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Watership Down

Schattengesicht
von

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Über Efrafa

Fiver riss die Augen auf und erwachte heftig atmend aus seinem Alptraum auf. Er hatte keine Ahnung, wo er war. Er kannte diesen Bau nicht. So hob er seinen schweren Kopf und schaute sich mit unruhigen Blick um.

Niemand war hier, niemand außer er.
 

„Argh. Mein Kopf..!“ sprach er leise zu sich selbst und verengte die Augen zu Schlitzen.

Sein Kopf dröhnte und sein Unterkiefer schmerzte heftig. Er wagte sich kaum ihn irgendwie zu bewegen.
 

Was genau war eigentlich passiert? Er wusste es nicht mehr genau.. Er wusste rein gar nichts mehr. Nur an einen See konnte er sich erinnern, einen blutroten See. An rotglühende Augen, die ihn bedrohlich anfunkelten. Und an Schmerzen... große Schmerzen...

Er schüttelte schnell den Kopf um diese Gedanken los zu werden. Bei der Bewegung machte sich ein so heftiger, stechender Schmerz in seinem Unterkiefer breit, dass der Kopf des kleinen Bocks vorne wieder ein Stück Richtung Boden sackte.
 

Mit Mühe rappelte er sich hoch und ließ den Blick abermals durch den Bau schweifen. Er sah ganz normal aus. Fast wie die Bauten in Watership Down. Für einen Augenblick hatte der Rammler die Hoffnung, dass alles nur ein böser Traum gewesen war. Aber seine Nase verriet ihm, dass er sich immer noch an jenen verhassten, düsteren Ort befand.

Efrafa hatte für einen Downer einen penetranten Geruch, der in den Nüstern brannte. Für Fiver war er unerträglich.
 

Er machte einen Schritt nach vorn, taumelte zur Seite und mühte sich um sein Gleichgewicht.

Langsam schärften sich seine Sinne wieder, mitunter auch sein Gleichgewichtssinn. Nach einem weiteren, prüfenden Blick durch seine Umgebung, dass er hier auch ja nichts übersehen hatte, schlich er, den Körper nahe an dem Boden gepresst, zum Eingang des Baus.

Er hörte Stimmen. Tiefe Stimmen von Rammlern.
 

Fiver schluckte schwer, nahm all seinen Mut zusammen und wagte es, ein Stück um die Ecke in den Lauf hinaus zu schauen. Direkt neben dem Baueingang unterhielten sich zwei große Rammler, Wachen, wie er vermutete. Er wich mit dem Kopf geschwind zurück, um nicht am Ende noch entdeckt zu werden. Das hätte ihm grade noch gefehlt.

Er lauschte, konnte jedoch nur Bruchstücke des Gesprächs aufschnappen, denn der Schall, der von den Wänden ausging, schlug alle Laute übereinander und erschwerte es ihm ungemein, das Gespräch komplett mitverfolgen zu können.

„... der kleine Saubock wird schon noch sehen was er davon hat! ... Wenn du mich fragst...“

„... der General verkündete, dass....“

„... das habe ich auch gehört. Wenn er nicht bald spricht...“

„... das Gehege der Fremden...“
 

Die Wachen schienen sich über ihn und Watership Down zu unterhalten.

Vieles ging in unverständlichem Wirrwarr aus Wortbruchstücken unter. Aber er konnte deutlich heraushören, wie Kurais Name fiel. Und Campions.

Neugierde machte sich in dem kleinen Bock breit. Er schob sich näher an die Ecke heran und stellte das den Rammlern zugewandte Ohr aufmerksam lauschend auf.
 

In diesem Moment bemerkte einer der beiden Owsla, wie die Ohrenspitze des kleinen Gefangenen hinter der Ecke hervorlugte und hielt inne. Zwei leise, langsame Schritte in seine Richtung, dann Stille. Fivers Herz rutschte ihm in die Magengegend. Schnell stieß er sich von der Wand ab und wollte grade wieder in den Bau zurückhechten, als einer der Rammler mit mächtigem Sprung direkt vor ihm landete und sich noch in der selben Bewegung Zähne fletschend zu ihm hervorbeugte.
 

Fiver spürte noch die leichte Vibration im Boden, als der Owsla vor ihm landete, richtete sich auf und wollte dem Rammler entkommen. Durch den Schreck nahm er dabei allerdings zu viel Schwung, verlor das Gleichgewicht und kippte nach hinten. Kaum merkte er den kalten, harten Boden unter sich, befand sich auch schon der große Rammler direkt über ihm. Er nagelte den Kleineren mit den Schultern am Boden fest und hob den Kopf. Ein überlegenes Grinsen machte sich auf dem muskulösen Gesicht breit.
 

„Du kleiner Wurm!“ fauchte er ihn an „Was hattest du denn dort hinten verloren?!“

Fiver riss die Augen auf und öffnete den Mund um etwas zu sagen.

Ungeduldig fiel der Owsla ein, bevor er irgendwas von sich geben konnte: „Antworte!“

Der kleine Bock kniff die Augen zusammen und antwortete hektisch „Nichts..! Sir..!!!“

„Lass dich ja nicht wieder da vorne blicken! Du rührst dich nur hier vom Fleck, wenn es dir befohlen wird, verstanden?!“

Der Kleinere nickte, eingeschüchtert vom aggressiven Auftreten der Wache, und starrte diesen nur an.
 

Der Owsla ließ von ihm ab und gesellte sich wieder zu der anderen Wache auf dem Gang. Rege ging ihr Gespräch weiter. Wirres Gemurmel drang zu dem kleinen Rammler im Bau. Fiver hörte jedoch gar nicht mehr zu. Die Abreibung grade reichte ihm voll und ganz. Er rollte sich auf die Seite und kauerte sich zusammen.

//Was Hazel wohl grade macht?// kam ihm in den Sinn //Ich wünschte, ich könnte ihn warnen... ihm irgendwie Bescheit geben... Aber hier komme ich wohl nie wieder lebendig raus.//

Er seufzte einmal laut aus und schloss die Augen.

Tief in seinem Inneren wusste er, dass er es nicht mehr lange hier in Efrafa aushalten würde. Erst recht nicht, wenn es dieser Kurai auf sein >Inneres< abgesehen hatte.
 

Die Sonne ging unter.

Sie tauchte den Himmel in ein tiefes rot, bahnte sich langsam aber sicher ihren Weg hinter den Horizont.

Leichte Windchen hielten das Fell der schwarzen Marli[1] in Bewegung. Sie atmete tief ein.

Die kühle, erfrischende Abendluft war eine Wohltat. Sie hasste es, lange unten in den stickigen Bauten und Läufen Efrafas weilen zu müssen.

Einige Grillen stimmten schon emsig ihre Zirp-Gesänge an, die auf die Marli wie ein Wirrwarr aus schönen Versen und taktvollen Liedern wirkten. Diese Szenerie erinnerte sie an etwas. Sie erinnerte sich an jenen Abend im Sandle-Ford-Warren.

Sie kannte Fiver durchaus. Sie hätte nie gedacht, ihn jemals wieder zu sehen. Als er damals im alten Sandle- Ford- Warren die Katastrophe vorhergesagt hatte, war sie eine der Owslas gewesen, deren Aufgabe es war, die Kaninchengruppe aufzuhalten und zu verhindern, dass sie das Gehege verlassen. Einen Großteil der Ausbrecher haben sie noch abfangen können aber eine Hand voll hatte sich doch ihren Weg in den Wald gebahnt und waren von da an verschwunden. Mittlerweile bereute sie es. Aber wer hätte schon ahnen können, dass sich die seltsamen Fieberträume dieses hysterischen, chronisch nervösen, paranoiden Zwergs bewahrheiten würden?
 

Ein leises Rumpeln.

Black saß auf einer hoch liegenden Baumwurzel eines halbumgekippten Baumes und blickte aufmerksam hinunter auf den Boden.

Zwei Owslas und in ihrer Mitte ein Fremder. Es war ein Rammler mit goldbraunem Fell.

Die Marli sah nicht genauer hin.

Ihr Blick verharrte bei einem Kennzeichen, das grade über der Erde am fressen war. Im gleichen Zug musterte sie die einzelnen Wachen.

Da war Fern, ein cholerischer, mürrischer Bock, Kingcup, im Gegensatz zum erstgenannten ein angenehmer Zeitgenosse, auch wenn er selten etwas wirklich auf die Reihe bekam, Avens, einer der Offiziere des Kennzeichens >Linker Hinterlauf< und... ...

//Und wer war das noch mal?!//

Sie verengte die Augen und musterte den letzten Owsla, dessen Namen ihr nicht einfallen wollte. Nach einigen Augenblicken seufzte sie aus und gab es auf.
 

Das schwarze Weibchen war noch nicht allzu lange in Efrafa und sie kannte noch lange nicht alle Owsla-Mitglieder beim Namen.

Bei Frith, sie kannte nicht einmal den Offizier in den sie heute Morgen hineingerasselt war. Auch jetzt war es ihr noch immer unsagbar peinlich. Vor allem bei den ständigen, belustigten Blicken, die ihr die anderen Rammler zuwarfen, immer, wenn sie einen von ihnen ansah. Langsam war sie es leid.

Als einziges Weibchen in Efrafas Owsla[2] konnte sie eigentlich schon recht stolz auf sich sein. Vor allem weil sie sehr früh aufgenommen wurde. Aber sie wurde das Gefühl nicht los, dass der General sie nur für dumm verkaufen wollte und sich insgeheim über sie amüsierte. Das wiederum war in ihren Augen schon wieder äußerst beleidigend.

Damals im Sandle- Ford- Gehege war sie als Offizier aufgestellt worden. Auch wenn sie sich halb auf diese Position geschummelt hatte... Wie dem auch sei.

Mitglied der Owsla zu sein hatte für sie, neben all den Vorzügen, allerdings auch eine Kehrseite. Die Nächte im Owslabau waren alles andere als angenehm.

//Sollten sich die Owsla doch gleich Weibchen aus den Kennzeichen holen. Dann kämen sie mit ein paar Kratzern weniger davon.//

Aber bis jetzt hatte sie die Meute noch ganz gut auf Distanz gehalten.

Sobald die Sonne verschwunden war, begann ihr Dienst. Sie wurde als Wache für ihr Kennzeichen, rechter Vorderlauf[3], eingeteilt. Das war fast das Langweiligste was sich ein Owsla vorstellen konnte. Nur als Wache vor dem Gefangenenbau, dem sogenannten >schwarzen Bau<, rumlungern zu müssen, konnte dies allerdings noch in Ödnis toppen. Denn DA passierte bei den eingeschüchterten Gefangenen so gut wie nie etwas Außergewöhnliches. Mal davon abgesehen war man als Kennzeichen-Wache an der frischen Luft, und nicht in den stickigen Läufen des überfüllten Geheges.

Die Sonne ging unter, es wurde Zeit.
 

Das Kennzeichen wurde unter Aufsicht Hauptmann Avens’ wieder unter die Erde geschickt. Zuletzt verschwand er selbst im Kaninchenloch. Doch bevor das nächste Kennzeichen an die Oberfläche kam, trat ein anderer Owsla aus einem Loch hervor. Er warf einen kontrollierenden Blick auf seine Umgebung und machte dann einen weiteren Schritt vorwärts. Er hielt die Nase kurz einmal in den Wind, trat dann völlig zur Seite und gab seinem Hintermann ein Zeichen. Im nächsten Moment wurde ein tief schwarzes Kaninchen aus dem Lauf auf den Platz gestoßen. Mühsam rappelte es sich auf und machte einen hektischen, kleinen Satz nach vorn, um dem nächsten Owsla hinter sich, der nun auch den Lauf hinauf kam, nicht auch noch im Weg zu stehen.

Das schwarze Kaninchen war ein Rammler. Er hatte zwar eine gute Größe für einen Bock, aber seine schmächtige Figur ließ auf Unterernährung schließen. Seine Ohren waren völlig zerfetzt und hingen schlaff herunter. Einige kleinere Narben führten von den Ohren aus auch noch teilweise in sein Gesicht hinab. Mit aufgerissenen Augen und panisch umherirrenden Blick schaute er einmal rings um sich herum, bevor er sich gierig auf das Grün stürzte.

Es handelte sich um Blackavar, ein Kaninchen, über das nach einem Ausbruchsversuch eine schwere Strafe verhängt wurde. Der Rat hatte ihm beide Ohren zerfetzen lassen und ihn in eine Nische platzieren lassen, mittig des Laufes, den jedes Kennzeichen passieren musste um an die Oberfläche zu kommen. Rund um die Uhr wurde er bewacht und jedem, der vorbei kam und ihn fragte, musste er voll Reue seine Geschichte erzählen. Und jedes mal, wenn er seine Geschichte erzählte, beendete er: „Der Rat ist äußerst gnädig gewesen!“

Es sollte abschreckend für all jene Kaninchen sein, denen es in den Sinn kam aus dem Gehege zu fliehen und sie daran erinnern, was ihnen blüht, wenn sie es wagen sollten auch nur einen Schritt in jene Richtung zu tun.
 

Die meisten Owslas schienen sich über Blackavar jedoch zu amüsieren und fragten ihn nur zu gern, weshalb er auf dem Gang verharren musste. Insgeheim wusste jeder einzelne, der den schwarzen Rammler schon mal gesehen hatte, dass er es nicht mehr lange machen würde.

Nach relativ kurzer Zeit waren die beiden Owslas wieder mit dem Bock, der jetzt wesentlich entspannter erschien, im Loch verschwunden.
 

Das nächste Kennzeichen trat aus einem Loch hinter einer dicken Baumwurzel hervor und fingen auf dem gekennzeichneten Gebiet an zu fressen.

Efrafa beherbergte eine unglaubliche Anzahl von Kaninchen. Das Gehege war deutlich übervölkert. Die Bauten waren überfüllt, viele Weibchen konnten keine Jungen mehr werfen und auch wenn es eigentlich genug Futter gegeben hätte, war der Zustand vieler Kaninchen kritisch.
 

Die Kaninchen wurden in einzelne Kennzeichen eingeteilt: Halskennzeichen, linker Vorderlauf, linke Flanke, linker Hinterlauf, rechter Vorderlauf, rechte Flanke und rechter Hinterlauf. Die Kaninchen der jeweiligen Kennzeichen erkannte man an den gezielt zugefügten Narben am entsprechenden Körperteil. Dies diente dazu, die einzelnen Kaninchen wiedererkennen und zuordnen zu können. General Woundwort legt sehr viel Wert auf Ordnung. Die Offiziere der einzelnen Kennzeichen kannten ihre Leute und jedes Mal, wenn das Kennzeichen über die Erde kam oder wieder in die Läufe zurück musste, wurde die Gruppe sorgfältig auf Vollständigkeit überprüft. Jedes Kennzeichen durfte zwei mal am Tag um eine bestimmte Tageszeit über die Erde um zu fressen und frische Luft zu schnappen. Die Zeiten für die Kennzeichen änderten sich alle Tage mal. Den Rest der Zeit verbrachten die Kaninchen unter der Erde. Für viele war die Langeweile unerträglich. Ziel der meisten Rammler in den Kennzeichen war es daher, möglichst schnell volle Größe und Gewicht zu erlangen um eine Chance zu bekommen in die Owsla aufgenommen zu werden. Wer in der Owsla war, dem mangelte es wahrlich nicht an Vorzügen.

Durch die Vielzahl der Kaninchen im Efrafa-Gehege, war es schwer in die Owsla zu kommen. Zwar starben regelmäßig einige Owslas auf weiten Patrouillen, sodass wieder neue nachrücken konnten, aber das half nicht ausschlaggebend bei Efrafas Populationsproblem, das Woundwort jedoch völlig zu ignorieren schien.
 

„Hast du schon von dem Neuen gehört? Habe einen Offizier vorhin davon sprechen hören.“

„Hab’ ich auch gehört. Ganz schön mutig sich vor dem General als Söldner auszugeben.“

„Eine Unverschämtheit! Ich hätte ihn in seine Einzelteile zerlegen lassen.“

„Er wurde sogar als Owsla aufgestellt und-“

Der Owsla hielt inne.

Er schielte zu seiner Linken und wurde von einem schwarzen, neugierig aufgestellten Ohr überrascht, das kurioserweise immer näher gekommen zu sein schien. Misstrauisch verengte er ein Auge. Er sah ein schwarzes Kaninchen mit weißer Blässe, das sich seitlich nahe zu ihm rüber gelehnt hatte, jedoch unschuldig genau in die entgegengesetzte Richtung geschaut hatte.
 

„Kann ich dir irgendwie helfen?!“ fragte er mürrisch.

Black merkte auf.

„Redet ihr von diesem goldbraunen Kaninchen, das vor ein paar Stunden hier eingetroffen ist?“

„Ja“ antwortete der zweite Owsla knapp.

Die Marli lehnte sich wieder zurück. Ein bisschen neugierig machte es sie ja schon, auch wenn die Erzählungen der beiden Owslas Spuren von Ärgernissen in ihr hervorbrachten.

//Das muss ja ein ganz toller Typ sein, dass er sofort schon in die Owsla aufgenommen wurde// dachte sie im Stillen.

Ihr selbst wurde erst nach einer vollen Woche überhaupt die Chance geboten, sich beweisen zu können. Das ging ihr gewaltig gegen den Strich.
 

Sie hob ihren Blick und schaute zu den beiden Owslas neben ihr. Diese waren jedoch wieder voll und ganz in ihr Gespräch vertieft, das sie über den merkwürdigen Fremden führten.

Sie seufzte aus und hopste zu einer Stelle nahe eines Kaninchenloches, wo noch keine Wache war. Sie setzte sich und schaute dem Kennzeichen zu.

In einer Mulde hatten es sich einige Weibchen bequem gemacht und tratschten rege miteinander. Black verzog, kaum merklich, das Gesicht zu einer leicht angewiderten Mine. Sie hielt nicht viel von den Weibchen in den Kennzeichen.

Vor einiger Zeit hatten zwei, drei von ihnen den Mut aufgebracht vor den Rat zu treten um dem General den Zustand des Geheges nahe zu bringen. Sie schlugen vor, dass einige von ihnen losziehen sollten, um irgendwo ein neues Gehege auf zu bauen. Der General jedoch war strikt dagegen gewesen. Er schickte die Weibchen fort und als sie dann bei einem Fluchtversuch ertappt wurden, wurden sie von einander getrennt, neu gebrandmarkt und in unterschiedliche Kennzeichen geschickt. „Vilthuril“ hieß eine. Eine weitere hatte einen recht eigenartigen, langen Namen, den Black kaum aussprechen konnte und ihre Zunge schien sich jedes mal zu verknoten, wenn sie den Namen nennen wollte.

//Thethuthinnang... Immerhin kann ich den Namen in Gedanken aussprechen...//

Wie die anderen genannt wurden, hatte sie schon wieder vergessen. Aber so wichtig waren ihr die Namen dann doch nicht. Das waren jedenfalls die einzigen Weibchen, denen Black Respekt zusprach. Die anderen Weibchen, die alles einfach so hinnahmen wie es kam, widerten sie an. Und auch wenn die Weibchen, die sich gegen Woundwort aufgelehnt hatten, jetzt alle eingeschüchtert ihre Schnäuzchen hielten, hielt die sie von ihnen jedenfalls deutlich mehr als von den anderen Weibchen.
 

Die Nacht war schon längst hereingebrochen und der klare, unbewölkte Himmel offenbarte eine Vielzahl an Sternen. Der volle Mond beleuchtete die Welt unter sich und tauchte sie in schimmerndes Grau.

Bald würde die Zeit des Rechter-Vorderlauf-Kennzeichens vorbei sein und es würde wieder unter der Erde verschwinden.

Das schwarze Weibchen gähnte einmal herzhaft und streckte sich. Jeden Augenblick erwartete sie den Befehl eines Offiziers des Kennzeichens, Bugloss, dass sie wieder verschwinden sollten.
 

Tatsächlich erklang eine Stimme. Eine laute, hektische Stimme, der ein stürmisches Trommeln folgte.

„AUSBRECHER!“ erklang es aus einem Lauf heraus und dem Ruf stimmten viele Owslastimmen der Umgebung ein.

Black fuhr zusammen. Sie hatte sich grade halb umgedreht als sie nur noch eisblaue Augen aufblitzen sah und rüde zur Seite gestoßen wurde. Als sie einige Herzschläge später die Augen wieder öffnete und sehen konnte, erkannte sie die Rückseite eines Hellbraunen Kaninchens.

Einen Augenblick später registrierte das Weibchen die Situation, sprang auf und setzte sich in Bewegung.
 

Sie folgte den anderen Owslas. Ihr Weg führte sie vom Efrafa-Kern über eine offene, hohe Wiese. Das Gras peitschte ihr ins Gesicht und sie verengte die Augen. Ständig flackerte das Mondlicht zwischen den Pflanzen hindurch und kleine Unebenheiten auf dem Boden brachten sie immer wieder aus der gleitenden Bewegung. Sie sah die anderen Kaninchen vor sich nicht, aber konnte sie deutlich hören.
 

Langsam wurde das Gras kürzer und bald wurde die Owsla von einer übersichtlichen Wiese umgeben. Black sah zwei Rammler vor sich in den Wald rennen und folgte.

Jetzt bei Nacht sahen die Bäume viel bedrohlicher aus. Lange Schatten zeichneten sich auf dem Waldboden ab. Wie sie ihre dürren Äste zum Himmel reckten war unheimlich, ebenso konnte man denken, dass der Wind, der böhenweise durch das Blattwerk pfiff, den riesigen Pflanzen wahres Leben einhauchte. Aber zum Glück sahen Kaninchen selten zum Himmel hinauf. Viel beunruhigender war der stetige Schrei einer Eule, dessen Ursprung vom Schall der Bäume unergründlich war.
 

Vier andere Owslas zählte sie, die vor ihr hinter dem Flüchtling herrannten. Stück für Stück näherte sie sich den einzelnen Rammlern und überholte sie ihm Flug. Zwar war sie bald schon am nächsten an dem unbekannten Kaninchen dran, aber es hatte deutlich Vorsprung. Sehen konnte sie es noch immer nicht aber sie lauschte, wie es durch das dichte Unterholz des Waldes sprang. Allein den Geräuschen nach zu urteilen, schien es vielleicht doch nicht nur ein Kaninchen zu sein. Aber Black verdrängte diesen Gedanken rasch.

Es wurde langsamer.
 

//Auch wenn er am Anfang sehr schnell war, scheint ihm ja doch recht schnell die Puste aus zu gehen!// dachte sich das schwarze Weibchen. Ein überlegendes Grinsen zeichnete sich in ihrem Gesicht ab. Vielleicht konnte sie sich ja ein bisschen Respekt verdienen, wenn sie diesen Ausbrecher packen würde...
 


 

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[1]: Marli = Ein Ausdruck für „Weibchen“.

[2]: Owsla = Kaninchen, die volle Größe und Gewicht erreicht haben (Alter: 2 Jahre und aufwärts) können in die „Owsla“ aufgenommen werden und Autorität ausüben. Sie dienen zum Schutz eines Geheges. Hier in Efrafa stark militärischer Charakter.

[3]: Für diejenigen, die sich noch an eine gewisse Zeichnung von Black erinnern, in der sie ein Kennzeichen am linken Hinterlauf hatte: Ich hab umdisponiert.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  SophMacaulay
2010-03-02T14:10:38+00:00 02.03.2010 15:10
Wow! bin ja mal gespannt, ob Black die Ausreißer schnappen kann.
Sehr spannendes Kapitel, ich freu mich schon aufs nächste.
Von: abgemeldet
2008-02-13T14:57:24+00:00 13.02.2008 15:57
Ein sehr aufschlussreiches und am Ende rasantes Kapi. ^^ Habs mir schon vor einiger ZEit durchgelesen, aber erst jetzt komm ich zum Kommi schreiben. *sigh*
Hat mir gefallen, wie du Efrafra quasi aus Sicht von Blacks Gedanken beschreibst. Gibt einem einen guten Einblick in die Strukturen, auch wenn man WD net kennt. Mit der Übervölkerung, den strengen Regeln, den verschiedenen Kennzeichen. Gelungen.
Und sehr mysteriös auch dieses 'neue' Kaninchen, von dem alle reden. Was hat es mit ihm auf sich? Verräter im Sinne von Efrafra bestimmt, aber was bezweckt es? Spannend sach ich nur. ^^
Ich mag es nebenbei noch, wie du die Kaninchen beschreibst. Ihr Verhalten, ihre Bewegungen. Ist sehr passend, wie ich finde und verleitet mich das ein oder andere Mal auch zum Grinsen...wenn da so ein Ohr umme Ecke linst. *breit grins* Und die Verlfolgung hat mich echt mitgerissen, fesselnd erzählt.
Wird Black den Flüchtlichg stellen??
Von: abgemeldet
2007-10-09T11:16:17+00:00 09.10.2007 13:16
„Hab’ ich auch gehört. Ganz schön mutig sich vor dem General als Söldner auszugeben.“ irgendwo kenn ich das doch oder? ^^

und //Das muss ja ein ganz toller Typ sein, dass er sofort schon in die Owsla aufgenommen wurde// ja damit hat black voll und ganz recht! das is ein ganz toller Typ xDDD

super Kapi! ich werd mich jetz gleich übers nächste machen!
Von: abgemeldet
2007-08-14T19:11:03+00:00 14.08.2007 21:11
Hey ho~
Bin endlich mal zum lesen gekommen und hab mich voll gefreut, dass dieses Kap so schön lang ist. *g*
Da hatte man wesentlich mehr davon^^
*g*
Joa+
Was soll ich sagen? Ich fand es sehr interessant, dass du Efrafa etwas erzählt hast. Nun hat man nen besseren Überblick über die Struktur, die Bauten, die Überbevölkerung, wie du jha sagtest.
Sehr interessant. Ebene wie ein richtiges Land, halt nur als Gehege. Das finde ich sehr schön beschrieben, denn ich kann es mir gut vorstellen, wie schwer es wohl sein muss aus Sicht von kaninchen zu schreiben, ohne sie dabei zu menschlich wirken zu lassen.
'Schritte' solltest du deshalb nicht mehr benutzen. Denn Kaninchen gehen ja nicht, sie hopsen, hüpfen, hoppeln... nimm, was du willst, aber nicht Schritte. Zu menschlich~
*finger hebz*
Und auf der zweiten Seite hast du zweimal kaninchen und Kennzeichen verwechselt. Hat mich stuzig gemacht, eh ichs gemerkt hab.
*lol*
Aber ansonsten wirklich top~
Ich freu mich auf die Fortsetzung und sorry nochmals für das lange warten~
>_<
Nächstes Mal kommt schneller nen Kommie~
*nick*

jenki
Von:  cblf
2007-07-16T00:39:49+00:00 16.07.2007 02:39
Kaninchen sehen so und so nicht oft in den Himmel *LOL*
Ich find dein Kappi voll cool
DU schreibst das so gut, dass gefällt mir sehr.
Mah weiter so und meld dich bitte per ENS wenns weiter geht?!

SeeYa in Efrafa
Hokagethe8th
Von:  Scaretactic
2007-07-15T18:56:08+00:00 15.07.2007 20:56
WOW O.o
einfach nur gut geworden mehr fällt mir im Moment nicht ein.
Das mit der Eule die Beschreibung einfach alles Top Kamerad! :P

Bin mal gespannt ob sie den "Verräter" kriegt.

Mach weiter so =)

LG.
Leo.


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