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Sturmnacht

Exorzisten finden ihren Weg
von

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Ray zog das Mädchen hinter sich her und fuhr immer weiter damit fort, sie zu beruhigen. Bei einem der Versuche, sie zu beruhigen, indem er nicht mit ihr sprach, sondern sie einfach nur freundlich ansah und lächelte, fiel ihm auf, dass dieses Mädchen Lex auf gewisse Weise ähnlich sah. Zwar litt sie nicht an Albinismus, trug ihre blonden Haare in einen Pferdeschwanz gebunden und kleidete sich auch ganz anders, fröhlicher als Lex, doch ihre Gesichtszüge waren die Gesichtszüge Lexs, wenn auch feiner und weicher.

In einer etwas längeren Pause, die die beiden einlegten, fragte er sie nach ihrem Namen, worauf sie sich als Saara Guarder vorstellte.

Ray begann, den Verdacht zu hegen, dass dieses verängstigte Mädchen vor ihm mit seinem Lehrer verwandt sein könnte. Er tat so, als würde er Lex nicht kennen und fragte: "Ist es möglich, dass Sie mit Lex Guarder, dem 'von Gott gesandten Dämon' verwandt sind? Ich verehre ihn nämlich sehr und würde gerne wissen, wie er aussieht, damit ich ihn erkenne, wenn er mir einmal begegnen sollte."

Anstatt zu lachen, lächelte Saara ihn an. "So so, Sie verehren ihn also. Nun ja, Lex ist mein Cousin. Aber ich habe ihn seit beinahe zwölf Jahren nicht mehr gesehen und weiß daher nicht, wie er heute aussehen könnte.", sagte sie.

"Dann erzählen Sie mir doch, wie er aussah, oder wie er war, als Sie ihn zuletzt gesehen haben.", bat Ray, der das Interesse für Lexs Kindheit nicht einmal vorzutäuschen brauchte.

Und tatsächlich: Saara schien ihm über den Weg zu trauen und begann zu erzählen: "Sie müssen wissen, Lex leidet an Albinismus, genau wie der junge Mann vorhin. Ich weiß zwar nicht, weshalb, aber er schien mir immer sehr stolz darauf gewesen zu sein, anders auszusehen. Ich denke deshalb nicht, dass er seine Haarfarbe geändert hat. Zudem schien er eine Vorliebe für lange schwarze Mäntel mit weißem Pelzkragen zu hegen."

Sie kicherte ein wenig, als sie berichtete, wie Lex sich sogar im Sommer in knöchellange Mäntel gehüllt hatte. Langsam wurde Ray bewusst, dass er hier wirklich die Cousine seines Lehrers vor sich zu haben schien.

Doch ihm fehlte noch eine Information, die er in der Unterhaltung am Vorabend erhalten hatte, und die nur jemand haben konnte, der ihn näher kannte. Er nahm sich ein letztes Mal zusammen, um zu verbergen, dass er Lex bereits kannte und erzählte, dass er gehört habe, Lex würde eine Menge Kampftechniken beherrschen und nicht

wenige davon bereits in seiner Kindheit erlernt haben. Saara lächelte Ray an, als würde sie sich freuen, dass jemand sich so sehr für ihren Cousin interessierte. Sie erzählte, dass Lex zu seinem sechsten Geburtstag sein erstes Schwert geschenkt bekommen hatte und von diesem Tag an damit geübt hatte, bis er es geschafft hatte, Bäume mit nur einem einzigen Hieb zu Fall zu bringen. Danach häbe er sich eine Art Vogelscheuche gebaut, an der er Kampftechniken geübt und bis zur Perfektion verfeinert hatte.
 

Ray reichte diese Geschichte, um von ihrer Verwandtschaft zu Lex überzeugt zu sein und musste grinsen.

Während ihrer Unterhaltung war das gegenseitige Vertrauen der beiden so groß geworden, dass sie begonnen hatten, sich zu duzen, ohne es jedoch zu bemerken.

Er stand auf, während sie zu Boden blickte und seufzte, dass sie ihren Cousin nur zu gerne wiedersehen würde. Saara war überrascht, als ihr Begleiter sanft ihr Kinn umfasste, ihren Kopf anhob und ihr lächelnd ins Gesicht sah. Zwar wusste sie nicht, woher es kam, aber plötzlich hatte sie das Gefühl, dass ihr Wunsch bereits bald in Erfüllung gehen sollte.
 

Andernorts war Lex schon seit längerer Zeit damit beschäftigt, seiner Wut Einhalt zu gebieten.

Der Verstand des Wahnsinnigen schien Stück um Stück zurückzukehren, denn seine Angriffe wurden immer genauer und raffinierter, während Lex auswich und konterte. Trotzdem hatte er sich weit genug unter Kontrolle, um von dem Zauber Gebrauch zu machen, den er auf sein Schwert hatte aussprechen lassen.

Lex überraschte den Gegner - genau wie in seinem Kampf gegen Ray - indem er mit geschlossenen Augen auswich und auf der Klinge landete, sich von dort aus jedoch nicht senkrecht nach oben katapultierte, sondern stehen blieb und zuschlug, als sein Feind das Gewicht, das auf seinen Armen lastete, nicht mehr halten konnte und seine Waffe zu Boden sinken ließ. Der Exorzist wollte seinen Gegner nicht töten und hatte diesem Schlag gerade so viel Schwung mitgegeben, dass er das Schwert ohne Probleme stoppen konnte, kurz bevor sie den Kopf des Verbrechers erreichen würde. Für diesen musste es aber so ausgesehen haben, dass die Klinge direkt auf seinen Kopf zugerauscht kam und nicht anhalten würde, was ihm den letzten Rest seines Verstandes zurückbrachte und ihn dazu veranlasste schreiend und erschöpft auf die Knie zu sinken.

Der Rotäugige bemerkte die Schwäche seines Gegenübers, stieß sich elegant von der Klinge, vollführte in der Luft einen gestreckten Rückwärtssalto und landete einige Meter entfernt wieder auf festem Boden.

Nachdem sein ehemaliger Gegner aufgegeben hatte, steckte Lex sein Schwert zurück in die Schwertscheide, half dem Geschwächten auf die Beine und stützte ihn. "Warum helfen Sie mir noch, nach allem, was ich getan habe?", fragte der Besiegte verdutzt keuchend.

"Ich glaube, dass Sie Kämpfe, die so lange dauern nicht gewohnt sind und müssen demnach sehr erschöpft sein und außerdem würde es meinem Ruf nicht sehr gut tun, wenn herrauskäme, dass ich Sie in ihrem Zustand allein gelassen habe und Sie dann von einem Tier oder Räubern getötet wurden, weil Sie sich nicht wehren konnten.", erklärte Lex sein Handeln, was dem Mann, den er praktisch schleifen musste, einzuleuchten schien.

Jedoch warf diese Erklärung auch die Frage auf, was für einen Ruf Lex zu verlieren hatte und nachdem auch diese knapp beantwortet worden war, staunte der Erschöpfte nicht schlecht, als er begriff, mit wem er sich da gerade angelegt und überlebt hatte. Er bereute, was er dem Mädchen angetan hatte und bat Lex, ihn zu ihr zu bringen, um sich für seine Tat zu entschuldigen.
 

Hätte der Weißhaarige nicht gemerkt, dass es ihm ernst damit war, hätte er ihn im nächsten Dorf bei der Stadtwache abgeliefert und sich nicht darum gekümmert, was danach mit ihm passieren würde. So waren Lex und der Reumütige in Richtung Colana weitergegangen und am Abend auf Saara und Ray getroffen, die auf Lex gewartet hatten.

Saara erschrack natürlich fürchterlich, als der Mann, der ihr am Mittag noch beinahe ein Schwert in die Kehle gestoßen hatte plötzlich zusammen mit Lex in den Schein des Lagerfeuers trat. Als Lex ihr jedoch erklärt hatte, dass sich dieser Mann nur bei ihr für seine Tat entschuldigen wollte und danach sofort verschwinden würde, beruhigte sie sich und hörte ihn an. Bevor er ging, bekam er sogar noch etwas zu essen und entschuldigte sich ein weiteres mal bei Saara, obwohl diese ihm bereits verziehen hatte.
 

Nach dem Essen hielt Ray es für nötig, Saara kurz unter vier Augen zu sprechen.

Etwa zehn Meter vom Lagerfeuer entfernt fragte er sie flüsternd: "Saara, du wolltest doch deinen Cousin wiedersehen, nicht wahr?", und sah kurz zu Lex, um zu überprüfen, dass dieser nicht versuchte, von den Lippen abzulesen, was er mit ihr zu besprechen hatte.

Saara fragte, auf was er hinaus wollte. Ray sagte leise: "Nun ja, dein Wunsch ist gerade in Erfüllung gegangen.", während er auf seinen Lehrer zeigte.
 

Sie stürmte zum Lagerfeuer und fiel ihrem Cousin um den Hals, noch bevor der überhaupt wusste, wie ihm geschah. Lex sah äußerst verwirrt aus, war er es doch nicht gewöhnt, dass ihm ein Mädchen, von dem er dachte, es nicht zu kennen um den Hals fiel.
 

Ray kam zurück zum Lagerfeuer und schüttelte den Kopf. Sein Lehrer hatte sich inzwischen dazu überwunden, die Arme um Saara zu legen, war sich aber immer noch nicht klar darüber, wer das Mädchen war, das inzwischen aus Freude weinte und ihm ins Ohr schluchzte.

Fragend sah er Ray an, worauf der erwiederte: "Denk einmal scharf nach, wer dieses Mädchen sein könnte, Lex. Ich gebe dir einen Tipp: Du kennst sie aus deiner Kindheit und hast sie seit zwölf Jahren nicht mehr gesehen.", und ließ ihm einen Moment Zeit, um nachzudenken.

Langsam schien es Lex zu dämmern, wen er da in seinen Armen hielt, doch glauben wollte er es noch nicht ganz. "Saara?" fragte er zaghaft. "Ja?" drang es mit einem leisen Schluchzen an sein Ohr. "Ich... Ich dachte, du wärest tot. Mir wurde gesagt, es wären alle, wirklich alle aus unserer Familie getötet worden, und dass nur ich überlebt hätte." Bevor Ray sie sehen konnte, wischte er sich schnell die Tränen aus den Augen, die sich darin gesammelt hatten. Saara sah ihren Cousin schweigend an und erwiederte schließlich bitter: "Stimmt wohl nicht ganz... Immerhin wäre ich jetzt sonst nicht hier, oder?"
 

Als Lex am nächsten Morgen aufwachte, glaubte er zunächst, das Wiedersehren mit seiner Cousine nur geträumt zu haben.

Er setzte sich auf und musste feststellen, dass sie tatsächlich neben ihm lag, ein fast seeliges Lächeln auf den Lippen trug und von Zeit zu Zeit leise schnarchte.

Saara schien ein wenig zu frieren, weshalb er seinen Mantel auszog und sie liebevoll damit zudeckte.

Ray saß am Lagerfeuer und stocherte mit einem Stock darin herum, um es weiter anzufachen, was ihm einfach nicht gelingen wollte. Verdutzt sah er seinen Lehrer an, als dieser ohne seinen Mantel neben ihm auftauchte, sich den Stock schnappte und das Feuer binnen weniger Sekunden dazu gebracht hatte, seine Größe fast zu verdoppeln. Lex stand auf, klopfte sich den Dreck von der Hose und wusch sich das Gesicht, bevor er sanft die Schlafende weckte.
 

In der Dunkelheit am Abend hatten sie es nicht sehen können, doch die Gebirgskette, die sie von Colana trennte, war bereits nah. Die Wege, auf denen sie wanderten, wurden zunehmend steiler und felsiger und zehrten an ihren Kräften.

Gerade war einer der Berge zur Hälfte erklommen, als Saara zusammenbrach.
 

Lex stürzte zu ihr, hob sie auf seinen Rücken und musste erschrocken feststellen, dass seine Cousine fieberte und nur schlecht Luft bekommen zu schien. Ray, der herrangekommen war, um zu helfen, sah den besorgten Blick seines Lehrers und schien zu wissen, dass Eile geboten war, weshalb er vorkletterte und den schnellsten Weg suchte.
 

Während sie kletterten, zog sich der Himmel mit dunklen Wolken zu und ein eisiger Hauch wehte durch die Felsen des Berges. Gerade rechtzeitig fand sich ein Vorsprung, direkt unter dem Gipfel des Berges, der ihnen Schutz vor dem Unwetter bot, das nun zu toben begann. Blitze zuckten, Donner grollte und Regentropfen schlugen auf den nackten Fels.

Saara, deren Zustand sich seit ihrem Zusammenbruch immer weiter verschlechtert hatte, hatten die beiden Männer mit ihren Mänteln zu gedeckt und in ihrer Nähe ein kleines Feuer entzündet, um die Kranke zu wärmen.

Als sie immernoch stark zitterte, legte Lex ihr vorsichtig die Hand auf die Stirn, um zu prüfen, ob ihr Fieber noch weiter gestiegen war.

"Ray, komm her und hilf mir sie zu wärmen. Ihr Fieber steigt immer weiter.", sagte er, während er sich an ihre Seite schmiegte und seine Arme um sie schlang. Sein Schüler schmiegte sich an Saaras andere Seite, wurde rot, wie eine Tomate und legte ebenfalls die Arme um sie. Während sie so dalagen, wurden sie immer müder und schliefen schließlich ein.
 

Am nächsten Morgen schreckten sie auf, als Saara im Fieber zu sprechen begann.

Lex hüllte sie enger in seinen und Rays Mantel und wollte sie gerade auf den Rücken heben, als ein Greif auf dem Felsvorsprung über ihren Köpfen landete.

Kurzentschlossen gab er seine Cousine in Rays Arme, bat ihn, sie zu wärmen und kletterte hinauf zu dem Wesen.

Oben angekommen räusperte er sich leise, was den Greifen dazu brachte, sich umzudrehen. Genau wie Lex litt der Greif an Albinismus. Sein Fell und Gefieder waren schneeweiß und die Augen des Tieres leuchteten in einem sanften Rot.
 

Kaum hatte der Greif sich vollends umgedreht ließ er ein warnendes Kreischen hören. Der Exorzist, der nicht vor hatte, dem Tier zu schaden, legte sein Schwert ab und schritt langsam und respektvoll auf den Greifen zu. Offensichtlich verstand dieser, das von Lex keine Gefahr ausging, und ließ ihn näher treten, sich sogar von ihm berühren.
 

Lex streichelte vorsichtig das Gefieder am kräftigen Nacken und das Fell auf dem Rücken des Greifen. Doch er war nicht zu dem zutraulichem Tier gekommen, um es zu streicheln, sondern um es um Hilfe zu bitten. Während er das Tier streichelte, begann Lex, leise mit dem Greifen zu sprechen: "Mein Name ist Lex und ich brauche deine Hilfe. Unter dem Felsvorsprung, auf dem wir hier stehen, liegt meine Cousine. Sie ist krank und hat hohes Fieber. Ein Freund ist gerade bei ihr und passt auf sie auf. Kannst du uns so schnell wie möglich nach Colana bringen?"

Auf telepatischem Wege stellte sich der Greif als Feder vor und versprach, ihm so gut zu helfen, wie er konnte. Sich bedankend holte Lex sein Schwert und stieg auf den Rücken des Greifen.
 

Ray, der Saara fest umarmte, um sie zu wärmen, staunte, als sein Lehrer auf dem Rücken des Greifen bei ihrer Lagerstätte landete. Auf Lexs Anweisung hin stand er auf, hob Saara vorsichtig an und trug sie langsam zu ihrem Cousin. Als dieser seine Cousine vor sich gesetzt hatte, um sie während des Fluges festhalten zu können, setzte sich auch Ray vorsichtig auf den Rücken des Greifen, welcher sich mit starken Flügelschlägen in die Lüfte erhob, um die Hilfsbedürftigen nach Colana zu bringen.
 

Während des Fluges hielt sich der Exorzist mit einer Hand am Hals des Greifen fest, mit der anderen umfasste er Saara. Ray, der sich nicht anders zu helfen wusste, hielt sich einfach an seinem Lehrer fest.

Als sie wenige Stunden später vor Colanas Toren landeten, erregte der weiße Greif einiges an Aufsehen bei den Leuten, die sich in der Nähe befanden. Es war ausgesprochen selten, dass sich einer der Greifen aus dem Gebirge in die Nähe der Stadt wagte und noch seltener, dass ein solcher Menschen transportierte.

Der Exorzist bedankte sich nochmals bei Feder, doch bevor dieser davonflog suchte er noch einmal den Kontakt zu Lex: "Ich sehe in dir einen guten Freund, Lex. Wenn du jemals meine Hilfe benötigen solltet, musst du mich nur rufen. Ich werde dann so schnell zu euch kommen, wie ich nur kann. Das gilt ebenso für deinen Schüler und deine Cousine. Sei so gut und richte ihr aus, dass sie möglichst schnell genesen soll, wenn sie aufwacht. Auf bald, mein Freund!"
 

Lex, der Saara in den Armen hielt, sah dem Greifen noch kurze Zeit hinterher, dann wandte er sich in Richtung Stadttor und fragte die Wachen, die auf sie zugekommen waren, wo die nächste heilkundige Person lebte oder arbeitete. Nachdem sie endlich erfahren hatten, dass die einzigen Heilkundigen die Mönche und Priester der Stadt waren, gingen sie zum Kloster, wo Ray energisch gegen die Tür klopfte.
 

Als endlich einer der Mönche die Tür öffnete und Lex mit seinen weißen Haaren und roten Augen sah, wollte er die Tür gleich wieder zuschlagen, doch Ray stellte einfach einen Fuß in die Tür und hielt sie so offen. "Hören Sie, Bruder", begann er und erklärte dem Mönch ihre Lage. Er hatte gerade geendet, da zog der Mönch die Tür auf und ließ sie eintreten.
 

Nun warteten Ray und Lex vor der Tür des Krankenzimmers auf die Person, die der Mönch, der sie hereingelassen hatte, holen gegangen war. Sie warteten noch nicht lange, als plötzlich Schritte hörbar wurden und eine junge Frau mit blauen Haaren und blasser Haut an ihnen vorbei in das Zimmer stürmte, in dem Saara untergebracht worden war.
 

Als die Blauhaarige eine Stunde später wieder aus dem Zimmer gekommen war, hatte sie bedrückt gelächelt.

"Sie können zu ihr gehen, aber bitte seien Sie leise. Sie ist schwach und braucht den Schlaf.", waren ihre Worte und sie wollte gerade gehen, als Lex ihr die Hand auf die Schulter legte und sich besorgt genauer über den Zustand seiner Cousine erkundigte.

Die Heilerin drehte sich um und sah Lex ins Gesicht. Mit einem traurigem Lächeln sagte sie: "Sie sind gerade noch rechtzeitig hergekommen. Wären sie eine halbe Stunde später hier angekommen, hätte ich ihr nicht mehr helfen können."

So blass Lex des Albinismus wegen auch war, mit der Nachricht von Saaras schlechtem Zustand war auch das letzte bisschen Farbe aus seinem Gesicht gewichen.

Er wollte er sofort zu seiner Cousine, und wehrte sich lebhaft gegen Ray und die Heilerin, die ihn festhielten und so beruhigend auf ihn einredeten, wie es in diesem Moment ging.

Tatsächlich ließ der Exorzist sich zur Ruhe bringen, doch dann ließ er sich an der Wand heruntersinken, an die sein Schüler und die Blauhaarige ihn gedrückt hatten, stützte den Kopf seine Hände und ließ mit zuckenden Schultern kleine Tränen über seine Wangen laufen.
 

Ray, der nie gedacht hätte, seinen Lehrer einmal weinen zu sehen, setzte sich neben diesen und legte einen Arm um seine Schultern, während die Heilerin sich vor ihn hinkniete und verspach, alles dafür zu tun, dass Saara wieder gesund werden würde.

Lex nickte, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und stand wieder auf. Bevor er zu Saara ging, drehte er sich noch einmal um und fragte nach dem Namen der Blauhaarigen.

Diese sah ihn erst verdutzt an, doch dann sagte sie: "Ich heiße Amy und bin Priesterin. Wenn Sie noch etwas wissen möchten, oder ihr Zustand sich ändert, sagt bescheid. Mein Zimmer befindet sich am Ende diese Ganges und ich bin eigentlich ständig dort.", und verschwand mit einer höflichen Verbeugung.
 

Während Ray ihr noch hinterhersah, setzte Lex sich an Saaras Seite, hielt ihre Hand und beobachtete ihren fiebrigen Schlaf. Kurze Zeit später kam auch sein Schüler in den Raum und sah völlig verdutzt, dass der Rotäugige neben der Kranken eingeschlafen war und unruhig zu träumen schien.
 

Ausserhalb der Klostermauern brach bereits die Nacht herein und er selbst verspürte einen Anflug der Müdigkeit, weshalb er den Schlafenden mit einer Decke beglückte, sich selbst auf ein altes Sofa legte und nur wenige Minuten später tief und fest schlief.
 

Durch ein leises Rascheln wurde Lex mitten in der Nacht geweckt.

Lex, der sich erst noch über das zusätzliche Gewicht, das durch die Decke auf ihm lastete wunderte, öffnete langsam die Augen und traute seinen Augen nicht, als er die zierliche Silhouette seiner Cousine vor dem Fester sah. Ihre Haare wurden von einer sanften Brise getragen, die durch das riesige Fenster in das Zimmer wehte.

So leise er konnte stand er auf und streckte sich kurz, bevor er sich nach Saaras Befinden erkundigte. Die Kranke fuhr herum und erwiederte: "Mir geht es um Längen besser. Habe ich dich geweckt, Lex?"

Sie erschrak, als Ray ein leises "Mich hast du auch geweckt, aber das ist nicht so schlimm. Hauptsache, dir geht es besser." hören ließ und stürzte beinahe aus dem Fenster. Lex, der sich fürchterlich erschrocken hatte, stand bereits neben ihr und umfasste ihre Schultern.
 

"Ich lasse euch kurz alleine und hole Amy, in Ordnung?", verkündete der Schüler und verließ lächelnd den Raum.
 

"Da fällt mir ein...", begann Lex, als die Tür sich gerade geschlossen hatte, "Ich soll dir eine gute Besserung von einem Freund wünschen, der geholfen hat, dich hierher zu schaffen."

Saara sah ihren Cousin an und fragte neugierig: "Ist dieser Freund noch in der Nähe? Ich würde ihn liebend gerne kennen lernen."

Sie war äußerst überrascht, als Lex das Fenster vollständig aufriss, sich auf das breite Fensterbrett stützte und in die Nacht rief: "Feder! Komm, hier möchte dich jemand kennen lernen!"

Völlig verdutzt wollte sie gerade fragen, weshalb er das tat, doch sie wurde von einem leisen Kreischen und Flügelschlägen davon abgehalten. Kaum hatte die Kranke den Kopf zum Fenster gedreht, landete der weiße Greif auf dem Fensterbrett und sah sie mit seinen sanften Augen an.

Thelepatisch begrüßte Feder sie: "Einen wunderschönen guten Abend. Es ist schön zu sehen, dass es dir bereits besser geht, Saara.", bevor er sich Lex zuwandte: "Vielen Dank, dass du mich gerufen hast, Lex. Aber wo ist dein Schüler?"

Gefolgt von Ray platzte genau in diesem Moment Amy in das Zimmer. Der Anblick des Greifen auf dem Fensterbrett ließ sie erschrecken, doch ihre schlechte Laune hatte sich mit einem Schlag in Luft aufgelöst, als Ray ihr ins Ohr flüsterte, dass sie vor dem Greifen nichts zu befürchten habe.
 

Während Lex sich seinem Schüler und der Priesterin zudrehte und nicht auf Saara achtete, nutzte diese die Gelegenheit, auf das Fensterbrett und dem Greifen auf den Rücken zu klettern. Dort saß sie nun, streichelte dem Tier lächelnd über Federn und Fell und achtete nicht darauf, dass Amy ihr von innen heraus zurief, sie solle wieder herein kommen und sich nicht unnötig in Gefahr bringen.

Feder kniete nieder und bat Saara, von seinem Rücken zu steigen und sich wieder zu Bett zu begeben. Seufzend begab die Kranke sich wieder ins Zimmer, wo sie sich zurück in ihr Bett legte und von der Priesterin untersucht wurde.

Die Blauhaarige kam zu dem Ergebnis, das Saara sich nur noch einige Tage schonen musste, um vollständig zu genesen.
 

Saara war gerade eingeschlafen, als Amy das Zimmer verließ. Die Tür schloss sich leise, Ray wünschte Lex eine erholsame Nacht und begab sich ebenfalls zu Bett. Anstatt zu schlafen, dachte dieser aber noch lange darüber nach, was ihn in der Zukunft noch erwarten würde. Erst, als es hinter der Bergkette, über die sie gekommen waren bereits zu dämmern begann, schlief er endlich ein.
 

Nur wenige Tage später war Saara genesen und fühlte sich bereits kräftig genug, um weiterzuwandern. Sie wollte aufstehen, wurde aber sanft von ihrem Cousin zurück auf das Bett gedrückt und zugedeckt.

Auf ihren fragenden Blick hin antwortete Lex: "Schön, dass es dir wieder gut geht, aber erst will ich noch ein Versprechen einlösen, das ich Ray gegeben habe. Bis das erledigt ist, sei so gut und bereite mir nicht noch mehr Sorgen, als ich ohnehin schon habe, in Ordnung?" Auf ein kleines Nicken ihrerseits hin stand er auf und begab sich mit seinem Schüler in die Stadt.
 

Während sie auf der Suche nach einer Schmiede durch die Stadt schlenderten, hatte Saara keine Lust mehr, nur in ihrem Zimmer herumliegen zu müssen und machte sich auf, um das Kloster zu erkunden.

Kurze Zeit, nachdem sie das Zimmer verlassen hatte, wollte Amy sie ein weiteres mal untersuchen und schlug Alarm, als sie das Zimmer der Kranken leer vorfand.
 

Lex und Ray waren gerade dabei, ein Schwert auszusuchen, das für Ray und die Übungen, die er damit absolvieren musste, geeignet war. Die beiden traten gerade mit dem neuen Schwert aus einer der städtischen Schmieden, als einer der Mönche des Klosters auf sie zugelaufen kam und völlig ausser Atem berichtete, dass Saara verschwunden war.

Mit heruntergeklapptem Kiefer war der Mönch im Bruchteil einer Sekunde zurückgelassen worden und Leute sprangen zur Seite, als sie Ray und Lex auf sich zustürmen sahen.

Wenn hin und wieder eine Person über den Haufen gerannt wurde, entschuldigten sich die beiden knapp und stürmten weiter Richtung Kloster. Dort angekommen, teilten der Rotäugige und sein Schüler sich auf.
 

Während Lex in den unteren Stockwerken des Klosters nach seiner Cousine suchte, durchkämmte Ray die oberen. In der Bibliothek im Erdgeschoss stieß der Weißhaarige auf einen geöffneten Geheimgang, der von den Mönchen, die sich in der Bibliothek aufhielten, noch nicht bemerkt worden zu sein schien.

In der Zwischenzeit hatte Ray bereits die beiden oberen Geschosse des Klosters durchsucht, ohne fündig zu werden und machte sich auf den Weg, um Lex

bei der Suche zu helfen.

Mitten auf einer der Treppen rannten die beiden ineinander, stürzten und rollten die gesamte Treppe herunter.

Leicht benommen richteten beide sich wieder auf und mussten kurz lachen, bevor ihnen der Ernst der Situation wieder in den Sinn kam.
 

Ray, der nicht ganz wusste, wie ihm geschah, schien recht verwundert, als sein Lehrer ihn hinter sich her zog, ihm den Geheimgang hinter einem der alten Regale der Bibliothek präsentierte und fest davon überzeugt war, das Saara in diesem verschwunden sein musste.

"Sie muss einfach hier sein. Sie liebte es als Kind auch schon immer, in dunklen Gängen umherzugeistern und Leute zu erschrecken." versicherte Lex, bevor er sich eine Fackel nahm, die sich am Eingang des Gangs befand und in den Gang ging, ohne darauf zu achten ob Ray ihm überhaupt folgte.

Als sie nur wenige Minuten später um eine scharfe Biegung des abschüssig verlaufenden Ganges gingen, erblickten sie Saara, die an die Wand gekettet und geknebelt worden war. Kaum war sie vom Knebel befreit, flüsterte sie: "Lauft und lasst mich vorerst hier, wenn er euch hier findet, seid ihr des Todes."

Auf die fragenden Blicke hin wollte sie gerade erklären, was es mit ihm auf sich hatte, doch das erledigte sich von selbst, denn just in diesem Moment kehrte er zurück.

Bei ihm handelte es sich um einen Dämon, wie Lex ihn noch nie gesehen hatte: Sein Körper war menschlich, aber die Haut war feuerrot und mit schwarzen Mustern

auf der Brust und auf dem Rücken bemalt. Schwarze Augen starrten aus tiefen Augenhöhlen hervor und lange, spitze Stacheln besetzten den Kopf und den Rücken des Dämonen.

Beim Anblick der beiden Männer, die ihn erschrocken anstarrten, brach er in schallendes, krächzendes Gelächter aus. Kaum hatte er sich wieder beruhigt, musterte er Lex und Ray, während er auf sie zuging. Lex, der gerade noch ausweichen konnte, musste zusehen, wie sein Schüler mit einem gezielten Schlag in die Magengrube an eine Wand auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges geschleudert wurde und regungslos liegen blieb. Ein weiterer Schlag und Lex schlug neben Ray an die Wand.

Während sich der Weißhaarige langsam und unter Schmerzen auf die Beine kämpfte, schulterte der Dämon die schreiende und sich wehrende Saara und verschwand mit ihr zusammen in einer Wolke aus Rauch. "Ich bin Belial. Wir sehen uns wieder!" Seine Worte klangen noch in Lex' Ohren, als dieser ohnmächtig zusammenbrach.



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