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The Petboy Contract

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Heilloses Durcheinander

Die Zeit schien wie angehalten, als sich die vier einander erstaunt und erschrocken zugleich anstarrten. Sally, die die Einzige zu sein schien, die das Ganze herzlich wenig kümmerte, wirkte relativ desinteressiert und unbeeindruckt von dieser plötzlichen Begegnung. Doch derjenige, der wohl am meisten unter dem Schreck dieses Anblicks zu leiden hatte, der sich bot, war Cypher. Der Anblick seines bewusstlosen Bruders, den ein fremder Junge wegzuschleifen versucht hatte, ließ ihm fast das Herz stillstehen. Zwar konnte er immer noch nicht genau sehen, doch die Situation war für ihn eindeutig und er zögerte nicht, sofort einzugreifen und packte Azarias am Kragen. „Wer bist du und was hast du mit meinem Bruder gemacht?“

Er ließ ihn jedoch nicht ausreden und wandte sich sofort an Hunter, der etwas erstaunt die Augenbrauen hob, jedoch still geblieben war so wie er es meistens war, weil ihm Worte nicht lagen. „Hunter, halt diesen Kerl fest! Ich rufe auf der Stelle die Polizei.“

„Och nee, nicht die Bullen“, nörgelte Azarias und wandte sich an Sally. „Na da siehst du, wohin uns dein schwachsinniger Plan gebracht hat. Nicht nur, dass Lotta mir die Leviten lesen wird wenn sie hiervon spitzkriegt, jetzt kriegen wir auch noch Stress mit den Cops.“

Doch das Mädchen zeigte ihm nur mit einem finsteren Blick den Mittelfinger. Azarias versuchte, sich aus Cyphers Griff zu befreien, doch der Künstler, der einfach nur Angst um seinen Bruder hatte, hielt ihn fest. Doch eine falsche Bewegung ließ ihn plötzlich vor Schmerz aufstöhnen und zusammenkrümmen und das gab Azarias die perfekte Gelegenheit, ihn von sich zu stoßen und zurückzuweichen. Die ganze Situation war drauf und dran, komplett außer Kontrolle zu geraten und er begann langsam zu begreifen, dass er irgendetwas machen musste, um das Missverständnis aufzuklären. Und da Cypher nicht wirklich der beste Ansprechpartner dafür war, wandte er sich stattdessen an Hunter. „Hey Hunter, ich weiß das ist echt ein doofes Timing, aber könntest du deinen Freund mal zurückpfeifen? Nicht, dass er sich noch weiter wehtut mit der Verletzung.“

Stumm nickte der Bildhauer und legte einen Arm um Cypher um ihn zu beruhigen. Es war zwar schon viele Jahre her, aber diese Augen und diesen Ausdruck von kindlichem Wahnsinn darin hätte er unter tausenden wiedererkannt. Na wenigstens erkannte er ihn und er musste sich nicht extra vorstellen, um Hunters Erinnerungen aufzufrischen. Zumindest lief eine einzige Sache nicht komplett schief. „Alles ist gut, Cypher. Das ist Azarias.“

„Azarias?“

Cypher verstand zuerst nicht, begann dann aber langsam zu begreifen, wer dieser rätselhafte Junge war und beruhigte sich langsam wieder. Aber trotzdem wusste er nicht, wie er die ganze Situation einordnen sollte. Also ließ er sich erst einmal darauf ein, dass die Erklärung auf später verschoben wurde und sie sich zuallererst um Simon kümmerten. Hunter trug den Bewusstlosen ins Wohnzimmer und legte ihn auf die Couch. Im Anschluss kümmerte er sich um Anthony, der inzwischen wieder zu sich gekommen war, jedoch eine blutende Wunde am Kopf hatte und sich nicht sonderlich gut fühlte. Da zur Befürchtung stand, dass der rüstige Butler eventuell eine Gehirnerschütterung erlitten hatte, wurde ein Krankenwagen gerufen und Hunter blieb solange bei ihm. Cypher blieb währenddessen bei Simon, Azarias und Sally. Er war immer noch unsicher, wie er die ganze Situation einordnen sollte und verlangte eine vernünftige Erklärung. Ohne große Umschweife fragte er „Warum bist du hier und was hast du mit Simon gemacht?“

Azarias, der es sich im Sessel bequem gemacht hatte, kramte einen Lollipop aus seiner Hosentasche heraus und entfernte das Papier. „Ich wollte Simon nach Annatown holen, aber er wollte nicht. Er ist durchgedreht und panisch weggelaufen. Und da ich Lotta versprochen habe, dass ich keinen Ärger verursache, habe ich Sally gesagt, sie soll ihn aufhalten. Wenn er einfach so auf die Straße gerannt wäre, dann wäre diese blinde Knalltüte vors nächste Auto gelaufen und mit Knochenbrüchen im Krankenhaus gelandet. Aber keine Panik, dem fehlt nichts. Der ist einfach nur bewusstlos. Sally hat ihn nur ausgeknockt, das ist alles.“

„Du wolltest ihn entführen?“

Entnervt seufzte der 22-jährige mit den smaragdgrünen Augen und begann auf seinem Lollipop herumzukauen. „Warum geht man immer davon aus, dass man jemanden entführen will, nur weil man klinisch verrückt und in die Bude eingebrochen ist? Nur um das klarzustellen: ich habe nicht versucht, ihn zu kidnappen. Ich wollte ihn nach Annatown bringen, weil er es nicht mehr lange macht, wenn er hier bleibt. Außerdem wollte er doch sowieso dorthin.“

Stille trat ein und fassungslos starrte Cypher Azarias an. Zwar wusste er, dass es nicht sonderlich gut um Simons Gesundheit stand, aber dass es in Wahrheit so schlecht um ihn bestellt war, dass er sterben würde, hatte er nicht gedacht. Für einen Moment war ihm, als würde er den Boden unter den Füßen verlieren. „Simon wird sterben? Woher willst du das wissen?“

„Weil ich den siebten Sinn besitze“, erklärte Azarias in einer desinteressierten Art als wäre es das normalste auf der Welt. Er zeigte sich auch nicht sonderlich bewegt von Cyphers Fassungslosigkeit und wirkte erstaunlich gelassen trotz dieser düsteren Offenbarung bezüglich Simons Zustand. „Diese besondere Intuition ist eine Gabe, die in der Wyatt-Familie seit Generationen weitervererbt wird. Als Oberhaupt des Clans besitze ich das größte Talent und weiß deshalb mehr als mir gut tut. Und ich weiß, dass dein kleiner Bruder nicht mehr lange durchhalten wird, wenn er hier bleibt. Also dachte ich mir, ich tu ihm den Gefallen und bring ihn nach Annatown. Nur blöderweise hat er nicht so wirklich mitgespielt.“

„Vielleicht weil du in die Villa eingebrochen bist und Anthony niedergeschlagen hast? Da ist es doch kein Wunder, dass er Angst bekommt! Hat dir dein siebter Sinn das nicht gesagt?“

„Ich bin klinisch verrückt“, gab Azarias ein wenig eingeschnappt zurück. „Ich habe zwar eine Gabe, aber ich kann nicht immer zwischen Intuition und Verfolgungswahn unterscheiden, du Intelligenzbolzen. Und großartig Pläne schmieden ist nicht so mein Ding.“

Dem konnte er schlecht was entgegensetzen. Nun wanderte sein Blick zu dem rotäugigen Mädchen mit dem pechschwarzen Haar. Sie hatte bis jetzt noch nichts gesagt und wirkte sehr distanziert. Sie wirkte nicht feindselig, auch wenn sie Hunter zuvor einen sehr hässlichen Blick zugeworfen hatte. Aber er verstand nicht wirklich, was sie hier zu suchen hatte. „Und wer bist du, Kleine? Bist du eine Freundin von ihm?“

„Sally ist meine Komplizin“, erklärte Azarias. „Sie ist quasi meine helfende Hand, wenn sie sich nur nicht zu fein wäre, mir wirklich zu helfen!“

Auf diesen sehr vorwurfsvollen Unterton im letzten Teil des Satzes reagierte das Mädchen mit einem finsteren Blick und verschränkte die Arme, schwieg aber. Obwohl sie wie ein ganz normales Mädchen wirkte, konnte Cypher regelrecht spüren, dass etwas an ihr anders war. Es schien, als wäre sie von einer Art dunklem Schatten umgeben und als würde ihr Körper etwas Kaltes und Unnatürliches ausstrahlen… so als besäße sie keine eigene Körperwärme. Sie schien relativ misstrauisch und verschlossen zu sein und Cypher, der versuchen wollte, eine Bindung zu dem Mädchen aufzubauen, fragte sie „Sag mal Sally, wie alt bist du?“ Doch es erfolgte keine Antwort. Nur Azarias seufzte und erklärte „Lass es sein. Sally kann nicht reden.“

Hier hielt Cypher erstaunt inne. „Ist sie stumm?“

„Natürlich. Oder hast du schon mal einen Schatten reden hören?“

„Ja aber…“ Der Künstler wollte zuerst etwas auf diesen Nonsens erwidern, besann sich aber wieder darauf, dass er hier mit jemandem redete, der in einer Anstalt lebte und unzurechnungsfähig war und beließ es dabei. Ein Gefühl sagte ihm, dass es nicht sonderlich viel brachte, mit einem Verrückten zu diskutieren. Zwar sah er jetzt ein bisschen klarer, nachdem er endlich wusste, mit wem er hier redete und was Azarias‘ Beweggrund war, aber dennoch verwirrte ihn so einiges noch. Er verstand nicht, warum sich Azarias die Mühe gemacht hatte, extra aus einem Kaff in Ohio nach New York zu kommen, nur um Simon nach Annatown zu bringen. Wieso diese Umstände? Warum hatte er nicht einfach am Telefon alles erklärt? Oder konnte es sein, dass dies alles ganz einfach mit der Tatsache erklärt werden konnte, dass Azarias ganz einfach verrückt war und trotz seiner scheinbar besonderen Gabe manchmal nicht wusste, was er da tat? Wenn diese Wahnidee, in die Villa einzubrechen und Simon im Anschluss nach Annatown zubringen, aus seiner instabilen Psyche entsprungen war, konnte dies eine Erklärung auf sein unlogisches Verhalten sein. Das stellte Cypher wiederum vor die Frage, ob es wirklich so klug war, sich auf so einen Menschen zu verlassen. Hunter schien ihm blind zu vertrauen, doch ob das eine gute Entscheidung war, das war eine ganz andere Geschichte. „Und was genau soll jetzt deiner Meinung nach jetzt geschehen?“

„Wir warten, bis Leron wieder zurückkommt und unser Dornröschen aufwacht. Jetzt ist es eh zu spät, die Angelegenheit ohne Außenstehende zu lösen. Und Leron kommt eh bald. Da fällt mir ein, ich sollte Sally besser wieder wegschicken. Wenn noch mehr Cohans hier sind, gibt das noch Ärger.“

„Wieso?“ fragte Cypher stirnrunzelnd und schaute zu dem kleinen Mädchen, welches immer noch ein wenig mürrisch wirkte und die Arme verschränkt hatte. „Mag sie die Cohans nicht?“

Mit einem etwas skeptischen „Hm…“ kaute Azarias wieder auf seinem Lollipop herum und kratzte sich hinterm Ohr. „Sally hat so ihre Probleme mit dieser Familie. Zwar hört sie meistens auf die Clanoberhäupter, aber dummerweise ist sie selbst für einen Schatten sehr eigenwillig. Also Sally…“ Damit wandte er sich an das Mädchen zu, welche ihm einen mürrischen Blick zuwarf. „Danke für deine Hilfe und blablabla. Aber ich will nicht noch mehr Ärger mit Lotta kriegen, wenn es am Ende eine noch größere Sauerei gibt als in den Evil Dead Filmen.“

Das Mädchen schwieg und machte erst keine Anstalten zu gehen. Sie blieb einfach stehen und starrte Azarias mit ihren dunkelroten Augen an. Doch dann nickte sie und ging zur Tür. Dabei rief ihr Azarias noch hinterher „Ich mag zwar verrückt sein, aber wenigstens habe ich niemanden abgemurkst!“
 

So kalt… es war so kalt. Simon war, als würde flüssiges Eis durch seine Adern fließen und etwas schnürte ihm die Brust zu. Er konnte kaum atmen. Ihm war als wäre die Raumtemperatur mit einem Male in den Minusgradbereich gesunken selbst seine Lunge fühlte sich beim Atmen eiskalt an. Er hielt es nicht mehr aus und zwang sich mit aller Kraft dazu, aus dieser drückenden Ohnmacht zu erwachen. Als seine Augen sich öffneten, war die Welt um ihn herum immer noch völlig verschwommen und er konnte kaum etwas erkennen. Es dauerte, bis ihm wieder bewusst wurde, was passiert war und wie er ohnmächtig geworden war. „Ah, sieh mal an! Dornröschen ist aufgewacht!“

Diese Stimme… Panik überkam Simon, als er sie als jene Stimme wiedererkannte, die dem Einbrecher gehörte, der Anthony niedergeschlagen hatte. Er schrie auf und wollte aufspringen und weglaufen, doch zwei kräftige Hände hielten ihn fest und drückten ihn zurück aufs Sofa. „Simon, beruhige dich. Es ist alles in Ordnung.“

„Nein, lasst mich. Bitte lasst mich gehen. Ich muss hier raus!“

„Simon bleib ruhig. Es passiert dir nichts. Ich bin es!“

Ein dunkler Schatten hatte sich über ihn gebeugt und hielt ihn fest. In seiner Angst registrierte er erst gar nicht, dass es die Stimme von Cypher war. Er hatte einfach nur entsetzliche Angst davor, dass ihm irgendetwas Schlimmes passieren würde und er vollkommen hilflos ausgeliefert war. Tränen sammelten sich in seinen Augen und sein Körper zitterte heftig. „Bitte tut mir nichts“, flehte er und begann heftig zu schluchzen. „Ich tue alles was ihr wollt, aber bitte tut mir nicht weh.“

Nun ließen ihn die beiden Arme, die ihn eisern aufs Sofa gedrückt hatten, los und stattdessen strich ihm eine Hand sanft durchs Haar. „Es wird alles gut, Simon. Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin es doch: Cypher.“

„C-Cypher?“

Nun endlich erkannte Simon seine Stimme und beruhigte sich wieder ein wenig. Doch der Schock und die Angst wirkten immer noch nach und er konnte seinen vor Kälte und Angst zitternden Körper nicht unter Kontrolle bringen. „Meine Güte, du bist ja eiskalt“, bemerkte sein Bruder besorgt und legte eine Hand auf seine Wange. Sie fühlte sich glühend heiß an und dennoch wohltuend. Sein ganzer Körper fühlte sich kalt und steif an, als hätte er stundenlang in eisiger Kälte verbracht. Er setzte sich auf, was allerdings nur bewirkte, dass ihm kurz schwarz vor Augen wurde und ihm Übelkeit überkam. „Schon dich lieber ein wenig“, hörte er die Stimme des Einbrechers sagen. „Dein Kreislauf ist komplett im Arsch und wenn du jetzt versuchst, aufzustehen, kippst du sofort um.“

„M-mir ist so kalt…“, brachte Simon hervor und presste die Zähne zusammen. „Was ist hier los? Was wird hier gespielt?“

Cypher wickelte ihn in eine Decke, um ihm somit ein wenig Wärme zu spenden, doch Simon fühlte sich immer noch elend. Sein Kopf war völlig bleiern und auch sein Magen vertrug diesen Zustand nicht sonderlich gut. Cypher legte einen Arm um seine Schultern, um ihm wenigstens ein bisschen Schutz und Geborgenheit zu geben. „Tut mir leid, dass du so einen Schreck erlitten hast. Dieser Junge da ist Azarias Wyatt, Hunters alter Freund. Er wollte mit dir sprechen und anscheinend ist die ganze Situation vollkommen aus dem Ruder gelaufen. Aber du brauchst keine Angst zu haben. Er wird dir nichts tun und Hunter und ich sind auch da. Leron wird auch bald kommen.“

„Und was ist mit Anthony?“ platzte es aus dem 21-jährigen heraus, als er sich wieder daran erinnerte, dass der Butler regungslos auf dem Boden gelegen hatte. Zu hören, dass der rüstige Butler mit einer Kopfverletzung ins Krankenhaus gebracht worden war, sorgte nicht gerade dafür, dass er sich besser fühlte. Und mit einem Typ, der obendrein noch in dieses Haus eingebrochen war und jemanden niedergeschlagen hatte, fühlte er sich auch nicht wirklich sicher. „Ach Mensch, du siehst noch beschissener aus als beim letzten Mal wo wir uns gesehen haben.“

Hier wurde Simon hellhörig, als Azarias dies sagte. Letztes Mal? Wann hatten sie sich denn getroffen? Bevor er diese Frage stellen konnte, fuhr Azarias fort. „Aber zumindest hat unser kleines Gespräch am Meer zumindest ein bisschen geholfen, nicht wahr? Zumindest hast du dich mit deinem Schatzi aussprechen können, oder?“

Meer? Dann war Azarias also der komische Junge mit den rotbraunen Haaren und den grünen Augen, den er getroffen hatte? „Wieso hast du mir das nicht schon früher gesagt?“

„Weil ich in der Klapse außer der Kunsttherapie sonst keinen interessanten Zeitvertreib habe und mir langweilig war“, gab der 22-jährige mit den smaragdgrünen Augen nonchalant zurück und kicherte. „Und die Sache ist die, dass das ganze Leben stinklangweilig ist, wenn man eine Gabe hat, die einen so ziemlich alles erahnen lässt. Also versuch ich zumindest ein wenig Spaß zu haben.“

Also hatte dieser Verrückte einfach zum eigenen Vergnügen irgendwelche Spielchen mit ihm gespielt? Auf was zum Teufel hatten sie sich da bloß eingelassen?
 

Mit einem flauen Gefühl in der Magengegend war Leron zur Villa zurückgefahren und war tief in Gedanken versunken. Er verstand einfach nicht, was in seinen Vater gefahren war, dass dieser sich so sehr darauf versteifte, dass der Konzern nicht verkauft wurde. Was war bloß in ihn gefahren? Er verstand es einfach nicht. Zumindest hatte er den ganzen notariellen Kram endlich hinter sich gebracht und alles unter Dach und Fach gebracht. Es hatte aber auch lange genug gedauert, bis diese Diskussion mit seinem starrsinnigen Vater endlich zu einem klärenden Ergebnis gekommen war. Dennoch fühlte er sich einfach nur erschöpft und geschlagen. Er wollte nichts Sehnlicheres, als einfach nur einen ruhigen Abend mit Simon zu verbringen und den ganzen Stress vergessen. Doch daraus wurde nichts, denn kaum bog er die Straße ein, die zur Villa führte, fuhr auch schon ein Krankenwagen an ihm vorbei, der eindeutig aus der Richtung seiner Villa kam. Ein eisiger Schreck durchfuhr den Unternehmer und Angst überkam ihn, dass Simon vielleicht etwas zugestoßen war. Er rief dem Taxifahrer zu, er solle sich beeilen und kaum, dass der Wagen nahe genug der Einfahrt war, drückte Leron dem Fahrer kurzerhand 100$ in die Hand und stieg hastig aus dem Wagen und rannte den restlichen Weg. An der Tür sah er einen groß gewachsenen jungen Mann mit dunkelbraunem Haar stehen, den er sofort als Hunter wiedererkannte. Wieso war er denn hier? Hatte Simon ihn etwa hergerufen? „Hunter!“

Der Bildhauer schaute zu ihm herüber und kam ihn kurzerhand entgegen. Sein Gesicht wirkte wie immer düster und verschlossen und es war unmöglich zu sagen, was gerade in seinem Kopf vor sich ging. Ohne ihm auch nur die Chance einer Erklärung zu geben, fragte Leron sofort „Was ist passiert? Wieso war hier ein Krankenwagen? Ist Simon etwas passiert?“

Hunters Kopfschütteln ließ Leron kurz erleichtert ausatmen, doch trotzdem machte ihm der Krankenwagen Sorgen und so hakte er noch mal nach, bevor er endlich eine Antwort bekam. „Anthony hatte eine Kopfverletzung und deshalb haben wir den Krankenwagen gerufen. Simon ist im Wohnzimmer und…“

Doch Leron hörte sich den Rest der Erklärung gar nicht mehr an und ging an Hunter vorbei. Seine Sorge um den Jungen war einfach zu groß und solange er ihn nicht selber gesehen hatte, würde er keine Ruhe finden.

Als er das Wohnzimmer erreicht hatte, sah er Simon eingewickelt in eine Decke auf dem Sofa sitzen. Er war blass wie der Tod und wirkte, als wäre er einer Ohnmacht nahe. Neben ihm saß Cypher, dessen Augen hinter einer Sonnenbrille versteckt waren. Er hatte schützend einen Arm um seinen jüngeren Bruder gelegt und redete mit jemandem. Doch das interessierte Leron in diesem Moment herzlich wenig. Jetzt zählte nur noch Simon für ihn und alles andere konnte warten. Kaum, dass sich ihre Blicke trafen, wurden Simons Augen groß und etwas Leben kehrte in ihn zurück. Er sprang vom Sofa auf und wollte zu ihm eilen, doch da versagten ihm die Beine und er brach zusammen. Noch im letzten Moment konnte Leron ihn auffassen und erschrak beinahe, denn Simon fühlte sich kalt wie eine Leiche an. „Simon, was ist mit dir? Was ist passiert?“

„Ich hab dir doch gesagt, bleib besser sitzen. Wenn du dich noch schneller umbringen willst, dann mach ruhig weiter so.“

Leron fuhr herum als er diese fremde Stimme hörte und sah einen Jungen ungefähr in Simons Alter in seinem Lieblingssessel sitzen. Seine smaragdgrünen Augen hatten einen Ausdruck von kindlichem Wahnsinn und sein rotbraunes Haar war ähnlich unfrisiert und zottelig wie Simons. Der Kleidung nach zu urteilen schien er nicht gerade aus einer gut situierten Familie zu stammen und eher aus ärmlicheren Verhältnissen zu stammen. „Und wer bist du?“

Mit einem amüsierten Grinsen hob der Junge zum Gruß die Hand. „Ich bin Azarias Wyatt. Nett, dich auch mal persönlich kennenzulernen, Leron. Deinem Alten hast du es ja echt gezeigt. Herzlichen Glückwunsch. Jetzt hast du es ihm endlich heimzahlen können.“

Der Unternehmer runzelte ungläubig die Stirn und verstand rein gar nichts. Azarias Wyatt? Der Name sagte ihm überhaupt nichts und er verstand auch nicht einmal, wovon dieser Junge da überhaupt redete. Und woher nahm er sich die Frechheit, ihn so vertraut anzureden? Mit einem argwöhnischen Blick musterte Leron ihn kurz, dann half er Simon hoch und brachte ihn wieder zurück zum Sofa. Seine Stimmung hatte sich in kurzer Zeit erheblich verschlechtert und er wenn sich die Situation nicht bald aufklärte, würde es noch ein Unglück geben, so viel war sicher. Hunter, der Leron gefolgt war, gesellte sich zu Cypher und nachdem Leron kurz Luft geholt hatte, um sich zu sammeln, wandte er sich an die beiden und verlangte nach einer Erklärung. Nachdem sie kurze Blicke ausgetauscht hatten, begann Cypher so gut wie möglich alles zu schildern. „Azarias ist ein alter Freund von Hunter, der uns helfen wollte. Er ist kurzerhand von Backwater nach New York gekommen um mit Simon zu reden. Dabei gab es einen unglücklichen Zwischenfall…“

„Unglücklichen Zwischenfall?“ hakte Leron nach und zog die Augenbrauen zusammen wobei er Azarias einen misstrauischen Blick zuwarf. „Was genau ist passiert?“

Doch bevor der Künstler darauf antworten konnte, kam Azarias ihm zuvor. „Zu meiner Verteidigung: der olle Pinguin hat mich erschreckt und ich habe mich bloß verteidigt.“

„Er hat Anthony niedergeschlagen und mir gesagt, ich solle mit ihm kommen, wenn ich nicht sterben will“, erklärte Simon und senkte den Blick. Dies war eindeutig zu viel für den 31-jährigen und Wut überkam ihn. Allein diese Worte reichten, um ihn seine Beherrschung vergessen zu lassen und er packte Azarias am Kragen und zerrte ihn hoch. „Du bist hier eingedrungen, hast einen alten wehrlosen Mann niedergeschlagen und Simon bedroht? Was fällt dir ein? Ich sollte die Polizei rufen und dich verhaften lassen! Und da ist es mir herzlich egal ob du ein Freund von Hunter bist!“

Doch Azarias zeigte sich nicht sonderlich beeindruckt von Lerons Wutanfall und grinste einfach nur. „Oh Mann, selbst für einen nicht Vollblütigen hast du echt das gleiche miese Temperament wie der Rest der Cohans. Krieg dich mal wieder ein, ich habe deinem Schnuckiputz ja nichts getan. Ich wollte ihm nur helfen.“

„Indem du ihn zu Tode ängstigst und einen Menschen krankenhausreif schlägst?“

„Reitest du immer so auf alte Kamellen rum?“

Leron war kurz davor, endgültig die Beherrschung zu verlieren und diesem vorlauten Rotzbengel eine reinzuhauen, doch da ging Hunter dazwischen und trennte die beiden voneinander. „Er meint es nicht so“, versuchte der Bildhauer zu erklären. „Azarias ist psychisch krank und…“

„Du meinst wohl verrückt und unzurechnungsfähig“, unterbrach Azarias ihn. „So lautet im Groben meine Diagnose. Ich weiß du bist gerade mega stinkig, weil ich dein Schatzilein erschreckt habe. Aber ich wollte ihm nicht wehtun. Ich wollte ihm nur ein wenig entgegenkommen und ihn nach Annatown holen. Trifft sich doch eh ganz gut. Nachdem er bereits seinen Vater besucht hat, sollte die Familienzusammenführung zum Höhepunkt kommen.“

Augenblicklich erstarrte Leron bei diesen Worten und sah Azarias fassungslos an. Woher zum Teufel wusste er von der Sache mit Simons Vater? Hatte Cypher etwa irgendetwas gesagt? Er schaute fragend zu dem 25-jährigen, doch der schüttelte nur den Kopf um zu signalisieren, dass er nichts damit zu tun hatte. Also woher wusste dieser Bengel es dann? Doch er kam gar nicht dazu, Antworten einzufordern, denn nun war die Katze aus dem Sack und jetzt war es Simon, der sich zu Wort meldete und Klarheit haben wollte. „Vater? Wovon redest du da? Ich kenne meinen Vater nicht einmal!“

„Oh…“ Langsam begann Azarias zu realisieren, was für einen Fauxpas er begangen hatte und kam auch schon gleich mit dem nächsten an. „Dann hat Leron dir also noch gar nichts von deinem Vater erzählt? Oh warte, das sollte er dir ja doch selber sagen… ups…“

Leron war, als würde ihm das Blut aus dem Kopf weichen und er in einen bodenlosen Abgrund fallen. Zum ersten Mal in seinem Leben versagte ihm die Stimme völlig und als er den fassungslosen und enttäuschten Blick in Simons schneeweißen Augen sah, da begann er zu erkennen, was für einen Schaden er mit seiner Entscheidung angerichtet hatte. Noch schlimmer konnte dieser Tag definitiv nicht mehr werden.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Tut mir leid, dass ich momentan kaum zum Schreiben komme. Ich stecke noch mitten im Prüfungsstress und habe entweder kaum Zeit oder kaum Energie zum Schreiben. Eigentlich wollte ich mit Katherine weitermachen, aber momentan fällt es mir echt schwer, an solch deprimierenden und düsteren Stories zu schreiben. Also habe ich mich dazu entschieden, erst mal mit Petboy Contract weiterzumachen. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Drachenprinz
2018-04-12T11:49:56+00:00 12.04.2018 13:49
Pfuh, sorry, dass ich zurzeit so lahm bin – ich wollte hier ja eigentlich schon längst mal weitergelesen haben, und wie ich sehe, hast du inzwischen auch schon wieder ordentlich neue Kapitel hochgeladen! Na, dann versuch ich in nächster Zeit mal, das alles nach und nach aufzuholen. ^^

Geht schon gut los hier. Azarias hat keinen Bock auf die Bullen und Sally zeigt ihm nur den Mittelfinger – die beiden sind herzallerliebst. xD

Ach ja, stimmt! D: Simon hatte ja diese kuriosen gesundheitlichen Probleme... Das hatte ich schon gar nicht mehr auf dem Schirm, aber jetzt wo ich das so lese, fällt es mir wieder ein. Hunter und Leron hatten ja auch immer gesagt, er würde so eine Kälte ausstrahlen, ne? Oh je, und jetzt sagt Azarias, dass er sterben wird, wenn er nicht mit nach Annatown kommt? Ich frag mich ja echt, was mit dem armen Kerl los ist. ._.

Und darin, sich artig zu bedanken, ist Azarias offenbar auch noch echt gut! „Danke für deine Hilfe und blablabla“. Jap. xD Allerdings kann ich mir auch vorstellen, dass es nicht so einfach ist, mit Sally klarzukommen. Wahrscheinlich ist Azarias so ungefähr der Einzige, der überhaupt einigermaßen mit ihr zurechtkommt und kooperieren kann, oder?

Okay, ich kann irgendwie echt verstehen, dass es scheiße-langweilig sein muss, wenn man immer schon alles vorher erahnt, und dass man dann auf blöde Ideen kommt, um sich die Langeweile zu vertreiben. XD Aber trotzdem, der arme Simon! Und der arme Anthony, der jetzt wegen Azarias ins Krankenhaus muss!! Hoffentlich kommt er schnell wieder auf die Beine, ich mag den doch so. D: Und Simon hoffentlich auch! Er hat schon so viel Schlimmes durchgemacht, da könnte er echt mal ein bisschen Ruhe vertragen. >_>

Hm, gegen Ende des Kapitels merke ich gerade, dass ich doch nicht mehr so GANZ im Kopf habe, was da zuletzt in der Geschichte nochmal alles passiert war. Also, das mit Simons Vater... Ich weiß noch, dass das so ein ganz Krimineller war, der sich ja, glaube ich, an minderjährigen Mädchen vergangen hat oder sowas, ne? Und wie war das nochmal mit Leron? Er wusste davon, aber wollte es vor Simon verheimlichen, um ihn nicht noch mehr aufzuregen? Irgendwie so in der Art war das, oder?
Auf jeden Fall bin ich wieder gespannt, wie es weitergeht! Ich kann noch nicht genau sagen, wie regelmäßig ich zum Weiterlesen kommen werde, weil ich grad auch noch was anderes lese und ja auch sehr viel mit Zeichnen beschäftigt bin momentan, aber ich hoffe mal, dass ich das demnächst alles aufholen kann und bin natürlich auch auf die Fortsetzung schon gespannt! ^^
Bis dann!
Von:  Blume2000
2018-04-07T06:50:01+00:00 07.04.2018 08:50
Naja er hat ja den 7. Sinn wofür er ja nichts kann aber er sollte lernen Sachen für sich zu behalten vor allem in solchen Situationen^^
Antwort von:  Sky-
07.04.2018 09:45
Ja das stimmt. Da gehört er leider zu den Menschen, die erst reden und dann denken. Und das kann echt problematisch werden ^^
Von:  Blume2000
2018-04-04T17:09:18+00:00 04.04.2018 19:09
Alles gut wir werden es überleben :3
Das Kapitel ist wieder gut geworden :)
Das einzige was mich stört ist Azarias ewe
Antwort von:  Sky-
05.04.2018 10:40
Danke. Ich werde aber versuchen, das nächste Kapitel entweder heute oder morgen fertig zu kriegen.

Ach echt? Was genau stört dich denn an Azarias? ^^;
Von:  Alenin
2018-04-03T16:13:08+00:00 03.04.2018 18:13
Ohh ich habe so darauf gewartet, dass es weiter geht und
jetzt dieser Cliffhänger. xD
Der arme Simon tut mir echt Leid. Ich habe so das Gefühl,
dass er immer für alle schlimmen Dinge die passieren
hinhalten muss... :p
Aber natürlich wieder ein super Kapitel!

LG Alenin <3
Von:  Arya-Gendry
2018-04-02T21:33:29+00:00 02.04.2018 23:33
Hi^^
Wieder mal ein super Kapitel. Ich bin echt gespannt wie es weiter gehen wird. Und wie es sein wird wenn Simon auf seinen Vater trifft. Ich hoffe echt das es ihn bald besser geht.

Ich wünsch dir viel Glück für deine Prfüng. ;)
LG.


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