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Tales of the real Ghostbusters

von

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High-School Love?

Vier Wochen später…
 

Zum Glück ist diese ganze Misere überstanden und Ray auf dem Weg der Besserung. Der Rothaarige ist schwer bemüht, wieder auf die Beine zu kommen und so bald wie möglich zum Arbeitsalltag zurückzukehren. Seine Motivation treibt in stetig an, sodass er keine wirklichen Probleme mit der Physiotherapie hat. Nach dieser langen Zeit des Bangens scheint zwischen Winston und Ray auch wieder alles beim Alten zu sein, mit der kleinen Ausnahme, dass ihre Kollegen nun wissen, dass sie ein Paar sind. Durch gutes Zureden ist es Ray auch gelungen, Winston davon zu überzeugen, die Geisterjäger nicht zu verlassen und wenn es sich der Bauarbeiter so recht überlegt, hatte er diesen Wunsch auch nie hundertprozentig. Im Eifer des Gefechts hatte er es zwar gesagt und war gewillt zu gehen, aber letztendlich hätte er es nicht übers Herz gebracht, Raymond zurückzulassen.
 

Das Verhältnis zwischen Winston und Peter hat sich jedoch ziemlich abgekühlt, was der Brünette auch vollkommen verstehen kann. Von Freundschaft ist auf Seiten des Schwarzhaarigen nicht mehr viel zu sehen, weshalb das Ganze eher einer vormahlen Arbeitsbeziehung gleicht, die sich unteranderem darin äußert, dass Winston eine gewisse Distanz zu ihm hält, ihm eher kühl entgegentritt und es sich sogar abgewöhnt hat, ihn nicht mehr mit dem Vornamen anzusprechen. Peter findet dieses Verhalten zwar nicht so berauschend – erst recht da dieses ständige ‚Venkman‘ in seinen Ohren sehr abwertend klingt -, aber es ist immer noch besser als, wenn sie nur zu dritt arbeiten müssten oder Winston ihn völlig ignoriert. Und vielleicht besteht ja auch die Möglichkeit, dass sich das Ganze irgendwann wieder ändert und sie wieder warm miteinander werden? Doch das wird viel Zeit und Kraft seitens des Anführers erfordern. Aber Venkman ist dazu allemal bereit.
 

Peter ahnt noch nicht, dass ihm schon heute so eine Art Bewährungsprobe erwartet, bei der er völlig auf sich allein gestellt handeln muss und dabei an seine Grenzen stoßen wird. Im Moment ist jedoch noch alles ruhig. Die Sommersonne scheint auf Manhattan herab und versucht die Leute ein bisschen zu brutzeln. Die Ferien stehen vor der Tür und die meisten Menschen sind gedanklich schon ganz wo anders. Auch der Brünette würde seinen Tag jetzt lieber irgendwo am Strand verbringen, stattdessen ist er gezwungen, ganz allein in der ehemaligen Feuerwache die Stellung zu halten. Winston ist bei Ray im Krankenhaus und hilft ihm bei seinem Training, während Janine und Egon zusammen zum Einkaufen gefahren sind. So allein hat es aber auch seine Vorteile, immerhin kann einen dann niemand ärgern. Zwar ist Peter meist derjenige, der die anderen ärgert, aber das ist ja auch egal. Bei diesem Wetter spielt das aber auch absolut keine Rolle und selbst ihm vergeht dabei das Necken.
 

Mit einem Seufzen legt Peter die Füße auf seinen Schreibtisch und schaltet das kleine Radio ein, dass er sich von Janines Platz geborgt hat. Er lehnt sich zurück, nimmt einem großen Schluck kühle Limonade und lauscht den Worten des Moderators, der für diesen vierzehnten Juni Temperaturen von bis zu siebenunddreißig Grad ankündigt. Schon jetzt am Vormittag überschreitet die Skala die Dreißigermarke und Venkman beneidet niemanden, der jetzt draußen arbeiten muss. Zwar werden auch die Ghostbusters irgendwann in die Hitze rausmüssen und ihrer Arbeit nachgehen, doch jetzt ist erst mal Sendepause, ist ja eh keiner da. Verträumt schließt der Brünette die Augen und gähnt herzhaft, während der Moderator seine Ansage beendet und eine neue Platte auflegt. Sekunden später ist das Hauptquartier von wilden Rhythmen mexikanischer Leidenschaft und Gitarrenmusik der Gruppe Santana erfüllt. Schon beim Klang muss man unweigerlich an Urlaub, Strand, winzige Bikinis und braungebrannte Haut denken.
 

Normalerweise gibt sich Venkman gern solchen Gedanken hin, doch seit Ray´s Unfall, fällt es ihm sehr schwer an Frauen zu denken, ohne dabei an seinen Fehltritt erinnert zu werden. Klar tut er es trotzdem, doch es löst in ihm längst nicht mehr so ein nagendes Verlangen aus, wie früher und das gibt ihm auf seltsame Weise ein gutes Gefühl. Es zeigt ihm, dass er nicht nur gedanklich aus seinem Fehler gelernt hat, sondern auch körperlich etwas zur Ruhe gekommen ist. Statt umher zu hecheln wie ein Hund, konzentriert er sich jetzt – wenn überhaupt – nur noch darauf, die Frau fürs Leben zu finden. Oder aber den Mann, da ist er sich noch nicht so ganz sicher, auf jeden Fall etwas Dauerhaftes. Seine wilden Jahre liegen somit also hinter ihm, wie er hofft und er versucht sich viel mehr auf die Arbeit zu konzentrieren. Ehe er sich aber in irgendeine Beziehung stürzt, möchte er doch gern etwas mehr zwischen sich und Winston geklärt haben, damit er sich so etwas überhaupt verdienen kann.
 

Allerdings sieht es gerade so aus, als würde dieser Gedanke heute noch auf eine harte Probe gestellt werden. Zielstrebig betritt eine junge Blondine das Gebäude und blickt sich suchend um. Ihr knielanges Kleid gleicht einem Hauch von Nichts und dennoch scheint es bei den vorherrschenden Temperaturen noch bei weitem zu viel zu sein. Langsam schiebt sie sich die Sonnenbrille auf den Kopf und gibt ein kaum hörbares Seufzen von sich, da es in dem alten Backsteingebäude doch noch um einiges kühler ist, als draußen. Sie lässt den Blick einen Moment schweifen und entdeckt schließlich einen jungen Mann, der scheinbar an seinem Schreibtisch schläft. Dabei hat er die Hände hinter dem Kopf gefaltet, sich weit auf dem Stuhl zurückgelehnt, die Augen geschlossen und ein leichtes Lächeln umspielt seine Lippen. Seine Füße hat er auf der Holzplatte des Tisches übereinandergeschlagen und wippt mit einem davon ihm Takt der sommerlichen Musik, die aus einem kleinen Radio neben ihm schallt.
 

‚So arbeitet also ein Geisterjäger…‘, geht es ihr etwas belustigt durch den Kopf, während sie sich dem Mann in T-Shirt und Jogginghosen nähert. Durch die Musik bemerkt er sie gar nicht, sodass er sich vom Klang der rauchigen Stimme Bonnie Tylers etwas mitreißen lässt und ein Duett mit ihr anstimmt. „I need a hero! I´m holding out for a hero until the end of the night! He´s gotta be strong and he´s gotta be f…” Peters Gesangskünste lassen allerdings zu wünschen übrig, was ihm aber auch relativ egal ist, da er sich ja unbeobachtet fühlt. Doch plötzlich verstummt die Musik. Irritiert öffnet Venkman die Augen, weil er denkt, dass die Batterien des Geräts leer sind. Murrend starrt er das kleine Radio von der Seite an und hadert noch mit sich, ob er aufstehen soll oder nicht. Dann bemerkt er, dass nicht die leeren Batterien die Musik unterbrochen haben, sondern eine Hand, die noch immer auf dem Ausschalter des Geräts liegt.
 

Verstimmt hebt er den Kopf und will Janine schon anblaffen, als er merkt, dass es gar nicht die Rothaarige ist. Stattdessen klappt ihm der Mund auf und er starrt die Blondie vor sich einfach nur an. Für einen Moment vergisst er alles, was er sich in Bezug auf Frauen vorgenommen hat und gerät unwillkürlich ins Träumen. „Wie mir scheint, hast du in all den Jahren nicht wirklich was dazu gelernt. Dennoch wäre ich dir sehr verbunden, wenn du den Mund wieder zumachen könntest, Peter Venkman!“, fordert ihn die junge Frau auf und verschränkt die Arme unter ihrem wohlgeformten Busen. Verwirrt richtet sich der Brünette in eine vernünftige Position auf und nimmt die Füße von der Tischplatte. „Was…?, setzt er an, doch dann fällt es ihm wie Schuppen von den Augen. „Sylvia? – Sylvia Snyder, bist du es wirklich?“, fragt er sie überrascht. „Höchstpersönlich!“, gibt die Blondine zurück und mustert ihn eindringlich, aber mit einem Lächeln.
 

Peter kann es noch gar nicht fassen. Damals auf der High-School war er so dermaßen in sie verknallt gewesen. Er hielt sie für die Frau seines Lebens und hat sich förmlich beide Beine ausgerissen, um bei ihr zu landen, doch sie hat ihn nie so wirklich beachtet. Aber das war ihm anfangs egal, solang er nur in ihrer Nähe sein konnte. Irgendwann, so dachte er sich, wird sein Tag kommen und dann werden sie für immer zusammen sein. Und tatsächlich schienen sich seine endlosen Bemühungen auszuzahlen, als ihre Verabredung für den Abschlussball plötzlich krank wurde. Peter war nie im Leben glücklicher gewesen, als er sie abgeholt hat. Er dachte sich, dass dieser Abend einfach alles verändern würde und damit hatte er gar nicht mal so unrecht. Nur kam es leider ganz anders, als er es sich erhofft hatte. Als sich die vielen Paare dann auf der Tanzfläche zusammenfanden und er eng an Sylvia geschmiegt dem Takt der Musik folgte, tauchte wie aus dem Nichts ihre eigentliche Verabredung auf. Dem Kerl schien es aus heiterem Himmel wieder gut zu gehen, was wohl unteranderem daran lag, dass er der typische Sportler war und es nicht ertragen konnte, dass seine Freundin mit so einem Möchtegernstreben wie Venkman den Abend verbringen muss.
 

Wie nicht anders zu erwarten, hat sie Peter eiskalt abserviert und ihm damit endgültig das Herz gebrochen. Seine Meinung über Frauen hat sich dadurch grundlegend verändert und er sah sich fortan nicht mehr in der Lage, jemals eine feste Beziehung einzugehen. Stattdessen entschied er sich dafür ein ausschweifendes Leben zu führen, um so seinen Kummer zu vertreiben. Und nun, nach all der Zeit, steht diese Wahnsinnsfrau einfach vor ihm und dann auch noch, wenn er ganz allein im Hauptquartier ist. Peter kann sein Glück kaum fassen und dennoch denkt er schlagartig wieder an Ray. So schön es auch ist, seine alte Flamme wiederzusehen, so sehr hat sie ihm ja auch wehgetan und dies gab immerhin den Ausschlag für sein triebhaftes Verhalten, dass Raymond letztendlich fast das Leben gekostet hat. Also erst mal sehen, was sie überhaupt will. Immerhin kann sich Venkman nicht vorstellen, dass sie einfach mal so vorbeikommt, um zu sehen wie es ihm geht. Zudem weiß er noch ein paar andere Dinge über sie. Zum Beispiel hat er sie mit ihrem ehemaligen Namen angesprochen und sie hat ihn nicht korrigiert. Da ist doch etwas faul, aber Peter spielt ihr kleines Spielchen erst mal mit. Umso schöner wird es sein, wenn er sie am Ende im Regen stehen lassen kann und sie dann mal merkt, wie so was eigentlich ist!
 

Daher mimt er weiterhin den verliebten Jungen und himmelt sie an. Mit verträumtem Blick erhebt sich der Brünette, umrundet den Tisch und lehnt sich dann gegen die Platte. „Ist ja eine Ewigkeit her, dass wir uns gesehen haben. Was führt dich in mein bescheidenes Heim?“, fragt er sie kurzerhand. „Da hast du recht. Es ist wirklich eine Schande, dass wir uns so aus den Augen verloren haben, Peter. – Und es bereitet mir daher auch ziemliches Unbehagen, dich nun aufzusuchen. – Ich wohne erst seit ein paar Monaten wieder in Manhattan, musst du wissen. Doch ich hatte die Umzugskisten noch nicht ganz ausgepackt, da habe ich von deiner Firma gehört und dich im Fernsehen gesehen. Ich war doch sehr überrascht, was aus dem schüchternen Jungen von damals geworden ist. Eine richtige, kleine Berühmtheit, möchte ich meinen.“, berichtet sie und kommt Peter dabei immer näher. Bei ihren letzten Worten steht sie so dicht vor ihm, dass Venkman schon der Meinung ist, die Farbe ihrer Unterwäsche durch den hauchfeinen Stoff ihres Kleides hindurch spüren zu können. Natürlich ein Ding der Unmöglichkeit, doch noch näher könnte sie ihm angezogen wohl kaum kommen.
 

Innerlich legt Peter die Stirn in Falten. So nah durfte er ihr noch nie sein und in Anbetracht dessen, was er über sie weiß, sollte sie so was auch gar nicht mit ihm machen. Das macht das Ganze irgendwie ziemlich interessant. Äußerlich legt sich ein roter Schimmer auf seine Wangen und er blickt sie begierig an. „Findest du? Naja, wir geben unser Bestes, würde ich mal sagen. – Interessierst du dich denn für paranormale Dinge?“, fragt er und versucht dabei etwas nervös rüberzukommen, so wie er früher immer in ihrer Nähe war. Schließlich soll sie noch nicht merken, dass er inzwischen weit selbstbewusster geworden ist und Frauen wie sie für gewöhnlich nach einer Nacht wie eine heiße Kartoffel fallen lässt. „Bis vor kurzem hielt ich so was noch für Unsinn und fand den Gedanken an Geisterjäger mehr als nur lächerlich.“, erwidert sie und legt ihre Hände dabei auf seine Hüften. Weiterhin bemüht nervös lächelt er ihr keck entgegen. „Du hast echt Mumm das zu sagen und dann auch noch dem Chef der Ghostbusters mitten ins Gesicht!“
 

„Tja, das ist nun mal meine Meinung gewesen, doch das hat sich inzwischen geändert und ich denke, dass ich deine Hilfe brauche…“ Mit großen, bittenden Augen sieht sie ihn an, öffnet dabei leicht die Lippen, als wolle sie ihn jeden Moment küssen. Peter versucht ruhig zu bleiben und seine Fassade aufrechtzuerhalten, doch das wird immer schwerer. Beinahe krampfhaft versucht er zu vermeiden, dass sie seine innere Unruhe mitbekommt. Allerdings fragt er sich bei ihrer Show auch, ob das überhaupt nötig ist. Schließlich scheint sie ihn ja absichtlich heißmachen zu wollen, damit er ihr hilft. Dennoch will sich der Brünette diese Blöße nicht geben, wer weiß schon, was sie vielleicht in der Stadt so rumerzählt, wenn er sich jetzt gehenlässt? So was braucht er nach all der Aufregung in der letzten Zeit nun wirklich nicht und die Geisterjäger erst recht nicht. Gespielt verschüchtert und mit glühenden Wangen schiebt er sie etwas von sich weg. „Wenn du wirklich meine Hilfe brauchst, sollten wir uns vielleicht unterhalten.“, schlägt er vor und führt sie nach hinten in sein Büro.
 

Etwas überrascht von seinem Ausweichmanöver folgt sie ihm. Jetzt, wo der Schreibtisch zwischen ihnen steht, wirkt Venkman gleich viel gefasster, geradezu professionell. Eine Seite, die sie in der High-School noch nicht an ihm kannte. „Ok, Sylvia. Dann erzähl mir doch mal von deinem Problem.“ Verführerisch schlägt sie die Beine übereinander, doch als sie zu Sprechen anfängt, scheint nun ihre Fassade zu bröckeln. „Vor ein paar Tagen kam ich vom Einkaufen nach Hause. Als ich die Küche betreten habe, herrschte dort das reinste Chaos. – Alle möglichen Sachen waren umgestoßen und lagen überall verteilt. – Ich habe ein furchtbares Lachen gehört und eine flüsternde Stimme. Ein eisiger Hauch huschte um mich herum, egal wo ich mich auch hingestellt habe. Im Rest der Küche war es dagegen brütend heiß, obwohl die Klimaanlage lief. – Dann fing plötzlich das Wasser an zu laufen, die Teller klapperten in den Schränken und dann – dann schlug im Wohnzimmer die Standuhr dreizehn Uhr und alles war auf einmal vorbei…“ Nun wirkt sie verzweifelt, ängstlich und den Tränen nahe. Peter weiß nicht, ob sie das Ganze nur spielt oder wirklich so eingeschüchtert ist. Auf jeden Fall klingt die Sache ernst.
 

Gedanklich geht Peter die Wesen durch, die dafür verantwortlich sein könnten. Es klingt nach einem Poltergeist, doch sicher ist er sich nicht. Ein bisschen wünscht er sich, dass Egon jetzt hier wäre. Dem würden bestimmt noch ein halbes Dutzend mehr Viecher einfallen. Doch er ist allein und muss damit jetzt auch ganz allein fertigwerden. Immerhin hat es auch was Gutes, so kann er sich mal richtig beweisen und den anderen zeigen, dass er durchaus auch was auf dem Kasten hat. „Das klingt nicht sonderlich toll. Aber ich muss noch mehr wissen, damit ich eingrenzen kann, worum es sich handelt. Nur dann kann ich entscheiden, ob ich es einfangen kann oder nicht.“ Nun kullert eine Träne ihre Wange hinab und sie holt mit zitternden Fingern ein Taschentuch aus ihrer Handtasche. „Das verstehe ich. – Und ich kann dir noch einiges erzählen. – Am nächsten Tag wollte ich mir etwas zum Mittagessen machen und dann fing das Ganze wieder an…“
 

Sylvia erzählt ihm noch aller Hand anderer Dinge, sogar, dass sie eine seltsame Erscheinung gesehen hat. Nur ganz kurz, sodass sie nicht sagen kann, was es gewesen ist, nur, dass es sie auszulachen schien und im nächsten Moment zu sich zu locken versuchte. Mittlerweile ist sich Peter sicher, dass es sich hierbei wohl doch nicht um einen Poltergeist zu handeln scheint. Solche Wesen zeigen sich nie, haben keine Gestalt, die sich manifestieren kann, was es äußerst schwermacht, sie zu vertreiben. Die Tatsache, dass es etwas Anderes sein muss, erleichtert den Brünetten. So kann er immerhin versuchen es einzufangen. Fragt sich nur, was es genau ist. Eine Antwort weiß er nicht wirklich und wünscht sich daher wieder, dass Egon hier wäre. Allerdings hat er keine Zeit auf ihn zu warten. Er muss jetzt handeln, denn laut Sylvias Worten gibt es nur ein begrenztes Zeitfenster, indem der Spuck stattfindet. Diese Eigenart überfordert ihn auch ein bisschen, da die meisten Geister es vorziehen nachts – zur sogenannten Geisterstunde – in Erscheinung zu treten. Doch er hat noch nie etwas von einem Geist gehört, der bevorzugt zum Mittagessen kommt…
 

Etwas mulmig ist ihm schon beim Gedanken, ganz allein gegen dieses Irgendwas kämpfen zu müssen, doch er reißt sich zusammen. Er schnappt sich Tobin´s Geisterführer und hofft, dass er darin Antworten finden kann, doch vorher muss er sich die Lage ansehen. „Ok, das Ganze wird sicher nicht einfach und da meine Kollegen alle ausgeflogen sind, werde ich mich dieser äußerst gefährlichen Sache allein stellen. Aber ich krieg das schon hin! So schnell haut einen Dr. Peter Venkman nichts um und reizenden Damen in Not zu helfen, steht bei uns auf der Tagesordnung ganz oben!“ Er zwinkert ihr selbstbewusst zu und entlockt ihr damit sogar ein kleines Lächeln. Doch ihre Augen lächeln nicht, sie wirken aber auch nicht traurig oder erschrocken, was nach ihrer Geschichte nur allzu verständlich wäre, sie wirken eher triumphierend – so als wäre ihr Plan aufgegangen. Peter lässt sich davon erst mal nicht beirren und zieht sich stattdessen um.
 

Wenige Minuten später sitzen die beiden im Einsatzwagen und fahren zu ihrem Apartment. Dort angekommen, entdeckt Venkman ein weiteres Indiz dafür, dass sie nicht ganz ehrlich zu ihm ist, doch er sagt nichts. Sammelt es nur ein und verstaut es in seinem Kopf für später. Sylvias Apartment liegt in West New York in einer ziemlich schicken und teuren Ecke mit direktem Blick auf den Hudson River. Ein wirklich schönes Fleckchen, wenn man über das nötige Kleingeld verfügt. Unruhig steigt die Blondine aus dem Wagen aus und betrachtet das Gebäude, während Peter sich seine Ausrüstung schnappt. „Na, dann wollen wir doch mal!“, lässt er mit Tatendrang verlauten, dennoch ist ihm ziemlich mulmig, so ganz allein. „Mein Apartment liegt im dritten Stock…“, berichtet Sylvia und sieht sich nervös um. „In Ordnung. Was auch immer da drinnen passiert, du wartest hier, verstanden?“, weist er sie streng an. Bei seinen Worten scheint ihr ein Stein vom Herzen zu fallen und nur allzu bereitwillig lässt sie sich wieder in Ectos Sitz gleiten. Dabei macht sie ein Gesicht, als würde sie Peter wohlwissend in eine Höhle voller Löwen schicken und auch noch froh darüber sein.
 

Langsam betritt Peter das Gebäude. Alles wirkt friedlich und normal. In der Stille des Treppenhauses hallen seine Schritte beinahe erschreckend laut auf den blanken Marmorstufen. Je höher er hinaufsteigt, desto mulmiger wird ihm. Als Peter den letzten Absatz vor ihrem Apartment erreicht, beginnt irgendwo in der Nähe eine Kirchenglocke zu läuten. Es ist zwölf Uhr mittags und genau jetzt sollen laut Sylvia die merkwürdigen Ereignisse immer beginnen. Dann hält der Spuck genau eine Stunde an, ehe er genauso abrupt endet, wie er begonnen hat. Das bedeutet, dass Venkman nicht gerade viel Zeit hat, um den Geist zu stellen, herauszufinden, um was es sich genau handelt und das Biest dann einzufangen. „Da fühlt man sich auch überhaupt nicht unter Druck gesetzt…“, verkündet der Brünette in die Stille hinein und ist selbst von sich überrascht, dass er die Worte nur geflüstert hat. Verwundert darüber bleibt er stehen und lächelt unsicher. „Ach komm schon, Venkman! Du hast doch keine Angst oder was?“, scherzt er mit sich selbst.
 

Doch ehe er sich wieder in Bewegung setzen kann, überkommt ihn ein seltsames Gefühl, fast so als wolle ihm jemand die Luft abschnüren. Er schluckt trocken und hart. „Nun stell dich nicht so an. Du hast das schon so oft gemacht, dann schaffst du das hier auch!“, versucht er sich anzutreiben und es klappt. Vorsichtig setzt er sich wieder in Gang. *Als er den Treppenabsatz erreicht, befällt ihn ein solches Vorgefühl des Grauens und der Dunkelheit, dass er stehenbleibt – wie angewurzelt stehenbleibt -, sich überrascht umsieht und sich fragt, was ihn da überkommen hat. Er umfasst seinen Strahler fester, presst ihn an sich, als wäre er ein kleines Kind, das ihm aus den Armen gleiten könnte. Eine Gänsehaut jagt seinen Rücken hinab, sein Herz rast, seine Augen pochen und Adrenalin schießt durch seine Venen. Dann spürt er wie etwas Unsichtbares an ihm vorbei die Treppe hinauffliegt und es scheint so, als versuche dieses Etwas ihn zu sich zu ziehen…
 

Mit großen Augen blickt er auf die Tür zu Sylvias Apartment und schluckt wieder nervös. „Vielleicht, aber nur vielleicht hat Petie doch ein ganz klein bisschen Angst…“ Ein Zittern jagt durch seinen Körper und hindert ihn einen Augenblick daran, irgendetwas zu tun. Dann ertönt hinter der geschlossenen Tür ein lautes Scheppern und er schreckt heftig zusammen. Doch dadurch kann er sich wenigstens wieder bewegen. Unsicher legt er die Hand auf die Klinke und atmet ein paar Mal tief durch. Schließlich betritt er das Apartment und sieht – nichts…? Hier scheint alles in Ordnung zu sein, doch vielleicht beschränkt sich dieses Biest ja nur auf die Küche? Zumindest ist es Sylvia nur dort begegnet. Einen Augenblick lauscht Peter in die Wohnung hinein und tatsächlich hört er wieder ein Poltern, dass aus Richtung Küche kommt.
 

So leise wie möglich nähert er sich dem Zimmer. Dort angekommen drückt er sich gegen die Wand im Flur und linst vorsichtig um die Ecke. Die Mittagssonne erhellt den Raum und im ersten Moment kann Venkman daher überhaupt nichts sehen. Dann springt auf einmal die Tür des Kühlschranks auf und eine Lichtkugel schwebt heraus. Sie gleitet zu Boden und manifestiert sich dort. Das Licht wird schwächer und zum Vorschein kommt ein Wesen, das wie ein grausiges Experiment des Doktor Frankenstein wirkt. Der Körper ist langgestreckt und nahe am Boden gehalten, erscheint dabei wie der Leib einer Echse oder dergleichen. Der Größe nach zu urteilen aber wohl eher ein Komodoweran. Der lange, fleischig-muskulöse Schwanz schlängelt sich über die Fliesen und erzeugt dabei ein widerliches Kratzen. Der ganze Körper ist mit großen Schuppen bedeckt, die in der Sonne farbenfroh funkeln, was es daher unmöglich macht, die eigentliche Farbe der Haut zu bestimmen. Am Übergang zu den Beinen und dem Schwanz, sowie auf der Brust entspringen aber weißbraun gescheckte Haarbüschel, die das Wesen auf seltsame Weise wie einen prähistorischen Pudel aussehen lassen.
 

Der gedrungene Kopf gleicht dem eines alten, zahnlosen Löwen, dem man die Nase wie bei einer Perserkatze eingedrückt hat. Seine krummen Beine enden in vier dicken Echsenzehen, die jeweils mit einer riesigen Kralle ausgestattet sind. Das wohl auffälligste und gleichzeitig lustigste Merkmal dieses Wesens sind definitiv seine Ohren. Sie sehen aus wie die Löffel eines Hasen, hängen aber wie bei einem Bluthund nach unten. Irritiert von diesem Anblick hebt Peter eine Augenbraue. ‚Was ist denn das bitte für ein Vieh?‘, geht es ihm durch den Kopf. Er weiß beim besten Willen nicht, ob er jetzt lachen soll, weil es so albern aussieht oder ob er beunruhigt sein sollte, weil Äußerlichkeiten einen leicht täuschen können. Ungeachtet dessen lässt das merkwürdige Mischwesen ein lautes Gähnen hören. Dabei gleitet sein Schwanz wieder mit diesem widerlichen Kratzen über die Fliesen und feuert dabei den Toaster hinter sich – der wohl das Poltern vor Peters Eintreffen verursacht haben muss – einmal quer durch die Küche. Dann gähnt es wieder und sieht sich verschlafen um.
 

Sein Blick fällt auf einen Stapel Geschirr, dass feinsäuberlich neben der Spüle zum Trocken aufgereiht ist. Das Wesen beginnt wieder zu leuchten und verwandelt sich in die Lichtkugel zurück. Diese schwebt auf die Arbeitsplatte neben der Spüle und dort manifestiert sich der Körper erneut. Eine seiner krallenbesetzen Beine hebt sich und beginnt damit, die Teller zu Boden zu schubsen. Einem Bombenhagel gleich zerspringt das Porzellan auf den Fliesen in tausend Stücke. Bei jedem Knall breitet sich ein verschlafenes Grinsen auf dem zahnlosen Maul der Bestie aus. Peter hingegen findet das überhaupt nicht komisch. Beim ersten Teller hätte er vor Schreck fast laut aufgeschrien und sich so verraten. Nur mit Mühe konnte er es verhindern und nun reicht es ihm aber auch. Vorsichtig zieht er sich zurück und tastet sich zum Wohnzimmer vor. Dort versteckt er sich hinter der Tür und holt Tobin´s Geisterführer aus der Tasche.
 

Etwas ratlos betrachtet er den verschnörkelten Einband des dicken Buches. Wonach soll er denn jetzt eigentlich suchen? Er hat nicht die geringste Ahnung, was für ein Vieh das sein könnte. Unweigerlich wünscht er sich wieder, dass Egon jetzt hier wäre, der wüsste ganz sicher, wo er suchen muss. Nichts desto trotz klappt er den Deckel auf und starrt dann mit so einem durchdringenden, nahezu trotzigen Blick auf das Inhaltsverzeichnis, als wolle er erreichen, dass sich ihm die richtige Seitenzahl einfach widerstandlos ergibt und ihm ins Auge springt. Während seiner Bemühungen ändert sich der Lärmpegel in der Küche, da das Untier nun scheinbar mit Besteck zu werfen beginnt. Klingt immerhin weit weniger schlimm, als die Teller, dennoch kann Peter bei dem Krach kaum einen klaren Gedanken fassen. Venkman versucht sich gerade mit der Vorstellung anzufreunden, wohlmöglich jede einzelne Seite des Wälzers durchblättern zu müssen, als ihm tatsächlich ein Stichwort ins Auge fällt. Von Sylvia weiß er, dass dieses Vieh nur zwischen zwölf und dreizehn Uhr sein Unwesen treibt.
 

Ein Teil von Tobin´s Geisterführer beschäftigt sich mit tageszeitabhängigen Wesen. Schnell schlägt er die angegebene Seite auf und blättert die einzelnen Gestalten durch. Dann entdeckt er ein Bild, das seine Aufmerksamkeit erweckt. Es ist ein alter Holzschnitt, der die Sieben Todsünden in ihrer dämonischen Gestalt zeigt. Das Wesen, das die Trägheit symbolisiert, sieht dem Vieh in der Küche zum Verwechseln ähnlich. Allerdings versteht Peter nicht, was dieses Wesen mit den Todsünden zu tun hat und warum es zu dem tageszeitabhängigen Gestalten zählt. Jetzt wünscht er sich, dass Ray oder Winston hier wären. Die zwei könnten ihm selbst im Schlaf die Bibel runterrezitieren. Mal abgesehen von der Wollust, hätte Peter schon Schwierigkeiten alle Todsünden überhaupt zu benennen. In seinen Augen würden diese auch ganz sicher nicht aussehen, wie ein Unfall aus Frankensteins Labor, sondern eher wie hübsche, junge Frauen. Denn nur diese sind, seiner Meinung nach, dazu in der Lage, einen Mann von einfach allem zu überzeugen, selbst wenn er damit seine Seele an den Teufel verkaufen würde.
 

Aber die Schreiberlinge dieser Texte sind da wohl anderer Ansicht, aber was soll´s? Immerhin hat er das Vieh gefunden, nun muss er nur noch aus der Beschreibung schlau werden. Er blättert die Seite um und findet den Abschnitt über die Trägheit. Gleichzeitig wird diese Todsünde auch als Mittagsdämon bezeichnet. Klingt nicht sonderlich gut. Dämonen einzufangen ist ein Ding der Unmöglichkeit, erst recht, wenn man ganz allein ist und rein gar nichts von der Bibel versteht. Alles was Peter über die heiligen Schriften weiß, stammt größtenteils aus dem Fernsehen und da ist es ziemlich fragwürdig, was davon stimmt und was für Hollywood ausgeschmückt wurde. Innerlich würde er sich am liebsten ohrfeigen, weil er nie zugehört hat, wenn Ray oder Winston irgendwas aus der Bibel erklärt haben. Wenn er das hier irgendwie heil übersteht, sollte er sich wohl mal mit dem Thema beschäftigen. Vielleicht findet er dann sogar einen neuen Draht zu Winston? Nun muss er aber erst mal sehen, wie er allein damit fertig wird. Gewissenhaft beginnt er zu lesen.
 

*Von der Antike bis zum Mittelalter galt die Mittagsstunde

im Volksglauben als bevorzugte Zeit, in der Dämonen und Geister erscheinen.

Der Begriff "daimonion mesembrinon" (Mittagsdämon) findet sich erstmals

in der Septuaginta in Psalm 91,6 (Seuche, die wütet am Mittag).

In Folge wurde der Mittagsdämon, der sich physisch auf das

mittägliche Schlafbedürfnis, die Mittagshitze sowie u.a.

auf malariabedingte Fieberanfälle zurückführen lässt,

durch Euagrios Pontikos im 4. Jh. n Chr. mit akedia (Trägheit) verbunden.

Die eigentliche Gefahr liegt aber im Psychischen,

denn insbesondere für alte Mönche und Eremiten galt der Mittagsdämon

nach Euagrios als der gefährlichste Dämon.
 

Die akedia nimmt die gesamte Seele in Besitz: man wird schwermütig,

hadert mit dem eigenen Leben, öffnet Suizidgedanken und Ersatzbefriedigungen,

Süchten und Selbstmitleid die Tür. Nach Euagrios galt der Mittagsdämon als

eines der acht Hauptlaster, denen er allen eigene Dämonen zuwies

und die später zu den Sieben Todsünden wurden.

Ihn zu vertreiben bedarf es großer Willensstärke und des Schuldeingeständnisses

einer Tat, die auf eine der anderen sechs Todsünden zurückzuführen ist,

die aber aus Trägheit bisher nicht ans Tageslicht gekommen ist.
 

Wie schon befürchtet, kann Peter mit dem Text nicht viel anfangen. Diese ganzen Erklärungen klingen für ihn einfach zu weit hergeholt. Aber die Menschen waren damals halt sehr schreckhaft und abergläubisch und lockten damit solche Geschöpfe unbeabsichtigt an. Immerhin weiß der Brünette jetzt, dass er es wirklich mit einem Dämon zu tun hat und das bereitet ihm große Sorge. Schließlich hat er nicht viel Zeit, um sich eine Lösung einfallen zu lassen. Die Zeit spielt im wahrsten Sinne des Wortes gegen ihn. „Warum muss so was auch ausgerechnet mir passieren, wenn keiner da ist?“ Seufzend liest er den Text noch einmal durch, in der Hoffnung etwas mehr Klarheit zu bekommen. Derweilen verebbt der Lärm in der Küche und ein seltsames Schaben setzt ein. Für Venkman klingt es, als würde der Dämon jetzt die Stühle und den Tisch quer durch den Raum schieben.
 

Am liebsten würde er jetzt dort reingehen und dem Biest den Hals umdrehen, weil er sich so einfach nicht konzentrieren kann. Doch das wäre wohl das Dümmste, was er machen könnte. Stattdessen besieht er sich den letzten Abschnitt des Textes noch ein drittes Mal. Tobin erläutert dort scheinbar, wie man den Dämon loswerden kann. Das ist doch mal eine praktische Tatsache, vereinfacht sein Problem aber nur bedingt. „Klingt fast so, als müsste Sylvia dem Dämon gegenüber ihre Sünden beichten, die sie bisher verschwiegen hat, weil es für sie so bequemer ist…“, murmelt Peter vor sich hin. Ihm würde auf einen Schlag auch einfallen, was sie beichten müsste, denn es ist für den Brünetten nicht zu übersehen, dass sie eine Affäre hat. Sie trennt sich allerdings nicht von ihrem Mann, weil dieser jede Menge Geld hat, dass ihr ein sorgenfreies Leben ermöglicht.
 

Wäre bestimmt ein Kinderspiel, dass dem Vieh an den Kopf zu werfen, aber es ist viel zu gefährlich. Was, wenn das Ganze ausartet oder sie sich doch nicht durchringen kann, es auszusprechen? Nein, völlig unmöglich. Ganz egal wie gemein sie auf der High-School zu ihm war, er kann nicht riskieren, dass ihr etwas zustößt. Zivile Opfer sind in jedem Fall zu vermeiden, wenn es nur irgendwie möglich ist. Im aller größten Notfall, wenn ihm wirklich nichts einfällt, um das Ganze rechtzeitig zu beenden, muss er eben morgen noch einmal mit Verstärkung wiederkommen. Vielleicht besteht aber auch die geringe Wahrscheinlichkeit, dass es dem Dämon egal ist, wer ihm eine Sünde beichtet, solange sie der ihrigen gleichkommt. Peter hat in seinem Leben weiß Gott schon genug gesündigt, um den Schädel dieses Biests zum Platzen zu bringen, darunter auch genug Affären, die er ausgelöst hat. Doch in jüngster Zeit gibt es nur eine Sache, die er beichten könnte und für die er sich mehr als alles andere auf der Welt die Schuld gibt. Er hofft inständig, dass es funktioniert.
 

Zwar hat er jedem, der es hören wollte oder auch nicht, schon auf die Nase gebunden, dass er ganz allein an dem Unglück schuld ist, aber der wohl wichtigsten Person konnte er bis jetzt nicht unter die Augen treten. Klar hat er Raymond immer wieder besucht und mit ihm gesprochen, doch er hat sich nie getraut, sich bei ihm zu entschuldigen. Peter redet sich gern ein, dass das daran liegt, dass Ray´s letzte Worte waren, dass er ihm das Ganze nicht übelnimmt, doch das stimmt nicht. Venkman hat schlichtweg unglaublichen Schiss davor, dass der Mechaniker sich genauso von ihm distanzieren könnte, wie es Winston nun macht. Irgendwo tief in seinem Herzen glaubt er zwar nicht, dass Ray das wirklich tun würde, dennoch macht ihm allein schon die Vorstellung solche Angst, dass er kein Wort mehr herausbringt. So gesehen hat sein Verhalten also durchaus etwas mit Trägheit zu tun, da es für ihn einfach viel bequemer ist, es unausgesprochen zu lassen, als sich dem Ganzen zu stellen. Aber eigentlich will er das gar nicht, er will Ray sagen, wie unendlich leid ihm das alles tut und er will es auch akzeptieren, wenn es dann zwischen ihnen einen Bruch gibt. Immerhin wäre sein Gewissen dann erleichtert.
 

Ob sich dieser hässliche Dämon damit zufriedengibt, wird sich zeigen. Also auf in den Kampf, er hat schon genug Zeit mit alldem hier verschwendet! Ihm bleiben jetzt noch vierzig Minuten und dann muss er das Vieh eingefangen haben! Mit einem entschlossenen Luftholen verlässt Peter das Wohnzimmer und schleicht den kurzen Flur entlang. Aus der Küche dringt nun ein leises, gleichmäßiges Klirren, als würde man Besteck oder dergleichen leicht aneinanderschlagen. Den Protonenstrahler an die Brust gepresst, den Finger auf dem Abzug, blickt der Brünette um die Türzarge in den Raum hinein. Der Mittagsdämon liegt auf der Arbeitsplatte neben dem Herd. Seine Augen sind geschlossen, er scheint zu schlafen. Venkman kann sein tiefes Atmen durch das Klirren hindurch hören. Der lange Schwanz des Wesens bewegt sich unentwegt hin und her und gleitet dabei durch eine Reihe an der Wand aufgehängter Kochlöffel, Bratenwender und anderer Küchenhelfer. Das Aneinanderschlagen der größtenteils metallischen Teile verursacht dabei das leise Klirren.
 

Ernst fixiert Peter das Geschöpf, lädt den Strahler durch und springt dann mit einem einzigen Satz in den Raum. Glühende Protonen sammeln sich an der Spitze der Kanone. „Schluss mit Siesta, du zu großgeratene Handtasche!“, wirft ihm der Anführer der Ghostbusters entgegen und feuert einen Schuss ab. Der grelle, hochenergetische Strahl jagt zuckend durch die Küche und erhellt sie für einen Moment noch mehr, als die Mittagssonne. Das hat Peter nicht bedacht. Der Raum ist schlagartig so überbelichtet, dass er geblendet zurückweicht. Diese Unachtsamkeit gibt dem Dämon genug Zeit, sich aus der Schussbahn zu bringen. Ehe der geblendete Mann den Strahler abschalten kann, verfehlt dieser sein Ziel und brennt ein Loch in die Holzverkleidung des Kühlschranks. Ein schwelendes Mal bleibt zurück, das Peter irritiert betrachtet, nachdem er seine Sicht halbwegs wiedergefunden hat. „Scheiße…“, entkommt es ihm und er reibt sich die Augen.
 

Plötzlich ertönt hinter ihm ein müdes Lachen. Blinzelnd wendet sich der Geisterjäger um und entdeckt das Wesen auf einer anderen Arbeitsplatte neben der Spüle. Vor seinen Augen tanzen immer noch bunte Punkte, doch das Grinsen auf dem zahnlosen Maul des Dämons ist nicht zu übersehen. „Dir wird das Lachen schon noch vergehen, du Bettvorleger!“, schimpft Peter ihn, erntet aber nur wieder Gelächter. „Da bin ich anderer Ansicht, Sünder…“, gibt das Wesen in einem gelassenen, fast schläfrigen Ton von sich. „Ach ja? Das wollen wir doch mal sehen!“ Erzürnt richtet Venkman den Strahler erneut auf die Gestalt und feuert. Und wieder wird er geblendet. „Ah!“ Hilflos drückt sich der junge Mann die freie Hand auf die schmerzenden Augen und stolpert gegen die Kante des Tisches. ‚So wird das nichts, Petie! Du musst dir etwas Anderes einfallen lassen…‘, geht es ihm durch den Kopf.
 

Stöhnend öffnet er die Augen. Nun sind die bunten Punkte in seinem Sichtfeld noch viel größer und er nimmt alles nur noch verschwommen wahr. Seine Augen sind scheinbar verblitzt worden und es wird wohl eine Weile dauern, bis er wieder klarsehen kann, doch das darf er sich nicht anmerken lassen. Immerhin kann er erkennen, dass sein zweiter Schuss das Abtropfgestell erwischt hat, von dem der Dämon vorhin die Teller zu Boden geworfen hat. Das lindgrün lackierte Metallgeflecht klebt halbgeschmolzen an der Wand, deren Fliesenspiegel verschmort zu ihm hinüber schielt. Einige Scherben der glänzenden Quadrate liegen im Spülbecken verteilt und hinterlassen ein blankes Fenster, durch das man den nackten Putz sehen kann. „Oh Backe…“ Ohne Schäden geht es nie, das ist Venkman klar und es stört ihn auch kein bisschen, im Gegensatz zu seiner Sichtbehinderung.
 

Suchend schaut er sich in der Küche um, doch er findet den Dämon einfach nicht. „Was ist los, Peter Venkman? Hast du ein Problem?“, kommt es glucksend von dem Wesen, das nun auf dem Herd hockt. Der Brünette folgt dem Geräusch seiner Stimme und entdeckt ihn schließlich. „Für dich immer noch Dr. Peter Venkman, du hässliche Promenadenmischung!“, gebärt sich der Geisterjäger. Blinzelnd versucht er das Wesen zu fixieren, doch es wird nicht besser. Stattdessen beginnen seine Augen zu tränen. Ein Grinsen breitet sich auf dem Gesicht des Wesens aus. „Du siehst mich nicht und genauso sehe ich es auch nicht ein, dich bei einem Titel zu nennen, den du nicht verdient hast.“ Peter gibt ein verärgertes Knurren von sich. Jetzt machen sich schon solche Biester über seinen harterkämpften Titel lustig? Das ist doch echt das Letzte! „Und ob ich den verdient hab, du mieses Vieh! Ich hab schließlich nicht umsonst all die Jahre studiert…“
 

Ein drittes Mal versucht Venkman auf die Gestalt zu zielen. Diese lacht aber nur wieder und rührt sich kein Stück. „Ich wusste gar nicht, das die Definition von studieren darin besteht, mit Mädchen auszugehen, mit Jungs ins Bett zu steigen und andere die Arbeit für einen machen zu lassen.“, neckt ihn der Mittagsdämon. Mit offenem Mund starrt der Brünette ihn an. Er will schon fragen, wie er auf solche Sachen kommt, doch dann fällt ihm ein, dass das Biest ihn ja auch beim Namen genannt hat. Ein ungutes Gefühl steigt in Peter auf. Er kann sich die Antwort zwar schon fast denken, dennoch stellt er dem Wesen die Frage. „Woher willst du das denn wissen?“ Lachend streckt sich das Mischwesen auf dem Herd aus. „Ich dachte, das wüsstest du? Ich bin die Trägheit, eine der Sieben Todsünden. Ich weiß alles, was die Sterblichen in meinem Namen gemacht haben und du warst immer einer meiner liebsten Sünder in diesem Teil von New York. Es war nur eine Frage der Zeit, bis wir uns einmal persönlich begegnen und du dafür Buße tun musst.“
 

Langsam verschwinden die tanzenden Punkte vor seinen Augen, aber er sieht immer noch alles verschwommen. „Na und? Dann hab ich mich halt durch mein Studium geschummelt. Was ist schon dabei? Es hat niemandem geschadet, außer mir selbst und ich bereue es fast jeden Tag, sobald Egon den Mund aufmacht und ich nur Bahnhof verstehe. Aber das ist mein Problem und ich kann gut damit leben!“, entgegnet ihm der Brünette. „Das ist aber nur die Spitze eines stetig anwachsenden Eisbergs, Peter Venkman.“ Der Angesprochene lädt seinen Strahler wieder durch und versucht zu zielen. „Ist mir doch egal!“, erwidert er und will den Abzug drücken, dann lässt er die Waffe jedoch sinken und gibt ein erneutes Knurren von sich. „Was ist los, Sünder? Ist dir etwa aufgegangen, dass das ein Gasherd ist und du mit deinem Spielzeug das halbe Gebäude in die Luft jagen könntest? Mir soll das ja nichts ausmachen, aber du würdest damit endlich mal für deine Sünden büßen. Also, warum schießt du nicht einfach?“ Grinsend macht es sich der Dämon noch etwas bequemer auf der Herdplatte.
 

„Ha, das hättest du wohl gern, was? Ich bin vielleicht faul oder egoistisch, aber so lebensmüde noch lange nicht! Also halt die Klappe und schieb deinen Hintern irgendwo hin, wo ich dir meinen Strahler reinschieben kann, Freundchen!“ „Deine Ausdrucksweise ist wirklich herzerwärmend, muss ich zugeben. Was sagen denn deine Freunde dazu?“ Verdutzt sieht Peter ihn an und überlegt fiberhaft, wie er das Biest vom Herd weglocken kann. „Ich weiß nicht, was du meinst…“ gibt der Brünette von sich. Dabei fällt ihm ein, was in Tobin´s Geisterführer stand. Das der Mittagsdämon negative Gefühle in einem verstärkt und versucht einen zu manipulieren, damit man Buße tut, indem man im besten Fall Selbstmord begeht und dem Wesen so seine Seele verkauft. ‚Ich darf mich nicht von ihm einlullen lassen…!“, versucht er sich zu bestärken, doch das ist leichter gesagt, als getan. Grinsend blickt ihn der Dämon an. „Ich denke schon, dass du weißt, was ich meine. Mit deiner Art und Weise machst du es den Leuten in deiner Nähe nicht gerade leicht, dich zu mögen.“
 

„Ach ja? Ich zwing ja niemanden, in meiner Nähe zu sein und schon gar nicht, mich zu mögen!“, wirft Venkman zurück. „Und was ist mit deinen Kollegen? Sie sind schon irgendwie gezwungen in deiner Nähe zu sein und all deine Launen zu ertragen, meinst du nicht?“ Suchend blickt sich der Brünette in der Küche um. Er muss einfach etwas finden, das den Dämon an eine andere Stelle lockt. „Die kommen damit schon klar…“, gibt er nebensächlich zurück. „Wirklich? Und was ist mit Raymond?“ Das war es jetzt. Es ist, als würde ein Blitz durch Peters Kopf jagen. Ruckartig richtet er den Blick auf das Wesen. Seine verblendeten Augen starren es hilflos an. Der Mund klappt ihm auf und er lässt den Strahler sinken. „Ray…“, flüstert er schon fast. „Oh ja, Raymond ist nur deinetwegen verletzt worden, wäre fast gestorben, weil du eine bequeme Lösung für dein ‚kleines‘ Problemchen gesucht hast, Sünder!“ Nun erhebt sich das Wesen, doch Peter nimmt es gar nicht mehr wahr.
 

Sein Blick ist zwar immer noch getrübt, doch nun scheinen seine Augen jeglichen Glanz zu verlieren, völlig leer zu sein. „Ich bin schuld an allem…“, flüstert er. Natürlich ist ihm das schon eine ganze Weile klar und er hat sich damit auch irgendwie abgefunden, doch es liegt noch so viel Unausgesprochenes zwischen ihm und Ray, das ihm jetzt zu schaffen macht. Er hatte gehofft, dass dieses Thema nicht zur Sprache kommt, doch eigentlich hätte ihm klar sein müssen, dass es das einzige Thema ist, auf das es diesem Wesen wirklich ankommt. Die Macht des Dämons beginnt zu wirken und Peter kann sich dem nicht mehr entziehen. „Du hast ihn benutzt, weil es dir zu lästig war, auf die Suche zu gehen und doch keinen Erfolg zu haben, nicht wahr?“, bohrt der Mittagsdämon weiter nach und nähert sich langsam dem Tisch, an dem Venkman noch immer lehnt.
 

„Ja – Es war so schwierig – und Ray war – war einfach da…“ Peter beginnt zu zittern. Seine Beine geben nach und er sinkt auf die Knie. Ungeachtet liegt der Strahler in seinem Schoß. Der Dämon springt auf den Tisch und legt sich auf die Platte. „Ja, er war einfach da und du hast seine Gutmütigkeit erneut ausgenutzt. Dich der Wollust ergeben, die dich befallen hat. Der Neid hatte dich ebenfalls zerfressen und du wolltest ihn ganz für dich allein! Es ist einfach herrlich! Mir ist selten ein Sterblicher begegnet, der so viele Todsünden in sich vereint hat, wie du!“ Amüsiert rollt sich das Wesen auf dem Tisch herum und lacht. Peter versinkt unterdes immer mehr in der Schwärze, die sich in seinem Herzen ausbreitet. „Ich bin schuld…“, murmelt er und eine Träne rinnt seine Wange hinab. „Schuld ist gar kein Ausdruck für dein Vergehen, Peter Venkman. Und ich glaube, deine Freunde wären ohne dich viel besser dran. Du stehst ihnen eh nur im Weg, sieh es ein!“
 

Schluchzend sitzt der Brünette auf dem Boden. Seine ganze Welt scheint plötzlich über ihm zusammenzubrechen. Alles, worüber er sich nie wirklich Gedanken gemacht hat, kommt jetzt hoch. All die Leute, die er ausgenutzt und benutzt hat, weil es so viel einfacher für ihn war. Nicht wenigen davon hat er unbewusst oder auch bewusst wehgetan, sie ins Unglück gestürzt. Er steht allen wirklich nur im Weg. Wenn er nicht wäre, ginge es allen viel besser! Langsam springt der Dämon auf den Boden und setzt sich Peter gegenüber. Ein beinahe liebevolles Lächeln breitet sich auf seinem zahnlosen Maul aus. „Schenk mir deine Seele, Peter und alles wird wieder gut werden. All deine Sünden werden dir verziehen und du erhältst einen Platz im Paradies!“, lockt ihn das Wesen. In den Ohren des Brünetten klingt dies viel zu schön, um wahr zu sein und dennoch glaubt er es.
 

Fast schon nebenbei stupst das Mischwesen eines der Messer an, die auf dem Bode verteilt liegen. Leicht kreiselnd rutscht es zu dem jungen Geisterjäger hinüber. Mit großen, leeren Augen sieht Peter es an. Es scheint nach ihm zu rufen, ihm das Paradies zu versprechen. Unter all seinen Tränen huscht ein kleines Lächeln über seine Lippen, das voller Hoffnung steckt. Ohne ihn wäre die Welt so viel besser dran! Zielstrebig streckt er seine Hand nach der scharfen Klinge aus. Seine Finger zittern leicht, doch sein leerer Blick wirkt entschlossen. „Das Paradies…“, flüstert er und betrachtet das funkelnde Messer in seiner Hand. „Ja, Peter! Schenk mir deine Seele und alles wird gut werden!“ „Meine Seele…“, haucht der Brünette in die Mittagssonne hinein. Ungeachtet dessen rücken die Zeiger der Uhr immer weiter voran und nähern sich unablässig der neuen Stunde.
 

Mit leerem Blick schiebt sich Peter den linken Ärmel seines Overalls nach oben und entblößt seinen Unterarm. Seine zitternde Rechte umfasst das Messer voller Entschlossenheit. Drückt die kalte Klinge gegen die Innenseite seines Handgelenks. Sein Pulsschlag wummert gegen den rostfreien Stahl. Heißes Blut fließt nur Bruchteile von Millimetern unter der Haut entlang, schiebt sich ungehindert am Messer vorbei. Ahnt nicht, dass es gleich ans Tageslicht treten wird und das Schicksal eines jungen Mannes besiegelt. „So ist es gut, Peter. Büße für deine Sünden und schenk mir deine Seele!“, fordert ihn der Dämon drängend auf. Venkman allerdings schweigt, starrt nur mit leeren Augen das Messer auf seiner Haut an, während Tränen seine Wangen benetzen. Die Gestalt wird ungeduldig, bevor er stirbt, muss er ihm seine Seele übergeben, sonst war alles umsonst. „Nun sag es, Peter! Sag, dass du mir deine Seele schenkst!“
 

„Verrecke…“, kommt es kaum hörbar von dem Brünetten. Irritiert erhebt sich das Wesen und tritt einen Schritt näher heran. „Was hast du gesagt, Sünder? Sprich lauter!“ schlagartig hebt Peter den Kopf. Seine Augen sind wieder völlig klar und seine Sicht ebenso. Überrascht weicht der Mittagsdämon einen Schritt zurück. Ein vollkommen irres Grinsen breitet sich auf Venkmans Gesicht aus und er wirft das Messer nach dem Mischwesen, wie ein Darsteller im Zirkus. „Ich sagte, verrecke, du Mistvieh!“ In einer erstaunlich schnellen und geschmeidigen Bewegung erhebt sich der Geisterjäger, weicht ein paar Schritte zurück und feuert mit dem Strahler auf die Trägheit. Dabei presst er die Augen fest zusammen, um nicht wieder geblendet zu werden. Das Wesen ist von alledem so überrumpelt, dass es nicht mehr reagieren kann. Hilflos wird es von den Protonen umschlossen, an jeder Bewegung gehindert, zu Boden gerungen. „Du elendiger Sünder!“, gebärt es sich. „Ich mag vielleicht ein Sünder sein, doch verarschen lass ich mich nicht von dir! Ich kenn die Bibel nicht, doch ich weiß, dass Selbstmord gegen die Zehn Gebote verstößt und auch wenn ich nicht an Gott glaube, hab ich keinen Bock die Ewigkeit deswegen in der Hölle zu verbringen!“
 

Der Brünette wirft blind die Falle zu Boden und kickt sie zu dem zappelnden Wesen hinüber. „Aber ich kenne einen hübschen Platz, an dem du die Ewigkeit verbringen kannst!“ Entschlossen tritt Peter auf den Auslöser und öffnet die Geisterfalle. Wieder erfüllt helles Licht die Küche und umfängt die Todsünde, klammert sich mit aller Macht an sie. Die Geräusche in der Küche lassen Peter leise hoffen. „Nein! – NEIN! – Ich komme wieder und dann bist du fällig, Venkman!“, presst der Mittagsdämon hervor, bevor er in die Falle gesaugt wird. Geräuschvoll verschließt sich das kleine Gefängnis. Ladungsblitze zucken über die Oberfläche und lassen den Kasten hin und her wackeln. Dann verstummt jeglicher Laut und die Falle verriegelt. Vorsichtig öffnet der Brünette die Augen. Für einen Moment steigt feiner Qualm auf und schwebt in das Sonnenlicht hinein. Sekunden später wird das Apartment vom Klang der großen Standuhr erfüllt, die die nächste Stunde verkündet. Im selben Augenblick sinkt Peter erschöpft auf die Knie.
 

„Au Mann, das war haarscharf…“, seufzt er in den leeren Raum hinein. Geistesgegenwärtig betrachtet er seinen blanken, linken Arm. Dort, wo das Messer lag, ist ein hauchfeiner Schnitt zu sehen, der dem Brünetten deutlich macht, wie knapp er seinem Verderben entkommen ist. Ja, er war im Bann des Dämons gefangen und drauf und dran sich die Pulsadern aufzuschneiden. Doch er hat gekämpft, mit aller Macht dagegen angekämpft und es im letzten Moment geschafft, sich zu befreien. Aber es war so knapp gewesen, dass er kaum daran geglaubt hat, es zu schaffen. Dennoch hat es ihn sehr geprägt und er weiß auch schon, was er machen wird, wenn er hier fertig ist. Schwerfällig steht er auf, steckt seinen Strahler weg und schnappt sich die Falle.
 

Kurz darauf verlässt er erschöpft das Gebäude. Sylvia stürzt aus dem Einsatzwagen hinaus, als sie Peter auf die Straße treten sieht. „Ist dieses Ding weg?“, fragt sie aufgelöst. Venkman versucht gar nicht erst, sein schlechtes Befinden zu verstecken, dennoch scheint die Blondine keinen Blick dafür zu haben. „Mir geht´s gut, danke der Nachfrage.“, harscht er sie etwas ungehalten an und hält ihr dann die Falle vor die Nase. Überrascht sieht sie das Gebilde an. „Ich hab das Vieh…“, erklärt er und wie zur Bestätigung werden ungehaltene Geräusche aus dem Inneren der Falle laut. Erschrocken weicht Sylvia einen Schritt zurück. Ernst mustert Peter seine einstige Liebe. „…doch ich rate dir, deine Affäre zu beenden und deinem Mann zu erzählen, was du getan hast, sonst kann ich nicht dafür garantieren, dass das Biest nicht wiederkommt. Es wurde nämlich von deinen Sünden angelockt und wollte, dass du Buße tust…“
 

Mit offenem Mund starrt sie ihn völlig entgeistert an. „Aber Peter, was erzählst du denn da?“ Der Angesprochene verstaut seine Ausrüstung im Kofferraum und steigt in den Wagen. „Ich bin nicht blind, Sylvia und schon gar nicht blöd. Und wenn dir auch nur irgendwas an deinem Mann liegt, dann stellst du das klar…“ Ohne eine Antwort von ihr abzuwarten, schließt er die Tür, lässt den Wagen an und fährt einfach davon. Verständnislos blickt sie Ecto-1 hinterher. Wie konnte er nur von ihrer Affäre wissen, fragt sie sich, als sie die Stufen zu ihrem Apartment hinaufsteigt. Statt einer Antwort, findet sie eine Notiz von Peter an der Haustür. Dort steht noch einmal eindringlich, dass sie das Ganze beenden und ihrem Mann gestehen soll, da das Wesen sonst wiederkommen könnte. Es steht sogar da, dass es sich dabei um die Trägheit handelt, doch glauben kann sie das nicht. Unter der Notiz hängt noch ein Zettel. Dabei handelt es sich um Peters Rechnung, doch sie wird sie ganz sicher nicht bezahlen! Wo kommen wir denn dahin?
 

Zwanzig Minuten später biegt Ecto-1 auf den Parkplatz des Krankenhauses ein. Ehe Peter das Gebäude betritt, besieht er sich noch einmal den hauchfeinen Schnitt an seinem linken Arm. Es floss kein Blut, der Schnitt ist so fein, dass nur ein paar Hautschichten durchbrochen sind, dennoch könnte es in seinen Augen nicht deutlicher sein. Wehmütig krempelt er sich den Ärmel wieder hinunter und tritt durch die Eingangstür. Kurze Zeit später erreicht er die Reha-Abteilung, in der Ray sein Training absolviert. Unauffällig schlicht sich der Brünette in den Saal und setzt sich am Rand auf einen Stuhl. Der Mechaniker scheint gerade erst fertig geworden zu sein und spricht noch mit seiner Ärztin. „Was machst du denn hier, Venkman?“, zischt auf einmal eine Stimme neben ihm. Als er sich umblickt, sieht er Winston unweit von ihm sitzen. Ihre Blicke treffen sich und der Schwarzhaarige sieht auf einmal gar nicht mehr so erzürnt aus.
 

Misstrauisch mustert er seinen Chef. „Was ist passiert?“, fragt er ihn. Peter seufzt. „Ich bin hier, um mit Ray zu reden – mich zu entschuldigen…“ Überrascht sieht Winston ihn an. „Wie kommt der plötzliche Sinneswandel?“ „Naja, sagen wir einfach, ich hätte gern einen Platz im Paradies, wenn das hier alles vorbei ist…“ „Was soll das denn heißen?“ Doch Peter antwortet ihm nicht, wartet nur darauf, dass Ray zu ihnen kommt. „Oh, hey Peter! Was führt dich denn hierher?“, fragt Ray in seinem gewohnt fröhlichen Ton, obwohl ihm die Anstrengung vom Training noch deutlich anzusehen ist. Entschlossen erhebt sich der Brünette und ergreift die Hände seines Kollegen. Es wirkt wie in einem kitschigen Liebesfilm und dennoch könnte es Peter kaum ernster sein. Fest sieht er ihm in die Augen, dass es Ray schon beinahe unbehaglich wird. Winston will schon aufstehen und das Ganze beenden, doch der Rothaarige deutet ihm an, zu warten. „Ray, ich möchte, nein – ich muss mit dir reden! Bitte hör mich an…“
 

Eine Woche später erreicht ein Brief das Hauptquartier, in dem Peter doch tatsächlich die Summe Geld findet, die Sylvia ihm geschuldet hat. In einer kurzen Nachricht bedankt sie sich für seine Hilfe und teilt ihm mit, dass sich nun alles ändern wird. Mit einem Funken Erleichterung lässt sich der Anführer der Geisterjäger auf seinen Stuhl nieder und schlägt die Zeitung auf. Allerdings kommt er nicht weit, sie zu lesen. Als er die Seiten umblättert, springt ihm ein Artikel in die Augen. Beinahe Fassungslos setzt er sich wieder gerade hin und legt kraftlos die Zeitung auf den Schreibtisch.
 

In dem Artikel geht es um den Selbstmord einer jungen Frau. Ihr Vorname wird nicht genannt, doch das Bild zeigt ihm eindeutig, dass es sich um Sylvia handelt. Der Reporter berichtet, dass sie die Frau eines wohlhabenden Geschäftsmannes war, der sein Geld mit einer Kette Autohäuser in Manhattan macht. Allerdings ist dieser Herr fast doppelt so alt wie sie, weshalb sie eine Affäre hatte, von der er nichts wusste. Scheinbar kam sie nicht mehr mit dem Gedanken zurande, die beiden Männer von einander fernzuhalten, doch sie wollte das Ganze auch auf keiner Seite beenden. Daher wählte sie den leichtesten Weg und schnitt sich gestern Abend in der Badewanne die Pulsadern auf. Ihr Mann versteht überhaupt nicht, warum sie das getan hat, sie wirkte immer so glücklich mit ihm. Peter ist sich nicht sicher, wer ihm mehr leidtun soll. Ihr Mann, der nichts ahnte; ihr Liebhaber, der sich sicher noch einiges anhören darf; oder er sich selbst, weil er sie regelrecht versucht hat, dazu zu drängen, es öffentlich zu machen.
 

Während Venkman noch darüber nachdenkt und ihrem Mann ein Beileidsschreiben schickt; indem er ihm erzählt, was die unheimlichen Gegebenheiten waren, von denen seine Frau vor einer Weile berichtet hatte und die er für Unsinn hielt, da er sie nicht wahrgenommen hat; ertönt aus dem Verbannungscontainer ein widerwärtiges Lachen. Die Trägheit mag im Moment vielleicht eingesperrt sein, doch im Endeffekt siegt sie immer, da er Mensch nun mal ein überaus bequemes Wesen ist, das oftmals den leichtesten Weg vorzieht, ganz egal, welche Auswirkungen dies auf andere haben mag…


Nachwort zu diesem Kapitel:
Zitat: *Als er den Treppenabsatz erreicht, befällt ihn ein solches Vorgefühl des Grauens und der Dunkelheit, dass er stehenbleibt – wie angewurzelt stehenbleibt -, sich überrascht umsieht und sich fragt, was ihn da überkommen hat. Er umfasst seinen Strahler fester, presst ihn an sich, als wäre er ein kleines Kind, das ihm aus den Armen gleiten könnte. Eine Gänsehaut jagt seinen Rücken hinab, sein Herz rast, seine Augen pochen und Adrenalin schießt durch seine Venen. Dann spürt er wie etwas Unsichtbares an ihm vorbei die Treppe hinauffliegt und es scheint so, als versuche dieses Etwas ihn zu sich zu ziehen.
Stephen King – Friedhof der Kuscheltiere – 1983

Liedausschnitt: Bonnie Tyler – Holding out for a Hero
(Anmerkung zum Lied: es hat keinen bestimmten Grund, dass ausgerechnet dieses Lied an der Stelle kommt. Ich hatte nur nach einem Lied gesucht, das Peter gefallen könnte und das es damals auch schon gab. Bonnie Tyler veröffentlichte dieses Lied 1984. Die Ghostbusters gründeten sich in meiner Story im Oktober 1986 - wird bisher glaub ich noch nicht erwähnt, aber nun wisst ihr es XD Witziger Weise bin ich selbst im Oktober 1986 zur Welt gekommen, aber auch das ist ein Zufall, der mir gerade erst jetzt beim Schreiben auffällt XD Wenn ich mit den Zeitangaben nicht durcheinander gekommen bin, befinden sich die Jungs jetzt im Juni 1988. Daher ist es gut möglich, das Peter das Lied im Radio hören kann. Wie gesagt, hab ich mir dabei nichts gedacht und als ich nach einem passenden Song gesucht hab, lief dieser zufällig bei mir selbst im Radio und ich mag ihn sehr. Und irgendwie passt er auch zu dem Kapi, da Peter ja den Helden spielen muss ^^ Die Band Santana gibt es übrigens schon seit 1966, doch im Laufe der Zeit änderten sich immer wieder die Mitglieder um den Gründer Carlos Santana, aber das nur so am Rande XD

Eintrag in Tobin´s Geisterführer: *Von der Antike bis zum Mittelalter galt die Mittagsstunde im Volksglauben als bevorzugte Zeit, in der Dämonen und Geister erscheinen. Der Begriff "daimonion mesembrinon" (Mittagsdämon) findet sich erstmals in der Septuaginta in Psalm 91,6 (Seuche, die wütet am Mittag). In Folge wurde der Mittagsdämon, der sich physisch auf das mittägliche Schlafbedürfnis, die Mittagshitze sowie u.a. auf malariabedingte Fieberanfälle zurückführen lässt, durch Euagrios Pontikos im 4. Jh. n Chr. mit akedia (Trägheit) verbunden. Die eigentliche Gefahr liegt aber im Psychischen, denn insbesondere für alte Mönche und Eremiten galt der Mittagsdämon nach Euagrios als der gefährlichste Dämon. Die akedia nimmt die gesamte Seele in Besitz: man wird schwermütig, hadert mit dem eigenen Leben, öffnet Suizidgedanken und Ersatzbefriedigungen, Süchten und Selbstmitleid die Tür. Nach Euagrios galt der Mittagsdämon als eines der acht Hauptlaster, denen er allen eigene Dämonen zuwies und die später zu den sieben Todsünden wurden.

Die Definition des Mittagsdämons stammt von dieser Seite hier und hier könnt ihr auch ein Bild von ihm sehen, wie Peter ihn im Geisterführer gesehen hat.
http://daimon.myzel.net/images/e/e5/Baldung-Grien.jpg
http://daimon.myzel.net/Mittagsd%C3%A4mon
Ich hoffe mal, anhand meiner Beschreibung kann man sich gut vorstellen, wie das Tierchen aussieht. Die letzten Zeilen in Tobin´s hab ich mir übrigens selbst ausgedacht, da ich nicht rausbekommen konnte, wie man so einen Mittagsdämon wieder los wird. Aber anhand der Definition fand ich meine Idee ganz plausibel.

Peter hab ganz schön was durch gestanden in diesem Kapi und er wird ab jetzt (hoff ich mal XD) ein braverer Junge sein und seine Finger bei sich behalten. Das Ende des Kapis war schon heftig, doch irgendwie fand ich es auch passend. Der Mensch ist leider nun mal sehr bequem und nicht jeder Einsatz der Jungs kann mit einem Happy End enden, das macht es einfach mal unglaubwürdig. Auch wenn es vielleicht ein bisschen viel auf einmal ist, was da so, insbesondere auf Peter, niedergeht... Umso mehr haben sich alle mal (wieder XD) ein bisschen Urlaub verdient. Ob sie ihn genießen können, erfahrt ihr dann im nächsten Kapi ^^ Komplett anzeigen

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