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Stalking

von

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Thursday - Last Letter

Titel: Stalking

Teil: 7/7

Autor: Shiva/ Seraluna

Email: shiva@anime.de

Fanfiction: Gravitation

Rating: PG14

Warnung: angst

Kommentar: Showdown!

Pairing: Yuki / Shuichi
 


 

Thursday - Last Letter
 

"Yuki!" Shuichi erwachte mit einem Aufschrei.
 

Hiro streckte seinen Kopf aus dem Badezimmer hervor. Er hatte eine rosafarbene Zahnbürste im Mund. "Gansch ruhisch, Shuischi, ihm gehtsch gut", nuschelte er. Dann verschwand er kurz im Bad und spuckte den Schaum aus.

"Ich fahr dich nachher im Krankenhaus vorbei, ok? Aber erst mal guten Morgen!"
 

Shuichi rieb sich die Augen . Er versuchte damit weniger die Müdigkeit als den Schreck aus seinen Gliedern zu vertreiben.

"Morgen", murmelte er.
 

"Wohl schlecht geschlafen?" Hiro brachte es mal wieder auf den Punkt.

"Mhh", bestätigte er nickend. "Ich habe geträumt, Yuki ist gestorben. Und ich konnte es nicht verhindern."

Hiro winkte ab. "Das heißt doch gar nichts. Ihr seid gerade in einer schwierigen Situation, da sind solche Träume nicht verwunderlich."
 

Shuichi seufzte und schwang seine Beine über die Bettkante. "Du hast wohl recht." Nach einer Weile fuhr er fort. "Du bist lieb, Hiro."
 

Der langhaarige Gitarrist bekam über dieses *Geständnis* große Augen. "Womit hab ich das jetzt verdient?"

Shuichi scharrte mit einem Zeh an Hiros Laminatboden. "Naja, du hast mich mal wieder aufgenommen und tröstest mich immer und bist einfach immer für mich da."
 

Hiro grinste. "Ehrensache! Wir sind doch Freunde". Er trat an seinen Kollegen heran und wuschelte ihm kräftig durch den pinken Schopf. "Jetzt zieh dich an, putz dir die Zähne, dann gehen wir frühstücken und ich fahr dich ins Krankenhaus. Yuki wird schon warten." Er deutete auf die weiße runde Wanduhr, die bereits ein Uhr nachmittags zeigte.
 

Yuki hatte tatsächlich gewartet, denn sonderlich erfreut sah er nicht aus, als Shuichi sein Krankenzimmer betrat. "Du kommst spät", murmelte er als Begrüßung.
 

"Gomen, Yuki. Ich habe verschlafen und Hiro hat mich nicht geweckt. Dafür hab ich dir auch was mitgebracht!" Shuichi streckte dem Patienten ein Körbchen mit frittierten Garnelen entgegen. "Hab ich vom Brunch mitgenommen", strahlte er.
 

Yuki schien keinen Hunger zu haben, denn er bedankte sich nur und stellte das Körbchen beiseite. "Sie haben mich genäht", brummte er mit grimmigen Unterton. Er zog seinen grünen Krankenhauskittel über eine Schulter und zog das große Pflaster ab.
 

Shuichi wich bei dem Anblick der frisch vernähten Wunde zurück. "So genau wollte ich's eigentlich nicht wissen", sagte er mit erzwungenem Lächeln. "Haben sie schon gesagt, wann du entlassen wirst?"
 

"Eben nicht. Der Oberarzt will sich das noch mal ansehen." Yuki verschränkte die Arme und rutschte etwas tiefer in seine Kissen.

Nun ging Shuichi ein Licht auf. "Daher also deine schlechte Laune." Der blonde Autor schüttelte den Kopf. "Nein. Mein Zimmergenosse ist das Problem." Suchend sah sich Shuichi im Zimmer um. "Aber es ist doch keiner hier."
 

"Hat zum Glück Besuch bekommen. Noch mehr Geschichten über Raucherbeine und Beinamputationen hätte ich nicht ertragen", sagte Yuki mit finsterem Blick.
 

Ein gemeines Grinsen machte sich auf Shuichis Gesicht breit. "Du hast ihm erzählt, dass du rauchst, oder?".

Sein Gegenüber nickte. "Alte Menschen können schrecklich sein". Yuki schüttelte sich.
 

"Ich sage dir immer wieder, du rauchst zuviel. Jetzt bekommst du mal, was du verdienst.", fuhr Shuichi immer noch grinsend fort.
 

"Halt die Klappe, kleiner Besserwisser". Yuki packte Shuichi am Kragen und brachte ihn mit einem Kuss zum schweigen.

Just in diesem Moment sprang die Zimmertür auf. Fast wäre dem Oberarzt die Krankenakte aus der Hand gefallen. Die Gesichtszüge der fünf Studenten, die ihn begleiteten, variierten zwischen unverschämtem Grinsen und blankem Entsetzen...
 

Hironobu schlug die Tür des schwarzen Fords zu und schloss das Auto ab. Gelangweilt biss er in sein Anpan (Anm.: Teigtasche mit süßem Bohnenmus) und fragte Amano, wie es jetzt weitergehen sollte.

"Wir können sie nicht rund um die Uhr bewachen. Diese Explosion ist vielleicht nur der Anfang."
 

"In der Tat", erwiderte der jüngere Polizist mit einem abwesenden Nicken. "Aber wir können sie auch nicht frei herumlaufen lassen. Gerade diesen Yuki Eiri. Der Killer scheint sich auf ihn zu konzentrieren." Nach einer Weile fuhr er fort: "Wie kann man nur so krank sein."
 

Hironobu zuckte mit den Schultern, bevor er den letzten Bissen der süßen Teigtasche verschlang. "Die Welt ist nun mal schlecht. Dafür gibt es uns. Also lass uns reingehen und unsere Pflicht tun", sagte er mit einem Wink auf das vor ihnen liegende Hospital.
 

"Geh schon mal vor, ich komme gleich nach. Ich hab was im Auto vergessen", meinte Amano und bat um die Autoschlüssel.
 

Der Ältere grinste. "Solange du mir nicht mit der Karre durchbrennst... Bis gleich, Amano-kun". Dann drehte er sich um und begab sich in das Krankenhaus.
 

Shuichi hatte sich wieder anständig neben das Krankenbett gesetzt. Noch so eine Überraschung wie mit dem Oberarzt und seinem Gefolge wollten beide vermeiden. Zum Glück klopfte dieser Besucher vorher an, bevor er das Zimmer betrat.
 

Auf ihre Bitte hin kam der Polizeibeamte Hironobu herein. Der Mann im mittleren Alter grüßte höflich, zog sich einen Stuhl an das Bett heran und setzte sich.
 

"Sie wissen sicher, warum ich hier bin, nicht wahr?", lächelte er. Shuichi beobachtete Yukis Blick. Warum nur musste er immer so mürrisch gucken, auch wenn er einer freundlichen Person gegenübersaß?
 

"Ja", erwiderte Yuki nur. Wahrscheinlich hatte der Beamte ein bisschen mehr Konversation von Yuki erwartet, aber da war er an der absolut falschen Adresse. Daher schritt Shuichi in das Gespräch ein. "Wo haben Sie denn heute Ihren Partner gelassen, Hironobu-san?"
 

"Der kommt gleich, er wollte nur etwas aus dem Auto holen. Aber da Sie's erwähnen... er ist schon ziemlich lange weg. Ich frage mich, was er so lange da macht." Hironobu lachte. "Vielleicht hat er eine hübsche Krankenschwester getroffen"
 

Yuki war anscheinend immer noch nicht gewillt irgend etwas zu sagen, aber das war Shuichi schon gewohnt. Daher unterhielt er sich mit Hironobu über die Frauen und erzählte ihm von seiner Schwester und seiner Mutter. Und auch von Mika, Yukis Schwester.
 

An dieser Stelle hätte Yuki eigentlich mehr sagen können. Aber Yuki war nun mal Yuki. Gerade als ihr Gesprächsthema leicht ins Schlüpfrige abglitt, klopfte es an der Tür und Amano lugte durch die Tür.
 

"Gomen", sagte er mit einem leichten Lächeln. "Ich habe jemanden aus meinem alten Jahrgang getroffen. Sie liegt hier gerade mit einem Beinbruch im Krankenhaus."
 

Hironobu zwinkerte Shuichi zu. "Was habe ich Ihnen gesagt? Setz dich Amano-kun, damit wir anfangen können."
 

Nach einem längeren Gespräch, bei dem Yuki und Shuichi noch einmal den gestrigen Abend schildern und versichern mussten, dass sie niemanden gesehen hätten, waren die beiden Polizeibeamten dann auch gewillt, wieder zu gehen. Erneut ärgerte sich Hironobu, dass Yuki Polizeischutz ablehnte.
 

"Wenn er mich hätte töten wollen, hätte er es schon getan. Genug Möglichkeiten hatte er."

Ein wirklich tolles Argument, dachte der ältere Beamte sarkastisch und runzelte die Stirn. Laut sagte er: "Nun gut, dann wollen wir Sie nicht weiter belästigen." Dann begann er wieder zu lächeln. "Ich will heute etwas früher Schluss machen, mein Sohn hat heute eine Theater-Aufführung mit seiner Schule. Passen Sie auf sich auf."
 

"Ja, Sie auch", erwiderte Shuichi, bevor Hironobu die Tür hinter sich und seinem jüngeren Kollegen schloss.
 

"Ja, Sie auch?", hakte Yuki mit hochgezogener Augenbraue nach. "Der Mann ist Polizist. Der kann schon auf sich aufpassen. Im Gegensatz zu dir."
 

Hiro zupfte lustlos an den Gitarrensaiten. Er hatte die Noten vor sich liegen, konnte ihnen aber kein Leben einhauchen. "Was ist los, Nakano-san?", wollte Fujisaki wissen. Er sah besorgt aus. Mit seinem ausgezeichneten Gehör bemerkte er sofort, wenn Hiro anders spielte als sonst.
 

"Gib dir etwas mehr Mühe, Nakano-kun!", bat Sakano während er wild mit den Armen wedelte. Seine Stimme war kurz davor, sich zu überschlagen. "Das Loveletter- Album muss in einem Monat fertig sein!"
 

"Ruhig Blut, Sakano." K hatte dem Producer beruhigend die Hand auf die Schulter gelegt. "It's all right! Hiro fängt sich schon wieder!"
 

Der braunhaarige Gitarrist seufzte. "Ich hoffe es..."
 

"Ich auch." Mit einem geübten Griff holte K seine langläufige Magnum aus seinem Schulterholster und drückte sie Hiro an die Schläfe. "Und jetzt spiel!"
 

Ein lauter Knall schreckte Yuki und Shuichi im Krankenzimmer des Hospitals auf. Wenige Sekunden später waren schon Alarmsirenen und verschiedene Martinshörner im Einsatz. Shuichi lugte aus der Tür, um nachzusehen, was denn da los sei. Ärzte liefen wie aufgescheuchte Hühner durch die Gänge.
 

"Müssen wir evakuieren?", rief einer. "Nein", bekam er zur Antwort, "Der Brand ist nur auf dem Parkplatz." Die Erleichterung war dem jüngeren Arzt anzusehen. Aber was war da geschehen? Shuichi kam nicht mehr zum Fragen.
 

"Gibt es irgendwelche Opfer?" wollte der jüngere Arzt wissen. So jung wie er war, kam er wohl gerade frisch aus der Universität. Der ältere berichtete kurz und professionell: "Zwei Männer. Vermutlich zwei Polizisten in Zivil."
 

Shuichi erstarrte. Taumelnd begab er sich in das Krankenzimmer zurück. Yuki hatte sich aufrecht im Bett hingesetzt und sah aus, als wolle er jeden Moment hinausspringen.

"Was ist los?", wollte er wissen.
 

Erst jetzt schien Shuichi langsam zu realisieren, was geschehen war, denn der Zorn machte sich mehr und mehr in ihm breit.

"Was passiert ist?" schrie er. "Dieses Arschloch hat sie umgebracht! Hironobu und Amano sind tot!"
 

Ein Klopfen ließ Shuichi verstummen. Jetzt würde er von der Schwester eine handfeste Strafpredigt bekommen. Doch dem Klopfen folgte keine eintretende Schwester. Verwirrt ging Shuichi zur Tür. An der Außenseite hing ein Brief mit rotem Siegel.
 

Wutentbrannt blickte Shuichi nach links und nach rechts, doch da war niemand. Außer einem Mann im schwarzen Mantel. Wohl ein Besucher, denn er ging in gemächlichem Schritt von dannen.
 

,So einen Mantel will ich auch', dachte Shuichi. Erst jetzt durchzuckte es ihn wie einen Blitz. Das war der Typ, den er am Freitag aus dem Fahrstuhl hatte kommen sehen.

"Stehenbleiben!", schrie Shuichi durch den gesamten Flur des Krankenhauses. Der Alarm war schon längst verklungen und die Schwestern streckten ihre Köpfe aus ihren Zimmern. Doch Shuichi nahm keine Notiz davon. Viel auffälliger war der Mann im schwarzen Mantel, der jetzt anfing zu rennen.
 

"Ich bring dich um, du Schwein!" brüllte Shuichi und nahm die Verfolgung auf.
 

"Dieser Idiot!", fluchte Yuki und schälte sich aus den Bettlaken. Er war noch leicht wackelig auf den Beinen und stakste auf die offene Tür zu. Beruhigungsmittel sind keine gute Sache, wenn man sie nicht zwingend braucht. Scheinbar waren noch Reste davon im Körper. Mit einer unsanften Bewegung riss er den Brief vom Türknauf. Genauso unsanft öffnete er ihn und las die eine Zeile.
 

"Frag die Schwester nach einem Brief mit rotem Siegel!"

Yukis Beine zitterten, als er zum Schwesternzimmer ging. Er hatte ein absolut mieses Gefühl, zumal Shuichi den Kerl verfolgt hatte. Er betete insgeheim, dass sein Freund ihn nicht erreichen würde.
 

Laut fragte er eine Schwester: "Wurde hier ein Brief mit rotem Siegel für mich abgegeben?" Er hatte es sogar geschafft, dass seine Stimme nicht bebte.
 

"Ja, in der Tat", sagte die Schwester, nahm einen Brief vom Schreibtisch und reichte ihn Yuki. "Ich frage mich nur, warum er Ihnen den Brief nicht selbst gegeben hat". Die Schwester legte ein verschmitztes Grinsen an den Tag. "Aber ich kann es mir schon denken. Er ist zu schüchtern, um als Mann seine Bewunderung für Sie auszudrücken. Dabei leben Sie doch selbst mit einem Mann zusammen." Sie lachte.
 

Yuki hörte ihre gescheiterten Versuche des Smalltalks gar nicht. Der Brief bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen. In seiner Hilflosigkeit wusste er nichts anderes zu tun, als zu schreien. "Verflucht!"
 

Sein Atem rasselte in seinen Lungen. Der Typ war gut trainiert und unverschämt schnell. Doch Shuichi war auch ein schneller Läufer und fest entschlossen, sich nicht so schnell abhängen zu lassen. Er keuchte, als er um die Ecke in ein weniger lebhaftes Viertel bog. Hier waren die Häuser nur Baracken und die Gassen zwischen den hohen Häuserwänden selbst am Tage dunkel. Sie boten die idealen Verstecke für Verbrecher wie diesen Stalker.
 

Shuichi kam zum Stehen. Er hatte ihn verloren. Keuchend stützte er die Hände auf die Knie und rang in ungleichmäßigen Zügen nach Luft. Er blickte sich um und sah einen Fetzen schwarzen Stoffs in einem durchlöcherten Maschendrahtzaun hängen. "Die Spur ist der Clou", grinste Shuichi, während er sich seinen Weg durch ein großes Loch bahnte.
 

Der Weg durch den Zaun führte in eine matschige Gasse und diese mündete in einen kleinen alten Schrottplatz. Hier standen nur wenige Autos, dafür um so mehr Konserven herum, um in der Witterung vor sich hin zu rosten.
 

Shuichi hatte gar nicht gewusst, dass es in Tokio solche Orte gab. Der Stalker musste hier sein. Ein mulmiges Gefühl beschlich ihn. War es Angst?
 

Laufschritte hinter ihm ließen ihn herumschnellen, doch das einzige, was er sah war ein schwarzer Schatten, der sofort wieder hinter dem nächsten Berg Sperrmüll verschwand.

Jetzt erst wurde Shuichi klar, wie töricht seine Verfolgung gewesen war. Niemand wusste wo er sich aufhielt, und jetzt war er ganz allein mit dem Mann, der bereits drei Menschen auf dem Gewissen hatte. Da würde ihn ein vierter auf der Liste wohl auch nicht stören.
 

Ja, das Gefühl war definitiv Angst, die gerade dabei war, sich in Panik zu steigern. Völlig konfus drehte sich Shuichi um die eigene Achse, damit sein Angreifer ihn nicht aus dem Hinterhalt niederstrecken konnte. Verzweifelt dachte er darüber nach, die Flucht zu ergreifen.
 

Doch was, wenn der Mörder nur dort auf ihn wartete? Wie ein Tier in der Falle wusste Shuichi nicht, wohin er fliehen sollte. Immer wieder wandte er den Kopf in alle Richtungen, aus denen er ein Geräusch zu hören glaubte. Diese Anspannung, nicht zu wissen, wann und von wo der Angriff kommen würde, raubte ihm fast den Verstand. Und dann war da diese Stille. Die unerträgliche Ruhe vor dem Sturm, die das Grauen anzukündigen schien. Schließlich hielt es Shuichi nicht mehr aus.
 

"Warum versteckst du dich, du Feigling?" schrie er in die Geräuschlosigkeit des Schrottplatzes hinaus. "Komm heraus und zeig dich!"
 

Fast hätte sich seine Stimme überschlagen. Er schluckte den harten Kloß in seinem Hals hinunter und betete, dass er nicht sterben würde. Er hatte die Jagd begonnen. Doch nun war der Jäger zum Gejagten geworden und das Raubtier wartete nur den richtigen Zeitpunkt ab, um seine Klauen in sein Opfer zu schlagen. Diese Erkenntnis der Aussichtslosigkeit ließ den Pegel seiner Furcht nur noch höher schlagen. Mutlos drängte er sich mit dem Rücken gegen einen Schrottberg, um sich wenigstens diesen freizuhalten. Doch wenn der Stalker bewaffnet war, hatte er keine Chance.
 

Da! Ein klapperndes Geräusch, dann eine schwarze Gestalt die vom Gipfel des Schrotthügels auf ihn hinabsprang und ihn mit einem beidhändigen Schlag niederstreckte. Shuichi sah nur noch verschwommen und krümmte sich vor Schmerzen auf dem Boden. Der Kerl hatte ihn hart am Rücken getroffen. Verzweifelt versuchte sich aufzurappeln. Doch die schwarze Gestalt war schneller und vor allem sehr kräftig. Das bekam der junge Mann mit einem Fußtritt zu spüren. Shuichi stöhnte. Er blinzelte und sah, wie der Mann in schwarz sich zu ihm hinunter beugte.
 

Auch spürte er, wie sein Kopf an den Haaren hochgezerrt wurde. Durch einen gezielten Schlag einer Handkante auf die Hauptvenen am Hals kam die Ohnmacht über ihn.
 

Aus dem Krankenhaus zu entkommen war nicht leicht gewesen. Unbemerkt hatte er sich an den Schwestern vorbeischleichen müssen. Wenigstens war sein Ziel nicht weit vom Krankenhaus entfernt. Nach einer viertel Stunde strammen Marsches stürmte Yuki das Gebäude von NG-Productions. Zielstrebig ging er auf das Tonstudio zu, wo Bad Luck für gewöhnlich seine Plattenaufnahmen durchführte.
 

"Hey, Sie können doch nicht...", begann Sakano ärgerlich, bevor er sah, wer da das Studio betrat. Hiro und Fujisaki unterbrachen die Aufnahmen und kamen aus der schalldichten Kabine heraus. "Was gibt es, Yuki-san?", wollte er dann wissen.
 

"Shuichi... war er hier?" fragte Yuki und erntete erstaunte Blicke. In Hiros Blick mischte sich Beunruhigung. "Er ist nicht... bei dir?" Yuki schüttelte nur den Kopf und sagte dann: "Leihen Sie mir bitte ihren Wagen, K!"
 

Bad Lucks Manager mit dem blonden Zopf holte einen Schlüsselbund aus seinem Jackett hervor, das er über einen herumstehenden Stuhl gehängt hatte. Gebannt starrte Yuki auf K's Schulterholster, in dem für alle offen sichtbar, seine langläufige Magnum steckte.
 

Die ernste Stimme K's riss ihn aus seinen Gedanken. "Ich nehme an, es ist wichtig. Bitte sehr." Dankend nahm Yuki die Schlüssel entgegen und wandte sich zum Gehen.
 

"Halt!", ertönte Hiros Stimme. "Was ist los?"

Yuki warf einen eiskalten Blick über die Schulter zurück, gab aber keine Antwort. Hiro war nahe daran, dem Schriftsteller an den Hals zu springen. Doch dazu sollte er nicht mehr kommen.
 

Mit grober Schnelligkeit riss Yuki K die Magnum aus dem Schulterholster, stieß den Manager Hiro und dem Rest der Truppe entgegen und ergriff die Flucht. Vorher stellte er aber noch von außen eine Stuhllehne schräg unter den Türknauf.
 

"Damned Idiot!" schimpfte K lautstark hinter ihm her, während er an der Tür rüttelte. "Da sind doch nur Leuchtkörper drin!"
 

Shuichi stöhnte. Ihm tat alles weh und seine Beine wollten ihn längst nicht mehr tragen. Widerwillig schlug er langsam die Augen auf. Er sah alles verschwommen. Nur allmählich wurde seine Umgebung deutlich.
 

Kahle graue Stahlwände und Säulen hoben sich vom Rest ab. Wütend er stellte fest, dass er an eine dieser Säulen gefesselt war. Auch noch stehend und mit Handschellen. Juhu, dachte er ironisch. Doch was war das? Eine Nähmaschine? Nein, viele Nähmaschinen. Wo zur Hölle war er hier?
 

Shuichi erschrak fürchterlich, als direkt neben seinem Ohr eine Stimme laut wurde: "Na, gut geschlafen?"
 

"Das darf nicht wahr sein", flüsterte Shuichi entsetzt, als er seinen Entführer erkannte. "Ich dachte, Sie seien tot!"
 

"Nicht ganz", erwiderte Amano grinsend und zeigte ihm ein Victory-Zeichen.

Shuichi seufzte erleichtert. "Bin ich froh, dass sie hier sind! Haben sie einen Schlüssel für die Handschellen?"
 

"Ja, hab ich", grinste der Polizist weiter und hielt den Schlüssel triumphierend in die Höhe. Jetzt erst erkannte Shuichi, dass Amano einen schwarzen Mantel trug und verfluchte sich für seine eigene Dummheit. "Sie waren es die ganze Zeit? SIE?"
 

"Sieht wohl so aus". Amano zuckte mit den Schultern.
 

"Aber wie konnten Sie..."
 

"Wie ich überlebt habe? Muss ich das jetzt alles erklären? Du willst doch nur Zeit schinden", maulte Amano.
 

Shuichi lächelte müde. "Na ja es interessiert mich halt."
 

"Du willst also, dass die Ausbreitung meines Plans das letzte ist, was du hörst? Nun guck doch nicht so entsetzt. Du hast doch nicht geglaubt, dass ich bei dir eine Ausnahme mache." Er griff in die Tasche seines schwarzen Mantels und zog ein Skalpell heraus.

Vorsichtig enthüllte er die Klinge und schritt damit auf Shuichi zu. Grinsend drehte er das scharfe Gerät zwischen den Fingern und fuhr fort. "Das hab ich auch aus dem Krankenhaus geklaut, als ich einen Komapatienten in unser Auto geschafft habe. Das war bevor ich zu euch ins Krankenzimmer gekommen bin.

Ich dachte, dass Hironobu ihn nicht bemerkt, wenn er unter der Decke auf der Rückbank liegt. Und ich sollte Recht behalten. Er hat ihn nicht gesehen. Na ja er hat sich ja auch nicht bewegt... Jedenfalls bin ich nach unserem Besuch bei euch mit ihm ins Auto zurück und habe ich mich unter einem Vorwand davon gemacht. Er hat auf mich gewartet und ich war so frei, das Knöpfchen zu drücken. Und da eine zweite männliche Leiche im Wagen gefunden wurde, dachten alle ich sei tot. Ich nehme an, das tun sie immer noch. Die Untersuchung des zahnärztlichen Befundes kann noch etwas dauern. Bis dahin habe ich genug Zeit, mich abzusetzen."
 

Ab einem gewissen Punkt war dieses Grinsen nicht mehr zu ertragen. Shuichi blickte sich um. "Wo sind wir hier?"
 

"In einer alten Textilfabrik."
 

"Aha. Jetzt weiß ich auch, warum der Stalker jedes Schloss geknackt hat, warum er so schnell war... Und warum er immer über unseren nächsten Schritt bescheid wusste. Wir haben Ihnen ja alles brühwarm erzählt!" Shuichi verfluchte sich, dass ihm das nicht früher aufgefallen war. Aber wer hätte ahnen können, dass ein Polizist zu solchen kranken Aktionen fähig ist?
 

Gespielt freundlich wuschelte Amano ihm durch die Haare. "Gut kombiniert, Sherlock. Aber leider kam diese Erkenntnis zu spät." Shuichi spuckte aus.

"Nicht doch! Du wirst gleich noch genug Flüssigkeit verlieren. Eigentlich wollte ich mich ja länger mit dir beschäftigen, aber ich fürchte dazu fehlt uns die Zeit." Langsam führte er das Skalpell zu Shuichis Hals. Sein Atem ging schneller und der Angstschweiß rann ihm den Rücken hinunter.
 

,Das ist normalerweise der Moment, in dem der strahlende Retter zur Tür herein kommt', dachte Shuichi bitter, als der die scharfe Klinge an seinem Hals spürte. Das wars dann wohl. Eigentlich hatte er mit Yuki alt werden wollen. Resigniert machte er sich auf seinen Tod gefasst. Die Klinge war scharf. Er fühlte kaum, wie die Schneide seine Haut ritzte, als eine vertraute Stimme Amano in seinem Tun unterbrach.
 

"Weg da", fauchte Yuki mit gezogener Magnum. Doch der Polizist machte keine Anstalten, Yukis Befehl Folge zu leisten.

"Das bringst du nicht!"

"Glaub nicht, ich würde es nicht tun. Ich habe bereits einmal getötet. Und ich werde es wieder tun, wenn du ihn nicht sofort gehen lässt." Amano sah sich gezwungen, Shuichi loszuschließen, woraufhin dieser kraftlos zu Boden sank.
 

"Scharfe Worte, Eiri-san. Soll es wirklich so zwischen uns enden?"
 

"Es gibt kein ,wir' zwischen uns beiden. Shuichi und ich sind ,wir'. Sonst niemand, ist das klar? Du wirst dich jetzt nicht bewegen, bis deine Kollegen da sind!"

Amano schnaubte verächtlich. "Du bluffst"
 

"Ich bluffe nie". Yuki starrte ihn aus verengten Augen unbeirrt an. "Komm her, Shuichi", sagte er, die Waffe immer noch auf den kriminellen Polizisten gerichtet. Mühsam rappelte sich Shuichi auf und schlurfte ihm wankend entgegen, wobei er einen weiten Bogen um seinen Peiniger machte, der ihn hasserfüllt fixierte.
 

Als er sah, wie Yuki ihn mit einem Arm schützend hinter sich schob, legte sich in seinem Innern ein Schalter um. Er griff unter seinen Mantel und zerrte seine Dienstwaffe hervor.
 

Yuki schrie etwas davon, dass er sich nicht bewegen sollte, aber die Ereignisse überschlugen sich. Amano war zu schnell.

Im Bruchteil einer Sekunde hatte er seine Waffe gezogen und da hörte Yuki auch schon den Knall. Fast zeitgleich feuerte Yuki K's Leuchtkugelwaffe ab. Ein grelles rotes Licht durchflutete den Raum und der Geruch verbrannten Fleisches machte sich breit. Yuki hatte ihn voll getroffen und mit ihm einen weiteren Menschen getötet. Doch diesmal würde er es nicht bereuen.
 

Aber was war mit der Kugel aus Amanos Waffe? Die Antwort auf diese Frage fiel im geradezu ihn die Arme. Shuichis blutender Körper stürzte und riss ihn mit sich. Er hatte sich direkt in die Schusslinie geworfen.

"Nein! Shuichi! Halt durch!"

Das Hemd des jungen Sängers färbte sich rot. Yukis Hände und Arme waren nass von Blut.
 

"Warum hast du das nur getan? Du bist so dumm!"

Shuichi lächelte, als er Yuki zum zweiten Mal weinen sah. "Dying for your love... Hatte ich eigentlich nicht vor, aber..."
 

"Du Idiot! Hör auf zu simulieren! Du wirst wieder gesund!", fauchte Yuki ihn an. Er durfte jetzt keine Schwäche zeigen. Shuichi würde nicht sterben. Das durfte nicht sein. Nicht hier und nicht so. Aber vor allem nicht heute!
 

"So energiegeladen... kenne ich dich gar nicht. Du bist immer.. für eine.." Das Sprechen bereitete Shuichi große Mühe, die Schmerzen ließen seine sämtlichen Muskeln verkrampfen. Doch mit einem mal überkam ihn tiefe Entspannung und sein Kopf sank erschlafft zur Seite.
 

Yuki stand auf dem Friedhof und starrte auf den Grabstein. "Shindou Shuichi. Er war die Melodie unseres Lebens." Irgendwie konnte Yuki keine Trauer empfinden. Da war kein Schmerz, kein Leid, nur Frieden... Und unendliche Erleichterung.
 

Was man von seiner Begleitung wohl eher nicht behaupten konnte. Er warf einen Blick zu seiner Rechten. Dem jungen Mann rannen die Tränen in Sturzbächen herunter. Das ging jetzt schon eine viertel Stunde so. Es war langsam an der Zeit, mit dem Heulen aufzuhören.

"Ojii-san", plärrte der pinkhaarige Sänger.
 

"Jetzt reicht es aber langsam wirklich, Shuichi!", ermahnte Yuki seinen Lebensgefährten. "Dein Großvater ist in hohem Alter friedlich eingeschlafen!".
 

"Ja, aber...", versuchte Shuichi zu erwidern, wurde aber von Yuki barsch unterbrochen.

"Was glaubst, du wie froh ich bin, dass dies hier nicht dein Grab ist?" Er warf nochmals einen Blick auf den schmalen Marmorstein. "Genau das gleiche hätte auch auf deinem Grabstein stehen können!"

Heftig drückte Yuki ihn an sich. Shuichi mahnte etwas von der Wunde an, die noch am verheilen war, aber Yuki überhörte es einfach. Erst nach einem sanften Kuss war er gewillt, Shuichi wieder loszulassen.
 

"Wir waren uns wirklich sehr ähnlich", sagte der jüngere mit erneut aufsteigenden Tränen.
 

"Wurdest du deshalb nach ihm benannt?", scherzte der blonde Autor.
 

"Wahrscheinlich", griente Shuichi. "Aber noch wahrscheinlicher liegt es an der Familientradition, den erstgeborenen Sohn nach dem Großvater zu benennen." Er seufzte tief. "Ojii-san hat immer mit mir gesungen. Er konnte es auch sehr gut. Und jetzt ist mein Lieblings-Opa tot." Wieder traten ihm die Tränen in die Augen.
 

Yuki hatte sich von hinten an Shuichi herangeschlichen und begann nun, an seinem Ohr zu knabbern. "Gibt es denn keine Möglichkeit, wie ich dich trösten kann?", flüsterte er sanft.
 

Ein betrübtes Lächeln machte sich auf Shuichis Gesicht breit. "Es soll wohl so sein. Tod und Wiedergeburt, Leid und Freude gehören einfach zusammen. So ist nun mal das Leben. Mal treibt es dich zur Verzweiflung, dann macht es dich wieder glücklich."
 

"Ich hoffe, du bist mehr glücklich als verzweifelt", sagte Yuki ernst und verstärkte seine Aussage durch eine Umarmung. "Ich möchte dafür sorgen, dass du immer glücklich bist".
 

"Ich bin glücklich, so lange ich dich an meiner Seite weiß. Ich bin jetzt traurig, aber nicht verzweifelt. Und das liegt an dir."

Entschlossen wischte er sich die Tränen aus den Augen und zeigte Yuki ein strahlendes Lächeln. "So, und jetzt lass uns nach Hause gehen, damit du mich ausgiebig trösten kannst."
 


 

Owari
 


 

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Nachwort:
 

Ihr habt doch nicht WIRKLICH geglaubt, ich würde Shuichi, meinen Lieblingschara umbringen?! *böses Lachen aus dem Off*
 

Als allererstes möchte ich mich gaaaaaaaanz herzlich bei allen Lesern bedanken, die diese Story tatsächlich bis zum bitteren Ende durchgelesen haben! Ihr seid spitze (und habt tierisch viel Ausdauer)
 

Vielleicht habt ihr es gemerkt, die Namen der Nebenfiguren waren allesamt aus dem Final Fantasy Staff.

Nobou Uematsu (die Verlegerin) ist der Komponist der Soundtracks

Hironobu Sakaguchi (alter Polizist) der Executive Producer

Yoshitaka Amano (junger, böser Polizist) der Zeichner der Artbooks. Zudem entwickelt er immer die Logos für die Cover.

Morita Seiichi (Komapatient) leiht Tidus im japanischen Original von FFX seine Stimme *lechz* Tja, auf was man nicht alles zurückgreift, wenn einem keine Namen einfallen *lol* ^___^;;



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  IchBinLiebe
2008-03-25T13:43:09+00:00 25.03.2008 14:43
ich dachte jetzt auch du hättest in sterben lassen
*für kuzen moment entsetzt war*

aber ich muss sagen es war eine schöne ff eine gelungene mischung aus spannung und humor xd
Von:  Zasukia
2006-04-17T20:14:28+00:00 17.04.2006 22:14
Ó__Ò- mhhh... ich hab aber wirklich erst geglaubt, er wäre tot. Die Stelle hast du gaaaaaaanz fies geschrieben (na ja, darin zeigt sich das "Schreiben können", das nicht viele FF-Schreiber vorzuweisen haben).
War sehr dramatisch, der Teil. Aber zum Glück mit Happy End.. Shû ist und bleibt auch mein Liebling und gehört zu Eiri. Somit bin ich mit dem Ausgang deiner Story mehr als zufrieden ^~^
Schreib mal wieder so etwas Nettes. Dies hab ich gern gelesen!!!
Liebe Grüße -+- Cirapou

PS: Das, was jetzt nach dem offiziellen Ende kommt, werd´ ich heute Nacht vermutlich in meinen Träumen sehen, he he... u,u°


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