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A new life

von

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Chapter three ~Embryo~

(noch ne kleine Amnerkung meinerseits: der Text ist der von Embryo in der Singleversion, ne ^^)
 

Ich erwache langsam. Meine Sinne erwachen zu neuem Leben. Ich fühle Wärme, Geborgenheit um mich. Ich versuche meine Augen zu öffnen. Nach einigen Versuchen gelingt es. Ich liege in meinem Bett.

Ich brauche einen Moment um zu verstehen, zu begreifen, was passiert ist. Seufzend setze ich mich auf, unterdrücke nur unvollkommen einen kleinen Schmerzensschrei, als ich aus Versehen meinen Fuß bewege.

Mist. Das tut verdammt weh.

Das Geräusch, das ich von mir gegeben habe hat die Aufmerksamkeit anderer Menschen auf mich gelenkt. Vier Köpfe fahren gleichzeitig zu mir herum und vier dunkle Augenpaare blicken mich an. Ich schaue verwirrt zurück.

Was haben sie?

Ich bekomme langsam etwas Angst weil keiner meiner Freunde auch nur ein Wort sagt. Halten sie mich jetzt, da sie mein "Geheimnis" kennen, nicht mehr Wert genug um Worte an mich zu verschwenden?

Ich will gerade ansetzen etwas zu sagen, als Kaoru die Stille bricht.

"Kyo..." Seine Stimme klingt ernst, aber nicht anklagend. Das macht mich irgendwie nervös. Fragend richte ich meinen Augen auf ihn.

"H...hai?" Meine Stimme klingt heißer, als würde sie bröckeln.

"...Wieso hast du das gemacht?"

Ich seufze. Hab ich es nicht gesagt? Alle stellen die gleiche Frage.

"Wieso bist du einfach abgehauen? Das war total unverantwortlich von dir! Stell dir doch mal vor einem von uns wäre was passiert? Oder du hättest dich noch schlimmer verletzt und Toshiya hätte dich nicht gefunden! Hast du eigentlich auch nur eine Sekunde nachgedacht bevor du gehandelt hast?"

Meine Kinnlade klappt herunter.

Ich habe alles erwartet, aber das mit Sicherheit nichts. Was soll das? Müsste er mir jetzt nicht eigentlich Vorwürfe machen oder mich beschimpfen, wegen dem was ich tue? Wegen dem was ich bin?

Langsam schließe ich den Mund wieder. Fühle das kalte Metall meines Piercings.

Ich weiß nicht was ich sagen soll.

Kaoru setzt ein weiteres Mal zum sprechen an, aber Die hält ihn zurück.

"Lass ihn erst einmal wieder zu sich kommen, Kao", meint er ungewohnt ernst. Erst jetzt sieht der Angesprochene seinen rothaarigen Freund aufgebracht an, nickt aber schließlich.

Ich komme mir allmählich ziemlich bescheuert vor, wie ich mit großen Augen verständnislos in die Runde schaue.

"Seid...seid ihr denn nicht sauer auf mich?" bringe ich schließlich mühevoll hervor.

Toshiya lässt sich neben mich aufs Bett fallen.

"Nö." Er grinst mich an. "Höchstens weil ich mir wegen dir meine schönen Plateaus versaut hab...scheiß Waldboden..."

Meine Augen müssen mittlerweile so groß sein wie Untertassen.

"A-aber..." Ich gestikuliere vage in Richtung meiner Unterarme.

Sofort wird Kaoru's Blick ernst.

Auch die anderen schauen nun wieder ernster und irgendwie besorgt.

"Naja..." beginnt der Violetthaarige zu sprechen. "Um ehrlich zu sein...ich hab das schon länger gewusst...ich hab es schon mitbekommen, kurz nachdem du hier ankamst..."

Jetzt schaltet Shinya sich ein.

"Kao-san hat es uns erzählt als er es herausgefunden hatte...aber...wir waren uns alle einig darin nichts zu sagen...und dich auch nicht zu fragen..."

"Warum?" Ich streiche mir immer verwirrter meine Haare aus dem Gesicht.

"Naja...." Die lächelt leicht und streckt sich ein bisschen. "Wir wollten, dass du es irgendwann von allein sagst...Wir wollten nicht das bisschen Vertrauen zerstören, dass du uns vielleicht entgegenbringst..."

Ich bin baff. Total und hoffnungslos geplättet.

Und das passiert mir wahrlich nicht oft.

Sie haben geschwiegen, weil sie mich nicht verletzen wollten, indem sie mich danach fragen. Sie wollten, dass ich es ihnen von sich aus sage...aus...Rücksicht auf mich?

Ich schüttle leicht den Kopf.

"Da hättet ihr lange warten können...ich hätte es euch nie gesagt..."

Immer noch erschöpft lasse ich mich zurück in mein Kissen sinken.

"Tja..." der Blauhaarige zieht mir frech die Decke weg. "Das hätten wir auch akzeptiert...aber nichtsdestotrotz musst du jetzt aufstehen. Du musst zum Unterricht."

Ich verziehe gequält das Gesicht.

"Muss ich wirklich?"

Alle vier nicken synchron.

"Hai musst du." Shinya lächelt leicht.

"Menno..."

Ich hieve meinen Körper aus dem Bett und suche mir meine Klamotten und mein Duschzeug zusammen. Dann rapple ich mich ganz auf und humple vorsichtig in Richtung Duschen.
 

Als ich zurückkomme ist nur noch Die in unserem Zimmer.

"Die anderen sind schon vorgegangen, der Unterricht hat ja schon begonnen", erklärt er mir. Ich nicke. Dann lasse ich mich auf mein Bett fallen und suche nach einem Verband für meinen Fuß. Ich fische einen aus meiner Reisetasche und beginne meinen verknackten Knöchel zu verbinden, um ihn zu stützen.

Daisuke sitzt in seinem Bett, mir gegenüber.

"Sieht ganz schön professionell aus, wie du das machst..." Es ist kein Vorwurf, lediglich eine Feststellung.

Ich nicke.

"Hab ja auch genug Übung..." antworte ich sarkastisch. Dann befestige ich den Verband und stehe auf um meinen Fuß probeweise zu belasten. Es tut nicht mehr so weh wie vorhin. Vorsichtig schlüpfe ich im meine Schuhe.

"Ok, lass uns gehen."

Die, der mich bisher schweigend beobachtet hatte, nickt und steht ebenfalls auf.

Irgendwie ist er heute anders als sonst. So ganz anders. Er albert nicht herum wie sonst, versucht nicht, mich zum lachen zu bringen, oder mich zu ärgern. Er grinst mich zwar frech an, als wir das Klassenzimmer betreten, aber ich spüre, dass es nicht sein übliches, herzliches Lächeln ist.

Während ich den Unterricht an mir vorüberziehen lasse mache ich mich Gedanken um ihn. Ich frage mich, oder besser gesagt ich befürchte, dass seine Veränderung etwas mit mir zu tun hat. Mit dem was ich getan habe. Dieses Gefühl nagt an mir. Ich würde ihn gern danach fragen, aber ich will nicht aufdringlich erscheinen.
 

~~~

Als die Stunde vorüber ist werden Die und ich von Kao abgeholt. Unser Geschichtskurs macht eine Exkursion zu der Ruine eines in der Nähe gelegenen Tempels. Während Kaoru und Die vor mich laufen schleiche ich ihnen immer noch in Gedanken versunken hinterher. Nach scheinbar ewigem Marsch kommen wir bei der Ruine an. Von der ursprünglichen Pracht des Gebäudes ist kaum noch etwas zu erkennen, trotzdem erhebt sie sich fast mit einer Art stolzem Trotz vor uns, seit Jahrhunderten allem standhaltend das versucht sie zu zerstören. Stiller Zeuge vergangener Zeiten.

//Dieser Tempel muss schon viel Leid gesehen haben...// schießt es mir durch den Kopf.

Ich setze mich auf einen großen Stein, während unser Lehrer beginnt über die Geschichte des Gebäudes zu reden. Ich höre ihm nicht zu. Wer es erbaut hat ist für mich nicht wichtig, auch wofür es errichtet wurde nicht. Allein seine Wirkung zählt für mich.

Ich bin beeindruckt. Lasse immer wieder meine Blicke über die zerbröckelnde Fassade schweifen. Auch Kao und Die stehen etwas abseits, scheinen sich leise zu unterhalten. Beide mit einem ernsten Ausdruck in ihren Augen.

Ich lasse sie allein, denn ich bin mir sicher, dass es um etwas geht, was mich nichts angeht. Sonst würden sie sicher versuchen mit mir zu reden.

Abwesend streiche ich über meine Unterarme. Die neuen und alten wieder ausgerissenen Kratzer jucken furchtbar, weil es heute so warm ist. Seufzend lehne ich mich an den Baumstumpf hinter mir und schließe die Augen.

Ich muss wohl irgendwann eingeschlafen sein, denn Kaoru weckt mich, indem er mich ziemlich unsanft schüttelt und teilt mir mit, dass wir zurückgehen. Ich stehe auf, strecke mich und werfe noch einmal einen kurzen Blick zurück bevor ich mich zum Gehen wende. Auch Die verharrt noch einen Moment bevor er sich uns anschließt. Er scheint wieder bessere Laune zu haben als heute Morgen, denn seine Augen blitzen wieder fröhlich und sein Lachen ist echter, als er uns irgendetwas Belangloses erzählt.
 

~~~

Jetzt, zwei Tage später, ist Samstag. Das Wetter draußen könnte für die Jahreszeit besser sein. Es ist nicht wirklich warm und ziemlich windig. Da alle anderen aber anscheinend keine Zeit für mich haben- Kao diskutiert mal wieder stundenlang mit Kisaki über irgendein Lied und Toshiya ist mit Shinya in die nächste Stadt gefahren um shoppen zu gehen und wo Die ist, weiß keiner so genau- beschließe ich einfach ein wenig durch die Gegend zu laufen. Ich ziehe mir einen schwarzen, schon etwas ausgeblichenen Kaputzenpulli über und verlasse kurze Zeit später das Gebäude.

Ich überlege kurz, wann ich das letzte Mal einfach so durch den Wald gelaufen bin, wie ich es jetzt tue, lasse es letztlich aber dabei bewenden, dass es schon zu lang her ist.

Ohne, dass ich mich bewusst dafür entschieden habe schlage ich den Weg ein, der mich zu dem verfallenen Tempel führt, den wir vor ein paar Tagen besucht haben. Irgendwie passt das Wetter heute perfekt zu dem Szenario, dass diese erhabene Ruine zu verlangen scheint. Neugierig umrande ich das Gebäude, ich hatte das letzte Mal keine wirkliche Gelegenheit es von allen Seiten zu betrachten.

Als ich es umrundet habe, will ich mir gerade eine gemütliche Stelle zum sitzen suchen, als mir ein leicht beißender, aber bekannter Geruch in die Nase steigt. Ich runzle die Stirn und drehe mich suchend um meine eigene Achse. Ich will es schon beinahe als Einbildung abtun, als ich im Inneren des Tempels durch einen Mauerspalt etwas Rotes leuchten sehe. Ich ziehe eine Augenbraue in die Höhe und suche mir einen Eingang in dieses verfallene Gemäuer. Als ich endlich einen gefunden habe bleibe ich nochmals stehen. Ich hatte mich also nicht getäuscht.

Mit dem Rücken an einen zerbröckelnden Mauerrest gelehnt, sitzt Daisuke auf dem Boden. Die Augen hat er geschlossen, nur seine Hand bewegt sich, wenn er seine Zigarette zum Mund führt und daran zieht. Das erklärt den Geruch.

Vorsichtig gehe ich auf ihn zu, um ihn nicht zu erschrecken.

Ich bleibe vor ihm stehen, als er mich immer noch nicht bemerkt zu haben scheint. Ich starre ihn an, weil ich nicht weiß, was ich sagen soll. Schließlich nehme ich den einfachsten Weg.

"...Die?"

Meine Stimme zerbricht die um uns herrschende Stille, in der das Pfeifen des Windes durch die Mauerlöcher das einzige Geräusch war.

Langsam schlägt er die Augen auf und sieht mich an.

"...Kyo? Was machst du denn hier?"

Er bemüht sich normal zu sprechen, doch ich höre an seiner Stimme, dass etwas nicht in Ordnung ist. Ich setze mich neben ihn auf den staubigen Boden und zünde mir ebenfalls einen Glimmstängel an. Nach einem kräftigen Zug sehe ich meinen rothaarigen Freund forschend von der Seite an.

"Was is los mit dir, Die?"

Er zuckt nur mit den Schultern und versucht sich in ein schiefes, für ihn so total untypisches, Lächeln zu retten.

"Was soll sein?"

Ein weiteres Mal ziehe ich die Augenbrauen nach oben.

"Na hör mal. Du würdest, wenn nicht irgendetwas wäre, nie hier so mutterseelenallein in der Pampa in einem halb zusammengefallenem Tempel rumhocken...So gut kenn ich dich dann doch schon mein Lieber..."

Ein verbitterter Ausdruck schleicht sich auf sein Gesicht.

"...mutterseelenallein trifft es gar nicht mal so schlecht...."

Ein weiterer Zug an seiner Zigarette lässt schneidende Stille entstehen, die ich beinahe greifen zu können glaube.

"Wie...wie meinst du das?"

Er zuckt wieder nur mit den Schultern, so als hätte er das nur so vor sich hin gesagt und es beträfe ihn gar nicht wirklich.

"Naja..." setzt er dann wieder an. "Wenn man niemanden hat, dann ist man doch allein, oder?" Seine Stimme ist leise, er schaut hinauf in den Himmel, den man durch das kaputte Dach erkennen kann.

"Du bist doch nicht allein...du hast doch Toshi, Shin, Kao und mich und-" Eine knappe Handbewegung schneidet mir das Wort im Mund ab und wieder lächelt er traurig.

"Ja, ich weiß...aber das meine ich nicht..."

Jetzt bin ich es der seufzt. Es scheint, als stünde Die in einem innerlichen Kampf mit sich selbst, darum ob er mir nun erzählen soll, was ihm so zusetzt oder nicht. Ich beschließe noch einmal ein bisschen nachzuforschen.

"Was meinst du dann?"

Ich rutsche noch ein paar Zentimeter zu ihm heran und lege ihm einen Arm um die Schultern. Ich muss kurz über mich selbst lächeln, denn noch vor ein, zwei Monaten wäre ich lieber gestorben als einem Menschen so nahe zu kommen. Aber die Zeiten können sich eben ändern.

Einige Momente schließt er die Augen und zeigt keine Regung. Dann entweicht ein weiteres trauriges Seufzen seinen Lippen und er schnippt den Zigarettenstummel von sich weg auf den Boden. Ich tue es ihm gleich, denn ich bin kurz davor mir die Finger zu verbrennen.

"...weißt du..." durchbricht dann Die's traurige Stimme das Lied des Windes.

"...ich würde gern versuchen es dir zu erzählen...aber...ich weiß ehrlich gesagt nicht wie ich anfangen soll..."

"Wie du willst...fang einfach an, wenn du etwas loswerden willst..."

Wer hätte je so viel Einfühlsamkeit von mir erwartet? Ich jedenfalls nicht...aber Die ist mein Freund, da passiert das wohl automatisch.

Er atmet noch einmal tief durch und richtet sich dann ein bisschen auf, da er in der Zwischenzeit an der Mauer heruntergerutscht ist. Dann nickt er, wie um sich selbst noch einmal in seinem Vorhaben zu bestärken.

"Mh...ok...weißt du, die Einzigen, die sonst noch davon wissen sind Shinya, Toshiya und Kaoru...deswegen haben sie sich heute auch alle eine andere Beschäftigung gesucht..., weil sie wissen, dass ich an diesem Tag heute nicht zu allzu viel zu gebrauchen bin..." Er lächelt mich wieder schief von der Seite an, und ich nicke ihm zu.

Dann beginnt er zu erzählen und ich höre ihm erst einmal nur zu.

"...Weißt du, früher als ich noch zuhause gewohnt habe waren wir eine ganz normale Familie. Meine Eltern waren relativ glücklich verheiratet und mir und meinem älteren Bruder Kazuki ging es gut, wir hatten eine schöne Kindheit könnte man sagen...Kazuki war 5 Jahre älter als ich..."

Er schweigt und ich sehe ihn erstaunt an.

"War?" Unwillkürlich habe ich meinen Gedanken laut ausgesprochen. In mir macht sich ein ungutes Gefühl breit.

Wieder scheint er mit sich zu kämpfen.

"Ja...war...er...lebt nicht mehr...genauso wie meine Eltern."
 

~Menschen, die sich nicht verändern~

~Menschen, die verrotten~

~Menschen, die sterben~

~Bitte, bring die Menschen, die ich liebte zurück~

~Menschen, die geboren werden~

~Menschen, die Verbrechen begehen~

~Der Schmerz beginnt jetzt~
 

Ich starre ihn entsetzt an. Ist das wirklich wahr, was er mir gerade erzählt hat? Aber warum sollte er lügen? Wirklich glauben kann ich es trotzdem nicht. Ich hätte nie gedacht, dass Jemand wie Die so eine...grausame Vergangenheit in sich trägt.

"Würdest du..." beginne ich, doch er nickt, noch bevor ich meinen Satz beendet habe.

"Ja...dir kann ich es erzählen...immerhin besser als hier allein rumzusitzen und nichts zu tun..." Er holt noch einmal tief Luft.

"Wie gesagt...wir waren eigentlich eine glückliche Familie. Mein Bruder war ein wunderbarer Mensch, er hat sich immer um mich gekümmert, wenn meine Eltern mal keine Zeit hatten...all so was eben...Nach außen hin war er auch immer ein fröhlicher, ausgeschlossener Junge, wie man so schön sagt...aber er wurde wohl, meist unabsichtlich, zu sehr unter Druck gesetzt...Ich weiß nicht wie es in ihm ausgesehen hat...aber er muss sehr gelitten haben...denn durch seinen schulischen Erfolg und all das hatte er nie richtige Freunde..."
 

~Menschen, die sterben Glückliche Gesichter~

~Menschen, die geboren werden Traurige Gesichter~

~Auf Wiedersehen Mutter~

~Die Menschen in dieser Welt tun das nicht~

~Die Menschen in dieser Welt verletzen andere ohne es zu wissen~

~Ich bin allein~
 

Die legt das Gesicht auf seine verschränkten Arme, die auf seinen Knien ruhen.

"...irgendwann ist es ihm dann wohl zu viel geworden...und er kam nicht mehr weiter...er hat sich das Leben genommen...genau heute...vor 6 Jahren..."
 

~Ohne ein Gesicht Alle in Menschenmengen~

~Ohne ein Gesicht Es nur ertragend~
 

Ich schweige, ich will Die nicht unterbrechen, der sich eben fahrig ein paar kleine Tränen aus den Augenwinkeln wischt.

"Manchmal denke ich...ich hätte es sehen müssen...hätte ihm vielleicht helfen können...wäre ich für ihn da gewesen, als er mich brauchte, so wie er früher für mich da gewesen ist, dann würde er vielleicht noch leben..."
 

~Siehst du?~

~Ich bin so kurz davor zerstört zu werden ~

~und mein Herz herausgeschnitten zu bekommen~

~Ich möchte nur in deinen warmen Armen einschlafen~
 

Jetzt zuckt Die mit den Schultern, so als hätte er es akzeptiert...oder vielleicht so als wüsste er nun nicht mehr weiter...ich kann es nicht genau sagen.

"Und..." ich wage nun doch nachzufragen. "...deine Eltern...was ist mit denen?"

Ein bitteres Lächeln schleicht sich auf seine ohnehin angespannten Züge.

"Eine dramatische Verkettung tragischer Umstände...haben sie damals gesagt, als ich erfuhr, dass meine Eltern gestorben sind...es war ziemlich genau ein Jahr nachdem Kazuki gestorben ist...meine Mutter wollte wohl zu ihm...sie schluckte eine Überdosis Schlaftabletten...aber sie überlebte...zumindest das, weil mein Vater sie fand und sie sofort ins Krankenhaus schaffte..." Er hält kurz inne um durchzuatmen.

"...auf dem Weg dorthin ist ihr Auto von einem Lastwagen gerammt worden und gegen einen Baum geprallt...die beiden hatten keine Chance zu überleben...das haben alle damals zu mir gesagt...nur hat mir das auch nichts genützt..."
 

~My sweet mother Lächle für mich~

~Möge dieser warme Schlaf der letzte sein~

~Deadly sweet mother Lächle für mich~

~Lass uns schlafen und den Schmerz dieser Nacht in uns behalten~
 

Er schnieft kurz und sieht mich dann mit dunklen, unendlich traurigen Augen an.

"Ich weiß es ist sinnlos, aber ich wünsche mir oft, dass das alles nur ein bitterer Traum war, und sie irgendwann zurückkommen...idiotisch oder?"
 

~Siehst du?~

~Es gibt keinen Frieden Der Frieden wird von einer Mauer begrenzt~

~Bitte, bring die Menschen, die ich liebte zurück~

~Siehst du?~

~Die Regeln, die Dinge sind festgelegt~

~und die Menschen, die die Regeln im Inneren leben lassen leben ohne Freiheit~
 

Ich schüttle den Kopf.

"Nein, nicht idiotisch...ich kann das nachvollziehen...ein bisschen zumindest...du willst die letzte Hoffnung darauf, dass dir die wichtigsten Menschen in deinem Leben genommen wurden nicht, nicht aufgeben...das ist doch ganz natürlich..."

Ich lehne meinen Kopf an die Mauer hinter mir und schließe die Augen. In gewisser Weise kann ich ihm vielleicht nachfühlen. Meine Eltern haben sich nie um mich gekümmert...vermutlich hätte es keinen Unterschied gemacht, wenn sie tot gewesen wären. Aber mir lag auch nie viel an meinen Eltern. Er hingegen...scheint seine Familie geliebt zu haben. Noch eines der Dinge die ich nicht kenne.
 

~Menschen, die nicht lächeln können~

~Sie wissen das und können immer noch nicht lächeln~

~Es gibt die Freiheit Selbstmord zu begehen~

~Menschen, die nicht lächeln können Dies ist dein letztes Lächeln~

~Menschen, die nicht lächeln können Das ist euer Grund für Selbstmord~

~Ich bin allein~
 

"Die?" Er zuckt ein bisschen zusammen, als ich seinen Namen ausspreche. Dann wendet er mir sein Gesicht ein bisschen mehr zu.

"Ich...bin mir zwar sicher, dass ich nicht wirklich sagen kann, wie es sich für dich anfühlen muss, aber...", ich stocke kurz, "...eines ist sicher. Ich weiß ganz genau, wie es ist, allein zu sein...das kann ich nachvollziehen..."

Er sieht mich erstaunt an.

"Wieso das denn?"

Ich zucke mit den Schultern.

"Naja...ich habe zwar Eltern...aber mit denen bin ich etwa so sehr verbunden wie ein Vogel mit der Tiefsee..."

Leise lacht Die über diesen Vergleich, lässt mich aber weiter sprechen.

"...wären meine Eltern tot, hätte das nicht wirklich etwas in meinem Leben geändert. Die meiste Zeit war ich ihnen sowieso eine Last und sie haben immer einen Weg gesucht mich irgendwo abzustellen...deswegen bin ich jetzt hier. So kann ich sie nicht mehr bei ihrem ach so tollen Leben stören..."
 

~My sweet mother Lächle für mich~

~Möge dieser warme Schlaf der letzte sein~

~Deadly sweet mother Lächle für mich~

~Lass uns schlafen und den Schmerz dieser Nacht in uns behalten~

~My sweet mother Lächle für mich~

~Möge dieser warme Schlaf der letzte sein~

~Deadly sweet mother Lächle für mich~

~Lass mich zur Freiheit Auf Wiedersehen sagen~
 

Ohne dass ich es merke hat sich ein bitteres Lächeln auf meine Lippen geschlichen. Doch Die hat es gesehen und wuschelt mir sanft durch meine ohnehin zerzausten Haare, was ich mit einem verärgerten Geräusch quittiere. Ich schaue ihn an. Für einen kurzen Moment lässt die Traurigkeit in seinen Augen nach und ein wirkliches Lächeln strahlt mir entgegen. Doch als ich seinen Arm abwehre rutscht mein Ärmel zurück und Die sieht meine zerschundenen Unterarme. Er lässt von mir ab und hält meinen Arm mit beiden Händen fest. Ernste, traurige Augen starren auf die zerkratzte Haut herunter.

"Kyo...?" Seine Stimme klingt unsicher, aber irgendwie trotzdem bestimmt.

"Hai?" Ich ziehe die Augenbrauen zusammen. Ich kann mir zwar vorstellen was er mich gleich fragen wird, aber das warum ist mir ein Rätsel.

"Warum...tust du das?" Mit zitternden Fingern streicht er vorsichtig über meine Haut. Ich beginne abwesend auf meinem Piercing herumzukauen und überlege mir eine Antwort. Ich weiß warum, natürlich, aber ich bin mir nicht sicher, ob er es versteht, wenn ich es sage.

"Naja...", Unsicherheit begleitet meine Stimme. "Weißt du...manchmal...wird mir einfach alles...zuviel...Es muss nicht immer einen Grund haben, manchmal ist der Schmerz in meinem Inneren einfach da...aber oft sind es Dinge...die geschehen... Dinge, die gesagt werden...oder Gedanken, bei denen sich mein Herz zusammenkrampft..."

Ich schweige kurz und sehe ihn an. Sein Blick ist ein bisschen verwirrt und fordert mich dazu auf weiter zu sprechen, damit er mich versteht. Ich atme kurz durch.

"Wenn ich dann die Klinge nehme...ist es Erleichterung für mich...ich kann den seelischen Schmerz ein wenig...eindämmen...betäuben...durch den Körperlichen... aber manchmal...bin ich auch nur wütend...wütend auf mich selbst...weil ich...Dinge nicht ändern oder verhindern kann...weil ich nach außen zwar unnahbar erscheinen kann, aber innerlich schwächer als ein Kleinkind bin...und weil ich mir das antue..."

Wieder zucke ich mit den Schultern. Mein Blick schweift zu meinem Arm, den Die noch immer festhält und immer wieder, unablässig über die kleinen Unebenheiten fährt, die durch die Narben entstanden sind. Ich setze erneut an.

"Aber..."

"Mein Bruder ist gestorben weil er sich die Pulsadern aufgeschnitten hat.", unterbricht mich Die's Stimme.

"Meinst du es ging ihm genauso wie dir, Kyo?"

Ich kann ihn nur mit einer Mischung aus Entsetzen und Besorgnis ansehen. Jetzt ist mir auch klar, warum er sich so seltsam verhalten hat. Ich schüttle schwach den Kopf.

"Ich weiß es nicht...aber...eins kann ich dir mit Sicherheit sagen: Ich habe nicht vor mich umzubringen. Auch wenn ich früher manchmal kurz davor war. Ich hatte wohl nicht den Mut...und jetzt...habe ich ja etwas, wofür ich leben kann, wofür es sich lohnt."

"Und was?" Ich beginne zu Lächeln. Ein ehrliches Lächeln, das ich wohl erst gelernt habe, seit ich hier bin.

"Ich habe die Band...und ich habe euch vier. Und das reicht mir."

Er nickt.

"Stimmt...Sag mal...kann ich dich trotzdem um etwas bitten?"

"Was denn?"

Er schaut zu Boden, so als traute er sich nicht, mich bei dem was er sagt anzusehen.

"Könntest...du...wenigstens versuchen...damit aufzuhören? Mit dem Ritzen meine ich..."

Ich überlege einen Moment. Dann schüttele ich langsam den Kopf.

"Ich glaube nicht, dass das so einfach geht...Manchmal hab ich einfach keine andere Wahl...so fühlt es sich zumindest an...Ich werde mir nichts antun...das verspreche ich dir...und das muss dir leider reichen..."

Kurz herrscht Stille.

"Nagut...dann werde ich dir da vertrauen..."

Er wirft einen letzten Blick auf meinen Arm und lässt dann von ihm ab.

Dann erhebt er sich und streckt mir seine Hand entgegen.

"Lass uns gehen, Kyo...langsam wird es mir hier wirklich zu ungemütlich..."

Ich lasse mich von ihm auf die Beine ziehen und vergrabe mich dann tief in meinem Pullover. Als wir wieder vor der Ruine stehen werfen wir beide einen Blick zurück. Ich denke keiner von uns wird dieses Gespräch vergessen. Ich sehe zu Die und er erwidert mein Lächeln, während er sich vollkommen unnütz die Haare aus dem Gesicht streicht, die schon einen Augenblick später wieder wie eine rotes Banner im Wind wehen. Erst jetzt fällt mir auf, dass es noch stürmischer ist als zu dem Zeitpunkt zu dem ich herkam. Ein Blick in den Himmel macht mir klar, dass wir uns beeilen sollten, wenn wir nicht riskieren wollen in ein übles Gewitter zu kommen. Die scheint dasselbe zu denken, denn beinahe zeitgleich machen wir uns zügig auf den Heimweg.
 

~~~

Jetzt, ca.1 Stunde später sitze ich in meinem Zimmer. Habe frische Klamotten an und ein Handtuch um die Schultern mit dem ich mir gerade die Haare trocken frottiert habe. Es war natürlich klar gewesen, dass wir es nicht mehr bis zum Internat geschafft hatten, sondern, wie zwei begossene Pudel, triefend nass bis auf die Knochen dort ankamen. Kao, Shin und Toshi fanden das natürlich urkomisch, aber wir wollten einfach nur noch trockene Klamotten haben.

Ich weiß im Moment nicht so genau was ich denken soll. Einerseits ist es wirklich heftig, was Die mir da über sich erzählt hat und ich frage mich wirklich, wie er es schafft das alles so...zu verschließen. Als ich ihn kennen lernte dachte ich er sei ein totaler Spaßvogel und mehr als nur ein bisschen durchgeknallt. Aber heute habe ich zum ersten Mal den Menschen gesehen, der wirklich hinter Die's Fassade steckt. Aber ein bisschen glücklich macht mich das auch. Glücklich, weil er mir irgendwie zu vertrauen scheint, sonst hätte er mir so etwas nicht anvertraut.

Ich lasse das Handtuch zu Boden fallen und blicke auf das Bett gegenüber. Dort hat Die sich zusammengerollt und die Augen geschlossen. Er schläft nicht, das weiß ich. Er liegt einfach da und tut nichts, das kenne ich gut. Also lasse ich ihn in Ruhe und lege mich selbst ein bisschen hin um die letzten Minuten Ruhe zu genießen bevor die Anderen wiederkommen, die gerade etwas Warmes zu trinken organisieren wollen. Wo auch immer.

Das bringt mich allerdings auf einen anderen Gedanken. Ich runzle die Stirn und starre nach oben auf die Unterseite des Bettes über mir. Wo ist eigentlich Kisaki? Den habe ich vorhin nicht gesehen. Aber das ist oft so, dass er irgendwie manchmal einfach nicht da ist. Vielleicht sollte ich Kao mal fragen...aber ein anderes Mal. Denn jetzt rennen Totchi und Kao beinahe die Tür ein bei dem Versuch gleichzeitig ins Zimmer zu kommen. Breit strahlend stellen sie eine Kanne heiße Schokolade, sowie 5 Tassen auf den kleinen Tisch in unserem Zimmer. Shinya sieht ihnen wie immer mit einem stillen, amüsierten Lächeln zu und setzt sich schließlich neben mich aufs Bett, als ich mich aufrichte. Auch Die hat sich aufgerappelt und sieht wieder etwas glücklicher aus als vorhin.

Ich stehe auf und versuche unbeschadet an den beiden rangelnden Jungen vorbeizukommen, die sich gerade darüber streiten, wer denn jetzt die Schokolade eingießen darf. Als ich es schließlich geschafft habe beuge ich mich zu Die's Ohr hinunter.

"Siehst du. Du bist nicht allein. Sie uns doch einfach als eine Art Familie an...wenn auch eine sehr durchgeknallte..." füge ich grinsend mit einem Fingerzeig auf die beiden Streithähne hinzu.

Er sieht mich an und grinst ebenfalls.

"Und was bist du? das Haustier?" Er wuschelt mir lachend durch die Haare und steht dann auf um sich selbst Schokolade zu holen, während ich mich wieder Shinya setze, der die ganze Szene beobachtet hat. Er nickt mir zu.

"Schön, dass es Die wieder besser geht..."

"Hai...", stimme ich ihm zu.

Ich will noch etwas sagen, aber ein breit grinsender Toshiya taucht vor mir auf und drückt erst mir und dann Shinya eine dampfende Tasse in die Hand. Die Wärme die davon ausgeht scheint durch meinen ganzen Körper zu strömen. Ich gebe zu, dass ich mich in diesem Moment wohler fühle, als jemals sonst in meinem Leben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2006-03-05T05:21:24+00:00 05.03.2006 06:21
so nun kommt ein mini- kommi, ala JJ..
echt gut geschrieben... schreib schnell weiter... ^^
*verzeihend wegen dieser wortkargheit verbeug* xD~
Von: abgemeldet
2006-02-11T23:54:38+00:00 12.02.2006 00:54
hallo,
also, es ist "wirklich schön" geschreiben. XD
Du gehst ziemlich stark auf Kyo und seine Gefühle ein, ohne das es wie in anderen Fanfics etwas mit Schlägen, Vergewaötigung oder sinstigem zu tun hat. Ich finde es gut, dass auch mal erwähnt wird, dass man auch einfach so ein nachdenklicher, melancholischer Mensch sein kann.
Gefällt mir sehr gut und ich würde mich freuen, wenn du schnell weiterschreiben würdest.
Baibai
Von:  Replica
2006-02-10T14:03:33+00:00 10.02.2006 15:03
Fein. (:
Danke für den Eintrag wegen dem neuen Kapitel im Gästebuch!

Und wieder schön geschrieben. Zwar ist es mir irgendwie seltsam kurz vorgekommen, aber macht ja nichts - solange noch Fortsetzung folgt. ^__^
Von:  Fresel
2006-02-10T10:13:25+00:00 10.02.2006 11:13
Total schön geschrieben!!*___*
Ich will unbedingt wissen wie´s weiter geht hai?!
Schreib schnell weiter *-*

MfG Kiyo
Von: abgemeldet
2006-02-10T09:46:26+00:00 10.02.2006 10:46
Du schreibst wirklich sehr schön.
Und so wie du es in deiner FF beschreibst fühl ich mich auch manchmal.
Ich bin sehr gespannt wies weitergeht^^


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