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Kill this Killing Man II

Höhen und Tiefen
von

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Verdächtige Unfälle

272 Verdächtige Unfälle
 

Die Tage reihten sich aneinander und fast unbemerkt verging der September.
 

Wieder einmal kopierte Sam die Unterlagen eines Falles. Er wusste nicht mehr wie viele Stunden er schon an diesem Gerät verbracht hatte. Aber, auch wenn es langweilig war, die Arbeit in dem Büro des Staatsanwalts machte ihm trotzdem Spaß und er war immer noch froh, diesen Praktikumsplatz ergattert und sogar verlängert bekommen zu haben. Klar gehörte kopieren immer noch zu seinen Aufgaben, aber er war auch bei jedem Gespräch das Mr. Davenport mit einem geschädigten oder einem Zeugen führte dabei und er hatte sich schon einige Feinheiten abschauen können.

Während er immer neue Blätter in den Kopierer einlegte, hatte er Zeit dem Gespräch der beiden Sekretärinnen zu folgen.

„Wie geht es deiner Schwester?“, fragte Esther interessiert.

„Sie will am Wochenende mit ihrer Familie zu unseren Eltern fahren. Vorgestern ist Ian die Treppe heruntergefallen und hat steif und fest behauptet, dass er geschubst worden sei. Gott sei Dank ist nichts Schlimmes passiert. Er hat sich nur die Hand verstaucht und einige Prellungen zugezogen.“

„Hatte River sich nicht erst kürzlich die Hand gebrochen?“, wollte die Kollegin wissen.

„Sie ist über ihr Spielzeug gestolpert“, nickte Allison.

„Die Familie scheint in den letzten Wochen wirklich vom Pech verfolgt zu sein.“

„Ja. Deswegen fahren sie zu ihrer Mutter. Und ich soll mich um die Blumen kümmern. Hoffentlich vergesse ich den Code der Alarmanlage nicht.“ Sie seufzte leise.

„Schreib ihn dir doch auf. Ein paar Zahlen auf einem Zettel kann keiner zuordnen“, schlug Esther vor.

„Das ist eine sehr gute Idee“, nickte Allison und nahm sich einen Zettel.

‚Vermutlich ein Poltergeist‘, überlegte Sam. Schnell schob er diesen Gedanken wieder beiseite. Er war ein ganz normaler Student, der nebenbei ein Praktikum bei einem Anwalt machte und kein Jäger! Er hatte aufgehört! Außerdem hatte er ein ganz anderes Problem! Sein Bruder sah schlecht aus, total übermüdet. Er hatte versucht das zu ignorieren, hatte angenommen, das Dean zu ihm kommen würde, wenn er Probleme hatte. Bis jetzt war das nicht passiert und er nahm sich vor heute Abend mit ihm zu reden. So ging das nicht weiter! Die Arbeit bei Ed war einfach zu viel. Ja, sie brauchten das Geld aber nicht auf Deans Kosten. Nicht, wenn er damit seinen Abschluss riskierte! Er würde Bobby bitten, etwas von ihren Reserven anzubrechen.
 

Er war weit draußen im Meer. Seine Muskeln schmerzten. Er bekam immer heftigere Krämpfe, bis er sich nicht mehr an der Wasseroberfläche halten konnte und seine Muskeln einfach aufhörten sich zu bewegen.

Angenehm kühle Schwärze umfing ihn, als er ganz langsam tiefer sank. Über sich sah er die verschwommenen Umrisse des Mondes. Quallen zogen schwerelos schwebend an ihm vorbei. Staunend schaute er ihnen nach. Doch dann wurde der Drang nach Sauerstoff in seinem Körper übermächtig. Seine Lungen zogen sich krampfhaft zusammen. Panisch begann er um sich zu schlagen. Er wollte doch nicht sterben, er wollte atmen! Leben!

Aber die rettende Oberfläche war viel zu weit entfernt.

Sein Mund öffnete sich und die ersten Tropfen perlten über seine Lippen.

Plötzlich brachte etwas das Wasser um ihn herum in Bewegung. Diese Strudel erfassten ihn und wirbelten ihn herum.

Felsengebilde stürzten ein. Immer mehr Strudel entstanden und erzeugten Strömungen gegen die er ankämpfen musste, um nicht noch tiefer, noch näher an diese stürzenden Steine gezogen zu werden.

Er strampelte und kämpfte verbissen bis plötzlich der halbe Fels in sich zusammenbrach. Die Flutwelle erfasste ihn und zerrte ihn zu den fallenden Brocken.

Hektisch versuchte er aus dem Sog zu kommen. Es war unmöglich.

Ein Stein traf ihn am Kopf und seine Bewegungen erstarben.

Mit einem erstickten Aufschrei setzte sich Dean auf. Wieder so ein Albtraum! Seit Sam im Traum auf ihn geschossen hatte, seit sie im Unterricht immer wieder alle möglichen Symptome durchnahmen, um ihre Diagnosen zu stellen und die besten Behandlungsmöglichkeiten zu finden, plagten ihn Albträume. Heute war das Symptom Atemnot und die möglichen Ursachen gingen von Allergien bis zum Ertrinken. Die meisten Albträume hatte er, wenn sie Schuss-, Schnitt- und Stichverletzungen behandelten. Da schien das Repertoire schier unerschöpflich. Nur die Art und Weise wie er an die Verletzungen kam änderte sich. Mal fügte er sie sich selbst zu, mal war es Sam oder aber Wesen, die jeden Horrorautor glücklich gemacht hätten. Hin und wieder träumte er auch von einem unsichtbaren Wesen, das bellte und jaulte wie ein Hund und das ihn mit Krallen und Zähnen regelrecht zerfleischte.

So leicht er den ersten Traum noch genommen hatte, inzwischen gingen sie ihm an die Substanz und fraßen seine Reserven schneller, als er sie auffüllen konnte. Vor Allem dieses Hundeding erschütterte ihn bis in die Knochen und schnürte ihm die Luft ab. Resigniert rieb er sich mit der Hand über das Gesicht. Er wollte diese Träume nicht und er wollte auch nicht mit Sam oder Jody darüber reden, denn er wusste nicht, wie die ihm helfen könnten.

Müde rieb er sich die Augen. Würde das jetzt so bleiben? Würde er alles das in seinen Träumen erleiden, was sie im Unterricht durchnahmen? Sollte er vielleicht doch mit Sam darüber reden?

Aber er wollte nicht aufhören. Er wollte diesen Lehrgang nicht abbrechen, nur weil er schlecht träumte. Es machte ihm Spaß und er sah für sich eine Zukunft in diesem Beruf oder, mit dieser Ausbildung als Grundlage, als Feuerwehrmann. Er wollte nicht dauerhaft auf der Baustelle arbeiten. Diese Arbeit war nur für den Körper anspruchsvoll und, solange er noch kein richtiges Geld verdienen konnte, für ihre Haushaltskasse. Vor allem aber half sie ihm zu schlafen. Wenn er körperlich richtig fertig war, hatten diese Albträume kaum eine Chance.

Nein, entschied er, noch würde er nicht mit Sam darüber reden.

Er erhob sich und ging ins Bad, um sich ein paar Hände voll Wasser ins Gesicht zu werfen.

Gerade als er wieder ins Wohnzimmer kam, hörte er den Schlüssel im Schloss. Sam kam nach Hause. Er holte den Lachs-Kürbisauflauf aus dem Ofen.

„Hey“, grüßte Sam und hob schnuppernd die Nase. „Man riecht das lecker!“ Sofort wollte er sich an den Tisch setzen.

„Hände waschen“, forderte Dean leise. Wie oft hatte Sam ihm erklärt, dass das wichtig war und jetzt ließ er es weg!

„Ich geh ja schon“, grummelte der jüngere Winchester.

Dean stellte ein Bier für Sam und Cola für sich auf den Tisch.
 

„Das war so lecker“, schwärmte Sam nach dem Essen. „So gut werde ich nie kochen können. Du hast ein Händchen dafür!“

„Du musst nur üben“, versuchte Dean seinem Bruder Mut zu machen.

„Man muss es aber auch wollen und ganz ehrlich? So richtig habe ich daran keine Lust. Ich koche weil ich muss, aber ich finde es immer wieder toll, was du auf den Tisch zauberst!“

Gemeinsam räumten sie den Tisch ab und ließen sich dann auf der Couch nieder. Dean ließ den Kopf auf die Rückenlehne fallen und schloss die Augen. Er wollte nur noch schlafen.

„Verrätst du mir, warum du so fertig aussiehst? Hast du wieder Albträume?“, wollte Sam wissen und traf damit unwissentlich einen wunden Punkt.

„Nein, es ist nichts“, wiegelte Dean schnell ab.

Zu schnell wie Sam fand. „Ich sehe doch, dass das nicht stimmt.“

„Naja, ich … hin und wieder träume ich mal schlecht“, gab Dean zu. „Aber es sind keine Monster oder so“, wand er sofort ein, als er Sams besorgte Mine sah. „Ich will nichts von dem aufgeben, was ich jetzt habe!“, erklärte er bockig.

„Das verlangt doch keiner!“, begehrte Sam auf. „Ich mach mir nur Sorgen um dich, und darüber, dass es vielleicht doch zu viel wird. Du hast ein straffes Schulprogramm und du gehst arbeiten.“

„Das tust du doch auch!“

„Ja, aber nicht so körperlich schwer wie du!“

„Mir geht es gut, Sam! Das was ich im Unterricht zu sehen bekomme, ist nur nicht ganz ohne. Vor Allem, wenn ein Mensch dem anderen sowas antut. Warum sind Menschen so?“

Für einen Augenblick musste Sam an seinen Bruder vor der Amnesie denken. Dean hatte immer schon Probleme mit Menschen. Nicht nur einmal hatte er gesagt, dass er Dämonen und all das andere übernatürliche Volk besser verstand als Menschen.

Er fühlte Deans Blick noch immer fragend auf sich gerichtet. Schnell schob er die Erinnerungen beiseite. „Ich hab keine Ahnung, warum Menschen sich so etwas antun. Hass, Gier, Drogen?“ Sam zuckte mit den Schultern. „Ich glaube, das kann nicht mal ein Psychologe erklären.“

Dean nickte nur unschlüssig. „Ich geh lernen.“

„Okay. Dann werde ich meine Nase auch mal in die Bücher stecken“, beschloss Sam. Er hatte eigentlich auf einen gemütlichen Abend mit etwas fernsehen und einem Bier gehofft. Aber ja. Der neue Dean war zu einem Streber mutiert. Daran würde er sich wohl nie gewöhnen.
 

Wie immer wenn sie den Abend nicht gemeinsam verbracht hatten, schaute Sam vor dem Schlafengehen noch einmal bei seinem Bruder rein. Der hockte natürlich noch über seinen Büchern und sah ziemlich verschlafen aus. Hatte er … Sam schaute genauer hin und sah die Abdrücke der Bücher auf Deans linker Gesichtshälfte.

„Geh schlafen“, bat er. „Morgen wird ein langer Tag und die Bücher sind auch nicht sonderlich bequem.“

Dean nickte. „Geh gleich.“ Und Sam nahm es hin. Er wollte es glauben, auch wenn die Stimme in seinem Kopf leise und hartnäckig genau dem widersprach. Was allerdings noch viel schlimmer schmerzte, als diese … Lüge wollte er es nicht nennen, war, dass er in Deans Leben eine immer kleinere Rolle zu spielen schien. Sein Bruder hatte Freunde gefunden. Er lernte für einen richtigen Beruf und er arbeitete nebenbei auf dem Bau. Dean führte ein Leben, das er schon vor zehn Jahren hätte führen sollen! Wahrscheinlich wäre sein Bruder nicht Rettungssanitäter geworden sondern irgendetwas Technisches, aber Sam war sich sicher, dass Dean studiert hätte, wenn sie nicht das Leben geführt hätten, das durch Moms Tod für sie vorgegeben worden war.

Wenn er es sich recht überlegte, führten sie jetzt eine ganz normale brüderliche Beziehung. So wie viele andere Geschwister miteinander umgingen, die nicht durch einen furchtbaren Vorfall in ihrem Leben aneinandergeschweißt worden waren. Eine Beziehung, die auch er sich früher immer wieder gewünscht hatte! Früher! Jetzt vermisste er dieses Band! Er wollte Dean zurück! Er wollte seinen gluckigen Bruder wiederhaben. Er wollte mit ihm streiten, er wollte sich eingeengt fühlen und dagegen rebellieren! Er wollte wieder der kleine Bruder sein, der er war.

Leise schniefend ging er die Treppe nach oben in sein Zimmer. Er ließ sich aufs Bett fallen und fühlte sich mit einem Mal irgendwie nutzlos. Nicht mal richtig kochen konnte er!
 

Als Sam an seinem nächsten Arbeitstag in der Kanzlei mal wieder kopieren musste, wurde Allison ins Büro von Mr. Davenport gerufen. Sams Blick wanderte immer wieder, wie magisch angezogen zu dem kleinen gelben Zettel neben ihrem Telefon. Er wusste genau, dass sie länger wegblieb und was konnte es schon schaden, wenn er die Zahl wusste? Er musste ja nicht hinfahren, oder?

Allerdings konnte er da Menschen helfen.

Energisch drängte er die Gedanken an den Zettel und den Poltergeist beiseite und konzentrierte sich auf seine Arbeit. Doch als er die Kopien fertig hatte, war Esther noch nicht aus dem Büro ihres Chefs zurück, da musste Sam wohl hier weitermachen. Er holte sich die Textmarker vom Schreibtisch der Sekretärin. Dass sein Blick auf die Zahlenkombination der Alarmanlage fiel, war wirklich nur Zufall.

Während seiner gesamten Arbeitszeit spukte diese Zahlenkombination durch sein Hirn und als er dann, mit einem Salat aus dem Diner, das auf seinem Weg lag, und einem Becher Kaffee in ihr dunkles, leeres Heim kam, konnte er nicht anders, als sich seinen Laptop auf den Tisch zu stellen und nach der Geschichte des Hauses zu suchen. Vielleicht lag da ja schon ein Grund für die Heimsuchung durch diesen Geist.



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