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With You, it's different

[Stingue-Week 2017]
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Okay, die Stingue-Week ist eigentlich schon vorbei, aber ich bleibe weiter am Ball!

Dieser OS hier enthält sehr viele Informationen zu Stings Hintergrund und Umfeld und irgendwie hat sich überraschend viel Stitsu mit eingeschlichen - ich liebe dieses Broship einfach! *~*

Die Interaktion zwischen Sting und Rogue ist dabei vielleicht ein bisschen zu kurz gekommen, aber ich denke, dass es an dieser Stell einfach wichtig war, Sting schrittweise darauf hinzuführen, dass er die Initiative ergreift. Das NaYu im Hintergrund und die anderen Pairing-Hints mussten dann auch einfach sein XD"
Minerva hat natürlich versucht, Rogue dazu zu bringen, Sting reinen Wein einzuschenken - nur eben auf ihre eigene Art XD"

Viel Spaß beim Lesen und vielen Dank im voraus für jeden Kommentar!
LG
Yosephia Komplett anzeigen

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[Day 3] - Long awaited COMING OUT

Im Alter von fünfzehn Jahren hatte Sting das erste Mal für einen Jungen geschwärmt. Es war ein Austauschschüler aus Alvarez gewesen, den sein Bruder für zwei Wochen bei ihnen hatte beherbergen müssen, mit sonnengebräunter Haut, perfekt gestylten, weißblonden Haaren, edlen Gesichtszügen, schmalen Augenbrauen über stechend orangefarbenen Augen. Natsu hatte sich nie mit ihm verstanden und ihn als überheblich beschimpft, Lector – damals vier Jahre alt – hatte ihm die Zunge heraus gestreckt, wann immer er ihm über den Weg gelaufen war, und Lucy hatte ihm schon am dritten Tag eine gescheuert, weil er sie als „Weibchen“ bezeichnet hatte.

Im Grunde war Rakheid ein Oberarschloch gewesen, aber auf rein körperlicher Ebene hatte Sting ihn doch anziehend gefunden. Zwei Wochen lang war er um dieses Thema herum geeiert, hatte sich aus Trotz ein Schmuddelheftchen aus Natsus Versteck stibitzt, das ihn jedoch vollkommen kalt gelassen hatte, und hatte sogar versucht, seine Cousine zum Knutschen zu überreden – die Ohrfeige glaubte er heute noch zu spüren und Sting hatte seinen Vätern so vage wie möglich zu erklären versucht, warum er den feuerroten Handabdruck auf seiner Wange verdient hatte.

An seinem letzten Tag der Magnolia High hatte Rakheid Sting in einer dunklen Decke abgepasst und ihn geküsst. Es war kein romantischer Kuss mit Schmetterlingen und rosa Wölkchen gewesen, aber in Stings Bauch hatte sich etwas Kribbeliges zusammen gezogen und seine Augen waren wie von selbst zugefallen, während seine Lippen sich unbeholfen gegen die des Anderen bewegt hatten. Er hatte den harten, verlangenden Weisungen des Blondschopfes nachgegeben, hatte schließlich sogar bereitwillig seine Lippen für die Zunge geöffnet und seine eigene gehoben. Vielleicht hatte er damals sogar gestöhnt, an einigen Stellen war die Erinnerung heute schwammig, weil Sting damals so von Reizen überflutet worden war. Was er heute noch wusste, war, dass er danach puddingweiche Knie gehabt hatte. Rakheid hatte ihm einen Zettel in die Gesäßtasche geschoben, ihm ein „Ruf mich an“ ins Ohr gehaucht und ihn dann einfach stehen gelassen.

In diesem Moment war Sting klar geworden, dass er schwul war.

Es war kein Schock für ihn gewesen – wie auch, seine Väter waren Beide schwul! –, aber es hatte ihn neugierig gemacht. Um sich nicht mit dem Oberarschloch Rakheid begnügen zu müssen, hatte Sting danach anderweitig die Gewässer ausgelotet, aber den Zettel hatte er doch nicht weg geworfen. Und mit sechzehn hatte er sich doch darauf eingelassen und Rakheid über Skype angerufen. Der Blondschopf hatte ein offensichtliches Vergnügen daran gehabt, dem Jüngeren mit pikanten Instruktionen zu zusetzen, aber auf seine Art war es für Sting lehrreich gewesen. Bis hin zu dem Moment, als er gemerkt hatte, dass er sich von Rakheids überheblichen Lächeln eigentlich nur noch genervt fühlte, und seinen Skype-Account gelöscht hatte, um nie wieder etwas mit dem Älteren zu tun zu haben.

Mit Siebzehn hatte Sting seinen ersten richtigen Freund gehabt und danach… noch mehrere andere. Sie waren gekommen und gegangen und in der Regel hatte Sting mit ihnen für eine Weile Spaß gehabt. Richtige Gefühle waren so gut wie nie im Spiel gewesen.

Warum um Himmels Willen also musste er sich ausgerechnet in einen Hetero verlieben?!

Schmollend lag Sting mehr auf seinem Stuhl als dass er darauf saß, die Arme vor der Brust verschränkt, den Blick finster zu Boden gerichtet, während um ihn herum mal wieder eine Studentenparty tobte. Die Musik bestand im Wesentlichen nur aus dröhnenden, rhythmischen Bässen, die es den Anwesenden einfach machten, zumindest so zu tun, als würden sie tanzen, während sie gleichzeitig Bier, Bowle oder härteren Alkohol in sich hinein kippten. Die Deckenleuchten des Studenkellers waren ausgeschaltet, stattdessen beleuchteten mehrere Discokugeln in verschiedenen Größen die ansonsten schummrige Szenerie. In einige Ecken gelangte das Licht gar nicht und man konnte dort nur vage eng umschlungene Körper ausmachen.

Normalerweise war so etwas für Sting eine hervorragende Gelegenheit, um unverbindlich in einer abgeschiedenen Ecke rum zu machen, ganz ohne Namen und Verpflichtungen, oder vielleicht auch einen One Night Stand abzuschleppen. Aber Sting hatte das schon seit Ewigkeiten nicht mehr gemacht – realistisch betrachtet, waren drei Monate eigentlich nicht viel, aber für Stings Verhältnisse war das wirklich eine Ewigkeit – und schuld daran war allein Rogue Cheney!

Als sich jemand neben ihm auf den freien Stuhl fallen ließ, hob Sting nur weit genug den Blick, um seinen Bruder zu erkennen. Natsu grinste wie ein Honigkuchenpferd und ließ sich von Stings offensichtlichem Unmut nicht beirren, als er ihm eine Bierflasche anbot. Dass Natsu, der für ein verlängertes Wochenende nach Crocus gekommen war, auch als Nicht-Student Spaß an einer Studentenparty hatte, wunderte Sting kein Stück. Der frisch gebackene Absolvent der Polizeiakademie war schon immer für so etwas zu haben gewesen.

„Nun guck’ doch nicht so finster, sonst bringst du noch jemanden zum Weinen“, gluckste Natsu und stieß seine geöffnete Bierflasche sachte gegen Stings, ehe er einen großen Schluck daraus nahm.

Sting brummte nur in seine Richtung, ehe er an seiner eigenen Flasche nippte. Er hatte heute gar keine Lust auf eine Party gehabt – insbesondere nicht auf diese Party. Am liebsten hätte er sich in seinem Studentenwohnheimzimmer verkrochen und versucht, endlich eine der Portraitskizzen vernünftig zu Papier zu kriegen, die er nächste Woche abgeben musste und die ihm aus einem ihm nur zu gut bewussten Grund dieses Mal Probleme bereiteten.

„Dir ist schon klar, dass dein Rogue nicht zurück gebaggert hat, als die Kleine ihm auf die Pelle gerückt ist?“

Sting verschluckte sich an seinem Bier und beugte sich hustend vornüber. Auf seinem Rücken spürte er das nachlässige Klopfen seines Bruders, das jedoch nicht dabei half, das Bier wieder aus seiner Luftröhre heraus zu bekommen. Japsend richtete Sting sich schließlich wieder auf und fauchte seinen Sitznachbarn an: „Er ist nicht mein Rogue!“

„Zu schade aber auch, hm?“, gluckste Natsu und nahm ungerührt einen weiteren Schluck Bier zu sich. Am liebsten wäre Sting ihm an die Kehle gegangen.

Normalerweise war Natsu so scharfsinnig wie eine Kartoffel und eigentlich hatte Sting sich wirklich alle Mühe gegeben, nichts von seinen Gefühlen für den schwarzhaarigen Mathematikstudenten, mit dem er sich in den letzten drei Monaten angefreundet hatte, an die Ohren seiner Familie dringen zu lassen. Aber dummerweise war Natsu vorhin dabei gewesen, als Rogue von einer SpoWi-Studentin heftig angemacht worden war. Zwar hatte Sting wirklich versucht, sich nichts anmerken zu lassen, doch der Anblick war ihn einfach sauer aufgestoßen. Nicht weil er Besitzansprüche anmelden wollte, sondern weil er nicht tun konnte, was dieses Flittchen tun konnte – weil Rogue verdammt noch mal nie hatte durchblicken lassen, ob er auch auf Männer stand!

„Mir hätte gleich klar sein müssen, dass etwas faul ist, als du mal erwähnt hast, dass du dich mit einem Mathematikstudenten angefreundet hast“, kicherte Natsu verschlagen.

„Halt’ die Fresse“, knurrte Sting und nahm einen großen Schluck von seinem Bier, während er seinem Bruder mit der freien Hand den Mittelfinger zeigte.

„Keine Sorge, ich verrate Pa und Dad nichts. Für eine Gegenleistung, versteht sich.“

Sting wünschte sich, Blicke könnte töten – oder er hätte ein Messer zur Hand oder einen ganzen Sack Haselnüsse, die er seinem hochallergischen Bruder in den übergroßen Rachen stopfen konnte.

„Was für eine Gegenleistung?“

„Yukinos Handynummer“, war die prompte Antwort.

Überrascht richtete Sting sich gerade auf und suchte in der Menge den weißen Haarschopf seiner besten Freundin. Sie stand mit Arana und Lisley zusammen und beobachtete mit ihnen, wie Kagura mit hochroten Wangen an der Bar stand und mit Rogues Freund Rufus redete.

„Sie ist doch single, oder?“, fragte Natsu beiläufig, aber Sting vermeinte, doch eine gewisse Anspannung aus der Stimme seines Bruders heraus zu hören.

„W-wa… WAS?! Du bist in Yukino verknallt?! Du kennst sie gerade mal seit ein paar Stunden!“, rief Sting und deutete verdattert auf seinen älteren Bruder.

Der zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. „Na und? Sie ist nett und sieht niedlich aus. Ich kann’s ja mal versuchen. Also, ist sie nun single?“

„Ähm…“

Woher nahm Natsu bloß die Coolness, so ruhig über sein Interesse für eine Frau zu reden, die er wirklich erst seit ein paar Stunden kannte? So gerade heraus er bei allen anderen Dingen immer war, beim Thema Beziehung hatte er bisher nie viel Anteilnahme durchblicken lassen. Soweit Sting wusste, war die letzte Beziehung seines Bruders zwei Jahre her und so umtriebig wie Sting war Natsu auch nie gewesen – die Schmuddelheftchen waren wahrscheinlich immer eher zum Dampfablassen gewesen oder so.

„Ja, ist sie“, sagte Sting schließlich langsam, ehe er sich wieder fasste. „Aber ich werde dir nicht einfach so ihre Nummer geben. Yukino ist da ein bisschen eigen… Ich könnte ihr deine Nummer geben, damit sie dich zurück ruft?“

„Guter Bruder!“, lobte Natsu nun wieder fröhlich grinsend und schlug Sting so kräftig auf die Schulter, dass dem beinahe die Bierflasche aus der Hand gerutscht wäre.

„Erinnere dich an Weihnachten daran und geh’ zu Jonah’s Art, wenn du ein Geschenk für mich suchst. Meine Aquarellfarben gehen zur Neige und neue Pinsel wären auch nett, Kamelhaar, bitteschön!“, brummelte Sting und bedachte seinen Bruder wieder mit einem düsteren Blick. „Wehe, das wird wieder so eine Titten-Schürze!“

Natsu legte den Kopf in den Nacken und lachte lauthals, ehe er Sting schon wieder auf die Schulter schlug. „Du musst zugeben, dass es cool aussah, als du das Ding abgefackelt hast!“

Sting verdrehte die Augen. Es war nichts Ungewöhnliches, dass die Brüder einander sinnlose oder auch einfach verrückte Geschenke machten. Sting hatte seinem Bruder einmal einen Vibrator geschenkt – im selben Jahr hatten sie zusammen gelegt und Lucy eine Spielzeugpeitsche geschenkt und Heilige Scheiße, das Ding hatte echt weh getan, als seine Cousine ihn und Natsu damit durch den Garten gejagt hatte! Letztes Jahr jedoch hatte Natsu den Vogel abgeschossen, als er Sting eine dieser dämlichen Grillschürzen geschenkt hatte, auf der eine splitterfasernackte Frau mit Atombusen abgebildet gewesen war. In dem Jahr hatten alle Männer in Natsus Umkreis so ein hässliches Ding bekommen – weil sie im Dutzend billiger waren!

„Versprochen, dieses Jahr kriegst du etwas Gutes“, sagte Natsu enthusiastisch grinsend und hielt Sting seine Flasche entgegen.

„Dein Wort in Gottes Gehörgang!“, schnaubte Sting, stieß jedoch artig an.

Im einvernehmlichen Schweigen saßen sie nebeneinander und beobachteten das Treiben im Studentenkeller. Yukino war jetzt mit Arana alleine und redete mit ihr. Lisley entdeckte Sting gemeinsam mit Orga auf der Tanzfläche. Zwischen all den sich windenden Körpern ragte der Sportstudent mühelos heraus. Viele der anderen Tanzenden sahen sich immer wieder irritiert nach ihm um, aber seine Augen ruhten die ganze Zeit auf seiner Freundin.

Stings Blick wanderte weiter zur Bar, wo just in diesem Moment Rufus Kaguras Hand ergriff, um sie auf die Tanzfläche zu ziehen. Die Schwarzhaarige sah aus, als würde sie am liebsten sofort die Flucht ergreifen, aber dann drehte Rufus sich zu ihr herum und im nächsten Moment ließ sie sich widerstandslos weiter führen. Dieses wilde Ross war dann wohl gezähmt worden…

Eigentlich wollte Sting sich noch eine Weile an Kaguras zaghaften Tanzversuchen ergötzen, aber dann fiel sein Blick zufällig auf Rogue, der etwas weiter hinten an der Bar stand. Neben ihm lehnte Minerva an der Theke und stieß ihn immer wieder mit dem Ellenbogen an, als wollte sie ihn zu irgendetwas auffordern. Rogues Gesicht konnte Sting nicht erkennen und auch Minervas Mimik wurde vom Wirrwarr der bunten Lichter verzerrt, aber Sting malte sich aus, dass sie Rogue dazu ermunterte, noch mal zu dem Mädchen zu gehen, das ihn vorhin angebaggert hatte.

Auf einmal schmeckte sein Bier schal und Sting ließ die Flasche langsam sinken.

Nach seinem – selbst für seine Verhältnisse – peinlichen Auftritt in der Mensa vor mehr als drei Monaten hatte er den attraktiven Schwarzhaarigen nicht mehr aus dem Kopf gekriegt. Wann immer er das Gelände der Saber Uni betreten hatte, hatte er sich heimlich nach dem Mann umgesehen und vielleicht oder vielleicht auch nicht hatte er sogar von ihm geträumt.

Als er Rogue dann vor dem Studierendensekretariat begegnet war, war er sich sicher gewesen, zu träumen. Er war meganervös gewesen und wäre am liebsten in Grund und Boden versunken, als ihm der Rucksack runter gefallen war. Doch irgendwie war er damals dann doch mit Rogue ins Gespräch gekommen und danach war es auf einmal ganz einfach gewesen.

Obwohl die Fächer, die sie Beide studierten, so weit voneinander entfernt waren wie nur irgendwie möglich, gab es doch immer irgendwie ein Gesprächsthema. Rogue war ein wahnsinnig geduldiger und aufmerksamer Zuhörer, wenn Sting lustige Geschichten aus seiner Kindheit erzählte, schien es jedoch nicht gewohnt zu sein, wenn jemand ihm viele Fragen stellte.

Dennoch wusste Sting nun, dass der Andere eine kleine Schwester hatte, die in Lectors Alter war und einen Herzfehler hatte. Um seinen alleinerziehenden Vater zu entlasten, hatte Rogue deshalb staatliche Fördergelder für sein Studium beantragt und lebte in einer winzigen Ein-Raum-Wohnung auf der anderen Seite der Stadt. Rogue hatte gewisse Details ausgelassen, aber Sting glaubte, ihn gut genug zu kennen, um sie sich zusammen reimen zu können. Am offensichtlichsten war, dass seine Schwester Frosch für Rogue unglaublich wichtig war. Wenn er von ihr erzählte – tatsächlich das einzige Thema, bei dem er mal mehr aus sich heraus ging –, wurde seine Miene ganz weich und zärtlich.

Als Sting diese Miene das erste Mal gesehen hatte, war es ihm wie Schuppen von den Augen gefallen. Mit völliger Klarheit war ihm auf einmal bewusst geworden, dass er in Rogue verliebt war, dass er ihn näher kennen lernen wollte, mehr von dieser weichen Miene sehen wollte, selbst der Grund für so eine Miene sein wollte…

Ein Stoß an seinem Knie ließ Sting zur Seite blicken. Sein Bruder schenkte ihm ein aufmunterndes Grinsen. „Der Mann hatte kein Interesse an dem Mädchen, Sting. Mach’ dir nicht so einen Kopf darum, sonst tust du dir noch weh.“

„Haha, sehr lustig!“, spie Sting giftig und zeigte Natsu wieder seinen Mittelfinger, ehe er sich knurrend in seinem Stuhl zurücklehnte. „Außerdem geht es nicht um dieses spezielle Mädchen, sondern um Frauen generell.“

„Hä?“, machte Natsu nicht besonders schlau.

Verzweifelt warf Sting die Arme hoch und hätte dabei beinahe etwas von seinem Bier verschüttet. „Er hatte eine Freundin, Natsu! Nein, mehrere Freundinnen! Er hat immer nur von Frauen gesprochen, wenn er denn mal von Beziehungen geredet hat! Er steht nicht auf Männer, so sieht es aus!“

„Muss er denn auf Männer stehen?“, fragte Natsu verständnislos. „Es reicht doch, wenn er auf dich steht.“ Für einen Moment dachte Sting darüber nach, ob seine Väter es ihm sehr übel nehmen würden, wenn er Natsu den Hals umdrehte, aber da sprach der auch schon weiter. „Als wir vorhin kurz mit ihm geredet haben, hat er mich kaum angesehen und sich nur auf dich konzentriert. Und nicht auf diese widerliche Art, wie Dan es immer bei Lucy gemacht hat.“

Sting verzog das Gesicht. Was dieser Schmierlappen damals mit ihrer Cousine gemacht hatte, ging auf keine Kuhhaut. Wenn der sich nicht auf einem anderen Kontinent befunden hätte, hätten Natsu und Sting ihm gezeigt, was sie davon hielten. Zu ihrem großen Unwillen hatte Lucy dennoch darauf bestanden, ihr Studium in Vistarion fortzusetzen. Zumindest hatten die Spielchen ihrer Cousins tatsächlich den gewünschten Effekt gehabt und Lucy auf andere Gedanken gebracht.

„Woher willst ausgerechnet du das wissen?“, brummelte Sting schließlich und versuchte dabei, jedwede Hoffnung gleich im Keim zu ersticken. „Wir sind nur Freunde, mehr nicht. Er hat nie irgendetwas angedeutet.“

„Hast du denn irgendetwas angedeutet? Jetzt mal abgesehen davon, dass es eigentlich sowieso offensichtlich ist?“, fragte Natsu amüsiert.

„Nein, weil ich keinen Hetero anbaggern will!“

„Also willst du lieber auf sein Coming Out warten, als die Initiative zu ergreifen?“

Was war heute eigentlich mit Natsu los? Der hatte doch sonst immer so eine lange Leitung und hatte sich noch nie in die Liebesangelegenheiten seines Bruders eingemischt – auch wenn er keinen Hehl aus seiner Abneigung gemacht hatte, als er herausgefunden hatte, dass Sting etwas mit Rakheid hatte.

„Du ergreifst doch auch nicht die Initiative, du schickst mich vor, damit ich Yukino deine Handynummer gebe, und dann muss sie den ersten Schritt machen“, wich Sting aus, um nicht zugeben zu müssen, dass er viel zu viel Angst hatte, die Initiative zu ergreifen. Was sollte er bloß tun, wenn Rogue wirklich nicht auf ihn stand? Dann würde diese Sache doch immer zwischen ihnen stehen und ihre Freundschaft würde sich sehr schnell wieder in Wohlgefallen auflösen. Sting hatte richtigen Horror vor diesem Gedanken!

„Alles klar!“ Verdutzt blickte Sting hoch, als sein Bruder auf einmal auf den Beinen stand, den Rest seines Biers auf Ex trank und die Flasche dann achtlos auf den Stuhl stellte. Mit einem herausfordernden Grinsen drehte Natsu sich zu ihm um und rieb sich die Hände. „Dann lass’ es uns durchziehen! Ich frage Yukino, ob sie morgen mit mir ins Kino geht, und du fragst Rogue, ob er mit dir tanzt. Deal?“

„Bist du bekloppt?!“, rief Sting und klammerte sich mit der freien Hand unwillkürlich an seinen Stuhl. „Wenn ich das mache, dann könnte-“

„Ach, Scheiß Konjunktiv! Wie oft Lucy mich damit genervt hat!“, erwiderte Natsu wegwerfend und entwand Sting die Bierflasche, um sie neben die leere zu stellen, ehe er an seinen Händen zu ziehen begann. „Komm’ schon! Augen zu und durch! Wie damals beim Klippenspringen im Urlaub auf Enca!“

„Dabei hast du dir ein Bein gebrochen“, erinnerte Sting und sah sich panisch nach einem Ausweg um.

„Aber bis dahin hat es Spaß gemacht“, lachte Natsu und schaffte es nun tatsächlich, Sting auf die Beine zu ziehen und dann in Richtung der Bar zu schieben. „Na los! Schnapp’ ihn dir, Tiger! Schwanz einziehen ist nicht!“

Gnadenlos versetzte Natsu seinem Bruder einen Schubs und der stolperte mehrere Schritte nach vorn, ehe er sein Gleichgewicht wieder fand. Schwer schluckend blickte er in Rogues Richtung. Der Schwarzhaarige nippte an einem Glas Wasser und stierte auf die Tanzfläche, während Minerva ihn weiterhin – oder schon wieder – mit ihrem Ellenbogen traktierte.

Die Vorstellung, es auch noch ausgerechnet vor Minervas Augen zu wagen, war der reinste Horror für Sting. Wenn er ehrlich war, hatte er immer noch ein bisschen Schiss vor der Schwarzhaarigen. Sein Blick wanderte zu seinem Bruder hinüber, der bereits bei Yukino und Arana stand. Die Miene seines Bruders konnte Sting zwar nicht sehen, dafür aber, wie das Gesicht seiner besten Freundin immer dunkler und dunkler wurde, während Arana sich taktvoll – aber doch mit einem unverhohlen amüsierten Grinsen auf den geschminkten Lippen – zurückzog.

Natsu und Yukino. Das war eine reichlich kuriose Kombination. Bislang hatte Sting geglaubt, sein Bruder stünde eher auf dem sportlichen Typ, der für jedes Abenteuer zu haben war. Yukino wurde von den meisten ja eher für unscheinbar gehalten. Ein dummes, oberflächliches Urteil! In der Weißhaarigen steckte trotz ihres sanften Charakters eine Menge Feuer. Wenn es um etwas ging, was ihr wichtig war, ließ sie sich um keinen Preis in der Welt ins Bockshorn jagen. Sie war eine absolut loyale Freundin, hatte immer ein offenes Ohr, sah in jedem das Gute, war so eine echte Kameradin zum Pferdestehlen.

Ob Natsu das alles auch schon erkannt hatte? Der Gedanke gefiel Sting irgendwie. Yukino hatte einen Mann verdient, der ihr auf Augenhöhe begegnete, und Natsu täte ein bisschen Liebesglück auch gut, nachdem seine letzte Freundin sich in einen Anderen verliebt hatte. Man konnte es ihr wohl kaum zum Vorwurf machen, so etwas konnte man ja nicht kontrollieren, Natsu jedenfalls hatte ihr damals, soweit Sting das mitgekriegt hatte, sogar Alles Gute gewünscht. Aber Sting wusste auch, dass sein Bruder danach eine ganze Weile keine Lust auf überhaupt irgendetwas gehabt hatte…

Yukino sah für einen Moment genauso panisch aus, wie Sting sich eben noch gefühlt hatte. Ihre zierlichen Hände lagen auf ihren flammendroten Wangen und ihr Mund bewegte sich wie bei einem Fisch – wahrscheinlich auch genauso lautlos. Doch dann ließ sie die Hände auf einmal sinken, ballte sie an ihren Seiten zu Fäusten und straffte die Schultern, ehe sie zu Natsu aufblickte und nickte.

Das war doch nicht zu fassen! Natsu war nicht einmal einen halben Tag hier und machte innerhalb weniger Stunden mit einem umwerfenden Mädchen ein Date klar!

Abrupt drehte Sting sich um und stapfte in Rogues Richtung. Dahinter konnte er nicht zurück stehen! Er eierte schon seit Monaten um seine wahren Gefühle herum! Von wegen Freundschaft war genug! Er wollte mehr mit Rogue!

Als er sich vor Rogue aufbaute, ließ der vor Schreck beinahe sein Wasserglas fallen und Minervas Ellenbogen blieb mitten in der Luft hängen, während beide Schwarzhaarigen Sting mit großen Augen ansahen. Der ließ sich keine Zeit mehr, um noch mal darüber nachzudenken, sondern platzte gleich mit der Frage heraus: „Rogue, willst du mit mir tanzen?!“

Was sich als nächstes auf Rogues Gesicht abspielte – von Minerva bekam Sting in diesen Sekunden nichts mehr mit –, war schwer in Worte zu fassen. Es wurde zuerst blass und die Augen weiteten sich noch mehr, dann wurde es auf einmal feuerrot, dann wieder bleich, während über die Züge ein undefinierbares Spektrum an Gefühlen huschte.

Schließlich drehte Rogue sich um und Sting zog zischend die Luft ein in Erwartung einer Abfuhr, ehe ihm auffiel, dass der Schwarzhaarige nur mit zittriger Hand sein Wasserglas auf den Tresen abstellte. Dann drehte er sich wieder um, stieß sich von der Theke ab und ergriff Stings Hand, um ihn mit sich durch den Studentenkeller zu ziehen. Sting war so überrascht, dass er einfach nur hinter dem Anderen her stolperte.

Für einen wilden Moment glaubte er, Rogue würde ihn in eine der dunklen Ecken bringen, aber stattdessen verließen sie denn lauten Studentenkeller und irrten durch die nächtlichen Korridore des Vorlesungsgebäudes. Erst in einem leeren Hausaufgabenzimmer hielt Rogue an, versperrte Sting jedoch den Weg, als der nach dem Lichtschalter tasten wollte.

Unsicher blieb Sting im Dunkeln stehen, betrachtete den Hinterkopf des Schwarzhaarigen und lauschte seinen schweren Atemzügen, während ihm selbst das Herz bis zum Hals klopfte und tausend Fragen durch seinen Kopf rauschten.

„Nein…“ Es war nur ein heiseres Krächzen, aber noch verständlich genug, um sich wie ein Schlag in den Bauch anzufühlen.

„Nein“, echote Sting dumpf und seine Schultern sackten in sich zusammen.

Er zuckte zusammen, als Rogue sich hektisch herum drehte. „Ich meine, ich…“ Wieder zögerte Rogue und rang hilflos mit den Händen. So unkontrolliert hatte Sting ihn noch nie erlebt. „Ich tanze nicht“, erklärte Rogue gepresst. „Ich kann nicht tanzen, konnte ich noch nie, aber ich… du… also ich…“

Mit einem resignierten Seufzer unterbrach Rogue sich selbst und rieb sich den Nacken, während seine Augen unstet herum wanderten.

„Ich habe so etwas noch nie gemacht“, murmelte er schließlich. „Ich wusste früher gar nicht, dass das mal auf mich zukommen würde…“

„W-was denn?“, fragte Sting leise, der ahnte, dass es nicht mehr ums Tanzen ging, ansonsten hätte Rogue es ja auch schon im Studentenkeller zugeben können.

„Mich zu outen“, antworte Rogue und blickte Sting endlich in die Augen. Im schwachen Licht der Laternen, das durch die Fenster herein fiel, konnte Sting die Unsicherheit in Rogues Zügen erkennen. „Ich habe mich vorher nie zu einem Mann hingezogen gefühlt.“

Auf einmal fühlte Sting sich, als würde eine Tonnenlast von ihm abfallen, und ein glückseliges Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Ohne weitere Scheu trat er näher an den Schwarzhaarigen heran, bis er dessen Körperwärme spüren konnte, und tastete nach seinen zitternden Fingern, um seine eigenen dazwischen gleiten zu lassen. Es war überwältigend, wie perfekt ihre Finger zusammen passten.

„Es gibt für alles ein Erstes Mal“, flüsterte er.

Und während Rogue den letzten Abstand zwischen ihnen überwand, wünschte Sting sich insgeheim, dass er der einzige Mann in Rogues Leben bleiben würde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Arianrhod-
2018-01-31T19:02:36+00:00 31.01.2018 20:02
So, den Kommentar habe ich etwa vor zwei Wochen angefangen, jetzt will ich ihn endlich beenden. >.< Darum geht’s jetzt weiter. Und zwar mit diesem OS, wo ich mich auch echt schwertue, obwohl er mir echt gut gefiel. :/ kA, meine Schreibblockade erstreckt sich offensichtlich auf alles.

Den Einstieg fand ich echt gut! Er hat Sting und sein bisheriges (Liebes)Leben noch etwas beleuchtet, sozusagen nochmal einen kurzen Blick auf sein eigenes Coming Out geworfen (das ja ein ziemlicher Umweg war… Aber über manche Dinge muss man sich eben erst klarwerden.) Die Idee mit Rakheid find ich ja echt gut, auch, wie du das alles eingefädelt hast und es gelaufen ist. Ich wäre ja gespannt darauf, was passiert, wenn Rakheid plötzlich wieder auftaucht.
Die Ohrfeige von Lucy hat Sting fast verdient. ^^“ Rakheid auch. Wobei ich schon sagen muss, Lucy ist hier ziemlich schnell mit ihren Ohrfeigen zur Hand, wtf. O.o Lucy, es ist nicht nett, jemanden zu hauen, ganz egal, was sie zu dir sagen. Du kannst auch Worte benutzen.
Der Bogen, den du wieder zur aktuellen Situation und zu Rogue geschlagen hast, hat sich perfekt eingefügt und uns in die eigentliche Story gebracht. Fand ich echt gelungen, das alles! :)

Klar, dass Sting nicht von allem begeistert ist, wenn man sich das von seiner Warte aus ansieht. Da kann selbst er Hemmungen haben. Und dann muss er sich auch noch Sorgen machen, dass sein Angebeteter mit jemand anderem abhaut, die das hat, was er selbst nicht bieten kann.
Rogue ist auch ein wenig zugeknöpft dafür, dass er ja eigentlich interessiert ist. Auf der anderen Seite kann so etwas nicht leicht sein, wenn man erkennen muss, dass man vielleicht doch nicht so hetero ist, wie man bis jetzt dachte, und eine einzige Person reicht, um den Kopf zu verdrehen.
Natsu ist das das perfekte Mittel, Sting ein wenig auf die Sprünge zu helfen oder besser, in den Hintern zu treten. Natsu kriegt noch jeden animiert. x) Wobei er überraschend schnell darauf kommt, was Sache ist. Obwohl er natürlich verdammt scharfsinnig sein kann, wenn er will. Und er hat recht, das mit dem Mathe ist schon verdächtig…
Die Neckereien zwischen den beiden fand ich übrigens süß. :) Und klar, dass Natsu nicht von sich aus die Klappe hält, sondern eine Gegenleistung verlangt. Wundert mich ein wenig, dass er Yukino nicht von sich selbst aus anspricht, ehrlich gesagt. Normal hat er ja nicht viele Hemmungen. (Ist anscheinend der Tag, an dem die zwei sich mal zurückhalten. XP) Wenigstens lässt er nichts anbrennen. (Find ich übrigens gut, dass Sting ihm die Nummer nicht einfach gibt, wenn Yukino sowas nicht so toll findet, obwohl Natsu sein Bruder ist.)
(Hat Natsu eigentlich auch seinen Vätern eine Tittenschürze geschenkt?)

Die Hints auf die anderen Pairs fand ich übrigens auch süß. :) Ich weiß nicht, aber Orley und Rugura find ich einfach schön und toll und so, gerade so nebenher. So kann man es auch machen! Da muss man nicht immer so rumtanzen.

Anyway, ich kann mir denken, was Minerva zu Rogue sagt – oder vermutlich stichelt sie eher, das ist mehr ihre Art. Aber sie will ihn nur auf ihre Art ermutigen, endlich den Schritt zu wagen. Ihr dummes Gesicht, als Sting plötzlich aufkreuzt und mit seiner Frage rausplatzt, würde ich gerne sehen. Ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen, das muss man erstmal schaffen.

(Ich muss übrigens noch einmal sagen, wie fies es ist, das erste Treffen der von Sting und Rogue einfach zu überspringen. Trotzdem nett, dass du uns noch einen Einblick von Stings Seite gewährst. Und was ihm alles aufgefallen ist, z.B. das mit Frosch. Wobei das eigentlich kein Wunder sein sollte – er ist Künstler, er sollte gut beobachten können.)
Und wieder ist es Natsu, der für etwas Bewegung in der Sache sorgt. Sting und er können sich anscheinen ziemlich gut gegenseitig dazu animieren, etwas zu tun – Natsu Yukino ansprechen und Sting endlich den Schritt wagen und es einfach versuchen. Wobei ich glaube, dass Natsu sich das etwas einfach redet. ^^“ Wenn man nicht auf Männer steht, dann hilft da alles nichts. Zum Glück ist das bei Rogue gar nicht der Fall. Und das mit Enca und dem gebrochenen Bein ist typisch! XD
Yukinos Reaktion ist übrigens sehr passend! Super verlegen, aber trotzdem läuft sie nicht weg. :) Und ich stimme Sting zu, sie hat es verdient.

Dass Sting das die nötige Motivation gibt, den Tatsachen endlich ins Auge zu blicken, finde ich passend. Da blitzt wohl etwas Geschwisterrivalität durch. Aber dass er mehr von Rogue will, das hat wohl jeder schon gesehen, außer Rogue selbst. Und Sting wusste es wohl auch, auch wenn er es sich noch nicht eingestehen konnte, eben weil er dachte, das könnte nur mit einem gebrochenen Herzen für ihn selbst enden.

Rogues Reaktion auf Stings Frage find ich äußerst IC, aber auch ein wenig fies gegenüber Sting. Der rechnet ja mit einer Absage und Rogues Verhalten ermutigt ihn da nicht unbedingt. ^^“ Wobei Rogue das ja ganz sicher nicht so gemeint hat, er war da nur einen Moment überrumpelt und hat im Affekt gehandelt.
Sich einen ruhigeren Ort zu suchen, wo sie in Ruhe miteinander reden können und Rogue sich keinen direkten Blicken aussetzen muss, nicht einmal Stings, ist eigentlich so eine sehr gute Idee. Trotzdem ist Sting bei der Antwort natürlich erstmal am Boden zerstört. Zum Glück schaltet Rogue schnell und stellt Dinge klar.
Ich fand auch diese Szene sehr gelungen, mit den kleinen Hinweisen, wie Rogue sich fühlt und was wir von Sting erfahren. Und dann der befreiende Satz, dass Sting doch nicht ganz so allein mit seinen Gefühlen ist, wie er dachte. :)

Ähm… warum brichst du an der besten Stelle ab?
(gelungener letzter Satz, btw)

Wie du siehst, hat die Story mir sehr gut gefallen! :)
Whups, etwas länger geworden als erwartet. Umso besser! Und jetzt muss ich mit Sansa raus, sie ist schon ganz ungeduldig.
Gruß
Arian


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