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Kill this Killing Man II

Höhen und Tiefen
von

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Marley

296) Marley
 

Bobby fuhr eine halbe Stunde nach Sam auf den Hof. Er lud das Wrack ab, stellte den Abschleppwagen weg und kam durchgefroren ins Haus. „Jody hat sich gemeldet. Sie wollen noch ein Röntgenbild abwarten, dann kommen sie“, erklärte er während er den Kaffee von Sam entgegen nahm.

Genießend schloss er die Augen, als ihm der scharfe Duft des Whiskeys in die Nase stieg. Den konnte er jetzt gut gebrauchen.
 

Endlich hörten sie einen Wagen auf den Schrottplatz fahren. Bobby stellte das Essen erneut in die Mikrowelle und holte Bier aus dem Kühlschrank.
 

Etwas hämmerte gegen die Tür. Sam öffnete und starrte seinen Bruder entsetzt an. „Was wird das denn? Kaufrausch?“

„Lässt du mich erstmal rein?“, schnaufte der Ältere. „Das Zeug wird langsam schwer.“ Er hatte eine komplette Erstausstattung samt diverser Proben Nass- und Trockenfutter in einem Hundekorb in seinen Händen. Er schob sich durch die Tür und stellte alles in der Küche ab. Jody folgte ihm mit dem Welpen auf dem Arm.

„Hey“, begrüßte Bobby sie mit einem Kuss und begann dann das Körbchen auszuräumen. Er füllte einen Napf mit Wasser und einen mit Futter. Jody setzte die Kleine ins Körbchen.
 

Die Mikrowelle meldete, dass sie fertig war und Dean und Jody stürzten sich regelrecht auf das Essen.

„Soviel zum Thema Feiern“, sagte sie zwischen zwei Bissen.

„Das holen wir am Wochenende nach“, überlegte Sam.

„Ich muss am Wochenende arbeiten“, gab Dean zu bedenken.

„Ich sehe schon, vor Weihnachten wird das wohl nichts.“

„Na gut, dass bald Weihnachten ist“, lachte Jody und gab ihrem Partner einen Kuss.

„Was ist jetzt mit dem Welpen?“, fragte Sam neugierig.

„Sie heißt Marley und bleibt vorerst bei uns, bis geklärt ist, ob sie noch eine Familie hat, zu der sie könnte und die sie überhaupt noch will. Der Beifahrer des Autos in dem sie war, ist noch am Unfallort verstorben. Die Fahrerin starb auf dem Weg ins Krankenhaus und der Junge auf der Rückbank ist schwer verletzt“, erklärte Jody leise. „Wenn sie niemand will, würde ich sie gerne behalten, das heißt, wenn du nichts dagegen hast.“ Sie schaute zu ihrem Partner.

„Warum sollte ich. Ich hatte eigentlich immer einen Hund. Warum ich mir nach Rumsfeld keinen mehr geholt habe“, er zuckte mit den Schultern, „keine Ahnung“.

„Das ist aber kein Rottweiler“, grinste Dean und nahm den Kleinen hoch, der gerade an seinem Hosenbein kaute.

„Das ist ein Eurasier. Was immer das für eine Rasse ist“, sagte Jody, die die Papiere durchsah.

„Du bist eine echte Lady?“, fragte Dean die Kleine und hielt sie so, dass er ihr ins Gesicht sehen konnte. Sie schnupperte kurz und begann dann seine Nase zu lecken.

„Ich dich auch“, sagte Dean liebevoll und hielt sie etwas weiter weg. Die Zunge war doch ganz schön rau.

Er setzte sie auf seinen Schoß und kraulte sie sanft. Erfolglos versuchte er ein Gähnen zu unterdrücken.

„Wir sollten so langsam los“, überlegte Sam. Er hatte zwar einiges erledigen können, musste aber noch ein Kapitel lesen, um auf den morgigen Unterricht vorbereitet zu sein und Deans Augen glänzten schon wieder leicht fiebrig, oder irrte er sich da?

„Ja“, erwiderte der Ältere nur, setzte die Kleine auf den Boden und erhob sich. Er ging mit Sam zur Tür. Bobby und Jody folgten ihnen.

Im Flur zog Dean die Beiden nacheinander noch einmal in eine feste Umarmung. „Danke!“, nuschelte er. „Danke für alles!“

„Das haben wir gerne getan, Junge“, erwiderte Bobby. „Dafür musst du dich nicht bedanken!“

„Ich weiß. Es tut trotzdem gut zu wissen, jemanden wie euch“, er schaute allen Dreien fest in die Augen, „an meiner Seite zu haben. Das ist nicht selbstverständlich!“

„Du hast das in dieser oder ähnlicher Weise auch schon für jeden von uns getan.“

Dean nickte und zuckte dann mit den Schultern. Er schniefte kurz und drehte sich ruckartig zur Tür. Seine feuchten Augen hatten trotzdem alle gesehen.
 

In dieser Nacht lag Dean, trotz seiner körperlichen Müdigkeit, noch lange wach. Seine beiden Leben ließen ihn nicht zur Ruhe kommen. So einfach wie ihm der Entschluss für das neue Leben vor dem Spiegel bei Bobby gefallen war, so einfach schien sein ganzes Sein ihn nicht akzeptieren zu wollen. Ihm fehlte die Zeit, die er sich in diesem Sommer nehmen wollte, um sein Leben in aller Ruhe durchdenken zu können. Gleichzeitig war er aber schon einen Schritt weiter. Als er es nach seiner Planung sein wollte. Alleine das war schon verwirrend und dabei hatte er noch nicht einmal versucht, die beiden Leben zusammenzubringen. Seine Gefühle und Gedanken waren so widersprüchlich. Er schämte sich noch immer dafür, wie er Bobby in den letzten Monaten behandelt hatte, auch wenn der es so leichthin abgetan hatte. Er hatte doch gesehen, wie weh er ihm mit diesem „Sir“ tat. John war Sir! Bobby war viel mehr Dad als er je „Sir“ werden konnte.

Erst gegen Morgen gelang es ihm, seine wirr durcheinanderwirbelnden Gedanken beiseite zu schieben und endlich richtig einzuschlafen.
 

Für einen Augenblick war Sam enttäuscht, als er die Treppe herunterkam. Auf ihn wartete weder Frühstück, noch Kaffee und leider auch kein Lunchpaket. Gerade daran hatte er sich in den letzten Wochen doch so sehr gewöhnt. Aber dann fiel ihm ein, dass Dean sich ja wirklich wieder erinnerte und das war besser als jedes Lunchpaket!

Er kochte Kaffee, frühstückte und machte für Dean ein paar Brote. Kurz bevor er los musste, trieb ihn seine Neugier dann doch in das Zimmer seines Bruders. Leise öffnete er die Tür uns spähte hinein. Er wollte ihn nicht wecken.

Deans Nacht schien nicht wirklich friedlich gewesen zu, so zerwühlt wie sein Bett war. Aber jetzt lag er auf dem Bauch und hatte das Kissen umarmt. Ein Lächeln erhellte Sams Gesicht. Da war sein Bruder endlich wieder. Er könnte stundenlang hier stehen, so sehr genoss er dieses Bild, doch er musste zur Vorlesung.

Er stellte Deans Wecker, damit der nicht an seinem ersten Praktikumstag verschlief und zog sich leise wieder zurück.
 

Dean erwachte, bevor ihn der Wecker wecken konnte. Er brauchte etwas, um sich zu sortieren. Wo war er und vor allem: Wer war er? Er schlug die Decke zurück und setzte sich auf. Sein Blick fiel auf das Buch, dass auf seinem Nachttisch lag und wanderte zu den Büchern in seinem Regal. Er hatte gerne gelesen! Und jetzt? Spielte die Abneigung für Bücher, die John in ihm geweckt hatte eine größere Rolle oder konnte er die verdrängen? Auf jeden Fall hatte es ihm bei dem Lehrgang geholfen, dass er gerne las und gerne lernte. Oh Gott! Er las gerne UND lernte gerne! Er rieb sich mit der Hand über das Gesicht. Okay. Was hatte sich noch verändert? Was hatte er im letzten halben Jahr gerne gemacht und was hatte er davor gehasst?

Er hatte entdeckt, dass er Gitarre spielen konnte. Naja, können war übertrieben. Seine Gedanken wanderten zu Alice, wegen der er seine ersten Versuche auf einer Gitarre gestartet hatte und zu Robin, die ihm das eine oder andere Lied beigebracht hatte. Schnell schob er die Erinnerungen wieder beiseite und wandte sich wieder seiner Suche zu. Gitarre spielen, okay und was noch?

Reiten. Darüber brauchte er sich keine Gedanken machen. Er liebte es zu reiten, genau wie die Arbeit auf dem Bau. Das hatte sich nicht verändert. Er hatte nicht gerne an Autos geschraubt. Hatte er es wirklich nicht gemocht oder lag es nur daran, dass er nicht mehr wusste, was er tat? Ohne länger zu überlegen schob er es auf Letzteres. Er liebte die Schrauberei. Blieb nur das Kochen. Früher hatte er kaum einen Versuch gestartet und wenn, dann gab es Dosenfutter. Da war das Scheitern eigentlich vorprogrammiert. Wer mochte schon Dosenfutter? Mit Bobby hatte er als Kind schon gerne gekocht und das wollte er jetzt auch beibehalten. Außerdem aß Sam gerne, was er ihm vorsetzte.

Blieb wirklich nur das mit dem Lesen und Lernen. Dass er das gerne machte, musste er erstmal verdauen. Er schüttelte den Kopf! Er lernte gerne. Er war zu Sam mutiert! Andererseits? Es hatte Zeiten gegeben, da hatte Lernen Spaß gemacht. Es hatte Lehrer gegeben, die das Interesse am Lernen geweckt hatten. Ganz so fremd war es also doch nicht.

Vielleicht sollte er es mal mit „erwachsenen“ Büchern versuchen? Vonnegut hatte er doch vor seiner Amnesie schon gemocht.

Allerdings nicht jetzt! Jetzt sollte er so langsam in die Gänge kommen, wenn er sein Praktikum nicht von vornherein gegen die Wand fahren wollte.

Er verließ sein Zimmer. Der Geruch von Kaffee empfing ihn und seine Schritte führten automatisch zur Kaffeemaschine.

Nach dieser ersten Tasse Kaffee fühlte er sich besser. Er ging duschen. Erst danach schaute er in den Kühlschrank, um sich etwas zum Essen zu machen. Direkt in Augenhöhe stand eine braune Papiertüte mit einem zwinkernden Smilie vorne drauf.

Sam!

Ein Lächeln legte sich auf sein Gesicht. Sein kleiner Bruder versuchte wenigstens sein Versprechen zu halten. Mal sehen wie lange er das genießen konnte.
 

Dean's Tag war anstrengend. Eher mental als körperlich, doch am Abend war er rechtschaffen müde. Immer wieder durch ein Gähnen unterbrochen, berichtete er Sam beim Essen von den fünf Einsätzen, die sie heute gefahren waren und er erzählte ihm, dass es wesentlich leichter war die Bilder zu sehen, als einen echten Menschen vor sich auf der Straße liegen zu haben.

Sam nickte nur. So war es ihm bei ihren Fällen oft gegangen. Allerdings waren die Menschen da selten nur verletzt.

Dean aß nicht einmal die Hälfte seiner Portion, bevor er die Gabel hinlegte.

„Sein mir nicht böse, aber ...“ Er deutete auf sein Zimmer, erhob sich und verschwand.

Ohne sich auszuziehen ließ er sich auf sein Bett fallen und war eingeschlafen, kaum dass er die Matratze berührte. Irgendwann in der Nacht wurde er wach und erst da zog er sich um und kroch unter die Decke.

Das Aufstehen am Morgen war eine Qual, doch wider Erwarten war die Schicht schon etwas leichter zu ertragen und bis zum Freitag hatte er sein Innerstes soweit abgeschottet, dass er diese Einsätze wie ihre Fälle behandeln und wegstecken konnte und es endlich auch schaffte, sich wieder zu einem richtigen Familienleben mit Sam aufzuraffen. Sobald sie beide einen freien Tag hatten, würde er mit Sammy etwas besonderes unternehmen, nahm er sich vor. Mal sehen, wann das sein würde.
 

Freitag morgen weckte Dean ein Scheppern. Er stand auf und schlappte in den Wohnraum.

„Brichst du ab?“, fragte er schleppend.

Sam stand am Herd und schaute auf. „Tut mir leid. Ich wollte dich nicht wecken.“

„Schon okay.“ Dean holte sich einen Kaffee. Er trank einen Schluck und setzte sich auf die Theke. „So sehen wir uns wenigstens mal nicht nur am Abend.“ Er trank einen weiteren Schluck, bevor er erzählte: „Ich habe mich bei der Feuerwehr in Bloonington beworben.“

Sam lächelte. Dean wollte wirklich im richtigen Leben Fuß fassen.

„Der nächste Lehrgang beginnt im Januar. Ich glaube ja nicht, dass sie mich da schon wollen, aber vielleicht zum nächsten? Der soll eventuell im Sommer starten. Dann können wir in aller Ruhe umziehen.

Wenn die mich nicht wollen, kann ich mich immer noch als Rettungssanitäter bewerben. Die suchen immer. In der Zwischenzeit wollte ich mit Bobby vielleicht den einen oder anderen Wagen aufbauen. So komme ich doch noch zu meinem Urlaub.“ Dean grinste. „Oder ich suche mir hier noch einen Job und versuche schon mal etwas Geld in die Kasse zu bekommen.“

Sams Lächeln wurde noch breiter. „Ich weiß noch nicht wie sehr mich das Studium dann fordern wird, aber ich denke, ich kann auch wieder arbeiten gehen. Nicht so viel wie hier, aber so zwei oder drei Nachmittage sollten drin sein. Oder Samstag?“ Er zuckte mit den Schultern.

„Konzentriere du dich mal auf dein Jura. Wenn ich dich schon studieren lasse, will ich nachher auch mit dir angeben können“, grinste der Ältere breit. Sam knuffte ihn in den Oberarm. So konnte sein Leben weitergehen. Dean war zurück und er auf dem Weg doch noch Anwalt zu werden. Was wollte er mehr?

„Kommst du denn nachher mit?“, fragte Dean in die entstandene Stille.

„Klar“, nickte Sam. „Ich habe mir schon was rausgelegt, bin mir aber nicht sicher, was ich zu dem Anlass anziehen soll.“

„Wir könnten unser FBI-Outfit nehmen“, schlug Dean vor.

„Daran habe ich auch gedacht. Kommen Jody und Bobby mit?“

„Jody muss arbeiten und Bobby meinte, dass es irgendwie blöd aussieht, wenn ich mit Familie, mit Eltern, da aufkreuze und ich muss ihm Recht geben. Ich meine, er mag solche Auftriebe nicht. Aber irgendwie hat er schon Recht. Wenn ich 20 wäre, okay. Zwölf Jahre später sieht es schon konisch aus, oder?“

„Irgendwie schon, irgendwie auch nicht. Eigentlich heißt es doch nur, dass deine Familie hinter dir steht.“

„Dann müsste wohl eher meine Frau mitkommen.“

„Also ein Kleid gehört aber nicht zu meiner Garderobe!“ Sam grinste. „Außerdem bin ich zu groß.“

„Eigentlich schade, Sammy. Aber im Moment passt ja noch nicht mal deine Frisur zu Samantha.“

„Da hat der Schnitt doch glatt was Gutes!“, freute sich Sam.



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