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The Petboy Contract

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Wie eine Droge

Den Rest des Abends verhielt sich Leron sehr merkwürdig und Simon wurde nicht so ganz schlau daraus. Vor allem nachdem er ihn scherzhaft „Ronnie“ genannt hatte, machte er einen sehr verstörten Eindruck. Als sie wieder zuhause waren, wollte Simon in sein Zimmer gehen und sich hinlegen, doch da hielt Leron ihn am Arm fest und sein Blick war sehr ernst, als er sagte „Bleib heute Abend bei mir.“

Kurzerhand hatte Simon ja gesagt und sich die Nacht bei ihm einquartiert. Nun, so schlecht war es ja auch nicht, aber er bemerkte schnell, dass Leron nicht so schnell einschlafen würde. Irgendetwas schien ihm wirklich sehr auf der Seele zu lasten. Und deshalb wagte er schließlich eine Frage.

„Sag mal Leron, was genau ist denn eigentlich zwischen dir und deinen Brüdern passiert, dass du so eine Angst vor ihnen hast? Weißt du, ich habe dieses Foto gesehen, wo du mit deiner Familie drauf warst. Und da habe ich gesehen, dass zwischen dir und deinen Brüdern etwas nicht in Ordnung ist.“

Doch Leron schwieg und es sah nicht danach aus, als würde er überhaupt etwas dazu sagen. Aber dann legte er einen Arm um Simon und drückte ihn an sich. Und irgendwie wirkte er auf ihn in diesem Moment fast wie ein Kind, das sein geliebtes Haustier festhielt aus Angst, es könnte ihm etwas zustoßen.

„Es gibt viele unschöne Geschichten in unserer Familie“, begann Leron schließlich. „Vor allem mit Michael. Er hat zu viel von der Familie unserer Mutter geerbt.“

„Inwiefern?“

„Es gibt in einem kleinen Städtchen namens Annatown in Ohio eine Familie, die für ihre unrühmliche Geschichte für Aufsehen gesorgt hat. Sie haben viele Mörder und Psychopathen hervorgebracht. Es gab Gewalt in der Familie und teilweise brachten sich die Familienmitglieder gegenseitig um. Die Mitglieder der Cohan-Familie haben eine Art genetische Veranlagung.“

„Gibt es so etwas echt?“

Der 31-jährige nickte und Simon spürte mit leichtem Entsetzen, dass Leron zitterte.

„Psychische Krankheiten oder gewisse Charaktermuster können tatsächlich in der Familie vererbt werden. Und diese Familie hat eine sehr lange Geschichte an „Infizierten“. Es hieß sogar, dass jene, die besonders stark betroffen waren von diesen Genen, mit einer außergewöhnlichen Augenfarbe zur Welt kamen. Meistens waren es aber nur männliche Angehörige, während die Frauen meistens die Träger waren, die das Gen auf ihre Nachkommen übertrugen. Unsere Mutter selbst war eine liebevolle Frau und sie hat nie Hand an uns gelegt. Aber dafür war Michael ein wahrer Sprössling des Cohan-Clans. Er war immer zornig, hat alles und jeden gehasst und seine Wut und seine Zerstörungswut richteten sich gegen alles und jeden. Als er klein war, quälte er Tiere, vor allem aber Katzen. Er prügelte sich in der Schule und las Lektüren von de Sade, in denen es um kranke Sexpraktiken, Vergewaltigungen und Inzest ging. Doch egal wie oft er auch Tiere und Menschen quälte, er bekam nie genug und konnte nie damit aufhören. Es war… nein… es ist wie eine Sucht, von der er nicht loskommt und die ihn immer weiter vorantreibt. Man kann sagen: er ist stigmatisiert vom Wahnsinn, der in der Cohan-Familie weitergegeben wird. Er ist als Monster zur Welt gekommen und wird als solches sterben.“

Simon erschauderte, als er das hörte und es fiel ihm schwer, sich vorzustellen, dass es so etwas tatsächlich gab und eine Familie sich aus Mördern, Psychopathen und Gewalttätern zusammensetzte. Ihm war, als würde er leicht frösteln und so zog er die Decke etwas weiter über seine Schultern.

„Was hat er dir angetan?“ fragte er schließlich, auch wenn er tief in seinem Herzen bereits wusste, dass Leron es ihm nicht sagen wollte. Vielleicht weil er es nicht fertig brachte, es auszusprechen, oder weil er sich schämte.

„Er hat Dinge getan, die man als großer Bruder niemals tun sollte. Vor allem nicht als Volljähriger mit einem kleinen Jungen. Aus irgendeinem Grund hatte er es schon immer auf mich abgesehen. Ich vermute mal, dass es in erster Linie Neid war, weil unsere Mutter mir die meiste Aufmerksamkeit widmen musste, weil ich noch klein war. Er hatte es aber nie gewagt, vollständig über die Stränge zu schlagen, solange sie da war, weil er sehr an ihr hing. Als sie aber starb, verlor er die Kontrolle und ließ alles ungebremst an mir aus. Ich war damals sieben, als er mit seinen Schikanen anfing. Er nannte es Bestrafungsspiel. Wenn etwas nicht so lief wie er wollte, ließ er seinen Wahn an mir aus. Damals hatte ich eine streunende Katze gefunden und sie gefüttert. Sie kam immer zu uns in den Garten und ich nannte sie Midnight, wegen ihrem schwarzen Fell. Als ich versehentlich ein Glas Orangensaft umkippte und ein paar von Michaels Notizen ruinierte, wartete er ab, bis ich wieder mit Midnight im Garten spielte. Er schnappte sich einen Stein und schlug der Katze damit immer und immer wieder auf den Schädel ein und ich konnte nichts tun, um das zu verhindern. Während er das tat, hielt Jordan mich fest, damit ich sehen konnte, was Michael da tat. Jordan ist nicht so destruktiv veranlagt wie Michael. Die beiden kamen schon immer gut miteinander zurecht, was vor allem daran lag, weil Jordan immer zurückhaltend und ruhig war. Er störte sich nicht an Michaels Charakter und half ihm sogar, indem er mich meist festhielt. Er selber war aber nie gewalttätig geworden. Jordan ist ganz anders als mein ältester Bruder. Man kann sagen, dass er der Funke ist, der das Benzin entzündet und Michael stellt den Brand an sich da, der alles zerstört und verwüstet. Um selbst nicht in Michaels Visier zu geraten, hat er ihn auf den Trichter gebracht, dass ich sein schlimmster Feind wäre und da Michael ihm vertraut, hat er sich darauf eingelassen. Er ist sehr manipulativ und benutzt seine Mitmenschen, um den bestmöglichen Vorteil für sich aus der Situation zu ziehen. Damals hat er sich mit Michael verbündet, weil ihm klar war, dass er ihn besser nicht zum Feind haben sollte. Und es klappte. Michael ließ ihn in Ruhe und versteht sich bis heute gut mit ihm. Dieser Dreckskerl hat ihn nie geschlagen oder ihm andere Dinge angetan, weil Jordan clever ist. Und ich befürchte, dass er nun eine neue Intrige plant. So wie ich ihn einschätze, wird er Michael erzählen, dass du bei mir bist, um uns erneut gegeneinander aufzuhetzen.“

„Warum das denn? Wieso will er noch mehr Öl ins Feuer gießen? Ist es wegen mir?“

Erneut schüttelte Leron den Kopf und wirkte nun sehr nachdenklich.

„Ich vermute, er will sich Michael vom Hals schaffen. Unser Vater tritt gegen Ende des Jahres als Konzernleiter zurück und er kann sich nicht entscheiden, wen er zum Nachfolger ernennen soll. Michael ist zwar der beste Geschäftsmann, allerdings ledig, kinderlos und aufgrund seines Charakters wird er auch wahrscheinlich nie in der Lage sein, eine romantische Beziehung zu führen. Jordan hat zwar Frau und Kinder, ist aber nicht ganz so geschickt als Geschäftsmann wie Michael. So wie ich ihn einschätze, will er Michael heimlich in den Rücken fallen und ihn endgültig diskreditieren, damit er zum Nachfolger ernannt wird. Das würde diesem Scheißkerl zumindest ähnlich sehen. Und dafür will er dich mit reinziehen. Aus diesem Grund will ich, dass du dich von den beiden fernhältst, egal was auch passieren mag.“

Simon spürte, wie eine Hand durch sein Haar strich und so langsam verstand er Lerons heftige Reaktion im Restaurant. Diese Begegnung mit Jordan musste wirklich ein Schock für ihn gewesen sein und wenn diese beiden Brüder wirklich so gefährliche Zeitgenossen waren, konnte er auch die Angst verstehen, die Leron vor ihnen empfand. Wahrscheinlich würde er nicht anders reagieren.

„Und was war mit dem Spitznamen?“

„Jordan und Michael haben mich immer Ronnie genannt. Am Anfang tat Michael es damals immer, wenn er zu mir kam. Er nannte es immer Bestrafungsspiel, wenn er mich das ganze Ausmaß seiner kranken Fantasien spüren ließ.“

So langsam begann Simon zu verstehen, warum Leron so heftig auf diesen Spitznamen reagiert hatte. Es hatte mit Sicherheit schlimme Erinnerungen an seine Kindheit wachgerufen. Und nun begriff er auch, warum Leron immer von Erziehungsmaßnahmen, aber nie von Bestrafungen sprach. Es hätte ihm wahrscheinlich das Gefühl gegeben, genauso schlimm zu sein wie Michael, der nicht mal davor zurückschreckte, seinen jüngsten Bruder zu quälen. Und wahrscheinlich war das auch der Grund, wieso Leron so bestürzt war, als die Sache mit dem Sonnenstich passierte. Er musste offenbar gedacht haben, es wäre seine Schuld und er hätte ihm etwas Schlimmes angetan. Offenbar reflektierte sich Leron sehr oft mit seinem ältesten Bruder und redete sich ein, er wäre genauso schlimm. Aber das war doch völliger Unsinn. Auch wenn es vielleicht eine seltsame Methode gewesen war, die Person, die man liebte, mittels eines Petboy-Vertrages vom Straßenstrich zu holen, aber Leron war nie gewalttätig oder aggressiv geworden. Er war immerzu verständnisvoll, aufmerksam, er behandelte ihn mit Rücksicht und Respekt. Nur vielleicht war ihm das ja nicht wirklich klar. Kurzerhand beschloss Simon, ihm ein wenig entgegenzukommen und ihm diesen Gedanken zu nehmen, indem er die Umarmung erwiderte und Leron küsste.

„Weißt du was ich glaube? Du vergleichst dich zu sehr mit deinem Bruder. Keine Ahnung, wie du darauf kommst, aber ich fühle mich bei dir sehr gut aufgehoben. Du hast mich nie wie einen Stricher behandelt oder dich an meinen Augen gestört. Du hast mir ein tolles Heim gegeben und du kümmerst dich sehr um mich. Als ich den Sonnenstich hatte, hast du mich ins Haus getragen und bist nicht von meiner Seite gewichen. Und als das Gewitter getobt hat, da durfte ich bei dir bleiben und du warst für mich da, du hast dich nicht mal über mich lustig gemacht. Du hast mich immer wie einen Menschen behandelt und nicht wie einen Freak oder wie Abschaum vom Straßenstrich. Und das zeigt doch eigentlich, dass du ein guter Mensch bist, oder etwa nicht?“

Und da hellte sich Lerons Gesicht langsam auf. In seinen haselnussbraunen Augen kehrte ein kleiner Glanz zurück und man sah deutlich, wie tief ihn diese Worte bewegten.

„Danke, Simon“, sprach er. „Ich glaube, du weißt nicht, wie viel mir diese Worte bedeuten.“

Simon lächelte und war froh, ihn auf diese Weise ein wenig aufmuntern zu können. Es musste sicherlich hart sein, mit solchen Brüdern leben zu müssen. Vor allem wenn man selber noch ein Kind war.

„Es ist nicht leicht“, sagte Leron schließlich nach einer kurzen Pause, „mit so einem Bruder wie Michael. Er redet einem immer alles Mögliche ein und macht sich dann einen Heidenspaß daraus, andere mit seinem Psychoterror zu quälen.“

„Wieso ist er dann nicht in einer Klapse, wenn er doch so gestört ist?“

„Unser Vater war dagegen. Er wollte jeglichen Skandal in der Familie vertuschen und möglichst vermeiden, dass die Öffentlichkeit irgendetwas mitbekommt und das Image des Konzerns dadurch Schaden nimmt. Also bestand für ihn sie beste Lösung darin, mich vollständig vom Rest der Familie zu isolieren und alleine aufwachsen zu lassen.“

Verständnislos schüttelte Simon den Kopf darüber. Es wollte ihm einfach nicht in den Kopf rein, wie ein Vater so verantwortungslos gegenüber seiner Familie sein konnte und gegen solche Söhne nichts unternahm. Stattdessen hatte er alles unter dem Teppich gekehrt mit der Konsequenz, dass sich nichts geändert hatte und immer noch Streit unter den Brüdern herrschte. Was für ein absoluter Mist…

„Du bist echt nicht für deine Familie zu beneiden“, seufzte er schließlich. „Ich glaube, ich würde mich bei so etwas echt lieber freiwillig zur Adoption freigeben lassen.“

Nun zog sich ein leichtes Schmunzeln über Lerons Lippen.

„Genau das mag ich an dir. Du sagst immer direkt, was dir durch den Kopf und scheust dich auch nicht, solche Sachen zu sagen. Und eines verspreche ich dir: ich werde nicht zulassen, dass Jordan und Michael dir irgendetwas antun.“
 

Michael Evans saß in seinem Sessel und knirschte mit den Zähnen. Drei Stück… drei verdammte Aspirin hatte er heute genommen und die Kopfschmerzen gingen einfach nicht weg. Dieser widerliche Schmerz, der sich tief in sein Hirn zu bohren schien wie hundert glühende Nadeln, machte ihn noch wahnsinnig. In der letzten Zeit wurden sie immer häufiger und egal was er auch tat, es ging einfach nicht weg. Es machte ihn rasend und ließ ihn jegliche Selbstkontrolle vergessen. Und als er das vierte Aspirin in einem Glas Wasser aufgelöst und getrunken hatte, da reichte es ihm endgültig. Eine unbändige Wut stieg in ihm auf und er warf das leere Glas gegen die Wand, wo es mit einem lauten Klirren zerbrach. Doch es war nicht genug… es würde niemals genug sein, das wusste er selbst. In ihm loderten immer noch dieser unbändige Hass und die Wut… und das Verlangen danach, es andere spüren zu lassen. Es war wie eine Sucht, von der er einfach nicht loskam. Anders konnte er es nicht beschreiben. So lange er sich zurückerinnern konnte, war er immer wütend oder leicht reizbar gewesen. Alles hatte ihn leicht auf die Palme gebracht. Egal ob es Leron gewesen war, wenn er geweint hatte oder wenn jemand eine nervende Stimme gehabt hatte. Als Kind hatte er sich selbst dafür gehasst, dass er immer so voller Wut war und diesen Drang verspürte, anderen wehzutun. Und er hatte nicht verstanden, wieso er immer solche Aggressionen hegte und warum er andere in seiner Umgebung verletzte. Da sein Vater nie für ihn da war, hatte er bei seiner Mutter Zuwendung gesucht, weil sie ihn als Einzige immer verstanden hatte. Sie hatte sich niemals von ihm abgewendet und ihn als Teufelsbrut oder Quälgeist bezeichnet. Nein, sie hatte ihn trotz allem geliebt und verstanden, warum er so war: weil er ein Teil ihrer Familie geerbt hatte und mit dem besonderen Mal der Cohans geboren worden war. Seine Iris hatte schon seit seiner Geburt einen goldgelben Ton gehabt. Es war eine außergewöhnliche Augenfarbe, wie es sie bei Menschen normalerweise nicht gab. Lediglich in der Cohan-Familie. Und die war bekannt dafür, dass sie Mörder, Psychopathen, Vergewaltiger und Gewalttäter hervorgebracht hätte. Seine Mutter hatte gewusst, dass er keine Ausnahme bildete und doch hatte sie ihn abgöttisch geliebt. Zumindest bis zu dem Tag, als Leron geboren wurde und sie sich dann nur noch um ihn gekümmert hatte. Ausgerechnet Leron! Dieser verdammte Mistkerl war doch genauso verrückt wie er selber. Das war einfach nicht fair. Wieso hatte Leron immer die ganze Aufmerksamkeit bekommen, obwohl er zuerst da gewesen war und so ein besonderes Verhältnis zwischen ihm und seiner Mutter existiert hatte? Warum nur? Wieso hatte seine Mutter Leron bevorzugt, obwohl er der Erstgeborene war? Auch wenn er verrückt und kein einfaches Kind gewesen war, sein kleiner Bruder Leron war doch genauso verrückt. Er führte doch ständig Selbstgespräche und steigerte sich in irgendwelche Wahnvorstellungen rein. Und trotzdem war er der bevorzugte Sohn. Er war Mutters Lieblingskind gewesen und selbst von seinem Vater hatte er mehr Aufmerksamkeit bekommen. Obwohl er der Jüngste war, hatte er einfach das Unternehmen Evans Hybrid Technologies bekommen. Das war einfach nicht fair! Dieser verdammte Bastard… Als ob es nicht schon eine Frechheit war, dass er trotz der Tatsache, dass er ebenfalls verrückt war, ohne die Augen der Cohans geboren worden war, er hatte ihm seine Mutter weggenommen. Leron… immerzu ging es nur um Leron. Alles drehte sich immer nur um ihn. Das konnte und wollte er nicht akzeptieren. Er war der älteste Sohn und der beste Geschäftsmann. Dass er mit den Augen und der labilen Psyche der Cohans geboren worden war, das war doch nicht seine Schuld. Er konnte nichts dafür, dass er so war und ein Vergnügen daraus zog, andere zu quälen. Nein, die Familie seiner Mutter trug Schuld daran, dass er so war. Warum sollte er sich da irgendetwas vorwerfen? Es war nicht seine Schuld, dass er Leron damals geschlagen und missbraucht hatte. Leron hatte sich das selber zuzuschreiben, weil er es gewagt hatte, ihm seine Mutter wegzunehmen.

Michael kniff stöhnend die Augen zusammen, als ein schmerzhafter Stich durch seinen Kopf ging. Dieses Mal waren die Kopfschmerzen so schlimm, dass er das Gefühl hatte, sie würden ihn noch umbringen. Doch nach einer Weile spürte er eine leichte Linderung durch das Aspirin, auch wenn die Kopfschmerzen nicht vollständig verschwanden. Seine Gedanken wanderten schließlich zu Jordans überraschenden Anruf. Er hatte schon gleich gedacht, dass irgendetwas war, denn normalerweise hatten sie eher sporadisch Kontakt zueinander. Und auch wenn Jordan kalt und glatt wie ein Aal war, gehörte er zu den wenigen Personen, die Michael nicht hasste und das war eine große Seltenheit. Jordan war ruhig, er machte nie Ärger und er hatte ihn hier und da mal unterstützt. Zwar waren sie momentan Rivalen im Kampf um die Nachfolge, aber Michael wusste, dass Jordan keinerlei Chancen gegen ihn hatte. Er war nicht annähernd so ein guter Geschäftsmann, auch wenn er alles andere als dumm war. Im Gegenteil, er war wahrscheinlich sogar der Intelligenteste von ihnen dreien, aber er war viel zu passiv und zog die Fäden lieber im Hintergrund. Er besaß nicht die Dynamik, um in den Vordergrund zu treten und aktiv zu werden. Und aus diesem Grund würde er auch nie der Nachfolger werden. Michael mochte Jordan irgendwie. Intellektuell waren sie auf einem ähnlichen Level, Jordan hatte ihn nie provoziert oder getadelt und er hatte ihm das eine oder andere Mal unter die Arme gegriffen. Außerdem passte Jordans Passivität zu seiner aggressiven und impulsiven Natur. Deshalb waren sie auch ein gutes Team. Und dass Jordan zu ihm hielt, zeigte sich ja auch durch die Tatsache, dass dieser ihm von Lerons „Eroberung“ erzählt hatte. Zuerst hatte Michael es für einen Scherz gehalten, aber jetzt, wo er so darüber nachdachte, passte es doch. Leron hatte ihm doch sein kleines Spielzeug damals weggenommen. Diesen niedlichen kleinen Jungen vom Straßenstrich mit den weißen Augen. Er hatte einen gewissen Gefallen an den Bengel gefunden, weil er ähnlich stigmatisiert war. Sie beide waren mit Augen gestraft, die sie als Monster brandmarkten. Der Vorteil war gewesen, dass der Junge auf dem Straßenstrich anschaffen ging und deswegen leicht zu haben gewesen war. Und er hatte wirklich Spaß mit ihm gehabt. Aber dann musste Leron kommen und ihm alles kaputt machen. Mal wieder… Immerzu musste er ihm alles wegnehmen, obwohl er nicht das Recht dazu hatte. Erst ihre gemeinsame Mutter, dann einen Teil des Konzerns und dann sein kleines Spielzeug. Immerzu nahm Leron ihm etwas weg, das ihm wichtig war. Wie es aussah, musste er ihm erneut beibringen, dass er nicht das Recht hatte, ihm immer alles wegzunehmen. Er würde es Leron am eigenen Leib spüren lassen, so viel stand fest. So wie er damals dieser Streunerkatze den Schädel eingeschlagen hatte. Aber dem Jungen würde er nicht den Schädel einschlagen. Nein, dazu war der Kleine zu niedlich. Er würde ihn einfach als sein Eigentum markieren und seinen Spaß mit ihm haben, während Leron dabei zugucken durfte. Das würde ihm endlich mal eine Lehre sein. Dieser Dreckskerl hatte es einfach so gewagt, ihm den Jungen wegzunehmen, der ihm gehörte und nun holte er sich einfach so seinen Spaß mit ihm. Der Junge gehörte ihm allein und nicht Leron oder irgendjemand anderem sonst.

Schließlich erhob sich Michael aus seinem Sessel, denn er hatte eine kleine Eingebung. Eine Idee war ihm gekommen, was er machen könnte und es war genial. Jetzt brauchte er nur noch das entsprechende Equipment. Aber das würde er schon sicher besorgt kriegen. Und er wusste auch schon, wen er fragen würde. Mit dem Porsche, den er sich erst vor kurzem zugelegt hatte, fuhr er in eine etwas entlegenere Gegend, ein heruntergekommenes Ghetto nicht weit vom Straßenstrich entfernt. Dort wohnte jemand, der ihn als Einziger wirklich verstand. Als er das Apartment erreichte und an die Tür klopfte, wurde die Tür geöffnet und ein Mann mit vernarbtem Gesicht, langen schwarzen Haaren und goldgelben Augen tauchte auf. Sein Name war Jackson Cohan, ein sehr entfernter Verwandter. Genau genommen waren ihre Urgroßväter Cousins gewesen und die Cohan-Familie hatte einen außergewöhnlich weit reichenden Stammbaum und Verwandte fand man sogar in ganz Amerika. Trotzdem hatte gleich von Anfang an eine gewisse Verbundenheit zwischen ihnen beiden geherrscht, als wären sie Brüder. Auch das war ein merkwürdiges Phänomen in der Cohan-Familie. Familienmitglieder, die besonders labil waren, quälten ihre Kinder und Geschwister, aber Cousins oder entfernte Verwandte hielten zusammen. Vor allem wenn sie mit diesen Augen stigmatisiert waren.

„Hey Mike, was willst du denn um die Uhrzeit hier?“

Jackson Cohan bot einen furchtbaren Anblick. Seine Haare waren zerzaust und fielen ihm teilweise ins Gesicht und sein Gesicht und auch der Rest seines Körpers waren hässlich vernarbt durch alte Brandverletzungen. Jacksons fanatische Tante hatte geglaubt, er wäre besessen und hatte ihn angezündet. Sein Vater war Metzger und Frauenmörder gewesen und hatte seinen Sohn regelmäßig misshandelt. Jackson war schließlich durchgedreht und hatte seinen Vater mit einem Messer mehrfach in die Brust gestochen, als dieser ihn töten wollte. Danach war Jackson zu seiner Tante gekommen, die gleichzeitig auch seine Mutter war, nachdem sie von ihrem eigenen Bruder vergewaltigt und geschwängert worden war. Jackson war das Produkt dieses Inzests und um ihre Seele zu retten, wollte sie ihr Kind töten. Nur ein kleiner Auszug aus dieser langen Familiengeschichte voller Gräueltaten.

„Guten Abend, Jack. Ich dachte, du kannst mir ein wenig unter die Arme greifen. Ich habe meinem jüngsten Bruder eine Lektion zu erteilen, weil er mir etwas weggenommen hat, was mir gehört. Und ich will ihn dafür bestrafen. Hättest du da etwas für mich?“

Jackson grinste und seine goldgelben Augen funkelten gefährlich. Etwas Manisches tauchte in ihnen auf.

„Aber klar doch. Komm rein und erzähl mir mehr davon. Ich denke ich habe da ein paar Utensilien, die du nehmen kannst, um deinen Bruder angemessen zu bestrafen.“

Und damit verschwanden sie gemeinsam in die Wohnung, wo Michael ihn in seinen Plan einweihte. Er wusste, dass er Jackson vertrauen konnte. Nachdem Jordan weggefallen war, hatte sich sein entfernter Verwandter, der seinerseits kein ungeschriebenes Blatt war und nur aufgrund der Tatsache, dass er seine vier Morde als „Scarecrow Jack“ in Verkleidung und ohne das Hinterlassen von Spuren durchgeführt hat, noch nicht von der Polizei gesucht wurde. Und das verband sie beide: sie konnten tun und lassen was sie wollten, ohne dass jemand sie schnappen würde. Michael hatte seinen Vater, der ihn immer aus der Scheiße rausholte und Jackson war vorsichtig genug, um keine Spuren zu hinterlassen. Sie beide waren auf ihre Weise süchtig und konnten nicht ohne ihre ganz spezielle Droge nicht leben.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ach ja, meine Lieblingsfamilie: die Cohans. Ursprünglich entwickelte ich diese Familie für eine Creepypasta, in der Jackson von seinem Vater misshandelt und missbraucht wird und nachdem dieser wegen Mordes an mehreren Frauen ins Gefängnis kommt, wird Jackson zu seiner Tante gebracht, die ihn ebenfalls misshandelt und dann auf einem Scheiterhaufen verbrennt. Jacksons Seele nimmt danach von einer Vogelscheuche Besitz und ermordet nach und nach Mitglieder der Sekte, die seine Tante leitet und wird zur Killervogelscheuche "Scarecrow Jack", die ihre Opfer aufschlitzt und mit Süßigkeiten ausstopft. Jackson tauchte in meiner Jesse Wyatt FF auf, allerdings als Mensch und sein Cousin Simon Cohan alias "Sigma the Eyeball-Killer" war die Vorlage zu Simon Cavanaugh. Allerdings herrscht keine Blutsverwandtschaft zwischen Simon und Jackson in dieser Geschichte.
Tja, dass Leron, Jordan und Michael von der berüchtigten Cohan-Familie abstammen, merkt man so langsam. Leron leidet an Schizophrenie, Michael an extremer Aggression und Sadismus und Jordan ist ein eiskalter Spieler, der seine Brüder gegeneinander aufhetzt und Michael manipuliert, ohne dass dieser etwas merkt. Und nun haben wir auch Michaels Motiv, wieso er Leron so quält: purer Neid und blanke Eifersucht. Und Jordan hat das erkannt und genutzt, um Michael auf Leron zu hetzen und ihn zum Sündenbock zu machen. Wirklich eine Traumfamilie... Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Scorbion1984
2016-03-10T11:48:59+00:00 10.03.2016 12:48
Das ist ja eine tolle Familie so nach dem Motto -einer bringt den anderen um ,der letzte bringt sich selber um - ,ein Glück für jeden der in einer einigermaßen intakten Familie aufwächst ! Aber schwarze Scharfe gibt es wohl ueberall ! Hoffentlich gewinnt dieser Michael nicht ,ich hoffe man erwischt ihn vorher !
Von:  Yamasha
2016-03-10T10:02:44+00:00 10.03.2016 11:02
Ich find s gut, mal zu erfahren, warum Michael so ist. Durch die psychische Krankheit kann ichs nachvollziehen, aber immer noch nicht verstehen. Wobei dieses Gefühl, dass Leron ihm immer was wegnimmt, aus Michaels Sicht einleuchtend ist. Aber ich beginne allmählich, den Vater zu hassen. Ganz im Ernst, so was kann man doch nicht machen! Dieses ganze Vertuschen und so weiter kommt am Ende doch viel viel schlimmer hoch!
Antwort von:  Sky-
10.03.2016 11:57
Ich glaube, man kann es auch nicht verstehen, solange man nicht in derselben Lage ist. Und dass Lionel (also der Vater) erhebliche Mitschuld an der ganzen Situation trägt, ist ja inzwischen auch klar. Anstatt alles totzuschweigen, hätte er seine Söhne in Therapie schicken sollen. Dann hätte Michael gelernt, mit seinen Aggressionen und seinen Fantasien umzugehen. Vielleicht hätten spezielle Maßnahmen oder eine medikamentöse Behandlung geholfen, ebenso wie Leron bei seiner Schizophrenie. Aber leider ist die Situation inzwischen vollkommen verfahren und die drei Brüder sind drauf und dran, sich gegenseitig das Leben noch schwerer zu machen. Michaels Denkweise erinnert ein bisschen an die eines kleinen Jungen, dem man sein Spielzeug wegnimmt. Nur anstatt dass er anfängt zu heulen, schlägt er direkt drauf los, um es sich mit Gewalt zurückzuholen.
Von:  Seranona
2016-03-10T08:06:12+00:00 10.03.2016 09:06
Tolles kapitel.
Ich finde es gut, wie du die geschichte aus Lerons Perspektive erzählst, aber auch, wie du michaels gefühle mit rein bringst.
Jetzt kann man ein bisschen Michaels Hintergründe verstehen...weil er einfach glaubt, dass Leron ihm alles weg nimmt ._.
Die Psychopathen gibt es ja wirklich in einigen Familien...sowas ist genetisch veranlagt.
Gut recherchiert ;)
Mir gefällt auch, dass Simon Leron wieder durch ein paar wenige Worte zur besinnung rufen kann und ihm vr Augen führt, dass er ganz anders als sein Bruder ist.
Ich mache mir grad ein bisschen Sorgen um die beiden Turteltäubchen ._.
Auch wenn es bestimmt genial wäre zu lesen xP
Aber wenn Leron mitansehen muss wie Simon von Michael gequält wird, dann dreht der bestimmt voll durch...oder aber er zerbricht daran u_u'

ich warte gespannt auf weiteres ^-^'
liebe Grüße und weiter so *knuff*
die nona
Antwort von:  Sky-
10.03.2016 12:16
Ja, ich hab das mal gelesen, dass einige psychische Krankheiten wie zum Beispiel Schizophrenie sehr häufig auch genetisch veranlagt sind. So auch die Tendenz zum Suchtverhalten, das kenne ich von meiner Familie. Michael hätte schon als Kind in Therapie geschickt werden müssen und Leron genauso. Dann wäre der jetzige Schaden nicht so schwerwiegend wie jetzt. Natürlich wird es nicht ganz ohne sein, wenn beide Brüder aufeinandertreffen und Simon in Gefahr gerät. Schlimmstenfalls könnte Leron die Kontrolle verlieren denn man darf nicht vergessen, dass auch er diese Veranlagung der Cohan-Familie hat. Die Beziehung zu Simon ist für Leron wie ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ist er dank Simon in der Lage, sich zu beherrschen und nicht durch seine Krankheit zu sehr beeinflussen zu lassen. Immerhin verhält er sich nur anderen Leuten gegenüber schroff und feindselig, während er Simon gegenüber sehr fürsorglich ist. Aber sobald eine Gefahr für Simon besteht oder Lerons Angst um ihn zu stark wird, verfällt er noch schlimmer in diese gefährlichen Verhaltensmuster. Problem ist nur, dass er nicht erkennt, dass er schizophren ist und die Stimme in seinem Kopf für real hält. Und auch sein gewisses Aggressionspotential, welches sich ja schon gezeigt hat als er den Spiegel zerschlagen hat, versucht er zu verleugnen weil er Angst hat, dass er so werden könnte wie Michael.

Ich bin der Meinung, dass der Vater einen ganz großen Teil zu diesem Problem beigetragen hat. Hätte er etwas gegen die Krankheit seiner Söhne unternommen, wären sie jetzt nicht so.
Antwort von:  Seranona
10.03.2016 12:24
Nur war dem vater das Image der familie wichtiger als die Gesundheit seiner Söhne.
Ich verdränge immer, dass Leron auch so aggressiv werden kann, weil, wie schon gesagt, er immer so fürsorglich bei Simon ist.
Und man hat ihn ja kaum zusammen mit anderen erlebt... ^///^
Ich weiß nicht, ob Simon ihn vielleicht irgendwann bei seinen Selbstgesprächen erwischt und ihn vielleicht zu einer professionellen Hilfe anrät...aber es wäre sicherlich sinnvoll.
Die ganze Familie hat so leiden müssen, und leidet immer noch.
Und das haptsächlich durch das Verhalten und die Unterlassung von Hilfe durch die Eltern...
u_u'
Ich kann es kaum erwarten...irgendwie.
Du lässt mich total angespannt und neugierig hier vor dem Monitor sitzen >_<'
Von: Hinata_Shouyou
2016-03-10T00:56:57+00:00 10.03.2016 01:56
Super Kapitel was anderes kann ich nicht sagen und ich freue mich für die beiden na gut so ganz ist ja noch nicht alles geklärt aber die Hoffnung stirbt zuletzt:)


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