Hürden, die es zu überwinden gilt…
File-I Sport-two
„Hürden, die es zu überwinden gilt…“
Elf Stunden Flug waren schon eine Sache für sich, aber für Matt war ihm dann doch kein Flug zu weit.
Endlich würde er seine bessere Hälfte wieder sehen, mit ihm, und nur mit ihm zusammen Fußball spielen, seine ganze Zeit verbringen.
Das eine Jahr in dem er von ihm getrennt war hatte ihm gereicht… und es würde garantiert nie wieder zulassen. Ganz sicher! Immerhin hatte er extra, die ganzen Jahre, in denen Matt noch in Deutschland war, japanisch gelernt. Das war schwer genug und sollte sich endlich auszahlen.
Chris stieg aus dem Flieger und wartete an der Gepäckannahme auf seine Koffer, sein Handgepäck schon fertig über seiner Schulter.
Den iPod hatte er auch schon auf volle Lautstärke und hörte sich nichts anderes bzw. keine Geringere als Matts Band an, die Teenage Wolves und einige Lieder, die der Blonde nur für ihn geschrieben hatte.
Manchmal dachte er daran, dass es Matts Schicksal wäre zu singen, dass er so eine Stimme nicht verkommen lassen dürfte und doch siegte dann der pure Eigennutz. Denn Talent, wenn man welches hatte und Matt hatte einiges davon, durfte man nicht vergeuden. Er hatte das Zeug ein ganz Großer im Fußball zu werden und so wahr er hier in Japan auf dem Flughafen stand, würde Chris Yamato schon zeigen, dass er mit ihm zusammen zu so einem Star heranwachsen würde.
Nur mit ihm und keinem anderen!
Okay, wieder kam der pure Eigennutz zum Vorschein aber was solls?
Kurz wurde durch das lange hellbraune Haar, das viel zu sehr nach dunkelblond aussah, gestrichen, leise zu dem Lied gepfiffen und als der Koffer nach einigen Minuten auch schon kam, dieser in die Hand genommen.
„Na, dann…Tokyo, ich komme. Und Matt mach dich auf etwas gefasst.“, murmelte Chris grinsend und lief auf direkten Wege aus dem Flughafen nach draußen, wartete dann auf jemanden, der ihn abholen sollte.
Das Einzige, was er wusste war der Name der Familie, Yagami. Aber das war es dann auch schon mit der großen Flut an Informationen.
Plötzlich wurde er von einem aufgeregten Rufen aus den Gedanken gerissen und als Chris nach vorne sah, wurde ihm auch klar warum.
Ein älterer Mann lief auf ihn zu, mit einem Schild in der Hand worauf sein Name stand. Irgendwie lustig diese Japaner, dachte sich Chris und kam winkend auf den armen, etwas, gehetzt wirkenden Mann zu, machte seinen iPod aus.
In einigermaßen gutem Englisch versuchte dieser sich zu verständigen und wurde von dem Jüngeren darin abgehalten, in dem er einfach auf Japanisch dazwischenredete.
„Sie brauchen kein Englisch zu sprechen…ich spreche ziemlich gut Japanisch. Ich hatte einen guten Lehrer.“, meinte Chris und lächelte freundlich, verbeugte sich leicht.
Immerhin musste man sich ja an die Sitten eines fremden Landes anpassen und so schlimm war es gar nicht, er bekam es sogar ziemlich gut hin.
„Puh, ich hatte schon gedacht, dass ich mit meinem miserablen Englisch sämtliche Versuche der Kommunikation zunichte mache. Darf ich mich vorstellen, mein Name ist Takehiko Yagami. Ich freue mich dich kennen zu lernen, Christian Falk, nicht wahr?“
Es war lustig zu hören wie der Mann seinen Namen auszusprechen versuchte.
„Ja, der bin ich, es freut mich ebenfalls, Mr. Yagami.“
Nach einer kurzen Unterredung und Austausch von Nettigkeiten führte der Ältere Chris zu dessen Wagen.
Nun begann für den Jungen ein neues Kapitel. Ein Kapitel mit Matt und eines war er sich sicher. Ausruhen gab es nicht. Sobald er in seinem neuen Zuhause war würde er sich auf die Suche nach Matt machen. Immerhin wusste er in welche Schule dieser ging und es war, rein zufällig natürlich, auch die Schule für die er sich entschieden hatte.
„Warte nur Matt…ab heute fängt das richtige Leben wieder an.“
~~**~~
Niesend rümpfte Matt seine Nase und schaute sich irritiert um. Er hatte ein ganz merkwürdiges Gefühl. Doch lange blieb ihm keine Zeit darüber nachzudenken, denn Mimi rannte schon auf ihn zu und fiel dem Blonden um den Hals, küsste ihn demonstrativ und grinste den Jungen vor sich breit an, der schon wieder dachte, er müsste in die Luft gehen.
Es war ja in Ordnung, wenn sie sich freute ihn zu sehen aber ihn, hier vor allen Leuten, zu küssen war dann doch etwas fehl am Platz. Die dachten sonst noch alle, dass sie zusammen wären.
Bei einem Mädchen wie Mimi war das keine Schande, aber unnötigen Gesprächsstoff wollte er dann doch vermeiden.
„Mimi…sag, wenn wir heiraten sollen, dann kann ich mich darauf vorbereiten, denn die ganze Schule denkt bald eh wir sind zusammen.“, seufzte Matt nur und löste sich sachte von dem Mädchen neben sich, das ihn unentwegt angrinste. Er strich ihr eine Strähne zurück und stupste sie an ihre Stirn.
„Komm, wir müssen…“
„…wir gehen nicht! Ich hab noch eine Überraschung für dich und du wirst mitkommen. Oder muss ich dich wieder erpressen?“
Dieser Blick, den Mimi immer hatte, wenn sie etwas wollte, behagte Matt ganz und gar nicht, denn er konnte sich einfach nicht dagegen wehren. In dieser Hinsicht war und blieb er wohl immer nur ein schwacher Junge, der gegen ein Mädchen wie Mimi nie etwas ausrichten konnte.
Auch, wenn Matt sich immer gut gegen sie bewähren konnte, so wollte er es diesmal einfach nicht. Er hatte keine Lust sich zu streiten…
„Okay, du hast Glück, dass wir unsere Probe heute früher hatten. Ich komme mit. Wo willst du…“
Heute war wohl kein guter Tag um seine Sätze fertig zu bringen, denn wieder hatte Mimi ihn unterbrochen und einfach seine Hand umfasst, ihn mit sich gezogen.
„Das sag ich dir doch nicht! Das macht alles zunichte. Lass dich überraschen, Yama-chan. Es wird toll werden.“
Oh je, das war genau die Art Satz, welchen er am wenigstens von dem braunhaarigen Mädchen hören wollte. Denn er verhieß nichts Gutes. Und als sie an dem Ort ankamen, zu dem Mimi ihn zog wurde Matt auch deutlich wie genau sein schlechtes Gefühl war.
Sie standen vor dem Sportfeld.
Es sah nach Training aus. Alles war voll mit Schülern. Jungen wie Mädchen.
Kein gutes Zeichen.
Das Grinsen von Mimi, das immer breiter wurde und ihre (un-)schuldigen Augen, die ihn immer größer werdend ansahen, zeigten nur noch mehr, dass es ein Fehler war ihr zu folgen.
„Mimi…“, fing er Blonde ruhig an und schluckte. Er wusste nicht so recht, ob er ihr den Hals umdrehen sollte oder nicht. Da er jedoch ein friedfertiger Mensch und viel zu harmlos war, entschied sich Matt dagegen und drehte sich nur zu ihr um, schickte ihr viel sagende Blicke.
„…sag nicht, dass deine, ach so tolle, Überraschung war. Ich sehe einen Sportplatz. Ich sehe Fußball spielende Menschen und ich sehe noch etwas, das ganz und gar nicht gut ist!“, er zeigte auf einen braunhaarigen, großen Jungen, der auf ihn zu gerannt kam. Vor sich einen Fußball kickend blieb er vor Matt stehen.
„Ach Matt~ Yamaaaa-chan~ Das wird schon wieder. Du schaffst das und morgen bist du in der Mannschaft.“, nickte Mimi siegessicher und klopfte ihm an die Schulter.
„So, und bevor du mir den Hals umdrehen kannst, gehe ich zu Kari und plane mit ihr meine nächsten Schachzüge. Bye Jungs…bis nachher. Ach ja, Matt…“, sie blieb noch mal stehen und rief Matt etwas zu.
„Das war noch nicht ‚die’ Überraschung! Sie kommt erst noch.“, damit verschwand sie nun endgültig und ließ einen ziemlich verdutzten Yamato Ishida zurück, der vor fünfzehn Minuten wirklich noch geglaubt hatte sein Leben wäre ansatzweise normal. Nun stand er vor seinem, wohlgemerkt von diesem selbsternannten, neuen Freund und wusste definitiv, dass es nicht normal war was eben passierte.
„Schön, dass du gekommen bist. Ich bin schon gespannt darauf was du alles drauf hast und…“
Während Tai weiterredete und nicht damit aufzuhören schien lief Matt an dem Größeren vorbei und schaute auf den Sportplatz. Es hatten sich schon erstaunlich viele auf dem Platz angesammelt. Einige standen in einer Reihe an, warteten bis sie dran waren und machten die Übungen, welche ihnen vorgetragen wurden. Auf einmal drehte sich Matt um und sah Tai an, unterbrach ihn einfach in seinem Redeschwall.
„Was passiert hier gerade? Warum sollte ich mitmachen und wie hast du Mimi dazu gebracht mich hierher zu bringen?“
Okay, es waren viele Fragen und sie kamen ziemlich überstürzt aber Matt fand, dass sie mehr als gerechtfertigt gestellt wurden. Man merkte deutlich wie Tai daraufhin nachdachte und sich dessen Nasenspitze leicht rot färbte.
„Na, wir haben doch die Auswahl…wer als Neuer in unser Team kommt. Ich dachte…dass du…du wärst bestimmt der Beste für die Position. Ich wollte nur, dass du wenigstens mitmachst.“
Mitmachen? Er sollte mit dieser Horde von euphorischen Jungen Fußball spielen? Anstatt eines klaren Neins kam jedoch wieder nur ein Nicken und eine Frage.
„Was muss man machen?“, sie war knapp und eigentlich wollte Matt so schnell wie nur möglich weg von hier aber irgendetwas hielt ihn zurück. Vielleicht war es dieser Geruch von frischem Rasen? Oder die Zurufe, derer, die den Spielenden zuschauten? Oder vielleicht doch einfach nur die Sehnsucht selbst wieder einen Ball in Händen zu halten…sich zu bewegen, irgendwie frei zu fühlen?
„Ein paar Runden rennen, um zu sehen wie die Kondition so ist, dann im Zweier gegeneinander antreten um zu sehen wie ihr passen könnt und jeder hat zehn Schüsse auf das Tor, wer die Position als Torwart möchte hat dann noch zehn Schüsse, die er halten muss. Alle von mir geschossen.“, erklärte Tai etwas verblüfft darüber, dass der Blonde ihm nicht gleich den Rücken zugewandt hatte und gegangen war.
Matt überlegte angestrengt und schloss seine Augen, als er kurz hochsah. Wie sollte er sich entscheiden? Auf den Platz gehen, diese Scharade durchziehen, allen zeigen wie schlecht er wirklich war, oder zeigen was er konnte? Oder einfach gehen und Tai zurücklassen?
Doch als er die Augen wieder öffnete und zu dem Braunhaarigen sah, kam nur ein Seufzen. An sich war es ihm egal, ob Tai glücklich war, ihn mochte oder enttäuscht war aber…einerseits war da Mimi, die ihm keine Ruhe lassen würde und dieser Junge da vorne, dessen Blick einfach viel zu tief ging…
Da konnte man doch gar nicht anders.
//Wäre Chris nur hier…//, dachte Matt und schluckte all seinen Frust herunter, nickte wieder.
„Okay, ich mach mit aber unter einer Bedingung. Danach lässt du mich in Ruhe und Mimi auch!“
Heftig wurde genickt und man sah deutlich wie Tai sich darüber freute. Seine Augen glänzten, er lächelte und hüpfte immer wieder in die Höhe, wie ein Gummiball.
„Jepp, versprochen. Super! Dann kannst du gleich anfangen. Komm, Yama-chan.“
Keine drei Sekunden später hatte Tai Matts Hand umschlossen und zog ihn mit sich zum Sportplatz. Das Matts Herz fast stehen geblieben wäre, oder dessen Hand leicht von Blitzen durchzuckt wurde, merkte der Braunhaarige nicht. Aber es war auch gut so.
~~**~~
Also, fand sich Matt letztendlich auf dem Sportplatz wieder. In seiner Schuluniform stand er auf dem Rasen und schaute sich um. Okay, er würde bestimmt das Gesprächsthema Nr.1 sein, die Mädchen schauten jetzt schon und wenn erst seine Bandkollegen davon Wind bekämen, wäre es aus. Er hörte ihre Stimmen jetzt schon…
//Touga wird mich nicht in Ruhe lassen…//
Doch lange überlegen konnte er nicht mehr, da stand auch schon ein groß gewachsener Junge neben ihm, musterte ihn und grinste breit.
„Na, Blondie...du willst mir meinen Platz in der Mannschaft streitig machen? Du solltest wieder vor den Spiegel und deine Frisur richten“
Vor Dummheit war man ja nie gefeilt und solche Sprüche musste er sich ja immer geben aber jetzt? Nein, definitiv jetzt nicht.
„Geh doch nach Hause und spritz dir noch nen paar Pheromone…“, kam es kalt von Matt, der schon anfing seine Runden zu rennen.
Der Junge kippte nur leicht zur Seite und knurrte etwas Unverständliches vor sich hin.
Es zog sich alles hin und bald war es dann so weit. Die Torschüsse kamen an die Reihe. Matt musste warten bis die anderen Anwärter fertig waren und der Junge im Tor schien so als wäre er nicht einmal ansatzweise aufgewärmt von den ganzen Schüssen.
Als Matt dran war, spürte er sämtliche Blicke auf sich. Insbesondere Tais. Irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass der Braunhaarige etwas ahnte und nur die Bestätigung wollte, die er brauchte.
Sollte er sie ihm geben?
Doch anstatt selbst aufs Tor zu schießen lief er geradewegs darauf zu und winkte den Jungen darin weg, stellte sich hinein.
„Ich stell mich gleich ins Tor…“
Er wollte und er musste niemandem etwas beweisen aber zu lange wollte Matt hier nicht mehr bleiben. So viel stand fest.
Aber hatte Tai nicht etwas davon gesagt, dass er selbst die Tore schießen würde? Warum stand dann dieser Anabolika Junge an der Elfmeterlinie und grinste wie ein Haufen Grenzdebiler?
Das war nicht gut. Ganz und gar nicht…
Der Beweis kam auch gleich und zwar in Form eines ledernen Balles, der schnell auf ihn zugeflogen kam.
Reflexartig fing er ihn auf und hatte dann gleich den Nachschlag.
Der Junge hatte gleich danach noch einen Ball geschossen und dieser prallte an Matts Kopf ab und hinterließ einen kleinen Blutstreifen, der hinunter perlte.
Knurrend nahm Matt den Schmerz und die Wunde nicht wahr, sondern einfach nur diese Wut. Dieses überhebliche und unfaire Verhalten…
Während alle nur erschrocken zu ihm sahen, Mimi schon zu ihrem besten Freund rennen wollte und Tai bereits dabei war ein zu greifen, bückte sich der Blonde und hob den Ball wieder auf, legte ihn hin und setzte an.
Gezielt kam der Ball bei dem Jungen an, der ihn nur schwer annehmen konnte und leicht aufkeuchte.
„Mach hinne! Zeig was du kannst…“
~~**~~
Nach weniger als fünfzehn Minuten war dieses Geplänkel zwischen Matt und dem Jungen, dessen Name sich als Jaques herausstellte, vorbei.
Das es Matt für sich entschieden hatte stand außer Frage, auch wenn es Jaques nicht hinnehmen wollte. Doch das Problem an der ganzen Sache lag nicht daran, sondern an der Tatsache, dass Matt vollkommen anders reagiert hatte als er reagieren wollte. Eigentlich wollte er nicht alles zeigen, diese blöde Auswahl für sich entscheiden, aber alles sah danach aus.
Jetzt, da alles vorbei war, spürte der Blonde auch diesen pochenden Schmerz in seinem Kopf.
Gerade als Mimi auf ihn zukam, preschte an ihr ein Ball vorbei, direkt auf Matt zu, der ihn instinktiv auffing und darauf schaute.
Obwohl er geschockt war von dem kommenden Ball, ihm schwindlig wurde von der Wunde an seinem Kopf, legte sich ein Lächeln über seine Lippen und ungläubige Augen schauten nach vorn, hinter Mimi. Sie erkannten eine Person. Eine Person, die Matt vermisst hatte…so sehr, dass es fast unglaublich schien diese jetzt hier zu sehen.
Vorbei an Mimi, die sich nur umdrehte und lächelte, vorbei an Tai, der eigentlich nachschauen wollte wie es ihm ging, lief Matt zu einem Jungen mit langem hellbraunem Haar und leuchtend grünen Augen, die nur für den Blonden geradezu zu lächeln schienen.
„Chris!“
Ihm um den Hals fallend, vergaß Matt alles um sich herum und drückte sich an Chris, schloss die Augen.
„Na, Matt? Du konntest es doch nicht durchhalten, was?“, kam es lächelnd, während der Größere Matt durch dessen Haar strich und dann auch diese schmale aber immer noch leicht blutende Wunde bemerkte.
„Du solltest besser aufpassen. Man merkt, dass du nicht mehr trainierst.“, gab Chris zurück und stupste den Kleineren leicht an die Nase.
Als Tai sich zu ihnen gesellte und den Fremden fragend ansah, löste sich dieser von seinem besten Freund, hielt Tai die Hand hin.
„Ich bin Christian Falk…der Neue. Ab Heute bin ich offiziell Mitglied in diesem Verein. Freut mich…“
Das war also die Überraschung von der Mimi sprach?
Eine Überraschung mit Folgen?
Wie oft sollte er dem Schicksal denn noch ein Schnippchen schlagen?
TBC