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Purpur-Drachen Clan - Chroniken

A Call Of Demon
von

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Eltern

Als Saruka endlich zurückkehrte, saß Dalaea bereits wieder auf dem Bett und hatte den Brotlaib wieder in den Armen. Sie trug nun statt der alten zerschlissenen Sachen ein kurzes, weißes Kleid das die Schultern freiließ und mit messingfarbenem Gürtel ausgestattet war. In dem Gürtel waren große, metallisch blau glänzende Pailletten eingelassen. Am Ausschnitt war genau dasselbe Muster vorhanden. Zu dem Kleid gehörte eine ebenfalls weiße Kappe, die um den Kopf herum ging, nicht darüber hinweg. Auch hier war eine messingfarbene Borte angebracht und an beiden Seiten war ein schneckenförmiger blauer Schmuck, der gut mit ihrem nun wieder gelbblonden Haar harmonierte. Um den Hals hatte sie nun eine weiße Kette, an der ein blauer Stein in Messingfassung hing. Diese Sachen hatten bereit gelegen, noch bevor sie in den Badezuber gestiegen war. Sie hielt die blauen Augen, welche auch sehr gut zu ihrem restlichen Aussehen passten, geschlossen. Es gab zwar einen Spiegel in dem Raum, doch sie hatte es bisher vermieden, einen Blick hinein zu werfen. Die Tür ging wieder und Saruka kam auf sie zu. Er legte etwas neben ihr auf das Bett und machte ein erfreutes Geräusch, als er sah, dass sie die Sachen angenommen hatte. Dalaea erlaubte sich ein schwaches Lächeln.

„Du siehst bezaubernd aus.“ sagte er lächelnd.

Nun öffnete Dalaea auch ihre Augen und sah ihn an. Im ersten Moment schreckte sie leicht zurück, denn er war ihrem Gesicht sehr nahe gekommen.

„Und deine Augen… “ Er legte den Kopf schief. „Sie sind faszinierend.“

Er grinste leicht und entfernte sich wieder etwas von ihr. Dalaea atmete auf. „Danke…“ sagte sie, diesmal ehrlich und lächelnd. Dann senkte sie den Kopf wieder, denn ihre Wangen hatten einen roten Schimmer angenommen.

„Was hast du jetzt vor?“ fragte sie dann zaghaft.

Es war das erste Mal, dass sie von sich aus etwas sagte. Saruka war gerade dabei, den Proviant, den er gekauft hatte in einem Rucksack zu verstauen, ohne etwas davon zu beschädigen. Er blickte nicht auf, als er antwortete.

„Ich gehe nach Kounari.“

Kounari… das war eine große Stadt, Dalaea hatte schon von ihr gehört. Sie hörte viel, wenn sie unter einem Fenster einer Schenke versuchte, Schlaf zu finden.

„Nach Kounari…“ wiederholte sie leise.

Etwas in ihr drängte danach, mit Saruka zu gehen, Kounari zu sehen. In seiner Nähe zu sein? Was konnte passieren, wenn sie mit ihm mitging? Er könnte sie töten. Doch das würde er nicht tun. Hätte er es vor, wäre sie schon längst nicht mehr am Leben. Und missbrauchen würde er sie auch nicht, denn das hätte er ebenfalls schon lange tun können. Es konnte also nur besser werden. Sie würde Gesellschaft haben und wahrscheinlich immer etwas zu essen.

„Kann ich mitkommen?“ fragte sie nach einer Weile leise.

Saruka, der gerade einen Platz suchte, wo er die Äpfel verstauen konnte, blickte überrascht auf.

„Willst du nicht lieber hier bleiben? Meine Reise könnte gefährlich werden. Sogar zu gefährlich für mich.“

Es lag Dalaea auf der Zunge, ihm zu sagen, dass ihr das herzlich egal sei. Sollte es gefährlich werden. Jedes Abenteuer, jede Art von Gefahr war besser, als hier in Nihan herum zu streunen und zu stehlen.

„Und außerdem, was würden deine Eltern sagen, wenn du mit mir mitgehst? Würden sie sich keine Sorgen machen?“

Dalaea schüttelte den Kopf.

„Nein… würden sie nicht. Denn sie sind schon lange tot.“

Dann brach ein Damm in ihr und sie begann, Saruka ihre ganze Geschichte zu erzählen. Irgendwann fing sie an zu weinen und erzählte weiter. Saruka setzte sich zu ihr auf das Bett und legte leicht einen Arm um sie, während sie erzählte. Sie wischte sich mit dem Handrücken Tränen aus dem schönen Gesicht und lehnte sich etwas an Saruka. Immer noch erzählte sie ihre Geschichte, von Anfang bis zum Ende.
 

„Nach Kounari… Also dann, auf geht’s.“ rief Saruka grinsend und schwang sich auf das braune Pferd, dass er am Vortag erstanden hatte.

Dalaea lächelte ehrlich und kletterte hinter ihn auf das edle Tier. Dann beugte Saruka sich vor und das Pferd lief los, in Richtung Norden, nach Kounari. Dalaea schlang ihre Arme um Saruka, um nicht herunter zu fallen. Er hatte die Nacht in dem Stuhl sitzend verbracht, der in dem Hotelzimmer stand. Das Bett hatte er ihr überlassen. Sie lag noch lange wach und beobachtete ihn, bereit, aufzuspringen und wegzurennen, falls er sich ihr nähern sollte. Doch schon kurz nachdem Saruka ihr eine gute Nacht gewünscht hatte, war vom Stuhl her ein leises Schnarchen zu vernehmen gewesen. Dalaea hatte sacht gelächelt und sich fest in die Decke eingekuschelt. Sie versuchte, zu schlafen, doch ihre Aufregung und ihre Freude auf das ihr bevorstehende Abenteuer hielten sie noch lange wach. Im Osten hatten schon erste Sonnenstrahlen geschimmert, ehe sie endlich einschlafen konnte. Nun legte sie den Kopf an Sarukas Rücken und schloss die Augen. An Schlaf war bei dem scharfen Galopp des Pferdes nicht zu denken, aber immerhin würde sie etwas dösen können. Saruka hatte gesagt, es würde an die zehn Tage dauern, Kounari zu erreichen. Solange war sie mit ihm alleine unterwegs. Die Wahrscheinlichkeit, jemandem zu begegnen war auf der Route, die Saruka schon gewählt hatte, bevor Dalaea den Wunsch geäußert hatte, mitzukommen, sehr gering.

Die Reise ging ziemlich glatt und als sie am Abend das erste Mal rasteten, war das Pferd vollkommen verschwitzt und ausgelaugt. Aber es sah noch kräftig genug aus, beide Reiter noch die ganze Nacht hindurch tragen zu können. Saruka glitt leicht vom Rücken des Tieres und half dann Dalaea beim Absteigen. Er behielt dabei eine Hand auf dem Rücken des Pferdes. Als sie abgestiegen war und Saruka die Hand vom Rücken nahm, brach das Pferd bewusstlos zusammen. Dalaea riss erschrocken die Augen auf und starrte auf das Pferd.

„Was ist mit…“

Saruka hob eine Hand, um ihr das Wort abzuschneiden. Seine Augen zeigten leichte Spuren von Rot.

„Keine Angst, es ist nur erschöpft. Es wird morgen früh wieder fit sein.“

Er kniete sich neben das Pferd und rupfte ein paar Grashalme aus. Dann legte er eine Hand auf den Hals des Tieres und als es die Augen öffnete, hielt er ihm das Gras hin. Gierig schnappte das Pferd danach und kaute es hinunter. Dann begann es, von sich aus Gras zu fressen. Auch als Saruka die Hand von seinem Hals nahm, brach es nicht wie vorher zusammen, sondern fraß weiter. Er nickte zufrieden und erhob sich wieder. Dalaea stand immer noch wie angewurzelt da und betrachtete das Pferd.

„Das ist doch nicht normal…“ meinte sie leise.

„Richtig… ist es nicht.“ antwortete Saruka knapp und begann, kleinere Äste zusammen zu suchen. Dalaea rührte sich immer noch nicht. Sie starrte jetzt nicht auf das Pferd, sondern auf einen Punkt weit dahinter. Als Saruka sich mit einem Arm voller Äste zu ihr umdrehte, um zu sehen, was sie tat, erstarrte er und ließ das Holz fallen. Mirokira stand da, hinter dem Pferd, nur blass und irgendwie halb da. Sie wirkte vollkommen fertig und erschlagen.

„Saruka… wer ist das…?“ fragte Dalaea flüsternd.

Saruka gab keine Antwort, sondern ging an ihr vorbei auf Mirokira zu.

„Was ist geschehen…? Mirokira, du…“

Sie schnitt ihm mit einer barschen Bewegung das Wort ab. Dann sah sie ihm tief in die Augen und Saruka fühlte wieder ein wohliges Gefühl aus der Magengegend aufsteigen.

„Mach dir um mich keine Gedanken… Ich bin nicht mehr bei deinem Vater. Aber du bist in Gefahr. Trage Sorge für deine Sicherheit, Saruka…“

Sie sah an ihm vorbei zu Dalaea und zog die Augenbrauen zusammen. Mirokira sprach nicht weiter, sondern starrte sie an. Dann verblasste sie langsam. Kurz, bevor sie völlig verschwunden war, sah sie wieder Saruka an. Dann war es lange Zeit still.

„Dein Vater? Was ist mit ihm?“ fragte Dalaea nach einer Weile.

Saruka sah von der Stelle, an welcher Mirokira gestanden hatte, zu Dalaea. Er hatte den Kopf gesenkt und sah unter seinem Pony hervor zu Dalaea.

„Ist dir der Urfürst Hadradar bekannt?“ fragte er leise.

Dalaea schüttelte den Kopf und sah ihn erwartungsvoll an. Was für ein Name war Hadradar für einen Fürsten? Außerdem hatte sie noch nie die Bezeichnung Urfürst gehört.

„Hadradar ist ein Dämon, der Herr der Furcht. Nur wenig ist vor ihm sicher.“

Eine der geschwungenen Augenbrauen schob sich in die Höhe.

„Und was hat der mit deinem Vater zu tun?“

Er sah sie nur an und eine seltsame Härte floss über sein Gesicht. Sie nahm die Kappe ab und holte tief Luft.

„Du meinst… er ist dein…?“

„Ja.“ unterbrach Saruka sie mit einem knappen Nicken.

Dalaea riss die Augen auf und wich vor ihm zurück. Mit geschocktem Kopfschütteln schossen ihr Gedanken durch den Geist. Jetzt begriff sie, warum das Pferd solange hatte durchhalten können, warum der Bäcker von ihr abgelassen hatte… Es war, weil Saruka Hideyoshi zu einem Teil Dämon war. Was hatte er nur mit ihr vor? Würde er sie seinem Vater, dem schrecklichen Urfürsten der Dämonen überantworten oder würde er sie selber okkupieren? Sie stolperte beim Zurückweichen und fiel hin. Saruka hatte sich noch nicht weiter geregt.

„Du hast Angst vor mir, nicht wahr? Angst vor meinem dämonischen Blut… Ich kann diese Angst verstehen, denn jetzt fühle ich sie selber.“ sagte er leise. Dann nahm er den Rucksack von seinem Rücken und stellte ihn vor sich ins Gras.

„Der gesamte Proviant ist dort drin. Nimm dir, was du brauchst, um zurück nach Nihan zu kommen. Ich werde dich nicht behindern oder aufhalten.“

Mit diesen Worten drehte er sich um und ging langsam in den Wald. Seine blaue Rüstung wurde dunkler, je tiefer er in den Wald ging. Nach einigen Schritten war er vollkommen verschwunden. Dalaea sah ihm wortlos nach. Er hatte so ziemlich genau das gesagt, was sie dachte. Angst. Furchtbare Angst vor Dämonen und ihren Kindern. Aber nun ließ er sie mit dem Pferd alleine in dem dunklen Wald und wollte, dass sie alleine zurück nach Nihan ging. Die normalen nächtlichen Geräusche verwandelten sich für sie in dämonische Schreckgespenster. Sie sank auf den mit grauem Gras bewachsenen Boden und schlang die Arme um den Körper. Grau war das Gras, weil es langsam dunkel wurde. Und mit der Dunkelheit wurden auch die unheimlichen Geräusche lauter.

„Saruka…“ sagte sie leise und ängstlich in die Dunkelheit.
 

Die Archangel Miseriel nahm die Hand von dem bewölkten Spiegel. Ihr Sohn hatte die allein gelassen, die sein Leben schützen sollte. Sie schüttelte langsam und seufzend den Kopf. Wieso konnte Hadradar seinen Sohn nicht einfach zufrieden lassen? Weil er eine akute Gefahr für ihn ist, beantwortete sie die Frage gleich selbst. Der Einzige, der ihn je würde vernichten können. Ihr Sohn war Kind zweier Gegensätze. Eine Frucht der Unmöglichkeit. Dies…

Ein Schatten tauchte hinter ihr auf und legte sich auf den Spiegel. Miseriel erkannte in dem Schatten den himmlischen Heiler, einen der vier elementaren Archangel, Rafael. Sie sah nicht auf, sondern legte eine Hand an ihre Seite, wo ihr Schwert hing.

„Du brauchst es nicht, Miseriel.“ sagte die sanfte Stimme Rafaels.

Dann setzte sich der Archangel neben sie und legte eine Hand auf ihre Waffenhand. Miseriel schloss die Augen und atmete tief durch.

„Rafael… ich…“

„Nein.“ wurde sie sofort von dem Heiler unterbrochen.

Ihre Hand verkrampfte sich um das Heft des Schwertes. Ihr war es untersagt, jemals wieder Archangel-Magie einzusetzen, sei es, um zu helfen oder um zu schaden. Ihre Liaison mit dem Urfürsten Hadradar war dafür Grund genug. Nur Rafael besuchte sie von Zeit zu Zeit. Sonst bekam sie tagtäglich nur untergeordnete Engel zu Gesicht, die Wolken reinigten oder in ernste Gespräche vertieft waren. Manchmal kam Mikus, ein relativ frischer Engel der unteren Ordnung, zu ihr und brachte ihr Nahrung für eine Weile. Er unterhielt sich nie länger als zwei Worte mit Miseriel, bevor er wieder ging. Sie hatten auf die Verstoßung verzichtet. Wie überaus gnädig, dachte Miseriel ergrimmt. Stattdessen war sie nun quasi eine Gefangene des Himmels.

„Dann… erzähl mir, was es Neues gibt, Rafael…“ sagte Miseriel leise.

Es interessierte sie überhaupt nicht, welche Neuzugänge der Himmel zu verzeichnen hatte oder wie sich die Beziehungen der Archangel untereinander entwickelten. Doch diese Frage war Bestandteil des Rituals geworden, welches sie immer vollzogen, wenn Rafael sie besuchte. Anfangs hatte sie aufmerksam gelauscht, doch nun nutzte sie die Zeit, in welcher Rafael mit beinahe schwärmerischer Tonlage von einigen Archangeln erzählte, um nachzudenken, wie sie aus ihrem weißgoldenen Käfig ausbrechen konnte. Und heute dachte sie noch darüber nach, wie sie ihren Sohn schützen könnte. Die Begegnung von Dalaea und ihrem Sohn war nicht zufällig, das wusste sie. Und sie wusste auch, dass Rafael es wusste. Doch er würde sie nicht verraten. Nicht bei einem derart geringen Einsatz der Magie. Sie hielt den Kopf auch dann gesenkt, als Rafael bereits aufgehört hatte, zu erzählen. Sie spürte seine Hand an ihrer Schulter.

„Miseriel… Was du getan hast, war ein Fehler… doch auch du hast das Recht auf Liebe. Insbesondere zu deinem Sohn.“ sagte er mit ruhiger Stimme.

Miseriel sah auf und ihm in die Augen. Früher einmal hätte sie dahin schmelzen können, doch heute wollte sie nur noch frei sein. Der Archangel hielt ihrem Blick stand. Was nun folgen würde, war beiden klar. Rafael würde sich verabschieden, dann würde er verschwinden, bis er sie das nächste Mal besuchte. Und wirklich erhob sich der Heiler und bot Miseriel eine Hand an. Diese löste nun endlich die Hand von dem Schwert und ließ sich aufhelfen.

„Bis zum nächsten Mal, Miseriel. Du bist nicht allein.“ sprach er die üblichen Abschiedsworte.

Miseriel nickte und wollte schon ihren Teil der Abschiedsformel aufsagen, als Rafael sich leicht vorbeugte und ihr einen Kuss auf die Stirn hauchte. Miseriel öffnete den Mund, um zu protestieren, doch die Worte kamen nicht aus ihrer Kehle heraus. Und bevor sie sich auch nur verabschieden konnte, geschweige denn bedanken, war Rafael schon verschwunden. Sie setzte sich wieder vor den bewölkten Spiegel und blickte gedankenverloren hinein.



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