24. Dezember
24. Dezember
Noch halb im Schlaf und mit geschlossenen Augen, tastete Mana mit einer Hand nach Gackt. Ein leises Murren entwich seiner Kehle, als er ihn nicht fand. Mana blinzelte, sah zur Seite, zum leeren Platz, an dem Gackt gelegen hatte. 'Er ist weg..' Und obwohl er es doch gewusst hatte, so war er doch traurig. Eigentlich machte sich Mana nicht viel aus Weihnachten, dennoch wäre es schön gewesen, wenn er diesen Tag mit Gackt hätte verbringen können. Aber das ging ja nun einmal nicht, da Gackt seine Eltern wichtiger waren. 'Ich sollte nicht so denken..', dachte er, denn schließlich hatte Gackt ihm ja angeboten mitzukommen, aber dann hielten es beide doch für besser, sie nicht zu überrumpeln. 'Irgendwann werden wir es ihnen sagen müssen, aber nicht an Weihnachten.'
Nichts erinnerte mehr an die vergangene Nacht, nur das Kopfkissen roch noch immer nach Gackt. Mana drückte es an sich, schloss die Augen und atmete den Duft ein.
"Gackt.."
Nun war er wieder zuhause. Auf der Couch sitzend sah er aus dem Fenster. Der Himmel war ganz grau, und es fielen dicke Schneeflocken. Es war kalt draußen, dass wusste Mana. Leise seufzte er, schloss wieder seine Augen. 'Elf Tage..', schoss es ihm durch den Kopf. Elf Tage waren nicht die Ewigkeit, aber für ihn waren diese wunderschönen elf Tage, die glücklichsten seines Lebens, welches er mit Gackt verbrachte.
Mana schreckte auf, als sein Telefon klingelte. 'Gackt!', hoffte alles in ihm.
"Ja, hallo?!"
"Mana~ hey, wie geht's dir?", drang durch den Hörer an sein Ohr.
"Oh, hallo Közi, es geht."
"Wie, nur es geht?! Was ist denn los? Hat Gackt dich wieder geärgert?! Tz, tz und das an Weihna-"
"Gackt ist nicht hier.", unterbrach Mana ihn.
"Oh.. nicht?!"
"Nein, er ist bei seinen Eltern.." Mana erwischte sich dabei, wie er wieder traurig wurde.
"Na toll, und jetzt bist du ganz alleine?! Willst du vielleicht zu uns kommen, Kami.. ist auch hier.." Zum Schluss wurde seine Stimme etwas verlegen.
"Nein lasst nur, aber danke."
"Mana, wir wollten euch noch danken.." Es dauerte einen Moment ehe er fortfuhr: "Ohne euch.. hätten wir.. also Kami und ich.. ich meine.. wir hätten ohne euch wahrscheinlich nie so schnell zusammen gefunden.."
"Das ist schön, ich freu mich für euch."
"Danke, also dann, fröhliche Weihnachten, Mana. Auch von Kami!"
"Ja.. fröhliche Weihnachten.." Dann legte er auf.
Wenn er nicht vorher schon traurig genug gewesen wäre, dann wäre er es spätestens jetzt. Natürlich freute er sich für Kami und Közi, die jetzt Weihnachten zu zweit feiern konnte, und er freute sich auch für Yu~ki, der es wohl auch mit seiner Freundin tat, aber er selbst.. war nun einmal allein, ohne seinen Geliebten.
Noch einmal klingelte das Telefon, und diesmal war es Yu~ki. Auch er wünschte ihm ein frohes Fest und bestätigte Manas Vermutung.
Niedergeschlagen schloss er seine Augen. Und im Dunkeln erschien ihm Gackts Gesicht.
"Du machst mich wahnsinnig.. wieso muss ich dauernd an dich denken?" Er seufzte. Dann schnappte er sich seine Fernbedienung und schaltete damit den eckigen Kasten ein. Ein Programm nach dem anderen lief durch den Fernseher, und bei keinem blieb Mana länger als zwei Minuten hängen. 'Alles Sendungen für Pärchen oder die Familie. Haben die vielleicht auch mal dran gedacht, dass es auch Singles gibt oder räumlich getrennte Pärchen ohne Familie?! Weihnachten, Fest der Liebe..' Er schaltete den Fernseher wieder aus und ein erneutes Seufzen folgte. Er bereute es ein wenig nicht mit Gackt mitgekommen zu sein, aber je länger er darüber nachdachte, so war es doch die richtige Entscheidung gewesen. Wenn er nicht einmal ein paar Tage ohne Gackt aushalten konnte, wie sollte es dann sein, wenn sie vielleicht für mehrere Wochen räumlich getrennt würden?
Da musste Mana jetzt einfach durch!
Langsam übermannte Mana eine Welle der Müdigkeit und schließlich lehnte er sich zurück in die weichen Kissen seiner ebenso weichen Couch und ließ sich ins Reich der Träume leiten.
"Gackt!", rief Mana ihm zu.
Er stand dort ganz im Dunklen, und Gackt stand vom Licht umhüllt. Er konnte Mana nicht sehen, egal wie oft dieser ihn rief, doch er gab nicht auf.
"Gackt, warte! Geh nicht weg!" In seiner Stimme schwankte Verzweiflung mit.
Doch Gackt entfernte sich immer weiter von ihm und Mana konnte sich nicht bewegen.
"Komm zurück.. ich brauch dich doch.." Nur noch ein Wimmern, ehe er langsam zu Boden sackte. Tränen tropften auf den schwarzen Boden. Noch einmal hob er den Kopf, nur um zu sehen, wie Gackt verschwand. Gänzlich.
Panisch schreckte Mana hoch, sein Atem ging schneller und er fühlte Tränen auf seinen Wangen.
"Nur ein Traum, nur ein Traum..", murmelte er und wischte sich die Tränen weg. Wenn er in letzter Zeit Albträume gehabt hatte, dann hatte ihn Gackt immer getröstet, und nun konnte er es nicht.
"Er kommt doch übermorgen wieder!", versuchte Mana sich zu trösten, was ihm deutlich misslang, denn bis übermorgen war es eine viel zu lange Zeit.
Gerade wollte Mana sich wieder in die Kissen fallen lassen, da klingelte es an der Tür. Ein Blick zur Uhr verriet ihm, dass es bereits 21:24 Uhr war. Oh Gott, wie lange hatte er geschlafen?! Seufzend ging er zur Tür. Vielleicht waren es ja Közi und Kami, die ihn überraschen wollten, damit er nicht so alleine war.
Doch überraschen wollte ihn jemand ganz anderes.
Mana stockte der Atem, als er in das Gesicht der Person sah. Sofort bildeten sich Tränen in seinen Augen.
"Gackt!", brachte er nur hervor.
Dieser grinste, dachte innerlich: 'Überraschung gelungen' und breitet seine Arme aus.
Sogleich warf sich Mana in seine Arme, krallte sich an seinem Anzug fest und begann zu weinen. Liebevoll strich Gackt ihm über seinen Rücken.
"Ist doch gut.. ich bin doch jetzt da..", sagte er, als ob er es gewusst hätte.
Als Mana sich beruhigt hatte, gingen sie rein. Gackt stellte die Tüte in seiner Hand im Flur ab und setzte sich schließlich mit Mana im Wohnzimmer auf die Couch.
"Das ist aber ganz schön ungemütlich hier..", stellte er fest, stand noch einmal auf und ging zu dem Kamin, den er schließlich seinen Zweck erfüllen ließ. Dann holte er noch zwei Weingläser und den dazugehörigen Wein.
"Schon besser." Er setzte sich wieder zu Mana, welcher sich daraufhin an ihn kuschelte. Gackt schenkte ihnen ein und sie stießen an.
"Sag, wie kommt es, dass du wieder hier bist..?", fragte der Blonde schließlich neugierig.
"Soll ich wieder gehen..?!", entgegnete Gackt scherzend.
"Nein, nein..! Mich würde es nur interessieren.."
"Na ja.. also.. ich wollte die ganze Zeit schon nicht gehen, mir kamen immer mehr Zweifel ob es richtig war, dich alleine zulassen, und ich wollte nun mal auch bei dir sein.. und dann haben Kami und Közi angerufen, die zwei sind wirklich niedlich, nicht?! Und jedenfalls.. hat mich das in meinem Beschluss nur noch gestärkt, wieder zurück zu fahren. Ich hab also meine Eltern angerufen, gesagt dass ich nicht kommen kann, da jemand sehr Wichtiges mich dringend braucht und die haben natürlich sofort verstanden was los war, waren auch gar nicht sauer.. und dann bin ich halt schnellst möglich zu dir zurückgefahren."
Leicht lächelnd schmiegte sich Mana weiter an ihn.
"Mana..?!"
"Mh..?"
"Ich will ja jetzt nicht nerven.. aber wie sieht's mir Bescherung aus?"
Mana blinzelte, dann kicherte er leise und stand auf. Auch Gackt erhob sich und nach zwei Minuten trafen sie sich wieder auf der Couch und tauschten zwei Päckchen.
"Mach du zuerst auf", forderte Mana ihn auf und Gackt tat wie ihm befohlen.
Neugierig wie er war, riss er das schöne Geschenkpapier auf und betrachtete anschließend den freigelegten Gegenstand. Eine Schneekugel war es, doch nicht etwa ein billiges Plastikteil, nein, es war eine aus Glas und Porzellan, wunderschön bearbeitet und mit vielen Details verziert. In der Glaskugel selbst befand sich ein Foto, ein Foto, welches beiden sehr viel bedeutete. Ja, es war jenes Foto, das Mana damals von der Kommode genommen und auf den Tisch gestellt hatte. Eben jenes Foto, das die Sehnsucht, welche die beiden für einander verspürten, am aller besten ausdrückte.
Gackt sah ihn begeistert an.
"Wow, ich bin sprachlos!" Und das musste man erstmal schaffen, Gackt sprachlos zu kriegen, war schon ein Kunstwerk. Er bedankte sich bei seinem Freund mit einem zärtlichen Kuss, ehe dieser sich daran machte sein Geschenk zu öffnen.
Im Gegensatz zu Gackt, riss er es nicht auf, sondern löste ganz sorgsam die Tesastreifen vom Geschenkpapier.
Das passte dem Brünetten irgendwie überhaupt nicht.
"Mana nun mach schon~", quengelte er hibbelig.
"Wieso, weißt du etwa nicht mehr was drinne ist?"
"Doch, aber ich will so gerne dein Gesicht sehen..!"
Also bemühte sich Mana etwas schneller auszupacken und er verzichtete sogar darauf das Geschenkpapier schließlich zusammenzufalten. Nun musste er nur noch eins tun, eine schwarze Sammtschachtel öffnen, was er sogleich tat. Er erblickte ein Silberhalskettchen an dem ein ebenfalls silberner Anhänger hing auf dem in verschnörkelter Schrift stand: The one I love.
"Dreh' ihn um, dreh' ihn um!"
Und das tat Mana auch sogleich. Auf der Rückseite des Anhängers stand in ebenfalls verschnörkelter Schrift: Gackt & Mana und darunter 13. Dezember
Stumm hielt Mana den Anhänger in der Hand, betrachtete ihn, während ihm Tränen entwichen.
"Hey~ nun wein doch nicht..!", sagte Gackt und nahm ihn liebevoll in seine Arme. Nun fing Mana erst richtig an zu weinen und bedankte sich schluchzend.
"Das ist.. so.. wunderschön..", brachte er nur hervor.
"Schön, wenn es dir gefällt." Gackt nahm ihm die Kette aus der Hand und band sie ihm um. "Sie steht dir gut."
Lächelnd ließ sich Mana seine Tränen abtrocknen.
"Gackt?!"
"Ja?"
"Fröhliche Weihnachten."
