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Drachenjagd

Die Himmelsgöttin
von

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Devon

"Hier muss es sein." Sie standen vor dem Einfamilienhaus - das einzige Backsteinhaus mit einem umgekippten Pflanzenkübel. Alle anderen hatten bereits alles nach innen geschafft, ein Gewitter kündigte sich an, der Sturm war bereits bis ins Stadtinnere vorgedrungen.  
 

Die Spur hatte sie einmal durch ganz Kandio gescheucht. Nachdem die beiden Drachen das Pralinengeschäft verlassen hatten, waren sie unbemerkt durch die Seitenstraßen weitergegangen, um weitere Informationen zu sammeln. Der Zustand der Himmelsgöttin war mehr als beunruhigend, sie stand kurz vor ihrer Erweckung, die Zeit drängte. Kaum auszumachen, was passierte, wenn der Großmeister Wind von ihr bekäme…

"Was sind Eure nächsten Schritte, Hoheit?", Trias schaute durch eines der Fenster, Gardinen und Vorhänge nahmen die Sicht, aber Devon wusste auch so, dass sie noch nicht nach Hause zurückgekehrt war. Vielleicht könnten sie das zu ihrem Vorteil nutzen.

"Die Himmelsgöttin muss so schnell wie möglich aus der Stadt geschafft werden", antwortete er.

"Und wie sollen wir das anstellen, Hoheit? Ich glaube kaum, dass man sie uns freiwillig überlassen wird. Sie steht unter der Obhut einer Hyrakonda, wenn sie sich als Feind herausstellen sollte-"

"Dann werden wir entsprechende Maßnahmen treffen", entgegnete Devon ruhig,  "aber vorerst sollten wir versuchen, in Ruhe mit ihnen zu sprechen. Alles Weitere wird sich zeigen."

Trias verstand, auch wenn sein Gesicht einige Sorgenfalten zierte. Ihr Anblick hatte dem Volan ebenfalls die Sprache verschlagen. Die Ähnlichkeit zu König Juras war erschreckend, es bestand kein Zweifel, dass sie die rechtmäßige Erbin war. Ihr hellblondes, fast weißes Haar fiel wie Seide bis zu ihren Hüften hinab, die bleiche Haut zeigte bereits erste Spuren der Erweckung und die blauen Augen - bei dem Großen Drachen, was für Augen! - erinnerten an die blauen Lagunen des Südens. Das einzige, worin sich die Himmelsgöttin von ihren Artgenossen abhob, war ihre doch recht zierliche Erscheinung. Sie war kleiner als die üblichen Himmelsdrachen, ihr Körper geradezu zerbrechlich. Die menschliche Seite hatte Spuren hinterlassen, und soweit Devon die Situation einschätzen konnte, war ihr Aussehen nicht das einzige Unterscheidungsmerkmal.

"Euer Optimismus in allen Ehren, Hoheit", Trias seufzte. Er war mindestens so angespannt wie Devon. Nur aus dem Grund sah der Himmelsdrache über den Sarkasmus seines Leibwächters hinweg. Trias war ein Wächter und Beschützer des alten Reiches, die Sicherheit der Himmelsgöttin war ihm genauso wichtig wie seinem König treu ergeben zu sein.

Trias starrte noch weiterhin auf die Tür, bis er ungläubig zu seinem König sah.

"Soll ich die Tür eintreten, Hoheit!?"

"Ich hörte, dass die Menschen es bevorzugen, anzuklopfen." Also klopfte Devon an.

"Und dann?" Trias Augen weiteten sich, die Ahnungslosigkeit seines Leibwächters war schon fast zum Schmunzeln, wenn die Lage nur nicht so ernst gewesen wäre.

Licht schien durch das runde Fenster über der Tür.

"Was soll ich ihnen denn sagen, Hoheit?"

"Natürlich die Wahrheit."

"Ich kann doch nicht-." Schwungvoll ging auch schon die Tür auf.

"Na endlich…Huch", das Grinsen erlosch. Der Mann, der zwischen den Lippen einen Pinsel stecken hatte, sah die beiden Neuankömmlinge fragend an.

"Und Sie sind?", fragte der Mann, wobei er die Tür ein Stück weiter ran schob, dass kein Zentimeter Platz zwischen sich und dem Holz war. Eine Augenbraue schnellte in die Höhe, scheinbar kannten sich die Leute in Kandio untereinander und Fremde waren genauso gern gesehen wie Erdbeben und Gewitterstürme.

"Verzeihen Sie vielmals die Störung", sagte Trias, der seine Sprache wiedergefunden hatte, "es mag etwas eigenartig erscheinen, aber wir kommen in einer dringenden Angelegenheit zu Ihnen."

"Aha", erwiderte der Hausherr und spannte die Muskeln an, "und was für eine Angelegenheit soll das sein?"

"Das Mädchen, das bei Ihnen wohnt - der Drachenmensch-"

"Was wollen Sie?" Die Stimmung kippte. Die Augen des Mannes wurden zu gefährlichen Schlitzen. Wäre er kein Mensch und Devon kein Drache, er hätte ihm sicherlich Respekt eingeflößt. Wenn Devon raten müsste, waren die beiden nicht seine ersten unerwünschten Gäste.

Beschwichtigend hob Trias die Arme. "Wir wollen nur-"

"Verschwinden Sie!", er war im Begriff, die Tür zuzuschlagen. Devons Stiefel quetschte sich dazwischen. Seine Augen trafen die seines Gegenübers. "Wir sind keine Paladine", sprach er ruhig, "wir wollen ihr nichts tun."

Die Gesichtszüge entspannten, der Mann atmete schwer aus. "Und was wollen zwei »Nicht-Paladine« hier in Kandio?" Er deutete auf seinen Nebenmann. Trias stand einfach nur da. Seine Haltung täuschte, er wäre jeden Moment bereit, einzugreifen, sollte der Mensch so dumm sein und Devon angreifen wollen.

"Wir sollten diese Unterhaltung lieber nach drinnen verlegen", murmelte der Volan und zeigte in den Hausflur.

Der Mann seufzte. Die Tür ging auf und mit einer ausladenden Handbewegung ließ er die beiden Drachen eintreten.

"Und ihr Name ist Izara", grummelte der Mann, während er voran schritt. Seinen Pinsel hatte er sich inzwischen hinters Ohr geklemmt. Farbe kleckerte auf das helle Parkett.

"Ein schöner Name", sagte Devon.

"Ihre Mutter hat ihn ausgesucht." Mit einem Kopfnicken zeigte er ins Wohnzimmer. Das Haus war überschaubar. Ein kleiner Flur, der in die Küche und Stube führte, dann noch eine Wendeltreppe, um ins Obergeschoss zu gelangen. Im Wohnzimmer standen mehrere Kartons mit Malutensilien, sowie eine Staffelei, auf der ein halbfertiges Portrait lehnte. Sonst gab es nur einen kleinen Tisch und zwei Sofas, der Mann deutete auf eines der beiden und die Drachen ließen sich nieder; der Mann nahm ihnen gegenüber Platz.

"Also", er stützte die Ellenbogen an seinen Knien ab und legte das Kinn auf die Fäuste. Skeptisch musterte er die beiden Drachen. "Was wollen Sie? Oder besser gesagt, was wollen Sie von meiner Tochter? Ihr seid keine Drachen aus Kandio", er deutete auf die fehlenden Halsbänder. Trias wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als jemand aus dem Obergeschoss rief: "Ist das Izara, Liebling?" Der Mann antwortete nicht, sein Gesicht nahm wieder härtere Züge an. Wenn es um seine beiden Frauen ging, verstand er keine Scherze - Devon war fasziniert von seiner Entschlossenheit. Ihm schien es egal zu sein, dass er derjenige war, der gegenüber den Kreaturen in seinem Haus im Nachteil war.

"Levis?" Es knackte und die Hyrakonda kam die Treppe herunter. "Was hat das zu bedeuten?" Sie erkannte die beiden Gäste wieder - kein freudiges Wiedersehen, wenn man ihre funkelnden Augen betrachtete. Ihre Lippen waren zwei dünne Linien, sie pirschte sich heran, ohne die beiden Drachen aus den Augen zu lassen und stellte sich demonstrativ hinter ihren Mann. Eine Hand legte sie auf seine Schulter. "Ich kenne sie. Die beiden Herren waren in meinem Geschäft."

"Was?!", der Mann, den sie Levis nannte, wollte aufspringen, aber ihre Hand drückte ihn zurück aufs Sofa.

"Ihr wagt es, meiner Tochter und Ehefrau nachzustellen?!"

"Seine…Frau?!", drangen Trias Gedanken zu Devon durch.

"Das ist -"

"Ganz ruhig, Levis", sagte sie, wobei ihre Stimme alles andere als ruhig klang. "Ich regel' das."

"Nein, Kaia", er umfasste ihr Handgelenk, "das sind Drachen. Wenn sie sich unerlaubt in Kandio befinden, ist das ein Fall für die Stadtwache. Du musst nicht-"

"Drachen?!", rief sie überrascht aus. Auch sie schien eher mit einem Paladin gerechnet zu haben. Devon war etwas enttäuscht. Der Hyrakonda hatte er eine feinere Spürnase zugetraut.

"Richtig", mischte sich nun Trias in die Unterhaltung ein, "ich rate Ihnen daher, sich mit Drohungen zurückzuhalten, Madame. Sie müssten selbst wissen, dass jemand wie Sie nichts gegen uns ausrichten kann."

Sie riss die Augen auf. Ihre Nägel bohrten sich in die Schulter ihres Mannes. "Woher wissen Sie, wer ich bin?", sie klang eher verärgert als beunruhigt.

"Ich weiß es", antwortete Devon, der das Ganze bisher als stiller Begleiter mitverfolgt hatte.

"Woher-?" Er konnte ihren Unglauben verstehen. Hyrakonden konnten sich sehr gut tarnen. Das Leben zwischen den Menschen hatte ihren Duft mit den Gerüchen ihrer Umwelt vermischen lassen.

Statt einer Antwort, demonstrierte es Devon ihr. Er atmete ein, ließ die Kräfte durch seine Augen sprechen. Sein stechender, alles einnehmender Blick zog die Hyrakonda in seinen Bann.

"Unmöglich", presste sie atemlos hervor. Sie stützte sich auch mit der anderen Hand an ihrem Gatten ab, bevor sie auf die Knie ging.

"Was hast du?", stieß Levis hervor und drehte sich zu seiner Frau, doch sie schüttelte bloß mit dem Kopf. "Er", stotterte sie, "E-er ist der König."

"Das kann nicht sein! Der Drachenkönig ist tot."

"Es gibt keinen Zweifel, Levis", langsam kam sie wieder auf die Beine, "er ist ein Himmelsdrache."

"Ich habe König Juras Platz eingenommen", erklärte Devon, wobei es ihn Kraft kostete, weiter zu sprechen. Allmählich kam er mit seinen Sprachkenntnissen an seine Grenzen. Er versuchte es dennoch. "Ihr Mündel - Izara. Wissen Sie, was sie ist?"

"I-ich…", Levis senkte den Kopf, "jeder in der Stadt weiß, was sie ist."

"Trias, übernimm' du."

"Jawohl, Hoheit."

"Aber kennen Sie auch die ganze Wahrheit?", Trias schaute erst auf den Menschen, dann auf die Hyrakonda.

"Sie ist eine Himmelsgöttin", fuhr er fort, "der letzte weibliche Himmelsdrache, um es genau zu nehmen."

"Ein Himmelsdrache?", Kaia lief um das Sofa und ließ sich erschöpft neben ihrem Gatten nieder.

"Es besteht kein Zweifel. Wir wissen auch, dass sie kurz vor ihrer Erweckung steht. Ich hoffe, Sie beide verstehen, worauf ich hinaus will?"

"Izara soll ein Himmelsdrache sein?", wiederholte Levis perplex.

"Sie ist König Juras Tochter, ja."

"Wollen Sie damit etwa sagen", eine bittere Erkenntnis traf Levis, "dass Ihr König Izaras Mutter vergewaltigt hat?!"



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