Beziehungskiste
Pairing: Zorro x Sanji
Genre: Comedy, Knatsch & Kitsch
***
Heute Morgen war Sanji aufgewacht und hatte festgestellt, dass er offenbar eine Beziehungskiste mit Zorro am Laufen hatte.
Und das war ein absolut klassischer Fall von „Ups?!“.
„Gib es doch einfach zu.“ Sanji zog an seiner Zigarette.
„Gar nichts geb ich zu, du …Spinatwachtel!“
„Spinat? Das ist ja wohl eher deine Farbe, blödes Brötchen.“
Die Antwort darauf bestand in einem wütenden Grollen und darin, dass Zorro noch ein wenig schneller ging.
Sanji seufzte und folgte ihm.
Er hatte absolut keinen Plan, wie das passiert war. Also, diese Beziehungskiste, nicht die Tatsache, dass sie sich in einem Dschungel verlaufen hatten.
Aber irgendwie musste es Zorros Schuld gewesen sein. Der Bastard hatte es letzte Nacht schon wieder gewagt, nach dem Sex einfach neben ihm einzuschlafen … den Kopf irgendwo an Sanjis Schulter vergraben und einen Arm äußerst Besitz ergreifend um Sanjis Taille geschlungen. Toll. Wirklich.
Es war ja echt beinah nett und kuschelig mit jemandem zu pennen, der sich im Schlaf verhielt wie ein zu groß geratener Teddy und angenehm einlullende Atemgeräusche von sich gab. Aber trotzdem …
Genau! Trotzdem …
Ach, verdammt.
„Steh doch einfach dazu. Du hast keinen Plan, wo wir sind … wer wir sind … wo kommen wir her … wo gehen wir hin, wie wird das alles enden …“
„Grrr. Halt bloß den Rand, du Sülzbacke.“ Heftig wurden ein paar Lianen und anderes grünes Gewächs durchgesäbelt, das es wagte, sich Lorenor Zorro in den Weg zu stellen. Oho – Zorro war angepisst. Dabei hatte er nicht mal eine Ahnung, worum es hier überhaupt ging.
„Du hast dich hoffnungslos verlaufen, gib es doch zu! Es ist wirklich ein Wunder, dass du von einem Ende des Schiffes zum anderen findest!“ Sanji unterdrückte den lebhaften Impuls, einen Ast nach dem grünen Schädel vor sich zu kicken. Blöder Saftsack.
Der gerade Rücken vor ihm wurde wenn möglich noch eine Spur steifer und angespannter, aber Zorro erwiderte nichts. Stattdessen beschleunigte er seine Schritte.
Sanji grummelte leise und kickte einen Stein weg.
Er war nicht wirklich sauer, weil Zorro sich offensichtlich in diesem beschissenen Dschungel verlaufen hatte. Er war auch nicht wirklich sauer, weil Zorros männliches Ego einfach nicht in der Lage war, es zuzugeben und jemand anderen führen zu lassen.
Es war nur irgendwie leichter, Zorro deswegen blöde anzumachen als wegen … wegen dieser Beziehungskiste, die Sanji seit heute morgen am Hals hatte. Dabei war er nicht mal scharf drauf gewesen!
Sporadischen Sex zu haben war eine Sache. Harmlos. Kein großer Akt. Auch wenn es gut war. Ziemlich gut. Ja, verdammt gut. Aber es war und blieb nur sporadischer Sex. Nichts, worüber man sich weitere Gedanken machen müsste.
Aber ständig bis zum Frühstück zu bleiben, machte aus der ganzen sporadischen Sex-Angelegenheit eine Beziehungskiste. Zumindest in Sanjis Augen. Immerhin machte er das Frühstück. Und jemanden neben sich zu tolerieren, der ständig dafür sorgte, dass die Eier zu weich wurden (die Frühstückseier), war in Sanjis Augen ein verdammt großes Zugeständnis.
Denn Sanji war romantisch. Tief drinnen sogar noch mehr als draußen.
Und Zorro war nur ein gefühlloser, räudiger … Klotz, der das nicht mal zu würdigen wusste.
„Wir laufen im Kreis, du Penner. Merkst du es nicht?“ knurrte Sanji mit zusammengebissenen Zähnen und sog heftig an seiner Zigarette. Den ausgebrannten Stummel schnippte er mit einer verärgerten Handbewegung zur Seite.
„Woher willst du das wissen, du Klugscheißer?“
„Ich erkenn die Palme wieder, an der wir grade vorbeigelaufen sind.“
„Du … was?! Ich glaub, ich spinne!“
Nur war der einzige Unterschied, den er bisher festgestellt hatte, dass sie jetzt Versöhnungssex hatten, wann immer sie sich gezofft hatten, und dass Zorro noch ein wenig angepisster aussah, wenn Sanji mit einer schönen Frau flirtete als vorher. Und die Sache mit dem zusammen Aufwachen natürlich.
Das war alles. Sanji hatte den vagen Verdacht, dass der unsensible Penner einfach keine Ahnung hatte, dass sie grade dabei waren, eine Beziehungskiste anzufangen …
Oder vielleicht hatte er eine Ahnung und es war ihm einfach egal, dass Sanji regelmäßig mit dem Frühstück ins Schleudern kam. Vielleicht war er einfach nur zu faul, sich nach dem Sex von der Stelle zu bewegen. Und vielleicht war er einfach nur ein ignoranter Bastard, der keine Ahnung von diesen Regeln hatte.
Sporadischer Sex = alles bestens.
Sporadischer Sex MIT Übernachten und MIT über Nacht an Sanji kuscheln = Beziehungskiste = absolute Scheiße.
Er war doch keine Gratisbeilage in einem All-Inklusive-Päckchen, die Zorro einfach so bekam, ohne was dafür zu tun.
Und überhaupt …
„…hörst du mir überhaupt zu?!“
„Hm?“ Überrascht hob Sanji den Kopf. Und fand sich prompt im Visier eines äußerst angefressen aussehenden Zorros wieder.
Hastig blickte er sich um und stellte fest, dass sie offenbar stehen geblieben waren. Mitten im Dschungel. Und dass Zorro offenbar grade etwas mit Sicherheit Beleidigendes gesagt hatte.
„Öh … nö.“ Gelassen schob er sich eine neue Zigarette zwischen die Lippen. „Wie war das?“
Sekundenlang sah Zorro aus, als juckte es ihn geradezu in den Fingern, mit seinen Schwertern nicht nur Palmen und Lianen zu schnipseln. Aber er beherrschte sich. Stattdessen packte er Sanji wortlos am Arm und schubste ihn nach vorne. „Du. Gehst. Vor“, knurrte er. „Wenn du alles so viel besser weißt, bin ich ja gespannt, wie du uns hier rausholst.“
Unsanft riss Sanji sich los. „Schön!“ fauchte er.
„Schön“, blaffte Zorro zurück.
Wütend verpasste Sanji dem grünen Gewächs, dass ihnen den Weg versperrte einen Tritt. Das schwül-feuchte Klima auf dieser gottverdammten Insel zerrte an seinen Nerven. Das war es. Das und Zorro. Der zerrte auch immer an allem, was er kriegen konnte.
Schon nach wenigen Schritten fiel ihm wieder ein, wieso er Zorro hatte vorgehen lassen, obwohl der keinen Plan und keinen Orientierungssinn hatte. Er hatte wenigstens die Schwerter. Und die waren definitiv effektiver, um sich den Weg durch das Grünzeug zu kämpfen als seine Beine.
Ach verdammt.
Blöder, gefühlloser Klotz.
„Ich wette, wir sind in weniger als einer halben Stunde hier draußen“, behauptete Sanji, nur um ihn zu ärgern.
„Schwing keine Reden!“ war die geknurrte Erwiderung und Sanji wusste, auch ohne sich umzudrehen, dass Zorro grade bockig die Arme verschränkt hatte.
Es war ja nicht so, als ob er Zorro nicht locker und lässig jeden Morgen aus dem Bett (oder der Hängematte oder dem Krähennest) hätte kicken können. Egal, wo er wieder die Frechheit besessen hatte neben ihm einzupennen. Ehrlich. Er könnte. Kein Problem. Aber Zorro sah immer so … so verdammt harmlos und flauschig aus, wenn er schlief. Das war einfach zum Kotzen. Denn das war wirklich der einzige Grund, wieso Sanji ihn nicht gnadenlos zur Seite kickte. Das und natürlich die Tatsache, dass Zorros Arm sich jedes Mal heimlich um seine Taille gemogelt hatte und es dadurch ziemlich schwer wurde, sich ungehindert zu bewegen.
Zorro war nicht harmlos und flauschig. Alles, nur das nicht. Und Zorro hatte leider auch keine Ahnung davon, wie man nett zu jemandem war. Dieser elementare Teil jeder Erziehung war leider komplett an ihm vorbeigegangen.
Dabei wollte Sanji ja gar nicht so viel.
Genau genommen wollte er nicht mal das, was er im Moment schon hatte.
Aber wenn Zorro sich dazu entschlossen hatte, aus dem sporadischen Sex eine Beziehungskiste zu machen, dann sollte er sich auch dementsprechend verhalten. Sonst wusste man ja gar nicht mehr, woran man war. Streiten oder nicht? Nett sein oder nicht? Sex oder nicht? Sanji war verwirrt.
Und Sanji wurde wütend, wenn er verwirrt war. Zorro wiederum wurde angefressen, wenn Sanji wütend war. Und verhielt sich ungehemmt weiter so, dass es Sanji verwirrte. Irgendwie war da kein Ende in Sicht.
„Was ist dir überhaupt über die Leber gelaufen?“ ertönte plötzlich und unerwartet Zorros Stimme hinter ihm. Beinah wäre Sanji stehen geblieben vor lauter Überraschung. Aber er riss sich grade noch rechtzeitig zusammen und ging weiter.
„Wie kommst du denn auf die Idee?“ fragte er misstrauisch und ohne sich umzudrehen.
„Weil du den Dschungel grade zu Krautsalat verarbeitest?“
Oh … Sanji schob die Hände in die Hosentaschen und zuckte mit den Schultern. Möglich wäre es, dass er den Wald ein bisschen geschnetzelt hatte in seinem Frust. Viel erstaunlicher war jedoch die Tatsache, dass Zorro das überhaupt bemerkt hatte. Der bekam doch sonst auch nichts mit.
„Nichts.“ Nachdrücklich kickte er ein paar Äste beiseite. Er spürte Zorros Blicke im Nacken und hörte die leisen Geräusche, die entstanden, wenn er ihm geschmeidig durch das Unterholz folgte. Zorro bewegte sich immer geschmeidig. Hier, genauso wie beim Kämpfen. Und beim Sex.
Sex mit Zorro war ein Erlebnis. Zorro war zwar alles in allem eine schrecklich faule Socke, der Dreiviertel des Tages einfach verschlief – aber wenn er etwas tat, dann tat er alles mit der gleichen leidenschaftlichen Intensität und Entschlossenheit wie das Kämpfen.
Sanji spürte, wie seine Mundwinkel sich unwillkürlich nach oben zogen, als er daran dachte. An Zorro, der manchmal nach irgendwelchen Kämpfchen und Scharmützeln so aufgeheizt war, dass Sanji sich plötzlich atemlos in irgendeinem namenlosen Hafen an eine Wand gedrückt wieder fand, hungrige Lippen auf seine gepresst.
Und an Zorro, der so erstaunlich sanft und behutsam sein konnte, wenn er es darauf anlegte. Aber das waren peinliche Momente, an die Sanji nicht denken konnte, ohne rot zu werden. Es war ehrlich verrückt, aber nicht einmal die Erinnerung an die wildesten Aktionen brachte ihn so in Verlegenheit wie der Gedanke an Zorros unerhört behutsame Bewegungen, sobald er dachte, dass er Sanji wehtun könnte.
Grrr, blöder Bastard. Er war doch nicht aus Zucker. Zu seinem Ärger spürte Sanji prompt, wie sein Gesicht begann zu glühen, und ein palmiges Gewächs, das ihm im Weg hing, bezahlte dafür mit dem Leben.
Er seufzte leise und schob ein paar blonde Haarsträhnen aus seiner Stirn. Wieso fiel es ihm nur so schwer, dauerhaft sauer auf diesen Penner zu sein?
„Oi, Zorro …“
„Was?“ Es klang misstrauisch.
Sanji grinste bei diesem Tonfall. „Nur so.“
„Häh?!“
Oh Gott. Diese Beziehungskiste musste auf Dauer einfach ein Desaster werden. Sanji schüttelte den Kopf.
Vor ihm war ein verhältnismäßig breites Gewächs, das komplett jede Sicht auf den Weg versperrte, und er holte schwungvoll aus, um es aus dem Weg zu kicken. Womit er allerdings nicht gerechnet hatte, war, dass es dahinter keinen Weg mehr gab.
Dahinter gab es überhaupt nichts mehr.
Nur strahlendblauer Himmel, sanft wogende Wellen … und schroffe Klippen, die direkt zu seinen Füßen metertief steil nach unten fielen. Er schnappte nach Luft. Sekundenlang war er so überrascht, dass er sogar vergaß, Panik zu schieben.
Sein eigener Schwung riss ihn mit sich… und genau auf den Abgrund zu.
„Sanji!“
Er ruderte verzweifelt mit den Armen, aber er war so dicht am Rand, dass die Erde unter seinen Füßen schon begann wegzurieseln. Sein Mund öffnete sich, aber kein einziger Laut verließ seine Lippen. Wind zerrte an seinen Haaren und zog ihn nach unten. Oh verdammt, verdammt … verdammt … Wieso war die Insel denn hier schon zu Ende … das konnte doch einfach nicht …
Er sah wie in Zeitlupe, wie seine Zigarette fiel, direkt auf die messerscharfen Klippen zu, die ihn am Fuß der Brandung erwarteten.
Und noch während er spürte, wie er fiel, musste er an etwas denken.
Eine Erinnerung … die so vollkommen belanglos und geradezu lächerlich war, dass er nicht fassen konnte, dass sie ihm ausgerechnet jetzt kam.
„Was soll das denn werden?!“
„Nichts.“
„Sieht aber nicht aus wie Nichts …“
„Ich helfe dir – und jetzt Schnauze.“
Ein belangloser, lächerlicher Erinnerungsfetzen.
An schaumige Finger, die seine streiften, als sie sich schweigend die Teller weiterreichten. Und an Zorro, der sich wortlos neben ihn gestellt hatte und ihm beim Abwasch half. Konnte nicht länger als eine Woche her sein.
Das war nicht ganz so romantisch wie Sanji, der seinen angebeteten Damen regelmäßig Blumen und 5-Gänge-Menüs zu Füßen legte … aber es war nett gewesen. Eben auf eine Zorro Art und Weise nett …
Praktisch in letzter Sekunde wurde er am Handgelenk gepackt und unsanft zurückgerissen. Die Welt wirbelte um ihn herum, ein riesiger Farbklecks aus Grün und Himmelblau, und er prallte gegen etwas, dass sich hart anfühlte wie eine solide Mauer. Sämtliche Luft wurde durch die Wucht aus seinen Lungen gepresst.
„Gottverdammter … dämlicher … unfähiger … Smutje …“ Zwei Arme hielten ihn fest umklammert und sein Gesicht wurde an Zorros Schulter gepresst. Er hörte Zorros seltsam atemlose Schimpftirade an seinem Ohr und seinen hämmernden Herzschlag. Seine eigenen Hände waren am Zittern, als er sie ungeschickt um Zorros Rücken schlang. Nur ganz kurz festhalten, nur ganz kurz … oh fuck … fuck … fuck …
„Was zum Teufel machst du denn?!“ wurde er angefahren. „Kannst du nicht aufpassen, wo du hinläufst, du blöder Kochlöffel?!“
„Ich sagte doch … wir sind in weniger als einer halben Stunde … draußen …“, brachte Sanji stoßweise hervor, gleichermaßen nach Atem und Fassung ringend. „Wo genau draußen habe ich nie …“
„Reiß keine Witze, sonst werfe ich dich gleich eigenhändig über die Klippe.“ Zorro verdrehte die Augen und löste sich ein wenig von ihm. „Pass nächstens auf. Oder hast du vor, mich wieder alleine schlafen zu lassen …?“
Sanjis Augen wurden weit. DAS kam unerwartet.
„Öhm …“, erwiderte er intelligent. Und dann: „Kann ich wissen, dass dir was daran liegt?“
Übersetzung: Liegt dir etwa was an mir?
„Sagt ja auch niemand.“ Hastig wandte Zorro sich ab. „Ich gewöhn mich nur grade dran.“
Übersetzung: Frag nicht so blöd …
Sanji blinzelte überrascht. Und blinzelte. Schließlich breitete sich langsam ein Grinsen auf seinem Gesicht aus und er folgte Zorros hastigen Schritten. „Dann geh DU doch wieder vor, du Brüllaffe“, sagte er gönnerhaft.
„Worauf du dich verlassen kannst, du winselndes Würstchen!“
„Da bin ich ja mächtig gespannt, wo wir rauskommen.“
„Ach ja?!“
„Ja!“
Zugegeben - das war nicht grade die liebevollste Beziehungskiste aller Zeiten. Sicher war es auch nicht die allerromantischste. Und Zorro war wirklich ein furchtbar unsensibler Klotz. Aber der Sex mit ihm war die reinste Wucht …
… und die Hand, mit der er grade nach Sanjis griff und ihn hinter sich herschleifte, war ungewohnt sanft.
Desaster hin oder her. Vielleicht war Zorro es doch noch eine Weile wert, das Frühstück für ihn zu versemmeln …
^Fin^