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Goldener Drache

Zorros Reise
von

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Zwei Schwerter

Wenigstens scheint das Glück auf seiner Seite zu sein, denn es dauert nicht lange, bis er eine Türe gefunden hat, die zum Drachen führt. Hat er sich das eingebildet, oder ist die Türe gerade erst ins Schloss zurück gefallen. Er beschleunigt seine Schritte. Vielleicht ist jemand in die Welt des Goldenen Drachen eingedrungen. Die Tür schnellt auf und er springt in die andere Welt. Um im nächsten Moment zu erstarren. Sein Herz setzt aus. „Kuina…“
 

Das Mädchen dreht sich zu ihm um. Auf ihrem Gesicht zeichnet sich Überraschung, Entsetzen, Verwunderung und Verwirrung ab. „Zorro?“ Beide machen ein paar unsichere Schritte aufeinander zu. “Aber… Wie kommst du hier her? Bist du tot, Zorro?“ Er schüttelt den Kopf. Ein Moment, einen kleinen Moment nur, in dem er seine Gedanken sammeln kann. Als er seine Sprache wiederfindet, erschrickt er von seiner kläglichen Stimme. „Kuina, Kuina, Kuina.“ Seine Gedanken drehen sich im Kreis, bringen keinen klaren Satz zustande. Es lässt sich kein anderes Wort in seinem Kopf finden als: „Kuina.“ Das Mädchen findet als erster die Fassung wieder. Sie geht auf ihn zu, hält aber Abstand zu ihm. „Zorro, bist du gestorben?“ Er schüttelt abermals den Kopf. „Kuina was machst du hier?“ Sie lacht auf starrt an ihm vorbei. Ein seltsamer Ausdruck liegt auf ihrem Gesicht. Irgendwie fremd, dieser Blick passt nicht zu seiner Kuina. Ihr Blick fällt richtend auf ihn und es bricht aus ihr heraus, kann es nicht zurückhalten, auch wenn sie damit dem alten Freund eine Wunde zufügt, die lange brauchen wird, bis sie heilt.

„Ich bin verdammt. Du hast mich verdammt. Hast mir das Schwert genommen. Mein Geist fand keinen Frieden. Seit Jahren warte ich an der Straße, die die Seelen gehen, auf dich, um mein Schwert einzufordern.“ Zorro starrt sie an. Kann nicht begreifen was die alte Freundin da sagt. „Wovon redest du da?“ Der Hass in ihren Augen versiegt. Sie seufzt und tritt zu ihm. „Es war unser Traum. Wir wollten die besten Schwertkämpfer der Welt werden. Ich habe diesen Traum im Herzen, bis über den Tod hinaus getragen. Aber mir wurde mein Schwert genommen. Du hast mein Schwert. Ich konnte nicht gehen, ohne meine Waffe stolz, wie es eine Kriegerin verdient hat, mit mir zu nehmen. Zorro… Du hast mir meinen Teil des Traumes gestohlen.“ Ihre Stimme bricht und sie fällt schluchzend in seine Arme.
 

Der Krieger steht starr da. Schuld an unseren Freunden… Hat das die Alte nicht gesagt. Schuld… Er bricht zusammen, beide liegen sich weinend in den Armen. Jede Träne schmerzt wie ein Dolchstoss im Herzen. „Hey, Besuch, wie schön. Ihr weint ja. Alles in Ordnung?“ Über ihnen taucht das Gesicht des Goldenen Drachen auf. Sie erheben sich, wischen ihre Tränen weg. Kuina bringt es sogar fertig, die Freundin anzulächeln. Aber diese interessiert sich nicht für sie, Zorro fesselt ihren Blick. Besser gesagt, die schwarze Rose, die er noch immer am Arm trägt. „Drache?“ Kuina will den Drachen anstupsen, hält aber inne. Über die goldenen Wangen rinnen zwei lilafarbene Tränen. Lassen zwei braune Augen zurück. Kuina hält den Atem an. Der Goldene Drache beginnt zu zittern. Langsam scheint auch Zorro zu merken, dass etwas nicht stimmt. Bestürzt schaut er in die andersfarbigen Augen. „Drache?“ Mit einer schnellen Bewegung ist die goldene Frau bei ihm, reißt die Rose von seinem Platz und taumelt zurück. Die Rose hüpft auf und ab, sie schüttelt es am ganzen Körper, keucht und gibt unartikulierte Laute von sich. Zorro tritt zu ihr und umfasst ihre Hände, will ihr die Rose entwinden, aber sie beginnt zu kreischen. Unmenschlich zu schreien. Zorro fährt erschreckt zurück. Dunkelheit legt sich über den Goldenen Drache. Sie klagt so laut, das ihre Welt zu bröckeln beginnt. Die Blumen, die sie umgeben, lösen sich in dunklen Rauch auf und der Boden verfärbt sich, sieht verbrannt aus. „Nein, nein, was habe ich getan?“ Das pure Grauen steht in seinem Gesicht. Kuina packt ihren Freund am Arm. „Wir müssen hier raus. Hier geht alles vor die Hunde. Schnell.“ Sie zieht Zorro durch die Türe, die zum Glück noch am selben Ort steht.
 

Am Ende seiner Kraft fällt Zorro auf die Knie. „Was habe ich getan? Ich habe ihr diese Blume hierher gebracht. Was, Kuina? Verfällt alles was ich berühre der Verdammnis?“ Kuina tritt zu ihm, bettet seinen Kopf an ihre Schulter. Streicht über seine grünen Haare. „Beruhige dich. Alles wird gut, du wirst sehen. Aber bitte, beruhige dich.“ Die Türe hinter ihnen verschwindet. Was ist bloß geschehen? Fragt sich still das junge Mädchen. Was?

Sie schließt die Augen. Die Dinge sind aus dem Ruder gelaufen. Alles scheint zu zerbrechen.
 

„Bitte, bitte…“ Die Stimme klingt schwach. Zorro schreckt auf, beide drehen sich um. Dort wo zuvor die Türe stand, steht eine hochgewachsene Frau, schlank, mit schmalen Gesicht und braunen Augen. Ihre braunen Haare sind sehr kurz und furchtbar ungleichmäßig geschnitten. Sie sieht krank aus. „Drache?“ Kuinas Stimme ist kaum zu hören. Die Fremde lacht. „Alles ist verloren. Die Rose…“ Sie dreht die schwarze Rose zwischen ihren Fingern. Und dann fällt ihr Blick auf Zorro und sie lächelt. „Du hast mir die Rose gebracht.“ „Es tut mir so leid.“ Sie schüttelt den Kopf. „Nein.“ Sie berührt ihre Lippen. „Ich habe von dir geträumt. Du hast mich geküsst.“ Zorro schluckt. Kuina zieht sich lautlos zurück. „Ja, das habe ich.“ Er tritt zu ihr. Vorsichtig kommen sich ihre Gesichter näher. Bleiben dicht bei einander stehen, um sich dann behutsam zu küssen.

Sie trennen sich wieder. Ihr Blick fällt auf Kuina. „Von dir habe ich auch geträumt. Wir haben zusammen gelacht. Nicht wahr? Du wartest doch auf jemanden oder?“ Sie nickt. „Ist er schon da?“ Kuina nickt wieder. „Oh, ich fühl mich nicht gut.“ Sie strauchelt. Zorro muss sie stützen. Sie schaut dankbar zu ihm auf. Ihre Blicke begegnen sich und sie spricht mit veränderter Stimme. „Weißt du noch, ich habe dir einmal gesagt, dass es gut ist, dass ich nicht weiß wer ich bin. Sonst wäre ich verloren.“ Zorro nickt. „Du hast gesagt, du verstehst was ich sage. Hat sich daran etwas geändert?“ Zorro schüttelt den Kopf. Sein Herz umfasst eine kalte Hand. Er spürt, dass sich das Ende mit schweren Schritten nähert. Zärtlich streift sie seine Arme ab. Der Schimmer des Goldenen Drachen liegt auf ihren Zügen.

„Ich will nicht verloren gehen.“ Zorro starrt sie an. „Ich will nicht verloren gehen. Auch wenn das heißt, dass ich mein Herz binden muss.“ Er schüttelt mit weiten Augen seinen Kopf. Sie lächelt ihn traurig an. „Ich vertraue dir den Goldenen Drachen an. Achte immer gut auf ihn.“ Mit ihren Händen formt sie einen Kelch in dem die schwarze Rose ruht. Sie schaut auf die Blüte hinab, ihre Lippen bewegen sich stumm und die Blüte beginnt zu glühen, beginnt sich wie die Welt des Drachens, auf ihr Wort hin zu verbiegen. Die Blume verliert die Form, bleibt als Glühen in ihren Handflächen und wird ein Teil von ihr. Sie schaut Zorro an. „Achte auf das Gute in mir, das Kindliche, auf das was meinen Fluch unbeschadet überstehen kann, bis in alle Ewigkeit.“ Sie nimmt seine Hand und legt sie auf ihre linke Brust. Er fühlt ihren Herzschlag und dann gleitet er durch ihr Fleisch, er spürt in seiner Hand ihr pochendes Herz. „Nein, bitte nicht.“ Nur ein Hauch, auf seinen Lippen. Er kann sich ihrem Blick nicht entziehen. Und dann umfasst seine Hand etwas Hartes, ihr Herzschlag hat aufgehört. Still schauen sie sich an. Ein Blick, der ein Leben dauert. Er spürt Tränen über seine Wangen rinnen. „Bitte nicht.“ Ihre Hände umfassen seinen Arm. „Es tut mir leid.“ Die Frau ihm gegenüber lächelt. Und mit einem Ruck lässt sie sich nach hinten fallen. Er spürt ihre Finger seinen Arm entlang gleiten und sieht wie er aus ihrer Brust ein Schwert zieht, ihre Hände streichen über den Stahl der Schneide. Und als die Spitze des Schwertes ihren fallenden Körper verlassen hat, landet nur Asche auf dem verbrannten Boden.
 

Wie betäubt hebt er die Klinge an sein Gesicht. Der Stahl fühlt sich warm an. Die Klinge ist schwarz, nur dort wo ihre Finger das Schwert berührt haben, zeichnet sich in feinen Linien eine weiße Dornenranke ab. Am Ende des Griffes blüht bis in alle Ewigkeit die schwarze Rose, gegossen in Stahl. „Ein Schwert mit einer Seele.“ Kuina ist hinter ihn getreten. „Was wirst du nun machen Zorro?“ Mit geröteten Augen dreht er sich zu dem Mädchen um, fällt vor ihr auf die Knie und umarmt sie schluchzend. Sie streicht über seinen Kopf. „Ach, Zorro. Wieso musste es nur so kommen.“ Er rappelt sich auf. Zieht ihr Schwert aus der Scheide und reicht es ihr. Ehrfürchtig nimmt sie es mit beiden Händen. „Kämpfe mit mir. Ein letztes Mal.“ Zorros Stimme klingt wieder fest.
 

Die Klingen sprühen Funken, wenn sie sich treffen. Diesmal ist niemand der Sieger. Zorro und Kuina verbeugen sich mit gesenkten Schwertern voreinander. „Was wird jetzt werden?“ Sie zuckt die Schultern. „Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass ich endlich gehen kann.“ Zorro nickt. „Ich hoffe, du kannst mir irgendwann verzeihen.“ Die alte Freundin lacht unbeschwert. „Das habe ich doch schon längst.“ Er hebt seine Freundin hoch und schließt sie in die Arme. „Wir werden uns wiedersehen und dann besiege ich dich.“ Zorro setzt sie ab und sie verschwindet mit ihrem Schwert in der Hand, in die Welt hinter der dunklen Weite.

Mit hängendem Kopf steckt er sein neues Schwert in die Scheide. „Goldener Drache, was wird werden? Du und ich, für immer hier verloren?“ „Sie hätte dem Schwert eine andere Farbe geben können. Aber es sieht schön aus, finde ich. Wie wirst du es nennen?“ Zorro dreht sich nicht zu dem Kind um. Wieso auch. „Kommst du, um über mich zu spotten?“ Das Mädchen seufzt. „Du verstehst immer noch nicht.“ „Was soll ich verstehen?“ „Du dummer Kerl. Ich werde es dir erklären.“ Sie tritt neben ihn und schaut auf die Asche am Boden. „Der Goldene Drache war das Gute in ihr, das Kindliche und Reine. Sie wurde vor vielen Jahren hier her gebracht um für ewig verdammt zu sein. Aber sie erschuf in sich eine Welt, in der ein Teil von ihr unbekümmert leben konnte.“ Zorro seufzt. „Der Goldene Drache.“ Die Kleine nickt. „Sie hat mich unbewusst erdacht. Alysia, so hieß sie, hoffte immer auf Erlösung und Friede, verschloss diese Gedanken jedoch vor dem Goldenen Drachen, aber sie waren da. Also entstand ich. Klein und unwirklich, da der Drache mich nicht leben ließ, er kannte mich ja nicht. Ich war ein Schatten, mehr nicht in der Welt des Goldenen Drachens. Unentdeckt und unnütz. Als dann Kuina in diese Welt stolperte, denn der Drache vergaß eine Türe zuzuschließen, da mischte sich die Hoffnung von Kuina und von Alysia und ich wurde geboren.“ Sie nimmt etwas von der Asche in ihre kleine Hand. „Alysia wurde vor vielen Jahren verdammt. Hier wäre sie zerbrochen. Schau dich um, der Druck hätte sie irgendwann zerquetscht. Der Goldene Drache war ihre kindliche Seele, ihre Liebe und alles Gute in ihr, sie musste die Verzweiflung vor ihm abschirmen. Das Schwarz fraß an ihr, über kurz oder lang hätte Alysia nicht mehr die Kraft gehabt, die Welt des Goldenen Drachens zu beschützen. Sie wäre vernichtet worden. Verzeih, dass ich mit dir gespielt habe. Aber was hatte ich für eine Wahl. Dieser Weg war der einzige. Zwei Schwerter, zwei Hoffnungen, Vergänglichkeit und Ewigkeit.“

„Ich werde das Schwert Schwarze Rose nennen.“ Die Kleine nickt. „Wie kam Alysia hier her?“ „Zorro, wir haben keine Zeit mehr. Schau, wir bekommen bald Besuch. Du musst gehen. Aber die alte Frau wird dir viel über Alysia erzählen können.“ An die Seelenräuber verschwendet er keinen Gedanken. Sollen sie doch kommen. Er schaut die Kleine wütend an. „Du hast dein Spiel mit uns allen gespielt. Deine Fäden gezogen, wie ein Marionettenspieler.“ Tränen steigen in seinen Augen auf, er blickt auf die Asche. „Und doch kann ich dich nicht hassen. Ich kann nicht hassen, nur weinen. In meinem Leben habe ich mir meine Wege mit Wut und Zerstörung gebahnt. Und jetzt fühle ich mich nackt und schutzlos.“ Er schlägt die Hand vor die Augen. Kleine, sanfte Finger greifen nach seinem Arm. „Nicht Zorro. Bitte, gib dich nicht auf. Du wirst es nicht vergessen, niemals, aber irgendwann wird es nicht mehr weh tun.“ „Und was mach ich bis dahin.“ Die Kleine lacht. „Du Dummchen, der Hoffnung in deinem Herzen vertrauen.“ Ein kurzes Zögern. „Ich habe immer die Endgültigkeit meiner Existenz gekannt. Erlösung bedeutet für mich, dass ich aufhöre zu Sein. Jetzt heißt es, die Fäden loszulassen.“ Sie schmunzelt. „Mein Plan ist perfekt, aber eins liegt im Schatten. Was aus mir wird.“ Sie seufzt. Zorro schaut in das ernste Kindsgesicht. „Ich hoffe für dich.“ Ihre großen Augen schauen ihn zärtlich an. „Danke.“ Der traurige Ausdruck auf ihrem Gesicht macht einem triumphierenden platz. Sie nimmt den Kranz aus Lebensfäden von ihrem Kopf, zwinkert Zorro zu und wirft den Ring fort. Er bleibt in der Luft stehen, beginnt sich zu drehen und wird zu Licht. Sonnenlicht fällt in die lichtlose Weite. Zorro starrt die Öffnung an. „Du hast doch nicht geglaubt, irgendetwas geschieht aus Zufall in dieser Welt.“ Er kann der Kleinen darauf nichts erwidern. Sie ist verschwunden. Zorro wendet sich dem Licht zu.



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