gefühl, der Donnerebene auch nur ein Stück näher zu kommen. So weit das Auge reichte, waren leichte Sanddünen in allen Rotschattierungen um sie herum. Die Umgebung hatte wahrlich Ähnlichkeiten mit Arabasta, nur war der Sand dort gelb und nicht rot. Außerdem war es hier nicht kochendheiß, sondern recht kalt, was das Rentier glücklich machte. So kamen sie recht gut voran bis auf die Tatsache, dass Usopp bereits am zweiten Marschtag seine „Sandallergie“ bekam und unbedingt getragen werden wollte. Da Zoro das Gezeter nicht länger ertragen wollte, schulterte er den Lügner kurzerhand und schleppte ihn mit sich. Diese Trageposition war allerdings für den Scharfschützen noch unbequemer als zu laufen und schon kamen von der Quasselstrippe die nächsten Beschwerden, was der Schwertkämpfer lediglich mit einem sofortigen Abwurf ohne Vorwarnung während des Gehens quittierte. Der Kanonier schimpfte wie ein Rohrspatz, als er sich aus dem Sand rappelte und den Staub aus der Kleidung schlug. Aber er konnte damit bei seinen Mitstreitern keinen Eindruck hinterlassen, die unbeeindruckt durch die Wüste weiterstapften.

Als sie wieder einmal so daher von Düne zu Düne gingen, stellte Chopper eine Frage in den Raum, die bei Usopp zu einem Fragezeichen und bei Zoro zu Unbehagen führte. „Hast du das in der Zeitung gelesen? Das hat sie nicht verdient. Sie tut mir leid!“

Zoro dachte darüber nach, wie um Himmels Willen das Rentier nun ausgerechnet auf dieses Thema kam, denn er war froh gewesen, dass es beendet schien. Natürlich war es nicht geplant gewesen, dass Tashigi zum Dank für ihre Hilfe in solchen Problemen steckte und obendrein mit einem Fluch belegt worden war, aber sie hatte sich ihnen gegenüber wortlos dazu entschieden, in Loguetown zu bleiben. Nun müsste sie selber zusehen, wie sie klar käme. Andererseits musste er sich den Schuh anziehen, dass sie niemals ohne ihn in dieser prekären Lage stecken würde. Eigentlich konnte es ihm sowieso vollkommen egal sein, was aus ihr werden würde. Sie war nervig, zickig, launisch, naiv, schusselig ... Eigentlich fielen ihm nur negative Eigenschaften über sie ein. Er wusste selbst nicht, weshalb er ihr angeboten hatte zu bleiben oder warum sie immer wieder mal durch seine Gedankengänge kroch. Eingeladen hatte er sie dazu garantiert nicht. Irgendein Puzzelteil fehlt einfach. Und er hatte auch bereits über die Vorstellung nachgedacht, wenn sie tatsächlich mitgekommen wäre. Ein Dauerzustand wäre es sicherlich nicht gewesen. Die Antwort auf ein „Was-wäre,-wenn“ war einfach zu komplex und zu kompliziert, weshalb er das Problem vor sich herschob, was aber auch nicht sonderlich befriedigend war. Früher oder später tauchten Probleme von ganz allein wieder an der Oberfläche auf und drängten sich dann wuchtiger als zuvor in den Vordergrund. Das wusste er aus Erfahrung.

Mit gesenktem Kopf trottet Chopper zwischen seinen beiden Begleitern daher. Während Zoro mit verfinsterter Miene dem Rentier eine Antwort schuldig blieb, begann nun Usopp neugierig zu löchern, auf welche Person sich diese Aussage bezog. Chopper wollte es dem Kanonier erklären, doch der Schwertkämpfer blaffte ihn an, dass es Usopp nichts anginge, denn er würde eh zuviel ausplaudern. Natürlich konnte der Scharfschütze solch eine Anschuldigung nicht auf sich sitzen lassen und beschwerte sich lauthals, zumal sich der Schwertkämpfer sehr selten in dieser Form gegenüber Crewmitgliedern äußerte.

Der kleine Arzt hörte sich eine ganze Weile die Vorwürfe von einem zum anderen über seinem Kopf an, doch dann wurde es ihm zu bunt. Er wollte sich schon in diesen Streit einmischen, als ein Blitz vom Himmel heruntersauste und mitten vor ihren Füßen einschlug. Der sofortige Donnerhall machte sie fast taub. Der Schreck saß so tief, dass sich Usopp und Chopper im nächsten Augenzwinkern hinter Zoro versteckten und beide schrien, Enel persönlich wäre auf die Erde zurückgekehrt. Die beiden waren derart in Panik, dass der Schwertkämpfer Mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten, denn die Klammergriffe der beiden waren mehr als knochenbrechend und eine Herausforderung an seinen Gleichgewichtssinn. Er beschimpfte die beiden Feiglinge und blickte dann gelassen mit verschränkten Armen voraus.

Vor ihnen erstreckte sich nun also die Donnerebene. Früher musste es einmal ein Wald gewesen, denn überall sah man noch vereinzelte Baumleichen und Baumstümpfe wie Fingerzeige drohend emporragen. Sie alle waren aschgrau bis schwarz verkohlt, ebenso der Erdboden, der nur noch Sand, Stein und Asche war. Die Blitzeinschläge hatten alles vernichtet, was hier jemals eine Vegetation ausgemacht hätte. Es war durch die Gewitterwolken pechschwarz, dennoch regnete es keinen Tropfen vom Himmel. Nur die pausenlosen Blitze erhellten für Sekunden die Landschaft und verliehen allem in eine gespenstische Note. Zudem war es ungewöhnlich windstill. Der Donner gab einem das Gefühl, sein Gehör zu verlieren und wahnsinnig zu werden. Es war nur seltsam, dass sie das Unwetter nicht zuvor bemerkt, sondern von einer Sekunde auf die andere plötzlich mitten drin waren. Eine Weile beobachteten sie das Gebiet und dann verstanden sie. Es war kein Wunder, dass sie das Gebiet nicht einfach so erreichen konnte, denn es war einriesiges Unwetter, dass sich permanent verlagerte. Und eben kam es etwas näher in ihre Richtung. Der Scharfschütze schoss ein Leuchtfeuer in den Himmel. Für ein paar Minuten erhellte es die Gegend, doch so weit das Auge reichte war da nichts außer der trostlosen verbrannten Erde. Sie waren ratlos, wohin sie nun gehen sollten, bis der kleine Arzt die Vermutung aussprach, er hätte etwas gewittert. Jedoch war er sich nicht exakt sicher und wandte sich an Zoro, ob dieser nicht irgendetwas aufspüren könnte. Der Angesprochene legte nachdenklich den Kopf leicht schief. In der Tat war dort etwas, aber es war zu weit weg und zu verschwommen, um etwas genaueres beurteilen zu können. Sie hatten jedoch keine andere Wahl und gingen in die vermutete Richtung in der Hoffnung, sich irgendeiner Zivilisation zu näheren.

Die verkohlte Vegetation und das grell flackernde Licht der Blitze machte ein Vorwärtskommen fast unmöglich. Sie stolperten immer weiter und weiter. Bald sahen sie von der Asche aus wie Schornsteinfeger nach Feierabend und ihre Augen brannten vom Staub und vom Licht. Je mehr sie in dieser Einöde herumirrten, desto mehr Allergien und Krankheiten konnte Usopp vorlügen, doch bei einem Arzt wie Chopper hatte er einfach keine Chance, Mitleid und Aufmerksamkeit zu erhaschen. Der kleine Arzt hingegen versuchte sich seine Angst nicht anmerken zu lassen, obwohl er bei jedem Blitz zusammenzuckte als hätte man ihm Stromschläge verpasst. Plötzlich blieb Zoro mit einem Ruck stehen, löste mit dem Daumen eines seiner Schwerter fingerbreit aus der Saya und starrte mit gekniffenen Augen in die gespenstische Gegend. Seine beiden Begleiter wussten nur zu gut, was diese bedeutete: Der Schwertkämpfer hatte Gefahr bemerkt. Er bestätigte dieses auch sofort: „Irgendwer folgt uns schon seit gut einer Stunde!“

„Was?! Das sagst du erst jetzt?“ fuhr in Usopp erschrocken an, doch Zoro machte sich mit einem Nebensatz, dass diese Problem in Kürze erledigt wäre, auf den Weg und war wegen den Lichtverhältnissen nicht mehr zu sehen. Ungläubig starrten der Arzt und der Kanonier ihrem Mitstreiter nach. Das Rentier brüllte ihm wütend und schimpfend hinterher, wie er sie einfach so hier stehen lassen könnte, doch es nutzte nichts. Viel schlimmer war aber die Tatsache, dass sie sich nun verloren hatten. Beim nächsten Donnerschlag schrien sie auf und umklammerten sich panisch gegenseitig: „Zooooooooorrrrrrrrrrrrrrrooooooooooo!!!!“

Die beiden Angsthasen waren nun vollkommen allein und auf sich gestellt. Das Rentier heulte rum, wie Zoro ihnen so was nun mal wieder antun könnte, doch letztendlich beschlossen sie, Choppers stärker werdenden Witterung zu folgen. Sie hofften, eine Unterkunft zu finden und das der Schwertkämpfer sie vielleicht dort finden würde, wenn er nicht ganz blöde wäre und den Gefühlswellen folgen würde. Das Rentier baute darauf, dass die Hoffnung zu letzt sterben würde und der Kanonier ergänzte sarkastisch, dass die Hoffnung bekanntlich grün wäre. Da mussten sie lachen und sputeten sich, endlich aus dieser Gegend zu entkommen.

Tatsächlich hatten sie Glück. Obwohl sich ihr Weg dahin zog wie Kaugummi, tauchte unerwartet ein kleines Häuschen auf. Es hatte eine merkwürdige Form, denn es sah aus, wie eine umgedrehte Reisschüssel. Direkt daneben stand ein hoher Mast aus Metall, dessen Bedeutung sich die beiden Piraten nicht erklären konnten. Beim Näherkommen stellten sie fest, dass ein schmaler, aber gepflasterter Weg an dem Haus vorbeiführte. Ein altes vergilbtes Schild, welches über der Tür schief hing, gab weitere Auskunft. „Am Blitzableiter. Pension und Warenhandel“, las Usopp laut vor. Sie atmeten tief durch und klopften an der großen schweren Holztür. Sofort öffnete sich ein kleines Guckfenster in der Tür und eine tiefe Stimme fragte: „Reisende oder Räuber?“

„Reisende!“ schwindelte Usopp schnell, denn er wollte endlich ein Dach über dem Kopf haben und Chopper sah es ähnlich. Die Tür wurde geöffnet und ihnen Einlass gewährt. Der Raum war recht klein, bot nur Platz für zwei runde Esstische mit Bestuhlung und einem Tresen, der sowohl zum Handeln als auch Trinken genutzt werden musste. An der Rückwand gingen Regale mit den unmöglichsten Waren bis an die Decke. Nur eine kleine Tür zum Privat- und Gästebereich unterbrach die Regalwand. Der Inhaber war ein kleiner Mann, der gerade man Choppers Chibi-Körpergröße erreichte und man unter einer druidenähnlichen Kutte nicht erkennen konnte. Lediglich seine lange Gurkennase ragte unter der Kapuze hervor. Er schien recht abgebrüht zu sein und antwortete knapp, aber zufriedenstellend. Der große Mast wäre ein Blitzableiter. Daher wäre sein Haus schon seit Jahrzehnten vom Unwetter verschont worden. Es würde manchmal nur arg krach, dass einem der Lärm aus dem Bett und das Essen vom Teller fallen ließe, aber man gewöhne sich bald daran. Zur Bestätigung krachte es in diesem Moment derart laut, dass die Regale samt Inhalt bedrohlich klapperten. Usopp konnte tatsächlich ein paar Berri zusammenkratzen. Es reichte gerade mal für eine warme Mahlzeit und eine Übernachtung, doch der Wirt gewährte ihnen Rabatt, denn in letzter Zeit kämen nicht oft Händler diese Straße entlang, die eine Verbindung zwischen Wanane und dem gesuchten Haus der Stille wäre. Der kleine Arzt freute sich sehr. Endlich hätten sie einmal Glück gehabt, dass sie auf dem richtigen Weg wären. Zum Dank für die guten Nachrichten übergab er dem Wirt noch einen extragroßen Topf von seiner hervorragenden Heilsalbe und untersuchte noch kostenlos dessen Rückenleiden. Im Gegenzug willigte der Händler ein, dass der noch fehlende Dritte der Gruppe ebenfalls übernachten könnte. Nun hieß es abwarten. Sie saßen alle am Tresen, tranken und klönten und gingen spät zu Bett. Der Händler schmunzelte, denn längst hatte er mitbekommen, dass hier keine normalen Reisenden in sein Haus eingekehrt waren. Die beiden waren Strohhutpiraten auf einer interessanten Mission. Das würde er weitermelden. Er verschwand in seinem Kämmerlein und Griff zur DenDenMushi.
 

Natürlich war es Zoro nicht entgangen, dass er seine Begleiter verloren hatte. Doch es kümmerte ihn nicht, immerhin war dieses nichts Neues und am Ende waren sie sich dann doch wieder alle über den Weg gelaufen. Zudem wusste er diesmal, wo sie waren. Er konnte es fühlen, auch wenn sich die beiden immer mehr zu entfernen schienen, denn ihre Wellen wurden schwächer.

Aber erst einmal waren die beiden nebensächlich. Der Feind turnte hier irgendwo durchs Unterholz und tarnte sich darüber hinaus verdammt gut. Zumal schien dieser längst bemerkt zu haben, dass Zoro ihn suchte. Das Blitzlichtgewitter und die schwarze Umgebung machten es dem Schwertkämpfer nicht leicht, den Feind zu finden. Mit der Hand an den Schwertgriffen stapfte er dorthin, wo er die Gefühle des anderen lokalisierte und das war nicht einfach. Da waren so viele Gefühle durcheinander gewirbelt, dass er zuerst dachte, es hätte sich um mehrere Personen gehandelt. Doch nun war er sich ziemlich sicher, dass es tatsächlich eine Person sein konnte, die ihm erst einmal ein bitterböses Gemisch aus Wut, Traurigkeit und Hilferuf verriet. Er hasste es, so hinter dem Feind hinterher rennen zu müssen. Was wollte diese Gestalt? Wenn sie Ärger suchen würde, dann hätte sie schon längst angegriffen. Auch ein Kopfgeldjäger hätte sich ihm längst in den Weg gestellt. Dieses war aber nicht der Fall. „Es könnte ein Spion sein“, überlegte sich Zoro, denn wer sollte sonst so ein verdecktes Interesse haben? Er wurde dennoch das Gefühl nicht los, dass hier etwas oberfaul war. Denn einerseits suchte die Gestalt das Weite, andererseits blieb sie stets auf einem Sicherheitsabstand in seiner Nähe wie ein Schatten. Plötzlich spürte er die Nähe sehr stark und beim nächsten Blitzlicht sah er die sehr dürre Gestalt in einem engen, helleren Ledermantel um den nächsten verkohlten Baum hetzen. Gefunden! Grinsend zog Zoro zwei seiner Schwerter und ging langsam auf den Baum zu, im das Geheimnis lüften zu können

Als er um den Baum ging, sah er etwas Aufblitzen und eine Sekunde später krachten seine Schwerter gegen ein anderes. Beim nächsten Schlag schlug er ins Leere, denn die Gestalt war wieder hinter dem nächstbesten Baum verschwunden. Wortlos und kampflos. Zoro war für den Moment verblüfft. Diese Geheimniskrämerei war äußerst bizarr. Die Person wollte demnach um keinen Preis erkannt werden, hatte aber wohl ein ernsthaftes Anliegen. „Schluss mit lustig!“, sagte er zu sich selbst und folgte den Mantelträger, dem er ohne Warnung den nächsten Angriff entgegenpfefferte. Doch wieder wurde seinen Attacke wie die Vorherige pariert, obgleich sie um einiges heftiger war als die Erste. Er startete noch einen Schlag und wieder wurde er pariert: Gleiche Parade, gleiche Technik. Im Lichtflackern sahen ihre Bewegungen stockend aus wie die eines Roboters, aber der Schwertkämpfer hatte trotzdem eine wichtige Beobachtung gemacht. Entweder war der Mantelmann ein verdammt guter Schwertkämpfer oder er beherrschte nur diese eine Verteidigung. Vermutlich traf letzteres zu, denn die Gestalt hatte Mühe, Zoros Kraft standzuhalten und hatte zudem eine sehr schlechte Beinarbeit. Wenn sie weiterhin ihre Füße so auf den Boden stellen würde, dann würde sie gewiss einmal über ihr rechtes Sprunggelenk wegknicken. Zoro wusste dieses nur zu gut, denn Koushirou hatte ihm Dutzend Male die Fußstellung bei dieser Abwehrtechnik erklärt, aber von Natur aus, setzte man die Füße als Anfänger jedes Mal falsch. Eigentlich war diese Technik einmalig auf der Welt und Koushirou lehrte sie auch nicht jedem. Es dämmerte Zoro, dass hier vor ihm nur jemand sein konnte, der jemals bei seinem alten Lehrmeister im Dorf Shimotsuki Unterricht genossen haben musste. Wie dem auch wäre: Die Technik war nun durchschaut und konnte daher schnell ausgehebelt werden. Er kreuzte seine Katana und schlug diesmal in einem anderen Winkel zu. Es kam, was er geahnt hatte, denn unter der Wucht flog nicht nur das gegnerische Katana zu Boden, sondern der Mantelträger knickte über den rechten Fuß weg und landete ebenfalls wie schon das Schwert seitlich im Aschestaub. Mit gesenktem Kopf, aber immer noch tonlos saß die Person nun dort unten und regte sich lange Zeit keinen Millimeter.

„Ich habe schon wieder verloren...“ erklang dann eine wohlbekannte weibliche Stimme recht kläglich zu ihm empor. Er steckte seine Schwerter weg und antwortete trocken: „Erwartungsgemäß.“ Da ballte sie ihre Hände zu Fäusten, bohrte sie wütend in den Boden und begann dann wie ein Schaufelradbagger den Dreck vor Zorn gegen ihn hoch zu schmeißen. „ICH HASSE DICH!“ brüllte sie so gellend, dass sich dabei ihre Stimme überschlug. Unbeeindruckt stand er mit verschränkten Armen vor ihr und blickte auf das Häuflein Elend herab. Sicherlich machte es ihm keinen Spaß, von ihr mit Staub und Dreck beschmissen zu werden, aber er war etwas ratlos, denn ihre Worte klangen anders, als das was sie eben gefühlsmäßig durchmachte und ihm unbewusst mitteilte. Sie war kurz davor, einen Nervenzusammenbruch zu bekommen.

„Hör’ auf! Was soll das?“ fragte er sie barsch und hockte sich zu ihr herunter, wodurch er natürlich die nächste Ladung Dreck ins Gesicht bekam, denn sie dachte nicht daran, aufzuhören. Wütend packte er grob ihre Handgelenke. Vor Schmerz schrie sie auf und wie aus heiterem Himmel wandelte sich die eben noch wütende Frau in ein Nervenbündel voller Panik. Blind vor Angst versuchte sie sich mit allen Mitteln zu befreien, dabei trat sie wild um sich und Zoro musste einige herbe Tritte ertragen. Er war nun vollkommen hilflos, denn diese Panik war keineswegs gespielt, sondern die pure Realität. Was zum Teufel war nur mit ihr los? Chopper hatte ihm einmal berichtet, wenn man Lebewesen nur lange genug fixieren würde, dann würden sie sich beruhigen und kapitulieren. Das war ein reiner Selbsterhaltungsmechanismus, um physisch nicht zu kollabieren. Also drückte er sie rücklings auf den Boden und hielt sie fest. Dabei flüsterte er immer wieder ihren Namen. Tatsächlich trat schneller als erwartet der gewünschte Effekt ein, doch nun wimmerte sie und stammelte unvollständige Sätze ohne Zusammenhang. „Lass los! Ich will das nicht! Bitte, bitte ...!“

Zoro war ernsthaft der Verzweiflung nah. Gedanken konnte er nicht lesen, aber als er trotz der zuckenden Blitze für einen kurzen Moment in ihre seelenlosen Augen sah, kam ihm ein übler Verdacht. Sofort ließ er sie los und sie rollte sich ganz klein zusammen.

Und nun? Stunde um Stunde harrten sie so aus. Zoro saß immer noch an Ort und Stelle und Tashigi lag noch immer zusammengekrümmt mit dem Rücken zu ihm, war aber verstummt und ein einziger, seelischer Trümmerhaufen. Sie konnten nicht ewig hier bleiben. Chopper und Usopp würde sicher schon irgendwo ungeduldig warten.

„Na los, wir müssen weiter!“ unterbrach er die Situation.

„Das ist mir egal!“ kam es gleichgültig von ihr.

„Mir aber nicht.“ sprach er ruhig, erhob sich und zog sie dann ebenfalls hoch, auch wenn diese Art sicherlich nicht die Netteste war. Auf wackligen Beinen stand sie nun nahe bei ihm und hatte wieder den Blick zu Boden gesenkt, als ob sie sich für irgendetwas schuldig fühlte. „Es tut mir leid! Ich bin schuld, dass ...“, murmelte sie und suchte nach weiteren Worten.

„Ich weiß nicht, was du meinst“, sagte er ihr leise, um sie zu beruhigen. Was besseres fiel ihm einfach nicht ein, worüber er sich ärgerte. Gefühlsduseliges Kummerkastengefasel war bisher nie seine Welt gewesen.

Da brachen plötzlich alle Dämme in ihr. Sie ließ sich nach vorne fallen, umarmte ihn und heulte hemmungslos. „Ich hab’ soviel Schlechtes erlebt... Wo warst du?“ schluchzte sie.

Ohne zu Wissen, ob es nun richtig oder falsch wäre, legte er reflexartig seine Arme um sie und zog sie noch etwas näher an sich heran. Jetzt erst merkte er trotz des dicken Mantels, dass sie abgemagert war und die hochgeschobenen Mantelärmeln gaben den Blick auf unzählige blaue Flecke, Abschürfungen und Quetschungen frei. Er strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und lehnte dann seinen Kopf an ihren. Es war merkwürdig, denn noch vor ein paar Wochen wäre diese Szene undenkbar gewesen. Nun suchte sie Trost und gestand ihm sogar nur durch ihre Gefühlswellen unbewusst, dass sie ihn liebte. Er schloss die Augen und genoss das seltsam anmutende Gefühl, geliebt zu werden, denn es war ihm auf diese Art und Weise bisher fremd gewesen. Unvorstellbar! Ausgerechnet sie! Doch war es richtig? Er konnte sich selbst diese Frage nicht beantworten, daher hielt er es für besser, es bliebe alles wie vorher.

Sie standen noch lange stumm Arm und Arm in dieser trostlosen Gegend von zuckenden Blitzen und ohrenbetäubenden Donner. Doch irgendwann machten sie sich auf den Weg dorthin, wo er seine Mitstreiter spürte.
 

Nach gut einer Stunde Fußmarsch erreichten sie das skurrile Haus „Am Blitzableiter“. Der Wirt musste durch das Geplauder der beiden Piraten gut informiert gewesen sein, denn er nannte Zoro beim Namen, ließ ihn ein und wunderte sich, dass noch eine Frau in seiner Begleitung wäre, denn seine Freunde hätten nur von ihm als Nachzügler gesprochen. Er wies ihnen ihr Nachtlager zu, wo bereits im Zimmer schon Usopp und Chopper im Reich der Träume schnorchelten, und drücke ihnen dann noch eine Box mit Essen und Wasserflaschen in die Hände. Nach dem Protest des Schwertkämpfers wurde die Essensration um viel Sake ergänzt. Tashigi nahm von alle dem nicht mehr viel wahr. Sie war wie in Trance vor Müdigkeit neben dem Schwertkämpfer eine für sie ewig lange Strecke bis zu diesem Haus getorkelt. Sie würde sich am nächsten Morgen nicht mehr erinnern können, dass Zoro sie wieder einmal mehr den ganzen Weg getragen und dann ins Bett gesteckt hatte. Das letzte, was sie an diesem Tage spürte, war das weiche, warme und kuschelige Bett.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2007-08-24T09:01:43+00:00 24.08.2007 11:01
ich bin BEGEISTERT... echt... ist dir toll gelungen...
also dass du bei so vielen Kapiteln noch die übersicht behältst... respekt
aber irgendwie fehlt der Humor von meister oda....
vielleicht kannst du den noch ein bischen mit einbauen....
aber sonst... 1ste klasse
Von:  Soud
2007-08-20T15:15:42+00:00 20.08.2007 17:15
Oh die Stelle mit "Die Farbe der Hoffung ist grün" fand ich genial! XD
Das war echt gut!!! Und Tashigi is wieder da dass is toll!!!
Da wird sich chopper freuen! ^^
Also bis zum nächsten Kapi! ^^/
Ach und danke für die benachrichtigung!


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