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Children of Elements

Buch I - Freundschaft
von

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Viele Fragen, keine Antworten

Jemand rannte durch den Wald.

Keuchend blieb er einen Augenblick stehen, lehnte sich an einen der alten Bäume und presste die Hände in die Seite.

Nach dieser kurzen Ruhepause rannte er mit Höchstgeschwindigkeit weiter, auf einen Berg zu, der sich hinter dem Wald erhob.

Er konnte sich nicht irren!

Der Schatten, der über das Dorf gehuscht und Richtung Berg verschwunden war, konnte nur eines bedeuten. Xankir war wieder da!

Fynn stolperte den Berg hoch. Wieder musste er wegen seiner stechenden Seite anhalten.

Er erblickte einen Busch und erinnerte sich an den Tag, an dem er Xankir kennen gelernt hatte. Damals war er nicht hier rauf gerannt, sondern hatte sich von Felsvorsprung zu Felsvorsprung geschlichen und versucht seine „Beute“ nicht aufzuschrecken.

Der Junge lief langsam weiter. Er hatte lange auf die Rückkehr seines Freundes gewartet. Fast eine ganze Mondperiode lang.

Fynn erreichte die Baumgruppe, hinter der die Höhle war, die ihm und seinem Freund als Versteck diente. Er bog ein paar Zweige zur Seite und lief hinein, wartete nicht, bis seine Augen sich an die plötzliche Dunkelheit gewöhnt hatten, sondern ging sofort in den Gang ganz links und… war am Ziel.

Xankir rannte ihn vor Freude fast um.

„Uff, lass mich weiterleben, ich bitte dich“, lachte der Mensch.

„Fynn! Du hast meine Nachricht also bemerkt und richtig gedeutet“, antwortete ihm eine Stimme, die wie das Knarzen eines alten Baumes klang.

„Deine ‚Nachricht’ war ja auch kaum zu übersehen! Nur gut, dass es gerade Mittagszeit ist und alle in den Häusern sitzen und essen! Sonst hätte jeder gleich bemerkt, dass ein Drache über unserem Dorf fliegt!“

Der Drache rieb seinen Kopf an Fynns Schulter.

Lachend schob dieser ihn weg und stand auf.

„Und? Erzähl!“, sagte er und setzte sich dem Drachen gegenüber.

Xankir legte sich hin und berichtete:

„Also, ich bin zu meinem Clan zurückgekehrt. Sie haben sich schon Sorgen gemacht und befürchtet, Jäger hätten mich erwischt. Ich habe ihnen erzählt, dass ich es leid war, von ihnen wie ein Jungdrache behandelt zu werden. Ich habe auch meine Begegnung mit dir nicht verschwiegen. Sie haben mich gewarnt, dass ich nicht so vertrauensselig sein sollte, aber ich habe keine Angst vor dir, ich vertraue dir.“

„Das kannst du auch, Xankir! Hast du ihnen erzählt, wo diese Höhle ist?“

„Nein, ich habe ihnen auch nicht den Namen deines Dorfes verraten. Ich habe mich nur eine Weile dort ausgeruht, meine Mutter und den Clanältesten beruhigt und dann habe ich Abschied genommen und bin hierher zurückgeflogen.

„Und was ist mit deiner Wunde?“, fragte Fynn, stand auf, nahm den Kopf des Drachen in seine Hände und strich vorsichtig darüber.

„Ach die, die war nicht schlimm. Meine Mutter hat mir eine Salbe darauf gestrichen und sie war nach einer halben Mondperiode vollkommen verheilt“, beruhigte Xankir Fynn.

Der Mensch strich über die, noch nicht ausgewachsenen Hörner seines Freundes.

„Die sind ganz schön gewachsen“, meinte er erstaunt.

„Ja, das wird jetzt ziemlich schnell gehen, meinte der Clanälteste“, antwortete der Drache.

Fynn fuhr nachdenklich mit der Hand über sein Kinn. Er spürte viele kleine, aber feine Haare.

„Meine Haare im Gesicht wachsen auch endlich“, teilte er stolz mit.

Gerade wollte er seinem Freund erzählen, wie der arrogante Nachbarsjunge vor ein paar Tagen, beim Versuch auf ein Pferd zu steigen, zu viel Schwung genommen hatte und über das Tier gefallen war, da fing etwas vor der Höhle furchtbar an zu knurren und zu fauchen.

Der Mensch zuckte zusammen, doch sein Freund hob nur überrascht den Kopf und murmelte: „Was will der denn hier?“

Er stand auf und trottete auf den Eingang ihres Versteckes zu.

Fynn folgte ihm zögernd.

Noch einmal war das Knurren und Fauchen zu hören.

Der Junge blieb stehen. „Was ist das nur?“, flüsterte er.

Seine Knie zitterten so sehr, dass Fynn befürchtete, dass sie ihn nicht mehr lange tragen würden.

Sein Freund hatte nicht bemerkt, dass Fynn zurückgeblieben war und war bereits aus der Höhle gegangen.

„Was machst du hier? Bist du mir etwa gefolgt?“, hörte Fynn den Drachen fragen.

Und ein drittes Mal ertönten diese gefährlich klingenden Laute.

Fynn ging langsam seinem Freund nach und stütze sich dabei an den felsigen Wänden ab.

Er blieb am Rande des Einganges stehen und blinzelte ins Licht.

Als sich seine Augen daran gewöhnt hatten, schrak er zurück.

Vor Xankir stand ein mindestens eine Armlänge größerer Drache. Xankirs dunkelgrün leuchtende Schuppen waren beeindruckend, aber nichts im Vergleich zu denen, in einem tiefen Blau glänzenden des anderen Drachens.

Der Blaue hatte den Menschen entdeckt und zuckte einen Schritt zurück und starrte ihn mit seinen katzenähnlichen Augen an. Dann öffnete er seine längliche Schnauze und knurrte ihn an.

Fynn überwältigte Angst, seine Gedanken schienen ausgeschaltet zu sein, sein Körper war wie gelähmt. Nach einer, wie ihm schien endlos langen Zeit, löste der unbekannte Drache den Blick von ihm und wandte sich wieder Xankir zu.

Dieser sah seinen kleinen Freund verständnislos an.

„Fynn, warum antwortest du ihm nicht?“

Der Mensch konnte nicht antworten. Noch immer befand er sich im gnadenlosen Griff dieser fast schon panischen Angst.

Xankir legte den Kopf schief. Der blaue Drache knurrte wieder.

„Nein, tut mir leid, ich weiß auch nicht, warum er dir nicht antwortet“, sagte Xankir.

Der Fremde begann abermals zu knurren und zu fauchen.

„Nein Rorax, er ist in Ordnung, glaub mir!“

Noch einmal knurrte der Andere.

Xankir rollte mit den Augen. „Dann glaubst du mir halt nicht“, antwortete er ein bisschen patzig. „Also ich weiß echt nicht, warum du solche Angst vor ihm hast Rorax! Erstens vertraue ich ihm und das müsste dir eigentlich schon reichen, und zweitens ist er alleine. Klar sind Menschen gefährlich, aber nur in Gruppen, also verlier nicht gleich deine Hörner vor Angst. So, und jetzt…“ Xankir verstummte und lauschte in Richtung Wald.

Etwas bewegte sich dort.

Laub raschelte, Pferde schnaubten, Zaumzeug klirrte. Dann ritt eine kleine Reiterschar unter den Bäumen hervor.

Rorax drehte sich zu ihr um, riss sein Maul auf und brüllte.

„GRRROOOOOOAAAAARRRRR!!“

Xankir aber rief panisch: „Menschen!!“, breitete seine Schwingen aus und war mit einem Flügelschlag in der Luft und mit einem Zweiten über den Baumkronen verschwunden.

Rorax war immer noch da und wie es schien stinksauer.

Er schlug mit dem Schwanz aufgeregt hin und her. Dann holte er Schwung und peitschte ihn gegen die wenigen schwächlichen Bäume, die die Höhle versteckten. Diese fielen um als wären sie Getreide und Rorax’ Schwanz eine Sense gewesen.

Die Reiter, die bei dem Anblick der beiden Drachen erstarrt und kreidebleich geworden waren, fingen an zu schreien. Die Pferde scheuten, warfen ihre Herren ab, und wer sich doch noch auf seinem Tier halten konnte, wurde durch Zweige und Dornengestrüpp auf das Dorf zu getragen.

Die Männer, die abgeworfen worden waren, Fynn erkannte, dass es Leute aus seinem Dorf waren, schrien und schimpften, fielen übereinander und es herrschte ein heilloses Durcheinander.

Nun folgte Rorax Xankir und war im Nu in der Luft und in die Richtung, in die Xankir geflogen war, verschwunden.

Fynns Beine gaben nach und er landete unsanft auf dem Boden.

Die Männer hatten sich wieder aufgerappelt. Ungläubig starrten sie abwechselnd auf den Jungen am Boden und auf den nun drachenlosen Himmel.

Schließlich hatte sich der Anführer der Reiter wieder gefangen.

Fynn kannte ihn gut. Es war der Schmied des Dorfes.

Nun schrie er die Männer an.

„Steht auf! Los, durchsucht die Höhle, vielleicht gibt es noch einen Drachen darin! Und du? Geht es dir gut Fynn, hat dir eines dieser Mistviecher etwas getan? Bist du verletzt?“, fragte der bullige Mann und zog den Jungen auf die Beine.

Er ließ Fynn keine Zeit zu antworten.

„Was hast du denn hier gemacht? Was ist passiert? Wo kamen denn die Drachen her? Ein Wunder, dass sie dich nicht sofort aufgefressen haben! Haben ganz schön laut gebrüllt, die Viecher, oder?“, dann lachte er dröhnen.

„Ich wüsste nur zu gerne, was die sagen würden, wenn sie sprechen könnten.“

„Was…?“, meldete sich Fynn nun. „Aber, hast du ihn denn nicht ‚Menschen!’ rufen hören?“

„Wer soll das gerufen haben?“, fragte der Schmied verdutzt.

„Na, der Drache mit den grünen Schuppen.“

Daraufhin sagte der Schmied eine Weile lang nichts mehr. Dann schüttelte er den Kopf und murmelte: „Muss vom Schock kommen. Sprechende Drachen. Der arme Junge. Was ist Leute, habt ihr was gefunden?!“, rief er, als die Männer wieder aus der Höhle kamen.

Diese schüttelten die Köpfe.

„Na gut, dann gehen wir jetzt heim!“. Der Schmied packte Fynn am Arm, als hätte er Angst, der Junge könnte umfallen, und sie gingen zurück zum Dorf.

Schon am Waldrand standen die Dorfbewohner, um die Heimkehrenden zu begrüßen und um herauszufinden, was denn nun aus dem blutrünstigen blauen Drachen geworden ist.

Die Männer, die von ihren Pferden heimgebracht worden waren, hatten bereits die Kunde von den beiden Drachen oben auf dem Berg verbreitet.

Nun wurden die „tapferen“ Männer in die Mitte genommen und alle zusammen wanderten zum Dorfplatz um die Geschichte zu hören.

Nur Fynn nicht. Seine besorgten Eltern hatten ihn sofort empfangen und brachten ihn nach Hause, wo er, trotz Protest, ins Bett gesteckt wurde.

Dann hatte er Zeit über das Geschehene nachzudenken.
 

Am nächsten Tag schlich sich Fynn frühmorgens aus dem Haus.

Er wollte zu Xankir, wusste aber nicht, wo er ihn treffen könnte. Also durchstrich er planlos den Wald. Aber diese unerklärliche Angst vor dem blauen Drachen war noch nicht verschwunden.

Flügelschlagen war auf einmal zu hören. Ein grüner Drache landete auf einer Lichtung ganz in der Nähe. Fynn rannte auf Xankir zu.

„Alles in Ordnung bei dir?“, fragte der Junge seinen Freund.

Xankir nickte.

„Und… und wo ist… dieser blaue Drache?“, fragte er vorsichtig.

„Rorax wartet an einem geheimen Ort auf mich. Er traut dir noch weniger als zuvor. Du hast dich gestern aber auch wirklich komisch benommen, Fynn, was war los? Warum hast du Rorax nicht geantwortet, als er dich fragte, wie dein Name ist?“

„Xankir, ich weiß nicht wieso, aber ich glaube, dass ich nur dich verstehen kann und keinen anderen Drachen sonst.“

„Was?“, rief Xankir. „Aber wie kommst du denn darauf?“

„Na ja, ich konnte den anderen Drachen, diesen Rorax, nicht verstehen. Alles was ich hörte, war Fauchen und Knurren. Ich konnte nur verstehen, was du sagst.“

„Was?“, wiederholte Xankir. „Das ist mir unerklärlich. Aber ich verstehe auch immer noch nicht, warum du Rorax so schockiert angesehen hast. Hattest du etwa Angst vor ihm? Es schien fast so.“

„Ja, ich hatte Angst vor ihm. Aber ich kann dir nicht sagen, warum. Es war, als wäre mein Verstand ausgeschaltet und ich hatte nur noch panische Angst.“

„Aber warum? Du hattest doch auch keine Angst vor mir, als du mich das erste Mal gesehen hattest.“

„Ich weiß es nicht. Ich hatte damals sofort das Gefühl, dass ich mich nicht vor dir fürchten muss. Aber du hattest ja auch keine Angst vor mir, dafür aber vor den Reitern, dabei waren das noch nicht einmal Jäger. Rorax hatte keine Angst vor ihnen.“

„Oh doch, Rorax hatte Angst, aber er ist mutiger als ich und ist deswegen erst später geflohen. Vor dir hatte er auch Angst. Aber Rorax hat seine Gefühle gut im Griff. Und er ist im Grund ganz nett. Du hättest dich nicht fürchten müssen. Ich hätte dir schon gesagt, wenn er gefährlich gewesen wäre.“

„Ich weiß Xankir, aber ich hatte total Panik! Er sah so gefährlich aus und er war größer als du!“

„Hm, ich glaube, ich weiß, wer und vielleicht helfen könnte, unsere Fragen zu beantworten Fynn.“

„Und wer?“

„Unser Clanältester weiß viele Dinge. Vielleicht kann er uns sagen, warum ich vor Menschen, aber nicht vor dir Angst habe und warum du Rorax nicht verstehen kannst und vor ihm Panik hast.“

„Das heißt, du willst schon wieder weg?“

„Ja“, antwortete Xankir. „Ich werde aber dieses Mal keine ganze Mondperiode dort bleiben. Ich werde nur schnell Rynd, so heißt unser Clanältester, fragen und dann komme ich zurück. Soll… soll ich Rorax fragen, ob er mitkommt? Du musst wirklich keine Angst vor ihm haben! Er ist keinerlei Gefahr für dich.“

Fynn dachte an den Moment zurück, als ihn Rorax fixiert und ihn angeknurrt hatte und schluckte unwillkürlich.

„Na gut. Ich… ich denke, er wird mir schon nichts tun.“

Xankir rieb erfreut seinen Kopf an Fynns Schulter.

„Sag mal…“, begann Fynn. „Was hat Rorax gestern eigentlich alles gesagt? Ich konnte ihn ja nicht verstehen.“

„Als wir in der Höhle waren, hat er mich gerufen. Er gefragt, wo ich sei, er konnte die Höhle ja nicht sehen. Als ich raus kam, hat er gefragt, was ich hier mache. Dann hat er dich gesehen und dich gefragt, wer du bist und wie du heißt. Danach hat er gefragt, warum du ihm nicht antwortest und was mit dir los sei. Dann meinte er, dass er dich seltsam findet und dass ich bloß aufpassen solle. Schließlich meinte er, dass er dir nicht über den Weg traue.“

„Oh, und was hat er gebrüllt, als er die Männer gesehen hat, die aus dem Wald kamen?“, erkundigte sich Fynn.

„Er rief: ‚Verschwindet!!’“, erklärte Xankir. „Er glaubt, dass du mich in eine Falle locken wolltest und er durch sein Auftauchen deinen Plan zunichte gemacht hätte.“

„Aber du glaubst das doch nicht, oder Xankir?“

„Nein“, antwortete der Drache.

„Dann will Rorax sicher nicht mitkommen, wenn er so von mir denkt."

„Ich werde ihn schon überreden“, meinte Xankir.

Dann verabschiedeten sich die beiden voneinander und Xankir flog fort.
 

Fynn blieb alleine auf der Lichtung zurück, mit vielen Fragen, aber ohne Antworten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Olschi
2007-04-22T12:46:14+00:00 22.04.2007 14:46
ich kann mir die beiden schönen Drachen so richtig vorstellen. Ich werde die Geschichte auf jedenfall weiterlesen


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