Glück im Unglück
Hallo Leute, da bin ich wieder!
Ich habe mit Freuden festgestellt, dass meine kleinen Spielchen am Ende jedes Kapitels immer wieder für lebhafte Spekulationen in den Kommentaren sorgen. ^^
Finde ich klasse! Ich danke euch, so macht das Kommis lesen doch noch viel mehr Spaß!
Aber nun genug der Vorrede!
Hier ist das neue Chapter von Deep blue Sea!
Viel Spaß!
Eure Venka
----------------------
10 – Glück im Unglück
Mit angsterfüllten Augen und am ganzen Leibe zitternd beobachtete Ray, wie die für ihn so bedrohliche Wasseroberfläche näher und näher kam. Unheilverkündend wirkte der im Vergleich zu ihm riesige dunkle Fleck schräg über ihm; der Rumpf eines Fischfangschiffes, der ruhig auf der kaum bewegten Wasseroberfläche lag, die für ihn die Grenze zwischen Leben und Tod darstellte. Zwar war die Wasserlinie auch für einen normalen Menschen die Grenze zwischen Leben und Tod doch für den Schwarzhaarigen hatte sich diese Tatsache in eine andere Richtung verlagert und sein momentaner Lebensraum lag unter dem Wasser, nicht darüber.
Von immer wieder aufwallender Panik befallen sah er sich noch einmal nach Tala um, der ihn vor ein wenigen Augenblicken mit unbekanntem Ziel verlassen hatte. Bereits jetzt war das oberste Stück des Netzes außerhalb des Wassers und in diesem Augenblick war sich Ray zu einhundert Prozent sicher, dass er dieses kleine, in gewisser Weise selbst verschuldete Abenteuer nicht überleben würde.
Er hatte zwar immer wieder versucht, sich aus dem ihn haltenden Netz zu befreien, aber da er nichts hatte, mit dem er es hätte beschädigen können, gab es für ihn auch keine Möglichkeit zur Flucht.
Und je weiter er sich der Wasseroberfläche näherte umso mehr wurde auch sein Körper Opfer der aufgrund des schwindendem Auftrieb stärker werdenden Schwerkraft und somit konnte er sich in seinem ohnehin schon engen Gefängnis aus festen Seilsträngen immer weniger bewegen.
Dazu kam, dass die seltsam verkrümmte Haltung, in der er jetzt lag, die Narben an seinen frisch verheilten Wunden unter Spannung setzten und ihm so nur noch mehr Schmerzen bereiteten.
„Ich hätte auf Kai hören und da bleiben sollen, wo er und Tala es mir gesagt haben...“ flüsterte er mit geschlossenen Augen und er hatte in Gedanken mit dem Leben bereits abgeschlossen, als eine plötzliche Gewichtsverlagerung am Netz und eine eiskalte, ihm jedoch sehr bekannte Stimme ihn seine Augen in fast schon freudiger Überraschung wieder aufreißen ließen.
„Das wäre glaube ich auch besser gewesen, aber wann hörst du schon mal auf mich? Ich kann mir doch den Mund fusselig reden und du machst trotzdem, was du willst...“
Ray glaubte weder seinen Augen noch seinen Ohren zu trauen. „Kai...?“, fragte er beinahe zaghaft, fast so als fürchtete er, dass sein Gegenüber nur eine Illusion war, die verschwand, sobald er ihn ansprach.
„Nein, der heilige Geist...“, knurrte der Grauhaarige. „Ich hol dich da raus, keine Panik!“, fügte er ruhig hinzu und begann mit Hilfe seiner Armklinge die Seile des Netzes zu zerreißen, während er sich mit der anderen Hand an selbigem festhielt.
„Bitte beeil dich, wir sind gleich an der Oberfläche!“
„Ja doch, ich kann doch nicht zaubern! – Halt die Luft an!“
Ray wollte zwar etwas erwidern doch die einem Befehl gleichende Aufforderung ließ ihn verstummen und den Anweisungen seines Teamleaders Folge leisten. Wenn er heil aus dieser Situation herauskommen wollte, war es ratsam, den Halbrussen jetzt nicht zu stören oder gar zu behindern, indem er ihn mit seiner Panik belastete.
Kaum dass die beiden Jungen schließlich mit den Köpfen über Wasser waren, verzog Kai sein Gesicht unter der enormen Anstrengung und Belastung, die sein Körper jetzt aushalten musste: Er musste sich selbst an dem sich immer weiter hebenden Netz festhalten, das Netz dabei noch zerschlitzen sowie versuchen, Ray so ruhig wie möglich zu halten, auch wenn bei dem Chinesen gerade die Vernunft die Oberhand gewonnen hatte.
Aber da war auch noch der verdammte Zeitdruck, dass weder er noch Ray lange an der Luft würden überleben können. Dazu kam außerdem, dass, wenn sie einmal auf dem Schiff waren, die Lichter für sie ohnehin vollständig ausgehen würden. Menschen waren dummerweise so gestrickt, dass sie, sobald sie etwas Unbekanntem und noch dazu Lebendigem begegneten, dieses erst einmal ausgiebig betrachteten, anstatt sich um das Überleben des seltsamen Wesens zu kümmern. Dachten sie dann daran, war es meistens schon zu spät.
„Halt... – ...durch... – ...gleich... – ...geschafft...“, keuchte Kai, bevor er mit seiner letzten Kraftreserve noch einmal die messerscharfe Knochenklinge in das Netz rammte und damit zu seiner sichtbaren Erleichterung endlich das erreichte, was er wollte:
Der doppelten Belastung hielt die lädierte Seilkonstruktion nicht mehr stand; Kai ließ sich fallen und riss mit seinem Körpergewicht den unteren Teil ab worauf Ray endlich aus der für ihn tödlichen Falle befreit wurde und ins Wasser zurückfiel.
Kai warf seinerseits noch einmal einen Blick auf das Schiff, bevor er sich dann aus fast 10 Metern Höhe ebenfalls ins Wasser zurückfallen ließ. Binnen eines Lidschlages waren die beiden von der Bildfläche verschwunden.
Zurück blieben einige erstaunte, rasch an die Reling geeilte Seeleute, die bei ihrem nächsten Landgang mit einer Geschichte von einer beinahe gefangenen Meerjungfrau und einer mit Flügeln, welche die andere aus dem Netz gerettet hatte, aufwarten konnten.
Aber auch dieses für sie unglaubliche Abenteuer würde enden wie alle zuvor...
Als Seemannsgarn.
Es war für Kai und Ray die Erlösung, als ihre Körper nacheinander die Wasseroberfläche durchbrachen und sie dadurch endlich wieder den lebenswichtigen Sauerstoff durch ihre Kiemen filtern konnten.
Tala, der Ray dieses Mal mehr oder weniger aufgefangen hatte, versuchte nun, ihn zu beruhigen, doch der Schwarzhaarige zitterte wie Espenlaub; er wusste, dass er dem Tod gerade näher gewesen war, als dem Leben.
Dann endlich schien er sich zu fangen und er drehte sich zu Kai um, der das seltsam wirkende Pärchen aus Hai- und Delphinjunge mit einer hochgezogenen Augenbraue beobachtete.
„Danke Kai...“, begann Ray und es lag ehrliche Erleichterung und Dankbarkeit in seiner Stimme. „Du hast mir das Le...“
Weiter kam er nicht, denn eine schallende Ohrfeige schnitt ihm das Wort ab.
Verwundert griff sich Ray mit der Hand an die nun schmerzende Wange. Kai hatte ihn geohrfeigt. Das war etwas, das noch nie zuvor passiert war. Anschreien und beschimpfen ja. Aber eine Ohrfeige? So weit war der Halbrusse noch nie gegangen.
„Wieso...“, begann er, doch Kai unterbrach ihn. „Wieso, fragst du? – Gegenfrage: Wieso machst du nicht, was ich dir sage, hm?“
„Ich... – Ich... – Also...“
Der Grauhaarige schüttelte den Kopf, als er Rays unkontrolliertes Gestammel hörte. „Jetzt pass mal auf, mein Freund! Du kannst hier nicht einfach rumschwimmen und denken, es passiert dir nichts! Wir sind hier im offenen Ozean und wenn dieses Schiffchen da eine schnellere Seilwinde gehabt hätte, dann wäre ich entweder nicht mehr rechtzeitig bei dir gewesen, oder Tala wäre jetzt allein und wir beide als Sensation im Tierreich an Bord dieses Schiffes!“
„Aber ich...“
Ein erneutes Kopfschütteln folgte. „Entschuldigungen oder Rechtfertigungen helfen jetzt auch nicht mehr weiter!“
„Ich gebe zu, er hat Mist gebaut, aber es ist noch mal gut gegangen, vielleicht ist es das, auf was du als erstes dein Augenmerk richten solltest, Kai! Ray ist gesund, du bist gesund, damit wäre doch alles in Ordnung und es besteht kein Grund, dass du ihn hier weiter so anpflaumst!“, mischte sich Tala ein.
Kai blickte ihn scharf an, woraufhin der Rothaarige für einen kurzen Moment das Gefühl hatte, dass es vollkommen falsch gewesen war, sich in die Standpauke einzumischen. Dann jedoch entschied er anders. Kai war schließlich nicht Gott und konnte sich auch nicht alles erlauben. „Habe ich nicht recht?“, fragte er noch einmal.
„Fein, dann macht, was ihr wollt! Aber beschwert euch hinterher nicht bei mir!“ Damit drehte sich der Rochenjunge um und schwamm davon.
„Danke Tala...“, murmelte Ray leise, während er dem sich entfernenden Jungen nachblickte.
„Schon gut.“, gab der Angesprochene zurück und gab sich Mühe, möglichst cool zu klingen, obwohl ihm das Herz raste. Daran war einerseits und aus welchem Grund auch immer Rays Nähe Schuld und andererseits die Tatsache, dass er gerade Kai offen und noch dazu in der Verteidigung anderer die Stirn geboten hatte. „Kai zu holen, damit er dich aus dem Netz herausholt war doch das einzig richtige, was ich tun konnte...“
„Das meinte ich nicht...“, sagte Ray und schwamm so um Tala herum, dass er ihm in die Augen sehen konnte.
„Was dann?“ wollte Tala irritiert wissen. Dabei kam seine Irritation nicht zuletzt von den goldenen Augen seines Gegenübers, die ihn wie zwei strahlende Bernsteine anfunkelten,
„Es war lieb von dir, dass du dich grade für mich eingesetzt hast, obwohl ich Mist gemacht habe...“
„Kein... – ...Problem... – Ich...“, stotterte Tala worauf Ray ihm eines seiner schönsten Lächeln schenkte.
Augenblicklich nahm das Gesicht des Russen die Farbe seiner Haare an.
„Komm jetzt...“, forderte Ray ihn schließlich auf. „Folgen wir Kai, bevor wir uns wieder eine Schimpftirade einhandeln...“
Der Grauhaarige war unterdessen ein Stück vorausgeschwommen und hatte sich dann, nachdem er sich sicher war, dass ihn die beiden nicht mehr beobachteten, umgedreht um die Reaktion auf seine kleine Aktion zu sehen.
Ein Lächeln umspielte seine Lippen als er die Interaktion zwischen Russe und Chinese richtig deutete.
„Tut mir leid wegen der Backpfeife Ray... – Aber bei dem Betonschädel musste ich nun mal zu drastischeren Maßnahmen greifen, sonst wird Tala nie begreifen, was er an dir hat...“
Inzwischen auf einer Hochseeyacht irgendwo mitten in der Karibik.
„Komm schon Junge, komm aus deiner Kabine raus und genieß die frische Seeluft!“
„Keine Lust...“, knurrte Max.
„Du bist jetzt schon 12 Tage hier und hast dich noch kein einziges Mal an Deck blicken lassen! Dabei hat deine Mutter extra eine so schöne Yacht angemietet, damit du dich hier auf See auskurieren kannst!“, erscholl die Stimme wieder, woraufhin der Blonde genervt seine Augen verdrehte und sich dann auf sein Bett zurücklegte. Tysons Großvater war ja an sich ganz nett, konnte in gewissen Punkten aber tierisch abnervend sein.
Genau das war der Fall und zwar schon seit Max von Judy und dem Arzt, zu dem ihn seine Mutter aufgrund des Verdachtes von Sonnenkoller geschleift hatte, dazu verdonnert worden war, seinen, in Max Augen gar nicht vorhandenen Sonnenstich an Bord einer Yacht auf hoher See mitten in der Karibik auszukurieren. Und Tysons Bruder Spike sowie der manchmal leicht durchgedreht wirkende Großvater der Beiden waren als Aufpasser mitgekommen.
Wieder klopfte es an der Tür.
„Komm schon Max, schwimm eine Runde!“, ertönte die Stimme eines jungen Mannes. Der Blonde legte den Kopf schief und dachte einen Moment lang nach. Schwimmen war vielleicht gar keine so schlechte Idee.
„OK Spike, ich komme!“ rief er und zog sich das T-Shirt, welches er trotz der Wärme trug, über den Kopf.
Dann griff er nach seinem Handtuch und lief hinaus aufs Oberdeck, von wo aus er Tysons Opa beim Angeln auf dem abgesenkten Heckteil beobachten konnte.
„Hältst du es für klug, jetzt schwimmen zu gehen, während dein Großvater da angelt?“, wollte er von dem jungen Mann wissen.
Spike winkte ab. „Der hat eh noch nichts gefangen.“
„Hab ich wohl!“, tönte die Stimme des alten Mannes und er deutete auf das Deck neben sich, wo tatsächlich ein Fisch lag. „Den da hab ich gerade aus dem Wasser gezogen!“
„Oh, es geschehen noch Zeichen und Wunder!“, lachte Tysons Bruder. Dann jedoch stutzte er und glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als plötzlich eine Hand aus dem Wasser kam und auf dem Deck nach dem Fisch tastete.
„Großvater! Pass auf!“, rief er und deutete auf die Stelle, wo Max und der Gerufene nur noch sahen, wie der Fisch wieder ins Wasser rutschte.
„Ha! Räuberisches Pack! Wer wagt es, mir meinen Fisch zu stehlen?“
Max musste bei diesem Ausbruch lachen. „Wahrscheinlich hat sich der Fisch gedacht, dass es im Wasser doch gemütlicher und lebenswerter ist.“, vermutete er.
„Nein, da war eine Hand...“, murmelte Spike kopfschüttelnd.
Der Blondschopf fror plötzlich aus einem ihm unbekannten Grund. „Eine Hand?“, fragte er ungläubig. „Wo?“
„Eine Hand kam aus dem Wasser und griff nach dem Fisch... – Ganz sicher!“, bekräftigte Spike und deutete auf die besagte Stelle auf dem Bootsdeck nachdem er Max‘ ungläubigen Blick gesehen hatte. „Was denn?“, wollte er wissen. „Glaubst du mir etwa nicht?“
„Doch! Sicher tue ich das! Das ist es ja gerade!“, gab Max zurück und rannte die kleine Treppe dann zum Heckteil des Schiffes.
„Max! Wo willst du hin?“
„Was nachsehen! Wenn da das ist, was ich glaube, dann haben wir mehr Glück als jeder andere jemals haben kann!“, antwortete der Junge, setzte sich seine Schwimmbrille auf und hechtete ins Wasser, ohne auf Spikes Proteste zu achten.
Suchend sah sich der Blonde um, während er mit kräftigen Schwimmzügen weiter nach unten schwamm. Dann jedoch ging ihm die Luft aus und er schwamm wieder nach oben um erst einmal Atem zu holen. Entdecken können hatte er allerdings nichts, was ihm über das, was Tysons Großvater den Fisch gestohlen hatte, hätte Aufschluss geben können.
„Und? Was gefunden?“, wollte Spike wissen, nachdem Max wieder aufgetaucht war.
Nach Atem ringend schüttelte Max den Kopf und stützte sich mit den Armen auf die Heckplattform der Yacht.
„Komm da raus!“, rief Spike ihm plötzlich zu, nachdem er etwas hatte entdecken können. „Da ist was hinter dir im Wasser!“
Der Blondschopf stemmte sich ruckartig aus dem nassen Element heraus, sah sich dann um und sein Herz begann schneller zu schlagen. Es schien als wäre das Glück, das ihn nach dem Arztbesuch scheinbar verlassen hatte, zu ihm zurückgekehrt.
Ohne lange nachzudenken griff er nach einem Tauchmundstück, an dem zwei kleine Sauerstoffbehälter befestigt waren, aus der neben ihm stehenden Kiste und sprang wieder ins Wasser.
„MAX!!!“, schrie Spike ihm nach, konnte aber nichts mehr tun um den Jungen zu stoppen. Er sah nur noch wie die drei Gestalten, die er vorher schon entdeckt hatte, den Blonden im Wasser so einkreisten, dass er unmöglich gefahrlos zum Boot zurückkehren konnte.
Der junge Mann fackelte nicht lange. Er lief in seine Kabine und kam mit einer Harpune bewaffnet ans Heck der Yacht zurück.
„So nicht...“, murmelte er. „Wenn ihr glaubt, Max als Mittagessen vernaschen zu können, dann täuscht ihr euch aber...“
----------------------
OK, ich möchte mich hiermit noch mal bei allen bedanken, die mir Kommis schreiben und die diese FF in den Favos haben!
Heute mal kein Spielchen am Ende, aber ihr könnt euch ja mal zucken, wer alles diese FF liest ^.~
Bis demnächst!
PS:
Und wieder ein Cliffhänger...
Ich liebe diese Teile!