Zum Inhalt der Seite

Schattenkrieg

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Rätsel

Gott, hat mir dieses Kapitel Nerven gekostet!! >_____< Es wird immer wirrer habe ich so den Anschein, bin völlig unfähig meine konfusen Gedanken sinnvoll aus Papier zu klatschen. *sigh* Lest selbst ob ihr was damit anfangen könnt. Ich hoffe doch...
 


 

Die Luft, die ihnen aus dem Innern des Schiffes entgegenschlug, war kühl und ließ die fünf Menschen frösteln. War es draußen in der sommerlichen Sonne jetzt am Mittag viel zu heiß, so war es hier drinnen noch immer empfindlich kalt. Es war, als würden sie durch ein verborgenes Tor in eine vollkommen andere Umgebung treten.

Selbstverständlich war das absurd. Doch diese Kühle trug zu der unheimlichen Aura des Kreuzers bei.

Ihre Schritte hallten scheppernd durch die leeren Gänge. Tiefe Dunkelheit erstreckte sich scheinbar endlos weit ins Nichts und wurde nur ungenügend durch die Lichtkegel der Taschenlampen durchstochen. Jenseits dieses Lichtes schien diese Dunkelheit sich noch zu verdichten.

„Wir checken zuerst die Unterkünfte und die Messe.“ Wie ein unsichtbarer Geist hing Gibbs Stimme in der Stille und wurde hohl von den Metallwänden zurückgeworfen. Er hatte seine Stimme gesenkt, so wie manche Menschen ihre Stimmen in einer Kirche ehrfürchtig senken. „Danach gehen wir weiter zur Brücke. Den Maschinenraum und die Ladedecks nehmen wir uns zum Schluss vor.“

Die anderen nickten schweigend und folgten ihm dann tiefer in den Bauch des Schiffes hinein. Mit beinah traumwandlerischer Sicherheit leitete Gibbs die kleine Gruppe durch die Eingeweide der SeaCrawler, durch das unüberschaubare Labyrinth aus Gängen, Treppen und Decks.

Wie ein Geisterschiff präsentierte sich der Kreuzer. Verlassen. Ohne einen einzigen Hinweis auf Leben. Und überall bot sich ihnen das gleiche Bild wie draußen: Die metallenen Wände waren überzogen von einer grünen Patina oder bereits angefressen von Rost. Stellenweise gähnten sogar fransige Löcher und gaben den Blick auf die dahinter liegenden Hohlräume und Verkabelungen frei. Die Metallroste, über die sie hinweggingen, knarrten ebenfalls bedenklich und leise rieselte Staub von ihnen herab. Bei den schmalen Treppen bestand Gibbs darauf, dass nur einzeln auf das nächste Deck gegangen wurde, wobei er jedes Mal als erster behutsam die Stufen hinauf oder hinabstieg.

Sie erreichten die ersten Unterkünfte nach nicht allzu langer Suche. Großunterkünfte mit Schlafgelegenheiten für sechs Mann, Duschen, Toiletten und Aufenthaltsräumen. Offensichtlich waren sie zum Zeitpunkt des Verschwindens in Benutzung gewesen, denn sowohl in den Schafräumen als auch in den Aufenthaltsräumen fanden sich unzählige persönliche Gegenstände der Besatzungsmitglieder. Tassen, Bücher, Zeitschriften, Fotos, Spiele, Kleidung. Die Betten waren bezogen und zerwühlt von ihren Benutzern.

Tony griff nach einem dem der Glanzmagazine, zog es zu sich heran und schlug es mit einem süffisanten Grinsen auf. „Ja, ein solch langandauernder Aufenthalt auf See, ohne Aussicht auf einen baldigen Landgang, wäre eine wahre Folter, wenn es diese netten kleinen Zeitschriften nicht gäbe. Man sollte den Herausgebern eine Auszeichnung dafür geben, dass sie unsere Jungs bei solch unwirtlichen Einsätzen bei Laune halten.“

Er blinzelte geblendet, als Kate ihn zusammen mit dem Magazin fotografierte und der grelle Blitz die tiefe Dunkelheit für wenige zehntel Sekunden vollkommen vertrieb. So konnte er auch ihr böses Lächeln nicht sehen, mit dem sie ihn über die Kamera hinweg bedachte und das sich in ein vergnügtes Kichern verwandelte, als sich die Papierseiten unter seinen Fingern mit einem leisen Rascheln zersetzten. „Wie man einmal mehr sehen kann, ein Vergnügen ohne Dauer.“

Perplex starrte er auf die Krümel an seinen Fingern und die jetzt ausgefransten Seitenränder. „Das war die Mai-Ausgabe!! Nicht einmal ein halbes Jahr her. Boss...“

„Ja Tony, ich weiß.“ Er hob eines der aufgeschlagenen Bücher hoch und drehte es mit den offenen Seiten zum Boden. Die Blätter lösten sich nach einem winzigen Augenblick des Zögerns vom Rücken des Buches und segelten lautlos zu Boden. Wieder zerriss der Blitz von Kates Kamera die Dunkelheit.

Mulder schritt indes von einem Tisch zum nächsten, ließ seinen Finger über deren Oberflächen gleiten oder berührte Stühle und Regale. „Nirgends ist Staub, nicht das kleinste Körnchen.“ Er blieb bei einigen lose herumliegenden Fotos stehen und leuchtete sie mit seiner Taschenlampe aus. „Agent Todd?“

Kate kam zu ihm herüber und lichtete das vorliegende Gesamtbild ab. Dann beobachtete sie neugierig, wie der FBI-Agent eines der Fotos behutsam auf seine Handfläche legte und betrachtete. „Sehen Sie. Es ist brüchig, genau so wie die Zeitschriften und Bücher hier. Aber es besitzt noch immer die volle Farbenvielfalt und Intensität, als wäre es grade erst entwickelt worden. Es ist weder verblasst, noch vergilbt, so wie es sich für ein Foto gehören würde, welches so alt ist, dass es in den Fingern zu Staub wird.“

Erstaunt hob Kate einen Moment den Blick und schaute in die glitzernden Augen von Mulder. Dann wandte sie sich den anderen Fotos zu und untersuchte sie. Er hatte recht. Und auch die Zeitungen sahen aus wie druckfrisch. „Aber wie kann das sein? Ich meine...“ Sie verstummte als ihr bewusst wurde, dass ja nicht einmal der gesamte Kreuzer so alt war, dass er diese extremen Alterserscheinungen haben durfte. Und schließlich hatten sie auch dafür keine Erklärung. „Wie ist sowas nur möglich?“

Mulder ließ das Foto zurück auf den Tisch gleiten, wo es mit einem Mal in tausende kleine Schnipsel zerfiel. Dann folgte er Gibbs weiter in die Duschräume, die überzogen waren mit weißem Kalk und schwarz-grünlichem Schimmel. „Ein Zeitsprung. Oder genauer eine Zeitschleife, in die das Schiff geraten ist und nur durch einen Zufall wieder heraus kam. Es hat dadurch wesentlich mehr Zeit verloren als wir in unserer Zeitrechnung. Wahrscheinlich hat es Jahrzehnte damit verbracht einen Weg nach Hause zu finden.“

Scully beobachtete mit Unbehagen, wie Gibbs sich steif aufrichtete und nur ganz leicht den Kopf in Richtung ihres Partners wandte. Aber er sagte nichts. Glücklicher Weise lag sein Gesicht im Dunkeln, aber sie könnte schwören, dennoch das verärgerte Funkeln seiner Augen zu sehen.

„Ein solches Phänomen ist äußerst selten und wird daher eher als Spukgeschichte verkannt. Aber es gibt Orte, an denen solche Falten in der Zeit sehr häufig auftauchen. Orte wie das so genannte Bermuda-Dreieck. Die Vereinigten Staaten haben sogar einst mit diesem Phänomen experimentiert. Mit Sicherheit ist Ihnen das Philadelphia-Experiment ein Begriff.“

Jetzt drehte sich Gibbs vollkommen zu Mulder um. „Hören Sie auf uns für dumm zu verkaufen, Agent Mulder! Oder glauben Sie diese Märchen, die Sie da erzählen, etwa?“

„Wirklich bewiesen wurden derartige Zeitfalten noch nicht, Agent Gibbs.“ Scully räusperte sich und begegnete dem NCIS-Agent dann mit einem leichten Lächeln. Sie selber hatte einst diesen Blick auf Mulder geworfen, so voller Fassungslosigkeit und Unglauben. Sie hätte nicht gedacht einmal diejenige zu sein, welche die abenteuerlichen Geschichten ihres Partners wissenschaftlich untermauerte, um damit das Bild eines vollkommen übergeschnappten FBI-Teams noch zu verstärken. „Wissenschaftlich betrachtet sind derartige Vorkommnisse allerdings durchaus im Bereich des Möglichen. Sogar Einstein hatte diese Erkenntnis bereits und ist damit an die Öffentlichkeit getreten. Selbstverständlich hat ihm damals niemand geglaubt.

Dabei treten Zeitfalten immer noch häufiger auf als Zeitschleifen. Eine Zeitschleife würde erklären, wie die SeaCrawler hier her gelangt ist. Sie überfuhr auf ihrem Weg in den Nahen Osten solch einen Riss in der Zeit, wurde aus unserer Zeitrechnung herausgerissen und übersprang gleichzeitig mehrere Jahrzehnte. Raum und Zeit sind eng miteinander verbunden und können niemals voneinander getrennt werden. Geschieht das aber dennoch, so kann es passieren, dass das davon betroffene Objekt an einem vollkommen anderen Ort wieder zurück in unsere Zeitrechnung gelangt. Dabei entscheidet der Zufall, an welchem Ort dieses Planeten das Objekt wieder auftaucht.

Wir hatten Glück, dass es in diesem Fall tatsächlich auf dem Boden der Vereinigten Staaten gewesen ist.“

Tony zog hinter dem Rücken der rothaarigen Agentin den Kopf zwischen die Schultern und warf Kate einen vollkommen entsetzten Blick aus weit aufgerissenen Augen zu, den sie mit offen stehendem Mund beantwortete. Dann wandten sich beide ihrem Boss zu, doch die erwartete Katastrophe blieb auf wundersame Weise aus.

„Tatsächlich?“ Gibbs verschränkte die Arme vor der Brust und schaute Scully belustigt an. „Sie sind Wissenschaftlerin, nicht wahr?“

Scully seufzte unbehaglich. „Ich bin Ärztin. Aber meine jahrelange Arbeit an der Seite Agent Mulders führt automatisch zu einem wissenschaftlichen Grundwissen. Meine Aufgabe ist dabei stets gewesen die Glaubhaftigkeit seiner Theorien zu beweisen oder zu widerlegen.“

„Also ist es in Wirklichkeit seine Idee?“

„Agent Mulder schließt bloß in Frage kommende Ursachen nicht von vornherein aus, nur weil sie zu abenteuerlich sind, um vor der Allgemeinheit zu bestehen. Es hat sich aber erwiesen, dass er erstaunlich häufig das richtige Gespür für derlei Dinge besitzt.“

Mulder wandte ihr verwundert den Kopf zu und konnte sich ein schiefes Grinsen nicht verkneifen. Doch Scully dachte gar nicht daran zu ihrem Partner zu schauen, geschweige denn von dieser Geste Notiz zu nehmen. Warum zum Teufel sah sie sich in letzter Zeit ständig genötigt seinen Hintern vor zu viel Ärger zu retten?

Gibbs schwieg einige Zeit, als würde er über das Gesagte nachdenken. Dann zuckte er mit den Schultern und verließ den Raum. „Sie sollten sich einmal mit unserer Wissenschaftlerin darüber unterhalten. Ich bin sicher, sie wird ihre helle Freude daran haben.

Kate, mach ein paar Fotos von dem Zustand der Nasszellen, wir gehen weiter zur Brücke.“
 

Den weiteren Weg legten sie in tiefem Schweigen zurück. Zu bedrückend war die Atmosphäre in diesen düsteren, kalten Gängen des Navy-Kreuzers. Außerdem hing jeder von ihnen seinen eigenen Gedanken nach und versuchte sich einen Reim auf das zu bilden, was sie hier sahen und was sie bisher gehört hatten.

Selbst wenn auch nur ein Hauch von Wahrheit an dieser aberwitzigen Idee war, so erklärte es doch nicht, was mit den ganzen Besatzungsmitgliedern geschehen war. Sie wären zwar wohl einer Gruppe von Rentnern begegnet, aber sie hätten auf jeden Fall überhaupt irgend jemanden Antreffen müssen. Es gab genügend Spuren, die auf menschliches Leben hinwiesen. Aber nicht einen einzigen Hinweis auf deren Verursacher. Das verstärkte das Unwohlsein der fünf nur noch mehr.

Sie benutzten den Weg, der sie über das offene Deck zur Brücke führte und ließen sich ausgiebig Zeit, die dort installierten Waffenvorrichtungen zu untersuchen. Keinen zog es in allzu kurzer Zeit wieder unter Deck.

Das Bild blieb allerdings auch das selbe. Rost und Grünspan. Granatwerfer die sich keinen fingerbreit mehr ausrichten ließen, festgerostete Schrauben und Hebel, die bei zu starker Beanspruchung auch das ein oder andere Mal splitternd abbrachen.

Ihr nächstes Ziel war der Kontrollturm in der Mitte des Schiffes. Die unscheinbare Eingangstür duckte sich in den tiefen Schatten eines Geschützturms und klemmte beharrlich. Erst als Gibbs sich mit seinem gesamten Körpergewicht dagegen warf, gab sie mit einem kläglichen Kreischen nach und gab den Weg in den Aufgangsschacht frei. Hintereinander huschten sie die schmalen Stufen hinauf und betraten am Ende der Treppe schließlich die Brücke. Durch die großen Panzerglasfenster floss Sonnenlicht und flutete den mit Technik überladenen Raum. Dahinter spannte sich ein makellos blauer Himmel und der einst stolze Bug der SeaCrawler.

Unter anderen Umständen wäre Scully voller Begeisterung gewesen, die Kommandozentrale eines Navy-Kreuzers betreten zu dürfen. Zu Lebzeiten ihres Vaters war ihr dergleichen nie vergönnt gewesen. Doch jetzt hielt sie abrupt inne, kaum dass sie den Treppenaufgang verlassen hatte. Einen Teil der Besatzung hatten sie jetzt jedenfalls gefunden.

Wieder war es das Klicken und das grelle Blitzen der Kamera, was die betretene Stille im Raum unterbrach, als Kate das grausame Szenario auf den kleinen Speicherchip bannte. Erst dann bahnte sich Gibbs vorsichtig einen Weg an den am Boden liegenden Leichen vorbei, hinüber zu einem hochlehnigen Sessel. Auf diesem saß die zusammengesunkene Gestalt des Kapitäns. In seiner linken Schläfe klaffte ein knapp vier Millimeter großes Loch, von dem sich dunkle Schlieren über das Gesicht und den Hals zogen, bis hinunter über die Schulter, Brust und Rücken. Der linke Arm hing herab, die verknöcherte offene Hand wies zu Boden, auf dem eine Smith&Wesson Kaliber 38 lag.

Einen winzigen Moment lang starrte der silberhaarige Agent auf das bizarre Bild, dann wandte er sich ab und ließ seinen Blick durch den Raum und über die vier weiteren Leichen schweifen. Scully und Mulder schritten indes von einem zum nächsten, sie alle lagen an genau dem Ort, an dem sie vor ihrem Tod eingesetzt gewesen waren. Am Radar, am Funk, am Sonar und an der Navigation. Und jeder von ihnen war den schweren Verletzungen durch einen gezielten Schuss in den Brustbereich erlegen.

„Er muss sie erschossen haben. Erst sie, dann sich selbst.“ Scully erhob sich aus der Hocke und klopfte sich den Staub von der Hose. „Aber warum? Und was ist mit dem Rest der Besatzung?“

Sie erhielt keine Antwort und Mulder schien seine Partnerin gar nicht erst gehört zu haben. Sein Blick war wie gebannt auf einen schwarz-bläulichen Fleck am Boden neben dem Kapitässessel geheftet und seine Augen wurden schmal, als er mit wenigen Schritten an ihn herantrat und sich eilig ein Paar Einmalhandschuhe überzog. Behutsam strich er über den Fleck hinweg und tatsächlich blieb etwas von einer öligen Flüssigkeit an seinen Fingern kleben. „Scully!“ Er verrieb die Flüssigkeit auf dem Handschuh, sie war zäh und dickflüssig ohne zu kleben, und roch vorsichtig daran. Wortlos hielt er Scully die Hand hin. Sein Blick sprach Bände.

„Mulder...“ Ein düsterer Verdacht keimte beim Anblick dieser Substanz in ihrer Brust. Gleichzeitig schlich der kalte Schatten der Angst ihren Rücken hinauf, der Angst vor der Vergangenheit, die sie so sehr gehofft hatte abgeschlossen zu haben. „Mulder, das kann unmöglich sein. Das würde ja bedeuten...“ Sie verstummte und ihr Blick flackerte unruhig von einem Auge ihre Partners zum anderen. Dieses eine Mal wünschte sie sich, dass er wieder einen seiner Scherze mit ihr trieb oder sich irrte. Aber sie wusste genauso gut, dass er bei diesem Thema niemals lügen würde.

Dann wurden sie unsanft wieder zurück in die Gegenwart gerissen. Gibbs hatte sich zu den FBI-Agents heruntergebeugt, das Cap ein Stück nach hinten geschoben, und schaute nun von einem zum andern. Seine Augen funkelten. „Wären Sie so gut und erklären uns, was das heißen soll? Was ist es, dass es Ihnen einen solchen Schrecken einjagt?“ Ihm war die Bestürzung der beiden keineswegs entgangen. Er hatte den Fleck für einen alten Rückstand ausgelaufener Betriebsflüssigkeit gehalten. Doch offensichtlich war es nichts dergleichen ungefährliches.

„Agent Gibbs...“

Mulder sprang auf noch bevor Scully zu einer Erklärung ansetzen konnte. Er riss sich die Handschuhe von den Händen und schleuderte sie weit von sich. „Wir müssen in den Laderaum. Schnell!“

„Mulder!“

Er sprang zu Tür, fast so als würde er vor dem, was er entdeckt hatte, fliehen. Doch DiNozzo versperrte ihm den weiteren Weg. „Mein Boss hat Sie grade etwas gefragt, Sir.“

Einen Augenblick lang erwog Mulder die Möglichkeit diesen geleckten Machoagenten einfach aus dem Weg zu räumen, entschied sich dann aber doch dagegen. Er brauchte den NCIS. Jetzt scheinbar noch dringender als anfangs erwartet. Mit einem tiefen Seufzer schloss er kurz die Augen und drehte sich dann noch einmal um.

„Ist es etwa wieder eines dieser Schauermärchen, was Sie uns jetzt erzählen wollen?“

„Ich nehme es Ihnen nicht übel, dass Sie mein Fachwissen als solches bezeichnen, Agent Gibbs.“ Er blickte müde auf. „Aber wir werden erst Gewissheit haben, wenn wir die Laderäume kontrolliert und die Leichen obduziert haben. Vorher will ich keine falschen Vermutungen in die Welt setzen.“

„Er hat Recht, Sir. Allein anhand dieses Fleckes können wir nicht mit Sicherheit sagen, ob unsere Befürchtungen begründet sind. Noch könnte es sich auch um einen unglücklichen Zufall handeln.“Scully rang mit ihren Händen. „Aber wir müssen schnell handeln. Sie können gewiss sein, dass wir Sie ins Bild setzen, sobald wir Gewissheit haben.“

Gibbs schüttelte langsam den Kopf, der Unglaube war ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. „Das scheint ja durchaus zur Gewohnheit zu werden, wenn man mit Ihnen zusammenarbeitet, kann das sein? Ich weiß nicht was es ist, was sie so sehr aus der Fassung bringt. Aber für mich sieht das hier zweifellos nach einem Tötungsdelikt seitens des Kapitäns aus. Erst seine Crew, dann sich selbst, ohne irgendwelche mysteriösen Ungereimtheiten.“

„Und warum sollte er so etwas tun?“ Mulder knurrte innerlich. Er war es so leid sich immer und immer wieder vor anderen rechtfertigen zu müssen. Er hätte sich gewünscht mit Scully hier allein zu ermitteln, doch offensichtlich war es ihm nicht vergönnt. „Korrigieren Sie mich, wenn ich mich irre. Aber ich denke, dass ein gestandener Marine keinesfalls ein Ende wie dieses für sich und seine Männer bestimmt hätte. Männer wie sie flüchten sich nicht grundlos in den Freitod, Agent Gibbs.“ Seine braunen Augen versprühten Blitze. Ohnmächtiger Zorn regte sich tief in ihm. Ein Zorn, der sich nicht gegen die anderen Ermittler richtete, sondern der seit langem in ihm schlummerte und nur darauf wartete wieder zum Leben zu erwachen, um ihn ein weiteres Mal zu quälen. Der Zorn und die Traurigkeit über die unzähligen Verluste und das Leid, welches ihm und seinen nahestehenden Personen widerfahren war. Er hatte geglaubt zumindest einen kleinen Sieg errungen zu haben. Wenn schon keinen endgültigen, so doch zumindest auf weite Sicht unmöglich fortzuführen. Doch er hatte sich wieder einmal geirrt.

„Nicht anfassen!“ Sowohl Mulder als auch Scully waren blitzartig zu der jungen NCIS-Agentin herumgefahren und riefen ihr wie aus einem Mund diese Warnung entgegen. Wie angewurzelt verharrte Kate daraufhin in ihrer Bewegung und schielte zutiefst erschrocken zu Mulder und Scully auf. Ihre Finger schwebten nur wenige Zoll über dem unheilvollen Fleck. Dann, ganz langsam, zog sie ihre Hand wieder zurück.

„Bitte...“ Mulder strich sich fahrig durchs Haar und hob dann beschwichtigend die Hände, als Kate verärgert die Stirn runzelte. „Agent Todd, bitte. Sie dürfen diese Substanz niemals mit Ihrer bloßen Haut berühren. Wenn Sie es unbedingt anfassen müssen, oder zu Untersuchungszwecken einen Teil davon sichern wollen, dann bitte ziehen Sie sich Handschuhe über. Es ist zu Ihrer eigenen Sicherheit. Das gilt für alle hier. Sollten wir noch auf weitere Rückstände treffen, fassen sie diese niemals an.“

Kate blickte angewidert auf den Fleck und stand dann auf. „Dann sollte das vielleicht besser McGee übernehmen.“ Sie lächelte kurz unschuldig und brachte dann mit ein paar Schritten mehr Abstand zwischen sich und den Fleck.

„Was zum Teufel soll das alles?“

Anklagend wies Mulder auf die dunkle Substanz. „Das da, dieser kleine unscheinbare Fleck, stellt eine weitaus größere Gefahr da, als es radioaktive Waffen jemals gekonnt hätten. Wenn sich unsere Befürchtungen bewahrheiten, dann hatte die SeaCrawler viel gefährlichere Güter geladen als bisher vermutet.

Wir nennen es den schwarzen Krebs, oder auch den schwarzen Tod. Ein Virus, wie es ihn in der menschlichen Geschichte kein zweites mal gegeben hat. Er macht den Menschen zu einem Werkzeug, einem Sklaven, einer Brutstätte, die bei der Geburt des durch den Virus entstehenden Wesens vollkommen zerstört wird. Und diese Wesen werden den Menschen vom Angesicht der Erde tilgen. Sie werden uns überlegen sein, denn sie waren vor uns hier, auf diesem Planeten.“

Perplex starrte das NCIS-Team den Mann an.

Scully seufzte tief. Sie hatte nicht erwartet, dass Mulder Worte finden würde, um den NCIS zu überzeugen. „Fakt ist, dass es sich hierbei um einen hochgefährlichen Virus handelt, der den menschlichen Körper als Ganzes in verheerendem Maße befällt und schädigt. Sein Ursprung und seine Entwicklung sind mit nichts Bekanntem zu vergleichen.“ Unglücklich schaute sie auf die ausgemergelten Leichen. „Unsere Sorge ist es jetzt, dass diese Männer womöglich mit diesem Virus infiziert worden sind und ihn trotz ihres Todes noch immer in sich tragen. Und das er sich in ihnen noch immer weiterentwickelt.“

„Um zu was zu werden?“ Kate schmunzelt belustigt. Sie fand es mittlerweile äußerst erheiternd, aus was für einer merkwürdigen Sicht das FBI diesen Fall betrachtete.

„Zu einem uns weit überlegenen Wesen.“

„Einem Außerirdischen!“

„Nein, nicht direkt.“ Scully grollte ungeduldig und konnte Mulder für diesen kurzen Moment sehr gut verstehen. Es war furchtbar, wenn man alles bis ins kleinste Detail wieder und wieder rezitieren musste, obwohl man ganz genau wusste, dass man das Gegenüber nicht überzeugen konnte. „Der Virus, und das durch ihn entstehende Etwas, legen den Schluss allenfalls nahe, dass es sich um extraterrestrische Substanzen handelt. Allerdings nicht im Sinne von kleinen grauen Männchen.“ Ihr Blick huschte nervös zu Gibbs hinüber, um sich auf einen eventuellen Wutausbruch rechtzeitig vorberieten zu können. Doch dieser machte nicht im geringsten den Anschein die Geduld zu verlieren. Was sie, wenn sie ehrlich zu sich war, nur noch mehr verunsicherte.

Zögernd fuhr sie in ihrem Bericht fort. „Die Erde wurde in ihrer Geschichte recht häufig von Meteoriten getroffen. Die meisten von ihnen verdampften in ihrer Atmosphäre, doch einige wenige schlugen tatsächlich ein und brachten so Stoffe mit sich, die sie auf ihrer Reise durch das All aufgenommen hatten oder die von ihren ursprünglichen Standorten herrührten. Im russischen Tunguska befindet sich einer dieser Einschlagsorte. Keiner kann sagen was sie wirklich von ihren Reisen mit sich brachten, aber es steht zu vermuten, dass eben diese Substanz, aus dem unser kleiner Fleck hier womöglich besteht, mit einem dieser Meteoriten auf die Erde gebracht worden ist.“

„Und wie kann es sein, dass sich diese Marines an einem solchen Virus angesteckt haben?“ Die Stimme des NCIS-Teamleiters hatte etwas lauerndes und verhieß wahrscheinlich wahrlich nichts Gutes.

„Nunja...“ Sie wechselte einen kurzen Blick mit Mulder. „Womöglich ist er zufällig mit einer bereits befallenen Person in Kontakt geraten, eine unglückliche Gegebenheit...hoffen wir.“

„Hoffen Sie?“ Gibbs verließ seinen Platz am Steuerpult und schritt langsam auf sie zu. „Und was wenn es nicht so gewesen ist?“

Unruhig suchte sie nach einer Lösung und musste sich beherrschen, nicht vor dem anderen Agenten zurück zu weichen. „Wir müssen erst den Laderaum sehen und die...“

„Die Leichen obduzieren, ja, das sagten Sie bereits.“ Er schwieg einen Moment, einen quälend langen Moment. „Mir gefällt nicht, mit was für Karten Sie mit uns spielen. Ich habe Ihnen eine Kooperation angeboten, doch dafür brauche ich Offenheit und keine halbseiden dahingemurmelten Horrorszenarien. Nennen Sie mir auch nur einen Grund, weshalb ich Ihnen diese Geschichten abkaufen sollte.“

Scully schwieg. Sie hatte keine Antwort auf diese Frage und so wanderten Gibbs Augen weiter zu Mulder. „Lassen Sie es uns beweisen, Agent Gibbs. Alles was wir verlangen ist den Laderaum zu untersuchen und die Leichen zu öffnen. Wenn Sie uns dann immer noch nicht glauben, werden wir gehen. Das verspreche ich.“

„Wie sieht es aus mit Quarantäne?“

Mulder schüttelte den Kopf . „Das Virus überträgt sich nur bei direktem Kontakt. Den hatten wir bislang nicht, also brauchen wir keine Quarantäne. Für die Obduktion der Männer brauchen wir allerdings geeignete Räumlichkeiten. Agent Scully wird sich darum kümmern, sie hat nicht das erste Mal mit einem solchen Fall zu tun.“

Gibbs schien einen Augenblick nachzudenken, ehe er nickte. „Nun gut. Diese eine Chance sollen Sie noch haben, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass das FBI tatsächlich zwei derart durchgeknallte Agenten auf die Öffentlichkeit loslässt. Ich werde unseren Pathologen benachrichtigen, dass er zusammen mit unserer Wissenschaftlerin und seiner Ausrüstung hier her kommen soll.“

„Sir, ich bin selber ausgebildete Gerichtsmedizinerin. Ich benötige keine Hilfe.“

„Dr. Mallard wird Ihnen auch nicht helfen, Agent Scully. Vielmehr werden Sie ihm die nötigen Informationen geben, die er benötigt. Sehen Sie es mir nach, aber in einem solch brisanten Fall werde ich mich ausschließlich auf meine eigenen Leute verlassen. Sie können ihnen dabei helfen auf den richtigen Weg zu gelangen.“

Damit hatte Gibbs ihnen Ketten angelegt, die sie nicht so einfach sprengen konnten. Von jetzt an mussten sie ausnahmslos mit offenen Karten spielen, andernfalls würden sie von den Ermittlungen ausgeschlossen. Und so sehr sie diese Tatsache auch ärgerte, sie konnten jetzt nicht mehr zurück. Nicht nach dem, was sie hier vorgefunden hatten. Hilflos in ihrer Unwissenheit mussten Scully und Mulder dafür sorgen, dass diesem Team die Augen geöffnet wurde. Denn sonst würde ein weiterer Schachzug der im Hintergrund agierenden Regierung, geschützt durch eine Bundeseinrichtung, unbemerkt in Vergessenheit geraten. Und mit welchen langfristigen Folgen mochte sich Mulder nicht einmal im Traum ausmalen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Karen_Kasumi
2007-05-07T16:36:41+00:00 07.05.2007 18:36
ach Mist, doch nicht KNOWLES, sondern REYES *argh*
Von:  Karen_Kasumi
2007-05-07T16:34:31+00:00 07.05.2007 18:34
Herrlich, wie du Grusel, trockenen Humor und Spannung zu einem der erfrischensten Cocktails mixt, die ich bis jetzt gelesen hab! *klatsch*
Wie Mado sagt - das is echt wie heimkommen.....*lachz*
zur Zeit ist Mulder-Chan ja verschwunden.......und Akte X ohne Mulder....hach, es geht^^ Durch Scully isses immer noch ganz in Ordnung...außerdem taucht der gute Kerl ja ab und an mal auf^^ Aber Doggett und Knowles sind definitv NICHT dasselbe wie Mulder und Scully^^
So^^
Muss jetzt unbedingt weiter lesen xD
Von:  MorgainePendragon
2007-03-16T12:17:31+00:00 16.03.2007 13:17
"Geleckter Macho-Agent"!!!!!!!!! *am boden wälz* *sich halbtot lach* Einfach göttlich, Schatzi!^^x
*lufthol*
Jedenfalls... Ähhhh... Was wollte ich noch gleich sagen...
Ach ja. Ich bin wieder mal sprachlos.
...
...
...
(Wie man hier deutlich sieht...^^x)
Wie MACHST du das nur? Ich hatte einen gehörigen Knoten in meinen Gehirnwindungen, als du da plötzlich mit Zeitfalten- und -schleifen angefangen hast O.o Aber das hört sich alles so... PROFESSIONELL an! So, als hätte ein Wissenschaftler bei dir mitgeschrieben! Das ist unglaublich autentisch dadurch! Ganz große Klasse!
Auch dass du dich mit Waffen und Kriegsmaschienerie - zumindest aber mit solchen Schiffen - auskennst merkt man in jedem Satz.
Naja, und dann die Idee mit dem "Schwarzen Krebs". *schauder* Ich fand das immer schon äußerst mysteriös. Ich freu mich aber auch irgendwie über den altgewohnten Schauder. Denn es macht Spaß das zu lesen, mit jedem Kapi mehr - auch wenns um grauenvolle Dinge geht. Hat was von "nach Hause kommen ins X-Files-Versum"^^.
Hach, ja, und ich kann Muldi so guuut verstehen. Ich mein, wer würd net ausrasten, wenn er sich ständig neu erklären müsste?
Fies von Gibbs, wie er sie am Ende ausmanövriert. Aber er kann wahrscheinlich net anders.^^x
Also, es bleibt spannend - es wird immer spannender!
Wollen doch mal sehen, was sie beim "Leichenöffnen" finden...
*erneuter schauer*
Doll doll doll!^^x


Zurück