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The Nature of Fear

a CARS fan fiction
von

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Into the Woods

Als er von der Straße in den Feldweg einbog, spürte er, wie der Boden, der mit grösseren und kleineren Steinen durchsetzt war, unter seinen Reifen knirschte. Im Gegensatz zum aufgeheizten dunklen Asphalt war er zwar eindeutig kühler, fühlte sich jedoch auch weicher an. Weicher? Seltsamer, vor allem rutschiger.

Merkwürdig, was für Gedanken ihm durch den Kopf gingen.

Egal, jetzt war keine Zeit dafür...

Weit vor ihm zog sich eine wirbelnde Schleppe aus Staub über das ansteigende Gelände, doch er konnte die vier Fahrzeuge, die sie verursachten, nicht erkennen.

Er bremste ab, bis er zum Stehen kam, und betrachtete die Strecke vor sich, während sein Atem sich langsam wieder normalisierte.

Feinkörnige, staubige Erde. Die plattgewalzte Fahrrinne wies einen Mischmasch überlagerter Reifenspuren auf; am deutlichsten waren die grobstolligen Abdrücke der Geländereifen des Hummers.

Ihm wurde schlecht bei dem Gedanken, dass Sally in der Gewalt dieser Typen war.
 

Er würde langsamer fahren müssen, um selbst nicht so viel Staub aufzuwirbeln... Auch wenn die Entführer so gut wie außer Sicht waren, hieß das lange noch nicht, dass sie ihn ebenfalls nicht sehen würden.
 

Also setzte er sich wieder in Bewegung. Nachdem er einige Kilometer gefahren war, änderte sich nicht nur der Geruch, sondern auch das Bild der Landschaft um ihn herum: Von der Steppe mit einzelnen Riesenkakteen, verdorrten Büschen und scheinbar wahllos verstreuten Felsbrocken, die einen Duft nach trockener Wärme und Kräutern verströmten, verwandelte sich die Umgebung in eine dornige Macchia mit fast undurchdringlichem Gestrüpp, das einfach nur holzig roch. Zumindest bot sie einen guten Sichtschutz...

Als er sich reckte, konnte er in einiger Entfernung den Waldrand erkennen. Wenn der Boden dort es zuließ, konnte er vielleicht seinen Abstand etwas verringern...

Vorsichtig fuhr er weiter.
 

Der Feldweg, der sich anfangs recht gerade durch die offene Steppe gezogen hatte, war nun gewunden und nebenbei alles andere als eben – ab und zu ragten Steine empor und zwangen ihn zum Ausweichen. Vielleicht sollte er Sarge mal einen Tip geben, dachte er in einem Anflug galligen Humors. Für ihn mit seiner geringen Bodenfreiheit war das ein eher unpassendes Gelände, aber noch kam er relativ problemlos durch. Doch ob das im Wald auch so bleiben würde?
 

Nach kurzer Zeit hatte er die ersten Bäume erreicht. Dunkel ragte der Waldrand vor ihm auf, gesäumt von scheinbar endlos hohen Nadelgehölzen – das mussten Sequoias sein, dachte er. Mit ihrer roten Rinde und den dunkelgrünen Nadeln sahen sie im Sonnenlicht eigentlich ganz freundlich aus, doch die dunkle Masse wuchernder Stämme hinter ihnen wirkte weniger einladend.

Er spürte die feuchte Kühle und den säuerlichen Geruch des Humusbodens, der von den Bäumen ausging. Nach wenigen Metern wurde der Weg vor ihm schon stockdunkel, und er konnte seinen weiteren Verlauf nicht erkennen. Da er keine Scheinwerfer besaß, würde er sich im Dunkeln zurechtfinden müssen. Andererseits würde man ihn dann auch nicht so schnell ausfindig machen können...

Er blickte sich um. Konnten sie vielleicht einen anderen Weg genommen haben? Es gab aber keine andere Möglichkeit – dies war die einzig befahrbare Strecke, denn wären sie vorher irgendwo abgebogen, hätten plattgewalztes Gestrüpp und Reifenspuren sie verraten.

Hier mussten sie hindurchgefahren sein, genau hier.
 

Kaum hatte er den Waldrand passiert, wich die Helligkeit der Sonne draußen einem schwachen Dämmerlicht. Er blinzelte, seine Augen mussten sich erst an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnen. Dann schälten sich langsam Konturen aus dem dunklen Einerlei: Stämme, dicht an dicht, herunterhängende Bartflechten. Es roch modrig.
 

Wie ging es Sally wohl – und was würden die Typen mit ihr anstellen...? Er fühlte Panik in sich hochsteigen.

Die Antwort lag vielleicht irgendwo dort vor ihm. Er musste sich beeilen...
 

Der Waldboden erwies sich als schwieriger, als er gedacht hatte. Wurzeln wucherten kreuz und quer, Felsbrocken und umgefallene Stämme behinderten sein Fortkommen, und zweimal wäre er beinahe schon hängengeblieben... Außerdem wies die Strecke Vertiefungen und Senken auf, die sich mit Wasser gefüllt hatten; Schlamm, Algen, Moos und Unmengen abgeworfener Nadeln machten sie glitschig. Er fluchte leise.

Eine Zeit lang deutete auch nichts darauf hin, dass irgendjemand vor kurzem hier hindurch gefahren sein konnte, dann jedoch entdeckte er am Rande einer der größeren Pfützen undeutliche Stollenabdrücke, in denen sich Feuchtigkeit zu sammeln begann.

Erschrocken blieb er stehen, schaltete den Motor ab, horchte in die dunkle Stille.

Nichts.

Vorsichtig setzte er sich wieder in Bewegung.

Ohne Motor war er zwar langsam, konnte jedoch besser hören.

Die Rollgeräusche seiner Reifen waren leise und wurden von dem Gewirr umstehender Baumstämme verschluckt. Aber – knackte da vorne nicht irgendetwas?

Er hielt den Atem an, wartete gebannt.

Da war es wieder – ein kurzes berstendes Geräusch, dann das erstickte Aufheulen eines strapazierten Motors in der Ferne. Dumpfer Widerhall von Stimmen.

Sehen konnte er jedoch nichts.

Einen Moment lang fühlte er sich wie gelähmt vor Furcht, dass man ihn hatte hören können. Während er in die Dunkelheit horchte, innerlich bebte und darauf wartete, dass der riesige Hummer plötzlich wie aus dem Nichts vor ihm auftauchte, wurden die Geräusche schwächer, entfernten sich immer weiter.

Er hatte Glück gehabt. Sie hatten ihn nicht bemerkt.
 

Das Gelände vor ihm wurde abschüssig.

Obwohl der Waldweg sich wand und dabei mehrmals die Richtung wechselte, konnte er zum ersten Mal durch die Stämme hindurch einen schwachen Lichtschimmer erkennen – das mussten die Scheinwerfer der Entführer sein. Und Sallys.

Oh, Sally....

Er holte tief Luft.

Ganz ruhig bleiben.

Tief durchatmen, Gedanken sortieren.

Der schwache Lichtschimmer unter ihm verschwand hinter einer Biegung.

Langsam setzte er sich wieder in Bewegung...
 

Die Strecke entwickelte ein beachtliches Gefälle, während sie sich zwischen den Stämmen abwärts schlängelte. Je weiter er ihr folgte, desto größer wurden jedoch die Abstände der Bäume zueinander; der Wald wurde zunehmend lichter und damit auch heller. Wenn er sich jetzt zu nah heranwagte, würde er sich sozusagen wie auf dem Präsentierteller befinden, also musste er abwarten, ihnen genügend Vorsprung lassen.

Verflucht.

Nach einer Weile, die ihm unnatürlich lange vorkam, nahm er die Verfolgung vorsichtig wieder auf. Allerdings half ihm die Vorsicht nicht, da er sie auf das Nicht-Gesehen-Werden verwendete und nicht auf seinen Weg – denn er kam auf dem schlammigen, feuchten Waldboden ins Rutschen, konnte nicht mehr bremsen, verlor die Kontrolle und schlitterte etliche Meter abwärts gegen einen Baum.

Die Äste zitterten beim Aufprall, und Sekundenbruchteile später regnete ein leiser Schauer brauner, abgestorbener Nadeln auf ihn nieder.

Instinktiv hatte er die Luft angehalten, die Augen geschlossen.

Stille.

Er verharrte regungslos, zählte innerlich die Sekunden bis zur Konfrontation, doch es blieb ruhig.

Als er den ersten Schreck überwunden hatte, wich auch langsam das Gefühl der Versteinerung… Offensichtlich hatte man ihn wieder nicht gehört, gottseidank.

Wie lange das wohl noch gut ging?

Er schüttelte die Nadeln ab. An seiner linken Seite, dort, wo er an den Baum geprallt war, zeichnete sich deutlich eine Delle ab. Dumm gelaufen… aber es hätte schlimmer kommen können, und zu ändern war es jetzt auch nicht mehr. Also widmete er sich wieder seiner eigentlichen Aufgabe und nahm seine Umgebung gründlich in Augenschein.
 

Vor ihm lag im fahlen Licht eine Senke, geformt wie ein tiefer, länglicher Einschnitt in den Berghang, deren Sohle mit vereinzelten, aber dichtgedrängten Baumgruppen bestanden war, umgeben von Büschen, niederen Gehölzen und meterhohem Gras. Bis dahin lichtete sich der Wald jedoch, so dass er zumindest teilweise einen Eindruck von dem gewinnen konnte, was vor ihm lag. Die Senke mochte gut hundert Meter breit sein, und der schmale Schlammpfad aus dem Wald wurde auf dem Weg dorthin immer breiter und trockener, schlängelte sich bis zu ihrer tiefsten Stelle und verschwand dann hinter ein paar Bäumen. An der gegenüberliegenden Seite des Einschnittes, dort, wo die Hänge wieder anstiegen, wurde der Wald schnell wieder undurchdringlich. Die Senke lag vor ihm in scheinbar völliger Ruhe, keine Bewegung, keine raschelnden, brechenden Zweige waren zu erkennen.

Nach einigen vorsichtigen Vor- und Rückwärtsmanövern hatte er sich aus seiner misslichen Lage befreit und machte sich wieder auf den Weg.
 

In der Gabelung blieb der Hummer unvermittelt stehen.

Sally, die inzwischen das Gefühl hatte, keinen einzigen Meter mehr weiter fahren zu können, traf der Stop unvermittelt, doch sie hatte gottseidank genügend Abstand, um nicht auf ihn aufzufahren. Allein der Gedanke daran verursachte ihr Übelkeit, doch vielleicht war das auch einfach nur ein Zeichen der Erschöpfung...? Jedenfalls kam sie schlitternd einen Meter hinter ihm zum Stehen und war froh über die unerwartete Verschnaufpause.

Alles tat ihr weh – kein Wunder, die Gewalttour durch den Wald hatte zahlreiche Spuren hinterlassen, dessen war sie sicher. Ihr Atem ging stoßweise, und sie wartete darauf, dass er sich wieder normalisierte... Für dieses Gelände war sie einfach nicht geschaffen – schließlich war sie kein Cayenne! Ihren Entführern war das jedoch egal. Wenn sie an einer Stelle nicht weiterkam oder im weichen Untergrund stecken blieb, was oft genug vorgekommen war, rempelten sie sie an oder schoben sie gewaltsam vorwärts, ob sie nun wollte oder nicht.

Zu dem andauernden Gehetzt-Sein ihrer Flucht und dem widrigen Gelände kam auch noch die ständige Angst, wie es wohl weitergehen würde, und sie wünschte sich sehnlichst, dass diese Tortur endlich ein Ende haben würde und sie aufwachen würde und alles wäre wieder normal...

Doch sie war wach, und der Alptraum ging weiter.
 

Leon hatte gewendet und bedachte sie mit einem kurzen, undefinierbaren Blick, bevor er sich an seine Kumpanen wandte.

„Rechts oder links, Walt?“

Der dunkelblaue SUV dachte angestrengt nach. „Links, glaube ich,“ erwiderte er.

„Glaubst Du, oder weißt Du?“ Als der Hummer ganz dicht an ihn herankam und ihn misstrauisch beäugte, wäre Walt, der eigentlich Walter hieß, am liebsten eine Fahrzeuglänge zurückgewichen, doch er hielt stand. Nur seine Stimme verriet, dass er sich doch nicht ganz wohl in seiner Haut fühlte...

„Wir müssen links,“ bekräftigte er seine Aussage.

„Dein Wort in Gottes Ohr,“ brummte Leon und wendete.
 

Als Sally nicht sofort reagierte, versetzte Jason, der Pickup, ihr von hinten einen derben Stoß.

„Los, mach’ schon!“

Ihr war zum Heulen zumute, dabei wollte sie doch stark bleiben, keine Schwäche zeigen... schon gar nicht vor diesen Idioten!

Sie schluckte und setzte sich gehorsam wieder in Bewegung.

Lieber Gott, bitte...

...Es war so sinnlos.

Ein plötzlich aufwallendes Gefühl der Verzweiflung verursachte ihr einen dicken Kloß in der Kehle, nahm ihr den Atem, drohte, sie zu überwältigen, und sie kämpfte schon mit den Tränen, doch irgendwie gelang es ihr, diese doch noch zurückzuhalten.

Während sie sich also hinter dem Hummer mühsam die Steigung hinaufquälte, überholte sie der Pickup, um mit seinem Anführer zu reden. Sally atmete innerlich ein wenig auf, denn jetzt hatte sie „nur“ noch Walt, den SUV, im Rücken, und der war wenigstens nicht ganz so rabiat wie seine bei-den Kumpel...

Halt’ durch, sagte sie sich selbst. Bleib stark...

Sie musste auf einmal an Lightning denken.

Was er jetzt wohl machte, nachdem sie nicht zum vereinbarten Zeitpunkt aufgetaucht war?

Der Gedanke allein versetzte ihr einen Stich, erschien ihr jedoch gleichzeitig so fremd, wie aus einer anderen Welt...

Sie schloss die Augen, presste die Lider fest zusammen, um nicht sofort in Tränen auszubrechen, als sie auf einmal Walts leise Stimme dicht an ihrer Rückseite hörte.

„Keine Angst, Süße, wir sind bald da...“

Sie getraute sich nicht, irgendetwas zu antworten, also blieb sie stumm und konzentrierte sich wieder auf den Weg vor ihr.
 

An der Senke angekommen, führte Lightnings Weg wieder bergauf.

Er kam gut voran. Was seine Stimmung ebenfalls aufbesserte, war die Tatsache, dass die Strecke sich wand und etliche Kurven und Biegungen für ihn bereithielt, so dass er sich im Ernstfall schnell hätte verstecken können. Genau diese Tatsache sollte er jedoch kurzer Zeit später verfluchen, als er feststellen musste, dass sich der Weg gabelte.

Verdammt... Von oben, vom Wald aus, war das nicht zu sehen gewesen.

Er blieb stehen, beäugte beide Abzweige, suchte nach Spuren, doch der Boden war so hart, dass er nichts finden konnte. Noch nicht einmal der charakteristische Geruch der Dieselabgase hatte sich erhalten, obwohl sie sich in diesem Gelände nur langsam hätten verflüchtigen dürfen – nichts, gar nichts. Alles, was er wahrnehmen konnte, war der nussartige Dunst von feuchtem Laub...

Keine Spur.

Ihm kamen Zweifel.

Welchen Weg konnten sie genommen haben?

Er schaute hoch. Beide Möglichkeiten führten wieder in den Wald, doch dort verloren sie sich im dichten Gedränge der dunklen Stämme. So kam er also nicht weiter...

Kurzentschlossen nahm er den linken Abzweig.
 

Nachdem Walt die Kette befestigt hatte, warf er einen letzten prüfenden Blick auf sein Werk. Der Baumstamm, um den das eine Ende geschlungen und mit einem stabilen Schloss gesichert war, würde mit seinem Durchmesser von knapp einem 90 cm der Zugbelastung lok-ker standhalten – das galt auch für die Kette. Diese war mit dem anderen Ende am Abschlepphaken des Porsche befestigt, so dass Sally sich noch bewegen, jedoch nicht mehr entkommen konnte.
 

Zwar hatte Walt ursprünglich Bedenken gehabt, ihrer Geisel überhaupt etwas Bewegungsfreiheit zuzugestehen, doch Jason hatte ihn beruhigt. Die Augen nicht von Walt lassend, war er ganz nah an sie herangerückt. „Wenn unsere kleine Lady hier Stress macht,“ raunte er in verschwörerischem Ton und blickte dann Sally an, „dann sage ich Leon bescheid, damit er sich ein wenig um sie kümmert...“

Dass ihr dieser Gedanke nicht gefiel, war ihr deutlich anzusehen, und Jason hatte wissend gegrinst. „Siehst Du, Süße, wir versteh’n uns doch.“ Damit war er ins Hausinnere verschwunden und hatte Walt mit ihr alleine gelassen.

Der stand nun vor ihr und schaute sie an.

„Du hast es ja gehört – also benimm’ Dich und mach’ vor allem keinen Krach!“

Sally nickte verschüchtert.
 

Als sie schließlich alleine war, versuchte sie, ihre sich überschlagenden Gedanken zu ordnen und Bilanz zu ziehen. Hier war sie – angekettet an einen Baum hinter einem Holzhaus mitten im Wald, mitten im Nirgendwo, fernab von jeglicher Zivilisation und Hoffnung auf Hilfe...

Nur keine Panik bekommen, sagte sie leise zu sich selbst.

Ganz ruhig bleiben.

Nur keine Panik.

Du kannst das, du schaffst das...

Sie blickte sich um.

Um sie herum nur Baumstämme, zwar in größeren Abständen, doch die Wipfel, zu denen sie führten, waren so dicht und ausladend, dass kaum Licht nach unten an den Waldboden drang. Der Boden seinerseits war weich und von Nadeln bedeckt oder schlammig und aufgewühlt, wo ihre Entführer Reifenabdrücke hinterlassen hatten. Selbst wenn sie hätte fliehen können – weit wäre sie nicht gekommen. Auf diesem Terrain war sie mit ihrem Hinterradantrieb völlig chancenlos, würde ins Rutschen geraten oder sich gleich festfahren.

Resigniert senkte sie den Blick und starrte auf ihre Motorhaube, wo sich die Luftfeuchtigkeit in winzigen grisseligen Strukturen kristallisierte und auf ihrem Lack niederschlug.
 

War es das fahle Zwielicht, oder einfach nur die Tortur der vergangenen Stunden – jedenfalls hatte sie nach kurzer Zeit jegliches Gefühl für Raum und Zeit verloren. Den Wald mit seinen endlosen Reihen von Baumstämmen und dem säuerlich-modrigen Geruch empfand sie als beängstigend. Er wirkte auf sie fast surreal, wie eine Zwischenwelt aus einem schlechten Horrorfilm... Normalerweise hätte sie bei diesem Gedanken jetzt gelacht. Ihr war jedoch nicht nach Lachen zumute – dafür war ihre Lage zu ungewiss. Stattdessen spürte sie, wie ihre Angst zunahm, sich in ihre Wahrnehmung drängte, ihr Denken ausfüllte.

...Das geht vorbei.

Ganz ruhig.

Denk’ nach, oder tu’ was. Nur keine Panik bekommen...

Vorsichtig bewegte sie sich ein paar Zentimeter. Sofort klirrten ein paar der Kettenglieder metallisch, als sie ihre Position verändern mussten, und das Geräusch erschien ihr in der unnatürlichen Stille noch viel lauter, als es wirklich war.

Sie erschrak und hielt inne, lauschte.

Aus dem Hausinneren drangen gedämpfte Stimmen, doch ansonsten blieb es ruhig.

Nichts.

Stille.

Erleichtert atmete sie die Luft aus, die sie unwillkürlich angehalten hatte, doch die Erleichterung war so absurd... Sie hatte das Gefühl, wahnsinnig zu werden, und der Kloß in ihrer Kehle wurde immer größer.

Sie war hier, sie war gefangen, sie wusste nicht, wie es weitergehen würde – sie wusste nicht, was sie machen sollte... Sie fühlte sich hundeelend.

...Es war alles so sinnlos!

Was wollten die mit ihr?

Sie schluckte.

Was werden die mit mir machen?
 

Ihre Verzweiflung wurde zu Zorn, ihr Zorn zur Wut, und mit der Kraft ihrer 320 PS spannte sie die Kette, riss an ihr, bis ihre Räder auf dem feuchten Boden durchdrehten und sie meinte, in den eigenen Abgasen ersticken zu müssen.

Nichts.

Sie hatte nichts erreicht.

Erschöpft gab sie auf.

Sie hatte keine Chance... Es war alles sinnlos.

Als würde sich die Anspannung der letzten Stunden zusammenballen und gewaltsam in ihr Bewusstsein drängen, spürte sie, wie ihre Kraft nachließ. Die Verzweiflung wurde immer stärker und schnürte ihr die Kehle zu, dann stiegen ihr Tränen in die Augen, und im nächsten Moment sank sie in sich zusammen und begann, haltlos zu schluchzen.



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