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Seto Kaiba und der Geist der Weihnacht

Ein Yugioh-Weihnachstlied in Prosa
von

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Bröckelnde Seelenmauern

Als der goldene Schimmer um ihn verblasst sieht Kaiba sich unbehaglich um. Für einen kurzen Moment entgleisen ihm die Gesichtszüge als er sich klar wird wo er sich befindet. Dies sind zweifelsfrei die Flure seines eigenen Hauses. Oh bitte nein!

Die breiten, geschmackvoll eingerichteten Flure sind still und nur von den Deckenlampen beleuchtet. Vor sich sieht er den schmalen Rücken von Yugi. Ohne sich umzudrehen geht er den Gang entlang. Sehnlichst wünscht Seto Kaiba sich, ihm nicht folgen zu müssen, doch seine Beine setzen sich fast schon wie von selbst in Bewegung. Ein ungeheures Widerstreben überkommt ihn, als er sieht auf welche Tür Yugi zusteuert. Muss das wirklich sein?

Schließlich hat der ernste Geist die Tür erreicht und durchschreitet sie. Kaiba bleibt stehen. Er bringt es einfach nicht fertig noch weiter zu gehen. Er will das nicht sehen. Er sieht es bereits vor seinem inneren Auge und es schnürt ihm bereits jetzt das Herz zusammen. Kurz bevor er aus seinem Sichtfeld verschwindet, schaut sich Yugi doch noch mal zu ihm um. "Komm schon, Kaiba!", meint er und dann ist er weg.

Mit klopfendem Herzen betritt nun auch Seto Kaiba den Raum. Es ist das Wohnzimmer des Hauses. Dort stehen ein Fernseher und eine vornehme Sofagarnitur. Ein paar teure Schränke befinden sich dort ebenfalls und in einer der Ecken steht ein großer Tannenbaum. Er ist mit bunten Kugel, Kerzen und Lametta geschmückt und wirft seinen dezenten Glanz in den hellen Raum.

Kaiba muss einmal tief durchatmen als er das sieht was er bereits erwartet hat. Auf dem Sofa sitzt sein kleiner Bruder Mokuba und blickt trübsinnig in die Mattscheibe. Irgendeine Weihnachtssendung läuft. In einer anderen Ecke des Zimmers steht ein hübsch gedeckter Esszimmertisch. Das schlichte, liebevoll arrangierte Ambiente ist für zwei Personen vorgesehen. Langsam tritt Kaiba an den Tisch heran und betrachtet die roten Servietten, die goldenen Kerzen, die Tischdekoration aus Nüssen und kleinen Plätzchen und die eleganten, weißen Porzellanteller. Dann geht sein Blick hinüber zu seinem kleinen Bruder der schweigsam vor dem Fernseher sitzt aber ganz offensichtlich nicht wirklich ein Auge für die flackernden Bilder vor sich hat.

Nun tritt auch Yugi zu ihm und streift mit der Hand sachte durch das Tischarrangement hindurch. "Das hat er selber gemacht", sagt er, "Er hat sich die letzen Nächte lange Gedanken gemacht wie er es für euch beide möglichst angenehm gestalten kann." "Ach Mokuba!", murmelt Seto Kaiba leise und sein Herz wird schwer, als er seinen kleinen Bruder betrachtet. Genau so etwas hatte er bereits befürchtet, doch nun wo er es mit eigenen Augen sieht, presst ihm dieser Anblick unangenehm das Herz zusammen.

"Kaiba?", reißt ihn nun Yugis Stimme aus seinen Gedanken, "Sag mal, fällt dir überhaupt nichts auf?" Doch noch ehe Kaiba dazu kommt zu antworten, geht auf einmal die Tür auf. Augenblicklich springt Mokuba von seinem Sofa auf und schaut sich aufgeregt um. Doch es ist nur ein verhalten lächelnder Roland der gerade das Zimmer betritt und das Strahlen auf Mokubas Gesicht verschwindet augenblicklich. "Was ist?", fragt er stattdessen enttäuscht, aber auch mit einer Spur von Ungeduld.

"Verzeihen sie die Störung, Mokuba-sama!", beeilt sich der Mann zu sagen, "Ich wollte sie nicht erschrecken!" "Kommen sie zur Sache, Roland!", meint Mokuba ungeduldig. "Verzeihung!", meint der Mann, "Ihr Bruder hat gerade angerufen. Ich muss ihnen bedauerlicherweise mitteilen, dass er heute später kommt." Mokubas Mundwinkel sinken ins bodenlose. "Er lässt ihnen ausrichten, dass er noch mitten in der Arbeit steckt und es zu seinem größten Bedauern wohl nicht zum Abendessen schafft. Aber er will sich bemühen, so rasch fertig zu werden wie er kann. Er bittet sie, nicht auf ihn zu warten und wünscht ihnen noch fröhliche Weihnachten. Und er sagte, er würde sich wünschen, dass sie sich auch ohne ihn noch einen schönen Abend machen."

"Ja, schon gut!", erwidert Mokuba hohl, "Das wäre dann alles! Danke Roland!" Ein wenig zögerlich zieht der große Mann den Kopf aus der Tür. "Wie sie wünschen, Mokuba-sama. Ich wünsche ihnen noch ein frohes Fest!" Dann schließt er leise die Tür hinter sich.

Mokuba ist wieder auf dem Sofa zusammengesackt. Mit keinem Fünkchen Aufmerksamkeit widmet er sich noch dem Spielfilm der im Fernsehen läuft, stattdessen starrt er nur mit bleichem Gesicht und kummervollen Augen vor sich hin. "Fröhliche Weihnachten...", murmelt er, "Ja, von wegen!"

"Er weiß es!", meint Yugi ungerührt zu Kaiba, "Er weiß ganz genau, dass nicht du es warst der ihm diese Weihnachtsgrüße ausgerichtet hat. Er weiß, dass Roland und die anderen das nur hinzugefügt haben um ihn aufzumuntern. Warum kommst du eigentlich nicht von selbst auf die Idee deinem Bruder frohe Weihnachten zu wünschen, wenn du ihm schon ausrichten lässt, dass er wieder mit sich alleine feiern kann?" Kaiba ist nicht in der Lage darauf etwas zu erwidern. Zu sehr ist er mit Schlucken beschäftigt. Es ist ihm nicht möglich den Blick von seinem kleinen Bruder zu wenden, der jetzt mit tieftraurigen Augen ins Leere starrt.

Dann urplötzlich schnappt Mokuba sich die Fernbedienung und schaltet den Apparat ab. Tief atmet er ein und aus und es hat den Anschein als versuche er gerade schwer um seine Fassung zu ringen. Gedankenverloren spielt seine Hand mit einem kleinen Gegenstand den er gerade aus seiner Tasche gezogen hat. Dabei starrt er auch weiterhin ins Leere. Eine fast schon beklemmende Stille legt sich über den Raum. Nun schließen sich Mokubas Finger fest um das kleine Ding in seiner Hand und er senkt den Kopf.

"Weißt du was er da in der Hand hält, Kaiba?", fragt der Geist nun. Seto Kaiba schüttelt nur schwach den Kopf. "Schau!", bekommt er die Aufforderung. Langsam tritt er näher an seinen kleinen Bruder heran. Irgendwie kann er es nicht vermeiden, dass seine Bewegungen ein wenig zittrig sind. Dann betrachtet er den kleinen Gegenstand den Mokuba da so verzweifelt umklammert und ihn trifft fast der Schlag. Das kann doch nicht sein! Er hat sie noch?

Verstört schaut er sich um und auf einmal bemerkt er das, was ihm zuvor gänzlich entgangen ist. Überall an den Wänden befinden sich kleine, kunstvolle Sterne aus Glanzpapier. Auf dem Tisch vor dem kleinen Jungen befinden sich noch immer viele glänzende Schnipsel und eine Rolle Tesafilm und es steht völlig außer Frage, was der Kleine bisher hier gemacht hat. Oh bitte nein!

Sprachlos nimmt Kaiba die sternverzierten Wände in Augenschein, nicht jedoch ohne immer wieder zu seinem Bruder hinüber zu schauen. Mit jedem weiteren Stern wird Seto Kaibas Mine betrübter. Doch da mischt sich wieder Yugis Stimme ein: "Ja, die hat er alle selber gemacht. Er hat den ganzen Abend damit zugebracht aus Glanzpapier diese Sterne auszuschneiden. Er hat euer fröhliches Zusammensein mit euren Eltern nicht vergessen und nun hat er gehofft, dass auch du dich dadurch wieder daran erinnern würdest. Aber du bist ja nicht gekommen. Seine Sterne sind noch immer nicht so gut wie deine, aber er hat sein ganzes Können dafür aufgebracht."

Erschüttert steht der sonst so stolze junge Firmenchef da. Mit bestürztem Blick betrachtet er seinen Bruder. "Ich wusste gar nicht, dass er sie noch immer hat", sagt er leise. "Ja!", Yugi tritt zu ihm, "Wie du siehst hat er sie noch. Das ist dieselbe Kinderschere die du ihm damals an diesem letzten gemeinsamen Weihnachten mit euren Eltern geschenkt hast." "Er konnte doch mit der großen Schere nicht richtig umgehen", meint Seto Kaiba leise, "Darum hab ich ihm eine geschenkt mit der seine kleinen Finger besser zurecht kommen. Damit er dann besser mit uns zusammen die Sterne ausschneiden konnte."

"Mokuba hat sich unglaublich darüber gefreut, nicht wahr?", fragt der Geist, "Er hat schon damals gespürt was für eine große Liebe, Rücksicht und Wohlwollen in diesem Geschenk gesteckt hat. Und er hat sie all die Jahre aufgehoben. Es war ein Geschenk ohne Hintergedanken. Es hatte nur den einen Zweck: Mit den Menschen, die dir etwas bedeuten ein schönes Weihnachtsfest zu feiern. Und Mokuba hat das verstanden. Alles was er wollte, war mit dir gemeinsam feiern, aber du hast ja offenbar Besseres zu tun, als ob deine Firma nicht auch mal einen einzigen Tag ohne dich bestehen könnte. Immerhin bist du es doch, der dir die Arbeitszeiten einteilt, oder?"

Aufrichtige Bekümmertheit steht dem schlanken, jungen Mann nun ins Gesicht geschrieben. Er wirkt ungewöhnlich blass und das Atmen fällt ihm nicht leicht. Noch immer ist sein Blick unverwandt auf Mokuba gerichtet, der weiterhin den Kopf gesenkt hat und seine Finger fast krampfhaft um die kleine, blaue Kinderschere klammert die er vor vielen Jahren von seinem Bruder geschenkt bekommen hat, als die Welt für ihn noch in Ordnung war. Inzwischen ist sie fast schon zu klein für ihn, aber noch immer hält er sie in Ehren.

Lautlos tritt Seto Kaiba an ihn heran. Betroffen hockt er sich neben ihm nieder. "Tut mir leid, Mokuba!", meint er leise, "Ich wollte dich nicht verletzen. Ich hab das doch nicht wissen können." Warmes Mitgefühl liegt nun in Setos Blick, als er sanft seine Hand hebt und seinem kleinen Bruder bedauernd über die Wange streichen will. Doch seine Hand dringt einfach durch das kleine Häufchen Elend hindurch.

In diesem Augenblick bemerkt Seto etwas in Mokubas Gesicht, das ihn augenblicklich wie vom Blitz getroffen zusammenzucken lässt und das inzwischen recht wackelige Schutzhäuschen seiner Seele wie ein Orkan endgültig wegfegt. Tränen! Mokuba weint. Oh nein! Oh bitte, bitte nein! In diesem Augenblick kommt es Kaiba vor als würde man ihm das Herz herausreißen. Warum? Warum denn bloß? Die Tränen seines kleinen Bruders haben ihn schon immer aus der Fassung gebracht. Aber nun ist er sich mehr als klar, diesmal ist er dafür verantwortlich und diese Erkenntnis setzt ihm mehr zu als alles bisherige. "Oh bitte, Mokuba, nicht weinen!", flüstert er leicht verzweifelt und einmal mehr verwünscht er aus tiefsten Herzen die Tatsache, dass er nicht in der Lage ist seinen Bruder zu berühren. Oh bitte hör auf!

"Das er weint ist ganz allein deine Schuld!", kommt die unbarmherzige Stimme des Geistes, "Du sagtest mal: wer immer Mokuba zum Weinen bringt, würde das hinterher sehr bereuen! Nun, wie sieht es jetzt damit aus, Kaiba. Sind die großen Sprüche verschwunden? Oder siehst du es endlich ein, dass du so nicht weitermachen kannst?"

Setos Kopf wendet sich ihm zu. Zum ersten Mal ist in seinem ebenmäßigen Gesicht mit den hohen Wangenknochen und den sonst so kritischen, blauen Augen, ein echt gequälter Ausdruck zu sehen. Der junge Mann ist bleich und er zittert leicht. "Macht dir das Spaß, so was zu sagen?", stößt er hervor. Doch der Geist hebt nur die Brauen: "Seltsam, sonst bist doch du derjenige der nicht um eine gefühlskalte Äußerung verlegen ist. Außerdem bin es nicht ich, der für die Tränen deines Bruders verantwortlich ist. Das hast du selbst zu verantworten. Aber sei ehrlich, kümmert dich das wirklich so sehr? Bisher war es dir doch offenbar egal."

"Wie kannst du so was sagen?", ruft Seto aufgebracht aus, "Das war mir noch nie egal! Es ist bloß...", er bricht ab und schaut zu Boden. Kritisch mustert ihn der Geist: "Was denn, Kaiba? Regt sich da auf einmal das schlechte Gewissen? Bist du überrascht, dass du eins hast? Sind dir die Ausreden für dein Verhalten ausgegangen oder suchst du gerade wieder krampfhaft einen Weg dich wieder mal überlegen aus der Affäre zu ziehen?"

Bitter hebt Seto Kaiba den Kopf: "Du bist grausam!" Doch Yugi schüttelt nur leicht den Kopf. "Ich bin nicht grausam, Kaiba. Ich bin ehrlich. Und du bist jemand der mit der Wahrheit nur schwer umgehen kann. Aber du hast mein Mitgefühl, wirklich! Denn unsere gemeinsame Reise geht hier nun zuende und da ich bei dir noch Hoffnung erkennen kann, überlasse ich dich nur ungern meinem Nachfolger. Denn er kann bedeutend grausamer sein, als ich."

"Was soll das heißen?", fragt Seto Kaiba kritisch, doch ein Hauch von Furcht schwingt in seiner Stimme mit. "Ich werde dich jetzt verlassen und übergebe dich an den Geist der zukünftigen Weihnachten. Und Kaiba..., muss ich dich daran erinnern, dass dies hier keine Halluzination und keine Virtuelle Realität ist?" Seto Kaiba weiß nicht was er darauf erwidern soll. Irgendwie ist er unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. In ihm dreht sich alles. Sein ganzes Weltbild wurde komplett auf den Kopf gestellt und hinzu kommt noch der nagende Schmerz in seinem Inneren, der von vielen länger und kürzer vergangenen Ereignissen herrührt, für die er verantwortlich war und auf die er mit einem Mal überhaupt nicht mehr stolz ist.

Außerdem beschleicht ihn nun eine kalte Furcht. Wenn das alles wirklich passiert ist, was mag dann vielleicht jetzt noch kommen? Er hat nie geglaubt, dass man in die Zukunft sehen könnte, aber nach dem was er heute Abend erlebt hat, würde ihn selbst das nicht mehr erstaunen. Und im gleichen Maße wie er sich dessen gewahr wird, nimmt auch seine Beklommenheit zu. Was ihm seine Zukunft wohl bringt? Doch sobald er diesen Gedanken auch nur denkt, bildet sich ein schmerzlicher Knoten in seiner Brust und er ist sich sicher, er will es gar nicht wissen! Der Geist der zukünftigen Weihnachten! Yugi sagte er wäre grausam. Was bedeutet grausam? Und zum ersten Mal seit langem, beginnt Seto Kaiba die Angst zu packen.

"Nun denn, Kaiba!", nickt der Geist ihm zu, "Es wird Zeit. Hier trennen sich unsere Wege und denk daran: Es ist nicht schlimm etwas Wichtiges zu tun zu haben, es kommt nur darauf an, was man als wichtig bezeichnet! Leb wohl!" Mit diesen Worten greift die schlanke Gestalt vor ihm nach dem Millenniumspuzzle und nur wenige Augenblicke später ist er in ein goldenes Licht gehüllt.

"Hey, Yugi, warte!", ruft Seto Kaiba hastig, "Was soll das? Willst du mich hier lassen?" Doch der junge Mann mit er hohen Frisur wirft ihm nur einen unergründlichen Blick zu und seine violettschimmernden Augen sind das letzte was Kaiba erkennen kann. Dann verflüchtigt sich das goldene Licht und Seto Kaiba steht mit seinem Bruder alleine in dem stillen Wohnzimmer.

Setos Herz rast. Das kann doch nicht sein! Er hat ihn hier gelassen. Ausgerechnet hier! Wie soll er jetzt wieder zurückkommen? Was soll jetzt geschehen? Was hat das zu bedeuten? Schmerzlich wird ihm bewusst wie sehr es ihn verunsichert, keinen Plan parat zu haben. Unschlüssig wendet er sich wieder zu Mokuba um. Gerade wischt sich der Kleine die Tränen vom Gesicht ab. Sein Bruder steht direkt neben ihm und schaut schuldbewusst auf ihn hinab.

Dann auf einmal muss er sehen wie Mokuba plötzlich bitter den Kopf schüttelt und vom Sofa aufsteht. Noch ehe Seto reagieren kann, ist der Junge auch schon direkt durch ihn hindurchgelaufen. "Es tut mir leid, Mokuba!", wiederholt er ungehört, "Ich hätte auf dich hören sollen." Doch plötzlich weiten sich Setos Augen erschrocken. Mokuba ist zum Papierkorb hinübergelaufen. Noch einmal krampfen sich seine Finger um die Schere in seiner Hand und dann mit einem wütenden und schwer enttäuschten Schnauben schleudert er das Werkzeug in den Mülleimer. "Fröhliche Weihnachten...!", murmelt er bitter.

Fassungslos starrt Seto zu ihm hinüber. "Nein, Mokuba, tu das nicht!", ruft er hastig, doch der Junge hört ihn nicht. Rasch läuft Seto zu ihm hinüber. "Es tut mir leid!", stößt er hervor, "Ich wusste nicht, dass du die Schere noch immer hast. Ich konnte doch nicht wissen wie viel dir das bedeutet!" Doch nun geht Mokuba entschlossen zum festlich gedeckten Tisch hinüber; in der einen Hand den Papierkorb. Setos Augen weiten sich vor Schrecken. Er wird doch wohl nicht...!

"Komm schon, Mokuba, du hast dir doch so viel Mühe damit gemacht", versucht Seto es noch mal. Doch unbarmherzig und mit gesenktem Blick beginnt Mokuba damit, die Servietten und die restliche Tischdekoration in den Papierkorb zu befördern. Jeder weitere Griff gibt Seto Kaiba einen weiteren Stich ins Herz. Er fühlt sich elend und unglaublich schuldig.

"Tu das nicht, Mokuba, ich bitte dich!", fleht er erneut. Doch es gibt nichts was er dagegen tun kann, seine Finger gleiten durch den Arm seines Bruders hindurch als wäre es Luft. So muss er nur mit verzweifelter Mine beobachten, wie sein kleiner Bruder die ganze liebevoll angerichtete Tischverzierung im Papierkorb verschwinden lässt. Die Tatsache, dass sein Bruder dabei erneut schlucken muss und ihm einmal mehr Tränen über das Gesicht laufen, gibt Seto Kaiba den Rest. Er kann das hier keinen Augenblick länger ertragen. Ruckartig wendet er sich ab und läuft auf die Tür zu.

Doch gerade als er sie, wie schon gewohnt, durchdringen will, muss er feststellen, dass ihm das nicht mehr möglich ist. Schmerzvoll will er sich die Stirn reiben, doch noch immer durchdringt seine Hand seinen eigenen Körper. Er versucht es erneut, doch wieder erweist sich die Tür als erschreckend real. Seto Kaiba beginnt es kalt den Rücken herunter zu laufen. Was soll das? Wenn er den Türgriff ergreifen will dringt seine Hand hindurch aber die Tür selbst bleibt massiv. Langsam beschleicht ihn ein Anflug von Panik. Er sitzt in der Falle! Das muss alles ein böser Alptraum sein! Er sitzt fest in diesem Zimmer zusammen mit seinem Bruder und er ertappt sich bei dem Gedanken, dass es das erste Mal ist, dass er von seinem Bruder wegkommen möchte.

"Verdammt, was geht hier vor?", beginnt er seinen Gefühlen Luft zu machen, "Komm zurück, Yugi! Du kannst mich hier nicht einsperren! Warum machst du das? Du kannst mich nicht einfach hier lassen! Hörst du mich? Komm zurück!" Ungehalten beginnt er gegen die Tür zu hämmern, doch es ist kein Laut zu hören. "Das kannst du mit mir nicht machen! Bring mich wieder zurück, verstanden? Hey Yugi!" Doch er erhält keine Antwort.

Schließlich gibt er es auf. Mit blassem Gesicht dreht er sich um. Sein Herz pocht heftig gegen seine Brust und irgendwie traut er seinen Knien nicht mehr so recht. Tief atmet er durch, um die Benommenheit zu vertreiben, doch es hilft nicht viel. Unsicher lehnt er sich jetzt an die Tür hinter ihm und ohne, dass er richtig merkt wie ihm geschieht, geben seine Knie nach und er rutscht langsam daran zu Boden. Schwer will er seinen Kopf in eine Hand stützen, doch sein Körper bleibt durchlässig. "Das darf alles nicht wahr sein!", seufzt er.

Gerade scheint Mokuba mit dem Beseitigen der Festdekoration fertig zu sein. Mit müdem Gesicht und geröteten Augen lässt er den Papierkorb neben sich auf den Boden plumpsen. Dann geht er auf die Zimmertür zu; er kommt Seto genau entgegen. Mit gequältem Blick schaut Seto ihn an. Nun steht der Kleine direkt vor ihm und ergreift die Klinke. "Mokuba!", sagt Seto leise, "Bitte geh nicht!" Mokuba scheint zu zögern. Für einen Moment lang hält er die Türklinke unschlüssig in der Hand. Obwohl Seto Kaiba weiß, dass sein Bruder ihn nicht sehen kann, hat er doch den Eindruck, dass dessen Augen direkt auf ihn gerichtet sind und ihn anklagend anblicken. "Moki?", flüstert Seto.

Doch dann strafft sich Mokuba wieder. Mit einem raschen Griff hat er die Tür geöffnet die dabei ohne Wiederstand durch Setos Oberkörper hindurchdringt und anschließend wieder ins Schloss fällt, ohne dass der hochgewachsene, junge Mann recht weiß wie ihm geschieht. Mit einem tiefen Seufzen, lässt sich Seto Kaiba zurücksinken und spürt auch sogleich wieder die harte Tür im Rücken. Nach wenigen Augenblicken sind auch die Geräusche von Mokubas Schritten auf dem Flur verhallt. Müde und elend schließt Seto die Augen. Er hat genug! Dieses Gefühlsachterbahn zehrt gewaltig an seinen Kraftreserven.

Doch urplötzlich beginnen die Kerzen am Weihnachtsbaum zu flackern, als würde ein scharfer Wind durch den Raum wehen und eine eisige Kälte kriecht von unten in Seto Kaiba hoch, die ihn rasch wieder auf die Füße bringt. Aufgeschreckt schaut er sich um. Die Kerzen beginnen heftiger zu flackern und nun muss er sehen wie eine nach der anderen verlöscht. Auch ihn hüllt nun der kalte Luftzug ein und fröstelnd will er seinen Mantel etwas enger ziehen, was erstaunlicherweise auch gelingt.

Auf einmal vermeint er ein Geräusch zu hören. Zunächst ist es nur ein Wispern, doch dann schwillt es immer mehr zu einem hämischen, kalten Lachen an. Kaibas Adrenalinproduktion schiebt Überstunden und in seinem Nacken bildet sich eine Gänsehaut. "Wer ist das?", ruft er unruhig und es klingt etwas gehetzt, "Was soll das werden? Habt ihr noch nicht genug?" Mit diesen Worten erlischt auch die letzte Kerze und taucht den Raum endgültig in Finsternis. Im selben Moment ist auch das Lachen verstummt und das einzige Geräusch, dass Seto Kaiba nun hört, ist sein eigener stoßartiger Atem.

So aufmerksam wie möglich lauscht er in die Finsternis und versucht sich wieder unter Kontrolle zu bringen. Noch immer ist kein Laut zu hören. Dann auf einmal bemerkt er etwas direkt vor sich. Es ist ein blasser Lichtschimmer in der Schwärze um in her. Direkt vor seiner Nase leuchtet ein fahles, weißes Licht auf, aber von diesem Licht geht keinerlei Wärme aus. Es wirkt zunehmend kalt und tot. Aber es wird heller. Und auf einmal entdeckt Seto Kaiba auch so etwas wie eine Gestalt in dem blassen Leuchten. Seine Augen weiten sich.

Die Erscheinung ist in einen langen dunklen Mantel gehüllt aber darunter trägt sie kaltweiße Gewänder und unter der schwarzen Kapuze quellen mehrere Strähnen von langem, schneeweißem Haar hervor. Das Gesicht hat ein spitzes Kinn und die Haut der schlanken Gestalt vor ihm weist eine schon fast unnatürliche Blässe auf. Nun richtet sich ihr Blick auf Kaiba und kalte, fast schwarze Augen funkeln ihm mit einem hämischen Schmunzeln entgegen.

"Wer bist du?", fragt Kaiba verunsichert. Noch einmal versucht er die Gestalt vor ihm irgendwie einzuordnen. Das Gesicht kommt ihm irgendwie bekannt vor. Plötzlich trifft ihn die Erkenntnis. "Bakura?", fragt er ungläubig. Nun verzieht die Gestalt vor ihm ihr Gesicht zu einem boshaften Grinsen und dann sagt sie mit kalter Stimme: "Jetzt gehörst du mir, Seto!"



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Kommentare zu diesem Kapitel (10)

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Von:  Caro-kun
2008-12-20T11:18:50+00:00 20.12.2008 12:18
Das Kapi ist so traurig TT~TT

Wie Mokuba da allein, weinend im Wohnzimmer sitzt und all die Glanzpapiersterne an den Wänden und wie Moki dann auch noch in aller Verzweiflung die Tischdeko in den Müll pfeffert.
Tja Kaiba: Wer nicht hören will muss fühlen! Du hast es ja einfach nicht kapiert.

Aber Bakura als Geist der zukünftigen Weihnacht … das passt wie die Faust aufs Auge!
Bin gespannt wies weitergeht.

Von:  moonlily
2008-11-03T14:36:56+00:00 03.11.2008 15:36
Mokuba … das Schlimmste hat sich Yugi natürlich für den Schluss aufgehoben. Es war erschütternd zu lesen, wie er dort am Heiligabend ganz allein vor dem Fernseher sitzt, den Tisch so schön gedeckt und alles mit Sternen verziert hat – und Seto kommt nicht. *schnüff*
Wie viel muss er seinem kleinen Bruder angetan haben, dass er die Schere wegwirft, die er die ganzen Jahre so in Ehren gehalten hat.

Und Seto kann ihn nicht einmal in die Arme nehmen und trösten. Nun, ich denke, es war nötig, dass Seto die Auswirkungen seiner Taten sieht und Yugi ihn noch nicht gleich aus dem Zimmer lässt. Sonst wäre im ja entgangen, wie Mokuba dieses Mal auf seine Zurückweisung reagiert, indem er alles wegwirft.

Seto ist in seinem ganzen Verhalten sehr gut beschrieben, genau so würde er sich seinem Bruder gegenüber verhalten. Wenn jemand die Mauern um ihn zum Einsturz bringen kann, dann Mokuba.

Zu guter Letzt taucht der Geist der zukünftigen Weihnacht auf. Dass es Bakura sein würde … ich hatte ja schon so eine Ahnung. Er passt, wie seine Vorgänger, sehr gut. Ich gratuliere, für unser Geisterquartett (Gozaburo mal eingerechnet) hast du die perfekte Besetzung gefunden.

Von: abgemeldet
2006-08-05T21:10:55+00:00 05.08.2006 23:10
Hey Ho
Wirklich eine wundervolle Geschichte die du da geschrieben hast! Du beschreibst Setos Verhalten und seine Gefühle richtig gut, so wie wir ihn in der Serie kennen!
Dein Schreibstil ist genial, was auch für deine anderen Yu Gi Oh FFs gilt!!
ich hoffe, dass du diese FF noch zu ende bringst!*ganzliebkuck* Weil sie wie gesagt echt gut ist!
Ich werd auf jeden Fall deine Geschichten weiter verfolgen!! Mach auf jeden Fall weiter so!!!
ich weiß, dass dies ein kleiner Kommi war, aber wenn du noch Fragen oder ähnliches hast, kannst du mir ja ne ENs oder so schicken ;)
Wie gesagt find ich diese FF einfach toll und hoffe auf Fortsetzung!!Mach weiter so!!
liebe Grüße bambuscha
Von:  Hiromi2
2006-08-05T16:59:19+00:00 05.08.2006 18:59
Echt megamäsig!Ich hab zweimal angefangen zu Weinen. Ich hab schon viele Yugioh-Weinachtsgeschiechten gelesen die übertrifft alls selbst die echte Weinachtsgeschichte.Denn lob hast du dir erlich verdient.Freu mich schon auf die Fortzetzung.Hoffe geht schnell wieter.Deine Hiromi2
Von:  AerithMon-Kishu
2006-05-04T13:50:36+00:00 04.05.2006 15:50
Die FF macht echt Sinn! (gegeüber meine.. *drop*)
Aber echt ut geschrieben!
Ich habe nur einen Tipp für dich:
Mach mehr Abschnitte rein! Dann lässt sich´s besser lesen! (Musste ich nach Aufforderung auch bei meinen machen! Dann werden sie noch länger! *freu*)
Auszusetzen habe ich sonst nix! *favo mach*
tschüssli
Von:  Sternenschwester
2006-04-27T19:14:35+00:00 27.04.2006 21:14
wieder ein tolles kapitel.melde dich bitte bald mit einem neuen kapitel wieder.
ich freue mich darauf.
Sternenschwester
Von:  _Akatsuki_Note_
2006-04-23T19:41:55+00:00 23.04.2006 21:41
Armes Seto..*patt patt*
Erst macht Yami/Yugi ihn fertig und nun bekommt er es mit Bakura zu tun..xD
Aber...Irgendwie kann ich Seto verstehen. Seine Einstellung, bevor er die Geister traf...
Ich hoffe, dass es diese Geister nich wirklcih gibt...X3
Dann würde es mir so ergehen wie Kaiba ! O__O Obwohl..Eigentlich gar ncih so schlecht...Ein Bakura-Geist..*__*
Okay, zurück auf den Boden der Tatsachen ! uû
Ich mag die FF, schreib doch weiter. ^^


MfG
XSerberusX/~MoD~
Von:  Wo_Ai_Ni
2006-04-23T11:56:42+00:00 23.04.2006 13:56
huhu^^

Boah...das war mal wieder genial!
Der arme Moki! Seto sollte sich echt was schämen!
Hoffentlich sieht er's jetzt endlich mal ein!

Oh weh...jetzt wird's aber eng für Seto!
Bin gespannt, was Bakura ihm zu zeigen hat!

vG
Wo_Ai_Ni
^__^
Von: abgemeldet
2006-04-22T17:27:27+00:00 22.04.2006 19:27
hey das kapitel ist ja wieder voll supi, kaiba kann einen ja richtig leid tun.
mir tut mokuba leid, der arme echt wie kann der nur so nen bruder haben.
bakura als geist der kunftigen weihnacht voll super idee von dir gewesen, toll zun vorstellen.
schreib bitte schnell weiter, will so schnell es geht wissen was bakura mit kaiba macht.
sag ma bitte wieder bescheit wenn ein kapitel on ist, dannke
cucu
Von:  Feainn
2006-04-22T16:39:16+00:00 22.04.2006 18:39
Das Kapitel hast du toll gemacht. Ich fands total traurig, dass Seto nicht gekommen ist, aber es war gut, dass Seto endlich reue zeigt, und er merkt wie wichtig ihm sein Bruder eigentlich ist!!

Ganz am Schluss Bakura zum Geist der künftigen Weihnacht zu machen war eine gute Idee^^ Das kann ich mir bildlich gut vorstellen^^
Mach so weiter^^
CU San


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