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The Petboy Contract

von

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Das Ultimatum

Lionel atmete schwer und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er fühlte sich müde und erschöpft, aber andererseits auch mehr als zufrieden. Es war glücklicherweise so gekommen wie er es sich erhofft hatte und das Gespräch mit seinem Sohn war besser verlaufen als geplant. Tatsächlich hätte er mit weiterem Trotz und Widerstand seitens Leron gerechnet, aber glücklicherweise hatte der Junge letzten Endes doch Vernunft angenommen und nun war nicht mehr viel für ihn zu tun. Die meisten Vorbereitungen waren abgeschlossen und alles Notwendige in die Wege geleitet worden. Jetzt musste er nur noch auf seinen Notar warten, damit er Leron die Firma überschreiben konnte. Dann konnte er sich guten Gewissens zur Ruhe setzen und dann den Tod finden, wenn ihn der Krebs endgültig besiegt hatte. Es war nicht nur dieses schicksalhafte Treffen mit Lucys Großneffen gewesen, das ihm inneren Frieden gebracht hatte und ihm diesen endgültigen Schritt leicht machte. Nein, es war etwas ganz anderes. Mit einem triumphierenden und zufriedenen Lächeln schloss er die Augen und legte den Kopf zurück ins Kissen. Zwar war sein Körper geschwächt, aber sein Geist war immer noch ungebrochen. Und letzten Endes hatte er es geschafft, seine verhasste Frau Katherine zu übertrumpfen und diesen einen letzten Schachzug gegen sie auszuspielen. Überraschenderweise hatte es nicht einmal viel gebraucht. Er hatte nur ein wenig zu erzählen brauchen und schon hatte sein Sohn ihm aus der Hand gefressen. Und anstatt die Firma zu verkaufen, würde er sie weiterführen und seinen Vater in Ehren halten, so wie er es wollte. Dabei hatte es nicht einmal viel gebraucht. Es war so lächerlich einfach und wenn er seinem Sohn gut genug zuredete, würde dieser auch endlich diesen Unfug mit diesem dreckigen dahergelaufenen Stricherjungen beenden und sich eine anständige Frau suchen. Nachdem all die kalte Strenge bei Leron nichts bewirkt hatte, musste er wohl oder übel andere Methoden anwenden, um ihn zur Vernunft zu bringen. Es konnte ja wohl nicht sein, dass der Sohn eines hoch angesehenen Konzerninhabers einen Jungen an seiner Seite hatte, der zum einen ein Freak und zum anderen noch ein halbes Kind war. Das war ein Skandal und wenn er bewirken wollte, dass Leron sein Erbe weiterführt, dann musste er ihn weiter bearbeiten, um ihn zur Einsicht zu bewegen. Alles was von Nöten war, das war Geduld. Taktik und Geduld. Aber lange würde es definitiv nicht mehr dauern, bis er ihn soweit hatte. Immerhin glaubte Leron ihm alles, was er erzählte. Er war ja noch ganz klein gewesen, als seine Mutter starb. Mit Michael und Jordan war es definitiv schwieriger gewesen, immerhin waren sie schon Teenager gewesen, als Katherine ihrem Bauchspeicheldrüsenkrebs erlag. Vor allem Michael hatte ihm das Leben schwer gemacht und sich nicht manipulieren lassen. Nein, er war ganz nach seiner Mutter gekommen und war schon immer ein Mutterkind gewesen. Und wie sehr hatte sein ältester Sohn ihn verachtet. Genauso so sehr, wie Lionel ihn verachtet hatte. Aus Jordan war er hingegen nie schlau geworden und hatte selten etwas wie Menschlichkeit oder Gefühle bei ihm gesehen. Das einzige Mal, wo Jordan wirklich Emotionen gezeigt hatte war, als er mit seinen Brüdern vom Hospiz zurückgekommen war, nachdem er sich von seiner sterbenden Mutter verabschiedet hatte. Da hatte er tatsächlich geweint. Ausgerechnet Jordan, der noch nie wirklich so etwas wie Wut oder Freude, Angst oder Leidenschaft gezeigt hatte. Und ausgerechnet er war es gewesen, der Frau und Kinder haben sollte. Auch das hatte Lionel nie verstanden, wie jemand wie Jordan in der Lage war, einen Menschen überhaupt zu lieben. Er erinnerte sich noch gut an die Hochzeit zwischen ihm und seiner Frau Evelyn, bei der er immer noch gewirkt hatte, als wäre diese ganze Zeremonie eine reine Geschäftssache für ihn. Das Ganze hatte ihn so verwirrt, dass er sich dazu durchgerungen hatte, seinen Sohn zu fragen, warum er diese Frau heiratete, obwohl er offensichtlich zu keinen Gefühlen imstande war. Und Jordans Antwort war schlicht und einfach gewesen „Ich habe Mum ein Versprechen gegeben.“

Erst da hatte er erkannt, wie groß Katherines Einfluss auf ihre Kinder gewesen war, dass sie selbst Jordan dazu bringen konnte, sich selbst nach ihrem Tod noch an das Versprechen zu halten, dass er ihr gegeben hatte. Er war im Übrigen auch der Einzige, der sein Versprechen hatte halten können. Obwohl Michael seiner sterbenden Mutter versprochen hatte, sich um seine Brüder zu kümmern, hatte es nicht lange gedauert, bis sein Wahnsinn Überhand nahm und er auf Leron losging, den er als die Wurzel allen Übels betrachtet hatte. Aber dafür hatte Michael es sich zur Aufgabe gemacht, das Erbe seiner Mutter weiterzuführen und seinen verhassten Vater dafür zahlen zu lassen, dass er sie nicht hatte zuhause sterben lassen, sondern sie einfach in ein heruntergekommenes Hospiz abgeschoben hatte, um sie endgültig loszuwerden. Glücklicherweise war das jetzt vorbei und nun war nur noch Leron übrig, aus dem man wenigstens noch einen anständigen Unternehmer machen konnte. Und wenigstens war er nicht durch das verfluchte Blut seiner Mutter verdorben worden. Nein, er würde schon dafür sorgen, dass Leron ihm ein würdiger Erbe sein würde.

Mit einem glücklichen Lächeln schloss Lionel die Augen, um sich ein wenig auszuruhen, doch da spürte er plötzlich einen kalten Hauch im Zimmer. Es war, als würde plötzlich die Temperatur absinken und ein Winterwind hereinwehen, dabei war es weder Winter noch war das Fenster auf. Und seltsamerweise fror er nicht einmal. „Lionel…“ Schlagartig öffnete der 70-jährige die Augen, als er seinen Namen hörte und der weder von der Krankenschwester noch vom Chefarzt kam. Es war eine ganz andere Stimme, die etwas Ruhiges und zugleich Unheimliches und Fremdartiges an sich hatte. Er setzte sich ruckartig auf und sah eine Frau neben seinem Bett stehen. Sie hatte langes seidenglattes schwarzes Haar, rubinrote Augen und trug ein schwarzes Kleid und dazu ein fliederfarbenes Tuch um ihre Schultern. Sie war schön und wirkte zugleich bedrohlich und unheimlich. Etwas Düsteres ging von ihr aus als wäre sie von einem dunklen Schatten umgeben, der für das menschliche Auge nicht sichtbar war. Nur mit dem Unterschied, dass sie eins mit diesem Schatten war. Instinktiv überkam ihn Angst bei ihrem Anblick. „Wer sind Sie und was wollen Sie von mir?“ wollte er wissen und stellte entsetzt fest, wie seine Stimme zitterte. Warum nur jagte ihm diese Frau nur solch eine Angst ein? Irgendetwas an ihr weckte diese verborgene Urangst in ihm, die in jedem Menschen fest verankert war: die Angst vor dem Tod.

„Ich bin gekommen um mit dir zu reden, Lionel“, antwortete sie, ohne auf die erste Frage zu antworten. „Du hast deinem Sohn etwas verschwiegen. Es ist noch nicht zu spät für dich. Noch kannst du die Dinge richtig stellen und mit einem reinen Gewissen deine restlichen Tage verbringen.“

„Ich weiß nicht, wovon Sie da reden!“ erwiderte Lionel nun gereizt. Er hatte keine Ahnung, wer diese merkwürdige Frau war und wie sie in sein Zimmer gekommen war. Vor allem wusste er nicht, woher sie überhaupt seinen Namen kannte und warum sie sich die Frechheit herausnahm, ihn zu duzen und bei seinem Vornamen zu nennen. „Was fällt Ihnen eigentlich ein, so mit mir zu reden? Ich kenne Sie nicht einmal.“

„Du weißt ganz genau, wer ich bin“, sprach die Frau ruhig und zeigte sich vollkommen unbeeindruckt von Lionels Worten. „Und du weißt sehr wohl wovon ich rede. Ich gebe dir hiermit noch eine Chance, vor deinem Sohn alles richtig zu stellen und ihm die Wahrheit zu sagen. Andernfalls werde ich es tun. Ich habe Katherine an ihrem Totenbett ein Versprechen gegeben und ich halte stets mein Wort. Ganz gleich wem ich es gebe. Darum kann ich nicht zulassen, dass Leron von dir oder vom Schatten seiner Mutter beeinflusst wird. Er muss seinen eigenen Weg gehen, frei von der Last seiner Familie.“

Lionel starrte die Frau in Schwarz eine Weile ratlos an und konnte immer noch nicht sagen, wer oder was sie war. Doch da dämmerte ihm etwas. Ein Gedanke kam ihm und er spürte, wie sich seine Brust schmerzhaft zusammenschnürte und ihm etwas den Atem raubte. Entsetzt starrte er sie an und wich vor ihr zurück, wobei er fast aus dem Bett gefallen wäre. „Das… das ist unmöglich…“, brachte er fassungslos hervor. „Dann warst du es also, die ich damals gesehen habe… in der Nacht, als meine geliebte Lucy gestorben ist. All die Jahre dachte ich immer, es wären die Drogen gewesen, die Katherine mir damals verabreicht hat, aber meine Augen haben mich doch nicht getäuscht. Du warst es! Du warst damals in dem Zimmer gewesen und hast bei ihr gestanden und nichts getan, obwohl sie im Sterben lag. Warum hast du sie damals nicht gerettet und wieso kommst du jetzt zu mir und verlangst so etwas?“

„Für jeden kommt die Zeit des Sterbens“, erklärte die Frau. „Für den einen früher, für den anderen später. Und es steht nicht in meiner Aufgabe Leben zu retten, Lionel. Du hast noch etwas von deinem Leben und ich will mein Versprechen wahren, indem ich verhindere, dass du deinen Sohn mit Lügen und Halbwahrheiten manipulierst, um ihn nach deinem Willen zu formen.“

Langsam wich die Furcht und stattdessen stieg Zorn in Lionel auf. Er konnte nicht glauben, dass diese Person es tatsächlich wagte, so etwas von ihm zu verlangen nach allem, was Katherine ihm in all den Jahren angetan hatte. Sie hatte nicht das Recht, so etwas von ihm zu fordern! „Was kümmern dich die Angelegenheiten der Lebenden, dass du dich in solche Dinge einmischst? Du hast Lucy sterben lassen und zugelassen, dass dieses geisteskranke Weibstück weiterlebt und drei Kinder in die Welt setzt, um mich selbst nach ihrem Tode noch weiterzubestrafen. Habe ich nicht schon genug erlitten? Sie hat es nicht verdient, auch nur von irgendjemandem betrauert oder bemitleidet zu werden. Ich hätte diese Hexe in einer noch schlimmeren Absteige verrecken lassen sollen, es wäre immer noch nicht annähernd gerecht gewesen. Jetzt habe ich endlich die Chance, es ihr zurückzuzahlen indem ich ihr das zerstöre, was sie zurückgelassen hat. Sie verdient es nicht, von ihren Kindern betrauert zu werden und wenn es so etwas wie Gerechtigkeit gibt, dann hoffe ich, dass dieses Miststück in der Hölle schmort, aus der sie gekommen ist!“

Lionel war immer lauter geworden und hatte die letzten Sätze regelrecht herausgeschrien. Nach und nach entflammte sich sein aufgestauter Hass und Zorn, bis er schließlich nicht mehr an sich halten konnte. „Ich war zumindest so gnädig gewesen, ihm nichts von den Dingen zu erzählen, die Katherine getan hat, damit er sie als gute Mutter in Erinnerung hält. Aber rechnet mir das jemand an?“

„Du bist selbstgerecht“, erwiderte die Frau, ohne sich auch nur im Geringsten von Lionels Wutausbruch beeindruckt zu zeigen. „Du weißt genau, dass Katherines Absturz genauso dein Verschulden war. Du hast deinem jüngsten Sohn nicht aus Rücksicht die Wahrheit verschwiegen, sondern weil du einzig und allein dein eigenes Gewissen beruhigen wolltest, weil du genau wusstest, warum Katherine so verbittert geworden war. Und nun, da du mit dir selbst ins Reine gekommen bist, spielst du das aus um Leron gegen seine Mutter aufzuhetzen und ihn auf deine Seite zu ziehen. Aber das werde ich nicht dulden. Es stimmt was du sagst, dass es nicht meine Angelegenheit ist und ich mich in solche Dinge nicht einmische. Aber ich sehe Hoffnung für die Cohan-Familie. Und deshalb werde ich beschützen, was zu beschützen ist, um diesen uralten Kreislauf aus Hass, Gewalt und Angst zu beenden um damit auch die Cohans vor ihrem Untergang zu retten.“

„Eine Familie aus Geisteskranken und Mördern verdient es nicht, gerettet zu werden“, erwiderte Lionel. „Und ebenso wenig verdient es dieses kranke Weibstück, dass sie bekommt was sie wollte. Sie hat Menschen getötet… sie hat mir meine Lucy genommen. Sie hat mir all diese Dinge angetan und ich habe weiß Gott genug für meine Fehler bezahlt. Vier Jahrzehnte habe ich mir die Schuld für Lucys Tod gegeben. Aber nun, nachdem ich mit ihrem Großneffen gesprochen habe, weiß ich es besser. Nicht ich habe Schuld an Lucys Ermordung oder am Tod dieser anderen Menschen. Es war allein Katherines Schuld. Sie war hier die mörderische Verrückte und es war nicht meine Schuld, dass sie durchgedreht ist und diese… diese… monströse Brut hervorgebracht hat, die mir selbst nach ihrem Tod das Leben schwer gemacht haben. Ich habe mir nichts vorzuwerfen! Und ich werde nicht zulassen, dass du mir dazwischenfunkst und mir meine Pläne ruinierst.“

„Dir geht es nur um deine Firma“, erwiderte die Frau mit einer Spur von Bedauern in ihrer Stimme und etwas wie Mitleid lag in ihrem Blick. „Dein ganzes Leben lang ist es dir nur um dich selbst gegangen. Es stimmt, dass dir großes Leid widerfahren ist. Aber du hast ebenso großes Leid über deine Mitmenschen gebracht. Das muss aufhören. Wenn jemand einen Stein wirft und du wirfst ebenso einen zurück, wird es niemandem helfen, sondern nur Wunden tiefer reißen. Sieh auf dein Leben zurück, Lionel. Du hast hart gearbeitet und gekämpft. Du hattest eine Frau, die dich aufrichtig geliebt hat und du hast sie fallen lassen, weil du dir selbst und das Ansehen deiner Firma wichtiger waren als alles andere. Und wohin haben diese Entscheidungen geführt? Du hast dir ein großes Imperium errichtet und es zu Reichtum gebracht. Aber kein Imperium überdauert die Zeit. Imperien werden zerfallen, Geld wird wertlos und bedeutungslos werden. Du predigst deinem Sohn, sich mit Menschen zu umgeben, um etwas zu haben, auf das er wahrlich stolz sein kann. Aber du wendest diese Weisheit nicht auf dein eigenes Leben an. Du verurteilst deinen Sohn weil er ein Verhältnis mit einem jungen Mann hat, der sich aus Not und Verzweiflung prostituiert hat. Dabei vergisst du aber, dass du damals deine hochschwangere Frau mit einer mittellosen Kellnerin betrogen hast und immer noch an deiner Liebe zu jener Kellnerin festhält. Dein selbstgerechtes Verhalten wird noch dein Untergang sein. Alles, was du siehst, ist nur dein selbst geschaffenes Imperium, welches nur so lange Bestand hat wie dein Sohn es wünscht. Und du schaust nur auf das, was du verloren hast anstatt auf die Menschen, die dir geblieben sind. Darum wirst du einsam bleiben und ebenso einsam von dieser Welt gehen. Katherine hat schlimme Dinge getan. Sie hat unzählige Leben zerstört weil sie ihrem eigenen Schatten nicht entkommen konnte. Aber sie hatte Menschen, die um sie geweint haben und die sich an ihre menschliche Seite erinnern. Du wirst nichts mehr haben, wenn du weiter diesem Pfad folgst. Und wie ich bereits sagte: wenn du Leron nicht reinen Wein einschenkst, dann werde ich es tun. Ich gebe dir noch drei Tage Zeit, dich zu besinnen. Danach werde ich nach eigenem Ermessen verfahren.“

Damit wandte sich die Frau wieder ab um zu gehen, doch da blieb sie noch einmal stehen und seufzte leise. „Ich bedaure die Menschen, die ihr wahres Glück nur im Geld und Erfolg sehen. Materielle Dinge sind in einer materiellen Welt wichtig, aber sie werden uns nicht in den Arm nehmen und trösten, wenn wir einsam sind. Und sie werden keinerlei Bedeutung haben, wenn unser Leben zerbricht. Leider bemerken die meisten Menschen erst dann, wie einsam und unglücklich sie sind, wenn sie alles verloren haben. Du hast mein Mitgefühl für das Martyrium, das du erlitten hast. Aber ich kann nicht zulassen, dass du deinen Zorn und deine Bitterkeit auf deinen Sohn überträgst. Denk darüber nach, Lionel. Noch ist es nicht zu spät.”

Damit wollte die Frau mit den roten Augen das Zimmer verlassen und damit Lionel wieder alleine lassen. Doch so einfach wollte sich der alte Mann nicht geschlagen geben. Nach all den Jahren der Resignation flammte etwas wieder in ihm auf. Er konnte und wollte nicht akzeptieren, dass eine Frau ihm vorschrieb, was er zu tun oder zu lassen hatte und ihm dann auch noch die Pistole auf die Brust setzte. Sein Leben war ihm schon mal von einer Frau ruiniert worden, darum würde er nicht zulassen, dass eine weitere Frau das Gleiche tat und seine Pläne sabotierte und damit alles zunichte machte, worauf er hingearbeitet hatte. So viel harte Arbeit und Opfer hatte er für sein Lebenswerk gebracht. Er würde nicht auch dass noch verlieren, nachdem seine ihm so verhasste Ehefrau seine geliebte Lucy genommen hatte. Die Energie kehrte wieder in ihn zurück und er stand von seinem Bett auf und erhob sich zu seiner ganzen Größe. Dann schritt er auf die Frau zu und streckte die Hand nach ihr aus, um sie festzuhalten. „Ich lasse mir von einem unverschämten Weibsbild wie dir nicht mein Lebenswerk zerstören!“

Hier aber fuhr die Frau herum und ihre rubinroten Augen loderten auf wie ein Feuer. Zorn flammte in ihnen auf und ihr schönes, makelloses Gesicht wirkte nun erschreckend kalt und unmenschlich. „Stehenbleiben!“ befahl sie mit bebender Stimme, welche etwas so Erschütterndes und Kraftvolles an sich hatte, dass Lionel für einen Moment glaubte, die Erde würde unter diesem Klang erzittern. Augenblicklich blieb er stehen, doch nicht weil er es wollte. Sein Körper war wie erstarrt und er war nicht mehr imstande, sich zu bewegen. Mit einem Moment wurde es dunkel in dem Zimmer. Eine eiskalte Dunkelheit breitete sich auf und er spürte den Hauch des Todes, der ihn umgab. Das Herz blieb ihm fast stehen und er vermochte kaum zu atmen. Langsam hob die Frau ihren Arm und deutete auf Lionel. „Spiele nicht mit meiner Geduld, Lionel. Du magst Geld und Macht haben, aber sie sind für mich nur Schall und Rauch und bedeutungslos. Mein ganzes Selbst liegt weit jenseits deiner Macht und deinem Einfluss. Wage es nicht, meinen Zorn zu wecken! Ansonsten wird er dich restlos vernichten.“

Daraufhin senkte sie wieder den Arm und verließ das Zimmer. Und kaum, dass die Tür zugefallen war, verließ Lionel all seine Kraft und er brach bewusstlos zusammen. Doch selbst mehrere Stunden später, nachdem er wieder aufgewacht war, spürte er noch diese unerträgliche Kälte und zitterte am ganzen Leib. Noch nie in seinem Leben hatte er solch eine schreckliche Angst empfunden. Nicht einmal Katherine hatte so etwas je vermocht. „Womit habe ich es bloß verdient, immer an solch gefährliche Frauen zu geraten?“ war alles, was er dazu sagen konnte.
 

Draußen vor dem Krankenhaus wehte ein kalter Herbstwind und graue Wolken verdunkelten den Himmel. Es würde vermutlich Regen geben. Die Frau in Schwarz seufzte und schaute zurück auf das Gebäude, in welchem sie so viele Schatten spüren konnte, die selbst gewöhnliche Menschen wahrnehmen konnten und für gewöhnlich als beklemmende Atmosphäre empfanden. Sie war enttäuscht, dass Lionel Evans so stur und uneinsichtig blieb. Zwar bezweifelte sie, dass er sich eines Besseren besinnen und vor Leron die Dinge richtig stellen würde, aber sie würde an ihrem Entschluss festhalten und drei Tage warten. Denn sie hielt immer ihr Wort, egal was es auch sein mochte. Und wenn Lionel sich bis dahin in Schweigen hüllte, würde sie Leron besuchen und ihm die Wahrheit sagen. Immerhin hatte sie seiner Mutter an ihrem Sterbebett versprochen gehabt, dass sie ihn vor dem Einfluss seiner Eltern schützen würde. Egal ob es der rastlose Schatten Katherines selbst oder die kaltherzige Manipulation ihres Mannes war.

Gerade als sie aufbrechen wollte, klingelte das Handy, welches sie bei sich trug und es genügte nur ein Blick auf das Display um festzustellen, wer es war. Sie nahm den Anruf entgegen und fragte „Was gibt es?“

„Ich wollte nur mal hallo sagen, hehehe“, kam es mit einem Kichern vom anderen Ende der Leitung. „Ich wollte mich noch für die Hilfe bedanken. Ich bin jetzt im Hotel und habe auch schon die Zielperson gesehen. Wenn meine Vermutung zutrifft, werden wir bald deine Hilfe brauchen. Ansonsten macht er es nicht lange.“

Hieraufhin blieb sie stehen und zog die Augenbrauen zusammen. „Ist es inzwischen so schlimm?“

„Er scheint sich ein wenig erholt zu haben, wenn auch nur vorübergehend. Ich schätze aber, dass das nur maximal drei oder vier Tage anhalten wird. Das wird auf jeden Fall noch lustig werden, hehehe.“

„Dann bleibe solange im Hotel und verhalte dich ruhig. Ich habe Lionel ein Ultimatum von drei Tagen gegeben. Danach werde ich Leron aufsuchen und mich um alles weitere kümmern.“

„Und du erwartest allen Ernstes von mir, dass ich die ganzen drei Tage im Hotel hocke und nichts tue? Das ist so laaaaanweilig!“

„Du kannst dir doch die Looney Tunes oder die Animaniacs ansehen“, bot sie an. „Die schaust du dir doch so gerne an. Tu mir einfach den Gefallen und halte dich zurück. Ich möchte nicht, dass es zu Komplikationen kommt. Und New York ist groß, da kann man leicht verloren gehen.“

„Spielverderberin“, kam es beleidigt vom anderen Ende der Leitung zurück und damit war das Gespräch beendet. Die Frau mit den roten Augen seufzte und steckte ihr Handy wieder ein. Zwar hatte sie nahe gelegt, dass ihr „Komplize“ im Hotel bleiben sollte, aber so wie ihn einschätzte, würde es schon sehr bald zu Problemen kommen. Blieb nur zu hoffen, dass es kein Unglück gab. Sie würde erst einmal Lionels Reaktion abwarten. Und wenn ihre Vermutung zutraf und er nichts tun würde, dann blieb ihr keine Wahl, als entgegen ihrer Prinzipien aktiv zu werden und die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Also bezüglich Lionel war ich schon von Anfang an zwiegespalten. Auf der einen Seite tat er mir schon leid, dass er so viel in seiner Ehe durchlitten hat und dass er die Liebe seines Lebens auf so grausame Art und Weise verlor. Aber auf der anderen Seite ist er wirklich ein Scheusal. Er ist ein Misogynist, denkt nur an seine Firma und manipuliert auch noch Leron auf so schamlose Art und Weise, indem er auf sein Mitgefühl spekuliert und auf die Tränendrüse drückt. Ganz zu schweigen davon, dass er auch ein ziemlicher Heuchler ist weil er Lerons Liebe zu Simon verurteilt, obwohl er selbst damals seine hochschwangere Frau mit einer mittellosen Kellnerin betrogen hat. Und hier sieht man auch wunderbar wie er wirklich tickt. Es ist zwar ein ziemlich krasser Gegensatz zu dem, was wir im letzten Kapitel gesehen haben, zeigt aber auch wie eiskalt berechnend er sein kann. Jetzt wissen wir, woher Jordan seine skrupellose manipulierende Art hat. Von seiner Mutter sicherlich nicht Komplett anzeigen

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