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The Petboy Contract

von

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Angst und Freude

Die Wartezeit zog sich quälend langsam hin und Simon begann nervös auf seinen Fingernägeln zu kauen. Oh Gott, dachte er sich und hatte das Gefühl, jeden Moment an die Decke zu gehen. Ihre leibliche Mutter würde sie bald zurückrufen. Nicht wissend, was ihr bevorstehen würde. Was, wenn sie ihnen gar nicht glaubte und es nur für einen makabren Scherz hielt? Was, wenn ihr Mann Verdacht glaubte, sie hätte Geheimnisse vor ihm und sie hätten dann mit ihrer Aktion eine Ehe ruiniert? Cyphers gut gemeinter Ratschlag, das alles wesentlich entspannter zu sehen, war leider zwecklos, denn Simon war vollkommen durch mit den Nerven und stand unter Strom. Der entscheidende Schritt war getan und es gab kein Zurück mehr. Ganz gleich ob es die richtige Entscheidung war oder nicht, sie hatten den Stein ins Rollen gebracht und nun hieß es, zu warten und zu hoffen dass alles gut wurde und es keine negativen Konsequenzen nach sich zog. Cyhper, der alles wesentlich lockerer sah, ließ leise Musik laufen, um die Stimmung etwas zu lockern. „Du brauchst dir nicht so einen Stress zu machen”, versuchte sein älterer Bruder ihn zu beruhigen. „Es läuft doch alles gut. Rose wird uns nachher zurückrufen und dann erklären wir ihr alles ganz in Ruhe. Es wird alles ganz undramatisch ablaufen und wenn wir Glück haben, dann will sie Kontakt mit uns. Und wenn nicht, dann ist das auch kein allzu großer Verlust und unser Leben geht weiter. Kein Grund also, hier Panik zu schieben.”

„Ich weiß auch nicht, warum ich so nervös bin”, murmelte Simon und versuchte, sich mit ein bisschen Orangentee zu beruhigen, aber auch das half nicht sonderlich. „Natürlich hast du Recht und wir haben beide nichts zu verlieren. Aber aus irgendeinem Grund bin ich total aufgeregt und finde keine Ruhe.”

„Hm… klingt ganz danach als willst du unbedingt Kontakt mit unserer Mutter, weil du eine richtige Familie willst. Liege ich da richtig?”

Unsicher zuckte Simon mit den Schultern, aber im Grunde genommen lag Cypher gar nicht mal so verkehrt. Obwohl er eigentlich nur herausfinden wollte, wer seine Erzeuger waren und warum sie ihn nicht großgezogen hatten, so hatte er sich natürlich auch erhofft gehabt, dass er in Kontakt mit ihnen bleiben und vielleicht sogar eine Art Familienbeziehung zu ihnen aufbauen konnte. Bei Henderson war es anders gewesen. Als er erfahren hatte, was dieser alles verbrochen hatte und dass dieser bis zu seinem Lebensende im Gefängnis sitzen würde, war ihm sofort klar gewesen, dass er zu diesem Menschen keinen Kontakt haben wollte. Einen solchen Menschen brauchte auch niemand in seinem Leben. Aber bei Rose war es etwas anderes. Sie hatte sie beide gar nicht abgeben wollen und war gewillt gewesen, sie großzuziehen, trotz der Tatsache, dass sie noch so jung gewesen und dieser Henderson ein widerlicher Päderast war und ihr schlimme Dinge angetan hatte. Also bestand doch eine leise Hoffnung, dass sie mit ihnen Kontakt haben wollte, oder? Zumindest erhoffte sich Simon dies.

Aber dann musste er wieder an die Tatsache denken, dass Rose inzwischen geheiratet hatte. Was wenn sie inzwischen auch Kinder mit ihrem Mann hatte und in einer glücklichen Familie war? Konnte es dann vielleicht sein, dass sie keinen Kontakt wollte, weil sie glücklich mit ihrem jetzigen Leben war? Oder noch schlimmer: was, wenn sie sich nicht einmal mehr daran erinnern konnte, dass sie noch zwei andere Kinder hatte? All diese Fragen schwirrten in seinem Kopf herum und diese Ungewissheit war unerträglich. Er wollte so sehr den Kontakt zu seiner Mutter aufnehmen und hatte dennoch solche Angst davor, zurückgewiesen zu werden. Cypher als großen Bruder zu haben war schön und es machte ihn wirklich glücklich, dass sie sich gefunden hatten. Aber Kontakt mit den eigenen Eltern zu haben, die man nie kennen gelernt hatte, das war etwas ganz anderes. Und insgeheim wünschte er sich einfach, dass ihm auch das Glück vergönnt war, Kontakt mit seiner Mutter zu haben.

Schließlich erhob sich Cypher und meinte „Ich geh mal kurz nach Ezra schauen um sicherzugehen, dass auch alles in Ordnung bei ihm ist”, woraufhin er das Wohnzimmer verließ. Somit war Simon alleine mit seinen Gedanken und die Musik, die über die Stereoanlage lief, half auch nicht wirklich dabei, ihn auf andere Gedanken zu bringen. Unruhig stand er auf und durchschritt das weitläufige Wohnzimmer. Er betrachtete die schweren und in sorgfältiger Arbeit gemeißelten Figuren, die Hunter angefertigt hatte, sowie die realistisch wirkenden und äußerst makaber wirkenden Kunstorgane in den Gläsern, die Cyphers Werk waren. Beide waren hart arbeitende Künstler und man konnte sehen, dass viel Talent und Können dahintersteckte. Und was war mit ihm? Er hatte sich jahrelang Geld auf dem Straßenstrich verdient und hatte nichts erreicht, worauf er wirklich stolz sein konnte. Also was sollte er denn über sich großartig erzählen, wenn Rose ihn fragen sollte, was er denn so machte? Ihr sagen, dass er sich momentan von einem Millionär durchfüttern ließ, konnte er wohl schlecht. Und wenn er ihr sagte, dass er aufgrund seiner Augenanomalie nie eine Ausbildungsstelle oder einen Job bekommen hatte, würde ihr wahrscheinlich nur ein schlechtes Gewissen bereiten. Aber vielleicht machte er sich auch wirklich nur viel zu viele Gedanken und er sollte das alles ganz entspannt sehen, so wie Cypher. Vielleicht waren seine ganzen Sorgen ja völlig unbegründet und es würde alles hervorragend laufen. Und außerdem würde Cypher das schon alles irgendwie hinkriegen. Er war ohnehin besser darin, mit solchen Situationen umzugehen. Da sollte er besser ihm das Reden überlassen.

Doch seine Gedanken wurden jäh unterbrochen als plötzlich das Telefon zu klingeln begann. Erschrocken zuckte Simon zusammen und sah sich hastig um. Doch Cypher war nirgends in Sicht. „Cypher, das Telefon klingelt!”

Aber es kam niemand und wahrscheinlich hörte sein Bruder ihn nicht einmal. Simon versuchte mit Mühe, die Nummer auf dem Display zu entziffern um festzustellen, ob er sie vielleicht kannte. Und ein eisiger Schreck durchfuhr ihn als er erkannte, dass es die Nummer war, die Rose Witherfield gehörte. Ach herrje, was sollte er denn jetzt tun? Durch die ganze Fabrik rennen und nach Cypher suchen? Sollte er warten, bis es zu klingeln aufhörte oder sollte er selbst rangehen? Aber wenn er es klingeln ließ, dann würde sie vielleicht nicht mehr anrufen und denken, irgendjemand erlaubte sich einen Scherz mit ihr und er hätte die einzige Chance verpasst- Aber wenn er ranging, würde er wahrscheinlich vor lauter Aufregung nur unverständliches Gebrabbel hervorbringen. Der 21-jährige schluckte schwer und entschied sich letztendlich für die dritte Option. Jetzt war einfach die perfekte Gelegenheit dafür, mit ihr zu sprechen, ohne dass irgendetwas dazwischen kam. Und er schaffte das! Er musste sich einfach nur zusammenreißen und Cyphers Ratschlag befolgen, dann sollte doch alles gut gehen. Noch einmal holte er tief Luft, um sich zu beruhigen, dann wählte er den grünen Hörer und meldete sich. „Hallo?”

Simon schlug sich die Hand vor die Stirn. Was war das denn bitteschön? Er meldete sich nicht mal mit Namen und stammelte nur ein stumpfsinniges Hallo? Oh Mann, jetzt musste er diese missglückte Begrüßung irgendwie wieder auf die richtige Spur bringen, doch dazu kam er nicht mehr, denn da kam ihm sein Gesprächspartner zuvor.

„Schönen guten Tag”, grüßte eine Frauenstimme und augenblicklich rutschte ihm das Herz in die Hose und ihm war, als würde ihm alles Blut aus dem Kopf weichen. „Rose Witherfield hier. Spreche ich mit Mr. Cypher Grant?”

Verdammt, warum muss sie ausgerechnet jetzt anrufen, schoss es Simon durch den Kopf. Es ist ja noch nicht einmal eine Stunde vergangen! Für einen Moment befürchtete er, gleich wieder nur hilfloses Gestammel von sich zu geben, wenn ihm nicht gleich etwas Gescheites einfiel. Sollte er ihr sagen, sie solle später noch einmal anrufen? Dabei war dies doch die perfekte Gelegenheit, mit ihr zu sprechen. „Tut mir leid, aber mein Bruder ist gerade leider nicht da.”

„Oh, ach so”, kam es zur Antwort und klang sehr verwirrt und Simon fragte sich, wie er es jetzt am besten angehen sollte. Natürlich hatte Rose erwartet, mit Cypher zu sprechen und nun hatte sie jemand vollkommen anderes am Apparat und sie hatte nicht einmal eine Ahnung, was man überhaupt von ihr wollte. „Und mit wem spreche ich jetzt?”

„S-Simon Cavanaugh. Ich… also… ich bin der jüngere Bruder von Cypher.”

„Ah verstehe”, meinte sie, war aber immer noch sehr zögerlich und irritiert. Ihr alles zu erklären, ohne direkt mit der Tür ins Haus zu fallen, war nicht so einfach, wie es sich von Cypher angehört hatte. Ach verdammt, er musste sich irgendwie zusammenreißen. „Könnten Sie mir vielleicht sagen, was Mr. Grant mit mir besprechen wollte?” fragte Rose und klang ein wenig ungeduldig. „Ehrlich gesagt sagt mir der Name nichts und ich weiß wirklich nicht, was jemand aus New York von mir will. Ich lebe in Ohio auf dem Land! Sind Sie vielleicht eine Werbeagentur oder machen Sie bloß irgendwelche telefonischen Umfragen? Wenn Sie irgendetwas verkaufen wollen, dann muss ich leider ablehnen. Wir haben alles, was wir benötigen und wir sind auch nicht an Gewinnspielen interessiert.”

Scheiße, was soll ich jetzt sagen? Ich muss dieses Missverständnis aufklären. Aber wie soll ich das denn tun, ohne gleich mit der Tür ins Haus zu fallen?, fragte sich Simon und spürte, wie seine Hände langsam schwitzig wurden. Rose wurde langsam aber sicher ungeduldig und klang auch, als wäre sie ein wenig ungehalten. Irgendwie musste er die Situation retten und es ihr erklären. Stellte sich nur die Frage, wie er es am besten angehen sollte. Hier fiel ihm aber wieder ein, was er mit Cypher besprochen hatte. Ja genau! Sein Bruder hatte ihm doch Schritt für Schritt erklärt, wie er das Gespräch am besten beginnen sollte. „Nein, wir sind keine Werbefirma. Also… die Sache ist ein wenig schwierig zu erklären.”

„Okay…” kam es verwirrt und auch ein wenig skeptisch zurück. Er musste jetzt ganz langsam erklären, worum es ging, ansonsten würde Rose noch den falschen Eindruck von ihnen bekommen. Also versuchte er sich so gut wie möglich an Cyphers Leitfaden zu halten. „Sagen Sie, können Sie sich vielleicht noch an Ihre Zeit in New York erinnern?”

Eine kurze Zeit lang herrschte Stille und zögerlich antwortete Rose „Ich habe vor einigen Jahren in New York gearbeitet”, gefolgt von einer sehr misstrauischen Frage: „Wieso interessiert Sie das?”

„Sie… Sie haben damals in New York gelebt und auch Kinder gehabt, richtig?” Simon hatte das Gefühl, als würde sich ein dicker Kloß in seinem Hals bilden. Er konnte sich nicht den Grund dafür erklären, aber es schien, als würde plötzlich ein Schalter bei ihm umgelegt werden und er gleich zu weinen beginnen. „Es waren zwei Jungen. Einen davon haben Sie damals vor den Türen eines Klosters ausgesetzt, weil Sie damals in einer Notlage waren. Und dann hatten Sie noch ein Kind aber das haben Sie verloren… und… ich… wir...”

Simon versagte die Stimme und er konnte kaum noch atmen. Seine Kehle schnürte sich zusammen und er wurde von einer Mischung aus Schmerz und Furcht überwältigt. Er wollte es so gerne sagen. Alles, was er einfach nur sagen wollte war „Wir sind deine Söhne, Rose!” aber die Angst vor der Reaktion hielt ihn zurück. Er verfiel in ein hilfloses Schweigen und auch am anderen Ende der Leitung trat nun Stille ein. Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit und Simon konnte nicht einmal sagen, wiese Stille nun bedeutete. Er hörte erst Geräusche im Hintergrund, doch Rose selbst schwieg. Erst eine gefühlte halbe Minute später murmelte sie „Oh Gott…” und ihre Stimme klang zutiefst erschüttert und bewegt. Simon glaubte sogar, sie kurz aufschluchzen zu hören. Sie weiß es, realisierte er langsam. Sie weiß, wer da am Telefon mit ihr spricht. „Es tut mir wirklich leid, dass ich Sie damit belästige. Aber… Cypher und ich… wir sind Ihre Söhne.”

Ein schweres Atmen war am Ende der Leitung zu hören. Nun war sich Simon sicher, dass sie tatsächlich weinte und ihn überkam die Sorge, dass sie weinte, weil sie wieder an das schreckliche Martyrium denken musste, das sie mit Sicherheit hatte durchleiden müssen. Und für einen Moment überlegte er sogar, ob es nicht besser wäre, das Gespräch sofort zu beenden und sie ein für alle Male in Ruhe zu lassen. Mit Sicherheit hatte sie schon genug durchgemacht und brauchte nicht noch mehr Kummer. „Tut mir leid, dass ich Sie damit belästige. ich wollte Ihnen keine Probleme bereiten. Vielleicht ist es besser, wenn…”

„Nein, es ist schon in Ordnung”, rief Rose sofort, da sie wohl ahnte, dass er drauf und dran war, aufzulegen. „Es ist nur… ich kann einfach nicht glauben, dass das wirklich passiert. Nach all den Jahren hätte ich mir nie zu träumen gewagt, dass ich jemals… meine Kinder...” Sie schaffte es nicht, den Satz zu beenden und begann zu schluchzen.
 

Simon spürte, wie sich seine Brust zusammenschnürte und ihm die Tränen kamen. Er hatte alles erwartet gehabt. Dass Rose sich nicht daran erinnern könnte, dass sie zwei Kinder hatte oder dass sie sich ablehnend verhalten würde, weil sie jetzt eine richtige Familie hatte, mit der sie glücklich war. Aber dass sie so bewegt darüber war, einen Anruf von ihnen zu bekommen, damit hätte er im Leben nicht gerechnet. Und es erfüllte ihn mit solch einem unbeschreiblichen Gefühl des Glücks, dass seine leibliche Mutter zu Tränen gerührt über seinen Anruf war. „Damit ich es richtig verstanden habe…”, fuhr Rose fort, nachdem sie sich halbwegs gefasst hatte. „Cypher Grant und du… ihr seid beide meine Söhne?”

Sie schien kaum glauben zu können, dass sie auch noch von ihrem zweiten Sohn kontaktiert werden würde. Wahrscheinlich dachte sie ebenso wie Henderson, dass er damals gestorben war.

„Ja”, bestätigte Simon und musste sich selbst die Tränen aus den Augenwinkeln wischen. „Cypher ist mein älterer Bruder und wurde damals vor einem Kloster ausgesetzt. Ich selbst bin damals von zwei Passanten in einem Müllcontainer gefunden worden und danach bin ich im Waisenhaus aufgewachsen. Mein Bruder und ich haben uns erst vor ein paar Wochen gefunden und wussten auch lange Zeit nichts voneinander.”

„Ein Müllcontainer?” fragte Rose fassungslos. „Oh mein Gott. Wie ist das passiert und wer hat das getan?”

Anscheinend wusste sie von nichts. Offenbar hatte sie entweder gedacht, er wäre bei dem Mordanschlag gestorben oder er wäre von jemandem mitgenommen worden, während sie schwer verletzt auf der Straße gelegen hatte. Also versuchte Simon es ihr zu erklären. „Alan Henderson, also mein biologischer Vater, hat mich damals mitgenommen und in den Müllcontainer geworfen um zu verhindern, dass die Polizei ihn wegen der Geschichte mit der Agentur drankriegt. Cypher und ich haben ihn im Gefängnis besucht und erfahren, was er getan hat. Wir wissen, dass du uns nicht abgeben wolltest und er dich und die anderen Mädchen unter Druck gesetzt hat. Es… es tut mir leid, dass wir wieder diese alten Wunden aufreißen müssen.”

„Dafür musst du dich doch nicht entschuldigen!” erwiderte Rose und ihre Stimme war immer noch sehr emotional. „Ich habe viele Fehler in meinem Leben gemacht, aber ihr tragt keine Schuld daran. Nein, ich muss mich entschuldigen. Wäre ich damals nicht so naiv und unvorsichtig gewesen, dann hätte ich wenigstens für euch da sein können. Aber ich bin so froh, dass ich nach all den Jahren endlich ein Lebenszeichen bekomme. Seit dem Unfall damals habe ich mich immer wieder gefragt, was aus dir geworden ist und wo du bist. Aber niemand wusste etwas und ich dachte, du wärst tot.”

Stille trat ein und Simon konnte immer noch nicht fassen, dass dies hier wirklich passierte. Es fühlte sich so an, als befände er sich in einem Traum, aus dem er jederzeit wieder aufwachen konnte. Aber das passierte jetzt gerade wirklich und er redete mit seiner leiblichen Mutter, die mit ihm Kontakt haben wollte. Schließlich fragte Rose „Wie habt ihr mich überhaupt gefunden und woher habt ihr meine Handynummer?”

„Als Cypher und ich uns gefunden und einen DNA-Test durchgeführt hatten, hat Leron, also mein Freund, einen Privatdetektiv angeheuert. Und der hat wohl Kontakt zum FBI und konnte herausfinden, dass Alan Henderson unser leiblicher Vater war. Von dir wussten wir aber zuerst nichts bis ein Freund von uns Azarias Wyatt angerufen hat. Und der hat mir heute Morgen deinen Namen und deine Nummer gegeben.”

„Azarias?” fragte Rose und wusste offenbar zuerst gar nichts mit dem Namen anzufangen. Also erklärte Simon ihr „Er kommt ebenfalls aus Annatown und sagte, er sei das Oberhaupt des Wyatt-Clans uns könnte uns helfen. Also ist er nach New York gekommen.”

Ein überraschtes und auch etwas ungläubiges kurzes Lachen war zu hören. „Die Wyatts sind auch immer für eine Überraschung gut. Jesse, der Freund meiner Nichte, sagte mir zwar bei einem Besuch, dass einer seiner Verwandten irgendetwas ausheckt und ich wohl eine ziemliche Überraschung erleben dürfte, aber dass er tatsächlich so etwas im Sinn hatte, damit hätte ich im Leben nicht gerechnet.”

„Wir waren auch sehr überrascht, als er plötzlich bei mir im Haus stand. Es hat ein ziemliches Durcheinander gegeben, aber letzten Endes war es das alle Male wert gewesen. Und ehrlich gesagt bin ich froh darüber, dass ich doch noch mit dir gesprochen habe. Ehrlich gesagt, hatte ich ziemlich Schiss gehabt.”

„Das kann ich gut verstehen”, gestand Rose. „Ehrlich gesagt erging es mir auch nicht anders. Nach dem Unfall war nichts mehr für mich, wie es einmal war und mein Leben war ein riesiger Scherbenhaufen. Zu dem Zeitpunkt war ich nicht in der Lage, für euch zu sorgen und als ich dann endlich mein Leben wieder im Griff hatte, waren die Jahre auch schon ins Land gezogen. Und da ist mir klar geworden, dass ich die wichtigsten Jahre eures Lebens bereits verpasst hatte. Ich hatte versucht euch zu finden, aber ich konnte mich nicht mehr erinnern, wo ich meinen ersten Sohn abgegeben hatte und niemand wusste etwas über deinen Verbleib. Von Alan habe ich nichts erfahren und niemand wusste etwas über deinen Verbleib. Und je mehr Zeit verstrichen war, desto mehr Angst bekam ich davor, euch eines Tages zu sehen. Und auch die Ungewissheit wurde unerträglicher.”

„Wieso? Etwa weil wir so werden könnten wie Henderson?”

„Nein!” rief Rose sofort und versuchte es verständlich zu erklären. „Ich hatte Angst gehabt, dass ihr glaubt, ich hätte euch verlassen, weil ich euch nicht gewollt habe. Ehrlich gesagt kann ich es euch nicht verdenken. Ihr beide seid inzwischen erwachsen und ich war nie bei euch. All die Jahre habe ich mit diesen Ungewissheiten gelebt. Meine Bemühungen, euch zu finden, waren ohne Ergebnis geblieben und immer mehr Zeit verstrich. Ich konnte euch nicht einmal aufwachsen sehen und die wenigen Spuren, die ich damals hatte, waren schon lange kalt und führten ins Nichts. Es tut mir so unendlich leid, dass ich nicht für euch da war. Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen, aber das kann ich nicht. Alles, was ich tun kann ist, jetzt für euch da zu sein. Das heißt… wenn ihr es auch wirklich wollt.”

All die Jahre hat sie wirklich versucht uns zu finden, dachte Simon und konnte es kaum glauben. Es fühlte sich wie ein Traum an und als würden all die Jahre der Einsamkeit und Trostlosigkeit nur eine verblassende Erinnerung und als könnte er noch mal ein ganz neues Leben anfangen. „Cypher und ich wollen dich auf jeden Fall kennen lernen! Natürlich ist es schade, dass wir uns nicht schon früher gefunden haben, aber es ist doch immer noch besser, als hätten wir uns nie gefunden.“

Dem konnte Rose nur zustimmen. Es schien zunächst, als wollte sie etwas sagen, doch da waren plötzlich Stimmen im Hintergrund zu hören, woraufhin Rose rief „Jetzt nicht, Daniel. Ich telefoniere noch gerade!“

Doch die Stimme, die dem Klang nach einem Jugendlichen gehörte, redete weiter und es klang danach, als wäre es etwas Ernstes. Schließlich meinte Rose „Warte noch einen Augenblick, okay? Ich komme sofort!“

Und daraufhin kehrte sie zu ihrem eigentlichen Gesprächspartner zurück. „Tut mir wirklich leid, aber ich habe hier gerade einen Notfall. Wäre es in Ordnung, wenn ich morgen Nachmittag so gegen 15 Uhr zurückrufe? Ich weiß nicht, ob ich heute so schnell wieder zum Telefonieren komme.”

„Äh… ja klar!” rief Simon. „Also diese Nummer hier ist die Telefonnummer von Cypher. Aber ich kann dir auch noch mal meine Handynummer geben.”

„Das wäre super. Dann rufe ich morgen Nachmittag an. Wir sollten aber auch ein persönliches Treffen ausmachen. Ich möchte euch gerne persönlich kennen lernen und meine Familie mit Sicherheit auch. Ihr könntet nach Annatown kommen und unsere Farm besuchen. Ihr könntet dann den Rest eurer Familie kennen lernen. Ich denke mal, dass sich da auf jeden Fall eine Lösung finden lässt. Was denkst du?”

Simon war begeistert von dem Vorschlag und nahm das Angebot dankend an. Er gab Rose noch seine Handynummer und verabschiedete sich. Damit war das Telefonat vorbei.
 

Simon atmete tief aus, als er den Hörer beiseitelegte und lehnte sich zurück. Mit einem Mal fiel die ganze Anspannung und Nervosität von ihm ab und er fühlte sich einfach nur erleichtert und befreit. „So entspannt wie du aussiehst, könnte man den Eindruck haben, du hättest den besten Sex deines Lebens gehabt”, kam es scherzhaft von Cypher und Simon zuckte bei seinen Worten erschrocken zusammen, denn er hatte gar nicht bemerkt, dass sein Bruder wieder zurückgekommen war. Zu seiner Überraschung saß sein Bruder genau neben ihm und lächelte fröhlich. Wieso war er denn plötzlich wieder hier und seit wann? „Das hast du super hingekriegt. Ich wusste doch, dass du es schaffst.”

„Cypher! Seit wann bist du wieder hier?” fragte Simon überrascht und fuhr beinahe auf, weil alles so plötzlich kam. „Ich habe dich rufen hören und bin wieder zurückgekommen. Aber da warst du schon am Telefonieren gewesen und da wollte ich dich nicht unterbrechen. Und? Wie war es denn so?”

Simon berichtete, was er mit Rose besprochen hatte und wie sie verblieben waren. Zuerst hatte er ein schlechtes Gewissen, weil er Cypher gar nicht bemerkt hatte und dieser keine Chance bekommen hatte, selber mit Rose zu reden. Aber er war nicht nachtragend und sah es ganz gelassen. Immerhin würden sie ja morgen noch mal die Gelegenheit bekommen, ganz in Ruhe mit ihr zu sprechen. Schließlich aber geriet der Künstler kurz ins Nachdenken und meinte „Jetzt verstehe ich auch, was Azarias damit meinte, dass du sowieso nach Annatown wolltest. Offenbar hatte er geahnt gehabt, dass Rose uns anbieten würde, in ihre Heimatstadt zu kommen. Na das trifft sich doch wunderbar. So bekommen wir auch einen kleinen Tapetenwechsel und können unsere Verwandtschaft kennen lernen. Ist doch auch eine coole Sache!”

Das auf jeden Fall. Und nach dem positiven Gespräch mit Rose war Simon umso motivierter, so schnell wie möglich nach Annatown zu reisen und seine Mutter persönlich kennen zu lernen. Blieb nur zu hoffen, dass Leron es irgendwie arrangieren konnte, mit ihm zu kommen. Jetzt, da sein Vater ihm den Konzern überschrieben hatte, hatte er mit Sicherheit einiges um die Ohren. Dabei begann er sich zu wundern, wer wohl sein Besuch war und ob es vielleicht wieder mit seinem Vater zu tun hatte. Na hoffentlich ging alles gut.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Drachenprinz
2018-04-24T10:47:30+00:00 24.04.2018 12:47
Hab gerade schon deinen Post bei Skype gesehen, darauf antworte ich dann nachher auch noch. ^^ Aber jetzt wollte ich hier erst mal wieder weiterlesen!

Übrigens wusste ich gar nicht, dass das mit dem Waffeleisen ein tatsächlich existierender Foodtrend ist. Aber warum nicht, ne? Wenn's schmeckt! XD
Und keine Sorge, ich finde überhaupt nicht, dass du übertreibst, nur weil du manchmal Elemente aus deinen anderen Geschichten irgendwo einbaust oder hier solche Theorien offen lässt. Im Gegenteil, ich persönlich finde, dass du es damit noch interessanter machst. Und ich find das ja eh cool, dass bei dir alles so miteinander verflochten ist. ^^

Jetzt aber zum nächsten Kapitel, bei dem ich stehengeblieben war:
Haha, fängt ja gut an. Sie hören 'Poison'? :D Die Vorstellung gerade, wie Cypher total dazu abgeht... Das erinnert mich an meine Schwester. X'D Hervorragend. Aber ich versteh auch Simon voll, ich werd ja auch immer ganz sentimental, wenn ich irgendeinen Song höre, der mich an meine Kindheit erinnert und den ich ewig nicht mehr gehört hab. Hach.

Meine Güte, Simons und Cyphers Vater ist ja wirklich das letzte Arschloch. Ich mein, ich hab mir das natürlich schon vorher gedacht! Aber es hätte ja auch sein können, dass er seine Taten bereut oder vor seinen Söhnen einen auf freundlich macht oder so... Offenbar nicht. Ich find's aber gut, wie du ihn beschrieben hast, da hat man ein ziemlich genaues Bild vor Augen. ^^

Jetzt ruft Simon also bei seiner Mutter an. Bin echt gespannt, wie sie so ist und wie sie wohl reagieren wird, falls sie überhaupt rangeht. Dass Simon Angst vor ihrer Reaktion hat, kann ich aber absolut nachvollziehen. Bei seinem Vater war es echt was anderes – da hat er ja schon von vornherein erwartet, dass der scheiße sein wird, und sich keine sonderlichen Hoffnungen darauf gemacht, zu ihm ein gutes Verhältnis aufzubauen. Bei der Mutter hofft er unterbewusst vielleicht mehr darauf, von ihr liebevoll empfangen zu werden, und das vielleicht schon seit Jahren, auch wenn er bis vor Kurzem keine Ahnung hatte, wie sie überhaupt heißt und wo sie wohnt. Da wäre so eine Ablehnung bestimmt viel niederschmetternder, kann ich mir vorstellen. :/ Ich wär in der Situation mit Sicherheit auch mega-aufgeregt. Ich hab ja eh schon so meine Probleme damit, mit Leuten zu telefonieren, selbst wenn es nur ein Anruf beim Arzt ist oder so. xD Zu wissen, dass da deine eigene Mutter am anderen Ende ist, die du noch nie gesehen hast und über die du fast nichts weißt, ist ja nochmal 'ne ganz andere Nummer.

Puh, das ist ja ganz schön spannend. Eigentlich wollte ich gerade nur das eine Kapitel lesen, aber jetzt will ich unbedingt wissen, wie es weitergeht. Mich interessiert auch, warum Ezra jetzt eigentlich zu Cypher und Hunter gekommen ist, also les ich mal direkt im Anschluss noch das nächste Kapitel. ^^


Aha, also hab ich doch richtig gelegen, dass Simon sich ein familiäres Verhältnis zu seiner Mutter erhofft und deshalb so nervös ist! Na, hoffentlich reagiert seine und Cyphers Mutter dann wirklich positiv auf ihren Anruf. Aber ich denke eigentlich schon. Mal sehen.

Oh wow... Du schaffst es echt immer wieder, mich total emotional werden zu lassen! xD Das Gespräch zwischen Simon und seiner Mom hat mich irgendwie echt berührt. Wirkte für mich auch alles sehr realitätsnah, wie sie beide reagiert haben und was Rose da am Telefon so erzählt hat. Ich finde es aber echt schön, dass auch sie versucht hat, Kontakt mit ihren Söhnen aufzunehmen, auch wenn es leider jahrelang nicht geklappt hat. Dafür haben sie sich ja jetzt endlich wieder! Und wenn Simon und Cypher sie jetzt auch mal persönlich treffen und den Rest der Familie kennenlernen, bin ich umso mehr gespannt!
Ach, und Cypher saß also doch schon seit einer Weile wieder im gleichen Raum und hat alles mitbekommen? Da war Simon wohl so sehr in das Telefongespräch vertieft, dass er das gar nicht gemerkt hat. ^^

Sehr schönes Kapitel jedenfalls! Die Titel der nächsten Kapitel machen mich irgendwie auch noch neugieriger, wenn ich mir die so angucke. Freu mich schon, wieder weiterzulesen! :)
Von:  Arya-Gendry
2018-04-10T19:34:38+00:00 10.04.2018 21:34
Hi^^
Ein Glück möchte Rose trotzt allen die Beiden kennenlernen. Ich denke ja egal was passiert Mutter bleibt eben Mutter. Auch wenn die Beiden nicht geplant waren. Ich freue mich für die Beiden das sie ihre Mutter nun auch mal.sehen können und auch denn Rest der Familie eben das was Simone sich immer gewünscht hat. Und die Beiden haben es mehr als verdient.
LG.


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