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Blind

von

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Was es ist
 

Es ist Unsinn, sagt die Vernunft.

Es ist, was es ist, sagt die Liebe.

Es ist Unglück, sagt die Berechnung.

Es ist nichts als Schmerz, sagt die Angst.

Es ist aussichtslos, sagt die Einsicht.

Es ist, was es ist, sagt die Liebe.

Es ist lächerlich, sagt der Stolz.

Es ist leichtsinnig, sagt die Vorsicht.

Es ist unmöglich, sagt die Erfahrung.

Es ist, was es ist, sagt die Liebe.
 

[© Erich Fried]
 


 

Ich möchte für dich das sein, was du am meisten brauchst...
 

Dass du blind bist, wusste ich schon immer. Hab's mir nie eingestanden, das weiß ich jetzt, aber nun weiß ich es. Spüre es deutlich, jeden Tag mehr. Du siehst mich einfach nicht. Ich bin da, bin da für dich, jeden Tag, höre dir zu. Höre deine Worte, wie du sagst "ich mag dich sehr" und "ich kann nicht sagen, warum". Höre dich reden, immer nur reden. Von IHR. Und jedes Wort schmerzt mich zutiefst in meiner Seele. Sagst, dass du mir helfen willst und wir beide wissen nicht wie. Das glaubst du zumindest. Doch ich weiß es. Ich wusste es schon immer. Wusste es tief in mir, dass du das bist, was ich brauche. Was meine Seele verlangt. Ich brauche dich, wie ich Luft zum Atmen brauche. Wie ich Wasser und Nahrung brauche. Ich brauche dich wie nichts anderes. Ich könnte leben, allein mit dir, das würde mir genügen! Doch du siehst es nicht. Sage dir so viel von mir, niemand anderes weiß so viel, aber du siehst es nicht. Und ich kann es dir nicht sagen, was ich empfinde, weil ich Angst habe. Angst vor dir, weil ich nicht weiß, ob mein Ich dich ertragen könnte. Wir streiten so oft... Zu oft zumindest, denn jedes mal scheint ein Teil von mir zu sterben und von dir wegzugehen. Ich kann es nicht ertragen, wenn du deine Stimme erhebst und mir sagst, eindringlicher als alles andere, dass du SIE vor allem beschützen würdest. Dass du dein Leben für sie opfern würdest, deine Seele und dein Herz. Und ich weiß nicht weiter. Bin so dumm... Aber ich hab es ja nicht anders gewollt. Ich wollte dir helfen und ich will es immer noch. Kann nicht anders. Ein Wort nur von dir und meine Trauer wird ganz klein, mein Schmerz klingt nur noch leise und ich will dir so sehr helfen. Will dir sagen, was du tun könntest für sie, auch wenn ich es nicht weiß. Will nur, dass du glücklich bist, dass es dir gut geht... Ein seltsames, hassenswertes Gefühl. Ich verstehe dich so gut, mehr als du ahnst. Mein Gefühl ähnelt deinem, und ich will es genauso sehr abstellen, will genauso sehr weg davon, weil ich nicht haben kann, was ich begehre. Weil ich nicht haben will, was ich begehre. Weil du IHR gehörst. Und ich weiß es. Jeder weiß es, dass ihr beide zusammengehört. Und keinen schmerzt es mehr als mich... Weiß nicht mehr, was ich tun soll, wenn ich dich in Tränen von ihr reden höre, deinem Schwärmen lausche. Deine Liebe zu ihr strahlt aus jedem Wort und ich verstehe langsam, dass es für mich kaum noch einen Ausweg gibt. Hatte schon verloren, als du das erste Wort an mich gerichtet hattest... Und verstehe einfach nicht, was mit mir los ist. Verstehe es nicht. Denke mir selber, es kann nicht sein. Und es kann ja nicht sein! Wer bist du denn, dass DAS mit mir passieren darf? Jedes mal schwanke ich auf schmalem Pfade und neben mir die Klippen. Und ich kann nicht mehr umkehren, muss den Weg bis zum Ende gehen, einen grausamen Weg, auch wenn ich oft die Sonne sehe, wenn mir das Meer seine Melodie entgegen rauscht. Oder seinen Sturm, der mich umzuwerfen droht. Das bist du. Du bist das Meer, das mich so sehr anzieht, das ich niemals verlassen will, ich brauche es. Dich. Ich brauche dich und du hast mich gefangengenommen, verzaubert und ich will nicht mehr weg, auch wenn sich ein Teil von mir sträubt. Dich fernhalten will von mir. Auch wenn ein Engel mit Flammenschwert dich von mir fernhalten will. Und ich kann diesen Engel nicht besiegen, genauso wenig wie dich. Weiß nicht mehr, was ich tun könnte... Und du bist so blind. Du siehst mich an, aber siehst mich nicht. "Wärst du doch sie", sagtest du einmal und ich glaubte, sterben zu müssen. "Ich mag dich sehr", sagst du, "aber nicht so wie sie", und ich verstehe dich. Ich bin nicht liebenswert. Ich bin nicht brav und nett. Ich bin nicht einfach. Ich bin nicht das, was du brauchst. Und brauche dich trotzdem... Ein grausamer Scherz, nicht wahr? Von mir selbst herbeigesehnt, als ich einsam war und allein und ich bin es immer noch. Nichts hat sich geändert, nur du. Du änderst dich. Jedes mal neu. Ich sehe deine Masken, glaube sie zu sehen und weiß nicht, ob du mir je dein wahres Gesicht zeigst. Kann es nicht glauben, weil ich es noch niemals geglaubt habe. Niemandem. Alles war immer nur ein großes Spiel, bei dem ich verlor. Es wurden nur immer die Mitspieler gewechselt. Als würde ich einen langen, einsamen Weg gehen, immer einsam, in Dunkelheit, und auf manchen Abschnitten steht mir jemand bei. Der mich irgendwann verrät, mir weh tut und wieder verschwindet, so schnell und lautlos er auch gekommen ist. Für mich sichtbar bleiben sie alle, aber sie sehen mich nicht mehr und meinen Schmerz, den sie mir zufügen. Gewollt oder ungewollt... meist gewollt und ich bin zu feige, ihnen zu sagen, dass sie gehen sollen und zu mutlos, um sie zum bleiben zu bewegen. Und so wirst auch du sein. Ein Partner auf meinem Weg durch das, was man Leben nennt, jemand der mir ein weiteres mal das Tor in meine eigene Welt versperrt, mich zum bleiben bewegen will und ich weiß nicht, wieso ich gehorche, wieso ich immer und immer wieder Versprechen einhalte, die ich selbst nicht glauben kann. Die ich nicht will. Ich weiß, dass du mich irgendwann vergessen wirst, wie alle, die mich je kannten. Keiner mehr von ihnen, der noch da wäre für ein liebes Wort, für eine Umarmung. Keiner von ihnen, der mich mal ansieht, mit einem Lächeln. Die kleinen Dinge, die reichen würden. Die Dinge, die ich mir von dir wünsche. Weiß nicht mehr, warum... Wusste es nie. "Weil du bist, wer du bist." Ein Satz, den ich nicht einmal selbst erklären kann. Du bist das, was du bist und ich brauche dich. Seltsam, das zu wissen, weil ich nie jemand anderen als mich selbst brauchen wollte. Habe Mauern um mich errichtet, die das vermeiden sollten. Habe Waffen geschmiedet in meinem Geist, die niemals zerbrechen sollten. Habe dafür gesorgt, dass nichts da ist, dass mich schmerzen könnte. Habe dafür gesorgt, dass ich immer allein sein konnte, niemals jemanden brauchte. Doch dann sagtest du "ich brauche dich nicht, ich habe noch andere Freunde", und etwas in mir zerbrach. Weiß nicht, wie lange ich die Scherben spüren werde... Vielleicht war es mein Herz, das du gebrochen hast. Ein Teil davon ist weg, noch ein weiterer, obwohl ich schon so viel davon verloren habe... Will Dinge tun, die du nicht verstehen kannst, und niemand kann mich davon abhalten. Nicht einmal du. Das konnte noch nie jemand. Suche immer noch das Tor in meine eigene Welt, glaube es sogar gefunden zu haben. Erzählte dir davon. Nicht stolz, nein, nicht freudig. Wartend, was du sagen würdest. Und gab dir das Versprechen, nicht zu gehen. Du wolltest nicht, dass ich gehe. Aber du brauchst mich ja nicht... Wenn ich SIE verletze, brauchst du mich nicht mehr. Alles von ihr fernhalten, was weh tut, das willst du. Verletzt dafür sogar andere. Würdest alle verletzen, wenn es ihr nur gut geht. Ich verstehe dich ja. Wünschte aber, du würdest mich genauso verstehen. Aber du bist so blind und so kalt in diesen Dingen... Für SIE bist du es. Und niemand wird es ändern können. Für mich bist du schon verloren, das weiß ich. Warst es von Anfang an und wirst es immer bleiben. Und ich sollte es akzeptieren, unsere Wege sollten sich trennen, bevor ich mich zu weit darin verliere, was geschehen ist. Aber ich kann nicht. Noch nicht. Aber manchmal denke ich, du gibst mir das, was du von ihr fernhalten willst. Die kleinen Anstöße, die mich dahin bringen werden, wohin sie niemals mehr kommen soll. Und du denkst gar nicht darüber nach. Vielleicht bin ich so, vielleicht bin ich dumm und nutzlos und naiv, wie ich denke. Dir diese Dinge zu sagen, was mir niemals etwas bringen wird, als mit Samthandschuhen angefasst zu werden, als wäre ich zerbrechlich, aus Glas. Vielleicht wird das passieren. Was sagt man dem Menschen, der einen liebt? Ein schreckliches Gefühl. Alles könnte falsch sein. Was wäre richtig? Nichts. Nichts kann man sagen, ohne Furcht zu haben. Aber du weißt es ja nicht. Wirst es niemals erfahren. Vielleicht durch Zufall, weil ich so dumm bin... Und du bist so blind. Siehst es nicht, was ich für dich empfinde und ich denke, es wäre falsch, auch nur ein Wort zu sagen. Will es dir auch nicht sagen. Auch wenn du mir weiter weh tun wirst. Aber alles wird sich ändern, wenn du es erfährst. Ich lebe lieber im Schmerz, als dich zu verlieren. Weiß es inzwischen. Habe gelernt, den Schmerz zu akzeptieren. Er ist da und war immer da. Auch wenn du mir mehr davon gibst, als ich manchmal ertragen kann. Auch wenn du mich anschreist. Wenn es um SIE geht... Aber ich wollte es nicht anders. Kann man wählen, wen man liebt? Habe es mir nicht ausgesucht, werde auch nichts dagegen tun. Vielleicht schaffe ich es irgendwann, zu gehen. Schon jetzt treibst du mich von dir weg. Ich spüre meine Mauern, die sich errichten, gegen einen Feind, dem ich schon das Tor geöffnet habe. Der im inneren meiner Festung weilt und ohne es zu wissen alles zum Einsturz bringen kann, mit einer einzigen Tat. Mit wenigen Worten. Und auch wenn ich es dir versprochen habe, weiß ich, dass, wenn alles einmal fällt - und das wird es, weil du so blind bist - wenn alles einmal fällt, werde ich meinen eigenen Weg gehen. In meine eigene Welt. Und niemand, niemand auf dieser ganzen Welt, kann mich dann noch aufhalten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2002-08-15T19:28:59+00:00 15.08.2002 21:28
Wow, das klingt wirklich schmerzhaft.
Ich glaube sogar zu wissen, von wem du sprichst. (Samstag?)
Ein^ige Worte passen auch auf mein Gefühlsleben:
"Habe Mauern um mich errichtet, die das vermeiden sollten. Habe Waffen geschmiedet in meinem Geist, die niemals zerbrechen sollten. Habe dafür gesorgt, dass nichts da ist,
dass mich schmerzen könnte. Habe dafür gesorgt, dass ich immer allein sein konnte, niemals jemanden brauchte."
Und das hat sich bis heute nicht geändert.
Wir haben viel gemeinsam, aber wir sind auch so verschieden, dass ich dich manchmal nicht verstehe.
Nimm mir das bitte niemals übel.


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