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Kopfgeldjäger

von

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KOPFGELDJÄGER
 

Eine ‚Saber Rider and the Star Sheriffs’ Fanstory
 

Rating: R

Autor : Chryssantes

Disclaimer: Alle Rechte an ‘Saber Rider and the Star Sheriffs’ verbleiben bei WEP
 


 

„Ganz nebenbei habe ich ihn mit ein paar gezielten Fußtritten vom Planeten Pecos gejagt. Aber ehrlich, nur ganz nebenbei.“

Colt in ‚Ein eiskalter Typ’
 


 

Colt, wie ihn seine Freunde nannten, bretterte in seinem Geländewagen mit Höchstgeschwindigkeit über die staubige Straße, die zur Farm seiner Eltern führte. In seinem Magen hatte er das dumpfe Gefühl einer Vorahnung, die ihn seit dem heutigen Morgen quälte. Seine Eltern waren nicht wie versprochen beim Rodeoturnier aufgetaucht, an dem Colt teilnahm. Zuerst hatte Colt an eine Verspätung geglaubt. Es war jedoch untypisch für seinen Dad, zu spät oder gar nicht beim Großen Rodeowettbewerb der Region aufzutauchen. Colts Vater war als sehr großer Fan dieses Sports bekannt. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als dass sein Sohn in seine Fußstapfen trat und mit einem Rodeosieg die Familienehre hochhielt.

In der Ferne entdeckte Colt schwarze Rauchwolken. Sein Herzschlag verdoppelte sich. Was war da bloß passiert? Ein Brand war in dieser trockenen Jahreszeit nicht ungewöhnlich, aber auch sehr gefährlich. Mit Leichtigkeit konnte ein kleiner Funke eine ganze Prärie in Brand setzen. Wieso hatte Dad nicht bereits Hilfe zum Löschen angefordert? Jeder Bewohner der umliegenden Farmen wäre trotz Turnier zu Hilfe gekommen, denn so ein Brand konnte auch ihre eigene Existenzgrundlage zerstören. Niemand hätte der Familie Wilcox ihre nachbarschaftliche Hilfe verweigert. Colt spürte, wie Furcht vor dem, was er vorfinden würde, in ihm hochstieg.

Weniger als eine halbe Stunde später stand er fassungslos vor den rauchenden Trümmern seines Elternhauses und der umliegenden Scheunen und Ställe. Der riesige Hof war mit unzähligen Einschlagslöchern übersäht. Die Balken des Familienhauses qualmten immer noch. Das Feuer hatte inzwischen seine Nahrung verloren und aufgrund der Windstille war es glücklicherweise nicht zu einem Präriebrand gekommen. Der Hof war bereits vor Stunden überfallen und komplett zerstört worden. Von der Rinderherde und den anderen Haustieren fehlte jede Spur. Außer dem leisen Knacken der schwelenden Balken war es totenstill.

Zögernd bahnte sich Colt einen Weg durch die verbrannten Bretter. Sie strahlten immer noch eine starke Hitze aus. Vor Mund und Nase hatte er sein Halstuch gebunden. Der Qualm biss ihm schmerzhaft in die Augen. Die Angst vor der schrecklichen Wahrheit schnürte ihm die Kehle zu. Mit einem unversehrten Stock stocherte er vorsichtig in den Überresten des Wohnhauses. Unter einem eingestürzten Balken ragte eine verkohlte Hand hervor. Zitternd stieß Colt mit einem kräftigen Tritt den Balken beiseite. Was er darunter entdeckte, ließ ihn zurück auf den Hof flüchten. Der junge Mann riss sich das Halstuch vom Gesicht und erbrach sich. Minutenlang würgte er, bis nichts mehr in seinem Magen war. Schwankend erhob er sich wieder und ging zum Wagen zurück. Er sank auf seinen Sitz und umklammerte mit zitternden Händen das Lenkrad. Seine Augen blickten starr auf die grauenvolle Szenerie vor ihm. Wenn er doch nur eher gekommen wäre, wenn er gewusst hätte, dass seine Eltern in größter Bedrängnis waren, wenn…

Colt weinte. Seine Schultern bebten unter halb erstickten Schluchzern. Es verging eine ganze Weile, bevor er sich wieder rührte.
 

*
 

Der Auftrag war denkbar einfach. Diese Meinung hegte der junge Outrider, dessen Tarnname Jean-Claude war, als er zusammen mit anderen Spezialagenten in einem Truppentransporter unter dem Kommando von Gattler in die Dimension der Fleischlinge transportiert wurde. Es war sein erster Außeneinsatz und er dachte nicht im Traum daran, sich diese Chance durch die Lappen gehen zulassen. Abschätzend musterte er unter halb gesenkten Lidern die anderen Agenten. Keiner von ihnen war ihm näher bekannt. An der Akademie hatte es höchste Geheimhaltung auch unter den Offiziersanwärtern gegeben. Niemand wusste, ob nicht vielleicht der Mitkommilitone dazu abkommandiert worden war, um ihn auszuspionieren. Das garantierte den Befehlshabern eine gute Kontrolle ihrer Untergebenen. Suspekte Subjekte wurden schnell aussortiert und endeten höchstwahrscheinlich in der Phantomkammer. Jean-Claude war sehr vorsichtig mit dem, was er sagte und tat. Sein Ehrgeiz zielte auf eine schnelle Karriere im Dienste von Nemesis ab. Er musste sowohl vor seinen gleichgestellten Agentenkollegen als auch vor seinen Vorgesetzten auf der Hut sein. Ehrgeizige Offiziersanwärter wurden als Gefahr für die eigene Position angesehen. Jean-Claude hatte nicht vor, in dem Spiel um Macht mit offenen Karten zu spielen.

Mit einem Ruck landete der Transporter und die Einstiegsluke öffnete sich. Der junge Outrider packte sein weniges Gepäck und folgte den anderen Soldaten. Verstohlen musterte er die karge Umgebung des Landeplatzes. Der Boden unter seinen Füßen war staubig. Hier und da lugten verdorrte Büschel von Gras hervor. Der Himmel hatte eine weißblaue Farbe und die Sonne brannte mit voller Kraft herunter. Die Luft flimmerte vor Hitze. Laut seinem Einsatzbericht befand sich Planet Pecos zurzeit in der dreimonatigen Trockenperiode. Ein dreckiger Wüstenplanet, nicht zu vergleichen mit den bekannten Wasserplaneten Alamo und Terra, dem Herkunftsplanet der Fleischlinge! Innerlich seufzend ging Jean-Claude zu der geplanten Einsatzbesprechung.
 

*
 

Das war jetzt schon der vierte Tote, der dieselben Eigenschaften wie die anderen Opfer aufwies. Alle waren jung und hatten sich in der Bürgerwehr der jeweiligen Stadt für eine stärkeren Einsatz der Star Sheriffs bei der Verteidigung ihrer Heimat stark gemacht. Ihr Vorhaben war nicht überall auf Wohlwollen gestoßen. Die meisten Kolonisten wollten weiterhin unabhängig von der Zentralregierung der Erde bleiben. Sie waren in das Neue Grenzland gekommen mit ihrer eigenen Vorstellung von Freiheit und verteidigten sich gegen die zunehmende Kontrolle der Alten Welt.

Colt schob sich seinen Cowboyhut in den Nacken und überlegte. Wer könnte hinter dieser Mordserie stecken?

Aus seinen Erinnerungen tauchte plötzlich die Stimme seines Lehrmeisters Timothy Dooley auf. ‚Colt, gebrauch deinen Kopf auch mal zum Denken und nicht nur um den Hut zu tragen! Ein Scharfschütze und Kopfgeldjäger muss in beidem schnell sein: im Denken und im Schießen! Wer es nicht ist, sieht sich die Radieschen von unten an.’

Colt nickte. ‚Der gute, alte Dooley. Wo er recht hat, hat er recht!’ dachte er und konzentrierte sich wieder auf den bisher ungelösten Fall.

Wer könnte von diesen Morden profitieren? Auf jeden Fall die planetenweit operierenden Konzerne. Deren macht- und geldgierigen Bossen ist ein stärkerer Einfluss der Zentralregierung ein Dorn, nein, ein ganzer Holzbalken im Auge. Geld und Beziehungen hatten diese aalglatten Kerle genug, um sich einen Profi für solche schmutzigen Arbeiten zu kaufen.

Und dann gab es da ja noch jene Spinner von Siedlern, die eine alternative Lebensweise bevorzugten und deshalb ausgewandert waren. Aber das die einen Killer anheuerten, erschien Colt nicht glaubhaft.

Vielleicht steckte sogar der schmierige Gouverneur des Kolonialplaneten Pecos mit dem Profikiller unter einer Decke? Schließlich waren da ein paar sehr interessante Gerüchte über dessen üble Machenschaften im Umlauf. Colt musste bei der Vorstellung grinsen.

Schließlich waren da noch die Outrider, Wesen aus einer fremden Dimension, die besonders im Neuen Grenzland mit ihren Überfällen für Unruhe sorgten. Die Mordserie passte perfekt in deren Muster. Die Menschen, die sich den Schutz und die Unterstützung der Star Sheriffs wünschten, wurden durch die dreckigen Machenschaften dieser Phantomwesen eingeschüchtert. Diese Taktik verhalf den Outridern zu einem strategischen Vorteil: Je weniger Planeten durch die Star Sheriffs beschützt wurden, desto mehr Spielraum hatten diese Schmutzfüße für ihre undurchsichtigen Pläne.

Colt war sich mittlerweile fast sicher, dass die Outrider ihre dreckigen Hände im Spiel hatten. Sein Hass auf sie war ungebrochen stark. Er hatte nach dem Tod seiner Eltern Rache geschworen und machte nun als Kopfgeldjäger Jagd auf Gringos, die das Gesetz nicht achteten. Er würde weiterhin hartnäckig wie ein Bluthund auf ihrer Spur bleiben.

Colts Blick wanderte wieder zu dem Toten, der vor ihm im Staub der Prärie von Pecos lag. Der Unglücksrabe war vor nicht mehr als zwei Stunden mit einem gezielten Kopfschuss getötet worden. Das sah nach der Arbeit von einem Profi aus. Wer auch immer der Kerl war, Colt hatte jetzt von ihm die Spur aufgenommen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis er ihn hatte.
 

*
 

Neugierig beobachtete Colt das Treiben auf der spontan errichteten Rednerbühne in der Mitte der kleinen Siedlerstadt. Männer, Frauen und ein paar Halbwüchsige, waren auf den Beinen und scharten sich aufgeregt, wütend oder neugierig um die kleine Rednerbühne. Ein schlaksiger junger Mann hielt eine feurige Rede für die Unterstützung der Star Sheriffs bei der Verteidigung ihrer Freiheit und ihres Eigentums gegen die sich häufenden Überfälle der Outrider, die nach 15 Jahren des Friedens erneut ihr Unwesen trieben. Laute Buhrufe und Geschrei unterbrachen immer wieder den Redefluss des dunkelblonden Mannes, der sich aber in seiner Absicht, die Leute für ein Ja zum Referendum zu bewegen, nicht abhalten ließ. Colt musterte verstohlen die Reaktionen der aufgebrachten Menge. Ihm war klar, dass der junge Redner das nächste potentielle Opfer des Profikillers darstellte. Wenn ihm nicht schnell etwas einfiel, würde der junge Mann in weniger als zwei Stunden die nächste Leiche mit einem Kopfschuss sein. Plötzlich hatte Colt einen Einfall und er beschloss ihn sofort in die Tat umzusetzen.

Er drängte und schubste sich bis ganz vorn an die Bühne heran, wo er dann den Redner mit wüsten Worten beleidigte. „Heh, du halbes Hemd! Was sollen hier in dieser friedlichen Stadt die verdammten Star Sheriffs? Wir sind freie Menschen auf einem freien Planeten! Und das soll auch so bleiben! Wir brauchen deren Hilfe nicht, wir brauchen die Star Sheriffs nicht und dich…“ Hier griff Colt nach dem blass gewordenen Redner und schubste ihn grob von der Bühne. „…brauchen wir hier auch nicht! Verzieh dich du Flasche!“

Der Redner flüchtete mit seiner Begleitung vor den Pfiffen und Buhrufen der aufgebrachten Menge. Ein paar Steine flogen, trafen aber nicht. Colt achtete darauf, dass dem Jungen nichts passierte. Schließlich war er sein Ticket zu dem geheimnisvollen Profikiller.
 

*
 

‚Noch so ein Revolverheld.’ dachte Jean-Claude, als er den Cowboy bei seiner Beschimpfung des Redners beobachtete. Seine Lippen in einem Anflug von Verachtung verziehend, verfolgte er die Vertreibung des schmächtigen Redners. Steine und Flaschen flogen, trafen den Flüchtigen aber nicht. Langsam verstreute sich die aufgebrachte Menge wieder.

‚Fleischlinge sind Sklaven ihrer Emotionen. Was soll man schon von einer minderwertigen Rasse erwarten?!’ Sein Blick kehrte zu dem Cowboy zurück, der sich im Gedränge zurückfallen ließ und fluchend nach etwas suchte. Mit einem deutlichen Blick der Erleichterung klopfte der junge Mann den Staub von seinem wieder gefundenen Schlapphut ab und setze ihn mit einem zufriedenen Grinsen zurück auf sein braunes Haar. Jean-Claude kniff forschend die Augen zusammen. Irgendetwas war an diesem Fleischling, das er nicht ganz erfassen konnte. Der Cowboy trug seinen Waffengurt wie jemand, der mit seiner Waffe gut umgehen konnte.
 

*
 

Colt entdeckte einen abseits stehenden großen, jungen Mann, der sich lässig an die Bretterwand des Saloons lehnte. Der Mann trug die braunschwarze Kluft der Wanderarbeiter. An seiner Hüfte hing eine Waffe, die Colt wegen der Entfernung nicht näher bestimmen konnte. Für einen kurzen Moment zeigte sich so etwas wie Verachtung auf dessen Zügen, als der Redner vor der wütenden Menge die Flucht ergriff. Im Gegensatz zu den anderen umstehenden Menschen, zeigte sich der junge Mann ziemlich unbeeindruckt von dem Trubel auf dem Versammlungsplatz. Seine Körpersprache blieb beeindruckend gelassen.

Nachdem Colt sich seinen verloren gegangenen Cowboyhut wieder aufgesetzt hatte, versuchte er einen Blickkontakt mit dem anderen Mann herzustellen. Für einen kurzen Zeitraum sahen sich beide Männer gegenseitig in die Augen und musterten sich schweigend. Colt lief es kalt den Rücken runter, als er die Kälte in den Augen des Anderen entdeckte. Einen Moment später unterbrach der Fremde den Kontakt und verzog sich in den Saloon. Colt spürte, dass er seinem Ziel schon sehr nahe war. Dieser Fremde hatte irgendetwas Geheimnisvolles an sich. Dem würde er jetzt auf den Grund gehen. Mit raschen Schritten folgte er ihm in den von außen etwas schmuddlig aussehenden Saloon.
 

*
 

Colt zog den Barhocker zu sich herüber und setzte sich in die Nähe des Fremden. Der hatte vor sich ein Glas mit einer durchsichtigen Flüssigkeit stehen. In Colt gingen innerlich die Alarmglocken an, als er das Glas bemerkte. Was war in dem Glass, Wasser oder Alkohol? War der Typ neben ihm etwa ein Outrider?

„Howdy!“ Begrüßte er den grünhaarigen Fremden. Der blickte nur kurz von seinem Glas hoch und zog eine Augenbraue in die Höhe.

„Neu in der Stadt, Amigo?“ fragte Colt Smalltalk mäßig und sah sich nach der Bedienung des Saloons um.

Ein dicklicher Barkeeper, eifrig ein Glas mit einem halb schmuddeligen Lappen putzend, gesellte sich zu den beiden Klienten und sah Colt fragend an. „Was kann ich dir bringen, Junge?“ fragte er gutmütig. Colt murmelte etwas in seinen Bart bevor er sich einen Guavensaft bestellte. Grinsend stellte der Barkeeper wenig später das Glas mit dem Saft vor Colt. „Wohl bekommst, Junge!“ meinte er. Colt schoss ihm einen beleidigten Blick hinterher. Also ehrlich! Er war doch kein Kind mehr!

Colt lümmelte auf dem Barhocker und spielte mit seinem Glas. Wie konnte er bloß diesen Typ aus der Reserve locken? Hm, mal ein anderes Register ziehen.

Am Nebentisch unterhielten sich mehrere alte Farmer über ungeklärte Überfälle in der Region von Anthos-City, die in der Bevölkerung hinter vorgehaltener Hand den Outridern zugeschrieben wurden. In der offiziellen Version war immer noch die Rede von einer Bande. Colt wurde hellhörig. Diese verdammten Phantomnasen wurden langsam unverschämt!

„Ach, Leute, “ mischte er sich in das Gespräch ein, „die Outrider sind so dämlich, dass sie sich höchstens selber in den Fuß schießen! Wie sollen die es geschafft haben, sich an den Verteidigungsanlagen und der Bürgerwehr von Anthos-City vorbei zu mogeln? Dazu braucht es ganze Männer! Das kann man ja von den Phantomfuzzis nicht behaupten.“ Hier grinste er hämisch. Die meisten alten Farmer und Cowboys schüttelten den Kopf. Ein paar lachten aber über Colts Witz.

Die Hand des grünhaarigen Fremden verkrampfte sich um sein Glas und für einen Moment glühten seine Augen wütend auf. Ein paar Sekunden später spielte er wieder Desinteresse vor.

Colt grinste innerlich in sich hinein. Bingo! Das war wohl eindeutig. Jetzt musste er auf der Hut sein.

Colt nahm einen tiefen Zug von seinem Guavensaft und ließ ihn genüsslich auf der Zunge hin und her rollen. Herrliches Tröpfchen! Kein Wunder, dass Dooley darauf schwor.

„Eh, du lebst wohl nach dem Motto ‚Schweigen ist Gold?’, oder so?“ versuchte Colt erneut den Outrider in Spe aus der Reserve zu locken.

Ein eiskalter Blick bohrte sich in das unschuldig grinsende Gesicht von Colt. „ Du nervst, Cowboy.“

Ein bulliger Mann in Farmerkleidung steckte seinen Kopf in den Saloon und sah sich suchend um. Der Barkeeper nickte ihm freundlich zu. „Salut Bernard! Magst du ein Glas Wein mit mir trinken?“ Der grauhaarige Bernard schüttelte bedauernd den Kopf. „ Heut nicht, Sam. Muss los. Ma femme wartet.“

Er entdeckte Colts Thekennachbar und sprach ihn an. „Jean-Claude, dépêche-toi! Nous rentrons à la ferme maintenant. “

Schweigend stand der Angesprochene auf und folgte ohne weiteren Kommentar dem Farmer aus dem Saloon.

Nachdenklich beobachtete Colt das Geschehen. Es war trotzdem nicht auszuschließen, dass dieser Jean-Claude ein verdeckt arbeitender Outrider war. Colt zuckte kurz mit den Schultern, warf einen Interdollar auf die Theke, den sich der Barkeeper sofort kaschte und setzte seinen Hut wieder auf. Pfeifend spazierte er aus dem Saloon. Er hatte immer noch den einen Job vor sich. Es blieb ihm zuerst nichts anderes übrig, als sich dem nächsten potentiellen Opfer des Profikillers an die Fersen zu heften. Diesen Jean-Claude würde er sich danach mal näher anschauen. Aber das hatte noch Zeit.
 

*
 

Gerade noch rechtzeitig für Johnson, dem jungen Redner vom Nachmittag, traf Colt am Ort des Geschehens ein. Der unbekannte Profikiller hatte dem schmächtigen Mann den Blaster an die Stirn gedrückt und schien sich an dessen leichenblassen Gesicht und angsterfüllten Augen zu weiden. Zwei weitere Männer, die Colt als Freunde und Begleiter Johnson wieder erkannte, lagen regungslos am Boden.

Ein Schuss fiel. Die Waffe des Profikillers flog im hohen Bogen davon. Fluchend hielt sich der maskierte Killer das verwundete Handgelenk. Er machte eine schnelle Bewegung, wie um eine neue Waffe zu ziehen, als Colt ein zweites Mal schoss. Stöhnend ging der getroffene Kopfgeldjäger zu Boden. Johnson robbte mit zitternden Gliedern zu seinen Kameraden. Ein Zischen und Fauchen aus der Richtung des getroffenen Killers ließ ihn innehalten und sich umdrehen. Colt riss vor Überraschung die Augen auf, als sich der Profikiller auflöste und ein schwarzer Schlackenrest am Boden zurückblieb.

„Das schlägt ja dem Fass den Boden aus!“ Colt war für einen Moment völlig platt. Da war er diesem Typ schon eine ganze Weile auf der Spur. Aber das es sich dabei um einen der Phantomnasen selber handelte, ging ihm gegen die Hutschnur. Seit wann waren diese Typen so clever?

Johnson hatte sich inzwischen die Waffe des Profikillers geschnappt und richtete sie mit zittrigen Händen auf Colt. „Sie gehören mit dem unter einer Decke! Verschwinden Sie!“

Der Cowboy hob beschwörend seine Hände. „Ruhig, Amigo. Ich bin nicht hier, um dir ein Loch in dein Hemd zu machen. Deine Kumpel brauchen dringend Hilfe von einem Doktor. Also verschwenden wir keine Zeit mehr. Okay, Amigo?“

Im Gesicht des jungen Mannes spiegelte sich ein sichtbarer Kampf ab. Misstrauen wechselte sich ab mit Hoffnung und Verzweiflung. Am Ende senkte er die Waffe und sah erschöpft und ängstlich zu Colt. „Bitte helfen Sie meinen Freunden.“

Colt nickte und kniete sich neben die beiden im Staub der Prärie liegenden Personen. Einer war bereits tot. Der andere, ein hagerer Mittvierziger, lebte noch. Er hatte eine Menge Blut verloren, aber sein Herz schlug noch kräftig. Colt versuchte, so gut wie es eben ging, die Wunde abzudecken, um einen weiteren Blutverlust zu verhindern.

Danach nahm er sein Comgerät und informierte zuerst seinen Partner über die Lage. Dieser versprach Hilfe zu schicken. Schweigend hörte Johnson dem Gespräch zu. Trauer und die Sorge um den Verletzten spiegelten sich in seinen Augen.

Weniger als eine halbe Stunde später traf der Sheriff mit seinen Hilfssheriffs und einem Arzt ein. Der Arzt kümmerte sich sofort um den Verletzten. Ungläubig wurde der Schlackenrest begutachtet und der Sheriff ließ sich von Colt und Johnson Bericht erstatten. Johnson kehrte an die Seite seines noch lebenden Freundes zurück und versuchte dem Arzt bei seiner Arbeit zu unterstützen.

„Sie haben sich Ihr Kopfgeld redlich verdient, Colt.“ Meinte der Sheriff anschließend. Ihm war es auch mehr als recht, dass ein Killer weniger sein Unwesen trieb.

„Ich werde trotzdem das Gefühl nicht los, dass der Outrider hier draußen nicht alleine unterwegs war. Diese Typen tauchen immer in Gruppen auf. Ich werd dann mal losgehen und mir die Umgebung etwas genauer ansehen.“ Colt zog sich seinen Hut in die Stirn und sah den Sheriff nachdenklich an. Dieser nickte und wünschte dem Cowboy viel Glück. Colt legte grüßend eine Hand an die Krempe seines Hutes und machte sich auf den Weg. Er würde diesem Jean-Claude mal auf die Finger klopfen.
 

*
 

Jean-Claude fluchte, als er vor dem total zerstörten Unterschlupf stand. Schon wieder hatte der Unbekannte zugeschlagen und einen seiner Mitagenten zurück in die Phantomzone geschickt. Und nun das hier! Sämtliche Ausrüstungsgegenstände waren unbrauchbar gemacht worden.

Er hatte seinen bisherigen Einsatzort auf der Farm aufgeben müssen, nachdem die Nachricht von einem Kopfgeldjäger die Runde machte, der einen Outrider als Profikiller enttarnt und in die Phantomzone zurückgeschickt hatte. Die französischstämmigen Farmersleute waren plötzlich äußerst misstrauisch geworden und stellten ihren neuen Arbeitern viele Fragen. Dann tauchte plötzlich dieser nervige Cowboy auf. Jean-Claude zählte eins und eins zusammen. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als schnellstens seine Sachen zu packen und zu verschwinden. Bis jetzt konnte er seinen Verfolger noch abschütteln.

Der Einsatz auf diesem stinkenden Fleischlingplaneten gestaltete sich schwieriger, als er es zuerst vermutet hatte. Nach den schnellen Erfolgen am Anfang seines Aufenthaltes waren kaum noch irgendwelche Fortschritte in der Mission zu verzeichnen. Eine Siedlerstadt nach der anderen stimmte dem Referendum zu. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sich die Regierung von Pecos dem Willen der Siedler beugen würde. Die drohende Stationierung von Star Sheriffs, der Eliteeinheit des Kavallerie Oberkommandos, bedeutete sowohl das Ende jeglicher Operationsbasen seines Volkes auf diesem Planeten als auch das Ende seiner Karriere. Er musste schnell handeln, bevor es zu spät war.
 

*

Einige Wochen später saß Colt in einem Straßencafé von Pecos City, der Hauptstadt des Planeten. Das in den letzten Wochen verdiente Kopfgeld ließ den Traum von einem eigenen schnellen Gleiter in greifbare Nähe rücken. Noch so ein paar Aufträge wie die letzten beide und er würde der stolze Besitzer eines solchen Aircraftmodells sein. Die Zukunft sah rosig aus. Colt lehnte sich gemütlich in den Korbsessel zurück und nahm ab und zu einen Schluck von seinem Eiskaffee. Seinen Cowboyhut hatte er auf dem kleinen Tischchen abgelegt, neben Sonnenbrille und Zeitschrift. Es war schönes Wetter und er hatte von seinem Platz aus einen guten Rundumblick auf die Schönheiten des Lebens, besonders auf die mit zwei grazilen Beinen. Eine heiße Brünette mit superkurzem dunkelroten Minirock, der ihre gebräunten Beine zur Geltung brachte, schwebte an Colt vorbei. Verzweifelt versuchte der junge Mann einen Blickkontakt mit dem heißen Gerät herzustellen, was ihm aber nicht gelang. Tief aufseufzend schluckte er die kalte Abfuhr. „Das Leben ist nicht fair!“ schniefte er theatralisch und rührte betrübt in seinem Eiskaffee herum.

Lautes Motorengeräusch von der Straße ließ ihn neugierig aufsehen. Ein offenes Regierungscabriolet fuhr in Begleitung mehrerer Sicherheitskräfte auf Motorrädern relativ langsam an dem Café vorbei. Colt spähte zu den Fahrgästen auf dem Hintersitz des Cabriolets. Er war neugierig, wer da von Pecos Prominenz sich durch die Hauptstadt kutschieren ließ. Ihm fielen vor Überraschung fast die Augen aus dem Kopf, als sein Blick auf einen bekannten dunkelgrünen Haarschopf fiel. „Deibel auch!“ fluchte Colt unterdrückt, als er den Outrider Jean-Claude in der Position eines Leibwächters neben Senator Bennett entdeckte. Der Wagen samt Eskorte war inzwischen an Colts Straßencafé vorbeigefahren und bog in die Nachbarstraße ein. Colt hoffte inbrünstig, dass der Outrider ihn unter den vielen Gästen des Cafés nicht bemerkt hatte.

Der Tag war plötzlich nicht mehr so schön wie noch vor einigen Augenblicken. Colt bezahlte eilig die Rechnung und mischte sich wieder unter die Straßenpassanten. Er hatte noch ein paar wichtige Sachen zu erledigen und seinen Partner zu kontaktieren, bevor er sich der Klapperschlange Jean-Claude widmen würde. Der würde sein blaues Wunder erleben!
 

*
 

„Eliminiert ihn!“ befahl der Anführer der Leibwache. Senator Bennet stand der Angstschweiß im Gesicht. Nie im Leben hätte er gedacht, einmal Opfer seiner eigenen Leibwache zu werden. Ihm war bewusst, dass er nichts mehr gegen seine Hinrichtung tun konnte. Die Männer waren Profis und in der Überzahl. Stumm verfluchte er sein Pech.

Mehrere Schüsse bellten auf und nacheinander stürzten die fünf Leibwächter zu Boden und lösten sich auf. ‚Outrider!’ durchzuckte es den Senator. Ungläubig blickte er von den Schlackeresten zu dem Mann, der ihn vor den Attentätern gerettet hatte.

„Alles in Ordnung, Senator?“ Ernste blaue Augen unter einem Cowboyhut sahen ihn an. Der Senator nickte.

„Gehen Sie in Deckung, bis ich Sie rufe!“ befahl der Cowboy und Bennett beeilte sich, dem nachzukommen. Hinter einem Felsbrocken versteckt, beobachtete er das weitere Geschehen auf dem Plateau.

Jean-Claude kochte innerlich. Sein Blaster befand sich außer Reichweite und er war an der Hand verletzt. Sich von einem Fleischling fangen zu lassen war eine Blamage!

„Verdammter Bastard!“ zischte der junge Outrider.

Colt grinste eine Spur amüsiert. „Aber nicht doch, Jean-Claude! Wer wird denn so ein schlechter Verlierer sein?“

„Verdammt, wer bist du?“

Der Blick des Cowboys wurde hart als er antwortete. „Colt ist mein werter Name.“ Er lud seinen Blaster ohne den Outrider dabei aus den Augen zu lassen. „Ich sorge dafür, dass solchen Phantomnasen, wie du eine bist, das schmutzige Handwerk gelegt wird.“

Jean-Claude gab ein verächtliches Geräusch von sich. „Ihr schwächlichen Fleischlinge habt keine Chance gegen uns!“

Bevor Colt die Möglichkeit hatte darauf gebührend zu erwidern, quietschten Autoreifen und Kommandos von der mobilen Einsatztruppe waren zu hören.

Für den Bruchteil von einer Sekunde abgelenkt, verpasste Colt die schnelle Bewegung des Outriders. Dieser rollte sich aus Colts Reichweite, sprang den Abhang hinunter und verschwand außer Sicht. Colt feuerte einen Schuss ab, konnte aber nicht erkennen, ob er den Outrider getroffen hatte. Weiter unten ging es zu einem weit verzweigten Höhlensystem, welches tief in das Gebirge hineinführte. Colt stolperte fluchend den steilen Hang hinunter. Wenn er sich beeilte, konnte er den Outrider vor dem Betreten der Höhlen schnappen. Doch er kam zu spät. Weit und breit war nichts von Jean-Claude zu sehen oder zu hören. „Wieselflink, der Bursche!“ murmelte Colt enttäuscht. Unsicher lugte er in einen der reichlich vorhandenen Höhleneingänge, welcher sich nach einer kurzen Wegstrecke wieder gabelte. Da einfach hineinzustolpern wäre Wahnsinn. Das war nur mit einer guten Ausrüstung und am besten noch mit einem guten Führer zu bewerkstelligen.

Verärgert, dass sein Gegner ihm am Ende doch noch entkommen war, machte sich Colt auf den Rückweg zum Plateau.
 

*
 

Jean-Claude schritt mit zusammen gebissenen Zähnen aus der Entmaterialisierungskammer auf dem Outriderplaneten und schritt leicht hinkend in Richtung Ausgang. Die Blasterschusswunde am rechten Oberschenkel schmerzte höllisch. Er hatte jedoch nicht vor, irgendein Anzeichen von Schwäche gegenüber dem anwesenden medizinischen Personal oder den beobachtenden Wachen zu zeigen. Die Mission war auf der ganzen Linie ein Reinfall gewesen. Jetzt half nur noch Schadensbegrenzung. Die Schuld an dem ganzen Schlamassel würde er ohne zu zögern seinen Mitagenten anhängen. Schließlich waren die lange vor ihm wegen ihrer Inkompetenz enttarnt und nacheinander von dem Kopfgeldjäger Colt eliminiert worden. Colt – der bloße Gedanke an den Cowboy, ließ Jean-Claudes Augen für einen kurzen Moment vor unterdrückter Wut aufglühen. Noch einmal würde er nicht so einen fatalen Fehler begehen und seinen Gegner unterschätzen. Bei der nächsten Gelegenheit würde er dem Fleischling zeigen, wer der bessere Krieger ist! Die Aussicht auf Rache ließ ihn den Schmerz der Schusswunde besser ertragen. ‘A bientôt, Colt!’
 

ENDE



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