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Ralph Reichts, mir aber nicht: Eine kurze Review zu Disneys neuestem Film Disney, Videospiele, Wreck-It Ralph

Autor:  Maniak
Filme basierend auf Videospielen sind bis heute eine sehr knifflige Angelegenheit. Warum? Weil es kaum einen guten gibt. Das Problem damit ein Videospiel in einen Film umzuadaptieren ist einfach, dass viele Spiele zu wenig oder zu viel Plot haben, um ihn in zwei Stunden Film abzuhandeln. Nicht zu vergessen, das fehlende Element der Kontrolle. Videospiele spielt man wie der Name sagt. Man sieht nicht nur wie ein Charakter durch eine bunte Welt läuft oder Zombies erledigt, man ist aktiv dabei. Selbst wenn es in einigen Spielen nur auf Button Kommandos hinaus läuft.
Natürlich gibt es noch zahlreiche andere Gründe, warum Filme zu Videospielen oft schlecht sind (zwei davon sind Uwe Boll und Paul W. „Ich habe meine Frau zu einer Mary Sue der Filmindustrie erhoben“ Anderson), aber ich bin nicht hier um diese abzuhandeln in einem Rant. Nein, heute bin ich hier um auf den ersten für meinen Geschmack wirklich guten (und nicht nur trashigen, wie der Street Fighter Film von 1994) Film mit einem Konzept für Videospielfiguren einzugehen. Und man glaubt es kaum, aber er stammt von Disney.


Sein Name: Ralph Reichts.


Angesiedelt in einer Welt wo Videospielfiguren „reale“ Lebewesen mit einem eigenen Bewusstsein in einer digitalen Welt in der unseren sind, handelt der Film von Randale Ralph, dem Schurken des Arcade Games „Fix i Felix Jr.“ Obwohl es zu seinen Aufgaben gehört im Spiel regelmäßig ein Gebäude zu beschädigen, damit der Held des Spieles, der titelgebende Felix Jr., es reparieren kann, ist Ralph eigentlich ein einfach gestrickter und sehr liebenswürdiger Kerl, der mit anderen Spielfiguren gut zurecht kommt. Leider aber nicht mit den Figuren seines eigenen Spieles. Außer dem freundlichen aber auch recht naiven Felix, stehen die anderen Figuren des Spiels Ralph sehr abwertend gegenüber, da er ja nur der „Bösewicht“ ist und nehmen seine Rolle als Antagonist als selbstverständlich an, obwohl er im Grunde auch nur Part des Games ist und einen Job erledigt, für den er auch mal ein Dankeschön hören will. Nachdem Ralph nicht einmal zur Feier fürs 30. Jährige Jubiläum des Spiels in der Spielhalle welche sie bewohnen eingeladen wird, reicht es ihm endgültig. Um zu beweisen dass er mehr ist als ein Dinge kaputt schlagender Bösewicht, verlässt er sein Spiel, um im Ego Shooter „Hero`s Duty“ eine Medaille zu gewinnen. Etwas, was eigentlich nur den „Helden“ eines Spieles versprochen ist. Doch sein kurzer Game Jumping Trip verschlägt ihn durch eine Verkettung von Umständen schließlich in das Rennspiel Sugar Rush, wo er einem kleinen Mädchen und Videospielglitch namens Vanellope helfen muss ein wichtiges Rennen zu gewinnen, während Felix und Sergeant Calhoun, Kommandantin aus Hero`s Duty, sich auf die Suche nach ihm und einem aus Hero`s Duty entflohenen Cybug machen müssen, um Ralphs Spiel und die gesamte Arcade zu retten.

„Ralph Reichts“ ist Disneys 53. abendfüllender Animationsfilm und ein Tribut an Videospiele und Spieler verschiedener Generationen, der gleichzeitig eine recht witzige, teils cartoonesque aber auch sehr herzerwärmende Geschichte erzählt und beweist, dass Disney auch ohne direkten Einfluss von Pixar sehr gute Computeranimationsfilme machen kann. Und bevor mich nun Fans von „Rapunzel – Frisch verföhnt“ anspringen, das soll kein Angriff gegen den computeranimierten Disneyweihnachtsfilm von 2010 sein. Es ist nur so, dass Disney wenn es darum geht eher cartoonesque Filme (im Gegensatz zu eher märchenorientierten Filmen) zu produzieren immer wieder hit und miss war. War „Ein Königreich für ein Lama“ ein hervorragender Film, so waren Filme wie „Die Kühe sind los“ enttäuschend. Und ihre computeranimierten Filme in dieser Kategorie waren für meinen Geschmack grausig. „Meet the Robinsons“ und „Chicken Little“ sind bis heute zwei herbe Enttäuschungen für mich und es war nicht bevor sie „Bolt“ in 2008 raus brachten, dass ich Disneystudios wieder mit Computeranimierten Filmen mehr vertraute. „Rapunzel“ bewies mir dann, dass sie Märchen (sehr lose) auch in Computeranimation hervorragend umsetzen können und „Ralph Reichts“ ist denke ich der endgültige Beweis dafür, dass sie mit den richtigen Leuten hinter einem Projekt auch gute cartoonesque Filme in dem Stil machen können. Die Animation ist hervorragend und die zahlreichen bekannten Videospielfiguren die in diesem Spiel einen Gastauftritt neben den eigentlichen Protagonisten und Antagonisten haben (wie zum Beispiel Sonic the Hedgehog, Bowser und Dr. Eggman) sehen aus wie frisch aus ihren Games entsprungen.

Ja, „Ralph Reichts“ arbeitet nicht nur mit eigenen, sondern auch mit diversen Videospielfiguren von Nintendo und anderen bekannten Firmen. Disney hat sich tatsächlich mit den Firmen an einen Tisch gesetzt und Verträge ausgeknobbelt, die es ihnen erlaubten diverse bekannten, aber auch über die Jahre unbekannt gewordene Videospielfiguren (besonders solche, die in Arcade Games auftraten) für den Film zu benutzen. Videospielenthusiasten und Fans von Hallenspielklassikern wie „Tappers“ oder „Q*bert“ werden in diesem Film ihre helle Freude daran haben, den einen und anderen Charakter inzwischen vergangener Tage im Hintergrund rumwusseln zu sehen, wodurch die Welt von „Ralph Reichts“ eine gewisse Familiarität für uns als Zuschauer gewinnt.
Jedoch muss ich auch sagen, dass ausgerechnet hier auch eine gewisse Schwäche des Filmes liegt. Seht ihr, bevor der Film rauskam wurde schon in diversen Kreisen mit der Tatsache, dass Figuren wie M.Bison auch in dem Film vorkommen werden reagiert mit Aussagen wie „Oh mein Gott, das Ding wird wie „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“, nur mit Videospielcharakteren. SQUEEE!“

Dem ist aber nicht wirklich so.

Jeder der „Roger Rabbit“ kennt wird nachdem er diesen Film sah leider sagen müssen, dass Roger Rabbit die Cameos besser handhabte als dieser Film. Seht ihr, in Roger Rabbit haben die Cameos von Toons wie Micky und Donald auch eine gewisse narrative Bedeutung oder sind Teil eines Gags, der jedoch den Fluss der Handlung nicht stört, sondern der uns dargebotenen Welt eine gewisse Tiefe zusätzlich gibt. In „Ralph Reichts“ sind die verwendeten Videospielfiguren am prominentesten in den ersten paar Minuten vertreten und danach reduzieren sich ihre Auftritte auf Sight Gags, die man aber auch mit ungeschulten Auge im Hintergrund erkennen kann. Man muss jedoch sagen, dass dies dem Film keinen Abbruch tut. Tatsächlich finde ich es ganz gut, dass sie im Nachhinein beschlossen sich lieber auf eine gute Geschichte mit liebenswerten eigenen Figuren zu konzentrieren, anstatt die Cameos von anderen Figuren bis zum Erbrechen zu melken. Auf diese Art wird der „Videospielhumor“ des Films nicht nur auf Cameos reduziert, die möglicherweise den narrativen Fluss negativ beeinflussen könnten, sondern kann sich vor allem auf die Natur von Videospielen selbst, also dem Konzept hinter ihnen konzentrieren. Zu sehen wie sich 8-Bit Pixelfiguren abgehackter bewegen als High Graphic Figuren regt schon zum Schmunzeln an und erweckt in Spielern der älteren Generation eine gewisse Nostalgie an die Zeit, als man noch dachte, es ginge nicht besser als mit 16-Bit. Hinzu kommen noch selbst ausgedachte Spielewelten wie Sugar Rush und Hero`s Duty, die stark an Super Mario Cart und jeden Mass Effect und Doom Klon der Weltgeschichte erinnern. Solche Details sind es, die meiner Ansicht nach den Film zu einem hervorragenden Tribut an Videospiele selbst machen.

Doch genug von der Videospielnatur, wie sieht es mit den Charakteren selber aus?
Ich darf mit Stolz sagen, hervorragend. „Ralph Reichts“ hat einige sehr liebenswürdige Figuren, deren Geschichte das eigentliche Herz des Films darstellen. Ralph ist ein unterhaltsamer Charakter, der eigentlich nur etwas Respekt in seinem Leben will und die typische Undergrounddog Story durchgeht wo er realisiert was wirklich wichtig ist, dem ganzen jedoch noch ein gewisses persönliches Etwas gibt, wodurch er als Charakter nicht zu klischeehaft ist. Vanellope mag als plucky Girl anfangs den Eindruck erwecken nur ein nerviges comic relief zu sein, doch relativ schnell zeigt sich eine eigenständige Persönlichkeit darunter, die sie zu einem unterhaltsamen, gutherzigen, aber auch rotzfrechen Gör macht, das mit Ralph eine tiefe Freundschaft aufbaut. Wirklich positiv ist jedoch, dass der Film ein Klischee vermeidet, dass man normalerweise in Filmen wo der „Böse“ die Hauptfigur ist, häufig auftaucht: Der „Held“ ist kein Schurke. Felix Jr. Wird nicht einfach als ein nach Aufmerksamkeit geifernder „Held“ dargestellt der zum wahren Antagonisten aufsteigt je weiter der Film voranschreitet, sondern als ein gutherziger, aber leider auch recht naiver Held, der Ralph wirklich als Freund ansieht und anfangs nicht begreifen kann, warum er sein Spiel verlassen würde, obwohl es für uns als Zuschauer offensichtlich ist. Schön ist auch, dass Felix in diesem Zusammenhang sich über den Verlauf des Films entwickelt, ohne jedoch eine radikale Veränderung seiner Persönlichkeit und Weltansichten zu durchlaufen und seinen eigenen Beitrag als unterstützender Held im Film leistet. Wobei die Leistung dieses an Super Mario angelehnten, recht toonhaften Arcade Helden auch einen witzigen Kontrast zu Sergeant Calhouns Verhalten als badass Kommandant eines modernen Egoshooters darstellt, die mit geladener Laserkanone Cybugs abschießt wie der reguläre Videospieler die Moorhühner in 1999, ohne jedoch in das Klischee eines schießwütigen Dark Age Antihelden zu fallen.

Last but not least wäre da schließlich noch der eigentliche Antagonist des Films, über den ich nicht wirklich was sagen will, da schon die geringste Information an Spoiler rankommt. Sagen wir einfach, dass er mich gegen Ende stark an Judge Doom aus Roger Rabbit erinnerte, was den Schurken schon interessant machte. Die finale Konfrontation zwischen ihm und Ralph ist etwas, das glatt aus einem guten Kingdom Hearts Bossbattle sein könnte.

Neben den guten Figuren, wartet der Film aber auch generell mit sehr viel positiven auf bezogen auf das Drebuch. Rich Moore, Regisseur des Films der unter anderem auch an einigen Episoden der frühesten Simpsons Staffeln und Futurama arbeitete, beweist zusammen mit anderen unter der Führung von John Lasetter, dass Disney gute Filme für jedes Alter machen kann, ohne in das sappy Romantik Territorium einiger ihrer größten Filme aus der Disney Renaissance abzudriften. Der Film ist mit sehr guten Humor für jung und alt beladen, hat Szenen die einem die Tränen in die Augen bringen können, einen Schurken der so farbenreich wie irre ist und arbeitet gerade so sehr mit gewissen Klischees, dass man vielleicht meinen könnte zu wissen wohin es geht, nur um stellenweise dann in eine andere Richtung zu gehen, die wieder unsere Aufmerksamkeit erweckt. Selbst nach dem simplen und dennoch herzerwärmenden Ende schafft es der Film die Aufmerksamkeit mit einem recht witzigen und kreativen Abspann aufrechtzuerhalten. Und sind wir ehrlich, wann hat ein Abspann jemals jemanden unterhalten, außer Marvel fügte eine Minute Stinger Material für einen anderen Film hinzu?


Kurz gesagt: „Ralph Reichts“, obwohl keine direkte Adaption eines Videospiels in einen Film, schafft es sämtliche seiner Vorgänger als Videospielfilme zu übertrumpfen, indem es nicht einfach versucht einen Gameplot in einen Film umzuwandeln, sondern eine simple und doch witzig umgesetzte, mit liebenswerten und kreativen Charakteren gefüllte Geschichte erzählt, die gleichzeitig mit zahlreichen Anspielungen auf Videospielmechaniken, die Welt ausfüllenden Charakteren im Hintergrund und einem Mangel an Zynismus eine Danksagung an ein Unterhaltungsmedium darstellt, das spätestens seit den 80ern ein fester Bestandteil unserer Kultur ist.
„Ralph Reichts“ ist seit dem 6. Dezember 2012 in allen deutschen Kinos zu sehen. Wenn ihr Disneyfans oder einfach nur Fans von Videospielen seid, schaut es euch an. Ihr werdet nicht enttäuscht sein.


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